Ursachen und Diagnostik von Nierenerkrankungen Einführendes Die wichtigsten Aufgaben der Nieren bestehen in der Entfernung von Flüssigkeit und Giftstoffen aus dem Körper. Zusammen werden diese im Urin ausgeschieden. Die Nieren gehören zu den am besten durchbluteten Organen. Sie weisen einen komplexen und fein strukturierten Aufbau auf. Sie können entsprechend durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren geschädigt werden. Unbehandelt können viele Nierenerkrankungen nach einem relativ gleichförmigen Muster fortschreiten. Für diesen Krankheitsfortschritt ist im weiteren Verlauf die genaue ursprüngliche Schädigungsursache häufig von untergeordneter Bedeutung. Stadien und Symptome von Nierenerkrankungen In der Medizin unterscheidet man aufeinander folgende Stadien der Nierenerkrankung. In den frühen Phasen der Nierenerkrankungen, die häufig jahrelang andauern, treten meist keinerlei Symptome auf. Später können betroffene Menschen unter einer Leistungsminderung und Müdigkeit leiden. Mit nachlassender Fähigkeit zur Flüssigkeitsausscheidung wird in den Spätstadien der Nierenerkrankungen ein Ansammeln von Wasser im Körper begünstigt. Dabei kommt es vor allem zu einem Anschwellen der Knöchel und Unterschenkel sowie manchmal der Augenlider. Ein Ansammeln von Wasser in den Lungen verursacht eine Luftnot. Diese wird zunächst häufig nur durch körperliche Belastung wie etwa beim Treppensteigen ausgelöst. Als Folge der Nierenerkrankung treten zusätzlich ein erhöhter Blutdruck, eine Blutarmut und eine Störung des Mineralhaushalts auf. In diesen Fällen kann es bei den Betroffenen zu entsprechenden Symptomen wie Kopf- und Brustschmerzen, Schwindel, Übelkeit, verstärkte Müdigkeit oder Knochenschmerzen kommen. Bei sehr fortgeschrittener Nierenerkrankung treten Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust sowie Übelkeit und Erbrechen auf. Es kann bereits in Ruhe zu einer ausgeprägten Luftnot und krisenhaften Blutdruckanstiegen oder Herzrhythmusstörungen kommen. Weitere mögliche Symptome stellen Verwirrtheit, Bewusstseinseinschränkung bis hin zur Bewusstlosigkeit und Krampfanfälle dar. Das Aufsuchen eines Arztes oder die Alarmierung des Rettungsdienstes ist dann unbedingt kurzfristig erforderlich und häufig muss als Notfallmaßnahme eine Blutwäsche („Dialysebehandlung“) durchgeführt werden. Ein vollständiges Ausbleiben der Urinausscheidung vollzieht sich häufig erst noch später. Ursachen von Nierenerkrankungen Die häufigsten Ursachen in entwickelten Ländern stellen der Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) und der Bluthochdruck dar. Die Nieren werden häufig im Rahmen übergeordneter Erkrankungen des Körpers geschädigt. Andere Gründe für eine Schädigung der Nieren stellen eine mangelnde Flüssigkeitsaufnahme, Rauchen, unter Umständen Fettstoffwechselstörungen, Entzündungen der Nieren und negative Folgen medizinische Maßnahmen (Medikamente und Operationen) dar. Manchmal wird eine Schädigung der Nieren durch eine mechanische Behinderung des Urinabflusses verursacht. Dann liegen meist eine Erkrankung der Harnblase oder der Harnleiter vor. In den Harnleitern wird der Urin von jeder Niere in die Harnblase transportiert. Die Anlage zu einigen Nierenerkrankungen wird vererbt, andere eigenständige Nierenerkrankungen werden im Laufe des Lebens erworben. Darüber hinaus kann eine Vielzahl von weiteren Ursachen eine Rolle spielen. Wie schon weiter oben dargestellt, können