Biochemisches Praktikum I - Goethe

Werbung
Immunologische Verfahren
in der Biochemie
Biochemisches Praktikum I
SS 2010
Karen Erbguth, Hi-jea Cha und Florian Csintalan
Institut für Biochemie
Biozentrum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt am Main
1 von 9
Einleitung
__________________________________________________________________________________________
1. Einleitung
Immunologie ist die Wissenschaft der Abwehr von Krankheitserregern und Schadstoffen. Die
Immunabwehr besteht aus verschiedenen Mechanismen, die miteinander wechselwirken. Zum einen
gibt es die unspezifische Abwehr, die sich gegen allgemeine Charakteristika von Pathogenen richtet.
Sie beinhaltet das Epithel, Phagozytische Zellen, Natürliche Killerzellen, Interferone und Teile des
Komplementsystems. Im Gegensatz dazu steht die spezifische Abwehr, die nach Antigenkontakt
eine gegen dieses Antigen erzeugte Immunantwort erzeugt. Antigen steht für Antikörper generierend –
es sind spezifische Oberflächenstrukturen auf den Pathogenen. Verantwortlich für die spezifische
Immunantwort sind neben den T- und B-Lymphozyten, die durch B-Lymphozyten produzierten
Antikörper.
Es gibt außerdem noch eine weitere Einteilung der Immunreaktionen nach ihrem Wirktyp. Unmittelbar
durch Zellen verursachte Reaktionen, bezeichnet man als die zelluläre Abwehr, während die
humorale Abwehr durch die Antikörper (AK) und gegebenenfalls ergänzend durch das
Komplementsystem vermittelt wird.
Für die Funktion der spezifischen Immunabwehr ist eine Kooperation von Makrophagen bzw.
Dendritische Zellen und T-Zellen notwendig. Makrophagen wie auch die Dedritischen Zellen sind
Fresszellen, die körperfremde Oberflächen erkennen, den Fremdkörper phagozytieren, teilweise
abbauen und die Antigene auf ihrer eigenen Membran in Verbindung mit dem MHC-Protein (Klasse II)
als Signal den T-Zellen präsentieren. Hierdurch werden die T-Zellen zur Teilung und Differenzierung
veranlasst. Die Besetzung der Oberfläche von Fremdkörpern mit Antikörpern verstärkt das Fresssignal
für Makrophagen um ein vielfaches.
Alle T-Zellen tragen auf ihrer Oberfläche einen T-Zell-Rezeptor (TCR) und sogenannte Corezeptoren.
Sie werden aufgrund dieser Marker-Proteine und ihrer Funktion in Unterklassen unterteilt, nämlich in
T-Helfer-Zellen (CD4+), in Regulatorische T-Zellen und in cytotoxische T-Zellen (CD8+). Eine
cytotoxische T-Zelle erkennt spezifisch Antigene in Verbindung mit unter anderen MHC-Proteinen der
Klasse I (MHC I) auf der Oberfläche von normalen Körperzellen und tötet ggf. die infizierte Zelle. Eine
T-Helfer-Zelle erkennt hingegen Antigene in Verbindung mit MHC-Proteinen der Klasse II auf
Antigenpräsentierenden Zellen (APZ), dadurch wird die T-Helfer-Zelle selektiv zur klonalen
Vermehrung angeregt. Die Aufgabe der T-Helfer-Zellen ist dann, aktivierte B-Zellen zur weiteren
Vermehrung zu stimulieren und so die Antiköperproduktion auf ein vielfaches zu steigern.
Regulatorische T-Zellen sorgen für eine Dämpfung der Immunantwort und somit für eine Aktivierung
nur bei einer reellen Infektion. Die MHC-Proteine dienen vor allem der Unterscheidung zwischen eigen
und fremd. MHC-Proteine der Klasse I kommen auf allen Zellen vor, MHC-Proteine der Klasse II
dagegen ausschließlich auf Zellen des Immunsystems. Zellen, die durch einen Virus bedingt keine
MHC-Proteine produzieren, werden von natürlichen Killerzellen enttarnt und vernichtet.
2 von 9
Einleitung
__________________________________________________________________________________________
Bild 1 links: Kooperation von Makrophage und T-Helfer-Zelle rechts: Interaktion von infizierter Körperzelle mit
cytotoxischer T-Zelle
Eine B-Zelle produziert nur Antikörper (AK) einer Antigen-Spezifität und trägt diese AK auch als
membran-ständige Rezeptoren. Die B-Zellen werden wie die T-Zellen durch Antigen-Kontakt aktiviert
und nach Stimulierung durch T-Helfer zur Proliferation angeregt. Zunächst produziert ein B-Zell-Klon
hauptsächlich IgM. Nach Aktivierung kann dann zu einer anderen AK-Klasse (mit gleicher AntigenSpezifität), insbesondere zu IgG umgeschaltet werden.
