Charakteristika von Krebszellen • Unkontrolliertes Wachstum • Invasives Wachstum • Metastasierung “Assoziales Verhalten von Tumorzellen”: Tumorwachstum geht auf Kosten des Gesamtorganismus Unterschied zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren Bösartige Tumorzellen durchbrechen die Basalmembran und dringen in benachbartes Gewebe ein (Invasiveness) Klassifizierung maligner Tumoren • Karzinome: stammen von Epithelzellen ab (80-90% aller menschlichen Tumore) • Sarkome: stammen von MuskelKnochen- oder Bindegewebszellen ab • Leukämien: stammen von hämatopoietischen Zellen ab • Neurologische Tumore Krebs resultiert aus mehreren somatischen Mutationen • Chemische Carcinogene, ionisierende Strahlung und Viren verursachen Krebs durch DNA Schädigung • Eine Zelle muss normalerweise mehrere Mutationen akkumulieren, bevor sie entartet: dafür spricht die mit dem Alter zunehmende Krebshäufigkeit sowie das Phänomen der Tumorprogression Der Mehrstufenprozess der Carcinogenese am Beispiel des Cervixcarcinoms Rot: proliferierende, nicht differenzierte Zellen Weiss: Differenzierte, nicht proliferierende Zellen Gelb: Basalmembran Blau: Bindegewebe Akkumulation von Mutationen bei der Tumorgenese Krebs entsteht durch mehrere Runden Mutation und Selektion Die meisten Krebszellen sind genetisch instabil: Defekte in der DNAReparatur oder bei der Erhaltung der Chromosomenintegrität: erhöhte Mutationsrate Epigenetische Veränderungen in Tumoren • Verändern nicht das Genom, aber die Expression bestimmter Gene: vererbbar auf die Tochterzellen, aber reversibel: • A.) Spezifische Änderungen der Histonmodifizierung • B.) Spezifische Änderungen der DNA Methylierung Genetische und epigenetische Veränderungen in Tumoren Mutationen und epigenetische Veränderungen, die Krebsentstehung begünstigen Veränderungen, die Zellproliferation erhöhen Veränderungen, die Zelldifferenzierung hemmen Veränderungen, die Apoptose hemmen Veränderungen, die genetische Stabilität reduzieren Wichtige Eigenschaften von Tumorzellen • Reagieren nicht mehr auf Signale, die die Proliferation regulieren • Entkommen dem programmierten Zelltod • Entkommen replikativer Seneszenz • Differenzieren nicht mehr • Verlassen das ursprüngliche Gewebe • Überleben und teilen sich in fremden Organen Replikative Seneszenz • Beobachtung: die meisten menschlichen Zellen können, zumindest in der Kultur, nur eine bestimmte Zahl an Zellteilungen durchmachen: replikative Seneszenz • Vermutlich bedingt durch die Verkürzung der Telomere • Die wenigsten normalen Zellen exprimieren Telomerase, jedoch die meisten Tumorzellen Krebs und Stammzellen Krebs-Stammzellen: 1.) Self-renewal: Produktion weiterer Krebs-Stammzellen mit niedriger Proliferationsrate, können Bildung eines neuen Tumors initiieren 2.) Produktion von TransitAmplifying Cells, die meist rasch wachsen, aber selbst keinen Tumor produzieren können Metastasierung • Loslösung von Nachbarzellen • Eindringen in benachbartes Gewebe • Eindringen in Blutgefässe oder Lymphgefässe • Eindringen in neues Gewebe • Proliferation in neuem Gewebe und Bildung neuer Blutgefässe Der Prozess der Metastasierung Angiogenese: Sprossung neuer Blutgefässe Angiogenese im adulten