4.Diskussion _______________________________________________________________ 4. DISKUSSION Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine Tumorvakzine herzustellen, die aus Tumorzellen besteht, an die rekombinantes humanes IL-2 gekoppelt worden ist. Diese Versuche sind im Rahmen von Therapieansätzen zu sehen, bei denen Patienten mit Nierenzellkarzinom mit/gegen autologe Tumorzellen vakziniert werden. Die hier angewendete Methode (Aktive Spezifische Immunisierung) beruht auf Arbeiten von Cassel et al. (1983) und Schirrmacher et al. (1989). Bei diesem Ansatz werden die intakten, lebenden Tumorzellen, die durch enzymatische Desintegration des Primärtumorgewebes eines Patienten gewonnen werden, mit einem human-apathogenen Virus, dem Hühner-pathogenen Newcastle-Disease-Virus, inkubiert. Die derart behandelten Tumorzellen werden dann durch ionisierende Strahlung (100 Gy) abgetötet und dem Patienten zur Vakzinierung intradermal appliziert. Das Virus bindet über Hämagglutinin-Neurominidase und ein Fusionsprotein an Rezeptoren der Tumorzell-Oberfläche und verfremdet (xenogenisiert) sie dadurch. Zusätzlich hat das Virus eine stark immunmodulatorische Wirkung. Das hat zur Folge, daß Zellen des Immunsystems zunächst Antigene des Virus als fremd erkennen und eine Immunantwort gegen diese einleiten (second signal theory). Es wird davon ausgegangen, daß im so stimulierten Immunsystem dann auch eine Immunantwort gegen die Tumorzelle selbst ausgelöst wird. Die Wirksamkeit dieses Konzeptes der aktiven spezifischen Immunisierung beim Menschen konnte u.a. von der Arbeitsgruppe Falkenberg nachgewiesen werden (Hinkel, 1995; Repmann et al., 1997). Zur weiteren Stimulation der Immunantwort wird rhIL-2 eingesetzt (Rosenberg et al., 1987), indem das Zytokin lokal, zusammen mit den abgetöteten autologen, NDV-beladenen Tumorzellen injiziert wird. Von Pomer konnte gezeigt werden, daß Patienten mit Nierenzellkarzinom auf eine Tumorvakzine, die mit IL-2 zusammen verabreicht wird, mit einer verstärkten Hautreaktion antworten 67 4.Diskussion _______________________________________________________________ (Pomer et al.,1995). Diese Hautreaktion wird als delayed type hypersensitivityReaktion (DTH) bezeichnet. Sie entsteht dadurch, daß bei der intradermalen Applikation der Vakzine, an der Einstichstelle in wenigen Stunden eine Entzündungsreaktion zu beobachten ist. Diese Hautreaktion wird von T-Lymphozyten ausgelöst, die gegen den Tumor sensibilisiert sind und bei erneutem Kontakt mit ihrem Antigen Zytokine ausschütten, damit andere Zellen, insbesondere zytotoxische T-Zellen, rekrutieren und aktivieren. Die DTH gilt daher als Maß für die zelluläre Immunreaktion auf die autologe Tumorzellvakzine. (ZangemeisterWittke et al., 1989) Die Beseitigung vitaler Tumorzellen ist ein Prozeß, der durch tumorspezifische CTL-Lymphozyten vermittelt wird. IL-2, in der Regel von aktivierten TH-Lymphozyten sezerniert (s. Abb. 1), ist ein Proliferations-Signal für tumorspezifische TCLymphozyten. Vakzinen, die rhIL-2 und bestrahlte Tumorzellen enthalten, sollten demnach besonders geeignet sein, eine protektive Tumor-Immunität bei den Empfängern zu erzeugen. Freies rhIL-2 besitzt nach der Injektion nur eine sehr geringe Halbwertzeit. Die kleinen Zytokinmoleküle diffundieren