7. Zusammenfassung Das Dogma, im Gehirn würden keine neue Neurone generiert werden, gehört der Vergangenheit an. Heute wird es als Tatsache angesehen, dass während der gesamten Lebensspanne von Vögeln, Nagetieren, Primaten und sogar Menschen kontinuierlich neue Neurone geboren werden. Es existieren zwei Bereiche im erwachsenen Gehirn, in denen die Neurogenese stattfindet. Zum einen entstehen neugeborene Zellen in der subventrikuären Zone (SVZ) der Seitenventrikeln, die durch die sog. „rostral migratory stream“ (RMS) wandern und sich zu reifen Neuronen des Bulbus olfactorius (BO). Zum anderen teilen sich Vorläuferzellen in der sog. „subgranular zone“, die die Zwischenschicht zwischen dem Stratum polymorphe und dem Stratum granulosum im Gyrus dentatus des Hippokampus darstellt. Diese neu entstandenen Zellen senden apikale Dendriten zum Stratum molekulare und wandeln sich zu Körnerzellen, die ins Stratum granulosum aufgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt, so nimmt man an, schicken diese o.g. Zellen ihre Axone zur CA3 Region. Schließlich werden sie völlig in den Regelkreis integriert, erhalten synaptische Impulse und haben ähnliche elektrophysiologische Eigenschaften wie ontogenetisch ältere Körnerzellen. Jedoch überleben die meisten dieser Zellen lediglich zwei oder drei Wochen und erreichen nicht das differenzierte Stadium älterer Zellen. Bislang wurden viele Faktoren gefunden, die die Proliferation der Vorläuferzellen und das Überleben der neu generierten Neurone regulieren. Dennoch ist sehr wenig über die Mechanismen, die diesen Regulationen zugrunde liegen bekannt. In meiner Dissertation lege ich den Schwerpunkt auf die Tatsache, dass diese Regulationen arts-, alters- und kontext-abhängig sind. Die funktionelle Relevanz dieser neu generierten Neurone ist noch unklar. Jedoch wurden inzwischen Beweise erbracht, die auf die Wichtigkeit dieser Neurone zum Lernen und zur Gedächtnisbildung hindeuten, und dass die reduzierte Proliferation für das Entstehen von Depressionen verantwortlich sein könnte. SynRas Mäuse tragen ein Konstrukt mit konstitutiv aktiviertem Ras, das von einem Synapsin I Promotor reguliert wird, und sie wurden als Tiermodel zur Erforschung der Einflüsse konstitutiv aktivierten Ras in differenzierten Neuronen etabliert. Ich habe diese Arbeit auf der Grundlage einer vorherigen Arbeit begonnen, die demonstriert hat, dass während das SVZ-RMS-BO System nicht beeinflusst zu sein scheint, die hippokamaplale Neurogenese, vor allem was die Proliferation anbelangt, in den synRas Mäusen stark reduziert ist. Im ersten Teil meiner Arbeit, fokkussiere ich auf die Regulation der Proliferation in den synRas Mäuse. Mit dem Alter sinkt die Zellproliferation im adulten Gehirn, was 144 allgemein bekannt ist. Ich zeige in meiner Arbeit, dass diese Zellproliferation in den synRas Mäusen stärker reduziert ist, als dies in den Wildtyp Mäusen der Fall ist. Jedoch geht aus meiner Arbeit ebenfalls hervor, dass die reduzierte hippokampale Zellproliferation in den adulten synRas Mäusen bei freiwilliger physischer Aktivität reversibel ist, wobei trotzdem ein signifikanter Unterschied in der Proliferationsrate zwischen synRas- und Wildtyp-Läufer Mäusen bestehen bleibt. Daraus geht hervor, dass die Mechanismen, die während der basalen Neurogenese involviert sind, sich von den proliferations-fördernden Mechanismen während körperlicher Tätigkeit unterscheiden. Hier zeige ich auch, dass körperliche Aktivität die Verzweigung der Dendriten unreifer Neurone fördert. Dies ist besonders in den synRas Mäusen augenfällig, deren Doublecortin-positiver Zellen ärmlich ausgebildete dendritische Verzweigungen aufweisen. Bei den vielfältigen Einflüssen körperlicher Aktivität führt diese unter anderem auch zu Veränderungen der elektrischen Aktivität des Gehirns. Diese Veränderungen können den Ras-MEK-ERK Pfad aktivieren oder zu Verschiebungen der Expression neurotrophischer Faktoren und Wachstumsfaktoren führen. Auf diese Hypothese basierend, habe ich die Expression von brain-derived neurotrophic factor, vascular endothelial growth factor, insulin-like growth factor I and erythropoietin nach körperlicher Aktivität untersucht. Dabei musste ich zuerst überprüfen, ob die Expression einer dieser Faktoren auf körperliche Aktivität ansprach, und zweitens, ob eine mögliche Up- oder DownRegulation mit der durch den Laufrad induzierten Zellproliferation korrelierte. In der Tat führt körperliche Aktivität zu einem Anstieg des BDNF Spiegels, und ich konnte die Expression des TrkB Rezeptors in den proliferierenden Zellen im Gyrus dentatus und damit deren Ansprechen auf den BDNF Anstieg zeigen. Im zweiten Teil meiner Dissertation, zeige ich, dass obwohl die motorischen Fähigkeiten der synRas Mäuse während der Entwicklungsphase verzögert ablaufen, keine Behinderung der motorischen Lernfähigkeit im adulten Stadium zu beobachten sind. Trotzdem haben synRas Mäuse große Schwierigkeiten im Objekt-Erkennungs Gedächtnistest. In diesem Test, scheinen weibliche synRas Mäuse im Angesicht unbekannter Umwelt und unbekannter Objekte mit Angst zu reagieren. Ausgehend von diesen Ergebnissen, bei denen die synRas Mäuse Züge einer erhöhten Angstbereitschaft zeigen, könnten diese Tiere als ein Borderline Tiermodel für Angst und Depression betrachtet werden. 145