die meisten Schädigungen der Nieren auch unabhängig von der Ursache im Verlauf von Jahren selbstverstärkend zu einer fortschreitenden Nierenerkrankung führen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Bluthochdruck zu. Dieser kann gleichzeitig unmittelbare Ursache und Folge von Nierenerkrankungen sein. Systemerkrankungen Als Systemerkrankungen werden Erkrankungen bezeichnet, die nicht auf ein einzelnes Organ beschränkt sind, sondern eine Vielzahl von Organen betreffen. Beispielsweise kann der sogenannte systemische Lupus erythematodes gleichzeitig Haut, Gelenke, Gehirn, Nieren und eine Vielzahl weiterer Organe angreifen. Weitere Beispiele für Systemerkrankungen stellen der Morbus Wegener, die mikroskopische Polyangiitis und das sogenannte Goodpasture-Syndrom dar. Bei diesen Erkrankungen handelt es sich um Autoimmunerkrankungen, bei denen das körpereigene Abwehrsystem Teile des eigenen Organismus schädigt. In einem weiter gefassten Sinn können auch die in den entwickelten Ländern häufigsten Erkrankungen hoher Blutdruck und Diabetes mellitus als Systemerkrankungen bezeichnen werden, weil sie neben den Nieren eine Vielzahl anderer Organsysteme wie etwa Blutgefäße und das Herz betreffen können. Erbliche Nierenerkrankungen Die häufigste erbliche Nierenerkrankung stellen die sogenannten Zystennieren (häufigste Form: „Autosomal dominant vererbte zystische Nierenerkrankung“) dar. Eine Nierenzyste ist eigentlich eine harmlose Flüssigkeitsblase. Bei der „autosomal dominant vererbten Zystennierenerkrankung“ besteht jedoch eine direkte Vererbung von den Eltern auf die Kinder. Im Laufe des Lebens werden die Nieren von betroffenen Patienten vollkommen durch Zysten durchsetzt. Durch die Vielzahl und die Größe der Zysten wachsen die Nieren im Laufe der Erkrankung beträchtlich. Dabei verlieren die Nieren zunehmend an Funktion. Komplizierend können Entzündungen, Steine und Einblutungen auftreten. Ein Verdacht ist meist dadurch gegeben, dass andere Familienmitglieder von der Erkrankung betroffen sind. Die Diagnose kann in der Regel durch eine einfache Ultraschalluntersuchung gestellt werden. Neben der näher erläuterten autosomal dominant zystischen Nierenerkrankung gibt es eine Viezahl seltener erblicher Nierenerkrankungen wie etwa das Alport-Syndrom oder die Nephronophtise. Bei einem Teil dieser Erkrankungen handelt es sich um Syndrome, bei denen neben den Nieren weitere Organe des Körpers wie etwa Leber oder Gehirn betroffen sein können. Glomerulonephritiden Als Glomerulonephritiden werden entzündliche Erkrankungen der Nierenkörperchen bezeichnet. Die Nierenkörperchen sind kleine Filterorgane. In ihnen wird der sogenannte Primärharn, der im Weiteren in vielen kleinen Schritten in den Urin umgewandelt wird, wie in einem Sieb aus dem Blut abgepresst. Wenn dieser Filter erkrankt ist, kann es zu einem Übertritt von Eiweiß und kleinen Mengen von Blut in den Urin kommen. Mit dem bloßen Auge sind diese Veränderungen des Urins häufig nicht zu erkennen. Im Falle eines Übertritts von sehr großen Eiweißmengen in den Harn kann der Urin schäumend werden. Bei ausgeprägter Erkrankung kommt es noch häufiger zu vermehrten Flüssigkeitsansammlungen an den Knöcheln und anderen Körperabschnitten wie beispielsweise auch den Augenlidern. Nicht selten treten Blutdruckerhöhungen auf. Die Schädigung der Nierenkörperchen kann wie praktisch alle Nierenerkrankungen zu einer fortschreitenden