Department of Gene Expression Institute of Molecular Immunology Munich DIE INSTITUTE Abteilung Genexpression Institut für Molekulare Immunologie (Head: PD Dr. Michael Meisterernst) München (Leiter: PD Dr. Michael Meisterernst) ellaktivierung, Differenzierung und Entwicklung von Organismen werden auf der Ebene der Genexpression kontrolliert. Eine große Anzahl chronischer und akuter Erkrankungen zeichnen sich durch Änderungen in den Genexpressionsprogrammen aus. Eine Schlüsselrolle in der Regulation nimmt die Transkription ein. Transkriptionsregulation der RNA-Polymerase II wird hier an Modellsystemen mit Hilfe biochemischer, genetischer und zellbiologischer Methoden untersucht. Von besonderem Interesse sind TranskriptionsCofaktoren, bei deren Entdeckung und Charakterisierung die Abteilung entscheidende Beiträge leisten konnte. Diese steuern die Aktivität der RNA-Polymerase II, sie kontrollieren Entwicklungsprogramme, und sie spielen auch eine Rolle in komplexen Umwelt-beeinflussten Erkrankungen. Z Forschungsprogramm der Abteilung Wir interessieren uns für die Regulation der Transkription in Säugern. Unser Beitrag zum Feld liegt vor allem in der Entdeckung und Charakterisierung der globalen RNAPolymerase II-Cofaktoren. Wir arbeiten intensiv an der Struktur und Dynamik der Transkriptionsnetzwerke auf Genen. Als ell proliferation as well as the differentiation program is controlled at the level of transcription. De-regulations in transcription can cause severe diseases such as leukemia. The department is interested in the mechanisms of gene control which are studied in model systems using biochemistry, cell biology and genetics. The group is specifically interested in the mechanisms of RNA polymerase II transcription and has a history in the characterization of transcription factors, specifically the class of cofactors. Here we report about our recent attempts to understand the molecular mechanisms of transcription control during activation and differentiation of lymphocytes. C biologische Modellsysteme dienen Aktivierung und Differenzierung hämatopoietischer Zellen. Methodische Schwerpunkte sind Proteinbiochemie und Zellbiologie. In jüngeren Untersuchungen wurde begonnen – zunächst von uns zuerst isolierte Transkriptionscofaktoren –, im Mausmodell zu untersuchen. Diese Arbeiten führen wir in enger Kollaboration mit Mausgenetikern durch (E. Wolf, Genzentrum der LMU und Hrabe de Angelis, GSF). In der Abteilung arbeiten zur Zeit zwei Wissenschaftler, 9 Doktoranden und 3 technische Mitarbeiter. Über die Hälfte werden aus Drittmitteln finanziert. 227 GSF Beiträge zum Transkriptionsfeld Säugerzellen differenzieren in einem durch genetische Informationen und externe Signale gesteuerten Programm. Zustandsänderungen veräußern sich häufig in einem veränderten Muster in der Expression der Gene. Um den zellbiologischen Prozess der Gentranskription zu entziffern, wurde zu Beginn der 90er Jahre ein biochemischer Screen zur Isolierung der beteiligten Proteinnetzwerke aufgebaut. Mit Hilfe dieses funktionellen In-vitro-Transkriptionssystems konnten wir zum ersten Mal die Gruppe der eukaryontischen Cofaktoren beschreiben. Mehrere Proteinkomplexe (Positive und Negative Cofaktoren) wurden in der Folge isoliert, ihre Gene kloniert und ihre Funktion charakterisiert. In einigen interessanten Fällen gingen die Untersuchungen durch Zusammenarbeit mit Spezialisten bis zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur (wie von PC4 und dem NC2-TBP-TATA-Komplex: Brandsen et al., 1997; Kamada et al., 2001). Von zentralem Interesse ist der humane Mediator, ein 1-2 MDa großer Komplex, der bis zu 25 Proteine enthält. Dieser wurde aus der 1991 isolierten ersten humanen Cofaktorfraktion – USA – isoliert und zunächst als PC2 bezeichnet (Meisterernst et al., 1991, Kretzschmar et al., 1994). Mediator kontrolliert offenbar die Kommunikation zwischen regulatorischen Oberflächen und der RNAPolymerase II (Meisterernst, 2002). Neuere Arbeiten von uns zeigten, dass PC2-Mediator vermutlich