Klone von aktivierten Lymphozyten können als Gedächtniszellen im Blut über mehrere Jahre
verweilen. Durch die wegfallende Aktivierungzeit sorgen diese einem erneuten Antigenkontakt für eine
sehr rasche Immunantwort (Sekundärantwort). Dies ist auch Grundlage der Immunisierung.
Die Antikörper (Immunglobuline) werden von B-Lymphozyten produziert und in fünf Klassen
unterteilt: IgG, IgM, IgA, IgE und IgD. Die strukturelle Grundeinheit aller AK besteht aus zwei
identischen schweren (H) und zwei identischen leichten (L) Polypeptidketten. Die vier Ketten sind über
Disulfid-Brücken so miteinander verbunden, dass man eine Y-förmige Struktur erhält. Es gibt zwei
Typen von leichten Ketten: κ und λ. Der Typ der schweren Kette (α, δ, ε, γ und μ) bestimmt die
Antikörperklasse. Am amino-terminalen Bereich der miteinander verbundenen leichten und schweren
3 von 9
Einleitung
__________________________________________________________________________________________
Ketten befindet sich die Antigen-bindende Stelle (VH und VL). Die Ketten besitzen hier eine variable
Domäne, während sich der restliche Teil der Ketten aus konstanten Domänen zusammensetzt.
Bild 2 Antikörperstruktur
Die Protease Papain schneidet einen Antikörper in zwei F ab-Fragmente und einen Fc-Fragment. Das
Fab ist Antigen bindend, während Fc kristallisierbar (cristallizable) ist. Eine andere Protease Pepsin
schneidet unterhalb der Disulfid-Brücken und erzeugt ein F(ab)2 und ein Fc-Fragment.
Die Vielfalt der variablen Domänen wird durch ein genetisches Rearrangement (somatische
Rekombination) während der B-Zell-Reifung sichergestellt. Die konstanten Bereiche (C) sind
Aktivatoren für das Komplementsystem und die Makrophagen.
4 von 9
Toxin-Neutralisation
__________________________________________________________________________________________
2. Toxin-Neutralisation
Antikörper können auch direkt einen Schutz des Organismus bewirken, ohne Komplement- oder
Makrophagen-Reaktionen zwingend einzubeziehen. Das Epitop ist das aktive Zentrum eines Enzyms.
Bei Bindung kommt es zur Blockade der katalytischen Funktion.
In diesem Versuch wird durch Komplexierung mit dem spezifischen Antikörper ein extrazelluläres
Toxin von A-Typ-Streptokokken, Streptolysin O (STO), neutralisiert. Hierbei wird in vitro ein
Patientenserum auf Antistreptolysin O (ASTO) titriert und mit einem Standardantiserum verglichen.
Die Detektionsreaktion ist die Hämolyse von Kaninchenerythrozyten durch Streptolysin O.
Streptolysin O, mit einem Molekulargewicht von 50-60 k Dalton, ist ein oxidationslabiles,
proteaseempfindliches Protein. Es ist in der Lage Erythrozyten und andere Zellen durch Lyse zu
zerstören. Die es erzeugenden A-Typ-Streptokokken erzeugen beim Menschen schwerwiegende
Infektionen, wie z.B. Scharlach, rheumatisches Fieber, Glomerulonephritis und Tonsillitis. Der
Antikörpertiter gegen STO ist deshalb bei Diagnosen und Verlaufsbeobachtungen von klinischer
Bedeutung. Man spricht von einer akuten Streptokokkeninfektion bei einem Titer >200IU/ml. Da fast
jeder Mensch schon einmal eine Streptokokkeninfektion überstanden hat, sind geringe ASTO-Titer
auch bei Gesunden zu finden.
Der Test des ASL-Kits verwendet oxidiertes Streptolysin O, das sich in lyophilisierter Form in den
Vertiefungen des Testriegels befindet. Um seine Aktivität wiederherzustellen, wird das Antigen
unmittelbar vor der Zugabe der roten Blutkörperchen reduziert. Das Streptolysin liegt in aufsteigender
Konzentration vor. Dadurch kann ein halbquantitativer Test mit einer einzigen Verdünnung der
Serumprobe durchgeführt werden.
