Diplomarbeit ENTZÜNDLICHE ERKRANKUNGEN DES MAGENS UND DEREN THERAPIE VON EINEM HISTORISCHEN RÜCKBLICK BIS HIN ZUM AKTUELLEN STAND DER WISSENSCHAFT eingereicht von Daniel PLATZER 28.02.1989 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie unter der Anleitung von Univ. Prof. i.R. Mag. pharm. Dr. phil. Eckhard BEUBLER und ao. Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef DONNERER Graz, 14. März 2014 Daniel Platzer Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, am 14. März 2014 _______________________ Daniel Platzer I „Nichts ist älter als die Medizin von gestern.“ Dr. rer. pol. Gerhard Kocher (*1939) Schweizer Politologe und Gesundheitsökonom II Meinen lieben Eltern, Wilhelm und Gabriele in Dankbarkeit gewidmet III DANKSAGUNG An erster Stelle bedanke ich mich herzlich bei meinem Betreuer Herrn Univ. Prof. i.R. Mag. pharm. Dr. phil. Eckhard Beubler, der mir dieses Thema überlassen und mich vor und während des Verfassens dieser Diplomarbeit hervorragend unterstützt hat. Bei Fragen stand er mir stets mit Rat und Tat zur Seite. Des Weiteren möchte ich meinem Zweitbetreuer Herrn ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ. Josef Donnerer für dessen Hilfe danken. „Lieber von den Richtigen kritisiert als von den Falschen gelobt.“ Dr. rer. pol. Gerhard Kocher (*1939), Schweizer Politologe und Gesundheitsökonom Über diese Arbeit hinaus gebührt meinen Eltern Gabi und Willi, die mich während meines gesamten Studiums in jeglicher Art und Weise unterstützt haben, ein ganz besonderer Dank. Nicht nur finanziell, sondern auch persönlich standen sie mir stets helfend und beratend zur Seite. Sie hielten mir durchgehend den Rücken frei, damit ich mich voll und ganz auf mein Studium konzentrieren konnte. Ihnen gelang es auch immer wieder, mich während der gesamten Studienzeit zu motivieren und aufzubauen und glaubten jederzeit an mich, egal wie schwierig der Weg auch ab und zu war. Vielen Dank, dass ihr mir meinen Traum und die Umsetzung vom Medizinstudium ermöglicht habt. Ebenfalls möchte ich mich bei meinem Bruder und gleichzeitig besten Freund Dominik für seine alltägliche Unterstützung und Hilfe bedanken. Was auch immer kommt, du stehst mir immer zur Seite. Danke dafür. Auch bei meinem Großvater Willi, meiner leider verstorbenen Großmutter Aloisia, meiner Großmutter Inge und bei meiner Tante Grete möchte ich mich für das tägliche Daumendrücken bei Prüfungen und für ihre finanziellen Unterstützungen bedanken. So vieles geht auf meine Familie zurück. Auch meiner Freundin, Marie-Christin, möchte ich für ihre langjährige, alltägliche Unterstützung, Hilfe und vor allem ihr Verständnis herzlich danken. IV VORWORT Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema der entzündlichen Magenerkrankungen und deren Therapien. Dabei wird besonders auf die Therapie des Ulcus ventriculi und der Typ-B-Gastritis eingegangen. Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist, dem Lesenden einen Überblick über den Magen und seine entzündlichen Erkrankungen, außerdem auch die Geschichte der Gastroenterologie und der pharmakologischen Substanzen aufzuzeigen. Angefangen mit einem allgemeinen Teil über die Erkrankungen, über die Anatomie, die Histologie, die Physiologie der Säuresekretion, die Pathologie und die klinischen Aspekte des Magens soll außerdem der aktuelle Stand der Wissenschaft anhand aktueller Literatur und Studien wiedergegeben werden. In einer kurzen Erläuterung werden die notwendigen pharmakologischen Grundlagen dargestellt. Die Behandlungsstrategien dieser Erkrankungen unterliefen in den letzten Jahrzenten einem starken Wandel. Jede Wissenschaft, einschließlich die der Medizin, ist ständigen Entwicklungen unterworfen. War in der Geschichte der Medizin bei einem Ulkus lange noch die operative Therapie die Methode der Wahl, so entwickelten sich nach und nach neue, vor allem pharmakologische Behandlungsstrategien, die sich wiederum im Laufe der Zeit veränderten. Diese gilt es in dieser Arbeit herauszufinden und zu analysieren. Die Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie, welche für beide Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt, soll im Zuge dieser Diplomarbeit auf den neuesten Stand gebracht werden. Auch auf die Epidemiologie, den Übertragungsweg, die mikrobiologische Eigenschaften, die bakteriellen Virulenzfaktoren, die Pathogenese und die Diagnostik von Helicobacter-pylori wird näher eingegangen. Diese Diplomarbeit ist als Literaturanalyse zu verstehen, soll die therapeutischen Veränderungen aufzeigen und die neuesten Therapieschemata der Eradikationstherapie aus Österreich analysieren und vergleichen. Gleichheitsgrundsatz: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden. Der Verfasser möchte jedoch darauf hinweisen, dass die bei Personen verwendete maskuline Form für beide Geschlechter gleichermaßen zu verstehen ist. V ZUSAMMENFASSUNG TITEL Entzündliche Erkrankungen des Magens und deren Therapie: von einem historischen Rückblick bis hin zum aktuellen Stand der Wissenschaft. EINFÜHRUNG Das spiralig angeordnete, begeißelte, gram-negative und mikroaerophile Bakterium Helicobacter pylori verursacht mit 50% die häufigste chronische bakterielle Infektion der Weltbevölkerung. Es spielt nachgewiesen in der Entwicklung der chronischen Gastritis, der gastroduodenalen Ulkuskrankheit, des MALT-Lymphoms (mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma) und des Magenkarzinoms eine entscheidende Rolle. ZIEL Ziel dieser Diplomarbeit ist es, einen Überblick über die entzündlichen Erkrankungen des Magens (Ulcus ventriculi und Gastritiden) zu geben, und darüber hinaus, die therapeutischen Veränderungen aufzuzeigen. Auch die Geschichte der wichtigsten gastroenterologischen Entdeckungen und der pharmakologischen Substanzen bezüglich des Magens sollte aufgearbeitet werden. Des Weiteren sollte die aktuelle Helicobacterpylori Eradikationstherapie nach österreichischen Empfehlungen aufgezeigt werden. METHODEN Diese Diplomarbeit ist als eine Literaturrecherche zu sehen, und bezieht die Inhalte aus der systematischen und themenrelevanten Suche sowohl aus der medizinischen MetaDatenbank „PubMed“ oder „Europe PubMed Central“, als auch aus Fachlexika, Fachzeitschriften und aktuellen Lehrbüchern, sowohl aus dem deutsch- als auch englischsprachigen Raum. ERGEBNISSE Bei der „Standardtripeltherapie“ (Protonenpumpeninhibitor + Clarithromycin + Amoxicillin oder Metronidazol) kam es in den letzten Jahren weltweit, aufgrund von Resistenzentwicklungen gegen Clarithromycin, zu einem stetigen Wirkverlust. Somit wird in Österreich aufgrund des unzureichenden Therapieerfolgs die Clarithromycinenthaltende Tripeltherapie nicht mehr, wie bisher üblich, empfohlen. In Österreich wird die Eradikationstherapie derzeit nach den aktuellen Richtlinien der europäischen Konsensuskonferenz eingesetzt. Dies stellt jedoch einige Probleme dar, da die Wahl der Erst- und Zweitlinientherapie von regionalen Resistenzraten von Clarithromycin abhängig ist, in Österreich aber nur sehr limitierte Informationen zu den aktuellen ClarithromycinResistenzraten von zuvor unbehandelten Patienten (Primärresistenzen) in Österreich vorhanden sind. Derzeit muss im Großraum Österreich mit einer hohen Resistenzrate für VI diese Pharmaka gerechnet werden. Die beste Möglichkeit für die Erstlinientherapie ist ein sequenzielles Schema (5 Tage Protonenpumpeninhibitor + Amoxicillin, weitere 5 Tage Protonenpumpeninhibitor + Clarithromycin + Metronidazol) oder eine Quadrupeltherapie ohne Wismut (Protonenpumpeninhibitor + Amoxicillin + Metronidazol + Clarithromycin oder Levofloxacin). Aktuell spielen Wismut-enthaltende Quadrupel-Eradikationstherapien für die Erstlinien-, Zweitlinien- oder Reservetherapie in Österreich (und auch in Deutschland und der Schweiz) keine Rolle, da die Rate an Nebenwirkungen relativ hoch ist, und diese somit nicht am Markt erhältlich sind. Ebenfalls sind in Österreich Tetrazykline nicht zugelassen. Levofloxacin wird in der Zweitlinientherapie empfohlen, da aber auch in Österreich teilweise hohe Resistenzraten nachgewiesen wurden, sollte vor Einleitung der Zweitlinientherapie eine Resistenztestung durchgeführt werden. SCHLUSSFOLGERUNG Heutzutage wird die Ulkuskrankheit und die Gastritis aufgrund moderner Medikamente ohne größere Komplikationen medikamentös behandelt, was lange Zeit aufgrund fehlender ursächlicher Therapien nicht der Fall war. Von Bedeutung ist in Österreich, dass regionale Überwachungsprogramme der Helicobacter-pylori-Resistenzentwicklung eingesetzt werden, da diese für die Auswahl erfolgreicher Behandlungsstrategien zur Helicobacter-pylori-Eradikation von wichtigster Bedeutung sind. SCHLÜSSELWÖRTER Eradikationstherapie; Helicobacter pylori; Österreich; Ulcus ventriculi; Gastritis; Medikamente VII ABSTRACT TITEL Inflammatory Diseases of the Stomach and Their Therapies: From a Historical Review to the Latest State of Science. INTRODUCTION With 50% of the world population infected, the spiral-shaped, flagellated, gram-negative and microaerophilic bacteria Helicobacter pylori causes the most common chronic bacterial infection. It is widely recognized that Helicobacter pylori plays a decisive role in the development of chronic gastritis, gastroduodenal ulcer disease, MALT(mucosaassociated lymphoid tissue)-lymphoma and gastric cancer. AIM This diploma thesis aimed to review the inflammatory diseases of the stomach (Ulcus ventriculi and Gastritis), and in addition to elaborate the therapeutic changes. The history of the main gastroenterological discoveries and of the pharmacological substances relating to the stomach was part of this thesis. Another aim was to identify the prevailing eradication therapy of Helicobacter pylori in Austria. METHODS This diploma thesis is based on a detailed literature research including information from the medical databases “PubMed” and “Europe PubMed Central“, and also from specialistliterature and professional journals in German and English language. RESULTS As a result of the increasing development of resistance to clarithromycin the cure rates for the „Standard-Triple-Therapy“ (proton pump inhibitor + clarithromycin + amoxicillin or metronidazole) have declined steadily in the past few years. This is the reason why the clarithromycin-containing triple therapy is not recommended in Austria anymore. The eradication therapy in Austria is currently applied following the guidelines of the European “Consensus-Conference”. These guidelines cause a few problems in the clinical practice, because the choice of the first- and second-line therapy is depending on the local resistance rates, but in Austria there is only limited information about the currently existing primary resistance rates to clarithromycin. At the moment it is most likely that there are high resistance rates for these pharmaceuticals in greater parts of Austria. The best opportunity for the first-line treatment is the sequential therapy (5 days proton pump inhibitor + amoxicillin, another 5 days proton pump inhibitor + clarithromycin + metronidazole) or the non-bismuth quadruple therapy (proton pump inhibitor + amoxicillin + metronidazole + clarithromycin or levofloxacin). Bismuth-containing quadruple therapies VIII for the first-, second- and standby-therapy are currently not available on the Austrian market (neither in Germany or Switzerland), because of the high rates of side-effects. Neither is tetracycline licensed in Austria. Levofloxacin is recommended in the second-line therapy, but because of the partially high resistance rates to this pharmaceutical in Austria, the patients should be tested for resistance before starting the second-line treatment. CONCLUSION Nowadays ulcer disease and gastritis can be treated by modern pharmaceuticals without any major complications, but because of missing causative treatments it was not possible for a long time. Control-programs for the local resistance rates are of utmost importance for the choice of successful treatment-regimes for the eradication of Helicobacter pylori in Austria. KEYWORDS Eradication therapy; Helicobacter pylori; Austria; Ulcus ventriculi; Gastritis; Pharmaceuticals IX ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS A. Arteria Aa. Arteriae ASS Acetylsalicylsäure ATP Adenosintriphosphat bzw. beziehungsweise ca. circa Ca2+ Calcium CaCO3 Calciumcarbonat CagA Cytotoxin-assoziiert cAMP Cyclisches Adenosinmonophosphat chron. chronisch Cl- Chlorid cm Zentimeter CMV Cytomegalievirus CO2 Kohlenstoffdioxid CYP Cytochrom P DGVS Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten ECL Enterochromafine-like EHPSG European Helicobacter pylori Study Group engl. englisch EU Europäische Union evtl. eventuell GERD gastroesophageal reflux disease GI-Trakt Gastrointestinal-Trakt h Stunde/Stunden + H Wasserstoff H2RA Histamin-H2-Rezeptorantagonisten HCl Chlorwasserstoff (in Wasser gelöst: Salzsäure) HCO3- Hydrogencarbonat (Bikarbonat) H.pylori Helicobacter pylori X HSV-1 Herpes-simplex-Virus 1 HWZ Halbwertszeit IARC International Agency for Research on Cancer IL-8 Interleukin-8 INR International Normalized Ratio i.v. intravenös K+ Kalium Mb. Morbus mg Milligramm Mg[OH]2 Magnesiumhydroxid MALT-Lymphom mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma ml Milliliter mmol Millimol, Faktor 10-3 = entspricht einem tausendstel Mol. (0,001 mol) mmol/l Millimol pro Liter N. Nervus n. Chr. nach Christus Na+ Natrium NaHCO3 Natriumbikarbonat NH3 Ammoniak [NH4]2CO3 Ammoniumkarbonat NSAR Nicht-steroidale Antiphlogistika Ö Österreich ÖGD Ösophago-Gastro-Duodenoskopie PGE2 Prostaglandin E2 p.o. per os PCR Polymerase Chain Reaction PPI Protonenpumpeninhibitor(en) r-RNA ribosomale Ribonukleinsäure s.u. siehe unten syn. Synonym T. Tunica tgl. täglich TZA trizyklische Antidepressiva XI u.a. und andere USA United States of America VacA Vacuolisierendes Antigen Vit Vitamin WHO World Health Organization WQT Wismut-basierte Quadrupeltherapie v. Chr. vor Christus x multipliziert z.B. zum Beispiel μm Mikrometer, Faktor 10-6 > größer < kleiner + plus °C Grad Celsius XII ABBILDUNGS- und TABELLENVERZEICHNIS Abbildung (copyrighted: 1: Elektronenmikroskopisches free use for any purpose) Bild von Helicobacter pylori [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/d/d6/EMpylori.jpg] Stand: 01. November 2013.. ................................................... 53 Tabelle 1: Historischer Überblick über wichtige Entdeckungen in der Gastroenterologie (PPI: Protonenpumpeninhibitoren) [3, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 35, 46, 71] ................... 9 Tabelle 2: Protektive und aggressive Faktoren der Magenschleimhaut (PGE2: Prostaglandin E2, H.pylori: Helicobacter pylori, NSAR: Nicht steroidale Antiphlogistika) [27, 28] Modifiziert nach Böcker et al. [30] ........................................................................................ 15 Tabelle 3: Zuordnung der nachgewiesenen Helicobacter-Spezies (H.: Helicobacter) Modifiziert nach Malfertheiner P. [21] ................................................................................... 58 Tabelle 4: Wichtige Virulenzfaktoren von Helicobacter pylori und deren Effekte. Modifiziert nach Mobley HLT, Mendz GL, Hazell SL et al. [21, 71] ........................................................ 61 Tabelle 5: Diagnostische Tests zum Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektion mit Informationen über Sensitivität/Spezifität. Modifiziert nach Hirschl AM [79] und Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC, Bolten W, Kist M, Koletzko S. [73] .................................. 67 Tabelle 6: Evidenzbasierte Indikationen zur Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie nach den Leitlinien der europäischen Konsensuskonferenz von Florenz/Maastricht. (MALTLymphom: mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma; PPI: Protonenpumpeninhibitoren; NSAR: Nicht-steroidale Antiphlogistika) Modifiziert nach Malfertheiner P. [79, 80] ....................................................................................................................................... 73 Tabelle 7: Erstlinienbehandlungen nach europäischer Konsensuskonferenz in Regionen mit hohen Clarithromycin-Resistenzen (>20%) und in Regionen mit niedrigen Resistenzraten von Clarithromycin (<20%). (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; WQT: Wismut-basierte Quadrupeltherapie; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert nach Malfertheiner P. [80] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84] und Malfertheiner P, Megraud F, O'Morain CA, Atherton J, Axon AT, Bazzoli F, et al. [85] ................................... 66 XIII Tabelle 8:. Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; WQT: Wismut-basierte Quadrupeltherapie; Ö: Österreich, D: Deutschland, CH: Schweiz) Modifiziert und adaptiert nach Malfertheiner P. [80]. ............................. 67 Tabelle 9: Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 1998 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Ferenci P, Hentschel E, Krejs GJ, Pesendorfer FX, Renner F [90] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84].. ............................................................... 80 Tabelle 10: Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 2003 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Dragosics B. Ferenci P, Hentschel E, Krejs GJ, Pesendorfer FX, Renner F et al. [88] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84].. ............... 81 Tabelle 11: Therapiealgorithmus zur Erstlinientherapie der Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 2009 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Tribl B. [40].. ........................................ 82 XIV INHALTSVERZEICHNIS Eidesstattliche Erklärung .......................................................................................... I Zitat ............................................................................................................... II Widmung .............................................................................................................. III Danksagung ............................................................................................................. IV Vorwort .............................................................................................................. V Zusammenfassung .................................................................................................. VI Abstract ........................................................................................................... VIII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... X Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ................................................................. XIII 1 EINLEITUNG .................................................................................................. 1 2 ALLGEMEINER TEIL ..................................................................................... 3 2.1 Die Geschichte des Magens und seiner Krankheiten ......................................... 3 2.1.1 Frühe Beobachtungen .................................................................................... 3 2.1.2 Das 18. Jahrhundert ....................................................................................... 3 2.1.3 Das 19. Jahrhundert ....................................................................................... 3 2.1.4 Das frühe und mittlere 20. Jahrhundert ........................................................... 4 2.1.5 Das späte 20. Jahrhundert .............................................................................. 6 2.2 Anatomie des Magens ......................................................................................... 11 2.2.1 Makroskopische Anatomie ............................................................................ 11 2.2.2 Mikroskopische Anatomie ............................................................................. 12 2.2.2.1 Wandschichten.................................................................................. 12 2.2.2.2 Das enterische Nervensystem ........................................................... 12 2.2.2.3 Die Drüsen des Magens .................................................................... 13 2.2.3 Funktionelle Anatomie .................................................................................. 13 2.3 Physiologie des Magens ...................................................................................... 14 2.3.1 Die Wirkung von Pepsin ................................................................................ 15 2.3.3 Säuresekretion.............................................................................................. 16 2.3.2.1 H+/K+-ATPase.................................................................................... 16 2.3.2.2 Stimulation der Säuresekretion.......................................................... 16 2.3.2.3 Hemmungen der Säuresekretion ....................................................... 17 2.4 Gastritis ............................................................................................... 19 2.4.1 Definition .............................................................................................. 19 2.4.2 Klassifikation ........................................................................................ 19 2.4.2.1 Akute Gastritis ....................................................................... 19 2.4.2.2 Chronische Gastritis ............................................................... 20 2.4.2.2.1 Typ-A-Gastritis......................................................... 21 2.4.2.2.2 Typ-B-Gastrits ......................................................... 21 2.4.2.2.3 Typ-C-Gastrits ......................................................... 22 2.4.2.2.4 Sonderformen .......................................................... 22 2.4.2.2.4.1 Riesenfaltengastritis ............................... 23 2.4.3 Klinisches Bild und Komplikationen ...................................................... 23 2.4.3.1 Akute Gastritis ....................................................................... 23 2.4.3.2 Chronische Gastritis ............................................................... 23 2.4.4 Diagnostik ............................................................................................ 25 XV 2.4.4.1 Akute Gastritis ....................................................................... 25 2.4.4.2 Chronische Gastritis ............................................................... 25 2.4.5 Behandlungsindikation und Pharmakotherapie ..................................... 26 2.4.5.1 Akute Gastritis ....................................................................... 26 2.4.5.2 Chronische Gastritis ............................................................... 26 2.5 Ulcus ventriculi ............................................................................................... 27 2.5.1 Definition ................................................................................... 27 2.5.2 Epidemiologie ........................................................................... 27 2.5.3 Ätiologie und Risikofaktoren...................................................... 27 2.5.3.1 Stressulkus ................................................................. 28 2.5.4 Morphologie .............................................................................. 29 2.5.5 Klinisches Bild und Komplikationen ........................................... 29 2.5.6 Diagnostik ................................................................................. 31 2.5.7 Therapie ................................................................................... 31 2.5.7 Allgemeine Maßnahmen ................................................ 31 2.5.8 Pharamkotherapie ......................................................... 32 2.6 Die operative Therapie ........................................................................................ 33 3 GESCHICHTE DER MEDIKAMENTÖSEN THERAPIE und PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN .............................................. 35 3.1 3.2 3.3 3.4 Mineralische Antacida ......................................................................................... 35 3.1.1 Geschichtliche Aspekte ........................................................................ 35 3.1.2 Wirkstoffe ............................................................................................. 36 3.1.3 Wirkung ............................................................................................... 36 3.1.4 Nebenwirkungen .................................................................................. 37 3.1.5 Arzneimittelinteraktionen ...................................................................... 38 Histamin-H2-Rezeptorantagonisten .................................................................... 39 3.2.1 Allgemeine geschichtliche Aspekte ...................................................... 39 3.2.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ...................................... 39 3.2.3 Cimetidin .............................................................................................. 40 3.2.3.1 Geschichtliche Aspekte .......................................................... 40 3.2.3.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ........................ 40 3.2.3.3 Nebenwirkungen .................................................................... 41 3.2.4 Ranitidin ............................................................................................... 41 3.2.4.1 Geschichtliche Aspekte .......................................................... 41 3.2.4.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ........................ 41 3.2.4.3 Nebenwirkungen .................................................................... 42 3.2.5 Famotidin, Nizatidin, Roxatidin ............................................................. 42 3.2.5.1 Geschichtliche Aspekte .......................................................... 42 3.2.5.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ........................ 42 3.2.5.3 Nebenwirkungen .................................................................... 43 Protonenpumpenhemmer ................................................................................... 43 3.3.1 Geschichtliche Aspekte ........................................................................ 43 3.3.2 Wirkung ............................................................................................... 44 3.3.3 Nebenwirkungen .................................................................................. 45 3.3.4 Arzneimittelinteraktionen ...................................................................... 46 Schleimhautschützende Mittel............................................................................ 48 3.4.1 Sucralfat ............................................................................................... 48 3.4.1.1 Geschichtliche Aspekte .......................................................... 48 XVI 3.5 4 3.4.1.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ........................ 48 3.4.1.3 Nebenwirkungen .................................................................... 49 3.4.2 Misoprostol ........................................................................................... 49 3.4.2.1 Geschichtliche Aspekte .......................................................... 49 3.4.2.