von der Injektionsstelle weg in das umliegende Gewebe, werden in den Körperflüssigkeiten verdünnt, von anderen Proteinen (z.B. Albumin) und Rezeptoren anderer Zellen gebunden und durch Gewebsproteinasen abgebaut. Ihre Konzentration im Körper nimmt daher schnell ab (Lotze et al., 1985). Werden die Zytokine in unphysiologischer Weise systemisch verabreicht, müssen deshalb hohe Dosen eingesetzt werden, um therapeutische Wirksamkeit zu zeigen. Im Rahmen solcher Therapiekonzepte werden erheblichen Nebenwirkungen bis hin zum Tod des Patienten beobachtet (Kragel et al., 1990; Miles, 1992; Rosenberg et al., 1993). Mit Tumorvakzinen aus Tumorzellen, die mit Zytokingenen transfiziert wurden und das jeweilige Zytokin synthetisierten und sezernierten, konnten in Tierversuchen Therapieerfolge erzielt werden, ohne die schweren Nebenwirkungen der systemischen Applikation von Zytokinen hervorzurufen (Ley et al., 1991). Die Verfügbarkeit von IL-2 in unmittelbarer Nähe der Tumorantigene scheint bei 68 4.Diskussion _______________________________________________________________ der Generierung eines schützenden Effektes im Empfänger einer solchen Vakzine eine wichtige Rolle zu spielen. Therapien mit vitalen, gentechnisch veränderten Krebszellen können beim Menschen jedoch nur bedingt angewendet werden, da die Verabreichung solcher Zellen hohe gesundheitliche Risiken in sich birgt und ethisch nicht akzeptierbar ist. Bei Verlust des transfizierten Gens kann es zum Tumorwachstum an der Applikationsstelle kommen (Tsai et al., 1993). Außerdem besteht die Gefahr, daß der Phänotyp dieser Tumorzellen durch die Transfektion so verändert wird, daß schnell metastasierende oder hochmaligne Tumoren entstehen (Malik et al., 1990). Durch eine Inaktivierung der transfizierten Tumorzellen vor der Applikation durch Bestrahlung oder andere Maßnahmen, kann das Risiko einer unkontrollierten Tumorentwicklung ausgeschlossen werden. Es ist bislang allerdings umstritten, ob die transfizierten Zellen das Zytokin nach der Bestrahlung über einen ausreichend langen Zeitraum und in ausreichender Menge produzieren. Hinzu kommt, daß die Herstellung individueller Vakzinen aus Zytokingen-transfizierten Tumorzellen, für jeden Patienten mit hohem Personal- und Kostenaufwand verbunden ist. Eine Möglichkeit rhIL-2 länger im Organismus zu halten und die Immunantwort direkt in Nähe der abgetöteten Tumorzellen zu stimulieren, besteht in der chemischen Kopplung des Zytokins an Zellen. Tumorzell - rhIL-2 - Konjugate, in denen das rhIL-2 kovalent an inaktivierte Tumorzellen gebunden ist, könnten eine Alternative zu IL-2- Gen-transfizierten Tumorzellen darstellen. Vorraussetzungen dafür wäre die Erhaltung der biologische Wirksamkeit des rhIL-2 auch nach der Bindung an die Tumorzelle und die Spaltbarkeit der Bindung zwischen Tumorzelle und rhIL-2 unter physiologischen Bedingungen. Außerdem dürfte die sterische Konfiguration solcher Komplexe die TZell - Antigen - Interaktion nicht behindern. Die Konjugate würden ähnlich den gentransfizierten Zellen als Depot für IL-2 fungieren und das Zytokin in unmittelbarer Nähe der Tumorantigene freisetzten. 