Organismus • Physiologische Angiogenese: Menstruationszyklus (Uterus, Over), Haarzyklus, Fettablagerung, Muskelwachstum • Pathologische Angiogenese: Wundheilung, Herzinfarkt, Psoriasis, Diabetische Retinopathie, Rheumatoide Arthritis, Krebs Vascular endothelial growth factor • Bewirkt Angiogenese • Expression induziert durch Hypoxie (Sauerstoffmangel): Aktivierung von Hypoxia inducible factor 1 (HIF-1): Transkriptionsfaktor, der an VEGF Promotor bindet • Andere Aktivatoren der VEGF Expression: Proinflammatorische Cytokine, Wachstumsfaktoren, reaktive Sauerstoffspezies, UV, Onkogen-Produkte Tumorangiogenese • Tumore wachsen bis zu einem Durchmesser von 0.2-0.4 mm, Sauerstoff und Nährstoffe werden durch Diffusion bereit gestellt • Weiteres Wachstum benötigt Angiogenese: angiogener Switch: Bildung neuer Blutgefässe, die aber meist unreif und wenig organisiert sind Die Rolle von VEGF bei der Tumorangiogenese Blutgefässe ernähren den Tumor Anti-angiogene Krebstherapie • Beobachtung: Häufige Metastasierung nach Entfernung der Primärtumors • Hypothese: Primärtumor produziert Faktoren, die das Metastasenwachstum hemmen (nicht ausreichend für die Hemmung der Angiogenese im Primärtumor, da dieser pro-angiogene Faktoren produziert) • Beweis: Serum und Urin von Mäusen, die an Lungenkrebs leiden, hemmen die Teilung von Endothelzellen: Isolierung von anti-angiogenen Substanzen Angiogenese-Inhibitoren • Synthetische Inhibitoren (z.B. Thalidomid - Contergan) • Endogene Inhibitoren (Z.B. Endostatin, Angiostatin) • Antagonisten von Wachstumsfaktoren (z.B. VEGF), die Angiogenese induzieren Blutgefässe sind Bestandteil des “Tumor-Microenvironment” Tumor besteht aus Tumorzellen selbst, sowie aus Stromazellen. Diese werden für das Tumorwachstum benötigt. Stromazellen: Fibroblasten, Zellen der Blut- und Lymphgefässe (Endothelzellen, Perizyten, glatte Muskelzellen), verschiedene Entzündungszellen Wundheilung der Haut: Parallelen zu Krebs Parallelen: Fibringerinnsel, Matrixbildung, Entzündung, Angiogenese, Lymphangiogenese verstärkte Zellteilung Hauptunterschied: Invasives Wachstum der Tumorzellen durch Mutationen und epigenetische Veränderungen in diesen Zellen Aus: M. Schäfer and S. Werner. Cancer as an overhealing wound: An old hypothesis revisited. Nat. Rev. Mol. Cell Biol., 2008 Ursachen der Krebsentstehung • Schädigende Umwelteinflüsse: Agentien, die DNA Schäden hervorrufen: Aflatoxin, Benzpyren, alkylierende Substanzen, UVLicht • Beschleunigung der Tumorgenese durch Substanzen, die die Zellteilung fördern (z. B. Phorbolester, Östrogene) • Viren oder Bakterien (etwa 15% aller menschlichen Krebsarten) Viren und Bakterien: verändern direkt die DNA oder wirken als Tumorpromotoren • DNA Viren: • Papillomaviren: verursachen Warzen und Cervixcarcinome • Hepatitis B Virus: verursacht Leberkrebs • Epstein Barr Virus: verursacht BurkittLymphom, Nasopharynxkarzinom, Hodgkin`s Lymphom Viren und Bakterien: verändern direkt die DNA oder wirken als Tumorpromotoren • Retroviren: • HTLV-I: verursacht adulte T-Zell Leukämie • HIV-1: verursacht Kaposisarkom (indirekt) • Bakterien: • Helicobacter Pylori: verursacht Magenkrebs Molekulare Ursachen der Krebsentstehung Aufklärung