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften ........................ 50 3.4.2.3 Nebenwirkungen .................................................................... 50 Anticholinergika ............................................................................................... 51 3.5.1 Geschichtliche und allgemeine pharmakologische Aspekte.................. 51 HELICOBACTER-PYLORI ........................................................................... 53 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 5 Einleitung .......................................................................................................... 53 Epidemiologie ...................................................................................................... 55 Übertragungsweg ................................................................................................ 57 Mikrobiologische Eigenschaften ........................................................................ 58 Bakterielle Virulenzfaktoren ................................................................................ 59 Pathogenese ........................................................................................................ 61 Diagnostik .......................................................................................................... 62 4.7.1 Indikationen für die Diagnostik ............................................................. 62 4.7.2 Diagnostische Methoden ...................................................................... 62 4.7.3 Invasive Methoden ............................................................................... 63 4.7.3.1 Histologie ............................................................................... 63 4.7.3.2 Urease-Schnelltest................................................................. 64 4.7.3.3 Kultur ..................................................................................... 65 4.7.3.4 Andere Methoden .................................................................. 65 4.7.4 Nicht-invasive Methoden ...................................................................... 65 4.7.4.1 Der 13C-Harnstoff-Atemtest .................................................... 66 4.7.4.2 Stuhlantigentests ................................................................... 66 4.7.4.3 Antikörperbestimmungen ....................................................... 66 4.7.5 Resistenztestung .................................................................................. 67 Eradikationstherapie ........................................................................................... 68 4.8.1 Einleitung ............................................................................................. 68 4.8.2 Indikationen zur Eradikationstherapie ................................................... 72 4.8.3 Richtlinien zur Eradikationstherapie nach europäischer Konsensuskonferenz ............................................................................ 74 4.8.3.1 Erstlinientherapie ................................................................... 74 4.8.3.2 Zweitlinientherapie ................................................................. 76 4.8.3.3 Therapie bei Penicillin-Allergie ............................................... 77 4.8.3.4 Nebenwirkungen .................................................................... 78 DISKUSSION ............................................................................................... 80 5.1 Therapiestrategie Österreich ........................................................................ 80 5.1.1 Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori-Eradikation (1997/1998) .... 80 5.1.2 Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori-Eradikation (2003) ............. 81 5.1.3 Aktuelle Therapiestartegien zur Helicobacter-pylori Eradikation (2013) 83 5.1.3.1 Resistenzentwicklung in Österreich und Europa .................... 83 5.1.3.2 Erstlinientherapie ................................................................... 85 5.1.3.3 Zweitlinientherapie ................................................................. 87 5.1.3.4 Eine mögliche neue Strategie zur Eradikation ........................ 87 XVII 4.8.5 Therapiestrategie USA ....................................................................... 88 4.8.5.1 Einleitung ............................................................................... 88 4.8.5.2 Therapiestrategie ................................................................... 88 6 MATERIAL UND METHODEN ............................................................ 91 7 LITERATURVERZEICHNIS ................................................................. 92 XVIII 1 EINLEITUNG Die säurebedingten Krankheiten sind Störungen bei denen die Magensäure und Pepsin notwendig sind, aber deren alleiniges Vorkommen keinen pathogenen Faktor darstellen. Obwohl die Magensäure und Pepsin von der Natur aus Ätzmittel sind, so führen diese normalerweise aufgrund intrinsischer Schutzmechanismen zu keinem Schaden oder zu Symptomen. Wenn die protektiven Faktoren gestört sind oder wegfallen, so können gastrale oder duodenale Ulcera entstehen. [1] Diese stellen relativ häufige Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts (GI-Trakts) dar, welche bei jeder zehnten erwachsenen Person im Verlauf des Lebens auftreten können. Ebenso können auch Gallensäuren zur Entstehung des Ulcus ventriculi und der Gastritis beitragen. [2] Die Therapie und Prävention dieser säurebedingten Störungen besteht, sollte keine Helicobacter-pylori-Infektion vorliegen, aus der pharmakologisch induzierten Reduktion der Magensäure und dem protektiven Aufbau der Schleimhaut. [1] 1702 wird das Ulcus ventriculi erstmals von Michael Ettmüller (1644-1682) in dem in Amsterdam erschienenen Werk „De doloribus stomachi“ als „Ulcus in urifio ventriculi“ schriftlich festgehalten. [3] Die gastralen Ulzera waren bis zum Jahr 1900 die häufigste Form der Ulkuskrankheit. Das Ulcus duodeni hingegen wurde zu dieser Zeit noch für eine Rarität gehalten. 1912 gibt Ewald sogar ein Verhältnis von 1:45 zugunsten des Ulcus ventriculi an. Diese Angaben verlagerten sich aber im Laufe der Zeit immer mehr in Richtung des Ulcus duodeni, bis Kalk feststellte, dass er fast drei Mal so viel Ulcera duodeni diagnostizierte als Ulcera ventriculi. Die Inzidenz der Ulcera ventriculi blieb dennoch stabil. Nach und nach kam es in der Geschichte der Gastroenterologie und Pharmakologie zu neuen Entdeckungen, die zum Verständnis des Magens und der Therapie der Krankheiten beitrugen. Die Mortalitätsrate der gastralen Ulzera nahm unter anderem im Vergleich von 1962 (3,5 pro 100.000) zu 1979 (1 pro 100.000) deutlich ab. [4,5] Heutzutage werden Magen- und Duodenalulcera aufgrund moderner Medikamente ohne größere Komplikationen medikamentös behandelt, was lange Zeit aufgrund fehlender ursächlicher Therapien nicht der Fall war. [6] 1 Ein wesentlicher Grundstein für die Forschung und die Therapie der Ulkuskrankheit wurde mit der Entdeckung von Helicobacter pylori (H.pylori) gelegt. [1] Vor dieser Entdeckung war die Therapie der Ulkuskrankheit nur auf die Unterdrückung der Säuresekretion fokussiert. [7] Heutzutage gilt als gesichert, dass eine Infektion mit H.pylori bei der Ulkuskrankheit und der Typ-B-Gastritis eine Schlüsselrolle in derer Entstehung spielt. Dessen Eradikation ist der therapeutisch wirksamste Ansatzpunkt in der Therapie bei nachgewiesenen H.pylori-positiven Patienten. [8] Zu den wichtigsten Arzneimitteln, die zu Gastritiden und/oder zur Ulkuskrankheit führen können, zählen die nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAR), die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und auch Glucocorticoide. Weitere wichtige Faktoren in der Pathogenese der Ulkuskrankheit stellen unter anderem Rauchen, Alkohol und Stresssituationen, wie z.B. großflächige Verbrennungen oder große chirurgische Eingriffe dar. Schließlich sind es aber auch psychische und soziologische Faktoren, welche die Entstehung der Ulkuskrankheit begünstigen können. [2,8] Die Inzidenz des Ulcus ventriculi beträgt aktuell 50/100.000, die des Ulcus duodeni zeigt eine Inzidenz von 150/100.000 Erkrankungen jährlich, wobei die Häufigkeit aufgrund zahlreicher Faktoren, welche in der Arbeit noch näher behandelt werden, abnehmend ist. [9] Die Ulkuskrankheit betrifft jährlich 5 Millionen Amerikaner und stellt einen signifikanten Faktor der Morbidität in den USA dar. Allein die medizinischökonomischen Kosten dieser Krankheit belaufen sich dort auf rund 4 Milliarden US-Dollar jährlich. [10] Die Gastritiden unterteilt man in die akute und die chronische Gastritis. Es handelt sich dabei um eine Entzündung der Magenschleimhaut und wird je nach Ätiologie klassifiziert. Dabei stellt besonders die Typ-B-Gastritis, hervorgerufen vor allem durch H.pylori, mit ca. 80% aller Patienten mit chronischer Gastritis, die häufigste Form dar. So ist es auch die Typ-B-Gastritis, welche unter anderem im engen Zusammenhang mit der in dieser Arbeit beschriebenen Ulkuskrankheit, dem Magenkarzinom und dem MALT-Lymphom (mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma) steht. [9,11] 2 2 ALLGEMEINER TEIL 2.1 Geschichte des Magens und seiner Krankheiten 2.1.1 Frühe Beobachtungen Das peptische Ulkus ist eine Krankheit von Mensch und Tier seitdem die säurebildenden Organe als Behelfsmittel der Verdauung eine Rolle spielen. Hippokrates prägte im 5. Jahrhundert v. Chr. den Begriff „pepsys“. Dieser war der Auffassung, dass die aufgenommene Nahrung „gekocht“ und in folgende vier Säfte umgewandelt wird: in Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Eine Störung bezüglich einer dieser Säfte führt zu Krankheit. Diese Theorie herrschte für ungefähr 2000 Jahre, bis Theophrastus Bombastus von Hohenheim (genannt Paracelsus, geboren 1493, gestorben 1541), ein Professor der Medizin in Basel, zu einer anderen Ansicht kam. Dieser war nämlich der Auffassung, dass die Krankheiten der Menschen durch chemische Veränderungen verursacht und durch die Kräfte und Energie des Universums geleitet werden. [12] 2.1.2 Das 18. Jahrhundert 1702 wird das Ulkus erstmals von Michael Ettmüller (1644-1682) in dem in Amsterdam erschienenen Werk „De doloribus stomachi“ als „Ulcus in urifio ventriculi“ schriftlich festgehalten. [3] Doch auch bereits im Mittelalter waren die Symptome der Erkrankung geläufig. [6] Die ersten Vermutungen und Versuche zum sauren Magensaft und dem möglichen Zusammenhang mit der Verdauung gehen auf den italienischen Physiologen Lazzaro Spallanzani (1729-1799) und den französischen Wissenschaftler René de Réaumur (1683-1757) zurück. [12] 2.1.3 Das 19. Jahrhundert Der englische Physiologe William Prout konnte im frühen 19. Jahrhundert schließlich auf Basis der vorliegenden Versuche von Spallanzani und de Réaumur 3 den tatsächlichen Säuregehalt im Magen nachweisen und legte mit dieser Entdeckung den Grundstein für die moderne Gastroenterologie. 1904 wurde I.P. Pavlov für die Entdeckung der neuro-reflexgesteuerten Stimulation der Magensaftsekretion aus dem Jahr 1895 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. [12,13] 1836 beschreibt Theodor Schwann in Berlin einen wasserlöslichen Bestandteil im Magensaft mit der Fähigkeit „Eiklar“ zu verdauen und nannte es „Pepsin“, nach dem griechischen Wort für die Verdauung. Außerdem veröffentlichte Ismar Boas (1858-1938), der Begründer der Gastroenterologie als ein Spezialfach und der Herausgeber des ersten medizinischen Journals für Erkrankungen des Verdauungstrakts, Studien zur Funktion des Magens. [12] Der erste Versuch einer Gastroskopie geht auf Kussmaul zurück, der diese im Jahr 1868 an einem professionellen Schwertschlucker durchführte. 1881 verwendete Mikulicz erstmals ein starres Endoskop, musste die Verwendung aber aufgrund der gefährlichen Prozedur aufgeben. [14] 1893 entdeckte der italienische Histologe Camillo Golgi (1844-1926) durch Anfärbung mit Silbernitrat den Säureaustritt aus den Parietalzellen, wofür er im Jahre 1906 zusammen mit Santiago Ramon y Cajal mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. [3] G. Bizzozero, ein zu seiner Zeit bekannter Anatom, wurde 1893 in Turin (Italien) zum Erstbeschreiber eines spiralförmigen Mikroorganismus aus der Magenschleimhaut des Hundes, dessen pathogenetische Bedeutung für den Menschen erst ca. 100 Jahre später erkannt wurde. [15,16,71] Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte W. Jaworski, ein polnischer, klinischer Forscher und Professor der Jagiellonia-Universität in Krakau (Polen), die Anwesenheit von spiralförmigen Mikroorganismen in der Magenschleimhaut des Menschen und nannte es „Vibrio rugula“. Er vermutete den Zusammenhang zwischen diesen Bakterien und dem Auftreten von Erkrankungen des Magens und publizierte seine Erkenntnisse im „Handbook of Gastric Diseases“. Dieses Werk war aber aufgrund der in Polnisch verfassten Texte nicht sehr bekannt und wurde erst durch die Übersetzung von Konturek et al. populär. [16] 2.1.4 Das frühe und mittlere 20. Jahrhundert Im Jahre 1905 erfolgte die Entdeckung von „Gastrin“ durch J.S. Edkins. [12] Der Pathologe Krienitz kam zu der Erkenntnis, dass in der Umgebung von Magenkarzinomen Spirochäten vorkommen. [15] Die Arbeiten von L. Popielski, einem 4 polnischen Pharmakologen, aus dem Jahr 1920 und von C.F. Code aus dem Jahre 1956 deckten das Histamin-vermittelte Konzept der gastralen Sekretion auf. [12] Dragutin Karl Schwarz, 1868 in Kroatien geboren und 1917 in Wien gestorben, war seiner Zeit ein einzigartiger klinischer Forscher bezogen auf die Ätiopathogenese von Magensäure in Verbindung mit dem peptischen Ulkus und prägte 1910 in Laibach (zu dieser Zeit noch Teil der österreichischen Monarchie) folgende Feststellung: „Ohne sauren Magensaft kein peptisches Geschwür.“, oder kurz: „Ohne Säure kein Ulkus.“. Schwarz vermutete, dass die Gastrektomie die beste Therapiemöglichkeit für eine exzessive Magensäuresekretion und peptische Ulzera darstellt. [3,12,13,16,17] 1912 prägte der Freiburger Pharmakologe Hermann Fühner die Bezeichnung „Histamin“ für die Substanz „ß-Aminoethylimidizol“ nach der griechischen Bezeichnung für das Gewebe („histos“). [3] 1926 entdeckten O. Loewi und E. Navratil Acetylcholin nach Vagusreizung im Froschherzen. [46] 1927 konnte Charles Herbert Best nachweisen, dass Histamin in verschiedenen Organen des menschlichen Körpers, wie z.B. in der Lunge und der Leber, in nicht zu verachtenden Konzentrationen vorhanden ist. [3] 1928 vermutet Konjetzny erstmals die pathogene Bedeutung der Spirochäten bei Defekten der Magenschleimhaut und erkannte, dass das peptische Magenulkus die Folge einer chron. Gastritis darstellt. [15, 35] Der in Berlin geborene Rudolf Schindler (1888-1968) gilt als der wohl bekannteste Endoskopiker weltweit und wurde mit seinem konstruierten starren Endoskop zum Begründer der RoutineGastroskopie. 1923 verfasste er in München das Werk „Lehrbuch und Atlas der Gastroskopie“, wodurch er sich als der weltweit führende Endoskopiker etablierte, da er 400 komplikationslose Gastroskopien vorweisen konnte. 1932 entwickelte er mit dem Berliner Techniker Georg Wolf das erste semiflexible Endoskop, welches ca. 25 Jahre lang weltweit als Standardendoskop eingesetzt wurde, bis es vom Fiberskop abgelöst wurde. Er gilt ebenso als der Erstbeschreiber der Gastritis. [18,19] 1938 konnte Doenges bei 50% der von ihm in den USA durchgeführten Untersuchungen an Leichenmägen feststellen, dass sich, auch ohne dem Vorhandensein von Magenkarzinomen, Spirochäten auf der Magenschleimhaut befinden. Erst 1940 kamen Freedberg und Baron zu der Erkenntnis, dass die Spirochäten auch in der Nähe von Magenulzerationen vorkommen. Sie sprachen den Spirochäten allerdings keine ätiologische Funktion zu. [15,71] 1940 präsentierten Freedberg und Baron ihre Entdeckungen. Bei diesem Vortrag kam 5 es zu einer Diskussion mit den Mitgliedern des Publikums, die berichteten, dass die von ihnen eingesetzte Syphilis-Therapie mit Quecksilber, Arsen und Wismut in einigen Fällen zur vollständigen Remission der Ulkuskrankheit führte. Zwischen 1950 und 1960 konnte Susumo Ito an der „Harvard Medical School“ die ersten detaillierten anatomischen Beschreibungen der Magenschleimhaut durch die Elektronenmikroskopie veröffentlichen. Er beschrieb auch „spirilli“ in manchen seiner Präparate. 1967 veröffentlichte er ein Foto mit einem dieser Mikroorganismen, was sich erst später als ein vergrößertes H.pylori im Inneren einer Parietalzelle herausstellte. [71] 2.1.5 Das späte 20. Jahrhundert In den frühen 1970iger Jahren gelang es Sir J.W. Black, basierend auf L. Popielski’s Histamin-Konzept, den Histamin-H2-Rezepetor nachzuweisen. Im Zuge dieser Entdeckung konnte er die Antagonisten des Rezeptors ermitteln, was sich in der Regulierung der Magensäuresekretion und der Ulkustherapie als äußerst günstig erwies. Aufgrund dieser Errungenschaften wurde Sir J.W. Black 1972 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Mit der Entdeckung der Protonen-Pumpen und derer Inhibitoren (PPI) im Jahr 1973 durch G. Sachs, die sich in Bezug auf die Hemmung der Magensäuresekretion und der Ulkustherapie als noch effektiver erwiesen als die H2-RezeptorAntagonisten, wurde die Gastrektomie in der Ulkustherapie, die seit der ersten Gastrektomie von Billroth, Pean, Moynihan und Ridiger 1881 als Standardbehandlung der Ulkuskrankheit durchgeführt wurde, von nun an als obsolet betrachtet. [12,13] Durch die Billroth-I- und Billroth-II-Operation konnte die gastrale Phase ausgeschaltet werden und dadurch kam es zu einer Reduktion der Magensäuresekretion von ca. 50%. [17] Trotz all der pharmakologischen Fortschritte, zeigten sich dennoch periodische Verschlimmerungen und Rückfälle (Rezidive) der Ulkuskrankheit, teilweise innerhalb eines Jahres sogar 70-80% der Ulkuspatienten, und so blieb diese Krankheit weiterhin „unbesiegt“. [12,13,17] Nach Einführung des ersten fiberoptischen, flexiblen Gastroskops ist es Steer und Colin-Jones 1975 gelungen, durch Biopsien der Magenschleimhaut, bei bestehenden Magenulcera, gram-negative Bakterien im Antrum des Magens in 6 80% nachzuweisen. Am „Royal Perth Hospital in Western Australia“ kam es im Jahr 1982 durch die australischen Wissenschaftler B.J. Marshall (Mediziner) und J.R. Warren (Pathologe) zum Durchbruch in der Entdeckung von Helicobacter pylori (H.pylori). Ihnen ist bei Patienten mit chron. Gastritis und Magenulcera die Isolierung und kulturelle Anzüchtung eines Urease-bildenden Mikroorganismus (H.pylori) in der gastralen Mukusschicht gelungen. [3,15,71,74] In einer Veröffentlichung vom Juni 1984 berichten Marshall und Warren von 100 untersuchten Einzelproben von entnommenen Biopsien aus dem intakten Magenantrum, welche im Rahmen einer Gastroskopie durchgeführt wurden. Das von ihnen zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte spiralig oder gekrümmte beschriebene Bakterium („unidentified curved bacilli“) konnte in 58 Proben nachgewiesen werden. Der Verdacht der Pathogenität dieses Bakteriums erhärtete sich bei den Wissenschaftlern dadurch, dass es in nahezu allen Proben von den Patienten mit nachgewiesener aktiver chronischer Gastritis, Duodenal- oder Magenulkus präsent war. [20] Der von den australischen Wissenschaftlern Marshall und Warren als zunächst „Campylobacter pyloridis“ und danach zu „Campylobacter pylori“ klassifizierte Keim, wurde 5 Jahre nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1989 von C.S. Goodwin, J.A. Armstrong und T. Chilvers nach r-RNA-Analysen und Untersuchungen der Struktur zu „Helicobacter pylori“ umbenannt. [3,71] Nach der Entdeckung von H.pylori erwachte erst 1987 das Interesse der Kliniker an diesem Bakterium, als die Kenntnis vermittelt wurde, dass eine erfolgreiche Behandlung der H.pylori-Infektion bei Ulcus duodeni zu einer drastischen Senkung der Rezidivrate dieser Krankheit führt. So wurde schließlich die Suche nach effektiven Behandlungsstrategien intensiver. Zahlreiche Studien mit ver- schiedenen antibakteriellen Substanzen zeigten, dass eine Sonderbehandlung von Nöten ist, um die H.pylori-Infektion erfolgreich zu behandeln. [21] Festzuhalten ist, dass die Entdeckung von H.pylori richtungsweisende Auswirkungen auf die Therapie der Ulkuskrankheit hatte und immer noch hat, und dass im Jahre 2005 die Signifikanz der Entdeckung mit dem Nobelpreis für Medizin für R. Warren und M. Marshall gewürdigt wurde. Die H.pyloriEradikationstherapie wurde an Patienten mit chronischen, immer wiederkehrenden 7 Magenulzera getestet, und ist die aus der Entdeckung resultierende Therapie. Dass ausgehend durch verschiedene Faktoren, vor allem die der verbesserten Lebensbedingungen, aber vermutlich auch der etablierten Eradikationstherapie, die Prävalenz der Infektion mit H.pylori in den letzten Jahrzenten sinken zu scheint, zeigten weiterführende epidemiologische Untersuchungen. [22] Durch die Entdeckung von H.pylori wurde auch erstmals in der langen Geschichte der Humanmedizin eine ätiopathogenetische Klassifikation der Gastritiden möglich. Ebenso konnte man das erste Mal die häufigste Form der Gastritiden, die H.pyloriGastritis, eine der häufigsten Infektionskrankheiten in der Humanmedizin, erfolgreich kausal therapieren. Die Ulkuskrankheit, welche sich als H.pyloriGastritis-Folgekrankheit herausgestellt hat und mit lebensbedrohlichen Folgen verbunden sein kann, konnte aufgrund der beschriebenen Tatsachen ebenso auf Dauer geheilt werden. [21] 8 Historischer Überblick über wichtige Entdeckungen in der Gastroenterologie tabellarisch zusammengefasst 5. Jahrhundert v. Chr. Hippokrates 4 Säfte-Theorie 16. Jahrhundert n. Chr. Paracelsus Krankheiten durch chemische Veränderungen; geleitet von Kräften und Energie des Universums 1702 M. Ettmüller Das Ulkus wird erstmals schriftlich festgehalten: „Ulcus in urifio ventriculi“ 1752 R. de Réaumur, erste Vermutungen und Versuche 1793 L. Spallanzani zum sauren Magensaft Frühes 19. Jahrhundert W. Prout Säuregehalt im Magen bewiesen. I. Boas Erste Studien zur Funktion des Magens; Begründer der Gastroenterologie als Spezialfach 1836 T. Schwann Entdeckung von „Pepsin“ 1868 Kussmaul Erster Versuch einer Gastroskopie 1881 Mikulicz Verwendung eines starren Endoskops 1881 1893 Billroth, Pean, Moynihan, Erste Durchführungen von Ridiger Gastrektomien Camillo Golgi Säureaustritt aus den Parietalzellen durch 1906: Anfärbung mit Nobelpreis Silbernitrat für Medizin zusammen mit Santiago Ramon y Cajal G. Bizzozero Erstbeschreiber eines spiralförmigen Mikroorganismus in der Magen- schleimhaut eines Hundes 1895 I.P. Pavlov neuro-reflexgesteuerten Stimulation der Magensaftsekretion 1904: Nobelpreis für Medizin oder Physiologie Ende 19. Jahrhundert W. Jaworski Spiralförmige Mikroorganismen in menschlicher Magenmukosa nachgewiesen. „Vibrio rugula“ 9 1905 J.S. Edkins Entdeckung „Gastrin“ 1910 D. K. Schwarz „Ohne Säure kein Ulkus.“ 1920 L. Popielski, Histamin-vermitteltes Konzept der 1956 C.F. Code gastralen Sekretion 1926 O. Loewi, E. Navratil Entdeckung von Acetylcholin am Froschherzen 1928 Konjetzny Pathogene Bedeutung der Spirochäten; peptisches Ulkus ist Folge der chronischen Gastritis 1932 R. Schindler Begründer der Routinegastroskopie; Erstbeschreiber der Gastritis. erstes semiflexibles Endoskop. 1950er Susumo Ito erste detaillierte anatomische Beschreibungen der Magenschleimhaut durch die Elektronen- mikroskopie (mit „spirilli“) 1970 Sir J.W. Black Histamin-H2-Rezepetor und pharmakologische Antagonisten 1972: Nobelpreis für Medizin oder Physiologie 1973 G. Sachs Entdeckung der Protonen-Pumpen und derer Inhibitoren (PPI) 1975 Steer, Colin-Jones Biopsien der antralen Schleimhaut mit Nachweis gram-negativer Bakterien 1982 B.J. Marshall, Entdeckung von Helicobacter J.R. Warren (Campylobacter) pylori 2005: Nobelpreis für Medizin oder Physiologie Tabelle 1: Historischer Überblick über wichtige Entdeckungen in der Gastroenterologie (PPI: Protonenpumpeninhibitoren) [3,12,13,14,15,16,17,18,19,35,46,71] 10 2.2 Anatomie des Magens 2.2.1 Makroskopische Anatomie Der Magen ist ein dehnbares sackförmiges Organ des GI-Trakts mit einem potenziellen Fassungsvermögen von ungefähr 1200 bis 3000 ml und ist im linken oberen Quadranten des Abdomens, gleich unter dem Diaphragma, zwischen dem Ösophagus, der Speiseröhre, und dem Duodenum, dem Zwölffingerdarm, lokalisiert. Die Form gleicht dem Buchstaben J. Die seitlichen Bereiche des Magens werden üblicherweise in zwei Kurvaturen eingeteilt, wobei die mediale, konkave, kleine Kurvatur die rechte obere Grenze, und die konvexe, große Kurvatur die linke untere Grenze des Magens bildet. Außerdem unterteilt man ihn in fünf Bereiche, und zwar in die Cardia, den Fundus, den Corpus, das Antrum und den Pylorus. Die Cardia befindet sich gleich links der Mittelinie direkt im Eingangsbereich aus dem Ösophagus zum Magen. Makroskopisch ist hier eine ZLinie zu sehen, die den abrupten Übergang der Mucosa des Ösophagus in die der Cardia aufzeigt. Der Fundus ist eine kuppelförmige, nach kranial reichende Ausbuchtung des Magens und liegt links über dem gastroösophagealen Übergang. Den größten Teil des Magens nimmt der Corpus ein, welcher unter dem Fundus beginnt und sich bis zur Incisura angularis, einer Einbuchtung in der kleinen Kurvatur, ausbreitet. Von der Incisura angularis und der distalen, unteren Grenze des Corpus bis zum Pylorus befindet sich das Antrum. Der, dem Antrum nachfolgende, Pylorus enthält einen ausgeprägten, dicken, ringförmigen Muskel mit einer Länge von 1-2cm, den Sphincter pylori, der den Magen mit dem Duodenum verbindet. Die arterielle Blutversorgung wird von direkten (A. gastrica sinistra) und indirekten (A. lienalis und A. hepatica communis) Ästen des Truncus coeliacus der Aorta descendens gewährleistet, und projiziert sich auf Höhe des 12. Thorakalwirbels. Die Aa. gastricae sinistra et dextra versorgen die kleine Magenkurvatur und die Aa. gastroomentales sinistra et dextra sind für die arterielle Versorgung der großen Kurvatur verantwortlich. [23,24,25] Die nervale Innervation erreicht den Magen sympathisch über das Ganglion coeliacum und auf parasympathischen Weg. Der Magenschmerz wird vom Zentralnervensystem, ausgehend von den afferenten sympathischen Bahnen geleitet. Die parasympathische Innervation erfolgt durch den N. vagus, welcher die Verdauung durch Sekretion der Drüsen reguliert und die Motilität des Antrums steuert. [24,25] 11 2.2.2 Mikroskopische Anatomie Die innere Oberfläche wird von der Mukosa (1 mm hoch) und Submukosa ausgekleidet und bildet wahllos angeordnete Schleimhautfalten, welche sich im Bereich des Antrums longitudinal ausbilden und bei starker Magenfüllung verstreichen. [24,25] Die Mukosa des gesamten Magens wird von einem einschichtigen zylindrischen Oberflächenepithel bedeckt. Dieser Magenschleimhaut liegt ein 100-200μm dicker Schleimteppich auf, welcher aus zwei Muzin-Typen (MUC5AC, MUC6) besteht. Bei mikroskopischer Lupenvergrößerung der Mukosa zeigt diese ein Oberflächenrelief in Form von Magenfeldern, den Foveolae gastricae. Von diesen Foveolae ausgehend ziehen tubulöse Magendrüsen in die Lamina propria. Als Isthmus bezeichnet man den Übergang von der Foveola in den Drüsenschlauch. [26] 2.2.2.1 Wandschichten Die Wand des Magens besteht aus 4 Einheiten. Von innen nach außen unterscheidet man die Tunica (T.) mucosa, welche sekretorische Drüsen enthält, die T. submucosa, welche hauptsächlich ein Verbindungsgewebe darstellt und Lymphozyten, Plasmazellen und neurovaskuläre Bestandteile aufzeigt. Der T. submucosa folgt die T. muscularis propria. Diese besteht aus drei verschieden angeordneten Lagen, und zwar aus