Forschungsschwerpunkte Prof. Dr. Klaus Pfeffer _____________________________________________________________________________________________________ Erkrankungen durch Infektionserreger zählen weiterhin zu den bedeutenden Problemen der modernen Medizin. Die Entwicklung von effektiven Impfstoffen, die Einführung von neuen Antibiotika und die Verbesserung der hygienischen Standards haben zwar bereits zu einer Steigerung der Überlebenschancen bei Infektionserkrankungen geführt, trotzdem haben Infektionen in den letzten Jahrzehnten nichts an ihrer Bedeutung verloren. Insbesondere die zunehmende Entwicklung der (Multi-) Resistenzen von Erregern gegen etablierte antibiotische Substanzen, der zunehmende Ferntourismus verbunden mit der Exposition von exotischen Erregern und das Auftreten von neuen Infektionskrankheiten (Tuberkulose, Legionärskrankheit, erworbenes Immundefizienz-Syndrom [AIDS], variante Creutzfeld Jakob Erkrankung [vCJD], severe acute respiratory syndrome [SARS] u.a.) stellen auch in Industrieländern gegenwärtig und zukünftig große Herausforderungen an die mikrobiologisch-immunologisch ausgerichtete Grundlagenforschung. Die Abwehr eines eingedrungenen Infektionserregers erfolgt durch das Immunsystem des Menschen. Wesentlich für das Überleben einer Infektion sind die Erkennung und die unverzügliche Verhinderung einer ungebremsten Vermehrung des Erregers im Körper. Dies erfolgt durch Bestandteile des angeborenen Immunsystem. Ein kritischer Vorgang bei der unmittelbaren Abwehr des Erregers ist die Bildung von Botenstoffen (Zytokinen) durch infizierte Zellen, die benachbarte Zellen alarmieren und anti-mikrobielle Abwehrsysteme aktivieren. Während der Evolution haben sich hochspezialisierte molekulare Mechanismen entwickelt, um die eingedrungenen Erreger abzutöten. Allerdings wurden auch auf Erregerseite evolutionär Strategien, d.h. Virulenzfaktoren selektiert, welche die spezifischen Abwehrmechanismen des Körpers ausschalten oder umgehen können. Die Erforschung dieser, synoptisch als Wirt- Pathogen- Beziehung bezeichneten Vorgänge, auf molekularer Ebene erfolgt im Rahmen der modernen Infektionsimmunologie. Dabei zeigt sich, dass evolutionär zur Abwehr von Krankheitserregern entwickelte immunologische Erkennungsund Effektormechanismen des Wirtes auch zentral die Abstoßung von transplantierten Organen oder, bei Deregulation, das Auftreten von Autoimmunerkrankungen bzw. einer Sepsis bedingen können. Mit Bezug auf die vorgenannten Thematiken liegt einer der Schwerpunkte meiner Forschungsaktivitäten auf der Analyse der molekularen Funktionsweisen von Botenstoffen des angeborenen Immunsystems. Hierbei stehen die engeren Mitglieder der Tumor Nekrose Faktor Superfamilie (TNF, Lymphotoxin a, LTb, LIGHT) und Interferone im Zentrum des Interesses. Wir nehmen an, dass ungefähr 20 – 25% der ca. 40 000 Gene unseres Genoms für Moleküle kodieren, die für die Differenzierung und Aktivierung der Zellen des Immunsystems sowie für lösliche Faktoren benötigt werden, die die Voraussetzung zur Abwehr von Krankheitserregern sind. Während der Evolution wurden die weitgehende Mehrzahl der im Immunsystem aktiven Gene zwischen dem Mensch und der Maus fast identisch weitergegeben. Diese Annahme hat sich nach der kompletten Sequenzierung des Erbguts (DNA) des Menschen und der Maus eindrucksvoll bestätigt. Deshalb stellt die Maus ein exzellentes Modellsystem zur Aufklärung der biologischen Prinzipien eines hochentwickelten Immunsystems dar. Mittels der homologen Rekombination von molekularbiologisch hergestellten DNA – Konstrukten wurde es möglich, gezielt einzelne Gene im Erbgut einer Maus auszuschalten. Durch die Analyse der auftretenden funktionellen Ausfälle (Erkrankungen) ist es möglich, die natürlichen Funktionen des gezielt inaktivierten Genes zu definieren. Mittels Einsatz dieser Methodik konnte belegt werden, dass insbesondere zum Überleben von Infektionen mit intrazellulär wachsenden Bakterien der Tumor Nekrose Faktor Rezeptor p55 benötigt wird. Intrazellulär wachsende Bakterien sind z.B. Listeria monocytogenes, Erreger einer schweren Hirnhautentzündung und Mycobacterium tuberculosis sowie Mycobacterium bovis, Erregern der Tuberkulose. Neueste Untersuchungen zeigen eine ebenso wichtige Rolle des Lymphotoxin-b Rezeptors bei der Abwehr dieser Bakterienklasse. Bisher wurde angenommen, dass die Botenstoffe TNF und Lymphotoxin a, die an den TNFRp55 binden, bzw. Lymphotoxin ab, das an den Lymphotoxinb Rezeptor bindet, in Makrophagen zur Bildung von Sauerstoff- und Stickstoffmonoxid- Radikalen führt, welche die Abtötung der eingedrungenen Infektionserreger bewirken. Detaillierte Analysen nach Listerieninfektion ergaben aber, dass in Tieren