auch die basale Aktivität aller Gene reguliert (Mittler et al., 2001). Knockout-Experimente spezifischer Untereinheiten führen zum Verlust spezifischer Signalwege in der Entwicklung. Wir schlagen außerdem vor, dass Mediator mit genspezifischen Coaktivatoren assoziiert und darüber die Transkription kontrolliert (Mittler et al., 2003). An der Gendeletion eines Mediator-assoziierten Faktors (VACID) und anderer Cofaktoren haben wir begonnen zu arbeiten. In aktuellen Arbeiten steht die Erforschung der Dynamik der Proteinkomplexe in Zellen und auf Genen mit Hilfe der ChIP (Chromatin Immunpräzipitation)-Techno- 228 GSF logie im Mittelpunkt. Biochemische Techniken werden zur Zeit durch Methoden der Genomik und Proteomik erweitert. Konkret beantragt ist die Etablierung der ChIP on CHIP Technologie. Von aktuellem Interesse sind die Mechanismen epigenetischer Genkontrolle. Im Schwerpunkt Infektion und Immunität werden besonders die Wirkungsmechanismen viraler Aktivatoren untersucht (Ikeda et al, 2002, Hardy et al., 2002). Im Rahmen der GSF-spezifischen Projekte werden biologische Modellsysteme entwickelt, um die Aktivierungsmechanismen lymphoider Zellen zu untersuchen. Weitere Vorhaben zielen auf den Aufbau von Differenzierungssystemen in hämatopoetischen Stammzellen der Maus. Transkriptionskontrolle am T-Zellrezeptor Ein zentraler Prozess in der Immunantwort ist die Aktivierung von T-Zellen. Nur T-Zellen exprimieren den T-Zellrezeptor, mit welchem sie MHC-Antigenkomplexe erkennen. Genregulation in T-Zellen wurde hier am T-Zellrezeptor -Locus untersucht. Neben ihrer außerordentlichen biologischmedizinischen Bedeutung sind die T-Zellrezeptorgene auch unter mechanistischen Gesichtspunkten besonders interessant. Die -Kette des T-Zellrezeptors wird während der Reifung der T-Zellen im Thymus rearrangiert. Dabei kommen Promotoren unter die Kontrolle eines Intron-Enhancers. Ein besonders interessantes Charakteristikum des -Locus ist die große Anzahl von Promotoren, von denen einer durch Rekombination in die Genstruktur integriert wird und in der Folge unter die Kontrolle des distalen Enhancer gerät. Weitere Kriterien sind die T-zellspezifische Expression und die Signalinduzierbarkeit. Wir haben in der Vergangenheit durch transiente Transfektionsanalyse die wichtigen regulatorischen Elemente definiert, welche für eine Wechselwirkung zwischen Enhancer und Promotor benötigt werden. Es zeigte sich, dass die Promotoren bestimmte gemeinsame Strukturmerkmale aufweisen, die für die Kommunikation mit dem Enhancer entscheidend sind. Als ein Brückenprotein Enhancer ist in den Konstrukten in distaler Position zum Vbeta 8.1 Promotor flankierend zu einem sensitiven Reporter angebracht. Nach Etablierung des Systems wurden die molekularen Prozesse am Gen mit Hilfe der ChIP-Technik (ChromatinImmunpräzipitation) untersucht. Hierfür benötigt man Antikörper gegen potenzielle Komponenten des Netzwerkes, Aktivatoren, Cofaktoren (wie CBP und dem Mediator) und generelle Faktoren, die hier zum Teil in Zusammenarbeit mit E. Kremmer (IMI) hergestellt wurden. Phorbolester stimulieren den Enhancer, in dem sie zur Ausbildung eines aktiven Enhanceosoms führen. In der ChIP können nun die DIE INSTITUTE wurde die Histonacetyltransferase CBP (CREB-Binding Protein) identifiziert. Andere Cofaktoren spielen eine Rolle, die derzeit untersucht werden. Die Zelltransfektionsexperimente sind allerdings in ihrer Interpretation limitiert, da sie epigenetische Zustände nicht immer korrekt wiedergeben. Um die physiologischen Mechanismen der Genaktivierung in vivo zu studieren, wird ein System benötigt, welches bona fide Chromatinstrukturen etabliert und gleichzeitig die Mutagenese des Gens ermöglicht. Hierfür wurde der Locus in EBV-Vektoren transferiert. Die EBV-Plasmide exprimieren das EBNA1-Gen, was ihre episomale Replikation in Jurkat T-Zellen ermöglicht. Der Die Dynamik am TCRbeta Gen Promotor TCR Signaling Konstitutiver Enhancer PMA Enhancer H3K4met NC2 Ets ? CBP P H3K4met H3K4 met H3K9 ac CBP Pol II Pol