den longitudinalen, circulären und schrägen Fasern. Vor allem die circulär angeordneten Fasern winden sich um den Corpus und verdicken sich im Bereich des Ausgangs des Magens und bilden dabei den Schließmuskel, den Musculus sphincter pylori. Schließlich folgt auf die T. muscularis propria die T. serosa. [24,25] Die der Bauchhöhle zugewandten Seite des Magens wird von Serosa überzogen. [26] 2.2.2.2 Das enterische Nervensystem Der Magen-Darm-Trakt besitzt in seinen Wänden ein eigenständiges Nervensystem, welches aus zwei ganglienzellhaltigen Nervenfasergeflechten besteht: - Plexus submucosus: innerer submuköser Plexus (Meissner-Plexus), äußerer submuköser Plexus - Plexus myentericus (Auerbach-Plexus). Die interstitiellen Zellen von Cajal sind als Schrittmacher und Vermittler zwischen dem enterischen Nervensystem und der Muskulatur für die Motorik des Verdauungskanals von Bedeutung. [26] 12 2.2.2.3 Die Drüsen des Magens Die Zellen des Corpus und des Fundus setzen sich aus den Parietal- (Beleg-), Haupt-, Neben- (Schleim-) und den Enterochromaffine-like (ECL) Zellen zusammen. Diese exokrinen Zellen zeigen im Drüsenschlauch keine gleichmäßige Verteilung. So befinden sich im oberen Bereich des Drüsenschlauches, dem Drüsenhals, vor allem die Nebenzellen und auch die Parietalzellen, und in der unteren Hälfte, dem Hauptteil, die Hauptzellen. Die ECL-Zellen sind unter der Mukosa lokalisiert und für die Sezernierung von Histamin verantwortlich. Hauptzellen sezernieren, vor allem durch den Parasympathikus und durch Gastrin ausgelöst, Pepsinogene und Lipase. Parietalzellen sezernieren sowohl Salzsäure (Protonen und Chlorid-Ionen) als auch den Intrinsic-factor, welcher für die Aufnahme von Vit-B12 im terminalen Ileum notwendig ist. Ein Mangel des Intrinsicfactors verursacht die reduzierte Absorption von Vit-B12 im Ileum und hat die perniziöse Anämie zur Folge. Die Zellen des Antrums, sowie die der Cardia enthalten hauptsächlich schleimbildende (Neben-) Zellen, welche Muzin und Pepsinogen ausschütten. Nur im Antrum vorkommend sind die endokrinen Zellen, bestehend aus G-Zellen, die Gastrin absondern, einem Peptidhormon, das über den Blutweg die ECL-, Parietal- und Hauptzellen stimuliert. Die G-Zellen werden durch das enterische Nervensystem und chemische Reize stimuliert. Auch nur im Antrum vorkommend sind die D-Zellen, welche Somatostatin sezernieren. Die Drüsen der Cardia und des Pylorus enthalten rein muköse Drüsen. [24,25,26,27] 2.2.3 Funktionelle Anatomie Der Magen hat im Verdauungssystem zwei große Hauptfunktionen. Die aufgenommene Nahrung passiert den Magen durch die gastroösophageale Verbindung, wo diese durch die Magensäure und die Verdauungsenzyme zum Chymus, dem Speisebrei, verarbeitet werden. Hier beginnt bereits die Protein- und Fettverdauung. Außerdem stellt der Magen für die aufgenommene Nahrung eine Art Reservoir dar, welches den Chymus in kontrollierten Schritten in Richtung Dünndarm transportiert. [24,25,27] Funktionell wird ein proximaler von einem distalen Magen unterschieden. Der proximale Magen wird von der Cardia, dem Fundus und dem ersten Drittel des Corpus gebildet und besetzt die Rolle der Speicherfunktion. Im Gegensatz dazu setzt sich der distale Magen aus den restlichen zwei Drittel des Corpus und dem Antrum zusammen und übernimmt die Rolle der 13 Durchmischungs- und Aufbereitungsfunktion. Im Rahmen der Ernährung übernimmt der Magen die wichtige Rolle durch seine sekretorischen, motorischen und humoralen Mechanismen. Aufgrund der Tatsache, dass der Magen kein lebenswichtiges Organ darstellt, kann bei Bedarf eine vollständige Gastrektomie durchgeführt werden. Bevor die Nahrung den Magen durch die Engstelle des unteren Pylorus in Richtung Dünndarm passiert, wirkt der Pylorus als eine Art Sieb, der zu große, nicht ausreichend aufbereitete Nahrungsmittel vor dem Eintritt in das Duodenum aussortiert bis diese adäquat verarbeitet sind. Eine Hypertrophie des Pylorus hat zur Folge, dass die Nahrung den Magen nicht in Richtung Dünndarm verlassen kann und resultiert in schwallartigem Erbrechen und wird am häufigsten bei Neugeborenen beobachtet. [24,25,27] 2.3 Physiologie des Magens Pro Tag werden in den Drüsen und von den oberflächlichen Zellen des Magens ein- bis zwei Liter Magensaft produziert, deren pH-Wert zwischen 1,0 und 7,0 schwankt. Der pH-Wert ist davon abhängig, ob sich der Magen in der digestiven (aktiven) oder in der interdigestiven (unstimulierten) Phase befindet. Für die interdigestive Phase ist ein Na+-reiches (140-150 mmol/l) und H+-armes Milieu typisch, die digestive Phase dagegen ist Na+-arm (kleiner 10 mmol/l) und H+-reich. Die Hauptkomponenten des Magensafts sind Wasser, Salzsäure (HCl), Ionen (Na+, K+ und Cl-), der Intrinsic-factor, Pepsine, Schleim aber auch verschluckter Speichel und zurückfließender Duodenalsaft. Die Schleimbarriere der Epitheloberfläche des Magens ist reich an HCO3- (Bikarbonat) und schützt das darunterliegende Epithel durch die Aufrechterhaltung des pH-Wertes der oberflächlichen Magenschleimhaut von 6-7 vor der Selbstverdauung durch HCl und Pepsine aus dem Lumen (pH-Wert 1-2). Alkohol und Gallensäuren können diese schützende Schicht unterbrechen und stören. [9,28,29] Die meisten Zellen des GI-Trakts produzieren Prostaglandine. Die beiden wichtigsten stellen dabei Prostaglandin E2 (PGE2) und I2 dar. Lokal produzierte Prostaglandine stimulieren die Sekretion von Schleim und HCO 3-, reduzieren die Säuresekretion und wirken der Vasokonstriktion der Schleimhautblutgefäße entgegen. Störungen bei der Sekretion und den schützenden Mechanismen sind in der Entstehung des peptischen Ulkus und der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) beteiligt, aber auch für die Schädigung der Magenschleimhaut 14 durch nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR) mitverantwortlich. Die Magensäure fördert die proteolytische Verdauung von Nahrungsbestandteilen und ist ein wichtiger Faktor bei der Absorption von Eisen. [29] Außerdem wirkt HCl in der Destruktion von aufgenommen Bakterien unterstützend, wobei H.pylori dabei eine Ausnahme darstellt. [27] PROTEKTIVE FAKTOREN Oberflächliche Muzinschicht, Mukuszusammensetzung, intaktes Epithel Bikarbonat Normale Blutzirkulation PGE2 AGGRESSIVE FAKTOREN Pepsin, Gallensäuren, Pankreasenzyme Alkohol, Rauchen, Medikamente (NSAR, Acetylsalicylsäure (ASS)) H.pylori Salzsäure, Gastrin, Histamin, gesteigerter Vagotonus Ischämie, Stress, neurale Einflüsse Tabelle 2: Protektive und aggressive Faktoren der Magenschleimhaut (PGE2: Prostaglandin E2, H.pylori: Helicobacter pylori, NSAR: Nicht steroidale Antiphlogistika) [28,29] Modifiziert nach Böcker et al. [30] 2.3.1 Pepsin HCl ist ebenso für die Umwandlung von inaktivem Pepsinogen in Pepsin verantwortlich. [27] Die Hauptfunktion von Pepsin ist die Einleitung der Verdauung von aufgenommenen Proteinen. Außerdem spielt Pepsin eine äußerst wichtige Rolle in der Entstehung des Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni. Bei Fehlen von Pepsin kann Magensäure allein kein Ulkus verursachen. Demzufolge könnten sich die Hemmung der Umwandlung von Pepsinogen zu Pepsin und die optimale Aufrechterhaltung des pH-Wertes des Magensaftes in der Therapie der Ulkuskrankheit positiv auswirken. [31] Der saure pH-Wert im Magen initiiert die Aktivierung der sezernierten Pepsinogene. Bei einem pH-Wert zwischen 5,0 und 3,0 kommt es zu einer langsamen Aktivierung von Pepsinogen, wobei die Geschwindigkeit bei Absinken des pH-Wertes auf unter 3,0 dramatisch zunimmt. Das dabei entstehende Pepsin trägt zur Autoaktivierung bei, indem es Pepsinogen aufspaltet. Steigt der pH-Wert auf über 3,5 an, so kommt es zu einer reversiblen Inaktivierung von Pepsin. Irreversibel wird diese Inaktivierung durch pH-Werte ab 7,0. [27] 15 2.3.2 Säuresekretion Die Rolle der Säuresekretion und dessen Regulierung ist für die Pathogenese der peptischen Ulcera von großer Bedeutung und ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Arzneimittelwirkungen. [29] Die Mukosa des Fundus und des Corpus besitzen Parietalzellen (syn. Belegzellen), die HCl sezernieren. Es befinden sich schätzungsweise eine Milliarde solcher Parietalzellen in der menschlichen Magenmukosa, welche die Fähigkeit besitzen mehr als 3 x 10 6 Wasserstoff-Ionen pro Sekunde zu produzieren. Aufgrund dieser intensiven Säureproduktion ist der Magensaft sehr sauer und hat somit einen niedrigen pH-Wert, der bei hoher Säuresekretion bei unter 1 liegen kann. Die tubulo-vesikulären Strukturen, die unter der apikalen Membran liegen, beinhalten die Protonen-Kalium-Pumpe, die sogenannte H+/K+-ATPase, welche den Motor für die Säuresekretion darstellt. Die maximale Rate der Säuresekretion ist abhängig vom Alter und dem jeweiligen Geschlecht. Männliche Personen produzieren maximal 10-30 mmol pro Stunde, wobei weibliche Personen eine bis zu 25-40% niedrigere Rate aufweisen. [27,28] 2.3.2.1 H+/K+-ATPase Die H+/K+-ATPase ist das, in den Parietalzellen vorkommende, verantwortliche Enzym für die Pumpfunktion der Säuresekretion, indem primär-aktiv, durch ATPVerbrauch, H+ im Austausch gegen K+ in das Drüsenlumen sezerniert wird. Die in der apikalen Membran vorhandenen Kaliumkanäle sorgen für eine ausreichende Verfügbarkeit von K+ im Lumen. Aus dem CO2 stammen die sezernierten H+Ionen. Aus der wässrigen Umgebung des Zytosols dissoziiert CO 2 zu HCO3- und H+. Das Enzym Carboanhydr(at)ase führt zu einer Beschleunigung dieses Prozesses. Über apikale Kanäle diffundiert Cl- in das Magenlumen, sodass Salzsäure (HCl) sezerniert wird. Der pH-Wert steigt aufgrund des, durch die H+-Sekretion ausgelösten, Überschusses an zytosolischem HCO3-. Durch einen basolateralen HCO3-/Cl--Austauscher verlässt HCO3- die Zelle. Dieser liefert die nötige Menge Cl- für die Sekretion in das Lumen. Schließlich regulieren die basolateralen Na+/H+-Austauscher zusätzlich den im Zytosol herrschenden pH-Wert. [27,32] 2.3.2.2 Stimulation der Säuresekretion Die Säuresekretion kann entweder durch direkte Stimulation von Rezeptoren auf den Parietalzellen, unter anderem durch Histamin, Acetylcholin oder Gastrin gesteigert werden, oder auch über den indirekten Weg durch Stimulation der 16 Histaminfreisetzung aus den ECL-Zellen, welche den Parietalzellen sehr nahe gelegen sind, bzw. zum Teil aus den Mastzellen. Die Histaminfreisetzung, der wichtigste Stimulus für die Säuresekretion, wird wiederum durch Acetylcholin und Gastrin stimuliert. [27,29] Histamin entfaltet seine Wirkung über H2-Rezeptoren auf Parietalzellen. Dies führt zu einer Steigerung der Säuresekretion durch eine cAMP-vermittelte Stimulation der Protonenpumpe. [52] Die Hemmung der Histamin-H2-Rezeptoren war therapeutisch gesehen äußerst erfolgreich, bis diese durch die noch wirksameren Protonenpumpenhemmer überholt wurden. Die Hemmung der Acetylcholin- und Gastrinrezeptoren hat sich jedoch therapeutisch nicht bewährt. [8] Die G-Zellen in den Antrumdrüsen und auch im Duodenum sezernieren Gastrin. Dessen Freisetzung wird durch die Magendehnung, durch luminale Aminosäuren und durch das Gastrin-releasing peptide (GRP) stimuliert, wobei die Magendehnung den stärksten Reiz zur Gastrin-Sekretion darstellt, weshalb eine Magenausgangsstenose eine Übersäuerung des Magens zur Folge hat. Ebenso kann die Freisetzung aber auch durch Ca2+ aus dem Plasma oder Noradrenalin erhöht werden. Gastrin ist für die direkte Stimulation der Säuresekretion, für die Verstärkung der digestiven Peristaltik im Antrum, für den Blutfluss, auch für die Stimulation des Mukosawachstums in Magen, Dünndarm und Dickdarm, aber auch für die Stimulation der ECL-Zellen verantwortlich. Die Stimulation zur Säuresekretion der ECL-Zellen wird durch die Bindung von Gastrin an die Gastrin/Cholecystokinin(CCK)2-Rezeptoren bewirkt, wodurch der intrazelluläre Ca2+-Spiegel steigt. Aminosäuren und kleine Peptide stimulieren direkt die Gastrin-sezernierenden Zellen, wie auch Milch und Calciumsalze wirken, was somit erklärt, warum der Gebrauch von Calcium-enthaltenden Salzen als Antazida unangebracht ist. [9,27,29] 2.3.2.3 Hemmungen der Säuresekretion Gehemmt wird die Freisetzung durch Somatostatin und luminale Säure. Somatostatin stellt den wichtigsten Hemmer der Säuresekretion dar und wird von den DZellen, durch CCK und einen pH-Abfall <4, aus verschiedenen Lokalisationen abgegeben. [27,29,52] Ebenso bekannte wichtige Inhibitoren der Säuresekretion stellen EGF (epidermal growth factor), TGF-α (Transforming growth factor), Neurotensin, Sekretin, das Peptid YY, Prostaglandin E2, CCK, Serotonin, Interleukin-1, GIP (gastric inhibitory polypeptide), GLP-1 und GLP-2 (Glucagonlike Peptide) dar. [28,52] Somatostatin und das VIP (vasoaktives intestinales 17 Peptid) antagonisieren die Histaminwirkung und hemmen bzw. vermindern somit auf direktem Wege die stimulierte Säuresekretion. Auf indirekte Weise werden die Histaminsekretion aus den ECL-Zellen und die Gastrinsekretion aus den G-Zellen des Antrums gehemmt. Cholinerge Agonisten hemmen die Sekretion von Somatostatin, da der N.vagus indirekt die Säuresekretion stimuliert. Die direkte vagale Erregung kann auch durch die Freisetzung von Acetylcholin, welches direkt den Muscarin-3-Rezeptor an den Parietalzellen aktiviert, die Säuresekretion auslösen und gilt als Basis für die Entstehung für Stress-Ulzera. [29] Die Somatostatinsekretion wird aber durch Gastrin stimuliert. Somit stellt die Wechselwirkung mit Gastrin eine negative Rückkoppelung dar. Auch aus dem Duodenum und Jejunum gibt es eine Rückkopplungshemmung der Säuresekretion durch Lipide, Säure und der erhöhten Osmolalität im Dünndarm. Dabei spielt unter anderem Sekretin aus den S-Zellen des Duodenums eine wichtige Rolle, welches die Gastrinfreisetzung hemmt und die Freisetzung von Somatostatin fördert. PGE2 hemmt die Parietalzellen und reduziert die Histamin- und Gastrinfreisetzung. [27] 18 2.4 Gastritis Ca. 50% der Weltbevölkerung, und 35% der europäischen Bevölkerung (mit regionalen Unterschieden) leiden an einer Gastritis. [21] 2.4.1 Definition Unter einer Gastritis versteht man jede histologisch gesicherte Infiltration der Magenschleimhaut durch Entzündungszellen. [30,33] 2.4.2 Klassifikation Die Gastritiden unterteilt man klinisch in die akute und die chron. Gastritis. [9,33] Für Kliniker, Endoskopiespezialisten und Pathologen führte die Einführung der verschiedenen Klassifikationen zu einer besseren Übereinstimmung der Gastritiden. Die histologische Auswertung der Magenschleimhaut ist für die Klassifikation und Diagnose der Gastritiden von wichtiger Bedeutung. [34] 2.4.2.1 Akute Gastritis Bei der akuten oder aktiven Gastritis überwiegen in der Mukosa der Magenschleimhaut die Granulozyten. [30] Die akute hämorrhagische oder erosive Gastritis kann entweder durch exogene Noxen, wie Alkoholexzesse, ASS, NSAR, Glucocorticoide, Zytostatika und Strahlentherapien, oder durch endogene Ursachen, wie Stresssituationen, entstehen. Stresssituationen stellen psychische und/oder physische Belastungen wie Verbrennungen, Schockzustände, intrakranielle Erkrankungen aber auch Leistungssport („Runner’s stomach“) dar. [9,33] Dabei kommt es zu einer Störung der Mukosabarriere, mit der Folge, dass es zu einer verstärkten Rückdiffusion von H+-Ionen kommt, und die Schleim- und Bikarbonatproduktion abnimmt. Auch die ATP-Bildung der Mukosa, die Zellregeneration und die Durchblutung werden dadurch beeinträchtigt. [36] Eine weitere Form der akuten Gastritis ist die akute H.pylori-Gastritis, welche häufig im Kindesalter auftritt, aber meist erst im chronischen Stadium diagnostiziert wird. Eine sehr seltene Form der akuten Gastritis ist die akute phlegmonöse oder eitrige Gastritis, welche häufig als Folge einer Sepsis mit schlechter Prognose auftritt. [33] 19 2.4.2.2 Chronische Gastritis Ein ausschließlich lympho-plasmazelluläres Infiltrat ist ein Merkmal für die chron. Gastritis. Die Einteilung der chron. Gastritis erfolgt durch zwei Klassifikationssysteme, der ABC-Klassifikation und der Sydney-Klassifikation. [9,30] Die ABCKlassifikation beinhaltet ätiologische und histologische Kriterien und zeigt folgende Haupttypen: - Typ-A-Gastritis (Autoimmungastritis) - Typ-B-Gastritis (bakterielle „H.pylori-“ Gastritis) - Typ-AB-Gastritis (Mischform der autoimmun-bakteriellen Gastritis) - Typ-C-Gastritis (chemisch-reaktive Gastritis) Des Weiteren werden diverse andere Sonderformen der Gastritiden unterschieden. Basierend auf der ABC-Klassifikation, die 1988/89 von Heilmann, Sollte et. al, Wyatt und Dixon eingeführt wurde, wurde 1990 die Sydney-Klassifikation von Misiewicz et al. eingeführt, die noch zusätzlich zu der ABC-Klassifikation endoskopische, topographische und morphologische Kriterien enthält. [9,11,21,30, 35] Histologische Parameter beinhalten: - den Grad der Entzündung (Dichte der Infiltration der T.propria mit Lymphozyten und Plasmazellen) - die Aktivität der Entzündung (Dichte der Infiltration der T.propria mit neutrophilen Granulozyten) - die Atrophie des Drüsenkörpers - die Dichte der H.pylori-Besiedelung - die intestinale Metaplasie Es werden vier Stufen (normal - geringgradig - mittelgradig – hochgradig) bei der Sydney-Klassifikation unterschieden. Diese Klassifikation wurde zunächst nach europäischen Richtlinien eingeführt. Um aber amerikanische und europäische Richtlinien zu vereinen, wurde im September 1994 in Houston im Zuge des Kongresses der European Helicobacter pylori Study Group (EHPSG) eine neuaufgelegte Fassung der Sydney-Klassifikation („Updated-Sydney-Classification“), mit minimalen Modifikationen, eingeführt. Die Biopsie-Empfehlungen im Zuge der Gastroskopie wurden erweitert. [21,35] Zur Einschätzung des Schweregrades der Gastritis und der Atrophie der Magenschleimhaut werden ebenso spezielle Score20 systeme eingesetzt, die das Risiko für die Entstehung eines Magenkarzinoms einschätzen. Dazu gehören die Systeme: - OLGA (Operative Link for Gastritis Assessment) - OLGIM (Operative Link for gastric Intestinal Metaplasia) [80] 2.4.2.2.1 Typ-A-Gastritis Die Autoimmungastritis macht in etwa 2,5-5% aller Gastritiden aus und ist vor allem in der Cardia und dem Corpus lokalisiert. Diese kommt durch eine immunologisch vermittelte Zerstörung der tiefen Corpusdrüsen zustande, welche evtl. genetisch bedingt sein könnte. Die Autoimmunreaktionen richten sich in 90% der Fälle gegen die Parietalzellen und die H+/K+-ATPase, sowie in 70% der Fälle gegen den Intrinsic-factor. Auffallend ist, dass besonders Nordeuropäer an der Typ-A-Gastritis betroffen sind. Histologisch zeigt sich ein dichtes lymphozytäres Entzündungsinfiltrat in der Corpus- und Fundusschleimhaut mit Drüsendestruktionen und reaktiver Hyperplasie der Parietalzellen. Die Folge ist eine Achlorhydrie und eine perniziöse Anämie. Im Verlauf der Erkrankung zeigen die Parietalzellen fortschreitende Destruktionen, was eine Schleimhautatrophie zur Folge hat. [9,30,33] 2.4.2.2.2 Typ-B-Gastritis Die bakterielle Gastritis entsteht fast ausschließlich durch die Infektion der Magenschleimhaut mit H.pylori und macht mit einem Vorkommen von ca. 80% aller Gastritiden die häufigste Form aus. H.pylori wirkt wie ein Antigen auf die Mukosa des Magens und löst eine lokale Immunantwort aus. Die Folge ist eine chronische aktive Gastritis. [9,21,73] Fast 100% der H.pylori-infizierten Personen entwickeln eine Gastritis. [61] Die Typ-B-Gastritis ist vor allem im Magenantrum lokalisiert. [9,30] Die Dichte der Kolonisation von H.pylori bestimmt das Ausmaß der Gastritis. [15] Eine sehr seltene Form der bakteriellen Gastritis stellt die Infektion mit Helicobacter-heilmannii dar. [9] Die Prävalenz des Keimes beim Menschen beträgt ca. 0,5%. [73] Dieser Keim ist zwei bis drei Mal so lang wie H.pylori, hat eine klassische korkenzieherartige Struktur, und wurde von dem Pathologen Konrad Heilmann entdeckt. Diese ist eine von Hunden und/oder Katzen übertragene Zoonose. Diese ist fast ausschließlich bei Männern und im Antrum, in herdförmiger Anordnung in gleichen Grübchen, zu finden. Bei Verdacht auf eine 21 Infektion mit diesem Bakterium, sollte in den Tiefen der Grübchen gesucht werden. Diese Form der Gastritis ist im Vergleich zur H.pylori-induzierten Gastritis geringgradig und weniger aktiv, es lassen sich fast nie Erosionen oder Ulzerationen finden. [9,21,30] Allerdings ist dieses zoonotisch vorkommende Bakterium mit dem Auftreten eines MALT-Lymphoms assoziiert. [73] 2.4.2.2.3 Typ-C-Gastritis 7-15% aller Patienten mit chron. Gastritis zeigen eine chemisch-reaktive Gastritis. Diese ist wie die Typ-B-Gastritis im Antrum lokalisiert und wird durch endogene oder exogene Faktoren induziert. Zu den endogenen Faktoren zählen unter anderem Galle oder Pankreassekret und die exogenen Faktoren beinhalten Alkohol, NSAR oder ASS. Morphologisch zeigt sich eine Rötung der Magenschleimhaut und eine ausgeprägte und polypöse Verdickung des Faltenreliefs. Außerdem finden sich fibrinbedeckte Erosionen, die histologisch foveoläre Hyperplasien mit reaktiven Epithelatypien aufweisen. Außerdem zeigen sich histologisch dilatierte Gefäße, nur geringgradige chronische nichtaktive Entzündungsinfiltrate in der oberen T. propria, mäßige apikale ödematöse Veränderungen des Stromas und reaktive Proliferationen von glatten Muskelzellen. Selten finden sich herdförmige intestinale Metaplasien. Auch Lymphfollikel sind nicht nachzuweisen. [9,21,30,33] 2.4.2.2.3 Sonderformen Die diversen, selteneren Gastritiden können durch zahlreiche ätiologische Faktoren verursacht werden und machen ca. 3-4% aller Gastritiden aus. Dazu zählen unter anderem die eosinophilen Gastritiden, die metaplastisch- atrophischen Gastritiden oder Gastritiden viraler Genese, z.B. durch das Herpesoder Cytomegalievirus (CMV). Ebenso seltene Ursachen für Gastritiden stellen Parasiten dar. Außerdem zählt man die granulomatösen Gastritiden (z.B. bei Sarkoidose, Mb. Crohn, Whipple-Krankheit, bei Fremdkörpern oder WegenerGranulomatose) und die lymphozytären Gastritiden, welche unter anderem bei der Zöliakie auftreten kann, zu den Sonderformen. Auch die Riesenfaltengastritis (syn.: Mb. Ménétrier) und die kollagenen Gastritiden sind seltene Formen der Gastritis. [9,11,24,33,36] 22 2.4.2.2.3.1 Riesenfaltengastritis Die Riesenfaltengastritis wird bei erwachsenen Personen durch eine H.pyloriInfektion verursacht und wird meist als Zufallsbefund bei asymptomatischen Patienten im Rahmen der ÖGD diagnostiziert. [36] Die Riesenfaltengastritis kommt vor allem im Corpus und Fundus vor. Die Riesenfalten können lokal oder generalisiert auftreten. Nach der Eradikation von H.pylori normalisiert sich das histologische und endoskopische Bild wieder weitgehend. Sollten die Riesenfalten trotz erfolgreicher Eradikation persistieren, muss ein diffus wachsendes Magenkarzinom oder ein Lymphom ausgeschlossen werden. [21] 2.4.3 Klinisches Bild und Komplikationen Es besteht oft nur ein bescheidener Zusammenhang zwischen einer Gastritis und Symptomen wie Schmerzen und/oder Übelkeit. Viele Patienten mit einer bestehenden Gastritis haben tatsächlich keine Symptome, welche auf den Magen zurückzuführen sind. [11] Die klinische Bedeutung der Gastritiden besteht in der Schädigung der Magenschleimhaut und der damit verbundenen Prädisposition zum Ulcus ventriculi, der atrophischen Gastritis, der intestinalen Metaplasie und der malignen Entartung des Magens (Adenocarcinom, MALT-Lymphom). [34] 2.4.3.1 Akute Gastritis Die akute Gastritis kann sich klinisch durch verschiedene Symptome, abhängig vom Schweregrad, präsentieren. Dazu zählen unter anderem die Inappetenz, Übelkeit und Erbrechen, die Regurgitation, ein Druckgefühl im Oberbauch und der epigastrische Druckschmerz. Auch unangenehmer Geschmack im Mund kann bei akuter Gastritis als ein Symptom auftreten. Komplikationen stellen die Magenblutung bei erosiver Gastritis dar, aber auch Stress-Ulzera können als Komplikation der akuten Gastritis auftreten. [9,33] Die akute Gastritis heilt in den meisten Fällen spontan ab. [36] Die akute H.pylori-Gastritis wiederum heilt nicht spontan ab und geht in eine chron. Gastritis über, die bei 10-20% der H.pyloriinfizierten Patienten klinisch manifest wird. [15] 2.4.3.2 Chronische Gastritis Oft bestehen bei einer chronischen Gastritis keinerlei Symptome. Bei einer Infektion der Magenschleimhaut mit H.pylori kann evtl. Halitosis (Mundgeruch) auftreten. Unspezifische Oberbauchbeschwerden (dyspeptische Symptome), 23 Übelkeit und Erbrechen kann man bei der Antrumgastritis mit H.pylori-Besiedelung bei jeder fünften infizierten Person beobachten. [9,61,80] Typisch ist aber die lange latente Periode. [61] Komplikationen der Typ-B-Gastritis sind vor allem die Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre. 20-30% der Patienten mit einer H.pyloriGastritis entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung ein Ulkusleiden. [21] Das Magenkarzinom stellt mit einem Risiko von 1:3000 eine weitere Komplikation der Typ-BGastritis dar. Der endgültige Beweis dafür, dass die H.pylori-induzierte Gastritis eine präkanzeröse Kondition darstellt, ergab sich bei 3 unabhängigen epidemiologischen Studien aus dem Jahr 1991. Diese konnten den statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der H.pylori-Durchseuchung und der Magenkarzinome nachweisen. Das relative Risiko für die Entstehung einer malignen Entartung der Magenschleimhaut aufgrund einer zugrundeliegenden H.pylori-Gastritis lag in diesen Studien zwischen 2,8 und 6,9. [21] Andere Folgeerkrankungen sind das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom oder Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des MALT (früher Pseudolymphom genannt) mit einem Risiko von 1:40.000 (laut Herold G. und Mitarbeiter). [9,17,33] Die Inzidenz korreliert mit der Prävalenz der H.pylori-Infektionen. Z.B. kann in Venezien (Oberitalien) bei einer H.pylori-Prävalenz von 87% eine sehr hohe Inzidenz von 13,2 pro 100.000 Einwohner angegeben werden. Im Vergleich dazu kann England, mit einer H.pylori-Prävalenz von 50-60%, eine weitaus niedrige Inzidenz aufweisen. In den USA wird die Inzidenz bei H.pylori-infizierter Population mit 1:30.000 bis 1:80.000 angegeben. Generell kann bei >95% aller Patienten mit einem MALTLymphom eine zugrundeliegende chronische H.pylori-Gastritis diagnostiziert werden. Dass das Risiko bei zugrundeliegender H.pylori-Infektion für die Entwicklung des Magenlymphoms um den Faktor 4.0-6.0 erhöht wird, zeigten serologische Untersuchungen aus großen Fall-Kontroll-Studien. [73] Auch die idiopathische chronische Urtikaria oder ätiologisch unerklärte Eisenmangelanämie können klinisch durch die Typ-B-Gastritis hervorgerufen werden. [9,33] Die Eradikation von H.pylori führt zu einer Heilung der betroffenen entzündeten Magenschleimhaut mit daraus resultierender normaler gastraler Sekretion. [61] Einige der Patienten mit einer Typ-A-Gastritis zeigen weitere Autoimmunerkrankungen wie Mb. Addison, Diabetes-mellitus-Typ-I, die Hashimoto- Thyreoiditis oder andere. Die Komplikationen der Typ-C-Gastritis sind vor allem das duodenale und gastrale Ulkus. [9,33] 24 2.4.4 Diagnostik Aufgrund der nahezu immer altersunabhängigen bestehenden Differentialdiagnose zum Magenkarzinom und der damit verbundenen nicht abgrenzbaren Symptome, ist bei Bestehen der geschilderten Beschwerdesymptomatik immer eine Gastroskopie indiziert. Die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD), mit Biopsien zur histologischen und evtl. mikrobiologischen Begutachtung, ist die Untersuchung der Wahl. [37] 2.4.4.1 Akute Gastritis Zur Abklärung einer akuten Gastritis sollte die Aufklärung einer gegebenenfalls vorliegenden exogenen Ätiologie erfolgen. In der ÖGD sind makroskopisch Schleimhauterytheme mit teilweise vorhandenen Petechien, sowie erosive Schleimhautdefekte zu sehen. [36] 2.4.4.2 Chronische Gastritis Die bei der ÖGD durchgeführten Biopsien müssen stets aus dem Corpus und dem Antrum des Magens entnommen werden. Makroskopisch finden sich, ähnlich wie bei der akuten Gastritis, Schleimhauterytheme und auch erosive Schleimhautläsionen. Bei der Typ-A-Gastritis sollten serologische Untersuchungen vorgenommen werden, um Antikörpertiter gegen Parietalzellen und den Intrinsic-factor zu bestimmen. Ebenso sollten weitere Autoimmunerkrankungen ausgeschlossen, und der Vit-B12-Spiegel kontrolliert werden. Um eine Typ-B-Gastritis auszuschließen oder zu diagnostizieren muss die Magenschleimhaut auf das Vorhandensein von H.pylori untersucht werden (siehe Kapitel 4: Helicobacter pylori, 4.7 Diagnostik). Die makro-endoskopische Befunderhebung ist für die chron. Gastritis und das Vorliegen einer H.pylori-Infektion nicht ausreichend. Das makroskopische Bild kann sich mit einer Vorwölbung der Magenschleimhaut durch eine lymphatisch-bedingte Hyperplasie zeigen, was als „Gänsehautphänomen“ bezeichnet wird. In den meisten Fällen ist diese aber nicht nachweisbar, und so kann trotz vorhandener Infektion der Magenschleimhaut keine makroskopische Auffälligkeit beobachtet werden. [15,35,78] Histologische Charakteristika der H.pylori-induzierten Gastritis beinhalten den teilweisen Ersatz des Oberflächenepithels mit einem Regenerationsepithel, zum Teil Schleimdepletionen, Lymphfollikelbildungen, intestinale Metaplasien und/oder fokale Atrophien. Histologisch 25 zeigen sich nach Konjetzny typische „glanduläre Mikroerosionen“ mit, zwischen den Deckepithelien in der T. propria liegenden, Lymphozyten und Plasmazellen. Diese Erosionen sind die Eintrittspforte für die Säure und Pepsin, die dadurch noch größere Erosionen hervorrufen können. Diese sind dann erstmals in der ÖGD zu erkennen und können aufgrund ihrer morphologischen Eigenschaften von anderen Gastritiden unterschieden werden. [15,21] Bei der Riesenfaltengastritis (Mb. Ménétrier) imponieren in der ÖGD, makroskopisch betrachtet, Riesenfalten (> 10mm), welche trotz maximaler Luftinsufflation nicht verstreichen. Histologisch findet sich eine foveoläre Hyperplasie. [36] 2.4.5 Behandlungsindikation und Pharmakotherapie 2.4.5.1 Akute Gastritis Die akute Gastritis sollte je nach Schweregrad therapiert werden. [33] Wichtigste therapeutische Maßnahme ist das Ausschalten evtl. vorliegender Noxen und die Eradikation bei Vorhandensein einer H.pylori-Infektion. [36] Die akute hämorrhagische oder erosive Gastritis sollte bei leichten Formen symptomorientiert behandelt werden. Kamille oder Scharfgarbe wirken bei leichten Formen antiinflammatorisch. Melisse zeigt eine sedative Wirkung und ist krampflösend. Diese naturheilkundlichen Verfahren können in Form von Tee oral verabreicht werden. Schwere Formen sollten durch maximale Säuresuppression (hochdosierte PPI) therapiert werden. [33] 2.4.5.2 Chronische Gastritis Bei der Typ-A-Gastritis besteht bei Vit-B12-Mangel eine Behandlungsindikation. Therapeutisch wird Vit-B12 durch subkutane oder intramuskuläre Injektionen substituiert. Die Typ-B-Gastritis ist bei vorhandenem oder drohendem gastroduodenalem Ulkus, bei Dyspepsie, bei intestinaler Metaplasie oder positiver Familienanamnese bezüglich eines Magenkarzinoms behandlungsbedürftig. Die Therapie besteht hauptsächlich in der Eradikation von H.pylori (s.u.). Bei Oberbauchschmerzen mit gastroduodenalen Erosionen bzw. Ulcera ist die Typ-C-Gastritis zu behandeln. Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Vermeidung oder Beseitigung der ursächlichen Noxe und eine Säuresuppression durch PPI. Generell sollte bei der chron. Gastritis auf diätetische Maßnahmen geachtet werden. Diese beinhaltet leichte Vollwertkost. Des Weiteren sollten über den 26 ganzen Tag verteilt mehrere kleine Mahlzeiten eingenommen werden. Die Phytotherapie mit Bitterstoffen nimmt einen weiteren wichtigen therapeutischen Teil der chronischen Gastritis ein. So können unter anderem Tausendgüldenkraut, Enzian oder Wermut zur Stimulation der Magensaftsekretion, der Durchblutung der Magenschleimhaut und Tonisierung des GI-Trakts beitragen. [33] 2.5 Ulcus ventriculi 2.5.1 Definition Allgemein stellt ein Ulkus einen Schleimhautdefekt dar, der die T. muscularis mucosae und meist auch tiefere Wandschichten überschreitet. Endoskopisch werden Schleimhautdefekte mit einem Durchmesser von größer als 5mm als Ulzerationen bezeichnet. [4,9,30] 2.5.2 Epidemiologie Vorwiegend sind Personen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr betroffen. [38, 39] Die Geschlechteraufteilung dem Ulcus ventriculi betreffend, ist mit einem Verhältnis von 1:1 ausgeglichen. Die Inzidenz des Ulcus ventriculi beträgt 50/100.000 Erkrankungen jährlich, wobei die Häufigkeit abnehmend ist. Etwa 7580% der Patienten mit einem Ulcus ventriculi, und ca. 95% der Patienten mit einem Ulcus duodeni zeigen eine Infektion mit H.pylori. [9,15,21,33] Analysiert man aber nur die Patienten mit einem Ulcus ventriculi, die nicht in einem Zusammenhang mit einer NSAR/ASS-Einnahme stehen, so kann man auch beim Ulcus ventriculi in 93-95% der Fälle davon ausgehen, dass dieses mit einer zugrundeliegenden H.pylori-Gastritis assoziiert ist. [21] Im 7. und 8. Lebensjahrzent zeigt sich eine Häufung der Komplikationen der Ulkuskrankheit. Dabei sind Männer 1,5mal häufiger betroffen als Frauen. [39] 2.5.3 Ätiologie und Risikofaktoren An erster Stelle der Risikofaktoren für die Entstehung eines Ulcus ventriculi oder Ulcus duodeni steht die chron. H.pylori-Gastritis. [9,21] Das Lebenszeit-Risiko bei bestehender H.pylori-Infektion ein Ulkus zu entwickeln liegt durchschnittlich bei 1 von 6. [61] Ursächlich in der Entstehung der Ulkuskrankheit ist auch die Verminderung der protektiven Schutzmechanismen und die Verstärkung der 27 aggressiven Faktoren. Die Ursache für ein Ulcus ventriculi ohne eine zugrundeliegende H.pylori-Infektion ist am häufigsten mit der Einnahme von NSAR (z.B. Diclofenac, Ibupufen oder andere) oder ASS assoziiert, da diese die protektiv wirksamen Prostaglandine hemmen. [9,15] Weltweit verwendeten laut Hui AJ et al. (2004) mehr als 30 Millionen Menschen regelmäßig NSAR. In den USA wurden bei Patienten mit anfangs negativen Endoskopiebefunden zwei bis drei Monate nach dem Start der NSAR-Therapie Endoskopie-Verlaufskontrollen durchgeführt, welche zeigten, dass die Inzidenz der Ulkuskrankheit unter laufender NSARTherapie 6-12% beträgt. Das Risiko bei chronischem NSAR-Gebrauch eine Ulkuskomplikation zu erleiden liegt jährlich bei ca. 2%. Ob es unter chronischem NSAR-Gebrauch zu einer Ulkuskomplikation kommt, hängt vor allem davon ab, ob in der Historie bereits eine Ulkusblutung stattgefunden hat, da Ulcera zu Rezidiven neigen. Ebenso spielt die Dosis der NSAR eine entscheidende Rolle. [4] Glucocorticoide verursachen bei alleiniger Einnahme meist kein Ulkus, NSAR aber erhöhen das Ulkusrisiko um den Faktor 4.0. [4,9] Eine Kombination beider Wirkstoffe erhöht das Risiko der Ulkusentstehung um den Faktor 15. [9] In den USA führen die NSAR mit 25% zu den häufigsten berichteten Arzneimittelnebenwirkungen, wobei jährlich geschätzte 16.500 Arthritis-Patienten an den Folgen der daraus resultierenden gastrointestinalen Toxizität versterben. [4] Trotz der steigenden Verschreibungen der NSAR kommt es zu einer Abnahme der Inzidenz und Prävalenz der peptischen Ulkuskrankheit, was aus der Abnahme der H.pylori-Infektionen resultieren kann. Weitere medikamentöse Ursachen für die Ulkusentstehung stellen unter anderem Clopidogrel, Sirolimus, Spironolacton, SSRI und Paracetamol dar. [40] Des Weiteren spielt auch Rauchen eine wichtige Rolle in der Entstehung eines Ulkus und verzögert das Abheilen des Ulkus trotz entsprechender Therapie. [4,9,30] Das Magenkarzinom selbst ist ebenso ein Risikofaktor für die Ulkuskrankheit. Auch systemische Erkrankungen, wie z.B. Mb. Crohn, können in der Entstehung eines Ulkus beitragen. [21] Selten ist das Zollinger-Ellison-Syndrom, ein Hyperparathyroidismus, eine eosinophile Gastroenteritis, eine systemische Mastozytose, eine Strahlenschädigung, eine Vaskulitis, eine Ischämie oder eine virale Infektion (HSV-1, CMV) Ursache des H.pylori-negativen Ulkus. [33,40] 28 2.5.3.1 Stressulkus Ähnlich der Entstehung einer akuten Gastritis spielt auch bei der Ulkusentstehung der Faktor Stress (nach Polytrauma, großflächige Verbrennungen >35% der Körperoberfläche, große operative Eingriffe, Langzeitbeatmung, Sepsis, Urämie, Hypoxämie) eine wichtige Rolle. [4] Stress-Ulzera können bei 5-20% der Patienten unter intensivmedizinischer Behandlung beobachtet werden. Stress verursacht meist einmalige Ulzerationen, welche zu ca. 60% im Magen, zu ca. 30% im Duodenum und bei ca. 10% sowohl im Magen als auch im Duodenum lokalisiert sind. [9,30] Die zwei wichtigsten Risikofaktoren für eine Stressulkus-Blutung stellt eine maschinelle Beatmung >48 Stunden und Koagulopathien (Thrombozyten <50.000 Zellen/mm3 oder INR > 1,5) dar. [41] Bedrohliche Blutverluste durch Schleimhautblutungen treten bei 5-15% der Patienten auf. Präventiv sollte bei Patienten unter intensivmedizinischer Behandlung mit den entsprechenden Risikofaktoren eine Prophylaxe mit PPI i.v. eingeleitet werden, um einen pH-Wert >4 zu erreichen. [9,30,36] Ein Stressulkus zeigt typische Schleimhautdefekte mit multiplen, diffus angeordneten, oberflächlichen Erosionen im Fundus und Corpus. [41] 2.5.4 Morphologie Vorwiegend ist das Ulcus ventriculi an der kleinen Kurvatur im Bereich des Übergangs vom Corpus zum Antrum (Angulushöhe) lokalisiert. Gründe für diese Ulkusprädiktionsstelle mögen sein, dass in diesem Bereich die „Säurestraßen“ zusammenfließen, und dass dieser Abschnitt ein zirkuläres Muskelbündel aufweist, und die hohe Wandspannung eine relative lokale Minderdurchblutung hervorruft. Außerdem sind dort die vaskulären Anastomosen schlechter ausgebildet, als in anderen Abschnitten des Magens. [21] Im akuten Stadium finden sich makroskopisch betrachtet runde Defekte mit flachen Rändern. Im chronischen Stadium hingegen zeigt sich der Ulkusrand bereits aufgeworfen. Kurz nach Beginn des Heilungsprozesses kann eine gefäßreiche „rote Narbe“ inspiziert werden, die sich im Verlauf der Abheilung zu einer sternförmigen „weißen Narbe“ entwickelt. Beim Heilungsprozess wächst ein einreihiges Regenerationsepithel vom Ulkusrand in Richtung Zentrum des Ulkus. Dabei kommt es zu einer Umdifferenzierung in ein intestinales Epithel, was für eine Metaplasie spricht. Die Folge ist ein Verlust der Beweglichkeit der Schleimhaut, welche letztendlich zu Motilitätsstörungen führt. [30] 29 2.5.5 Klinisches Bild und Komplikationen Das Ulcus ventriculi manifestiert sich klinisch durch Oberbauchschmerz, Appetitlosigkeit und postprandiales Völlegefühl. Außerdem kommt es zu einem Sofortschmerz nach der Nahrungsaufnahme. Ein Drittel der Ulkuspatienten zeigen die ersten Symptome erst im Komplikationsstadium. 20% aller Ulkuspatienten zeigen eine Blutung, welche die gefährlichste Komplikation mit einer Letalität von ca. 10% ist. [9] Die Inzidenz beträgt zwischen 50 bis 170 pro 100.000 Personen pro Jahr. Betroffen sind vor allem ältere Patienten (>60 Jahre) und Patienten unter Antikoagulationstherapie oder Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmer. [4,40] Die Symptomatik äußert sich bei präpylorischen Ulzera durch Hämatemesis (Bluterbrechen) und bei den postpylorischen Ulzerationen durch Melaena (Teerstuhl). Auch die Blutungsanämie oder Symptome des hypovolämischen Schocks können beobachtet werden. Der Blutverlust kann leicht (<250ml/24h), mittelschwer (bis 1000ml/24h) oder schwer (>1000ml/24h) sein. Eine sofortige notfallmäßige therapeutische Gastroskopie mit Blutstillung durch Clipapplikation oder Unterspritzung mit Fibrin oder Suprarenin sind indiziert. [9,38] 40-50% der Patienten mit einem blutenden Ulkus erlitten laut früherer Studien innerhalb von 10 Jahren eine nochmalige obere gastrointestinale Blutung, insofern keine adäquate Therapie erfolgte. [42] Bei 5% aller Ulkuspatienten mit einer Perforation können plötzliche massive Schmerzen im Epigastrium auftreten, was eine absolute Operationsindikation darstellt, da die daraus mögliche resultierende Peritonitis eine hohe Letalität aufweist. [9,38] Die Inzidenz für eine Perforation beträgt zwischen 7 bis 10 pro 100.000 Personen pro Jahr. [40] Generell lässt sich die Symptomatik einer Ulkusperforation in einen Drei-Stufen-Prozess einteilen. Innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Perforation kommt es zu abrupt einsetzenden Abdominalschmerzen. Diese können zu Beginn im Epigastrium lokalisiert sein, können sich jedoch rasch generalisieren. Zwischen der zweiten und zwölften Stunde nach der Perforation kommt es zu einer Verschlechterung des klinischen Zustandsbildes mit Zunahme der Schmerzen, vor allem bei Palpation des Hypogastriums. Zwölf Stunden nach der Perforation kommt es zu einer zunehmenden Verschlechterung des Zustandsbildes des Patienten, mit Fieber, Zeichen der Hypovolämie, der abdominellen Aufblähung und der erhöhten Bauchdeckenspannung. In einer Studie mit 40 durchgeführten Untersuchungen der Ulkuspatienten mit einer Perforation wurden diese in 62% im Bulbus duodeni, 30 in 20% in der pylorischen Region und in 18% im Corpus des Magens nachgewiesen. [39,40] Etwa 50% ist NSAR-induziert. [40] Eine weitere mögliche Komplikation stellt die Penetration in das neben dem Magen gelegene Pankreas dar (häufigste Form), welche sich durch Rückenschmerzen aufgrund einer bestehenden Pankreatitis äußern kann. Außerdem ist eine Penetration in das Kolon oder in die Leberpforte möglich. Dabei sind ausstrahlende, schwere und therapieresistente Schmerzen charakteristisch. Spätkomplikationen sind narbige Veränderungen und eine daraus resultierende Magenausgangsstenose, mit klinischen Symptomen wie Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Abdominalschmerzen und Erbrechen. Auch die Pylorusinsuffizienz mit Reflux von Galle und Duodenalsaft stellt eine Spätkomplikation dar. [4,9,38,40] Das Ulcus ventriculi weist im Antrum zu 47,4%, und im Corpus zu 6,2% eine intestinale Metaplasie auf, was ein wichtiger Faktor bei der Karzinogenese im Magen darstellt. [21] Bei 3% der Patienten mit einem chronischen Ulcus ventriculi kommt es zu einer karzinomatösen Entartung. [4,9,38] 2.5.6 Diagnostik Diagnostische Methode der Wahl ist wie bei der Gastritis-Diagnostik die ÖGD. [4] Diese sollte bei allen anhaltenden Magenbeschwerden (>3 Wochen) durchgeführt werden. [43] Differentialdiagnostisch besteht die Möglichkeit eines benignen Ulkus oder seiner malignen Entartung. Um die Malignität bei einem Ulcus ventriculi auszuschließen ist es wichtig, dass die vorgenommenen Biopsien an mehreren Stellen des Ulkus entnommen werden. [36] Empfohlen werden 6-12 Biopsien aus dem Ulkusrand (5-7x) und dem Ulkusgrund (2-3x). Außerdem werden bei jeder ÖGD mit diagnostiziertem Ulcus ventriculi zusätzliche 2 Biopsien aus dem Antrum und Corpus empfohlen, um abzuklären, ob das Ulkus in Folge einer H.pyloriGastritis entstanden ist, oder ob diese These ausgeschlossen werden kann. [21, 52] Makroskopisch imponierende Ulzera >2cm sind primär malignomverdächtig. [36] Die Biopsien schließen nicht immer die Malignität eines Ulkus aus. 0,8% 4,3% der zunächst als benigne diagnostizierten Ulcera stellen sich nach wiederholten Biopsien als maligne heraus. Fehlerquelle ist zumeist eine zu geringe Anzahl an entnommenen Biopsien. [40] Zur Therapiekontrolle ist die Endoskopie notwendig, da die Ulkusabheilung bioptisch gesichert werden muss. [4,36] Das Röntgen der Magen-Darm-Passage wird heute nur noch bei Ablehnung der 31 Endoskopie durchgeführt, da die diagnostische Trefferquote niedriger ist als bei der Endoskopie. [36] Es ist von großer Bedeutung ein perforiertes Ulkus schnell zu diagnostizieren, da die Prognose deutlich verbessert ist, sollte die Therapie innerhalb der ersten sechs Stunden nach der Perforation durchgeführt werden. [39] Im Falle einer Perforation kann sich im Thorax-Röntgen freie Luft unter dem Diaphragma zeigen, was aber nicht zwingend erforderlich ist, weshalb bei Abwesenheit freier Luft eine Perforation nicht ausgeschlossen werden kann. [4] Außerdem ist eine Computertomographie diagnostische Methode der Wahl. [40] 2.5.7 Therapie 2.5.7.1 Allgemeine Maßnahmen Die Allgemeinmaßnahmen beinhalten bei Möglichkeit das Absetzen ulzerogener Medikamente. [43] Vor Beginn jeder medikamentösen Therapie sollte der Patient über die Einhaltung regelmäßiger Essenszeiten, eines ausgeglichenen Lebensstils, auf die Einstellung des Rauchens und das Vermeiden von konzentriertem Alkohol aufgeklärt werden. Auch Coffein und die Röstprodukte des Kaffees regen die Säuresekretion an und sollten somit vermieden werden. Ebenso sollte auf den Verzehr scharf gewürzter Speisen und der Säurebildung anregender Gewürze, wie Senf oder Pfeffer verzichtet werden. Milchkonsum kann zwar aufgrund der in wenigen Minuten erreichten Neutralisierung des Magensaftes zu einer Schmerzlinderung führen, da sie jedoch den pH-Wert des Magens auf 5,0 bis 6,0 anhebt, kann es innerhalb der nächsten Stunde zu einem Reboundeffekt mit einer vermehrten Säuresekretion kommen. [2,33] 2.5.7.2 Pharmakotherapie Die Eradikation von H.pylori spielt eine entscheidende Rolle in der Therapie der Ulkuskrankheit (s.u.). [4] Durch die Eradikationstherapie konnte die vorher bestehende These: „Einmal ein Ulkus, immer ein Ulkus!“ revidiert werden. [21] Eine Metaanalyse, bestehend aus 24 randomisiert kontrollierten Studien mit 2102 Patienten mit H.pylori-Infektion-assoziierter Ulkuskrankheit (Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni), ergab, dass die Ulkusremissionsrate innerhalb von 12 Monaten bei erfolgreicher Eradikationstherapie für das Ulcus ventriculi 97%, und für das Ulcus duodeni 98% beträgt. Im Vergleich dazu betrugen die Ulkusremissionsraten bei nicht erfolgreicher Eradikation für das Ulcus ventriculi nur 61%, und für da Ulcus duodeni nur 65% angegeben. [96] Die meisten Magentherapeutika (Anta32 cida, Sucralfat, H2RA, Prostaglandinanaloga) können die bestehende Dichte der H.pylori-Kolonisation im Antrum und Corpus des Magens nicht beeinflussen. Antacida und H2RA können bei bestehender H.pylori-Infektion die Gastritis im Bereich des Corpus verstärken, da aufgrund deren Einnahme weniger Säure im Magen vorhanden ist und sich somit die H.pylori-Kolonisation verdichten kann. Durch die Säureverminderung kann schließlich das von H.pylori gebildete Ammoniak nicht abgepuffert werden, was wiederum zu einer Verschlechterung der Gastritis führt. Zu einer Suppression von H.pylori führt eine durchgeführte Monotherapie mit PPI. Früher wurden vor allem im angloamerikanischen Raum Wismutsalze zur Suppression und Elimination von H.pylori eingesetzt. Diese führten zu einer Verbesserung der Gastritiden. Doch nur in 5-10% konnte durch die Monotherapie von Wismutsalzen eine Keimeradikation erreicht werden. Außerdem kam es nach Absetzten der Therapie zu Rezidivinfektionen mit H.pylori. So wurden die Ausgangszustände schnell wieder erreicht. [44] Der Kernbereich der Pharmakotherapie ohne eine zugrundeliegende H.pylori-Infektion ist die Suppression der Säuresekretion. [4] Eine ideale Bedingung für die Genesung peptischer Geschwüre ist ein intragastraler pH-Wert, der zwischen 3 und 4 liegt. Die Medikamente, die bei der Ulkustherapie zum Einsatz kommen, haben die Aufgabe die aggressiven Faktoren auszuschalten und die Schleimhautresistenz zu steigern. [2] H2RA und PPI sind derzeit die Medikamente der Wahl zur Förderung der Heilung der Ulkuskrankheit ohne zugrundeliegender H.pylori-Infektion. Das Ulcus ventriculi tendiert dazu langsamer als das Ulcus duodeni abzuheilen. [4] 9095% aller Ulcera ventriculi heilen durch die Therapie mit PPI ab. Sollte die zugrundeliegende Krankheit (H.pylori, NSAR-Dauereinnahme) fortbestehen, kommt es in 50-80% der Fälle zu einem Rezidiv. [36] 2.6 Die operative Therapie Die H.pylori-Eradikationstherapie ist der Grund für die heute heilbare Ulkuskrankheit. Dadurch werden früher praktizierte Operationsverfahren als obsolet betrachtet. Die elektive operative Therapie stellt heute eine absolute Ausnahme dar und wird nur noch bei schweren Komplikationen, wie z.B. bei einer endoskopisch nicht stillbaren Blutung (5-10% der Patienten mit einer Magenblutung), oder bei chronisch-rezidivierenden und therapieresistenten Ulzera (suffiziente medikamentöse Therapie 12 - 16 Wochen ohne therapeutisches Ansprechen) durch33 geführt. [9,33,36,37,39] Auch das Magenkarzinom und die Magenausgangsstenose sind Indikationen für eine Operation. Die operative Therapie bei chronischer Gastritis ohne auftretende Komplikationen (z.B. konsekutive Ulkusblutung) ist nicht notwendig, sollte aber bei Progression der Typ-A- und Typ-BGastritis zum Magenkarzinom durchgeführt werden. Die nicht-resezierenden Verfahren sind die Ulkusübernähung und die Ulkusumstechung. [9,37] Vor Beginn der Notfall-Operation sollte eine endoskopische Markierung des Ulkus, z.B. mit Methylenblau oder Tusche, durchgeführt werden. [43] Die „Billroth-I-Operation“ ist die Resektion der distalen zwei Drittel des Magens mit folgender Gastroduodenostomie (End-zu-End- oder End-zu-Seit-Anastomose). Der Vorteil dieses operativen Verfahrens liegt in dem Erhalt der physiologischen duodenalen Nahrungspassage. Bei der „Billroth-II-Operation“ werden ebenso die distalen zwei Drittel des Magens reseziert, wobei allerdings bei dieser Technik das Duodenum blind verschlossen, und eine Anastomose mit dem Jejunum, angelegt wird (Gastrojejunostomie). Dabei wird die zur Anastomosierung benötigte Jejunalschlinge entweder retrokolisch oder antekolisch in den Oberbauch verlagert. Bei der antekolisch durchgeführten Variante, welche seltener durchgeführt wird, wird die zu- und abführende Jejunalschlinge durch die sogenannte Braun-Fußpunktanastomose kurzgeschlossen. Mögliche Komplikationen und Folgen der Billroth-Iund Billroth-II-Operation sind Verletzungen der Gallenwege, die Ausbildung eines Dumping-Syndroms, Refluxösophagitiden durch den vermehrten Gallereflux und das Magenstumpf-Karzinom. [9,33,37,38,39,43,44] Die Operationsletalität beträgt in etwa 2%. [44] Die dritte resezierende Variante ist die Y-Gastrojejunostomie nach Roux. [43] 34 3 GESCHICHTE DER MEDIKAMENTÖSEN THERAPIE UND PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN 3.1 Antacida 3.1.1 Geschichtliche Aspekte Ocker, Natron und Heilerden waren bereits ägyptischen Rezepten zufolge Bestandteile der Arzneimittel gegen Magenbeschwerden. Die Siegelerde (Terra sigillata) war zu griechisch-römischer Zeit bei Magenerkrankungen sehr beliebt. So empfahl Dioskurides (1. Jahrhundert n. Chr.) bei Magenbeschwerden die Siegelerde aufgrund ihrer adstringierenden Eigenschaften. Ebenso indizierte er bei Magenbeschwerden auch „Alaun“ (Alumen). Pilinius (1. Jahrhundert n. Chr.) verwendete bei Magenerkrankungen gepulverte Korallen, welche Calciumcarbonat (CaCO3) enthalten. Des Weiteren setzte Pilinius „Indigo“, die als Farbstofflieferant bekannte Pflanze, die nach Gärprozessen bei Ulcera zur Anwendung kam, ein. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde bei Magenerkrankungen neben der beliebten Siegelerde auch der „armenische Bolus“, die Tonheilerde, gegeben. Auch Alabaster, Bernstein und Natron fanden zu dieser Zeit Anwendung. [3] Auch der ruhmreiche arabische Arzt Abu Ali Al-Husain Ibn Abdullah Ibn Sina, genannt Avicenna (um 980-1037 n. Chr.) empfahl zu seiner Zeit bei dyspeptischen Beschwerden leichtverdauliche Nahrungsmittel oder auch Kuhmilch, da diese die Magensäure in geringem Ausmaß abpuffern kann. Adolf Kussmaul (1822-1902) empfahl bei Magenbeschwerden erstmals Wismut, was aber relativ häufig zu Nebenwirkungen führte. [6] Mineralische Antacida wurden im 17. und 18. Jahrhundert vor allem aus dem Tierreich vertreten. So wurden Calciumcarbonat(CaCO3)-enthaltende Krebsaugen, Perlmutt und gebranntes Hirschhorn, welches Ammoniumcarbonat-haltig ([NH4]2CO3) ist, als Heilmittel eingesetzt. Die Paracelsisten verwendeten erstmals verschiedene Metalle als therapeutisches Heilmittel, unter anderem feingepulvertes Eisen, Blei und Zinn. Erst im 17. Jahrhundert erkannte Johann Baptist van Helmont, dass ein Überfluss an Magensäure ein unangenehmes Gefühl und Krankheit auslösen kann. Seit der frühen Wende zum 20. Jahrhundert zeigte die Anwendung der mineralischen 35 Antacida einen stetigen Fortschritt. Nach Anregung von Kohlschütter wurden aluminiumhaltige Antacida eingesetzt. So wurde von der Firma Wander aus Bern „Alucol®“ als erstes Präparat auf den Markt gebracht. Auch das von Carl Hofstädter im Jahr 1842 beschriebene Antacidum „Hydrotalcit“, konnte sich 1972 nach der Synthese durch japanische Forscher als Arzneimittel etablieren. [3] Auch aktuell ist „Hydrotalcit“, unter dem Marktnamen „Talcid®“ am Markt erhältlich. [36] 1915 setzten B. Sippy und R. Doll die Schonkost, angereichert mit Antazida und neutralisierenden Inhalten, als Therapie des peptischen Ulkus ein. [6,12] 1960 wurde von der Firma Byk Gulden „Magaldrat“ veröffentlicht, und ist in Österreich, Deutschland und der Schweiz derzeit unter verschiedenen Marktnamen (unter anderem als „Riopan®“ oder „Marax®“) im Handel vertreten. [8] 3.1.2 Wirkstoffe Alkalische Stoffe werden durch Natriumbikarbonat, Natriumalginat, Calciumcarbonat und Magnesiumoxid vertreten, welche sofort wirksam sind. Aluminiumsalze enthalten Aluminiumhydroxid (Al(OH)3) oder Aluminiumphosphat. Magnesiumsalze sind z.B. Magnesiumtrisilicat und Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2). [33] 3.1.3 Wirkung Die meisten Antacida enthalten Mg(OH)2 und/oder Al(OH)3. [45] Antacida sollten generell in Form einer Suspension verabreicht werden, da dadurch eine bessere neutralisierende Wirkung beobachtet werden kann als bei der Verabreichung von Tabletten oder anderen Darreichungsformen. Sollten Tabletten verwendet werden, sollten diese vor dem Schlucken gründlich zerkaut werden um den maximalen Effekt zu erreichen. [1] Die therapeutische Bedeutung der Antacida ist in den letzten Jahren aufgrund neuer Prinzipien (PPI, H2RA) weitgehend zurückgegangen und hat an Bedeutung verloren, da die für eine zum Ziel führende Therapie erforderlichen Antacidamengen inakzeptabel hoch sind und ein hohes Nebenwirkungsrisiko beinhalten. [8,46,51] Die Indikation ist bei Sodbrennen oder säurebedingten Krankheiten während der Schwangerschaft gegeben. [8] Das Wirkprinzip beruht auf der Verminderung der Aggressivität der Magensäure durch direkte Neutralisierung, indem die Protonenkonzentration des Magensafts durch 36 orale Gabe von basischen, anorganischen Wirkstoffen herabgesetzt wird. [46] Dadurch wird auch indirekt die Aktivierung von Pepsinogen zu Pepsin unterdrückt. [29] Darüber hinaus wirkt der Aluminium-Komplex auch zusätzlich mukosaprotektiv. [36] Pro Dosiseinheit schwankt die neutralisierende Kapazität der Antacida zwischen 10-30mmol HCl. Die Parietalzellen produzieren pro eingenommene Mahlzeit für mindestens 3 Stunden ca. 45mmol HCl pro Stunde. Deshalb sind pro Mahlzeit 6-8 Dosiseinheiten zur Neutralisation der gebildeten HCl erforderlich. [51] Um eine optimale Wirkung der Antacida zu erreichen, sollten diese zwei bis drei Stunden post prandial eingenommen werden, da sich die Wirkdauer um bis zu vier Stunden verlängert. Auf nüchternen Magen würden sie nach bereits 30 Minuten entleert werden. [45,46,57] Die Wirkdauer eines Antacidums hängt vom eingesetzten Präparat und der Verweildauer im Magen ab. [45] Generell können Antacida den pH-Wert des Urins um die Einheit 1 erhöhen. [1] Ausgeschieden werden die Aluminium- und Magnesiumsalze mit dem Stuhl. [51] 3.1.4 Nebenwirkungen CaCO3 und NaHCO3 neutralisieren sehr schnell und effektiv H+, aber durch die schnelle Senkung der Protonenkonzentration wird gasförmiges CO2 frei und dem Körper eine große Menge Na+ zugeführt. Aus diesem Grund ist NaHCO3 bei Hochdruckpatienten, Patienten mit Herzinsuffizienz oder mit Ödemen kontraindiziert. Die Bikarbonat- und Carbonat-enthaltenden Antacida können Nebenwirkungen wie Regurgitation, Übelkeit und/oder Flatulenzen auslösen. Die dabei entstehende Gasmenge ist der größte Störfaktor bei Patienten mit der Einnahme von NaHCO3. [1,46] Mg(OH)2-enthaltende Antacida beschleunigen die MagenDarm-Passage und zeigen als Hauptnebenwirkung Diarrhöen. Al(OH)3-enthaltende Antacida wirken auf die glatte Muskulatur des Magens relaxierend, verzögern so die Magenentleerung und verursachen häufig Obstipationen. [8,45,51] Die Kombination der beiden Hydroxide findet sich in „Magaldrat“ und „Hydrotalcit“ und hat sich als optimal erwiesen, da sich die gegensätzlichen Nebenwirkungen aufheben und eine normale Verdauungsfunktion aufrecht erhalten werden kann. [8,29,33] Aluminiumhaltige Antacida können durch Ausschleusung von Phosphat zur Osteomalazie führen. [1,36] Wenn im Serum der Aluminiumspiegel langfristig 40ng/ml übersteigt, können sie auch durch die Ablagerung von Aluminium im 37 Gehirn zu Encephalopathien, und durch Ablagerung im Knochen zu Osteoporose führen. [51] Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sollten diese Präparate nicht verwenden, da diese zu Magnesium- und Aluminiumakkumulationen (mit Intoxikationsgefahr) führen können. [36] Bei calciumhaltigen Antacida besteht die Gefahr einer reaktiven Hypersekretion aufgrund der direkt stimulierenden Wirkung der Calcium-Ionen auf die Belegzellen. Außerdem sollten sie wegen weiterer Nebenwirkungen, wie der entstehenden Alkalose, der Hyperkalzämie und der Nephrokalzinose nicht angewendet werden. [33,51] 3.1.5 Arzneimittelinteraktionen Des Weiteren ist bei gleichzeitiger Einnahme von Antacida mit anderen Pharmaka Vorsicht geboten, da das Interaktionspotenzial der Antacida sehr groß ist. Durch die Alkalisierung des Magensafts und durch Bindung unlöslicher Komplexe können z.B. die Resorption von Ovulationshemmern, Allopurinol, Phenytoin, Atenolol, Propanolol, Thyroxin, Tetrazyklinen, Benzodiazepinen oder Herzglykosiden vermindert oder gehemmt werden. Die Bioverfügbarkeit von Levodopa und Metoprolol werden wiederrum durch Antacida verbessert. Die Einnahme anderer Medikamente muss aus diesen Gründen mindestens zwei Stunden vor oder nach der Applikation der Antacida erfolgen. [33,51] 38 3.2 Histamin-H2-Rezeptorantagonisten (H2RA) 3.2.1 Allgemeine geschichtliche Aspekte Die Entdeckung und Einführung der Histamin-H2-Rezeptorantagonisten (H2RA) des Pharmakologen Sir James Whyte Black war für die Ulkustherapie ein großer therapeutischer Fortschritt. Zu diesen Erkenntnissen kam Black zusammen mit dem Pharmakologen Michael Parsons, den Chemikern John Emmet und Graham Durant und dem stellvertretenden Forschungsleiter William Duncan und C.R. Ganelli, welche sie 1972 in „Nature“ unter dem Titel „Definition and Antagonism of H2-Receptors“ veröffentlichten. [3] 3.2.