mit inaktivierten Genen für den TNFRp55 und den Lymphotoxin b Rezeptor diese Forschungsschwerpunkte Prof. Dr. Klaus Pfeffer _____________________________________________________________________________________________________ klassischen anti-bakteriellen Effektormechanismen intakt sind, diese aber trotzdem nicht überleben. Weitergehende Arbeiten meiner Forschungsgruppe mittels sog. "functional genomics Methoden“ zielen nun darauf ab, systematisch Gentranskriptionsprogramme, die durch den TNFRp55, den Lymphotoxin b Rezeptor oder den Interferon g Rezeptor reguliert werden, zu identifizieren. Die durch diese Botenstoffe regulierten Gene sollen auf ihre Eigenschaften bei der Abtötung von intrazellulär replizierenden Bakterien überprüft werden. Im Vordergrund steht dabei im Moment die Entschlüsselung der Wirkungen des PUMA-G Gens im angeborenen Immunsystem. PUMA-G und weitere bereits identifizierte Gene werden ebenfalls auf die Eignung zum therapeutischen Einsatz getestet werden. Unter anderem handelt es sich hierbei um zwei neue regulierte Klassen von GTP-bindenden Proteinen und ca. 50 weiteren TNF und / oder Interferon g regulierten Genen. Funktionell sollen auch Abwehrleistung dieser Gene, in von unserer Arbeitsgruppe entwickelten, neuartigen Modellen einer systemischen Infektion / Sepsis charakterisiert werden. Mit Sicherheit ermöglicht die Zuerkennung des Förderpreises im Gottfried Wilhelm LeibnizProgramm eine wesentliche Beschleunigung und Vertiefung der Forschungsarbeiten. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeiten liegt auf dem Gebiet der Entstehung (Ontogenese) der Organe des Immunsystems im Körper. Die Zellen des Immunsystems patroullieren sämtliche Körpergewebe und sind diskret verteilt. Die Differenzierung der Zellen erfolgt in den primären lymphatischen Organen, dem Knochenmark (Granulozyten, Makrophagen, dendritische Zellen, natürliche Killerzellen, B-Zellen) und dem Thymus (TZellen, natürliche Killerzellen). Auf dem Patroullienweg sammeln sich die unterschiedlichen Zellen in den sog. sekundären lymphatischen Organen (Lymphknoten, Peyer´sche Plaques, weiße Pulpa der Milz) in denen die adaptive Immunabwehrleistung generiert wird. Nach Inaktivierung der Gene für Lymphotoxin b oder des Lymphotoxin b Rezeptors in der Maus fanden wir neben anderen Defekten, dass die Lymphknoten und die Peyer´schen Plaques nicht mehr ausgebildet werden konnten. Diese Defekte werden begleitet durch eine Auflösung der Milzstruktur und dem Verschwinden normalerweise dort vorhandener spezialisierter Zellen des Immunsystems. Eingehende Analysen zeigten interessanterweise, dass das ontogenetische Entwicklungsprogramm des lymphatischen Gefäßsystems unabhängig von dem der sekundären lymphatischen Organe ist. Nach der Erkennung und Phagozytose eines Erregers differenzieren Monozyten zu Makrophagen, sezernieren aktivierende Botenstoffe (s.o.) und bilden sog. kostimulatorische Moleküle an der Zelloberfläche aus. Diese kostimulatorischen Moleküle, als CD80 und CD86 bekannt, interagieren mit dem CD28 Rezeptor der T Zellen und stehen somit am „Interface“ des angeborenen und des adaptiven Immunsystems. Bisher nahm man an, dass die Expression dieser Moleküle eine Voraussetzung für die Aktivierung des adaptiven Immunsystems darstellt. Während der Untersuchung der immunologischen Abstoßungsmechanismen von transplantierten Organen stellten wir jedoch fest, dass auch in der Abwesenheit von CD28 Herztransplantate abgestoßen wurden. Eine Klärung dieser Beobachtung ergab eine bisher unbekannte Rolle der natürlichen Killerzellen bei der Abstoßung von soliden Organen, die den Ausfall des CD28 Moleküls kompensieren konnte. Um die Lebensdauer von transplantierten Organen weiter zu verlängern, sollten daher zukünftig spezifisch Medikamente entwickelt werden, die eine Aktivierung der natürlichen Killerzellen verhindern können. In parallelen Arbeiten konnten wir in den letzten Jahren eine Anzahl an Mauslinien mit spezifischer Cre- Rekombinaseaktivität etablieren, die für die konditionale Geninaktivierung in definierten Geweben oder Zelltypen genutzt werden können. Diese, sowie die oben beschriebenen Linien, werden in einer Vielzahl von nationalen und internationalen Kooperation analysiert. Methodische Weiterentwicklungen von konditionalen Inaktivierungsstrategien mit dem Ziel der genetischen Reaktivierung mittels „gefloxter“ IntronGene-Traps werden momentan vorangetrieben. Zusammenfassend haben diese Forschungsarbeiten die detaillierte funktionelle Charakterisierung von neu entdeckten Genen bei der Abwehr von intrazellulären Krankheitserregern, bei der Organentwicklung des Immunsystems und bei der Abstoßung von transplantierten Geweben zum Ziel.