Organvernarbung führen. Es werden unterschiedliche Formen von Glomerulonephritiden unterschieden. Die Behandlung richtet sich nach der genauen Form. Diese kann nur durch eine Gewebsprobe aus den Nieren bestimmt werden („Nierenbiopsie“ siehe weiter unten). Interstitielle Nierenerkrankungen Als interstitielle Nierenerkrankungen werden Erkrankungen bezeichnet, die hauptsächlich vom Bindegewebe der Nieren ausgehen. Die häufigsten Ursachen sind in Medikamenten und Entzündungen zu sehen. Diagnostik von Nierenerkrankungen Nierenerkrankungen verlaufen vor allem in den Frühstadien häufig, ohne dass sie von Betroffenen bemerkt werden können. Auf der anderen Seite bestehen für die Betroffenen auch dann schon negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebenserwartung. Deswegen ist es umso wichtiger, durch gezielte Untersuchungen bereits frühzeitig eine Diagnose zu stellen. Dazu steht eine Reihe von Verfahren zur Verfügung. In einer Basisuntersuchung wird ein Arzt neben einem ausführlichen Gespräch und einer körperlichen Untersuchung den Blutdruck messen. Außerdem ist eine Urin- und Blutuntersuchung sinnvoll. Bei auffälligen Befunden kann eine Ultraschalluntersuchung der Nieren weiterführende Hinweise über Auffälligkeiten liefern. Sollte dadurch oder durch weitergehende Blut- und Urinuntersuchungen keine zufriedenstellende Diagnose gestellt werden können, ist in vielen Fällen eine Entnahme einer kleiner Gewebsprobe wertvoll. Dadurch ist in den meisten Fällen eine genaue Diagnose möglich. Blutuntersuchungen Mit zunehmenden Schweregrad der Nierenerkrankung ist das Ausscheiden vieler Stoffe aus dem Blut in den Urin nur noch eingeschränkt möglich. In der Folge kommt es zu einem Anstieg der Konzentration dieser Stoffe im Blut. Das kann man sich in der Diagnostik von Nierenerkrankungen zunutze machen. Die relevantesten dieser so genannten Retentionswerte heißen Kreatinin und Harnstoff. Wichtig zu wissen ist, dass schon bei einer leichtgradigen Erhöhung dieser Werte häufig bereits ein nicht unerheblicher Nierenschaden besteht. Es gibt eine Vielzahl weiterer im Einzelfall bedeutsamer Untersuchungen. Diese dienen vor allem der Ursachenforschung und Abklärung von übergeordneten Erkrankungen des gesamten Körpers, die die Nieren mit betreffen. Wegen der Häufigkeit der Zuckererkrankung kommt dabei dem Blutzucker eine besondere Bedeutung zu. Viele Blutuntersuchungen werden dazu benutzt, um die Folgeschäden einer Nierenerkrankung einschätzen zu können. Dazu gehört die laborchemische Abklärung einer Blutarmut sowie des Säure- und Mineralhaushaltes einschließlich des Blut-pH-Wertes, des Bicarbonats, Natriums, Kaliums (besonders wichtig, da bedeutsame Erhöhungen lebensbedrohlich sein können), Calciums, Phosphats und des Nebenschilddrüsenhormons. Urinuntersuchung Viele Aussagen können bereits mit einer gewöhnlichen Streifentestuntersuchung getroffen werden. Es können sich Aufschlüsse über Harnwegsinfektionen oder Hinweise auf Erkrankungen der Nierenkörperchen ergeben. Für den Nierenspezialisten (Im Fachwort „Nephrologe“) besonders interessant sind dabei die Menge der weißen und roten Blutkörperchen sowie die Konzentration von Nitrit und vor allem des Eiweißes. Weitergehende Aussagen sind durch eine mikroskopische Urinbetrachtung möglich, wenn diese von einem erfahrenen Untersucher durchgeführt wird. Von den weiterführenden Untersuchungen sind vor allem die Verfahren bedeutsam, mit denen man