Interferon-gamma Ein Zytokin mit Januskopf 02. Mai 2012, 15:00 Uhr Dr. med. Volker von Baehr Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin +49 3077001-220, [email protected] Wer produziert IFN-gamma? 1. CD4+ TH1-Lymphozyten 2. CD28+CD8+ zytotoxische T-Lymphozyten 3. Aktivierte Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) 4. Dendritische Zellen (nur im Gewebe, nicht im Blut !) Das bedeutet, dass erhöhte Werte im Blut spezifisch auf eine TH1- bzw. zytotoxische T-Zellaktivierung schließen lassen. IFN-γ ist das Zytokin der „Angriffsseite“ des spezifischen Immunsystems Lymphozyten B-Lymphozyten Plasmazellen T-Lymphozyten Antikörper CD4-Lymphozyten (Helferzellen) TH1-Helferzellen CD8-Lymphozyten CD8+CD28+ zytoxische T-Zellen (CTL) TH2-Helferzellen CD25+/CD127 Treg-Zellen CD8+CD28- suppressorische T-Zellen TH17-Helferzellen Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin +49 3077001-220, [email protected] CD4-Lymphozyten (Helferzellen) TH1-Helferzellen TH2-Helferzellen CD25+/CD127 Treg-Zellen TH17-Helferzellen „Angriffszellen“ sezernieren nach Aktivierung IFN-γ Aufgabe: Aktivierung zytotoxischer TZellen, Elimination von infizierten, veränderten und vermeintlich veränderten Körperzellen „Immunmodulierende Zellen“ sezernieren nach Aktivierung IL-4 und IL-5 Aufgabe: Stärkung der Antikörperproduktion, auch IgE, Trigger der Soforttypallergie „Toleranzinduzierende Zellen“ „Bremszellen“ sezernieren nach Aktivierung IL-10 Aufgabe: Verhinderung und Bremsung von Immunreaktionen, Toleranzerhaltung „Kontrollzellen“ sezernieren nach Aktivierung IL-17 Übernehmen bei Erregern die Aufgabe der dauerhaften Kontrolle wenn diese nicht aus dem Körper entfernt werden Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin +49 3077001-220, [email protected] Aktivierte CD4 (TH1)- und CD28+/CD8+ Lymphozyten sind die entscheidenden Produzenten des IFN-γ 44 463 22 1133 759 374 0,41 92 557 481 18 45 22 19 Bakterien LPS Makrophage Pilze TNF-α IL-1 Partikel (z.B. Titanoxid) IL-6 IL-8 u.a. Myelomonozytäre Entzündung Immunkomplexe Viren intrazellulär persistierende Bakterien Xenobiotika (z.B. Metalle, Acrylate, Biozide usw.) IFN-γ T-Lymphozyt IL-17 IL-4 IL-10 u.a. Lymphozytäre Entzündung (TH1-Immunaktivierung) Allergene (bei Sensibilisierung) Bakterien Pilze Xenobiotika (z.B. Flammschutzmittel, Biozide usw.) Mastzelle Histamin Leukotriene TGF-β Serotonin u.a. Entzündung durch Mastzellaktivierung (Typ I)-allergische Entzündung Was macht IFN-gamma? IFN-γ ist ein Glykoprotein aus 143 Aminosäuren Wirkt durch Bindung an IFN-γ-Rezeptoren auf: - T-Lymphozyten - Natürlichen Killerzellen - Granulozyten - Makrophagen - Lymphozyten - Endothelzellen - Nervenzellen IFN-γ gehört zu den Typ-II-Interferonen (Typ I-Interferone sind IFN-α und IFN-β) IFN-γ wirkt pleiotrop (d.h. auf verschiedene Zellen) über spezifische Rezeptoren TH1-Zelle IFN-γ Granulozyt T-Zelle TH1-Priming CD8+/ Zytolyse Makrophage NK-Zelle Endothelzelle AdhäsionsMoleküle „Homing“ Respiratory Burst Entzündung APC Entzündung Zytolyse Was macht IFN-gamma? IFN-γ wird immunzellaktivierend: - aktiviert Makrophagen u.a. zur Steigerung der MHC-II-Expression ⇒ Verbesserung der Antigenpräsentation - fördert die Produktion von bakteriziden Substanzen wie Stickstoffmonoxid und reaktiven Sauerstoffverbindungen ⇒ Verbesserung des Respiratory Burst der Monozyten, Makrophagen und Granulozyten ⇒ Essentiell für die Abtötung intrazellulärer Erreger in Makrophagen (v.a. Mykobakterien aber auch Borrelien, Chlamydien, Mykoplasmen etc.) ABER: auch Verstärkung des oxidativen Stress Eine verminderte TH1-Immunkompetenz hat nicht selten eine reduzierte Radikalbildung in Granulozyten zur Folge d.h. eine antioxidative Therapie kann immunsuppressiv sein ! Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt immunaktivierend: - steigert in Synergismus mit IL-2 und TNF-α die Zytotoxizität von CD28+/CD8+ zytotoxischen T-Zellen und NK-Zellen Eine intakte TH1-Hilfe ist Voraussetzung für eine gute NK-Zellfunktion Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt immunmodulierend: IFN-γ hemmt die TH2-Lymphozyten und bremst IL-4 ⇒ Verhinderung der TH2-Dominanz Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt immunmodulierend: IFN-γ fördert die Synthese der IgG1 und IgG3-Subklassen TH1-Milieu ⇒ IFN-γ ⇒ TH2-Milieu ⇒ IL-10 + IL-4 IgG1/IgG3 ⇒ IgG2/IgG4 TH1-Milieu ⇒ IFN-γ ⇒ TH2-Milieu ⇒ IL-10 + IL-4 ⇒ IgG1/IgG3 IgG2/IgG4 Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt immunstabilisierend: - fördert in B-Lymphozyten den Klassenwechsel der Antikörper von IgM zu IgG ⇒ Verbesserung der humoralen Immunität z.B. ist bei Patienten mit chronischer Borreliose bekannt, dass ein IFN-γ-Defizit in Folge einer TH2-Dominanz dazu führen kann, dass die protektiven OspC-IgG-Antikörper nicht gebildet werden. Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt selbst zytotoxisch: ⇒ antivirale und antitumorale Wirkung Masernvirus CD4 TH1 CD8 Masern spezifische T-Zelle Antigen-spezifische Erkennung Aktivierung Zellteilung Entzündung IFN-γ Typ-IV-Allergien und auch Autoimmunreaktionen „nutzen“ die selben Mechanismen ! IFN-γ Perforine Granzyme Nickelionen CD4 TH1 CD8 Nickelspezifische T-Zelle Aber: IFN-γ trägt auch zur chronischen Immunaktivierung bei Bakterien Makrophagen Pilze Partikel TNF-α IL-1 (z.B. Titanoxid) Y Immunkomplexe + Viren IFN-γ intrazellulär persistierende Bakterien Allergene T-Lymphozyten (bei Sensibilisierung) Xenobiotika (z.B. Flammschutzmittel, Biozide usw.) gestörte Regulationsfunktion u.a. von Immunzellen, v.a. Treg-Zellen chronische Immunaktivierungen/ systemische Entzündung gestörte Immuntoleranz Allergien, Autoimmunreaktionen, chronische (ungebremste) Infektionen und Entzündungen IFN-γ ist für zahlreiche systemische Entzündungseffekte verantwortlich IFN-γ fördert die chronische Entzündung im Rahmen der Multisystemerkrankung Stressoren wie z.B. bakterielle und virale Antigene, Pilze, Umweltallergene, Xenobiotika (Pestizide, Lösungsmittel), physische Traumata, schwerer psychologischer Stress Nitrosativer Stress Stickstoffmonoxid ↑ Superoxid ↑ iNOS ↑ Peroxynitrit ↑ silent Inflammation IL-1, TNF-α IL-6, IL-8 IFN-γ Mitochondriopathie ATP ↓ NFkB ↑ Oxidativer Stress z.B. Malondialdehyd ↑ Verlust von Treg-Zellen Gestörte Immuntoleranz …..das heißt, dass IFN-γ auch Ursache der Multisystemerkrankung ist. Was macht IFN-gamma? IFN-γ wirkt zentralnervös: - Limbisches System ⇒ Induktion von Fatigue und Appetitlosigkeit - Aktivierung der Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) ⇒ Störung der Serotoninsynthese im ZNS IFN-γ aktivierte die IDO-Aktivität und hemmt damit den Tryptophan-Serotoninweg im ZNS IFN-γ (auch TNF-α) Tryptophan + Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) + Serotonin: Kynurenine: • Stimmung • Neurotoxische Wirkung • Schlaf • Glutamat-Rezeptor-Wirkung • Appetit • Hemmung des Tryptophan-Transports über die Blut-Hirn-Schranke • Sexualverhalten Oxenkrug, Ann N Y Acad Sci 2010 depressive Symptomatik Deshalb sollte bei erhöhter IDO-Aktivität kein Tryptophan oder 5-HTTP substituiert werden !!! Interferon-gamma-Nachweis im Labor? 