Material:
a) Streptolysin O (STO) R1:
aus Kulturen von β-hämolytischen Streptokokken der Gruppe A in
aufsteigenden Konzentrationen (Loch 1-7), Vertiefung 8 enthält kein
STO und dient zur Kontrolle, ob sich die Erythrozyten von alleine
lysieren.
b) Dithiothreitol (DTT) R2:
Reduktionsmittel; Substanz im Fläschchen in 6 ml PBS auflösen;
[13 mM]
c) Positivkontrolle R3:
400 IU/ml (internationale Einheiten pro ml) (Pferd)
d) Phosphatpuffer (PBS) R4:
50 mM NaxHyPO4 pH 6.6mit 0,9% (w/v) NaCl
e) Patientenserum (PAS):
hitzeinaktivierte Probe
f) Kaninchenblutkonserve (stabilisiert)
sowie: Reaktionsgefäße, Ständer für Gefäße, Pipetten (1000 µl variabel, 100 µl variabel), gelbe und
blaue Pipettenspitzen, 50ml Röhrchen, Tarierwaage, Tischzentrifuge
Versuchsdurchführung:
Allgemeines:
Beschrifte alle Gefäße, bevor du sie befüllst.
Vermeide Luftblasenbildung, da sie Proteine zerstören und die Extinktionsmessung verfälschen
1. Bringe alle Reagenzien auf Raumtemperatur
2. Verdünne das Patientenserum (PAS) 1/25 und die Positivkontrolle 1/100 mit der DTT-Lösung
R2  40 µl PAS + 960 µl R2 und 10 µl Positivkontrolle + 990 µl R2
3. Entnehme 2 Riegel und platziere diese im Halter
5 von 9
Immunelektrophorese
__________________________________________________________________________________________
4. Gebe 75 µl des verdünnten Serums in alle Vertiefungen des Riegels. Klopfe 1 min seitlich
gegen den Halter um das Streptolysin zu lösen
5. Inkubiere das Ganze für 15 min bei Raumtemperatur (RT)
6. Stelle aus der 50 %igen Kaninchenerythrozyten-Lösung eine 2,5 % Suspension her.  75 µl
der 50%igen Suspension und 1425 µl PBS R4
7. Wasche die Erythrozyten vorsichtig 2 mal:  Zentrifugiere 1 min 1000 g, entferne den
Überstand und gib die gleiche Menge an Puffer R4 zurück, Lieber Überstand zurückbehalten
als Erythrozyten herauspipettieren
8. Gebe 75 µl der verdünnten Lösung in alle Vertiefungen des Riegels, vorsichtig mischen
9. Inkubiere 1 h 30 min vor Austrocknung geschützt bei Raumtemperatur
10. Nehme den Riegel aus dem Halter, entnehme nun 120 µl von jeder Vertiefung und überführe
diesen in beschriftete Reaktionsgefäße.
11. Zentrifugiere diese nun bei 10.000 g für 2 min und dokumentiere das Aussehen der
Flüssigkeit in den Gefäßen
12. Transferiere nun 100 µl vom Überstand in eine 96-well Platte. Bestimme die Absorption der
Proben im ELISA-Reader bei 584 nm (Hämoglobin-Absorption)
Auswertung:
1) Zeigt die Serumkontrolle (Vertiefung 8) Hämolyse? Warum sollte man dies beachten?
2) Gehalt an Antistreptolysin: Notiere die letzte Vertiefung ohne Hämolyse. Der dieser Vertiefung
entsprechende Gehalt ist in IU/ml in der folgenden Tabelle für eine 1:100 Verdünnung angegeben:
Vertiefung Nr.
(vom ASL-Zeichen aus)
1
2
3
4
5
6
7
8
Gehalt in IU/ml
100
200
300
400
600
800
≥1200
Serumkontrolle
Hämolyse (ja/nein)
Erstelle eine Tabelle für das Patientenserum entsprechend der Verdünnung und bestimme den Titer.
3) Trage die Absorptionswerte aus dem ELISA-Reader in ein Koordinatensystem ein. Bestimme den
EC50-Wert aus einem sigmoidalen Fit bzw. entsprechender Funktion. Was sagen die Werte aus?
4) Lässt sich aus den ASL-Werten schließen, dass der Patient krank ist? Beachte den
Verdünnungsfaktor.
5) Vergleiche die Absoptionswerte mit den Ergebnissen aus der visuellen Bestimmung.Wie
beurteilst du die Tests zur Titerbestimmung?
6 von 9
Immunelektrophorese
__________________________________________________________________________________________
3. Immunelektrophorese
Gibt man in vitro bei konstanter Antikörperkonzentration steigende Mengen an Antigen hinzu und trägt
die gebildete Menge an unlöslichem Antigen-Antikörper-Komplex gegen die Antigen-Konzentration
auf, so erhält man die folgende sog. Heidelberger Kurve):
Bild 3 Heidelberger-Kurve
Im Bereich der Äquivalenzzone ist die Löslichkeit des molekularen Netzwerks am geringsten. Bei
Antigen- oder Antikörperüberschuss entstehen lösliche Komplexe, da sich nur kleine Aggregate
ausbilden können.