genauer und differenzierter die Urineiweißkonzentration bestimmen kann. Manchmal ist zudem die Untersuchung einer Probe eines über 24-Stunden gesammelten Urins sinnvoll. Bildgebende Verfahren Durch bildliche Darstellung der Nieren können sich wichtige Hinweise wie Veränderung der Nierengröße, äußere Form, und Binnenstruktur ergeben. Im Falle einer Darstellung einer Erweiterung der ableitenden Harnwege liegt häufig eine Harnabflussstörung vor. Mit modernen Geräten sind noch weitergehende Aussagen möglich. Vor allem kann eine Beurteilung des Blutzu- und –abflusses vorgenommen werden. Das gängigste, schonendste und praktischste Untersuchungsverfahren stellt die Ultraschalluntersuchung, die Sonographie genannt wird, dar. Bei speziellen Fragestellungen kommen noch schnittbildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomographie sowie zur differenzierten Funktionsbeurteilung die Szintigraphie in Betracht. Nierenpunktion Eine Nierenpunktion dient der Gewinnung einer kleiner Gewebsprobe aus einer Niere. Diese kann nach Aufarbeitung und insbesondere Anfärbung unter dem Mikroskop untersucht werden. Im Vergleich mit anderen diagnostischen Verfahren sind damit meist die weitestgehenden und differenziertesten Aussagen möglich. Da Nierenerkrankungen sich praktisch immer in beiden Nieren abspielen, ist die Gewebsprobenentnahme aus einer Niere ausreichend. Wegen des fortschreitenden Charakters von Nierenerkrankungen macht eine Nierenpunktion in den Spätstadien in der Regel keinen Sinn mehr. Heute kann die Nierenpunktion unter gezielter Sicht durchgeführt werden. Dabei bedient man sich der bildgebenden Verfahren, insbesondere der Sonographie. Dabei kann die Punktionsnadel im Körper des Patienten dargestellt werden und diese kann nach dem Durchtritt durch die Haut sicher an eine gewünschte Stelle an der Nierenoberfläche geführt werden. Die Probenentnahme selbst kann dann mit Hilfe einer handlichen, mechanischen Vorrichtung per Knopfdruck schnell und schmerzlos vorgenommen werden. Da eine Nierenpunktion nur geringe Schmerzen verursacht, ist eine örtliche Betäubung ausreichend und es kann auf eine Vollnarkose verzichtet werden. Auch wenn die Nierenpunktion ein sicheres Verfahren darstellt, sollte es nur nach genauer Prüfung des konkreten Falls zur Anwendung kommen. Die gefürchtetste Komplikation stellt die Blutung dar. In extrem seltenen Fällen kann das zum Verlust einer Niere führen. Diese Blutung kann Stunden bis in seltenen Fällen Tage nach Nierenpunktion auftreten. Deswegen sollte eine Nierenpunktion in aller Regel unter den Bedingungen einer stationären Überwachung vorgenommen werden. Vor einer Nierenpunktion müssen blutverdünnende Medikamente wie etwa Marcumar®, Aspirin®, Plavix® oder Iscover® rechtzeitig abgesetzt werden. Außerdem darf weder eine Blutdruckentgleisung noch eine Harnwegsinfektion vorliegen. Diagnostik in der Medizinischen Klinik D In unserer Abteilung steht das gesamte Spektrum an diagnostischen Verfahren zur Verfügung. Wir betreuen dabei Patienten in allen Stadien und mit allen Arten von Nierenerkrankungen. Wir legen großen Wert auf nicht-invasive, schonende Verfahren wie Ultraschalluntersuchung, Urinmikroskopie und Urineiweißuntersuchung. Andererseits liegen alle Voraussetzungen für eine professionelle Durchführung von Nierenpunktionen vor und wir besitzen eine große Erfahrung in der Anwendung des Verfahrens. Ansprechpartner: Dr. V. Busch ([email protected])