69 4.Diskussion _______________________________________________________________ In der vorliegenden Arbeit sollten folgende Fragen beantwortet werden: 1. Welche Möglichkeiten gibt es, Proteine an Zellen zu koppeln? OVA-FITC, das mit Hilfe von Fluoreszenz einfach nachgewiesen werden kann, wurde zu Vorversuchen als Testsubstanz bei der Kopplung eingesetzt. 2. In wie weit lassen sich die mit OVA-FITC erzielten Ergebnisse auf IL-2 übertragen? 3. Ist das gekoppelte IL-2 biologisch aktiv? 4. Wie lange nach der Kopplung kann IL-2 in biologisch aktiver Form nachgewiesen werden? 70 4.Diskussion _______________________________________________________________ Folgende Kopplungsansätze wurden mit OVA-FITC durchgeführt: 1. Kovalente Bindung von OVA-FITC mit Hilfe von heterobifunktionellen Linkerreagenzien an Tumorzellen 1a: über eine Thioetherbindung O O MHS + NH2 Protein Protein NH C R N OVA-FITC OVA-FITC O O Protein NH C R N + HS O OVA-FITC O S Zelle HN Protein Zelle SAMBA + NH2 Protein Zelle O HO O 1b: über eine Disulfidbindung O SPDP + NH2 Protein OVA-FITC Protein HN C S S OVA-FITC N O + HS S S Zelle Protein NH C OVA-FITC HN Protein Zelle SAMBA + NH2 Protein Zelle HO O O 71 4.Diskussion _______________________________________________________________ 2. Adhäsion von mittels heterobifunktionellen Linkerreagenzien mit OVA-FITC modifiziertem ConA an Tumorzellen 2a: über eine Thioetherbindung O O MHS + NH2 Protein Protein NH C R N OVA-FITC OVA-FITC O O Protein NH C R N + HS O OVA-FITC O S ConA HN Protein ConA SAMBA + NH2 Protein ConA O HO O 2b: über eine Disulfidbindung O SPDP + NH2 Protein OVA-FITC Protein HN C S S OVA-FITC N O + HS S S ConA Protein NH C OVA-FITC HN Protein ConA SAMBA + NH2 Protein ConA HO O O 72 4.Diskussion _______________________________________________________________ Um ein Verfahren zur Herstellung von Heterokonjugaten aus OVA-FITC und Zellen über eine Thioetherbindung zu etablieren, mußten die optimalen Konzentrationen der dazu notwendigen Linker-Substanzen MHS und SAMBA ermittelt werden(s. 3.2.1.1). Die parallel durchgeführte Negativkontrolle (Reaktion des OVA-FITC mit Tumorzellen ohne vorige Einführung des MHS (s. Tabelle 3, Probe 2)) zeigte in der floureszenzmikroskopischen Auswertung unerwarteterweise ebenfalls eine Markierung der Zellen, diese war aber weniger einheitlich und wies eine geringere Fluoreszenzintensität auf als die Ansätze mit Einführung von MHS. Diese erfolgte Kopplung läßt sich mit den vorhandenen reaktiven Aminosäuren (z.B. Cystein) des OVA-FITC erklären, die mit den SHGruppen von Proteinen auf der Tumorzell-oberfläche eine kovalente Bindung eingehen können. Die in der Literatur (Ishikawa et al., 1983) empfohlene Konzentration eines 25 molaren Überschusses an MHS im Vergleich zu OVA -FITC, erwies sich als ausreichend für die Kopplung. Bei der Ermittlung der optimalen SAMBA - Konzentration wurden die besten Ergebnisse mit einer 100-fach höheren Konzentration, als die in der Literatur vorgeschlagene (0,24 mg SAMBA in 100µl Dimethylformamid pro 106 Zellen) (Ishikawa et al., 1983), erzielt. Bei den mit dieser Konzentration (24 mg SAMBA in 100µl Dimethylformamid pro 106 Zellen) durchgeführten Kopplungen, blieb die Fluoreszenz länger erhalten und die Fluoreszenzintensität war höher (s. 3.2.1.1.2). Insgesamt war die durchgeführte Kopplung erfolgreich. Die Zellen zeigten eine hohe Fluoreszenzintensität und eine starke Internalisierung des OVA-FITC, bei schwach ausgeprägtem Randsaum. Da bei Kultivierung der MHS/SAMBA - behandelten Zellen keine Proliferation beobachtet werden konnte, legt dies den Schluß nahe, daß die Zellen durch die Modifikation devitalisiert worden waren. Außerdem muß davon ausgegangen werden, daß die Zellen durch die Behandlung fixiert worden waren, da sie offensichtlich über lange Zeit morphologisch intakt blieben und nicht zerfielen. 