II H3K14 ac h Mediator Abb.1: Vereinfachtes Modell zur Regulation des T-Zellrezeptorgens in leukämischen Jurkat T-Zellen. Am Promotor des Gens sind bereits die generellen Faktoren und RNA-Polymerase II gebunden (in Grün), was jedoch zunächst nur zu niedrigen Transkriptionsraten führt. Ein distaler Enhancer wird während der Entwicklung in die Nähe des Promotors gebracht. Dies führt zur Bindung der Histonacetyltransferase CBP am Promoter und zur Phosphorylierung der RNA Polymerase II selbst. Mitotische Signale aktivieren den Enhancer weiter. Der Aktivator Ets bindet nun, und es bildet sich ein sogenanntes aktives Enhanceosom aus. Dies führt zu drastischen Änderungen im Chromatin, unter anderem zur Methylierung von Lysin 4 an Histon H3 und zur Acetylierung des Lysins 9 am gleichen Histon. Die genaue Konsequenz dieser Modifikationen ist nicht verstanden, es wird aber vermutet, dass sie die Transkription durch RNA poylemrase II erleichtern. Mitotische Signale führen auch zum Verlust des Repressors von NC2 am Promotor, was direkte Auswirkungen auf die Transkriptionsrate hat (Kamada et al., Cell 2001). 229 GSF A naive lymphocytes stimulated lymphocytes Jurkat B naive stimulated (2d) naive stimulated (2d) H4 Acetylation H3K9 Dimethylation H3K4 Dimethylation H3K4 Trimethylation Abb. 2: Aktivierung naiver T-Zellen. A) Propidiumiodid-Färbung der DNA in naiven, in vitro aktivierten und transformierten Jurkat T-Zellen. B) Lokalisierung spezifischer Histonmodifikationen im Zellkern primärer Lymphozyten. Antikörper gegen Trimethyl K4 des Histon H3 (H3K4) zeigen konzentrierte Strukturen im Inneren des Zellkerns. Bereiche an der Kernmembran, in denen Heterochromatin lokalisiert ist, färben nicht, mit Ausnahme des Dimethyl H3K9. Methylierung von H3K9 ist ein Indikator für inaktive Gene. H3K4 ist ein Marker für die Lokalisierung aktiver Gene, die grob organisiert erscheinen. Die echten Spalten zeigen die Überlagerung mit der Chromatin (Propidiumiodid)-Färbung. molekularen Konsequenzen der mitogenen Signale am Gen und im Chromatin im Minutenbereich aufgelöst werden. Ein erstes Arbeitsmodell der Vorgänge ist in Abb. 1 gezeigt. Die Vorgänge sind außerordentlich kompliziert, und die Untersuchungen daran dauern an. Die Aktivierung der Transkription in primären T-Lymphozyten Die Wechselwirkung naiver T-Zellen mit Antigen-präsentierenden Zellen (APCs) führt zur Aktivierung von Signalkaskaden, Zellwachstum und Differenzierung. Im 230 GSF Laufe von Stunden erfolgt ein Commitment der Zelle auf Wachstum, initial induziert durch den T-Zell-Wachstumsfaktor Interleukin-2 und seinen Rezeptor. Dies äußert sich beispielsweise in veränderter Expression von Adhäsionsmolekülen und führt zur verbesserten Interaktion mit dem infizierten Gewebe. Die Hemmung der T-Zellantwort ist ein probates Mittel zur Immunsuppression, beispielsweise um Autoimmunreaktionen und Organabstoßung zu unterdrücken. Naive T-Zellen ändern ihre Struktur, wenn sie durch Antigen-präsentierende Zellen zur Proliferation angeregt werden. In den ersten 10–48 Stunden steigt die Transkriptionsrate erheblich an. Die Zellen gewinnen an Größe. Dies geht nach vorherrschender Lehrmeinung mit einer Dekondensierung des Chromatins einher. Dennoch ist Transkription in naiven Lymphozyten nicht völlig unterdrückt. Bestimmte Gene werden sogar besser exprimiert. Transkriptionsaktivierung und Änderungen im Chromatin wurden hier auf globaler Ebene, durch Analyse der Expression beteiligter Transkriptionsfaktoren, dem Studium des Chromatins, zellbiologisch mit Hilfe konfokaler Mikroskopie und schließlich auf Genebene durch ChIP untersucht. Dies führte zu der bemerkenswerten Beobachtung, dass Änderungen im Chromatin global kaum nachweisbar sind. So ändern sich insgesamt die Modifkationen an Histonen kaum. Wie in Abb. 2 gezeigt, findet nach unseren Erkenntnissen keine globale Dekondensation des Chromatins statt, sondern das Chromatin wird umgeordnet. Dies veräußert sich in der Ausbildung von offenen und geschlossenen Bereichen, die unmittelbar