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften H2RA unterdrücken die durch Histamin, Gastrin oder Acetylcholin hervorgerufene Salzsäure- und Pepsinsekretion besonders effektiv. Auch beim Zollinger-EllisonSyndrom (Überproduktion von Gastrin) zeigen die H2RA eine gute Wirksamkeit. [8,46,51] Gegenüber den PPI weisen H2RA einen schnelleren Wirkungseintritt auf und können somit bei akuter Symptomatik eingesetzt werden. Sie beschleunigen die Heilung von gastralen und duodenalen Ulcera und wirken sich positiv auf die Linderung der damit verbundenen Beschwerden aus. Außerdem sind sie bei Fortsetzung der Einnahme als Rezidivprophylaxe des Magen- und Duodenalulkus geeignet. [8] Die Heilungsrate der Ulcera liegt unter H2RA-Therapie bei ca. 88% in 8 Wochen. [4] H2RA inhibieren in erster Linie die basale Säuresekretion, was die effiziente blockierende Wirkung der nächtlichen Säuresekretion erklärt. Nach der oralen Aufnahme werden sie schnell absorbiert und zeigen nach 1-3 Stunden die höchste Serumkonzentration. Es stehen außerdem Präparate zur intramuskulären und intravenösen Injektion zur Verfügung (ausgenommen Famotidin). Sehr schnell wird der therapeutische Bereich bei i.v.-Gabe erreicht. [1,29] Aufgrund der Säuresekretionshemmung kann die Resorption anderer Arzneimittel beeinflusst werden, weshalb ein Einnahmeabstand von zwei Stunden empfohlen wird, um dieses Problem zu umgehen. [8] Die therapeutische Bedeutung der H2RA hat letztendlich durch die Einführung der PPI abgenommen. Die Nebenwirkungen sind generell gering und zeigen bei der Verwendung von Cimetidin die stärkste Ausprägung. [46] Innerhalb weniger Tage entwickelt sich bei der Einnahme von H2RA eine 39 Toleranz. [51] Kleine Mengen (10-35%) dieses Wirkstoffes unterliegen dem Metabolismus in der Leber. Ausgeschieden werden die H2RA durch die Nieren. Bei erniedrigter Kreatinin-Clearance ist es wichtig, die verabreichte Dosis zu reduzieren und anzupassen. Des Weiteren können die H2RA die Plazenta passieren und werden mit der Muttermilch ausgeschieden. Obwohl es keine teratogenen Risiken mit sich bringt, ist während der Schwangerschaft trotzdem Vorsicht geboten. [1] 3.2.3 Cimetidin 3.2.3.1 Geschichtliche Aspekte 1974 wurde Cimetidin zur Zulassung freigegeben. Zuvor wurden nach klinischer Prüfung von „Metiamid®“ zwei Fälle von Agranulozytose beobachtet. 1976 schließlich wurde „Tagamet®“ in Großbritannien und 1977 in den USA und anderen Ländern zugelassen. Da mit diesem Medikament zum ersten Mal ein nebenwirkungsarmer und wirksamer Hemmstoff der histamin- und gastrininduzierten Säuresekretion zur Verfügung stand, erreichte „Tagamet®“ die Führungsposition auf der Liste der weltweit am häufigsten eingesetzten Medikamente. Es kam zu einer deutlichen Abnahme der chirurgischen Eingriffe und auch der Krankenhausaufenthaltsdauer von Ulkuspatienten. [3] In den 1970er-Jahren wurden in Ländern wie den USA, den Niederlanden, Italien und Schweden ca. 1% der jährlichen Gesundheitskosten für die Ulkuskrankheit verwendet. Mit Einführung der H2RA konnte eine Senkung der Kosten um ca. 30% erreicht werden. Zur Kostenreduktion hat auch die Langzeittherapie mit der halben therapeutischen Dosis der H2RA geführt, da die Ulkusrezidive um 90% (laut Ruder-Studie), und die Ulkuskomplikationen um 80% (laut Armstrong et al. 1994) reduziert werden konnte. [21] Derzeit sind in Österreich „Cimetag®“ (GlaxoSmithKline Pharma), „Neutromed®“ (Wabosan Arzneimittel), „Ulcostad®“ (Stada Arzneimittel) und andere Generika im Handel erhältlich. 3.2.3.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften Cimetidin wird als Einzeldosis nach dem Abendessen eingenommen. Die empfohlene Dosis ist 1 x 800mg p.o. oder 2 x 200mg i.v., welches langsam verabreicht werden muss. [43] Die Wirkdauer bei i.v.-Gabe beträgt 4-5 Stunden. [1] 40 3.2.3.3 Nebenwirkungen Die Langzeitanwendung von Cimetidin in hohen Dosen führt zu einer Abnahme der Bindung von Testosteron an den Androgenrezeptor und blockiert in der Leber das CYP, welches Östradiol hydroxyliert. Dies kann zu Galaktorrhoe, Gynäkomastie, Libidoverlust, reduzierter Spermienanzahl und Impotenz führen. [1,29] Ebenso kann es durch Blockade des Cytochrom-P450-Enzyms zu einer Störung der Biotransformation bei einer großen Anzahl von Wirkstoffen kommen. [46] Zu diesen zählen unter anderem orale Antikoagulantien und trizyklische Antidepressiva (TZA). [29] Allergische Reaktionen, Müdigkeit, Haarausfall, Muskelschmerzen, Bewusstseinsstörungen, Schwindel, Diarrhoe, Serum-Kreatinin- Anhebung und/oder Transaminasen-Erhöhungen sind weitere dokumentierte Nebenwirkungen. Die i.v.-Verabreichung von Cimetidin kann zu Blutdruckabfall, Bradykardie und/oder einem Exanthem führen. [43] Aufgrund der zahlreichen und erheblichen Nebenwirkungen werden andere H2RA bevorzugt. 3.2.3 Ranitidin 3.2.3.1 Geschichtliche Aspekte Die Firma Glaxo, mit B.J. Price, John W. Clitherow und John W. Bradshaw, entdeckte die Substanz „AH 19065“, welche unter dem Namen „Ranitidin“ im Jahr 1981 auf den Markt kam. „Zantic®“ wurde in Deutschland 1982 zugelassen und ist heute noch in Deutschland und der Schweiz unter gleichem Namen im Handel erhältlich. [3,8] Außerdem ist Ranitidin unter dem Namen „Sostril®“ in Deutschland verfügbar. [43] In Österreich ist „Ranitidin“ derzeit unter dem Namen „Zantac®“ am Markt vertreten. [8] 3.2.3.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften Ranitidin ist in der Unterdrückung der Säuresekretion 4-10mal wirksamer als Cimetidin. Therapeutische Studien aus dem Jahr 1982 zeigten, dass zweimal täglich verabreichte Dosen von 150mg Ranitidin eine effektive Alternative zu täglich verabreichten 1000mg (250mg, 4mal täglich) Cimetidin ist. Außerdem reduziert Ranitidin, als abendliche 150mg Einzeldosis, die Inzidenz des Ulkusrezidivs. [47] Zur Therapie der gastroduodenalen Ulkuskrankheit wird Ranitidin als abendliche Einzeldosis nach dem Abendessen eingenommen. Die empfohlene Dosis ist 1 x 300mg p.o. oder bei stationären Patienten 2-4 x 50mg 41 i.v. als langsam verabreichte Infusion. [43] Die Wirkdauer bei i.v.-Gabe beträgt 6-8 Stunden. [1] 3.2.3.3 Nebenwirkungen Ranitidin wird in der Regel gut vertragen. Die Inzidenz von Nebenwirkungen ist kleiner als 2%. Kopfschmerz, Müdigkeit, Schwindel und leichte gastrointestinale Beschwerden wie Diarrhöen, Obstipationen oder Übelkeit sind die häufigsten Nebenwirkungen, führen aber selten zu einem Behandlungsabbruch und bessern sich meist ohne Unterbrechung der laufenden Behandlung. [8,48] Auch Ranitidin interagiert wie Cimetidin mit den CYP in der Leber, aber nur mit einer Affinität von 10% von dem Wert, den Cimetidin aufzeigt. [48] 3.2.4 Famotidin, Nizatidin und Roxatidin 3.2.4.1 Geschichtliche Aspekte Die Firma Frosst Pharma stellte 1985 den dritten H2RA „Famotidin“ unter dem Marktnamen „Pepdul®“ vor und ist in Deutschland unter gleichem Namen immer noch zum Verkauf zugelassen. In Österreich wird „Famotidin“ unter dem Handelsnamen „Ulcusan®“ verkauft. In der Schweiz jedoch ist „Famotidin“ nicht erhältlich. [3,8] In Großbritannien wurde 1987 von der Firma Glaxo „Nizatidin“ unter dem Produktnamen „Axit®“ eingeführt. In Deutschland waren seit dem Jahr 1989 die Präparate „Nizax®“ und „Gastrax®“ im Handel verfügbar. Bei dem Prodrug „Roxatidinacetat“ muss der Acetatrest erst abgespalten werden. 1979 wurde diese Substanz in Japan von K. Shibita, T. Haxa, N. Yamakoshi und S. Kuruta entwickelt und 1986 als „Altat®“ eingeführt. In Deutschland wurde 1989 „Roxit®“ auf den Markt gebracht. [3] 4.2.4.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften Famotidin ist ein hochselektiver H2-Rezepetorantagonist und ist bezüglich der Säuresekretionshemmung 20 bis 50 Mal wirksamer als Cimetidin, und 8 Mal wirksamer als Ranitidin. Placebo-kontrollierte Studien zeigten, dass Famotidin in der Behandlung von duodenalen und gastralen Ulcera sehr effektiv wirkt. So wirken zweimal täglich verabreichte Dosen von 20mg oder eine abendliche Dosis von 40mg Famotidin, gemessen an Heilungsraten und Symptomlinderungen, ähnlich oder besser im Vergleich zu täglich verabreichten 800mg Cimetidin oder 300mg Ranitidin. [49] Bei i.v.-Verabreichung von Famotidin wirkt dieses 10-12 42 Stunden. Famotidin und Nizatidin sind in Bezug auf die Interaktionen mit den CYP in der Leber sicherer als Cimetidin und Ranitidin und zeigen keine signifikanten Arzneimittelinteraktionen. [1] 4.2.4.3 Nebenwirkungen Die Inzidenz der Nebenwirkungen von Famotidin scheinen ähnlich der berichteten Nebenwirkungen von Cimetidin und Ranitidin zu sein. Im Gegensatz zu Ranitidin verursacht Famotidin aber keine antiandrogenen Nebenwirkungen und beeinflusst den hepatischen Metabolismus nur unwesentlich. [50] 3.3 Protonenpumpenhemmer 3.3.1 Geschichtliche Aspekte Der Durchbruch in der Behandlung der Magenulcera gelang mit der Entdeckung und Einführung der PPI. [6] PPI gelten heute als „State of the art“ in der Ulkustherapie. G. Sachs, T. Berglindh und J. Cupoletti waren maßgeblich an deren Entwicklung beteiligt. „Timoprazol“, die erste entwickelte Substanz aus dem Jahr 1975, konnte in klinischen Prüfungen nicht überzeugen. So folgte im Jahr 1981 „Omeprazol“. [3,7] Diese Substanz wurde 1979 von U. Junggren, S.E. Sjöstrand, P. Berntsson, A. Brändström und L. Olbe in der Firma Astra Hässle in Göteborg entwickelt. [46] PPI führten zu einer Senkung der Säureproduktion von 80-90%, während die H2-Rezeptorantagonisten die Säureproduktion um 40-50% reduzierten. 1989 wurde in einer großen Studie nachgewiesen, dass die PPI den H2-Rezeptorantagonisten in der Ulkustherapie vorzuziehen sind, da „Omeprazol“ größere Heilungserfolge aufweisen konnte als „Ranitidin“. [3] Heute ist „Omeprazol“ in Österreich unter dem Produktnamen „Losec®“, in Deutschland und der Schweiz unter dem Namen „Antra®“ erhältlich. „Lansoprazol“, eine japanische Entwicklung, zählt zu den Prodrugs, und wurde von der Firma Takeda in Deutschland als „Agopton®“ auf den Markt gebracht, und ist auch unter gleichem Namen in Österreich und der Schweiz im Handel vertreten. Die Firma Byk Gulden (2007 an die dänische Nycomed-Gruppe verkauft) mit Sitz in Konstanz begann in Zusammenarbeit mit G. Sachs unter der Leitung von B. Kohl mit der Synthese von „Benzimidazolen“. 1981 wurden bereits erste Vorläufer patentiert. Der Durchbruch gelang 1993 mit der Substanz „BY 1023“. Nach 43 klinischen Studien und der Zulassung wurde 1994 Pantoprazol als „Pantozol®“ auf den Markt gebracht, und ist derzeit in Deutschland und der Schweiz unter gleichem Handelsnamen weiterhin erhältlich. In Österreich wird „Pantoprazol“ unter dem Namen „Pantoloc®“ (und andere) am Markt vertrieben. [3,8] „Esomeprazol“, das S-Isomer von „Omeprazol“, wurde als „Nexium®“ von der Firma Astra in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf den Markt gebracht und ist aktuell im Handel erhältlich. [8, 29] „Rabeprazol“, auch ein Wirkstoff der PPI, wird unter dem Marktnamen „Pariet®“ verkauft. 3.3.2 Wirkung Die hochpotenten PPI hemmen die H+/K+-ATPase in den Parietalzellen irreversibel. [1,8,36] Bei allen Wirkstoffen handelt es sich um lipophile schwache Basen. [51] Die orale Verabreichung der PPI ist die am häufigsten gebräuchliche Methode, obwohl einige Präparate zur Injektion zur Verfügung stehen (Esomeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol). So kann die einmalige Gabe von 80mg Pantoprazol i.v. die Säureproduktion innerhalb einer Stunde zu 80-90% inhibieren. Diese Wirkung hält bis zu 21 Stunden an. Um zu verhindern, dass die Magensäure die PPI degeneriert, gibt es unterschiedliche orale Darreichungsformen mit verschiedenen Rezepturen, damit der Wirkstoff erst im Dünndarm freigesetzt wird: - Magensaftresistente Pharmaka mit Gelatine-Kapseln (Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol) - Magensaftresistente Granula, welche in Form von Puder zur Suspension appliziert werden (Lansoprazol) - Magensaftresistente Tabletten (Pantoprazol, Rabeprazol, Omeprazol) [1,51] Idealerweise werden die PPI 30 Minuten vor dem Frühstück t eingenommen. Sie werden im Dünndarm sehr schnell absorbiert, an Proteine gebunden und umfassend mit relativ kurzer HWZ durch hepatische CYP (besonders CYP2C19 und CYP3A4) metabolisiert. CYP2C19 wird polymorph exprimiert. [1,7,54,56] Es wurden bereits mehrere Varianten von CYP2C19 bestimmt. So besitzen Asiaten im Gegensatz zur weißen und afroamerikanischen Rasse den CYP2C19-Genotyp, der mit einem langsameren Metabolismus der PPI einhergeht. Aufgrund dieser Tatsache lässt sich schließen, weshalb die asiatische Rasse eine gesteigerte Wirksamkeit und/oder Toxizität aufweisen kann. 44 Über den systemischen Kreislauf werden sie durch Diffusion über die basolaterale Membran in die Parietalzellen, und anschließend in die Canaliculi transportiert, wo sich der Wirkstoff im sauren Milieu als schwache Base stark anhäuft. [1,29,51] Dort wird es von Protonen-katalysierenden Formationen zum tetrazyklischen Sulfonamid aktiviert, um zu verhindern, dass es nicht durch die Canaliculi zurückdiffundiert. Die aktivierte Form bindet kovalent an die Sulfhydrylgruppe der Cysteine in der H+/K+-ATPase und inaktiviert die Pumpmoleküle irreversibel. [1] Allein die erneute Synthese des Enzyms kann zu einer Normalisierung der Säuresekretion führen, weshalb die Wirkung einer einmalig verabreichten Dosis 12 Tage anhält. [51] PPI sind daher nur für eine längerfristige, konsequent durchgeführte Therapie geeignet. [8] Da nicht alle Pumpen oder alle Parietalzellen zur gleichen Zeit aktiv sind, benötigt man verschiedene Dosierungen der PPI zur maximal gewünschten Säuresuppression. Mit der maximalen Wirkung ist nach täglicher Applikation nach 3-4 Tagen zu rechnen. [1,29,51] Chronisch-renale Krankheiten führen zu keiner Anhäufung bei einmal-täglich verabreichten PPI. Lebererkrankungen reduzieren den hepatischen Abbau von Omeprazol und Lansoprazol. Eine Dosisreduktion wird für beide Wirkstoffe empfohlen. [1] PPI sind eine wichtige Komponente in der Therapie der H.pylori-Eradikationstherapie. [29] Bei einer H.pylori-Infektion sollte der pH-Wert bei > 5,5 gehalten werden, da die verabreichten Antibiotika zur Eradikation in diesem pH-Bereich ihre optimale Wirkung entfalten können. [52] Weiters werden sie zur Therapie der chron. Gastritis, der Refluxösophagitis und des Zollinger-Ellison-Syndroms eingesetzt. [29,51] PPI führen zu einer schnelleren Ulkusheilung als H2RA. [4] Die Heilungsrate durch verabreichte PPI liegt bei über 90% nach 4 Wochen. H2RA im Vergleich dazu, zeigen nach 4 Wochen eine Heilungsrate von 70%. [52] Pantoprazol (1x40mg täglich) und Omeprazol (1x20mg täglich) sind bezüglich des kurzfristigen (< oder gleich 8 Wochen) therapeutischen Einsatzes bei der akuten Ulkuskrankheit gleichermaßen wirksam. [53] 3.3.3 Nebenwirkungen Die Einnahme von PPI kann die Symptome des Magenkarzinoms demaskieren. [29] Nur selten zeigen sich Nebenwirkungen. Die häufigsten Nebenwirkungen mit 1-2% beinhalten Übelkeit, Abdominalschmerzen, Obstipation, Flatulenzen und Diarrhöen. [1,29,46,53] Außerdem wurde über Schwindel, Somnolenz, Verwirrt45 heit, Impotenz, Gynäkomastie, reversible Seh-, Hör- und Geschmacksstörungen und Schmerzen in Muskeln und Gelenken berichtet. Bei i.v.-Applikation sind die geschilderten Symptome der Sinneswahrnehmung häufiger als bei oraler Applikation ausgeprägt. Eine Hypergastrinämie mit Hyperplasie der ECL-Zellen ist auch häufig bei hohen Dosen Omeprazol zu beobachten. PPI sollten bei Patienten mit Erkrankungen der Leber, bei schwangeren oder stillenden Frauen mit Vorsicht eingenommen werden. [1,29,46,51] Chronische PPI-Einnahme (>1 Jahr) ist mit einem erhöhten Risiko von Knochenfrakturen, ohne adäquatem Trauma assoziiert, da der H+-Mangel im Magensaft die Ca2+-Resorption einschränkt. Des Weiteren kann eine erhöhte Anfälligkeit zu bestimmten Infektionen (z.B. nosokomiale Pneumonie) beobachtet werden. [1,51] 3.3.4 Arzneimittelinteraktionen Bei Kindern unter 2 Jahren sind PPI kontraindiziert. [51] Da die PPI, wie beschrieben, durch hepatische CYP metabolisiert werden, kann es zu Störungen der Biotransformation anderer Wirkstoffe kommen, die auf gleiche Weise abgebaut werden. Es wurde beobachtet, dass PPI mit Warfarin (Vit-K-Antagonist zur Antikoagulation) interagieren (Esomeprazol, Lansoprazol, Omeprazol, Rabeprazol). Auch mit Diazepam (Benzodiazepin) (Esomeprazol, Omeprazol) und Cyclosporinen (Omeprazol, Rabeprazol) werden Interaktionen beschrieben. [1] Die Resorption und Bioverfügbarkeit einiger Antimykotika (z.B. Itraconazol), Vit-B12 und Eisen (Fe2+) kann durch PPI reduziert werden. [51] Unter allen PPI hemmt nur Omeprazol das Enzym CYP2C19 (abnehmende Elimination von Phenytoin und anderen Medikamenten) und induziert die Expression von CYP1A2. Diese Expression führt zu einem Anstieg des Abbaus von z.B. Imipramin (TZA), anderen antipsychotischen Medikamenten und Theophyllin. [1] Johanniskrautextrakte und auch Rifampicin können zu einer Verringerung der Bioverfügbarkeit von PPI führen, und den Abbau beschleunigen. [51] Wichtig ist auch, dass PPI nicht mit H2RA kombiniert werden dürfen, da H2RA die H +Konzentration im kanalikulären System der Parietalzellen reduzieren und dadurch die H+-abhängige Aktivierung der PPI herabgesetzt wird. [51] Es gibt Hinweise dafür, dass die gleichzeitige Anwendung von PPI mit Clopidogrel zu Interaktionen führen kann. [1] Clopidogrel wird in Kombination mit Aspirin in der Therapie des akuten Koronarsyndroms als „State of the art“ angesehen, da es das 46 Risiko erneuter Ischämien reduziert. [54] Andere Indikationen sind z.B. bei frischem Schlaganfall oder bei Patienten mit koronaren Stents gegeben. [55] Studien liefern Hinweise, dass es sich dabei um keinen einheitlichen Gruppeneffekt der PPI handelt, sondern dass das CYP-450-Isoenzym CYP2C19 und dessen Bedeutung in deren Stoffwechselwegen dabei eine wichtige Rolle spielt. So wird das Prodrug Clopidogrel über CYP2C19 zu dessen wirksamen Metaboliten, einem Thiolderivat, aktiviert. Ältere Studien berichteten über signifikante Einschränkungen der Hemmung der Blutplättchenaggregation bei der Kombination beider Wirkstoffe. Pantoprazol spielt dabei eine untergeordnete Rolle, da die gleichzeitige Anwendung von Pantoprazol mit Clopidogrel gastrointestinale Blutungen reduziert, ohne dabei das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse zu erhöhen. [1,53,54,56] In dem 90-tägigen Behandlungszeitraum einer kanadischen Studie aus dem Jahr 2009 waren andere eingesetzte PPI (Omeprazol, Lansoprazol, Rabeprazol) mit einem Anstieg des Risikos einen Myokardinfarkt zu erleiden mit 27% assoziiert. Diese Untersuchungen waren für die „United States Food and Drug Administration“ und die „European Medicines Agency“ noch im gleichen Jahr der Anlass, von der Kombination Clopidogrel und PPI (besonders Omeprazol) abzuraten. [54] Bei Patienten die aber auf die gleichzeitige Gabe von PPI und Clopidogrel angewiesen sind, sollten PPI verwendet werden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Inhibition von CYP2C19 niedriger ist (Pantoprazol). [54,56] Eine aktualisierende Literaturrecherche zur Beurteilung klinischer Studien der Jahre 2011 und 2012 über beschriebene Interaktionen zwischen PPI und Clopidogrel erschien im Jahr 2013. Diese ergab, dass bei der Mehrheit dieser durchgeführten Studien keine signifikanten Interaktionen hervorgerufen wurden. Zwei in dieser Literaturrecherche enthaltende Reviews berichten sogar davon, dass keine signifikanten Unterschiede bei der Anwendung von Clopidogrel und individuellen PPI beobachtet werden konnte. Insgesamt können Kliniker den Patienten also versichern, dass die Kombinationstherapie bei Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale Blutungen ungefährlich ist. Die parallele Therapie der PPI sollte dennoch vorsichtshalber abgebrochen werden, wenn die Indikation klinisch nicht gerechtfertigt ist. [55] 47 3.4 Schleimhautschützende Mittel Einen neuen Aspekt in der Behandlung der Ulkuskrankheit brachte André Robert ein, der das Prinzip der Zytoprotektion erarbeitete. Zytoprotektive Medikamente, wie Sucralfat, Misoprostol oder Wismut haben oft auch eine antisekretorische Komponente. Doch wurden auch diese Medikamente zur Behandlung der Ulkuskrankheit durch die Entwicklung und Einführung der PPI verdrängt. [17] 3.4.1 Sucralfat 3.4.1.1 Geschichtliche Aspekte Das basische und schwer lösliche Aluminiumsalz eines Saccharoseschwefelsäureesters, Sucralfat, ist eine japanische Entdeckung, deren Synthese von M. Nametaka 1967 veröffentlicht wurde. Die Firma Chugai in Japan brachte 1979 den Stoff unter dem Namen „Ulcermin®“ auf den Markt. 1981 wurde in Deutschland das Präparat „Ulcogant®“ von der Firma Merck/Lipha in den Handel eingeführt und ist heute noch in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Verkauf zugelassen. [3,8] 3.4.1.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften Sucralfat wirkt nur im sauren pH mukosaprotektiv, da Aluminium nur in Gegenwart von Säure freigesetzt wird. [1,29] Die übliche Dosis beträgt 4x1g täglich und sollte eine Stunde vor den Mahlzeiten eingenommen werden. [1,36,46] Diese Substanz bildet auf Schleimhautdefekten einen oberflächlichen, unlöslichen, schützenden Film, der neutralisierend wirkt und die Schleimhaut vor Salzsäure, Pepsinogen und Gallensäure schützen soll. Besonders am Ulkusgrund geht Sucralfat mit basischen Proteinen eine Komplexverbindung ein. [4,36,46] Ca. 30% von Sucralfat kann 3 Stunden nach oraler Applikation im Magen immer noch nachgewiesen werden. [29] Doch durch den viskösen Schleimhautfilm kann die Absorption anderer Medikamente (z.B. Phenytoin, Theophyllin, Digoxin, Cimetidin, Ketoconazol, Amtriptylin, Tetrazykline, Fluorchinolone) gehemmt werden. Aufgrund dieser Tatsache sollte Sucralfat erst zwei Stunden nach der Einnahme anderer Medikamente eingenommen werden. [1,29] Sucralfat besitzt auch eine topische Wirkung auf die Magenschleimhaut, indem es die Sekretion von Prostaglandinen, Bikarbonat und Muzin stimuliert. Außerdem werden die Schleimhautdurchblutung und die Gefäßneubildung gesteigert. [4,29] Kontrollierte klinische 48 Studien zeigen, dass Sucralfat auf die Ulkusheilung einen beschleunigenden Einfluss hat. [8] Die Heilungsrate von Sucralfat in der Ulkustherapie ist ähnlich der von den H2RA und liegt bei ca. 88% in 8 Wochen. Die Verwendung von Sucralfat bei säurebedingten Krankheiten ist in den letzten zurückgegangen. Eingesetzt wird es noch zur Prophylaxe der Stressulcera und bei anderen Krankheiten mit Schleimhautentzündungen und/oder Schleimhautulzerationen, wie z.B. bei Mundsoor, bei Strahlentherapie-bedingter Proktitis oder solitären rektalen Ulzerationen. [1] 3.4.1.3 Nebenwirkungen Da Sucralfat nur in minimalen Dosen absorbiert wird, zeigt es ein exzellentes Sicherheitsprofil, mit der Aluminium-induzierten Obstipation als häufigste Nebenwirkung (2%). [1,4] Noch seltener zeigen sich Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen und/oder Kopfschmerzen. [29] 3.4.2 Misoprostol 3.4.2.1 Geschichtliche Aspekte In den 1940er Jahren konnte der schwedische Physiologe Ulf Svante Hansson von Euler (1905-1983) in der Prostatadrüse langkettige oxygenierte Fettsäuren nachweisen. Niemand ahnte zu dieser Zeit, dass sich diese Fettsäuren als wichtige Mediatorstoffe in allen Organen zeigen. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurden erst die vielfältigen pharmakologischen Wirkungen der Prostaglandine entdeckt. 1974 gelang es nachzuweisen, dass die Effekte der Prostaglandin-E-Abkömmlinge eine Hemmung der basalen Säuresekretion und auch aller Formen der Histamin- und Gastrin-induzierten Säuresekretion hervorrufen. Schon vor der Aufklärung der Arachidonsäurekaskade und die auf die Prostaglandinbildung hemmenden Einflüsse von Acetylsalicylsäure und den NSAR waren die ulcerogenen Wirkungen dieser Medikamente bekannt. Dass niedrige Prostaglandin-Dosen eine Steigerung der Mucusproduktion und Erhöhung der Bikarbonatsekretion bewirken, fand man 1980 heraus. Die schnelle Inaktivierung der Prostaglandine durch die im Magen vorkommenden Dehydrogenasen stand dem therapeutischen Einsatz noch im Weg. 1977 wurde von E.Z. Dajani und D.R. Driskill „Misoprostol“ (Prostaglandin E1-Derivat) synthetisiert. 