73 4.Diskussion _______________________________________________________________ Da die Zellen für in vivo - Anwendungen sowieso abgetötet werden müssen, ist ihre Devitalisierung von untergeordneter Bedeutung. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß der Einsatz von abgestorbenen und von der Membran her nicht mehr intakten Tumorzellen als Tumorvakzine umstritten ist. Es konnte gezeigt werden, daß ex vivo die Stimulierung einer TC-Zell - abhängigen Anti-Tumor-Antwort nur mit vitalen Tumorzellen, die eine intakte Membran besitzen, nicht aber mit abgestorbenen Tumorzellen oder Zell-Lysaten erreicht werden kann (Schirrmacher und von Hoegen, 1993). Demgegenüber steht die Beobachtung, daß die Applikation von Liposomen, die ein Lysat aus B16-Tumorzellen und rhIL-2 enthalten, in syngenen Mäusen in vivo zur Entstehung einer protektiven Anti-Tumor-Antwort führt (Gershman et al., 1994). Ebenso kann durch die Verabreichung einer Vakzine aus bestrahlten B16-Tumorzellen, an die IL-2 enthaltende Liposomen gekoppelt sind, in vivo eine bleibende Immunität gegen Tumorzellen induziert werden (Reimer, 1994). In wie weit die in dieser Arbeit erstellten Ansätze, die eine Weiterentwicklung der Arbeit von Reimer sind, bei den anstehenden Tierversuchen wirksam sind, bleibt abzuwarten. Bei der Kopplung von ConA an OVA-FITC über verschiedene hetero-bifunktionelle Linker und die anschließende Adhäsion des Kopplungsproduktes an Zellen kann verhindert werden, daß durch die Veränderung der Membranproteine ihre potentiellen tumorassoziierten Transplantatantigene zerstört werden. In diesem Ansatz wurde OVA-FITC mit MHS und ConA mit SAMBA modifiziert. Die nachfolgende Adhäsion dieses Reaktionsproduktes an Zellen erfolgte aufgrund der starken Anziehungskräfte zwischen dem Lektinanteil des Produktes und der Glykokalix von Zellen. Bei der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung der markierten Zellen zeigte sich im Vergleich zur direkten kovalenten Bindung ein deutlicherer Randsaum bei insgesamt mit geringerer Fluoreszenzintensität markierten Zellen. Die Menge an internalisiertem OVA-FITC war geringer. 74 4.Diskussion _______________________________________________________________ Dieses Ergebnis spiegelte sich auch bei der durchflusszytometrischen Untersuchung der beiden Ansätze wieder. Hier zeigte sich, daß die Fluoreszenzintensität bei der Bindung des OVA-FITC über eine kovalente Bindung quantitativ um den Faktor 10 größer war, als die bei der Adhäsion des OVA-FITC an die Zellen (s. 3.2.3). Das heißt, es wurde die 10fache Menge an OVA-FITC gebunden. ConA - OVA-FITC wird im Gegensatz zu direkt gebundenen OVA-FITC in nur geringen Mengen internalisiert. Eine abschließende Erklärung dieses Phänomens konnte in dieser Arbeit nicht gegeben werden. Ein Erklärungsansatz liegt darin, daß das für Zellen toxische SAMBA die Zellmembranen