Bei der Immunelektrophorese trennt man zunächst ein Antigengemisch (in diesem Versuch die
Proteine des Humanserums) auf einem mit Agar beschichteten Objektträger durch Anlegen eines
elektrischen Feldes auf. Diese aufgetrennten Proteine werden anschließend sichtbar gemacht, indem
man Antiserum gegen die Proteine diffundieren lässt. Bei äquivalentem Konzentrationsverhältnis
bildet sich an den entsprechenden Stellen Präzipitat.
Lösungen:
a)
TAE-Puffer:
40 mM Tris/Acetat pH 8,5
1 mM EDTA
b)
Agarlösung
0,5 g Agar in 50 ml TAE durch Erhitzen lösen.
c) Humanserum aus Versuch 1:
enthält
HSA IEP ~6
IgG IEP ~10
IgA IEP ~6
d)
Antisera
1. Anti-Humanserumalbumin (α-HSA)
2. Anti-Humanimmunglobulin G (α-IgG)
3. Anti-Humanimmunglobulin A (α-IgA)
7 von 9
Immunelektrophorese
__________________________________________________________________________________________
Veruchsdurchführung
Herstellung der Agaroseplatten
1. Reinige 6-8 Objektträger mit Wasser und Aceton
2. Stelle 50 ml einer 1 % Agaroselösung her
3. Trage pro Objektträger mit einer Pipette 5 ml heiße Agarlösung auf
Serumelektrophorese
4. Stanze nach dem Erstarren ein Auftragungsloch ein (vgl. Bild 4)
5. Transferiere die Platten in die mit TAE befüllte Gelkammer
6. Trage pro Platte 10 µl Humanserum incl. Ladepuffer auf
7. Stelle den Spannungsgeber auf 65 V und warte bis der Farbstoff im Ladepuffer am Ende des
Gels angekommen ist (mindestens 90 min)
Immunpräzipitation
8. Entnehme die Platten aus der Kammer und beschrifte entsprechend der Antiseren
9. Stanze eine Rinne seitlich längs der Trennrichtung
10. Befülle die Rinne mit jeweils einem Antiserum (50 µl) (vgl. Bild 4) und transferiere die Platten
in die feuchte Kammer
11. Nach mindestens 24 Stunden bilden sich die Präzipitationslinien
Bild 4 Stanzschema für Immunelektrophorese
Auswertung:
1) Fotografiere das Gel. Wo befinden sich die Präzipitationslinien? Welche Proteine finden sich im
Blutserum?
2) Zu beachten ist, dass HSA und die Immunglobuline G und A bei dem verwendeten pH-Wert
unterschiedliche Ladungsvorzeichen tragen. Welche Auswirkungen hat dies auf den
Versuchsaufbau?
3) Welche Faktoren spielen bei der Diffusion eine Rolle? Welche dieser Faktoren sind in diesem
Versuch relevant?
8 von 9
Ouchterlony-Diffusionsmethode
__________________________________________________________________________________________
4. Ouchterlony-Diffusionsmethode
Der Ouchterlonytest ist eine zweidimensional angelegte qualitative Methode. Dazu gibt man Antigen
und Antikörper in separate, in Agar gestanzte Löcher und lässt sie aufeinander zu diffundieren. Dabei
bildet sich bei äquimolaren Mengen an Antikörper und entsprechendem Antigen eine Präzipitatlinie
aus.
In diesem Versuch soll überprüft werden, wie viel Antikörper gegen BSA im Serum eines Kaninchens,
das zuvor gegen Rinder-Serumalbumin (BSA) immunisiert wurde, vorhanden ist.
Versuchsdurchführung:
1. Stelle anhand des folgenden Pipettierschemas eine BSA-Verdünnungsreihe her
2. Anschließend wird der Agar aus Versuch 2 nochmals geschmolzen und 10 ml gleichmäßig
in eine kleine Petrischale gegossen. In den kalten Agar werden nach folgendem Schema
Löcher gestanzt.
Bild 5 Stanzschema Ouchterlony-Diffusionsmethode
3. Pipettiere in jedes Loch 15 µl der entsprechenden Konzentration. In das mittlere Loch
werden 15 µl Kaninchen-Antiserum unbekannter Konzentration gegeben
4. Nach mindestens 24 h kann man das Ergebnis auswerten.
Auswertung:
1) Welche Konzentration hat der α-BSA Antikörper im Kaninchen? Begründe deine Berechnung?
2) Erläutere das Auftreten einer Linie bei anderen Konzentrationen. Erkläre die Form der Linie.
3) Beurteile den Versuch im Vergleich zum vorangegangenen Experiment.
9 von 9
Herunterladen