1985 erhielt Misoprostol die Zulassung. Die Firma Boehringer aus Mannheim und Searle 49 Endopharm führten 1986 das Produkt unter dem Namen „Cytotec®“ ein. [3] Dieses Präparat wird heute noch in der Schweiz unter gleichem Namen verkauft. Im Januar 2006 wurde in Deutschland das Präparat von der Firma Pfizer vom Markt genommen. Heute wird „Misoprostol“ in Deutschland als „Arthotec®“ verkauft. In Österreich jedoch ist die Firma Pfizer (Pfizer Corporation Austria) immer noch Zulassungsinhaber des Produktes „Cyprostol®“. Das ProstaglandinAnalogon „Latanoprost®“, eingeführt 1997 von Pharmacia&Upjohn, zeigte ein völlig neues Indikationsgebiet und konnte in Form von Augentropfen zur Glaukombehandlung eingesetzt werden. Im Jahr 2001 folgte das Präparat „Travoprost®“. [3] 3.4.2.2 Allgemeine pharmakologische Eigenschaften Misoprostol ist das stabile Analogon von Prostaglandin E1. [29] Misoprostol wird oral appliziert und ist zunächst selbst unwirksam, bis es in der Leber in die wirksame Misoprostolsäure überführt wird. [51] Die Hauptwirkung von Misoprostol ist der lokale Effekt an der Magenschleimhaut. Es wirkt direkt an den ECL-Zellen. Dieser Effekt bewirkt, dass die basale und stimulierte Säuresekretion reduziert und die Schleimhaut geschützt wird. Weiters stimuliert es die Schleimhautdurchblutung und steigert die Sekretion von Muzin und Bikarbonat. [4,29,51] Die Misoprostolsäure kann über EP3-Rezeptoren die H+/K+-ATPase in den Parietalzellen hemmen. [51] Misoprostol wird bei der Anwendung von NSAR als Ulkusprophylaxe eingesetzt. [8] Eine Metaanalyse aus 33 randomisiert-kontrollierten Studien zeigt, dass Misoprostol den H2RA und PPI in der Ulkusprophylaxe bei chronischem NSAR-Gebrauch vorzuziehen ist, da eine Hochdosis-Therapie mit Misoprostol (4 x 200µg täglich) die einzig wirksame prophylaktische Medikation ist, die die Ulkuskomplikationen senkt. Die Gründe dafür sind, dass Misoprostol die NSAR-bedingte Hemmung der Cyclooxygenase und den damit verbundenen Abbau der Prostaglandine korrigiert und eine normale Physiologie des Magens wiederherstellt. [1,4] Es zeigte sich bei Patienten mit chronischem NSARGebrauch und guter Einnahme-Compliance von hoch dosiertem Misoprostol, dass 93% der Patienten in 12 Wochen kein Ulkus entwickelten. Im Vergleich dazu entwickelten bei PPI-Einnahme 82% der Patienten kein Ulkus. [4] 50 3.4.2.3 Nebenwirkungen Therapeutisch kann Misoprostol aufgrund ausgeprägter Nebenwirkungen kaum eingesetzt werden. Häufige Nebenwirkungen stellen schwere Diarrhöen mit und ohne Abdominalschmerzen (30% der Fälle), Übelkeit und Erbrechen dar. Selten kann es zu Menstruationsstörungen oder zu Kontraktionen des Uterus mit Wehenauslösung kommen, weshalb die Schwangerschaft eine absolute Kontraindikation für Misoprostol darstellt. [1,4,46,51] Außerdem kann es zu einer Verschlimmerung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung führen und sollte somit bei diesem Patientengut vermieden werden. [1] 3.5 Anticholinergika 3.5.1 Geschichtliche und allgemeine pharmakologische Aspekte In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verwendeten Ärzte in der Therapie des peptischen Ulkus den Extrakt „Belladonna“. Dieser Extrakt enthält das Alkaloid Atropin, einen nicht-selektiven Muskarinantagonisten, welches die Sekretion der Magensäure durch Unterdrückung der Wirkung von Acetylcholin kompetitiv hemmt. Im Altertum und im Mittelalter verwendeten Frauen diesen Extrakt in Form von Augentropfen als eine Art Kosmetikum, um durch die daraus resultierenden großen Pupillen attraktiver zu wirken („bella donna“). Es kann auch aus weiteren zahlreichen Solanaceen-Arten gewonnen werden. Vor allem aus der erwähnten Atropa belladonna (der Tollkirsche), aus Datura stramonium (dem Stechapfel) und aus Hyoscyamus niger (dem Bilsenkraut). In diesen Pflanzen kommt auch in verschiedenen Mengen das chemisch verwandte und in mancher Weise ähnlich wirkende Skopolamin (Hyoscin) vor. Da Atropin alle M-Rezeptor-Subtypen in gleichem Maße hemmt, kommt es zu einer generellen Parasympatholyse. Aufgrund der daraus resultierenden und teils erheblichen Nebenwirkungen, wie verschwommener Sicht (Akkomodationsstörungen), Photophobie, Tachykardien, Mundtrockenheit, trockene Haut durch Hemmung der Schweißbildung, Verlangsamung der Magenentleerung, der Harnblasendysfunktion und der Gefahr der Intoxikation, war Atropin nicht sonderlich beliebt. [6,12,13,33,46,57] So verordnete auch der Weimarer Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) bei Ulkusleiden Belladonna und Kirschlorbeer zur Lösung der Eingeweidespasmen. Obwohl 51 Anticholinergika schon vor dem sicheren Wissen über die vagale Innervation der Säuresektion zur Ulkustherapie eingesetzt wurden, wurden diese erst in den 1950iger und 1960iger Jahren genauer untersucht. Es konnten keine bedeutenden Heilungserfolge mit Anticholinergika zur Ulkusbehandlung festgestellt werden, da diese in der Mehrzahl nicht ausreichend selektiv wirkten. Daher wurden 1985 die Präparate „Ambutoniumbromid“ (Praxiten SP®), „Fentoniumbromid“ (Ulcesinium®) und „Methantheliniumbromid“ (Vagantin®) vom Markt genommen. 1970 wurde „Pirenzepin“ als „Gastrozepin®“ eingeführt, nachdem eine Forschergruppe der Firma Thomae aus Biberach den M1-Rezeptorsubtyp entdeckte. „Pirenzepin“ ist eine hydrophile, trizyklische, atropin-ähnlich wirkende Substanz und besitzt eine zehnfach höhere Affinität zum M1-Rezeptortyp als zu den anderen Rezeptor-Subtypen. [3,46] Dieses Antimuskarinikum war zu Beginn der Entdeckung ein großer Fortschritt in der Behandlung der Magenulcera, allerdings gelang aufgrund der kurz darauf eingeführten H2RA nicht der gewünschte therapeutische Durchbruch. [6] „Telenzepin“, auch ein M1-Rezeptorantagonist, wurde wie „Pirenzepin“ zur Ulkusbehandlung eingesetzt. [1,58] Die M1-RezeptorAntagonisten reduzieren die basale Säuresekretion um 40-50%. Allerdings zeigten auch diese beiden Präparate signifikante anticholinerge Nebenwirkungen. [1] Heute werden Anticholinergika in der Therapie des Ulcus ventriculi als obsolet betrachtet und haben in diesem Indikationsgebiet somit ihre therapeutische Bedeutung völlig verloren. [51] Angewendet wird Atropin unter anderem als Antidot bei Intoxikation mit Cholinesterase-Hemmern vom Organophosphat-Typ oder zur Unterdrückung muscarinartiger Nebenwirkungen bei der Therapie der Myasthenia gravis. [46] 52 4 HELICOBACTER-PYLORI Abbildung 1: Elektronenmikroskopisches Bild von Helicobacter pylori (copyrighted: free use for any purpose) [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d6/EMpylori.jpg] Stand: 01. November 2013 4.1 Einleitung Die Menschen infizierten sich vor ca. 58.000 Jahren mit H.pylori. [59] Andere Quellen berichten davon, dass die Menschen bereits vor 100.000 Jahren H.pylori akquirierten. Seinen Ursprung nahm es im Süden von Afrika, bei Mitgliedern der San, einem der ältesten Völker der Welt und einem Stamm, bestehend aus Jägern und Sammlern. Im Zuge der Völkerwanderung breitete sich H.pylori nach und nach auf alle Kontinente der Erde aus. [60] H.pylori ist eine übertragbare bakterielle Infektion der oberflächlichen Magenschleimhaut. Die Infektion resultiert aus einem progressiv zugeführten Schaden von H.pylori auf die Magenschleimhaut mit eventueller Beeinträchtigung der Funktion des Magens. [61] In den neunziger Jahren bestätigte sich die These der Infektion mit H.pylori als die Hauptursache für die Entstehung der gastralen und duodenalen Ulcera durch zahlreich bestätigte Studien. [3,62] Ebenso konnte zur gleichen Zeit der 53 Zusammenhang des Bakteriums mit der Entstehung des Magenkarzinoms assoziiert werden. Das Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms war im Jahr 2000 laut dem Grazer Prof. Dr. Krejs bei bestehender H.pylori-Infektion durchschnittlich 6x höher. [63] Nach der aktuellen S3-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) aus dem Jahr 2009 ist das Risiko ein distales Magenkarzinom zu entwickeln bei H.pylori-positiven Patienten, im Gegensatz zu nicht-infizierten Personen, um den Faktor 2-3 erhöht, und hängt von den Wirts-, Umwelt- und bakteriellen Virulenzfaktoren ab (s.u.). [73] In Ländern wie Österreich entwickeln 1% der H.pylori-positiven Patienten während ihrer Lebenszeit ein Magenkarzinom. Im Gegensatz dazu entwickelt nur einer aus 750 nicht-infizierten Personen ein Magenkarzinom. [63] Weltweit gesehen zählt das Magenkarzinom zu den vierthäufigsten Malignomen und stellt die zweithäufigste karzinombedingte Todesursache dar. Vermutet wird, dass ca. 700.000 Menschen pro Jahr an einem Magenkarzinom versterben. Eine Analyse der WHO (World Health Organization) zeigte, dass es in der EU, im Zeitraum zwischen 1970 und 2003, zu einer deutlichen Abnahme der Mortalität der Magenkarzinome kam. [64] Ebenso ist gesichert, dass die H.pylori-Infektion die häufigste Ursache für die Typ-B-Gastritis darstellt. [61,74] H.pylori wurde 1994 von der IARC (International Agency for Research on Cancer) der WHO aufgrund durchgeführter Studien als definitives Karzinogen der „Klasse 1“ eingestuft. [61,65,66,67] Malfertheiner et al. berichteten im November 2012, dass H.pylori mit einem geringen Risiko für die Entstehung kolorektaler Adenome und Kolonkarzinome assoziiert ist. [68] Das MALT-Lymphom kann durch die kontinuierliche Infiltration von lympho-plasmazellulären Bestandteilen der Magenschleimhaut entstehen. Das mit einer H.pyloriInfektion assoziierte MALT-Lymphom ist eine monoklonale Proliferation der kanzerogenen B-Zellen, die in die Drüsen des Magens infiltriert sind. Das MALTLymphom ist typischerweise niedrig maligne („low-grade“). Die H.pylori- Eradikation kann in den meisten Fällen zu einer Remission des MALT-Lymphoms führen, sollte diese früh genug durchgeführt werden. [61] Für die Praxis ist die Infektion mit H.pylori ebenso von Bedeutung, da es einzelne Medikamente, wie LThyroxin und L-Dopa in ihrer Bioverfügbarkeit negativ beeinflussen kann. [80] 54 4.2 Epidemiologie H.pylori ist nach der Todesursachenstatistik für ca. 2% der Todesfälle in den Ländern der westlichen Welt verantwortlich. [15] H.pylori verursacht mit 50% die häufigste chronische bakterielle Infektion der Weltbevölkerung. Die Prävalenz variiert abhängig von verschiedenen Faktoren und beträgt in Entwicklungsländern mehr als 80%, und in entwickelten städtischen Regionen weniger als 40%. [62,66, 69,74,75,76] In einigen Industrieländern (unter anderem in Polen, Griechenland, Japan) sind bis zu 80% der über 55 jährigen Menschen H.pylori-positiv. [15,21,44] Bei australischen Ureinwohnern (1%) und im Nordosten von Malaysia (4%) finden sich wiederum, mit unklarer Ursache, sehr niedrige Infektionsraten. [15,21] Im Jahr 2000 waren in Österreich in etwa 30% der Gesamtbevölkerung mit H.pylori infiziert. [63] In einer österreichischen Studie aus Graz, von Prof. Dr. Krejs, wurden im Zeitraum von Februar 2000 bis Februar 2001 242 Medizinstudenten (103 männlich, 139 weiblich, zwischen dem 21.-39. Lebensjahr, Durchschnittsalter: 26 Jahre) auf das Vorhandensein einer H.pylori-Infektion mit dem 13 C-Harnstoff- Atemtest untersucht. Von diesen 242 Medizinstudenten wurden 23 (10%) positiv auf H.pylori getestet. 34 Versuchsteilnehmer, die über dyspeptische Beschwerden klagten, wurden 4 (12%) positiv auf H.pylori untersucht. Unter den 208 asymptomatischen Medizinstudenten wurde bei 19 Teilnehmern (9%) eine H.pylori-Infektion nachgewiesen. [70] Obwohl die meisten H.pylori-positiven Personen lebenslang asymptomatisch bleiben, verursacht es in 100% der infizierten Personen eine chron. aktive Gastritis. [66, 80] Die durchschnittliche Inzidenz in Westeuropa beträgt 0,5-2% pro Jahr. [44] Die Akquirierung einer H.pylori-Infektion erfolgt typischerweise in der Kindheit, meist vor dem 10. Lebensjahr. Kinder unter 10 Jahren aus sozial hochentwickelten Nationen akquirieren die Infektion typischerweise mit einer Rate von 0-5% pro Jahr, während die Rate bei Kindern in Entwicklungsländern bei 13-60% pro Jahr betragen kann. [71] Andere Quellen hingegen berichten, dass die bevorzugte Altersgruppe bei den zwischen 11- und 16-jährigen Jugendlichen liegen soll. In dieser Altersgruppe wurde die Prävalenz von H.pylori in Speichel und Stuhl in 55,9% bzw. 50% nachgewiesen. [95] Es wird angenommen, dass die Prävalenz erwachsener Menschen auf die Rate der Akquirierung während der Kindheit zurückzuführen ist, und ebenso von den sozialen und ökonomischen Konditionen ihrer Familie während dieser Zeitperiode abhängt. [61,74,76] In der westlichen Welt breitet sie sich vorwiegend 55 intrafamiliär aus. [15,66,67] Eine große Anzahl an Geschwistern oder Elternteile, die an Dyspepsie leiden, stellen Risiken für eine H.pylori-Infektion dar. So waren die DNA-Typisierungen, bzw. 66% der Antikörperprofile der bei den Familienangehörigen nachgewiesenen H.pylori-Stämme, identisch oder sehr ähnlich. [15] Das relative Risiko, dass ein Kind eine H.pylori-Infektion akquiriert ist ungefähr 8x höher wenn die Mutter H.pylori-positiv ist, und in etwa 4x höher, wenn der Vater mit H.pylori infiziert ist. [71] Auch das Magenkarzinom tritt gehäuft innerhalb dieser Familien auf. [44, 67] Das Alter, die Volkszugehörigkeit, sozioökonomische Konditionen (besonders ökonomische Entwicklungen einer geographischen Region, beengte Wohnverhältnisse, untere gesellschaftliche Zugehörigkeit, fehlende Warmwasserversorgung, Trinkwasser- und Nahrungsqualität, mangelnde Hygiene) und die Migration aus einer Hochprävalenz-Region sind die bestimmenden Faktoren der Prävalenz der Infektion. [15,21,61,66,67,73,74,76] So sind etwa 50% der Erwachsenen ab dem 60. Lebensjahr Keimträger. Querschnittsstudien zeigen, dass mit zunehmendem Lebensalter die Durchseuchungsfrequenz mit 1% pro Lebensjahr zunimmt. Zurückzuführen ist die höhere Rate an Infektionen der heute älteren lebenden Menschen auf die, in derer Kindheit und Jugend, vorherrschenden Lebensbedingungen (ungünstigere soziale und hygienische Rahmenbedingungen), und des damals allgemein vorherrschenden höheren Ansteckungsrisikos. Daher kann die heutige höhere Prävalenz der H.pylori-Infektion bei älteren Personen als Kohortenphänomen, und nicht als kumulative Neuinfektion, interpretiert werden. [21,44] Studien zeigen, dass die Durchschnittsrate der Infektion in den höher entwickelten Ländern aufgrund der immer besser werdenden Lebensbedingungen, vor allem der verbesserten hygienischen Konditionen, zu fallen scheint, was ebenso auf die ausgedehnte Verwendung von Antibiotika zur Therapie verschiedenster Infektionen zurückzuführen sein könnte. [61,71,74,76] Anerkannte Präventionsstrategien zur Verhinderung einer H.pylori-Infektion existieren allerdings nicht. Ebenso gibt es noch keine wirksame H.pylori-Impfung. Schätzungen zufolge könnte diese nach einem zehnjährig-andauernden Impfprogramm zu einer signifikanten Prävalenzreduktion der H.pylori-Infektion und der assoziierten Erkrankungen führen, und könnte bei einer 55%igen Effektivität auch noch kosteneffektiv sein. [73] Vermutet wird, dass die Inzidenz des Magenkarzinoms durch eine Impfung um >40% reduziert werden könnte. [72] In Deutschland ist die Infektionsrate zwischen Frauen/Männern unter56 schiedlich. Im Alter <30 Jahre liegt sie bei 25/30%, im Alter zwischen 30-34 Jahren bei 19/16%, bei >35 Jahren 12/24%. [73] Ein Zusammenhang mit Nikotinund/oder Alkoholkonsum konnte als Risikofaktor nicht bestätigt werden. Eine angemessene Ernährung, vor allem der regelmäßige Verzehr von Obst, Gemüse und Vit-C unter idealen hygienischen Bedingungen, scheinen vor einer Infektion mit H.pylori zu schützen. [74] Studien konnten beweisen, dass besondere Berufsgruppen wie z.B. Krankenpflegepersonal oder Ärzte signifikante Durchseuchungsraten aufweisen, die mit der Dauer der Berufsjahre proportional ansteigt. Somit besteht ein berufsbezogenes Risiko für die H.pylori-Infektion. [15,73] Die Eradikation von H.pylori bei symptomatischen Patienten ist ein kosteneffektives Vorgehen. [66] 4.3 Übertragungsweg Die Magenschleimhaut, sowie die Schleimhaut mit gastraler Metaplasie (Duodenum, Ösophagus) des Menschen stellt für H.pylori das Hauptresorvoir dar und kann den Menschen ohne entsprechende Therapie lebenslang kolonisieren. [15,21,71,74,75] Bezüglich der Übertragung von H.pylori von Mensch zu Mensch werden „gastro-orale“ (durch Erbrechen, Magensaft, Reflux), „oro-orale“ (durch verunreinigtes Wasser, möglicherweise Speichel, Schleimhautkontakt, und/oder Zahnbelag) und „fäkal-orale“ (durch Fäzes, Schmierinfektionen) Übertragungswege diskutiert, sind aber weiterhin noch nicht gänzlich aufgeklärt. Wie bereits beschrieben stellt den wichtigsten Übertragungsweg der enge Kontakt von Kindern mit H.pylori-infizierten Familienangehörigen dar. Die einzigen geprüften möglichen iatrogenen Übertragungen sind durch kontaminierte/unsterile endoskopische Verfahren und unachtsame pH-Untersuchungen gegeben. [15,61,62,73,74,75,76, 77] In der Magenschleimhaut von verschiedenen Tieren (Nagetieren, Primaten, Frettchen, Schweinen, Katzen, Pferden, Kälbern, Geparden) wurden andere Helicobacter-Stämme nachgewiesen, die bei Menschen noch nicht gefunden wurden, und somit als Ansteckungsquelle oder Keimreservoir keine Bedeutung haben. [15,76,77] 57 Helicobacter Spezies Wirt H.pylori Mensch H. mustelea Frettchen H. felis Katze, Hund H. nemestrinae Affen H. acinonyx Gepard H. heilmannii Mensch H. canis Hund Tabelle 3: Zuordnung der nachgewiesenen Helicobacter-Spezies (H.: Helicobacter) modifiziert nach Malfertheiner P. [21] 4.4 Mikrobiologische und biochemische Eigenschaften H.pylori ist ein gram-negatives, mikroaerophiles Bakterium mit einer einfach gebogenen oder spiralig angeordneten (mit bis zu 3 Windungen) Zellform, das sich äußerst gut an die im Magen vorherrschenden Bedingungen anpasst. [21,61,62, 71] Die Zellwand gleicht den Merkmalen gram-negativer Bakterien. [35] Die äußere Membran besitzt eine Lipopolysaccaridstruktur, und stellt ein Endotoxin dar. [15,78] Es hat eine Größe von 0,6 x 3,5µm und besitzt mit 1,65 x 106 Basenpaaren ein kleines Genom, welches 1997 das erste Mal sequenziert wurde. Die ausgeprägte genetische Variabilität ist ein charakteristisches Merkmal von H.pylori, da nur sehr selten idente Stämme von verschiedenen Personen isoliert werden können. Ein ident-isolierter Stamm zweier verschiedener Personen weist auf einen direkten epidemiologischen Zusammenhang der Infektion hin. H.pylori ist durch die 5 - 7 am Pol befindlichen Geißeln (Flagellen) hochbeweglich, sodass es sich auch im Mukus fortbewegen kann. Diese Geißeln sind von einer säurefesten Flagellenhülle umgeben. Es wächst sehr schnell in vitro und benötigt dafür ein spezielles Nährmedium, und eine Umgebung mit reduziertem O2-Gehalt und hohen CO2-Konzentrationen. Die optimale Temperatur für das Wachstum beträgt 37°C. Um H.pylori künstlich anzuzüchten braucht das Bakterium ein reichhaltiges Nährmedium, wie es z.B. bei Blutagarplatten oder Kochblutplatten vorzufinden ist. Auf Agar-Platten erscheint H.pylori nach 3-4 Tagen in Form von kleinen (1,5mm), weichen, glänzenden und transparent-wirkenden Kolonien. Diese 58 Anzüchtung ist die Voraussetzung für die Resistenztestung der Eradikationstherapie. [15,17,21,61] 4.5 Bakterielle Virulenzfaktoren Es besteht die Kenntnis einiger wichtiger Charakteristika über H.pylori, doch von dem vollständigen Verständnis der Pathogenese kann noch nicht gesprochen werden. Einige Virulenzfaktoren, die für die Kolonisation in der Magenmukosa, die Gewebszerstörung und das Überleben des Bakteriums von wesentlicher Bedeutung sind, inkludieren die hohe Motilität im viskösen Mukus, die UreaseProduktion und die Fähigkeit des Bakteriums, durch Adhäsine (Zell-Zell-Adhärenz) mit den oberflächlichen Zellen der Schleimhaut eine spezielle Bindung einzugehen. Auch immunmodulatorische Faktoren, Zytotoxine, Katalase, die Alkoholdehydrogenase, proteolytische Enzyme (Glucosesulfatase), Hitzeschockproteine (HspA, HspB) und Lipopolysaccaride stellen wichtige virulente Faktoren von H.pylori dar und ermöglichen die Langzeitpersistenz von H.pylori. All diese Faktoren erlauben H.pylori, sich gegen die Abwehrmechanismen des Wirts (z.B. Säure, Mukus, Peristaltik, Phagozyten) durchzusetzen und sich ein Keimreservoir zu schaffen. [15,21,61,71] Die hohe Beweglichkeit macht es H.pylori möglich, aus den sehr sauren Bereichen im Magenlumen in die alkalischen Umgebungen zu entkommen. H.pylori produziert in unmittelbarer Umgebung die Urease, was Urea (Harnstoff) hydrolysiert und dabei Ammoniak und Kohlendioxid freisetzt. Die dabei entstehende „Ammoniakwolke“, die H.pylori umgibt, neutralisiert die Magensäure und sichert H.pylori ein entsprechendes Nährmedium zur Kolonisation, und schützt es gleichzeitig vor den Einflüssen der Magensäure. Des Weiteren hat die Urease einen toxischen Effekt auf die Epithelzellen, indem sie die „Tight-junctions“ der Zellen durchbricht, und die Zellen somit zugrunde gehen. Auch die produzierte Alkoholdehydrogenase hat eine schädigende Wirkung auf die Magenschleimhaut, da hohe Alkoholspiegel in der Umgebung von H.pylori Acetaldehyd bilden kann. Durch die von H.pylori gebildete Phospholipase C wird dem Bakterium, nach Überwinden der Phospholipidschicht, die Adhärenz an die Rezeptoren der Epithelschichten ermöglicht. Die Phospholipase A hat die Aufgabe, die in der Zellmembran vorkommenden Phospholipide abzubauen und zu verdauen. Die Produktion von Toxinen (Vacuolisierende Antigen: VacA), sind für die Schleimhautläsionen, durch Störungen der Vorgänge des intrazellulären Membran59 umbaus, verantwortlich. VacA wird von 50% der H.pylori-Stämme als zunächst inaktives Protein durch aktive Mechanismen aus H.pylori in die Umgebung ausgeschieden und wird durch das saure Milieu des Magens in die aktivierte Form übergeführt. Die Aktivierung bewirkt die hochgradige Resistenz gegen die im Magensaft enthaltenden Pepsine und gegen die Säure und führt zu einer Vakuolisierung intrazellulärer Membranen. So kann es durch den Weitertransport in das Duodenum, nach Aktivierung im Magen, auch dort zu Läsionen führen. [15,21,61,71,78] Die VacA-produzierenden Stämme scheinen somit ein Faktor in der Ulkusentstehung zu sein. Da das Toxin aber in 30-40% der asymptomatischen Patienten mit einer H.pylori-Gastritis gefunden wurde, und bei 30% der Ulkuspatienten nicht vorhanden war, wird vermutet, dass es sich dabei um keinen essentiellen Faktor in der Ulkusgenese handeln kann. [78] Das CagA-Antigen (Cytotoxin-assoziiertes Antigen) ist ein weiteres wirksames schleimhautschädigendes Antigen und kommt nur bei CagA-positiven Stämmen vor. Dieses wird in den USA und den in Europa vorhandenen H.pylori-Stämmen in ca. 50-70% der Fälle, und den in Asien vorkommenden Stämmen in mehr als 90% gebildet. [15,61,71,78] Das bei H.pylori-Stämmen vorhandene Cag-A-Gen korreliert mit schweren Verläufen der H.pylori-Infektionen, vor allem der peptischen Ulkuskrankheit. Auch die Schwere der Gastritis ist davon abhängig. Die Cag-Pathogenitätsinsel ist die bezeichnete Region fehlender bakterieller, genetischer Faktoren. Diese „Insel“ scheint für die IL-8-Ausschüttung aus den Epithelzellen erforderlich zu sein. Das Zytokin „IL-8“ nimmt für die Ulkus- und Gastritisentstehung eine zentrale Rolle ein, spielt aber auch in der Entwicklung des MALT-Lymphoms und des Magenkarzinoms eine signifikante Rolle. [15,78] 60 Virulenzfaktor Kolonisation Gewebsschädigung Effekt Flagellum Beweglichkeit in Muzinschicht Urease Neutralisation der Magensäure Adhäsine Bindung an Epithelzellen Urease Toxischer Effekt auf Epithelzellen; durchbricht „Zell-tight-junctions“ CagA Führt zu Ulcera und schweren Formen der Gastritis VacA Schädigung des Epithels Proteolytische Enzyme Glucosesulfatase degeneriert Muzin Phospholipase A Verdauung von Phospholipiden in Zellmembranen Alkoholdehydrogenase Überlebensfähigkeit Superoxiddismutase/ Schleimhautschädigung Schützt H.pylori vor der Phagozytose Katalase Tabelle 4: Wichtige Virulenzfaktoren von Helicobacter pylori und deren Effekte. Modifiziert nach Mobley HLT, Mendz GL, Hazell SL et al. [21,71] 4.6 Pathogenese Die genetisch bedingten Konstellationen des Wirts, die eine H.pylori-Infektion begünstigen, stellen vor allem das Geschlecht, der HLA-Genotyp (DQA 1301), die Lewis-b-Blutgruppenantigene und die individuelle Magenphysiologie dar. [15,21] Der pathogene Effekt von H.pylori kommt vor allem durch die Virulenzfaktoren zustande, aber auch durch die reaktive, immunmodulatorische Antwort der Wirtsschleimhaut. Der pathogene Effekt führt zu einem direkten Schaden an der Magenschleimhaut. Im Rahmen der H.pylori-Infektion kommt es zu signifikanten Veränderungen der Magensekretion und führt, durch die Hemmung der Bildung und Freisetzung von Somatostatin aus den antralen D-Zellen, zu einer für die H.pylori-Infektion typischen Hypergastrinämie. Die D-Zell-Dichte nimmt ab. So wird der hemmende Effekt von Somatostatin auf die G-Zellen vermindert, was eine gesteigerte Ausschüttung von Gastrin zur Folge hat und letztendlich in einem Anstieg von Pepsinogen endet. Die erfolgreiche Eradikation führt zu einer vollständigen Reversibilität der Hypergastrinämie und zu einer Wiederherstellung der D-ZellenDichte. [15] 61 4.7 Diagnostik 4.7.1 Indikationen für die Diagnostik Der Erregernachweis von H.pylori macht nur dann einen Sinn, wenn bei dem Patienten, mit positiver Bestätigung, die Bereitwilligkeit zur Eradikation dieses Erregers besteht. Dieser Nachweis ist die Voraussetzung für die H.pylorispezifische antibiotische Therapie. Alternativ zur PPI-Behandlung kann bei Patienten mit dyspeptischen Beschwerden die H.pylori-Diagnostik und -Therapie durchgeführt werden. Eine Besserung der Symptome kann durch die Eradikation allerdings nur in 6-14% beobachtet werden. Aufgrund der guten Verfügbarkeit endoskopischer Diagnostik sollte nicht nur mit nicht-invasiven Methoden gearbeitet werden. Die ÖGD mit Biopsieentnahmen ist bei allen älteren (>50 Jahre) Patienten mit akut aufgetretener Dyspepsie, bei allen Patienten mit Gewichtsverlust, Schluckstörungen, persistierendem Erbrechen, Eisenmangelanämie, gastrointestinalen Blutungen oder Patienten aus Gebieten mit hohen Magenkarzinominzidenzen durchzuführen. [79,80] Bei Patienten mit dyspeptischen Beschwerden im Alter < 50 Jahren ohne Alarmsymptome kann auf die Endoskopie verzichtet werden. Stattdessen sollte ein nicht-invasiver Nachweis erfolgen. Bei positivem H.pylori-Nachweis sollte dann eine Therapie eingeleitet werden. [80] 4.7.2 Diagnostische Methoden Generell unterscheidet man die invasiven Tests im Rahmen der ÖGD, von den nicht-invasiven Untersuchungsmethoden. [80] Zur Diagnostik geeignet sind vor allem die Testverfahren, die selbst in der Lage sind, das Bakterium direkt nachzuweisen. Dazu zählen vor allem die Histologie und die Erregeranzucht in der Kultur, aber auch der Nachweis typischer Antigene im Stuhl oder der spezifischen Stoffwechselprodukte. Zu den Stoffwechselprodukten gehören Ammoniak (NH3) beim Urease-Schnelltest und CO2 beim 13 C-Harnstoff-Atemtest. So weisen direkte Testverfahren also eine aktuelle Infektion nach. Indirekte Nachweismöglichkeiten beinhalten den Nachweis spezifischer Antikörper im Blut, Serum, Speichel und/ oder Urin und können somit eine aktuelle und/oder zurückliegende H.pyloriInfektion nachweisen. [73,79] Außer für die Serologie sollten PPI und/oder Antibiotika für mindestens 2 bzw. 4 Wochen abgesetzt werden, um eine verlässliche Diagnostik einer H.pylori-Infektion zu gewährleisten, da die Sensitivität aller direkten Nachweisverfahren durch die H.pylori-suppressive Therapie reduziert 62 wird. [73,79] Sollte das vorgegebene Abstandsintervall von 2 Wochen bei vorheriger PPI-Einnahme nicht eingehalten werden, kommt es in bis zu 80% zu falsch negativen Testergebnissen. Ob auch H2RA die Keimdichte von H.pylori, und somit die Sensitivität der diagnostischen Tests reduzieren, ist bisher umstritten. Abhängig von der Intensität und der Dauer der vorausgegangenen Therapie mit PPI oder Antibiotika ist mit der Wiederherstellung der ursprünglichen Keimdichte erst nach mehreren Tagen oder Wochen zu rechnen. Da die Dyspepsie in der klinischen Routine anfangs mit PPI vorbehandelt wird, stellt diese Tatsache ein Problem für die Diagnostik der H.pylori-Infektion in der Praxis dar und sollte daher berücksichtigt werden, um falsch negative Testergebnisse zu vermeiden. Der Therapieerfolg der Eradikationstherapie wird aber durch die vorgeschaltete PPIEinnahme nicht beeinflusst. [73] Da die Prävalenz in Österreich abnehmend ist, sollten aufgrund des niedrigen prädiktiven Wertes eines positiven Testergebnisses mindestens zwei positiv vorliegende Testergebnisse vorhanden sein. [79] Für das endoskopisch nachgewiesene Ulcus duodeni hingegen reicht bereits ein einziges positives Testergebnis (Urease-Schnelltest) zur Therapieeinleitung. [73] Auch molekularbiologische Methoden und Methoden zur direkten Visualisierung des Erregers auf der Magenschleimhaut, durch die Endomikroskopie, spielen in der täglichen klinischen Diagnostik eine geringe Rolle. [79] Welches Testverfahren letztendlich zur Anwendung kommt, hängt von den individuellen Fragestellungen und besonderen Gegebenheiten ab. Auch die Invasivität und die erforderte Testgenauigkeit sind wichtige Punkte, die in die Auswahl des Testverfahrens einfließen. Für epidemiologische Fragestellungen werden für gewöhnlich nichtinvasive Tests herangezogen. In der klinischen Routine werden die invasiven diagnostischen Nachweismethoden bevorzugt. [73] 4.7.3 Invasive Methoden 7.4.3.1 Histologie Im Rahmen der ÖGD werden die entnommenen Zangenbiopsien auf das Vorhandensein von H.pylori untersucht. Die Biopsien werden auf die Ureasetätigkeit überprüft und sind das Basismaterial für sowohl histologische- als auch mikrobiologische Methoden. [15,61,79,80] Aufgrund der fleckförmigen Verteilung der H.pylori-Dichte steigt die Sensitivität der histologischen Untersuchung, wenn die Biopsien an mehreren Stellen (nach den updated Sydney-Empfehlungen) ent63 nommen werden. Für die histologische Begutachtung werden zwei Biopsien aus dem Antrum und zwei Biopsien aus dem Corpus benötigt. Die aus dem Antrum (große und kleine Kurvatur) getätigte Biopsie wird 2-3cm präpylorisch entnommen. Die aus dem Corpus wird ca. 8cm aboral der Cardia (große Kurvatur) und 4cm oral der Angulusfalte (kleine Kurvatur) entnommen. Ziel der Biopsien ist, dass sowohl Bereiche mit höherer Keimdichte (Antrum und große Kurvatur) und höherer Prävalenz maligner Vorstufen (Corpus und kleine Kurvatur) erfasst werden. Die höhere Keimdichte ist am häufigsten im Antrum zu erwarten, kann jedoch besonders bei Hypoacidität auch allein im Corpus nachgewiesen werden. [73] Eine Biopsie wird für den Urease-Schnelltest benötigt. Für eine gegebenenfalls geplante mikrobiologische Untersuchung werden ebenso 2 Biopsien entnommen. [15] Bei speziellen Fragestellungen nach prämalignen Läsionen, sollte ebenso eine Biopsie aus der Angulusfalte entnommen werden. [73] Bei der histologischen Untersuchung kann zusätzlich zum direkten Bakteriennachweis, durch konventionelle histologische Anfärbemethoden (Hämatoxilin und Eosin), auch noch der Zustand der Magenschleimhaut beurteilt werden. Außerdem ist es möglich, die Entzündung und die Atrophie zu graduieren. Aber auch durch die klassische Färbemethode der Versilberung nach Warthin-Starry, die auch Warren bei der Erstbeschreibung von H.pylori anwandte, lässt sich die H.pylori-Infektion nachweisen. Auch die Infektion mit Helicobacter heilmannii lässt sich dadurch nachweisen. Die Giemsafärbung hat sich neben den anderen Färbemethoden auch durchgesetzt, da sie mit einem geringeren methodischen Aufwand verbunden ist. Die Sensitivität beträgt 80-98% und die Spezifität zeigt eine Rate von 90-98%. [15,73,78,79,80] Ein falsch positiver Befund nach histologischer Untersuchung ist bei spezialisierten Pathologen sehr selten. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Spezifität der histologischen Untersuchung von nahezu 100% angenommen werden. [73] 7.4.3.2 Urease-Schnelltest Der durchgeführte Urease-Schnelltest bei der frisch entnommenen Antrumbiopsie weist eine hohe Sensitivität (90-95%) und Spezifität (90-95%) auf. Bei einer akuten Blutung im oberen GI-Trakt kann die Sensitivität, aus bisher nicht eindeutigen Ursachen, reduziert sein. Die Überwucherung des Magens mit Ureasebildenden Bakterien kann zu falsch positiven Testergebnissen führen. [73] Der pHWert verändert sich beim Urease-Schnelltest insofern, dass er sich dem 64 alkalischen Bereich nähert, wodurch es zu einer Aktivierung des Farbindikators kommt. Durch die Farbänderung wird das Vorliegen von H.pylori angezeigt. Das Ergebnis kann nach 30 Minuten abgelesen werden. [15,78,79] Der Test basiert im Gegensatz zum 13 C-Harnstoff-Atemtest nicht auf der Detektion von CO2, sondern auf dem Nachweis von NH3. [61] In der klinischen Praxis ist der Test besonders vorteilhaft, da er schnell durchzuführen ist, und der Arzt innerhalb kurzer Zeit eine H.pylori-Infektion nachweisen und die Therapie schnellstmöglich einleiten kann. [78] 7.4.3.3 Kultur Eine Spezifität von 100% weist nur der kulturelle Erregernachweis auf und ist somit der „Goldstandard“ unter den Nachweismethoden. [15,79] Auch die Sensitivität ist unter optimalen Bedingungen sehr hoch (70-90%). [79] Optimale Bedingungen beinhalten die einwandfreie Probengewinnung, der rasche Transport in einem geeigneten Transportmedium zur Verhinderung der Austrocknung, das bestmögliche Kulturmedium (bevorzugt frische Blutagar-Platten oder WilkinsChalgren-Agar mit Erythrozytenkonzentrat-Zusatz unter Verwendung zusätzlicher Substanzen, um die Kontamination anderer Mikroorganismen zu vermeiden) und die Qualität der Analytik im Labor. [15, 78, 79] 7.4.3.4 Andere Methoden In der klinischen Routine noch wenig etabliert ist die immunhistochemische Nachweismethode oder die In-situ-Hybridisierung. Mit der In-situ-Hybridisierung lassen sich parallel zur Identifikation von H.pylori noch zusätzlich Resistenzgene nachweisen. [79] Als eine empfindliche Untersuchungsmethode hat sich die PCR erwiesen. Mit dieser Methode lassen sich verschiedene H.pylori-Stämme nachweisen. [15] Das Äquivalent von zwei H.pylori-Genomen ist nachweisbar. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen das VacA-Gen und das CagA-Gen, welche für H.pylori spezifisch sind. [78] Diese Untersuchungsvariante weist eine Sensitivität und eine Spezifität von 90-95% auf. [79] 4.7.4 Nicht-invasive Methoden Diese Methoden beinhalten Atemtests, verschiedene Verfahren zum Antikörpernachweis und Antigentests des Stuhls. Eingesetzt wird letzterer und der 13C-Atem- 65 test vor allem zur Therapieverlaufskontrolle, und sind die nicht-invasiven Testverfahren erster Wahl. [79,80] 4.7.4.1 Der 13C-Harnstoff-Atemtest Dieser Test stellt die genaueste nicht-invasive Methode dar, bei dem mit 13C-Harnstoff (stabiles chemisches Reagenz) nach standardisiertem Vorgehen die UreaseEnzymaktivität von H.pylori nachgewiesen wird. [15,61,79] Das oral zugeführte 13 C-Harnstoff wird durch die Urease zu 13 CO2 und NH3 abgebaut. Das CO2 wird über die Lunge abgeatmet und wird dabei (massenspektrometisch oder infrarotspektometrisch) gemessen. [15,21] Die Sensitivität und Spezifität betragen 8595%. [79] Die Sensitivität ist nach einer Magenteilresektion beeinträchtigt, was auf die resultierende verminderte Oberfläche der Magenschleimhaut zurückzuführen ist. [73] Atemluftproben sind leicht zu gewinnen und lassen sich unproblematisch lagern. [79] 4.7.4.2 Stuhlantigentests Weiters zeigt der monoklonale Antigentest des Stuhls eine hohe diagnostische Genauigkeit mit einer Sensitivität von 85-95%, und einer Spezifität von 85-95%. [79,80] Die Ergebnisse sind mit denen des 13 C-Harnstoff-Atemtests vergleichbar. [15,79] Bei dieser Testvariante werden H.pylori-Antigene im Stuhl des Patienten untersucht. [15,61,79] Zu beachten ist dabei aber, dass es unterschiedliche Stuhlantigentests (quantitative laborbasierte Tests und Schnelltests) gibt. [79] 4.7.4.3 Antiköperbestimmungen Hierbei kommen nur gut evaluierte, quantitative Testverfahren aus dem Serum in Frage. Nicht ausreichend nachgewiesen sind die Testverfahren aus Urin und/oder aus Speichel und ebenso auch nicht die Schnelltests zum Antikörpernachweis aus Vollblut. [73,79] Die serologischen Testverfahren weisen einen guten negativen Vorhersagewert auf. [79] Vor allem kommt dieses Testverfahren zur Anwendung, wenn die nicht-invasive Diagnostik während einer antibiotischen Therapie oder gleichzeitigen PP-Einnahme erfolgt. Methode erster Wahl ist der serologische Nachweis von H.pylori-Antikörpern bei der Ulkusblutung und bei fortgeschrittener Magenschleimhautatrophie. [80] Bei diesem Testverfahren wird Patientenblut auf das Vorhandensein von gegen H.pylori-Antigene gerichtete Antikörper (IgG) untersucht, was üblicherweise mittels ELISA-Tests durchgeführt wird, welche eine 66 Quantifizierung der Antikörper möglich machen. [35,80] Allerdings genügt der alleinige serologische Nachweis von Antikörpern gegen H.pylori oder dessen Virulenzfaktoren nicht aus, um eine therapeutische Entscheidung zu treffen. [73] Eine weitere mögliche Indikation ist bei einer geringen Erregerdichte gegeben. Zum Einsatz kommt dieses diagnostische Verfahren also dann, wenn die direkten Testverfahren keine optimale Sensitivität aufzeigen. Diese Methode kommt ansonsten eher für epidemiologische Studien in Betracht. [79] Um ausgeprägte atrophische Veränderungen der Magenschleimhaut nachzuweisen, eignet sich besonders der serologische Nachweis von „Pepsinogen I und II“ und „Gastrin 17“. [80] Diagnostik Invasiv Nicht-invasiv Testverfahren Sensitivität Spezifität Histologie 80-98 % 90-98 % Urease-Schnelltest 90-95 % 90-95 % Kultur 70-90 % 100 % PCR 90-95 % 90-95 % 13 C-Harnstoff-Atemtest 85-95 % 85-95 % Antikörperbestimmung 70-90% 70-90% 85-95% 85-95% aus dem Serum (IgG) Stuhlantigentest Tabelle 5: Diagnostische Tests zum Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektion mit Informationen über Sensitivität/Spezifität. Modifiziert nach Hirschl AM [79] und Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC, Bolten W, Kist M, Koletzko S. [73] 4.7.5 Resistenztestung Bei erstmaligem Therapieversagen sollte immer eine Kultur angelegt werden, um eine Resistenztestung durchführen zu können, um die Resistenzentwicklung etwaiger Antibiotika zur Zweilinientherapie zu bestimmen. [73,80] Die prätherapeutische Resistenzbildung ist ein wichtiger negativ-beeinflussender Faktor zum Therapieerfolg. [80,86] Der Hauptgrund für dieses Phänomen ist eine Punktmutation der H.pylori-DNA, die oft mit einem unangebrachten Antibiotika-Gebrauch assoziiert ist. [81] Die Resistenztestung bezüglich Fluorchinolonen und Makroliden ist mit molekularbiologischen Nachweismöglichkeiten in Biopsien, und 67 für Clarithromycin auch im Stuhl, durchführbar. Mittels Anzüchtung einer Kultur ist es möglich, jede beliebige Substanz auszutesten. [79] Der Agardilutionstest (syn.: E-Test) gilt unter den diagnostischen Methoden der Resistenztestung als der Goldstandard zur Bestimmung der antimikrobiellen Empfindlichkeit langsam wachsender Bakterien, und sollte somit in der Routinediagnostik zur Sensibilitätstestung von H.pylori (vor allem auf Metronidazol) eingesetzt werden. [73] 4.8 Eradikationstherapie 4.8.1 Einleitung Allgemein betrachtet, besteht die Eradikationstherapie aus einem Medikament, das die Säuresekretion hemmt, um einen pH-Wert von >5,5 zu erreichen, und zwei oder mehr zusätzlichen Medikamenten, die das Ziel haben, das Bakterium abzutöten. Zwei oder mehr Antibiotika werden benötigt, um zu verhindern, dass sich Resistenzen bilden. In Kombination wirken sie additiv und synergistisch, was eine kürzere Gesamttherapiedauer und niedrigere Einzeldosen zur Folge hat. Invitro haben sich zahlreiche Antibiotika als wirksam erwiesen, in-vivo konnten sich jedoch nur einzelne Substanzen durchsetzen. Die am meisten verwendeten Antibiotika zur Eradikation sind Clarithromycin, Amoxicillin, Metronidazol, Tetrazykline, Fluorchinolone und evtl. Rifabutin. [15,61,78] Clarithromycin (Makrolide; Klacid®, Klaciped®, und andere) Neben Azithromycin ist Clarithromycin das am häufigsten eingesetzte MakrolidAntibiotikum. [83] Es bindet speziell an die bakteriellen 50S-Untereinheiten der 70S-Ribosomen und führt durch Unterbrechung der Proteinsynthese zum Untergang der Bakterien. Sie haben ein weites Wirkspektrum (Gram-positive-, Gramnegative-, intrazelluläre- und schraubenförmige Erreger) und wirken in der Regel bakteriostatisch. Sie werden im ambulanten Bereich, vor allem bei der Behandlung respiratorischer Infekte, besonders häufig eingesetzt. Clarithromycin ist zwar magensäureresistent, zeigt dennoch bei gleichzeitiger Säuresuppression eine noch bessere Wirkung. [15,61,78,82,83] Die Mutationen, die eine Resistenzbildung zur Folge haben, sind Punktmutationen auf der „23SrRNA-Komponente“ der Ribosomen. Die drei häufigsten Mutationen, die auftreten sind „A2143G“, „A2142G“ und „A2142C“. Diese sind für 90% der primären Resistenzbildungen für Clarithromycin in der westlichen Welt verantwortlich. [81] 68 Amoxicillin (Aminopenicillin) Amoxicillin war das erste Antibiotikum, das zur Eradikation von H.pylori eingesetzt wurde. [81] Amoxicillin ist ein säurestabiles, halbsynthetisches Penicillin (ßLactam-Antibiotikum), ist hocheffizient, hat ein weites Wirkspektrum und benötigt zur optimalen Wirkung aber ebenso eine zusätzliche Säuresuppression, da es biologisch nur bei pH-Werten zwischen 5,5 – 7,5 aktiv ist. [15,61,78] Die Wirkung kommt durch die Störung der Mureinbiosynthese zustande, welche für den Aufbau der Zellwand der Bakterien verantwortlich ist. Durch den fehlerhaften Aufbau der Zellwand, hervorgerufen durch Hemmung der Transpeptidase, kommt es zum Zelluntergang. [82] Da es sehr selten Resistenzen aufweist, ist eine prätherapeutische Resistenztestung nicht erforderlich. [15,61,78] Metronidazol (Imidazole) Metronidazol ist ein Prodrug der Nitroimidazol-Gruppe, ist also primär inaktiv und erst durch seine Metaboliten wirksam, und wird vor allem gegen anaerobe Bakterien und Protozoen eingesetzt. [81,82] Dieses benötigt keine Säuresuppression zur Wirkung. Nach erfolgloser Therapie mit einem Nitroimidazol ist in fast allen Fällen eine Resistenzbildung zu erwarten. Der Entstehungs- mechanismus ist kompliziert, aber noch nicht ganz aufgedeckt. Veränderungen auf dem „rdxA-Gen“ sind von primärer Relevanz, aber es war noch nicht möglich, ein exaktes Feld der Punktmutation zu identifizieren, welches das Phänomen erklären könnte. Andere Gene, wie „frxA“ scheinen ebenso involviert zu sein. [81] Tetrazykline Tetrazykline wirken über die induzierte Störung der bakteriellen Proteinbiosynthese. Dabei kommt es zur Beeinträchtigung der Translation an den 30SUntereinheiten der bakteriellen Ribosomen. [82] Tetrazykline zeigen ein weites Wirkspektrum und benötigen zur Wirkung keine Säuresuppression. [61] Resistenzbildungen sind äußerst selten. [81] Wismut Wismut-Salze, vor allem Wismut-Subsalicylat und die kolloide Suspension von Wismut-Zitrat werden in verschiedenen Ländern ebenso eingesetzt. Ihr Einsatz ist dazu gedacht, direkt und lokal an der Schleimhaut des Magens, besonders im 69 Antrum ihre bakterizide Wirkung (Blockade der Atmungskette in H.pylori) zu entfalten. Auch Wismut-Salze sind nicht auf eine zusätzliche Säuresuppression angewiesen und führen nicht zu Resistenzen. Allerdings ist es in Österreich nicht zugelassen. [15,61,78] Fluorchinolone (früher: Gyrasehemmer) Fluorchinolone haben ein weites antibakterielles Wirkspektrum (Gram-positive und Gram-negative Bakterien), eine gute Gewebegängigkeit und sind allgemein gut verträglich. Ihr Einsatzgebiet umfasst Infekte des Urogenital- und Magen-DarmTrakts, Infekte der Haut, des Knochens und der Atemwege. [83] Fluorchinolone blockieren die DNA-Gyrase, die Topoisomerase Typ II und Typ IV. Die Resistenz kommt durch eine Punktmutation der Region „gyrA“ zustande. [81,86] Die Fluorchinolone werden anhand ihres Wirkspektrums in 4 Gruppen unterteilt. Die Mitglieder der Gruppe 3 und 4 besitzen im Vergleich zu denen der Gruppe 1 und 2 eine höhere Wirksamkeit. - Gruppe 1: Norfloxacin (Ö: „Floxacin®, „Zoroxin®“, u.a.) - Gruppe 2: Ciprofloxacin (Ö: „Agyr®, „Ciproxin®“, u.a.) - Gruppe 3: Levofloxacin (EU: „Tavanic®“ u.a., USA: „Levaquin®“ u.a.) - Gruppe 4: Moxifloxacin (Ö: „Avelox®“, “Actira®”, “Octegra®”, u.a.) [82,83] Die erfolgreiche Eradikation von H.pylori hat sich in den letzten Jahren als schwierig erwiesen. In bis zu 30% der Fälle versagt aus verschieden Gründen (wie z.B. Rauchen, Alkoholkonsum, Alter, Indikationsstellung des Arztes, mangelnde Compliance mit daraus resultierender geringer Antibiotikakonzentration, prätherapeutische Resistenzentwicklung, Ausmaß der Säurehemmung) die Erstlinientherapie. [15,73,86] Die in der klinischen Praxis angewandten Therapieschemata sollten je nach den Empfehlungen aus randomisierten, kontrollierten Therapiestudien erfolgen, die bei den jeweiligen Intention-to-treat-Analysen Eradikationsraten von mindestens 80% gezeigt haben. [73] Andere Quellen berichten von einer generellen Regelung, dass die Erfolgsrate mindestens >90% betragen muss, bevorzugt werden sogar regionale Erfolgsraten von >95%. [97] Die schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen eines Therapieregimes sollten bei unter 5% bleiben. Die eingesetzten Medikamente der einzelnen Therapieschemata sollten vor der Mahlzeit eingenommen werden, da auch Antibiotika laut pharmako70 kinetischen Studien bei der Einnahme auf nüchternen Magen eine bessere Resorption zeigen. [73] Definitionsgemäß wird dann von einer erfolgreichen Eradikation gesprochen, wenn H.pylori frühestens 4 Wochen nach Therapieende nicht mehr nachgewiesen werden kann. Dann verschwinden auch die neutrophilen Granulozyten vollständig, die Epithelien und deren Schleimproduktion regenerieren sich, und auch die Anzahl der Lymphozyten und Plasmazellen nimmt drastisch ab, verschwinden jedoch nicht zur Gänze. [21] Es ist nicht von Nöten, dass nach korrekt durchgeführter und erfolgreicher H.pylori-Eradikationstherapie eine routinemäßige Suche nach einer Reinfektion erfolgt, da das Risiko bei Erwachsenen eine Rezidivinfektion mit H.pylori zu erleiden in Industrieländern (Österreich) sehr niedrig ist (1% pro Jahr). In Entwicklungsländern ist das Risiko mit 13-24% höher. Bei Kindern (>5Jahre) beträgt die Rezidivinfektionsrate >2% pro Jahr. [17,73] 71 4.8.2 Indikationen zur Eradikationstherapie Die evidenzbasierten Indikationen für eine H.pylori-Eradikationstherapie sind in den Leitlinien der europäischen Konsensuskonferenz von Florenz/Maastricht definiert. Diese wurde 1997 zum ersten Mal publiziert. Die aktuelle Fassung ist bereits die vierte Überarbeitung dieser Richtlinie zur Behandlung von H.pylori (Maastricht-IV-Konsensus) und wurde von 44 Experten aus 24 Ländern aktiv erarbeitetet. [84,85] Die Indikation zur Eradikationstherapie ist den Leitlinien zu Folge immer dann gegeben, wenn im Rahmen der bestehenden H.pylori-Infektion gastroduodenale Läsionen auftreten, die durch die Behandlung geheilt und dazu noch weitere Komplikationen im Krankheitsverlauf verhindert werden können. Nur das Magenkarzinom als Komplikation der Infektion kann durch die Behandlung nicht mehr geheilt werden. [80] Die Eradikation kann aber mit dem Ziel der Magenkarzinomprophylaxe bei Risikopatienten eingeleitet werden. Ebenso kann die H.pylori-Eradikationstherapie zu einer Verhinderung der Progression beitragen und das Neuauftreten von kanzerösen Veränderungen (intestinale Metaplasie, Atrophie) verhindern. Die peptische Ulkuskrankheit mit zugrundeliegender H.pylori-Infektion ist eine obligate Behandlungsindikation. Auch abgeheilte und anamnestische Ulcera sollten mittels Eradikation therapiert werden. Bei unkompliziertem H.pylori-positiven Ulkus muss die Therapie unmittelbar nach der diagnostischen Sicherstellung eingeleitet werden. Bei kompliziertem H.pyloripositiven Ulkus (z.B. nach Blutung) sollte mit der Therapieeinleitung abgewartet werden, bis die orale Nahrungsaufnahme wieder möglich ist. [73] Die H.pyloripositive funktionelle Dyspepsie (dyspeptischer Symptomenkomplex bei negativer Endoskopie), die länger als 4 Wochen besteht, gehört zu den fakultativen Behandlungsindikationen. Zu einer anhaltenden Beseitigung der dyspeptischen Beschwerden kommt es allerdings nur bei einer Minderheit der Patienten (Wahrscheinlichkeit: 5-10%). Andererseits kommt es bei 10-25% der Patienten unter der Eradikationstherapie zu relevanten gastrointestinalen Nebenwirkungen, vor allem zur Antibiotika-assoziierten Diarrhö. Das MALT-Lymphom und die atrophische Gastritis sind weitere Indikationen zur Eradikation. Auch für Patienten, die vor der Langzeiteinnahme von NSAR stehen (Risikoabnahme der Ulkusentstehung durch H.pylori-Eradikation), oder, die sich einer partiellen Magenteilresektion (subtotale Gastrektomie) eines Magenkarzinoms unterzogen haben, sowie Verwandten ersten Grades von Patienten mit einem Magenkarzinom, wird eine Eradikation 72 empfohlen. Auch können Patienten mit bestehender Eisenmangelanämie ohne andere Ursache oder Patienten mit idiopathisch-thrombozytopenischer Purpura von der Eradikationstherapie profitieren. [73,79,80,86] Mb. Ménétrier, die lymphozytäre Gastritis und die Autoimmungastritis im präatrophischen Stadium stellen seltene Indikationen dar. [15,86] Bei Patienten mit Symptomen des Refluxes und Patienten mit GERD hat die H.pylori-Infektion keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Allerdings sollte bei Langzeiteinnahme von PPI die H.pylori-Eradikation unbedingt erfolgen, da das Persistieren der Infektion bei PPI-Langzeitbehandlung zu einer Corpus-prädominanten Gastritis mit beschleunigtem Verlust der Drüsenkörper und zur daraus resultierender atrophischen Gastritis führt. Diese stellt eine präneoplastische Form des Magenkarzinoms dar und muss auch nach erfolgreicher Eradikation von H.pylori in regelmäßigen Abständen (alle 2-3 Jahre) endoskopisch kontrolliert werden. Die Patienten, welche unter ASS-Therapie eine Ulkuskomplikation erlitten haben, sollten auf H.pylori untersucht werden, da bei positivem Nachweis und daraus folgender Eradikation weitere Komplikationen verhindert werden können. [80] Es sind derzeit keine absoluten Kontraindikationen für eine H.pylori-Eradikationstherapie bekannt. [73] Indikationen Spezielle Indikationen Duodenalulkus/Magenulkus Eisenmangelanämie (ohne Funktionelle Dyspepsie sonstige gesicherte Ursache MALT-Lymphom Idiopathische- Atrophische Gastritis thrombozytopenische Purpura Vor Beginn einer chronischen NSAR-Einnahme Vitamin-B12-Mangel Nach partieller Magenteilresektion Ausschluss anderer Ursachen Langzeiteinnahme von PPI Mb. Ménétrier (nach Verwandte ersten Grades von Patienten mit lymphozytäre Gastritis einem Magenkarzinom Aspirin-induzierte Läsionen (Anamnese: Blutung) Tabelle 6: Evidenzbasierte Indikationen zur Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie nach den Leitlinien der europäischen Konsensuskonferenz von Florenz/Maastricht. (MALT-Lymphom: mucosa-associated lymphoid tissue lymphoma; PPI: Protonenpumpeninhibitoren; NSAR: Nicht-steroidale Antiphlogistika) Modifiziert nach Malfertheiner P. [79, 80]. 73 4.8.3 Richtlinien der Eradikationstherapie nach europäischer Konsensuskonferenz 4.8.3.1 Erstlinientherapie Bei der „Standardtripeltherapie“ (PPI + Clarithromycin + Amoxicillin oder Metronidazol) kam es in den letzten Jahren aufgrund von Resistenzentwicklungen zu einem hohen Wirkverlust. [80] Die aktuellsten Daten berichten darüber, dass nur noch maximal 70% der Patienten mit dieser Tripeltherapie geheilt werden können, was nicht der vorgegebenen 80%-Hürde entspricht. [85] Neue und wirksame Therapieschemata beinhalten sequenziell verabreichte Antibiotika oder die gleichzeitige Gabe der Pharmaka in Form von konkomitierenden „Quadrupeltherapien“. Diese Kombination besteht aus verabreichten PPI + Clarithromycin + Amoxicillin + Metronidazol. Allerdings wird je nach Resistenzlage von H.pylori, Clarithromycin gegen Levofloxacin ausgetauscht. [80] In den aktuellen und neuen europäischen Empfehlungen wird abhängig von den regional unterschiedlich bestehenden Resistenzlagen gegen Clarithromycin die Erstlinientherapie ausgewählt. Bei einer regionalen Resistenzlage gegen Clarithromycin < 20% bleibt die „Standardtripeltherapie“ als Erstlinientherapie weiterhin bestehen. [80] Wenn die Dauer der Therapie von 7 Tage auf 10-14 Tage erhöht wird, kann dies zu einer Erhöhung der Erfolgsrate der Eradikation von weiteren 5% kommen. [85] Bei regionalen Clarithromycin-Resistenzen >20% ist die Wismut-basierte „Quadrupeltherapie“ (WQT) als Erstlinientherapie anzuwenden. Diese besteht aus der in einer Kapsel enthaltenden, neuen galenischen Zusammensetzung von Wismutsubcitrat, Metronidazol und Tetrazyklin, in Kombination mit 2x täglich verabreichten PPI. [80] Die PPI führen zu einem höheren Ausmaß der Säurehemmung, sind ausreichend hoch zu dosieren und sind für den Therapieerfolg bei Einsatz von Clarithromycin und Amoxicillin von wichtiger Bedeutung. [73,87] Esomeprazol und Lansoprazol sollten aufgrund ihres Wirkungsweges (CYP2C19) in der Eradikation von H.pylori nicht verwendet werden. Die zweimalige Verabreichung von PPI führt zu höheren Therapieerfolgen. Die Standarddosis beträgt für Omeprazol 20mg, für Pantoprazol 40mg und für Rabeprazol 20mg. [87] Sollten PPI vom Patienten nicht vertragen werden, besteht die Möglichkeit den PPI durch einen H2RA zu ersetzen. [96] Malfertheiner et al. untersuchten 2011 den Unterschied zwischen WQT und der klassischen Tripeltherapie bei 440 erwachsenen Patienten mit nachgewiesener 74 H.pylori-Infektion. Das primäre „Outcome“ der Studie wurde an der erfolgreichen Eradikation gemessen. Zwei negative 13 C-Harnstoff-Atemtests (28 bzw. 56 Tage nach Eradikation) waren für den erfolgreichen Nachweis erforderlich. Verglichen mit dem Goldstandard der Eradikationstherapie (PPI + Amoxicillin + Clarithromycin = French-Triple) wies die WQT ein ähnliches Sicherheitsprofil vor. Die meisten Nebenwirkungen beinhalteten gastrointestinale und zentralnervöse Störungen. Die Eradikationsrate lag bei der WQT bei 80% (174 von 218), bei der Standardtripeltherapie bei 55% (123 von 222). Im Hinblick auf die steigenden Resistenzraten von Clarithromycin könnte nach Malfertheiner et al. über eine Erstlinientherapie der WQT nachgedacht werden. [88] 1 1 Ist in Österreich allerdings nicht anwendbar, da Wismut am österreichischen Markt nicht erhältlich ist. (siehe 5.1 Therapiestrategie Österreich) 75 Erstlinientherapie: Erstlinientherapie: Clarithromycin-Resistenz < 20% Clarithromycin-Resistenz > 20% Medikament Dosierung 1. Variante (French-Triple) 7-14d PPI Clarithromycin Amoxicillin Medikament Dosierung Wismut-basierte Quadrupeltherapie: Standarddosis, 2x tgl. PPI Standarddosis, 2x tgl. 500 mg, 2x tgl. WQT 4x3 Kapseln (10d) 1g, 2x tgl. Sequenzieller Therapie: Insgesamt 10d Ersten 5d: 2. Variante (Italian-Triple) 7-14d PPI Standarddosis, 2x tgl.