derart verändert, daß sie durchlässiger wird und somit Moleküle mit SH-Gruppen nicht nur an die äußere sondern auch an innere Membranen gebunden werden können. Im Gegensatz zur direkten Kopplung, kommen die Zellen bei der Adhäsion des modifizierten ConA nicht mit SAMBA in Kontakt. Die Membranen bleiben weiterhin intakt und das Kopplungsreagenz wird vermehrt an der Außenseite gebunden. Von zusätzlicher Bedeutung kann in diesem Zusammenhang die Größe des Kopplungsreagenzes sein. Je größer das Kopplungsreagenz, desto langsamer kann es durch die Zellmembran hinduchdiffundieren. Bei der Verwendung von ConA wird dieser Diffusionsvorgang durch seine zusätzliche Größe verlangsamt. Parallel zu den o. g. Ansätzen wurde SPDP als Alternativsubstanz für MHS verwendet, um das OVA-FITC über Disulfidbrücken zu binden. McIntyre et al. beschrieben, daß Disulfidbindungen in vitro leichter spaltbar sind als Thioetherbindungen (McIntyre et al., 1994). Somit lag hier eine weitere Methode für die Kopplung von Zytokinen vor, die in dieser Arbeit auf die Kopplung von OVAFITC/bzw. IL-2 an Zellen angewendet werden sollte. Bei der Reaktion des durch Kopplung mit SPDP veränderten OVA-FITC mit SAMBA - modifizierten Zellen zeigten sich im Fluoreszenzmikroskop fädige Strukturen. Anstelle der erwarteten heterologen Kopplung zwischen OVA-FITC und der Zellmembran waren durch Reaktion der eingefügten SH-Gruppen der OVA-FITC - Moleküle offensichtlich Polymere entstanden. 75 4.Diskussion _______________________________________________________________ Besonders deutlich sichtbar wurde das Ausfallen der Polymere bei Konzentrierung des modifizierten OVA-FITC nach vorheriger säulenchromatographischer Reinigung mit Hilfe einer NOVACELLTM - Rührzelle. Hier zeigte sich eine zunehmende Gelbfärbung des Filters während des Konzentriervorganges. Das Auftreten von Polymeren wurde auch bei dem Versuch, IL-2 kovalent an Zellen zu binden, beobachtet. Aufgrund des geringeren Volumens des Gesamtansatzes konnte auf eine Konzentrierung verzichtet werden. Nach Sterilfiltration wurde das Kopplungsgemisch aus IL-2 und SPDP säulenchromatographisch fraktioniert. Da im Eluat kein Kopplungsprodukt nachgewiesen werden konnte, mußte vermutet werden, daß das polymerisierte IL-2 größer war als die Porengröße des Sterilfilters und in diesem zurückgehalten worden war. Zur Bestätigung wurde das Produkt aus der Kopplung von IL-2 mit SPDP mittels SDS-PAGE untersucht. Ein Aliquot des Ansatzes wurde im nativen ein anderer im denaturierten Zustand analysiert. Als Kontrolle wurde ein Aliquot des rekombinant erstellten IL-2 aufgetragen. Hier zeigte sich, daß zumindest Tetramere in der nicht - denaturierten Probe vorhanden waren (s. 3.3.2.1). Polymere konnten mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht nachgewiesen werden. Die primär nicht beabsichtigte Polymerisation von IL-2 eröffnet weitere Untersuchungsmöglichkeiten. Derzeit wird in weiteren Versuchen geklärt, ob aus IL-2 - Polymeren in vivo biologisch aktives IL-2 freigesetzt wird und wie die Kinetik der Freisetzung im Vergleich zur Freisetzung aus anderen IL-2 - Präparationen verläuft. Die stärkste Kopplung von OVA-FITC an Zellen konnte über die Bindung von SAMBA und MHS erreicht werden. Dieser Ansatz wurde als Grundlage für die