1. als Entzündungsmarker im Serum zum Nachweis einer TH1Immunaktivierung Achtung: IP-10 ist sensitiver als IFN-γ selbst 2. Nach Vollblutstimulation zur Analyse der Verteilung von TH1/TH2/TH17 und Treg-Zellen 3. Nach in vitro-Stimulation von Patientenlymphozyten mit Antigenen bei der Effektorzelltypisierung zur: a: Auswahl eines individuell geeigneten TH1-Stimulators b: Charakterisierung von allergen- oder antigenspezifischen T-Lymphozyten Ein normales IFN-γ im Blut (Serum) schließt eine TH1-Immunaktivierung nicht sicher aus IP-10 ist ein idealer Serummarker für das Ausmass der TH1-Immunaktivierung in den letzten Tagen aktivierte TH1-CD4-Zelle IFN-γ IP-10 sehr niedrige und schwankende Serumspiegel stabil im Serum messbar pg/ml im Serum IP-10 IFN-γ Stunden Tage IP-10 = IFN-γ-inducible protein 10 Das IP-10 ist auch sensitiver als das früher verwendete Neopterin (bei gleicher Aussage) Interferon-gamma-Nachweis im Labor? 1. als Entzündungsmarker im Serum zum Nachweis einer TH1Immunaktivierung Achtung: IP-10 ist sensitiver als IFN-γ selbst 2. Nach Vollblutstimulation zur Analyse der Verteilung von TH1/TH2/TH17 und Treg-Zellen 3. Nach in vitro-Stimulation von Patientenlymphozyten mit Antigenen bei der Effektorzelltypisierung zur a: Auswahl eines individuell geeigneten TH1-Stimulators b: Charakterisierung von allergen- oder antigenspezifischen T-Lymphozyten Die T-lymphozytären Zytokine sind im Gegensatz zu Makrophagenzytokinen erst nach einer in-vitro Zellstimulation messbar Interferon-gamma-Nachweis im Labor? 1. als Entzündungsmarker im Serum zum Nachweis einer TH1Immunaktivierung Achtung: IP-10 ist sensitiver als IFN-γ selbst 2. Nach Vollblutstimulation zur Analyse der Verteilung von TH1/TH2/TH17 und Treg-Zellen 3. Nach in vitro-Stimulation von Patientenlymphozyten mit Antigenen bei der Effektorzelltypisierung zur a: Auswahl eines individuell geeigneten TH1-Stimulators b: Charakterisierung von allergen- oder antigenspezifischen T-Lymphozyten Eine in vitro-Stimulation von IFN-γ spricht dafür, dass TH1-Lymphozyten durch das Immunpräparat stimuliert werden Zusammenfassung IFN-γ wird von aktivierten TH1-CD4-Zellen, zytotoxischen CD28+/CD8+T-Lymphozyten, aktivierten NK-Zellen und (bedingt) dentritischen Zellen sezerniert. IFN-γ aktiviert CD28+/CD8+ zytotoxische T-Zellen, NK-Zellen, Makrophagen und Granulozyten zu ihren Effektorzellantworten IFN-γ fördert in B-Lymphozyten den Klassenwechsel von IgM zu IgG IFN-γ stimuliert v.a. die IgG-1 und IgG-3-Subklassen ABER: Zusammenfassung ABER: IFN-γ ist bei chronischen Entzündungen auch der Vermittler von Entzündungssymptomen (z.B. Fatigue, Anorexie, Schmerz, Depression) Eine TH1-Immunaktivierung hat direkte und indirekte Auswirkungen auf das gesamte Neuro-Endokrino-Immunsystem (ATP, MDA-LDL, TH1/TH2, Tryptophan/Kynurenin, Glutathion u.a.) Im Labor kann die IFN-γ Entzündungsaktivität im Organismus am sichersten über das IP-10 bestimmt werden. Die Verteilung von TH1-Zellen in Relation zu TH2 oder TH17-Zellen wird im stimulierten Zytokinprofil untersucht. Nächste online-Fortbildung am Mastzellen Bedeutung für die Immunabwehr beim Gesunden sowie ihre Rolle bei Allergien, Urtikaria und chronischen Entzündungen 16. Mai 2012, 15:00 Uhr Dr. med. Volker von Baehr Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin +49 3077001-220, [email protected]