(5d) Standarddosis, 2x tgl. Amoxicillin 1g, 2x tgl. Clarithromycin 500 mg, 2x tgl. Weitere 5d: Metronidazol 400 mg, 2x tgl. PPI PPI Standarddosis, 2x tgl. Clarithromycin 500mg, 2x tgl. Metronidazol 400mg, 2x tgl. „Konkomitierende“ Vierfachtherapie: 5-7d (bis zu 14 Tage) PPI Standarddosis, 2x tgl. Clarithromycin 2x500mg oder Levofloxacin 2 x 250mg Metronidazol 400mg, 2x tgl. Amoxicillin 1g, 2 x tgl. Tabelle 7: Erstlinienbehandlungen nach europäischer Konsensuskonferenz in Regionen mit hohen Clarithromycin-Resistenzen (> 20%) und in Regionen mit niedrigen Resistenzraten von Clarithromycin (<20%). (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; WQT: Wismut-basierte Quadrupeltherapie; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert nach Malfertheiner P. [80] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84] und Malfertheiner P, Megraud F, O'Morain CA, Atherton J, Axon AT, Bazzoli F, et al. [85] 4.8.3.2 Zweitlinientherapie Die Zweitlinientherapie wird bei Therapieversagen je nach vorausgegangener Erstlinientherapie ausgewählt. Levofloxacin ist dabei das effektivste Antibiotikum der Zweitlinientherapie und wird in der Regel in Kombination mit Amoxicillin ein76 genommen. [80] Empfohlen wird, dass die Zweitlinientherapie auf 10 Tage auszudehnen ist, auch wenn es dafür keine formalen Studien gibt. [73] Wichtig ist aber auch, die regionalen Resistenzentwicklungen von Levofloxacin zu beachten, die in den letzten Jahren in Europa auch angestiegen sind. [80] Es liegen bereits präklinische- und klinische Studien zu dem neuen Fluorchinolon „Sitafloxacin“ (bislang nur in Japan zugelassen) vor, welches möglicherweise die Resistenzen der üblichen Fluorchinolone überwinden kann. [86] Sollte die Zweitlinientherapie ebenfalls nicht erfolgreich sein, so wird eine Resistenztestung von H.pylori empfohlen. Bei der „Drittlinientherapie“ wird unter anderem Rifabutin als AlternativMedikament eingesetzt. Rifabutin weist äußerst selten Resistenzen auf. Gegen das Antibiotikum Amoxicillin entwickeln sich sehr selten Resistenzen, weshalb es bei guter Verträglichkeit beliebig oft eingesetzt werden kann. [80] Regionen mit niedrigen Regionen mit hohen Clarithromycin- Clarithromycin-Resistenzraten Resistenzraten Erstlinientherapie PPI + Clarithromycin + WQT Amoxicillin / Metronidazol falls diese nicht verfügbar sein sollte (z.B.: Ö, D, CH): oder Quadrupeltherapie ohne Wismut (sequenziell oder Zweitlinientherapie WQT konkomitierend) WQT PPI + oder Levofloxacin + Amoxicillin PPI + Levofloxacin + Amoxicillin Drittlinientherapie Abhängig von der Testung der jeweiligen Resistenzen Tabelle 8: Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; WQT: Wismut-basierte Quadrupeltherapie; Ö: Österreich, D: Deutschland, CH: Schweiz) Modifiziert und adaptiert nach Malfertheiner P. [80]. 4.8.3.3 Therapie bei Penicillinallergie Bei Patienten mit bestehender Penicillin-Allergie, die in Regionen mit niedriger Clarithromycin-Resistenz leben, stellt die Kombination PPI + Clarithromycin + Metronidazol die Erstlinientherapie dar. Hingegen wird in Regionen mit hohen 77 Clarithromycin-Resistenzraten die WQT empfohlen. In Regionen, die eine niedrige Rate an Fluorchinolon-Resistenzen aufweisen, werden Levofloxacin + PPI + Clarithromycin als Zweitlinientherapie bei Penicillinallergie empfohlen. [85] 4.8.3.4 Nebenwirkungen Die Patienten sollten über die häufigsten Nebenwirkungen aufgeklärt werden, um Therapieabbrüchen entgegen zu wirken. Über signifikante Nebenwirkungen wird nur in 5-20% berichtet. Die Nebenwirkungen von PPI sind im Kapitel 3 (3.3.3 Nebenwirkungen PPI) beschrieben. Die häufigsten Nebenwirkungen von Clarithromycin beinhalten gastrointestinale Störungen (Diarrhoe; 25%: Geschmacksstörungen - bitter). In Kombination mit Kalziumantagonisten kann es in Folge der CYP3A4-Hemmung zu hypotonen Episoden, und nach Abschluss der Behandlung zu kardiovaskulären Störungen kommen. Unter Amoxicillin-Einnahme kann es ebenso zu gastrointestinalen Störungen (Diarrhoe) kommen. Auch über Kopfschmerzen wird gehäuft berichtet. Die Nebenwirkungen unter einer MetronidazolTherapie sind dosisabhängig und beinhalten einen metallischen Geschmack im Mund und die Dyspepsie. Tetrazykline führen zu gastrointestinalen Störungen und zur Photosensibilität. Sie sollten bei Kindern <8 Jahren nicht eingesetzt werden, da Tetrazykline zu Farbveränderungen/Ausbleichen der Zähne führen. [15,83,96] Wismut-Salze weisen eine relativ hohe Rate an Nebenwirkungen auf. Sie führen zu einer Schwarzfärbung der Zunge und des Stuhls, zu Übelkeit und/oder schweren gastrointestinalen Störungen (Übelkeit, Erbrechen). Sie werden nur minimal absorbiert, sollte aber die Nierenfunktion beeinträchtigt sein, so können die erhöhten Plasmakonzentrationen in einer Enzephalopathie enden. [29,86,96] Fluorchinolone weisen als häufigste Nebenwirkungen gastrointestinale und zentralnervöse Störungen auf. Auch von Phototoxizität wird berichtet. Zu beachten ist eine evtl. Verlängerung der QT-Zeit im Elektrokardiogramm und die mögliche Gefahr der Sehnenrupturen. Außerdem kann es zu Erhöhungen der Transaminasen kommen. Selten treten schwere Nebenwirkungen auf, wie z.B. Knorpelschäden, Sehnenscheidenentzündungen. [86] Ebenso selten kann es unter einer Fluorchinolon-Behandlung zu einer Verschlechterung einer Myasthenia gravis kommen. Auch neurologische und psychiatrische Nebenwirkungen kommen nicht selten vor. [83] Sollte in der Drittlinientherapie Rifabutin eingesetzt werden, sollten die Patienten über Nebenwirkungen, wie z.B. gastrointestinale Störungen 78 (Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie, Diarrhoe), Ausschläge und die Möglichkeit der Rotverfärbung des Urins aufgeklärt werden. [96] 79 5 DISKUSSION 5.1 Therapiestrategie Österreich Die Erkrankungen des oberen GI-Trakts (insbesondere Gastritiden, Ulkusleiden, Refluxleiden) zählten 1998 zu den häufigsten Diagnosen in Österreich. Die Ausgaben der Sozialversicherungen für die Behandlungen haben sich zwischen den Jahren 1988 und 1998 laut der „Initiative Arznei&Vernunft (1998)“ von rund 180 Millionen österreichischen Schilling (ca. 13 Millionen Euro) auf mehr als eine Milliarde österreichische Schilling (ca. 72 Millionen Euro) pro Jahr verfünffacht. Laut der Ausgabe „Initiative Arznei&Vernunft“ aus dem Jahr 2003 haben die Kosten für die Sozialversicherungsträger, im Vergleich von 72 Millionen Euro im Jahr 1998, mehr als 124 Millionen Euro pro Jahr betragen. [89,90] 5.1.1 Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori Eradikation (1997/1998) Die Eradikationsschemata aus den Jahren 1997/1998 waren in Österreich auf drei Regime (Regime 1, Regime 2, Regime 3) ausgelegt, die in Tabelle 9 zu sehen sind. [90] Medikament Dosierung Regime 1 PPI Standarddosierung, 1x tgl. (7d) „Italian-Triple“ Clarithromycin 250mg, 2 x tgl. (7d) Metronidazol 500mg, 2 x tgl. (7d) Regime 2 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) „French-Triple“ Clarithromycin 500mg, 2 x tgl. (7d) Amoxicillin 1000mg, 2 x tgl. (7d) Ranitidin Wismutcitrat 400mg, 2x tgl. (7d) Clarithromycin 250mg, 2 x tgl. (7d) Metronidazol 500mg, 2 x tgl. (7d) Regime 3 Tabelle 9: Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 1998 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Ferenci P, Hentschel E, Krejs GJ, Pesendorfer FX, Renner F. [90] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84] 80 5.1.2 Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori Eradikation (2003) Die Eradikationsschemata aus dem Jahr 2003 waren in Österreich, ebenso wie aus den Jahren 1998/1999 auf drei Regime (Regime 1, Regime 2, Regime 3) ausgelegt, die in Tabelle 10 zu sehen sind. Der Unterschied bestand nur aus minimalen Veränderungen. Beim 1. Regime wurde die PPI-Dosis von 1 x tgl. auf 2 x tgl. gesteigert. Beim 3. Therapieregime wurde als Alternative zu „Ranitidin Wismutcitrat“ (400mg, 2 x tgl. 7d) der H2RA „Famotidin“ (80mg, 2 x tgl. 7d) empfohlen. Außerdem wurde anstatt „Clarithromycin“ und „Metronidazol“, „Clarithromycin“ und „Metronidazol“ oder „Amoxicillin“ empfohlen. Die Dosis von „Clarithromycin“ wurde von 250mg, 2 x tgl. (7d) auf 500mg, 2 x tgl. (7d) verdoppelt. [89, 90] Medikament Dosierung Regime 1 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) „Italian-Triple“ Clarithromycin 250mg, 2 x tgl. (7d) Metronidazol 500mg, 2 x tgl. (7d) Regime 2 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) „French-Triple“ Clarithromycin 500mg, 2 x tgl. (7d) Amoxicillin 1000mg, 2 x tgl. (7d) Ranitidin Wismutcitrat 400mg, 2x tgl. (7d) Regime 3 oder Famotidin 80mg, 2 x tgl. (7d) Clarithromycin 500mg, 2 x tgl. (7d) und Metronidazol 500mg, 2 x tgl. (7d) oder Amoxicillin 1000mg, 2 x tgl. (7d) Tabelle 10: Therapiealgorithmus zur Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 2003 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Dragosics B. Ferenci P, Hentschel E, Krejs GJ, Pesendorfer FX, Renner F et al. [89] Mit Ergänzungen nach Högenauer C. [84] 81 5.1.3 Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori Eradikation (2009) 2009 wurden in Österreich zur Erstlinientherapie vier Eradikationsschemata empfohlen. Die Tripeltherapien waren weiterhin Teil der Erstlinientherapie. Alternativen stellten die sequenzielle Therapie und die Wismut-freie Quadrupeltherapie dar. Die Zweitlinientherapie, mit einer 10- bis 14-tägigen Therapiedauer, wurde zusätzlich durch Levofloxacin, Moxifloxacin und Rifabutin ergänzt. [40] Medikament Dosierung Schema 1 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) „Italian-Triple“ Clarithromycin 250 - 500mg, 2 x tgl. (7d) Metronidazol 400 - 500mg, 2 x tgl. (7d) Schema 2 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) „French-Triple“ Clarithromycin 500mg, 2 x tgl. (7d) Amoxicillin 1000mg, 2 x tgl. (7d) Schema 3 Ersten 5d: PPI Standarddosis, 2x tgl.(5d) sequenzielle Therapie Amoxicillin 1g, 2x tgl. Weitere 5d: PPI Standarddosis, 2x tgl. Clarithromycin 500mg, 2x tgl. Metronidazol 500mg, 2x tgl. Schema 4 PPI Standarddosierung, 2x tgl. (7d) Wismut-freie Clarithromycin 250 - 500mg, 2 x tgl. (7d) Quadrupeltherapie Metronidazol 400 - 500mg, 2 x tgl. (7d) Amoxicillin 1000mg, 2 x tgl. (7d) Tabelle 11: Therapiealgorithmus zur Erstlinientherapie der Eradikation von Helicobacter pylori in Österreich aus dem Jahr 2009 (PPI: Protonenpumpeninhibitoren; mg: Milligramm; tgl.: täglich; d: Tage) Modifiziert und adaptiert nach Tribl B. [40] 82 5.1.4 Aktuelle Therapiestrategien zur Helicobacter-pylori Eradikation (2013) Die aktuellste und vierte Auflage des Maastricht-IV-Konsensus stellt für Österreich einige Probleme dar. Die darin enthaltenen Empfehlungen zur Erstlinientherapie haben sich grundlegend geändert (siehe 4.8.2. Richtlinien der Eradikationstherapie nach europäischer Konsensuskonferenz). Ein Problem ist die Abhängigkeit bezüglich der regionalen Resistenzraten von Clarithromycin bei der Wahl zur Erst- und Zweitlinientherapie. Es sind außerdem nur sehr limitierte Informationen zu den aktuellen Clarithromycin-Resistenzraten von zuvor unbehandelten Patienten (Primärresistenzen) in Österreich vorhanden. Die vorhandenen Daten stammen aus einer europäischen Resistenzstudie mit nur wenig inkludierten österreichischen Patienten und aus Wiener und Grazer Studien, die bei Kindern durchgeführt wurden. Diese weisen vermutlich hohe Raten an Resistenzen von Clarithromycin, Metronidazol und Levofloxacin auf. Außerdem wird ausgehend vom Maastricht-IV-Konsensus für einige Fälle eine Quadrupeltherapie mit Wismut empfohlen. [84] Aktuell spielen Wismut-enthaltende Quadrupel-Eradikationstherapien für die Erstlinien-, Zweitlinien- oder Reservetherapie in Österreich (und auch in Deutschland und der Schweiz) keine Rolle, da die Rate an Nebenwirkungen relativ hoch ist und diese somit nicht am Markt erhältlich sind. [86] Ebenfalls sind in Österreich Tetrazykline nicht zugelassen. Diese können nur über die internationale Apotheke angefordert werden. [73,84] 5.1.4.1 Resistenzentwicklungen in Österreich und Europa In den letzten Jahren konnten weltweit zunehmende Resistenzbildungen der angewandten Antibiotika beobachtet werden. [15,85] Vor allem die Resistenzbildung gegen Clarithromycin führt zu niedrigeren Erfolgsraten mit teilweise sehr hohen Wirkverlusten der italienischen und französischen Tripeltherapien. [73,80] Die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei Versagen eines makrolidhaltigen Therapieschemas gegen Clarithromycin Resistenzen ausbilden, liegt bei >50%. Daher muss vor dem erneuten Einsatz von Clarithromycin unbedingt eine Resistenzbestimmung erfolgen. [73] 1998 hat die Clarithromycin-Resistenzrate in Europa noch 9% betragen, im Jahr 2008/2009 betrug sie zuletzt durchschnittlich 17,6%. [85] Die Prävalenzraten in Zentral-, West- und Südeuropa übersteigen mittlerweile die 20%, was für diese Länder eine hohe Resistenzrate bedeutet. [85] So zeigt 83 z.B. Griechenland eine Resistenzrate von 40%, Spanien von 15-20% und Portugal 34,7%. Italien hatte im Jahr 2000 noch eine Clarithromycin-Resistenzrate von 1,814%, ein paar Jahre später betrug die Rate 24,1%. [81] Die Resistenzrate für Clarithromycin in Budapest beträgt aktuell 17-33%, in Polen 22%, in Bulgarien 18,4-23,4% und in Litauen 24,7%. [91] Nordeuropäische Länder zeigen eine Prävalenz von <10%. [85] So zeigt Finnland eine Resistenzrate von 2%, und Schweden von 1,5%. Norwegen hingegen weist eine Resistenzrate von 5,9% auf. Frankreich hat eine Clarithromycin-Resistenzrate von 17,5%. [81] Nach einem Therapieversagen entstehen zusätzlich Sekundärresistenzen, teilweise auch Doppelresistenzen gegen die häufig eingesetzten Antibiotika Clarithromycin und Amoxicillin oder Metronidazol. [80,86] Selgrad et al. berichteten im November 2013 von den aktuellen Resistenzraten in Zentral-Deutschland. Die Primär-, Sekundär-, und Tertiärresistenzraten gegen Clarithromycin betrugen 7,5%, 63,2% bzw. 75,4%. Gegen Levofloxacin betrugen die Resistenzraten 11,7%, 17,6% bzw. 36,4% und gegen Metronidazol 32,7%, 63,2% bzw. 80,1%. Die Resistenzraten gegen Amoxicillin und Rifabutin waren im Vergleich dazu sehr niedrig (<5%). [92] Besonders von Resistenzbildungen betroffen ist Metronidazol, wobei die Resistenzraten weltweit sehr große Unterschiede aufweisen. [15] Diese Resistenz führte zu einem signifikanten Abfall der Erfolgsaussichten einer Metronidazolhaltigen Tripeltherapie („Italian-Triple“). [73] Um die Jahrtausendwende fanden sich gegen Fluorchinolone in Europa Resistenzen von ca. 5%. In Bulgarien fanden sich kürzlich Resistenzraten von 18,2%. [86] In Budapest/Ungarn werden Levofloxacin-Resistenzraten von 27% angegeben. [91] Eine multizentrische europäische Studie aus Schwerpunktkrankenhäusern im Raum Wien zeigte, dass bei untersuchten Patienten relativ hohe primäre Resistenzraten vorliegen. Für Clarithromycin betrug die Rate um die 36% (Österreich: Spitzenreiter in Europa), und für Levofloxacin ca. 23%. [79,93] Im Jahr 2011 wurde an der Medizinischen Universität Graz eine retrospektive Studie (2004-2008) zu Trends in der Antibiotikaempfindlichkeit von H.pylori am Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin durchgeführt. Dabei wurde bei 546 H.pylori-Isolaten eine Resistenztestung vorgenommen. 99,8% der Isolate waren auf Amoxicillin und Tetrazyklin sensibel. Für Clarithromycin wurden Resistenzraten zwischen 65,4% und 68,8% gefunden. Metronidazol wies Resistenzraten von 35,5% bis 53,9% auf. Ciprofloxacin wies 2004 noch eine Resistenzrate von 84 5,4% auf, die 2008 allerdings auf 13,3% anstieg. [82] Von Bedeutung ist demnach weiterhin, dass regionale Überwachungsprogramme der H.pylori-Resistenzentwicklung eingesetzt werden, da es für die Auswahl erfolgreicher Behandlungsstrategien zur H.pylori-Eradikation von wichtigster Bedeutung ist. [80,92] 5.1.4.2 Erstlinientherapie In Österreich wurden seit einigen Jahren als Erstlinientherapie zur Eradikation von H.pylori fast ausschließlich einwöchige Tripeltherapien eingesetzt. Zunächst konnte auch hierzulande Eradikationsraten von >90% erzielt werden. Diese sank aber zuletzt in vielen Ländern. So auch in Österreich. [93] Auch wenn es für Österreich derzeit nur limitierte Daten zur aktuellen Primärresistenzlage für Clarithromycin und Levofloxacin bezüglich H.pylori gibt, muss im Großraum Österreich mit einer hohen Resistenzrate für diese Pharmaka gerechnet werden. Somit wird nach den Empfehlungen der europäischen Konsensuskonferenz bei hohen Resistenzraten > 20% als Erstlinientherapie keine klassische Tripeltherapie (mit Clarithromycin) mehr empfohlen. [80,84] Eine primäre H.pylori-Resistenztestung könnte eine Alternative darstellen. Sequenzielle Therapie Die beste Möglichkeit für die Erstlinientherapie ist, ohne zuvor durchgeführte Resistenztestung, ein sequenzielles Schema oder eine Quadrupeltherapie ohne Wismut. [84] Die Dauer der sequenziellen Therapie beträgt insgesamt 10 Tage. Die ersten 5 Therapietage bestehen aus der gleichzeitigen Einnahme von PPI mit Amoxicillin, die restlichen 5 Tage werden die PPI gemeinsam mit Clarithromycin und Metronidazol eingenommen (siehe Tabelle 7). [80,84] Dieses Eradikationsschema zeigt Erfolgsraten von >80%, auch in Ländern mit hohen ClarithromycinResistenzraten. Levofloxacin kann bei der sequenziellen Therapie alternativ Clarithromycin ersetzen. Eine Studie aus Italien aus dem Jahr 2012 zeigt bezüglich dieser Alternative Eradikationserfolge von >90%, ebenso auch in Regionen mit hohen Clarithromycin-Resistenzraten. In dieser besagten Studie wurden 180 Patienten mit einer H.pylori-Infektion in zwei Studiengruppen randomisiert. Die Gruppe A wurde mit einer 5-tägigen Quadrupeltherapie therapiert, während die Gruppe B eine 10-tägige Levofloxacin-basierte sequenzielle Therapie erhielt. Die Intention-to-treat-Analyse zeigte für die Quadrupeltherapie (5 Tage) eine Eradikationsrate von 92,2% und für die sequenzielle Therapie 93,3%. Die 85 sequenzielle Therapie ist eine sichere und kosteneffektive Alternative. Allerdings kostet sie durchschnittlich 9 US-Dollar mehr als die „konkomitierende“ Vierfachtherapie (Quadrupeltherapie). [84,93,94] Das einzige Problem der sequenziellen Therapie ist das komplikationsreiche Einnahmeschema und erfordert somit eine gute Compliance des Patienten. [84] Quadrupeltherapie ohne Wismut („konkomitierende“ Vierfachtherapie) Diese therapeutische Variante der H.pylori-Eradikation ist eine Alternative zur sequenziellen Therapie. Gemeinsam mit PPI werden 3 Antibiotika (Metronidazol, Amoxicillin, Clarithromycin oder Levofloxacin) für 5 bzw. 7 Tage eingenommen (siehe Tabelle 7). [80,84] Die Eradikations-Erfolgsraten sind mit denen der sequenziellen Therapie vergleichbar, ebenfalls für Länder mit hohen Clarithromycin-Resistenzen. Dieses Eradikationsschema lässt sich einfacher anwenden als das komplexe sequenzielle Therapieschema. Allerdings können bei der Quadrupeltherapie ohne Wismut mehr Nebenwirkungen festgestellt werden, was nicht selten zu Therapieabbrüchen führen kann. [84] Tripeltherapie Die Tripeltherapien werden als Erstlinientherapie bei Clarithromycin-Resistenzraten <20% empfohlen. [80] Die Tripeltherapien zeigen bei hohen ClarithromycinResistenzraten Eradikationserfolge, die weniger als 70% betragen. Da, wie bereits beschrieben, für Österreich wenige Daten zur Resistenzentwicklung und Resistenzlage vorhanden sind, kann die Tripeltherapie grundsätzlich gesehen als Alternative zur Erstlinientherapie eingesetzt werden. Allerdings muss dann mit einem geringeren Erfolg der Therapie gerechnet werden. [84] Therapie bei Penicillin-Allergie Bei Patienten mit einer Penicillin-Allergie muss das Eradikationsschema angepasst werden. Die sequenzielle- und die Quadrupeltherapie ohne Wismut enthalten Amoxicillin. So wird in Regionen mit niedrigen ClarithromycinResistenzraten die Tripeltherapie (Kombination von Clarithromycin + Metronidazol oder Levofloxacin) empfohlen. In Regionen mit hohen Clarithromycin- Resistenzraten (vermutlich auch Österreich) wird eine Resistenztestung vor Einleitung der Therapie empfohlen, da die Quadrupeltherapie mit Wismut in Österreich nicht erhältlich ist. [84] 86 5.1.4.3 Zweitlinientherapie Zur Zweitlinientherapie wird laut dem Maastricht-IV-Konsensus alternativ vor allem Levofloxacin empfohlen. Die S3-Leitlinie der DGVS empfiehlt Moxifloxacin als eine mögliche Alternative. Da auch für Levofloxacin in Österreich teilweise hohe Resistenzraten nachgewiesen wurden, sollte vor Einleitung der Zweitlinientherapie eine Resistenztestung nach erfolgloser Erstlinientherapie durchgeführt werden. [79,84,86] 5.1.4.4 Eine mögliche neue Strategie zur Eradikation In der „Wiener Klinischen Wochenschrift“ wurde im Januar 2012 von Zazgornik J. und Mittermayer H. aus Linz eine mögliche neue Strategie zur Eradikation von H.pylori veröffentlicht. In dieser Studie wurden an neun H.pylori-Stämmen die wachstumshemmenden Wirkungen von 3%igem Wasserstoff-peroxid, 8,4%igem Natriumbikarbonat, 2%iger Ascorbinsäure, Zitronensäure mit Natriumzitrat und außerdem von 7- und 14%igen Zitronensäure-Lösungen in vitro getestet. Nach ihren Beobachtungen hemmt von all den genannten Substanzen Zitronensäure (nicht nur die Zitronensäure-Lösungen sondern auch Zitronensäure mit Natriumzitrat) das Wachstum von H.pylori-Stämmen in vitro. Zitronensäure ist eine günstige Substanz und wird von der Nahrungsmittelindustrie künstlich hergestellt und ist ebenso in vielen Früchten enthalten. Sollten große Mengen Zitronensäure eingenommen werde, kann dies zu Irritationen der Augen, der Haut und des GITrakts führen. Mögliche Nebenwirkungen, die aber selten vorkommen, sind „Brennen“ im Hals und Mund, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Oberbauchschmerzen und die metabolische Azidose. Ein Glas Milch kann die Nebenwirkungen der Zitronensäure verhindern. Ob sich diese neuen Beobachtungen klinisch verwirklichen, muss noch weiter beobachtet und bewertet werden. [95] 87 5.2 Therapiestrategie USA 5.2.1 Einleitung Die aktuellste Fassung der Richtlinien zur Diagnose und Therapie von H.pylori in den USA stammt aus dem „American Journal of Gastroenterology“ aus dem Jahr 2007. Diese ist die überarbeitete Ausgabe der zuvor 1998 erschienenen „Guidlines“. Da die Informationen aus dieser „Guidline“ nun schon einige Jahre zurückliegen, entsprechen diese wohl nicht mehr vollständig dem Wissensstand von 2014. In der aktuellsten Auflage wurde angenommen, dass etwa 30-40% der US-amerikanischen Bevölkerung mit H.pylori infiziert sind. Ebenso wie in den meisten entwickelten Ländern, ist auch in den USA weiterhin ein Rückgang der Prävalenz zu erwarten. [96] 5.2.2 Therapiestrategie Die empfohlenen Erstlinientherapien in den USA beinhalteten im Jahr 2007 die 14tägigen Clarithromycin-enthaltenden Tripeltherapien oder die WQT für 10-14 Tage. Die sequenzielle Therapie wurde 2007 als eine gute Alternative für die Clarithromycin-basierten Tripeltherapien und die WQT angesehen (Schema: siehe Tabelle 7). Die Standardtripeltherapie, die nach internationalen Leitlinien 7 Tage eingesetzt wird, wird in den USA für 14 Tage verschrieben. Eine große amerikanische Studie berichtete darüber, dass die 7- und 10-tägige Einnahme der Tripeltherapie gleichwertige Erfolge aufweisen (77% versus 78%). Eine Metaanalyse aus 7 Studien mit insgesamt 900 Patienten zeigt, dass die 14-tägige Einnahme der Standardtripeltherapie bessere Eradikationsraten aufzuweisen hat, als das 7-tägige Einnahmeschema. [96] Diese Therapieoption hatte 2007 Eradikationsraten zwischen 70% und 85%. Die WQT hat laut den „US-Guidlines“ von 2007 eine Eradikationsrate zwischen 75% und 90% aufgewiesen. Eingesetzt wird die WQT derzeit bei Patienten mit einer Penicillinallergie oder bei Patienten, die in der Anamnese eine Therapie mit Makroliden aufweisen. Kritikpunkte zur WQT sind die Komplexität der Einnahme und die möglichen schweren Nebenwirkungen. Eine Eradikationsrate von >90% konnte laut randomisierter klinischer Studien aus Italien nur die sequenzielle Therapie aufweisen. Diese wird bei Kindern, Erwachsenen und älteren Patienten gut vertragen und zeigt nicht mehr Nebenwirkungen als die Standardtripeltherapie. Eine große Multicenter-Studie konnte 88 eine Effektivität von 82% (sequenzielle Therapie) zu 44% (Clarithromycinenthaltende Tripeltherapie) bei Patienten mit Clarithromycin-resistenten H.pylori feststellen. [96] Eine Multicenter-Studie aus den USA hat die Daten der Resistenzraten von 19931999 veröffentlicht. Diese haben in den USA zu diesem Zeitraum für Metronidazol 37%, für Clarithromycin 10% und für beide Antibiotika in Kombination 3,9% betragen. Die Resistenzrate für Amoxicillin betrug 1,5%. Zwischen 1998 und 2002 wurden in den USA Resistenzraten für Metronidazol von 25% (-12%), für Clarithromycin 13% (+3%) und für beide Antibiotika in Kombination 5% (+1,1%) angegeben. Die Resistenzrate für Amoxicillin betrug 0,9% (-0,6%). Diese Resistenzraten direkt miteinander zu vergleichen ist schwierig. Die Metronidazolund Amoxicillin-Resistenzraten blieben relativ stabil oder haben abgenommen, während die Resistenzrate von Clarithromycin zugenommen hat. [96] Die steigenden Resistenzraten von Clarithromycin haben aktuell auch in den USA zu einem inakzeptablen Rückgang der Behandlungserfolge der Clarithromycinenthaltenden Therapieschemata geführt. [97,98,99] Sie verliert laut Graham und Shiotani bereits an Effektivität, wenn die regionale Clarithromycin-Resistenzrate zwischen 7% und 10% liegt. [99] Eine begründete Anwendung liegt in den USA derzeit noch dann vor, wenn der Patient nicht gegen Penicillin allergisch ist und wenn in der Anamnese zuvor noch kein Clarithromycin eingenommen wurde. Für Patienten mit einer Penicillinallergie kann Amoxicillin wahlweise durch Metronidazol ersetzt werden. [96] Sollte ein hocheffektives Therapieschema regional nicht einsetzbar sein, empfehlen Graham und Fischbach eine 14-tägige konkomitierende Quadrupeltherapie, eine 10-tägige Sequenzialtherapie oder eine 14tägige WQT (siehe Tabelle 7). [98] Auch in den USA kommt es zu einer immer mehr ansteigenden Resistenzrate von Fluorchinolonen. [99] Levofloxacin wird in Form von einer Tripeltherapie (PPI + Levofloxacin + Amoxicillin) zur Zweitlinienund Drittlinientherapie in den USA eingesetzt und zeigen dort Eradikationserfolge zwischen von 63 - 94%. [96] Bevorzugt wird in den USA aktuell die konkomitierende Quadrupeltherapie und die Sequenzialtherapie (siehe Tabelle 7). Die heutige Alternative dazu stellt die WQT dar, die auf bis zu 14 Tage verlängert wird, sollte eine Metronidazol-Resistenz befürchtet werden (siehe Tabelle 7). [99] Diese Kombination hat bei 10-tägiger Einnahme eine allgemeine Effektivität von 92 - 93% und bei Metronidazol89 resistenten H.pylori auch noch beachtliche 86-91%. [100] Wird die Einnahmedauer von 10 auf 14 Tage erhöht, so können höhere Erfolgsraten beobachtet werden (92%). [96,100] Laut einer Studie der „University of Texas-Houston School of Public Health” wird eine allgemeine Effektivität von 97,1% angegeben. Außerdem konnten 100% der Metronidazol-resistenten H.pylori-Stämme mit der Eradikation (14 Tage WQT) erfolgreich behandelt werden. [100] 90 6 MATERIAL UND METHODEN Nach Fertigstellung des Konzeptformulars und der voraussichtlichen Gliederung der Diplomarbeit wurde das eingereichte Thema sowohl von der Abteilung Prüfung als auch seitens des Studienrektors freigegeben. Im Anschluss daran wurde mit einer systematischen, themenrelevanten Literaturrecherche begonnen. Die Literaturbeschaffung von Fachlexika, sowohl aus dem deutschsprachigen als auch englischsprachigen Raum, erfolgte durch Kauf und freundliche Entlehnung der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz und der Grazer Karl-FranzensUniversität. Ebenso Ziel der Literatursuche waren verschiedene Literaturdatenbanken im Internet, unter anderem Literatur aus der medizinischen Meta-Datenbank „Pubmed“ und „Europe Pubmed Central“. Es wurden aber auch Fachzeitschriften, frühere und aktuelle Publikationen und Papers nach themenrelevanten Inhalten durchsucht. Nach Beendigung der Literatursammlung und dem Einlesen in das Fachgebiet wurde die Literaturarbeit verfasst. 91 7 LITERATURVERZEICHNIS 1 Wallace JL, Sharkey KA. Pharmacotherapy of Gastric Acidity, Peptic Ulcers, and Gastroesophageal Reflux Disease. Brunton L L, Chabner B A, Knollmann B C. 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