kinetischen Untersuchungen zur Freisetzung von IL-2 gewählt. Die IL-2 - Freisetzung aus dem Konjugat wurde in einem biologischen Assay mittels CTLL-2-Proliferationstest bestimmt (s. Abb. 17). Über 6 Wochen konnte eine sukzessive Abnahme der Konzentration an aktivem IL-2 im Überstand der Zellkultur beobachtet werden. Nach 6 Wochen war die abgegebene IL-2 76 4.Diskussion _______________________________________________________________ Menge mit den zur Verfügung stehenden Methoden nicht mehr detektierbar. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch bei der fluoreszenzmikroskopischen Auswertung der entsprechend OVA-FITC - markierten Zellen wieder. Hier konnte über 2 Monaten nur eine geringe Abnahme der Fluoreszenz beobachtet werden (s. 3.2.1.1.2). Es konnte in dieser Arbeit also gezeigt werden, daß es möglich ist, IL-2 unter Beibehaltung seiner biologischen Aktivität an Tumorzellen zu koppeln und daß die Bindung zwischen Tumorzelle und rhIL-2 spaltbar ist. Für die Eignung der Tumorzell - rhIL-2 - Konjugate ist die Spaltbarkeit der Bindung zwischen Tumorzellen und rhIL-2 von entscheidender Bedeutung, da von Horwitz et al. (1993) beschrieben worden ist, daß immobilisiertes IL-2 zwar noch die Fähigkeit besitzt an IL-2 - Rezeptoren zytotoxischer T-Zellen zu binden und ihre Lebensfähigkeit aufrecht zu erhalten, die Zellen jedoch nicht mehr zur Proliferation anregen konnte. Irreversibel an Tumorzellen gebundenes IL-2 wäre somit nicht mehr in der Lage stimulierend auf zytotoxische T-Zellen und andere Komponenten des Immunsystems zu wirken, die an der Ausbildung einer AntiTumor-Antwort beteiligt sind. Versuche, in denen Mäusen G-CSF-Gen-transfizierte C26-Tumorzellen injiziert wurden, zeigten, daß durch den um die transfizierten Zellen gebildeten G-CFSGradienten Lymphozyten angelockt werden, die selektiv das Wachstum der Tumorzellen inhibieren (Colombo et al., 1992). Möglicherweise vermag ein IL-2 - Gradient, der von Tumorzell-IL-2-Konjugaten ausgeht, ebenfalls Lymphozyten anzulocken, die nach der Aktivierung durch IL-2 Tumorzellen angreifen. Inwieweit die Bindung von IL-2 an Tumorzellen über Adhäsion von ConA ähnlich erfolgreich durchzuführen ist, muß in weiteren Versuchsreihen geklärt werden. Da bei diesem Versuchsansatz die Zelloberfläche nicht zusätzlich verändert wird, könnte die immunstimulierende Wirkung der Vakzine größer sein. Dagegen kann ein nicht-kovalent gebundenes Konjugat durch strömende Körperflüssigkeiten und durch Adsorption an andere Zellen oder Proteine schneller freigesetzt werden. Im Hinblick auf die spätere Verwendung in Tumorvakzinen 77 4.Diskussion _______________________________________________________________ muß noch geklärt werden, welcher Ansatz über die Dauer der Therapie erfolgreicher sein könnte. An Hand der beschriebenen Ergebnisse konnte gezeigt werden, daß IL-2 nach Kopplung an Tumorzellen in vitro über Monate stabil war und kontinuierlich aus der jeweiligen Bindung von der Zellmembran freigesetzt wurde. Die entsprechenden Ansätze sind nun zu optimieren und die Ergebnisse in Tierversuchen zu kontrollieren. Der Vorteil dieser Methode liegt zum einen in dem vergleichsweise geringerem Kostenaufwand und zum anderen in der im Vergleich mit Zytokingen - Transfektionen ethischen Unbedenklichkeit. 78