durch Zellkulturstudien, durch transgene Mäuse bzw. Knockout-Mäuse, sowie durch Untersuchung von Personen, in deren Familien bestimmte Tumoren gehäuft vorkommen Gene, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind • Onkogene: Gain of function führt zu Tumoren → dominant: 1 mutiertes Allel genügt für die tumorfördernde Wirkung • Tumorsuppressorgene: Loss of function führt zu Tumoren → rezessiv: beide Allele müssen defekt sein Dominante und rezessive Gene bei der Tumorgenese: Onkogene und Tumorsuppressorgene Identifizierung und Klonierung von Onkogenen • Assay: Transformation von 3T3 Mausfibroblasten (immortalisierte Zellen, bei denen ein Onkogen für die Transformation ausreicht): • Wachsen nach Transformation übereinander, bilden Kolonien im Weich-Agar und Tumore in Nacktmäusen Verlust der Kontaktinhibition von Tumorzellen! Identifizierung von Ras als Onkogenprodukt • Ergebnis aus Transformationsassays: in 25-30% aller menschlichen Tumore findet man mutiertes Ras • Ras ist auch das Tumor-induzierende Gen eines Retrovirus: virale Onkogene sind mutierte zelluläre Gene, die von den Viren aufgenommen wurden: Nach Infektion von Wirtszellen wird das veränderte Gen stark exprimiert: Transformation Tumor-Retroviren: Beispiel des Rous Sarcoma Virus Produkte von Protoonkogenen • c-Ha-Ras, c-Ki-ras, c-N-Ras • • • • • • c-Raf (Serin-/Threoninkinase) c-Jun, c-Fos, c-Myc (Transkriptionsfaktoren) c-Src (cytoplasmatische Tyrosinkinase) c-Sis: Wachstumsfaktor c-ErbB, HER2: Wachstumsfaktorrezeptoren Bcl-2 (inhibitiert Apoptose) Der MAP-Kinase Signaltransduktionsweg Mutationen von Onkogenen Tumorsuppressorgene • Entdeckt durch die Untersuchung vererblicher Tumore • Bsp.: Retinoblastom, ein Tumor der Netzhaut bei Kindern • Spontan: 1 Tumor an einem Auge • Vererblich: mehrere Tumore an beiden Augen Genotypische Veränderungen beim Retinoblastom Genotypische Veränderungen beim Retinoblastom Verlust der Funktion von Tumorsuppressoren durch genetische und epigenetische Veränderungen Der Wirkungsmechanismus von Rb: Kontrolle der Zellteilungsrate Nach einem Wachstumsfaktorsignal wird RB durch CDK4/ CyclinD1 Komplex phosphoryliert und dadurch inaktiviert: E2F Zielgene werden angeschaltet, Zelle teilt sich Der Tumorsuppressor p53 • 53 kD Protein, mutiert in mehr als 50% aller menschlichen Tumore • Wird bei Stress (z.B. UV) induziert: p53 bindet an DNA und induziert die Expression des Zellzyklusinhibitors p21, Zellen gehen nicht mehr in S-Phase, DNA Reparatur wird induziert. Alternative bei zu starkem Schaden: Induktion von Apoptose Virale Proteine (z.B. Papillomavirusproteine E6 und E7) sequestrieren Rb und p53 Folge: Zellzykluskontrolle durch RB und p53 nicht mehr wirksam Konsequenzen des p53 Verlustes in Tumorzellen • Zellen mit geschädigter DNA gehen weiter durch den Zellzyklus • Zellen entgehen der Apoptose • Zellen mit geschädigten Chromosomen können sich teilen, dies führt zu genetischer Instabilität • Zellen werden resistent gegenüber Strahlenund Chemotherapie Der PI3-Kinase-PKB Signaltransduktionsweg Dephosphorylierung von PIP3 durch PTEN: Tumorsuppressor PTEN: a PIP3 phosphatase PTEN: phosphatase and tensin homologue deleted from chromosome 10 • Dephosphoryliert PIP3 an Position 3 • Klassischer Tumorsuppressor: mutiert in vielen menschlichen Tumoren, dadurch erhöhte PKB Aktivität. Konsequenz: mutierte Zellen entgehen der Apoptose • Knockoutmäuse sterben vor der Geburt, heterozygote Knockoutmäuse haben erhöhtes Krebsrisiko • Cowden disease: genetische Erkrankung, bei der multiple Tumore entstehen: Mutation im PTEN Gen Akt Signalling Pathway fördert Zellteilung und Zellwachstum Vermehrte Aufnahme von Glucose, vermehrte Glykolyse (Lactatproduktion – Warburgeffekt) Produktion von Membranbestandteilen für das Zellwachstum Mutationen in TGF-β Rezeptor Signalkomponenten findet man oft in Tumoren LAP mature TGFβ LTBP Large latent TGFβ complex Decorin/ Fibromodulin TGFβRIII Cell membrane TGFβRII Smad 2/3 TGFβRI Smad 6/7 Smad 4 Nucleus Target genes Smad 4: häufig mutiert in Tumoren (DPC: deleted in pancreatic carcinoma) Tumorsuppressorgene • • • • • • RB P53 PTEN (PI3K-Akt pathway) Smad4 (TGF-beta pathway) Tsc1 und Tsc2 (mTOR control) APC (Wnt Pathway) Der β-Catenin - Wnt Signalweg Freies β-Catenin wird in Abwesenheit von Wnt rasch abgebaut. Wnt signalling führt zur Stabilisierung von β-Catenin, welches dann in den Kern geht und an TCF Transkriptionsfaktoren bindet. APC: Produkt eines Tumorsuppressor-Gens • Adenomatous polyposis coli (APC), oft in Darmtumoren mutiert • Patienten mit einem Defekt im APC Gen bekommen multiple Polypen und häufig Darmkrebs (familial adenomatous polyposis coli (FAP) • Molekulare Ursache: viel freies β-Catenin, starke TCF4induzierte Genexpression, unkontrollierte Zellteilung Hereditary nonpolyposis colorectal cancer (HNPCC) • Familiäre Veranlagung für Darmkrebs, ohne vermehrtes Auftreten von Polypen • Mutationen in DNA MismatchReparaturgenen • Mutationen in DNA MismatchReparaturgenen findet man auch in vielen nicht genetisch bedingten Coloncarcinomen Häufige Mutationsabfolge bei der Entstehung von Darmkrebs Moderne Methoden der Krebstherapie • Möglich durch Kenntnisse der zellbiologischen Grundlagen • Beispiele: Hormonantagonisten, neutralisierende Antikörper oder andere Hemmstoffe gegen Wachstumsfaktorrezeptoren • Toxin-gekoppelte Liganden • Anti-Angiogenese Moderne Methoden der Krebstherapie • Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie • Ursache: Chromosomentranslokation, führt zur Bildung eines Fusionsproteins: Bcr-abl: hyperaktive Tyrosinkinase, Zellen teilen sich vermehrt und gehen nicht mehr in Apoptose: • Gleevec: niedermolekularer Inhibitor der mutierten Tyrosinkinase Molekulare Ursache der Chronisch-Myeloischen Leukämie Hemmung des Bcr-Abl Fusionsproteins Die Rolle von HER2 bei Brustkrebs • Amplifiziert und überexprimiert in 30% aller Brusttumore • Überexpression korreliert mit schlechter klinischer Prognose (diagnostischer Marker) • Überexpression in transgenen Mäusen: erhöhte Tumormalignität, erhöhte Metastasierung, erhöhte Resistenz gegenüber Chemotherapie, Hormon-resistent HER2 als Target für Krebstherapie • Inhibition durch antisense RNAs, Ribozyme, Inhibitoren der Rezeptortyrosinkinase • Rekombinanter, humanisierter monoklonaler Antikörper (HERCEPTIN): erstes zugelassenes rekombinantes Protein für Krebstherapie Wirkungsmechanismus von Herceptin