durch Färbung der DNA erkennbar wird. An den offenen Bereichen sammeln sich bestimmte Transkriptionsfaktoren, darunter solche, die Chromatin umordnen (remodeln) können. In der semi-systematischen Analyse der Expression der Faktoren fielen uns besonders die Histonacetyltransferase CBP und die ATPas Brg1 auf. Brg1 ist die zentrale Untereinheit eines großen Remodelling-Komplexes. Beide werden besonders stark in der Aktivierung hochreguliert. Auf den aktivierten Genen sammelt 0.3 20 occupancy [%] Brg1 H3K4 trimethylation 0.2 10 0.1 0 0.0 n t. s on io reg A oly CD25 IL-2 EF1* H2B DCK ion p t. ns reg lyA po CD25 IL-2 EF1* H2B DCK H2B DCK DIE INSTITUTE A co c TCR– TCR– 2.0 20 occupancy [%] RPB1 H3K4 dimethylation 1.0 10 0 0.0 ion s eg t. r n co A ly po CD25 IL-2 EF1* H2B DCK ion eg t. r s on lyA po CD25 IL-2 EF1* c TCR– TCR– naive stimulated (48 h) Abb. 3: Rekrutierung des BRG1-Chromatin-Remodeller-Komplexes auf humane Gene infolge der T-Zellaktivierung. Gezeigt sind Chromatinimmunpräzipitationen mit spezifischen Antikörpern gegen Transkriptionscofaktoren (Brg1), der RNA-Polymerase II (RPB1) und modifizierten H3-Histonenden. Gezeigt sind Echtzeit-PCR-Analysen nach Präzipitation der vernetzten DNA primärer Lymphozyten eines humanen Spenders vor und nach der Aktivierung des T-Zellrezeptors (PMA+PHA). Analysiert wurden die Gene des T-Zellrezeptors (– -Kette, TCR), der a-Kette des Interleukin 2-Rezeptors (CD25), des T-Zellwachstumsfaktors IL-2, des Translations-Elongationsfaktors 1*, des Histones 2B (H2B) und der Deoxycytidinkinase (DCK). Die Aktivierung der Gene lässt sich an der Zunahme der großen Untereinheit (RPB1) der RNA-Polymerase II (links unten) ablesen. Parallel dazu nimmt die Trimethylierung nicht aber die Dimethylierung des Lysinrestes 4 am Histon H3 zu. Trimethylierung von Lysin 4 an H3 ist demnach ein Marker für Genaktivität. Die Daten weisen ferner auf eine mögliche globale Rolle des Swi/SNF-Komplexes in der Reorganisation des Zellkerns und der Transkriptionsaktivierung hin. sich die RNA-Polymerase II, was zunächst nicht erstaunlich ist. Daneben fanden wir aber eine starke Zunahme der Methylierung von Lysin 4 auf Histon H3. Lysin 4 in dem aminoterminalen Ende eines nukleosomalen Bausteins H3 wird spezifisch trimethyliert, während die konstitutiv hohe Dimethylierung an der selben Stelle kaum verändert wird. Parallel dazu wird Brg1 auf viele Gene transportiert. Im Gegensatz dazu beeinflusst die Überexpression von CBP offenbar nicht so sehr die globale Expression, sondern mag vielmehr der Aktivierung spezifischer Gene dienen. Diese Untersuchungen zeigen, dass die lokale Umordnung des Chromatins wahrscheinlich durch Brg1 eingeleitet, zumindest aber mitbeeinflusst wird. Der funktionelle Bezug zur korrelierten Modifikation des Chromatins wird weiter intensiv untersucht. 231 GSF Zusammenarbeit Ausgewählte Veröffentlichungen • Hrabe de Angelis, Institut für Genetik • E. Kremmer, Institut für molekulare Immunologie • Laszlo Tora, IGBMC, Straßburg • G. Novelli, Pathologie, Universität Rom • S. Burley, Rockefeller Universität, USA • M. Timmers, Utrecht Universität • G. Bornkamm, KMOLBI • W. Hammerschmidt, Genvektoren • W. Herr, Cold Spring Harbor Laboratories • K. Hisatake, Saitama Medical School Ikeda, K., Stuehler, T., Meisterernst, M.: The H1 and H2 regions of the activation domain of herpes simplex virion protein 16 stimulate transcription through distinct molecular mechanisms. Genes Cells 7, 49–58 (2002). Kamada, K., Shu, F., Chen, H., Malik, S., Stelzer, G., Roeder, R.G., Meisterernst, M., Burley, S.K.: Crystal structure of Negative Cofactor 2 recognizing the TBP-DNA transcription complex, Cell 106, 71–81 (2001). Meisterernst, M.: Transcription. Mediator meets Morpheus. Science 295, 984–5 (2002). Hardy, S., Brand, M., Mittler, G., Yanagisawa, J., Kato, S., Meisterernst, M., Tora, L.: TATA-binding protein-free TAF-containing complex (TFTC) and p300 are both required for efficient transcriptional activation. J Biol Chem. 277, 32875–82 (2002). 232 GSF