69 a r z n e i - t e l e g r a m m 2003; Jg. 34, Nr. 7 1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111 Waren!/30 Tage* ENFUVIRTID (FUZEON) IM KOSTENVERGLEICH zeichen in Österreich Enfuvirtid FUZEON Roche 60 InjFl zu 90 mg 2.209,31 und Schweiz Zidovudin + Lamivudin COMBIVIR GSK 60 Tbl zu 300 mg+150 mg 740,52 (Beispiele) Tenofovir Disoproxil VIREAD Gilead 30 Tbl zu 245 mg 577,07 Lopinavir + Ritonavir KALETRA Abbott 180 Kps zu 133,3 mg+33,3 mg 802,26 Simvastatin: ZOCORD * Bei Tagesdosis von 180 mg Enfuvirtid, 600 mg Zidovudin + 300 mg Lamivu(A) din, 245 mg Tenofovir Disoproxil, 800 mg Lopinavir + 200 mg Ritonavir. ZOCOR (CH) 1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111 Tacrolimus, extern: PROTOPIC (A, CH) Vitamin C: CETEBE (A, CH) Vitamin E: EVITOL (A) EVIT (CH) ■ Der Fusionshemmer Enfuvirtid (FUZEON) soll als Reservemittel ein antiretrovirales Kombinationsregime bei HIV-1-Infektion ergänzen, wenn zuvor die Behandlung mit mindestens je einem nukleosidalen und nichtnukleosidalen Reverse-Transkriptasehemmer sowie Proteasehemmer versagt hat oder nicht vertragen wird. ■ Enfuvirtid reduziert bei 24-wöchiger Anwendung die HI-Viruslast stärker als optimierte konventionelle antiretrovirale Kombinationen allein. ■ Ein positiver Einfluss von Enfuvirtid auf den klinischen Verlauf der HIV-Krankheit und die Sterblichkeit ist nicht belegt. ■ Enfuvirtid muss subkutan gegeben werden, geht bei fast allen Patienten mit Lokalreaktionen einher, erhöht die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten und kann schwere Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen. ■ Der Fusionshemmer verdoppelt die Kosten einer antiretroviralen Therapie. ■ Wir raten beim derzeitigen Kenntnisstand vom Gebrauch außerhalb kontrollierter klinischer Studien ab. (R = randomisierte Studie) 1 EMEA: Europ. öff. Beurteilungsbericht (EPAR) FUZEON, 3. Juni 2003 http://www.emea.eu.int/humandocs/Humans/EPAR/fuzeon/fuzeon.htm 2 KILBY, J.M., ERON, J.J.: N. Engl. J. Med. 2003; 348: 2228-38 R 3 LALEZARI, J.P. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 348: 2175-85 R 4 LAZZARIN, A. et al.: N. Engl. J. Med. 2003; 348: 2186-95 5 Roche: US-amerikanische Fachinformation FUZEON, Stand März 2003 http://www.fda.gov/cder/foi/label/2003/021481lbl.pdf 2002; 33: 50-1), hat sich seine eigene Zeitung geschaffen: In ProTopics (Herausgeber: Fujisawa Dermatologie), einem „regelmäßig” erscheinenden vierseitigen Blatt, können fir mengenehme Meinungsbildner unkontrolliert die angeblichen Vorzüge des lokalen Immunmodulators preisen. In der aktuellen Ausgabe wird beispielsweise behauptet, dass im Verlauf der Therapie die behandlungsfreien Intervalle länger werden (REITAMO, S. in ProTopics 2/2003*). Belegen kann Fujisawa dies jedoch nicht: Auf Nachfrage bietet uns die Firma statt einer Antwort zunächst ein „Informations- und Expertengespräch” an und bezeichnet die Aussage dann als „persönliche Einschätzung” eines Experten, der selbst „zahlreiche solche Fälle dokumentiert” haben soll (Fujisawa: Schreiben vom 28. Mai und 6. Juni 2003). Eine weitere Behauptung, „während der (zwölfmonatigen, –Red.) Behandlungsdauer konnte in fast 90% der Fälle ein erneutes Auftreten der Krankheit vermieden werden”, beruht auf einer unseres Erachtens fragwürdigen Dateninterpretation: In der Nachauswertung einer unkontrollierten Beobachtungsstudie gilt als Rückfall, wer wegen mangelnder Wirksamkeit von Tacrolimus ausscheidet oder Steroide benötigt. Nicht berücksichtigt werden bei dieser Definition Personen, die einen erneuten Schub wiederum mit dem Immunmodulator behandeln (REMITZ, A.: Proceedings 11th EADV Congress Prague 2002). Wir vermissen auf den Seiten des redaktionell aufgemachten Blattes die klarstellende Kennzeichnung „Werbung”, –Red. Korrespondenz 111111111111111111111111111111111111111 ORTHOMOLEKULARE MEDIZIN Die fraglichen positiven Effekte der „orthomolekularen Medizin” werden derzeit von Verbänden bzw. Vertriebsfirmen in die Öffentlichkeit gebracht. Gibt es Studien, die einen solchen Effekt belegen können? NN (Arzt, Name und Anschrift der Redaktion bekannt) Interessenkonflikt: keiner Vorsicht Desinformation 11111111111 Macht ZOCOR MSD das Rennen? Wie vielen Ärzten mag wohl bewusst sein, dass es neuerdings zwei verschiedene ZOCOR-Präparate gibt: ZOCOR, das wie DENAN als Original auf Hochpreisniveau erhältlich ist, und das seit einigen Monaten parallel und etwas billiger angebotene ZOCOR MSD (a-t 2003; 34: 62)? Fehlt auf dem Rezept der Zusatz „MSD”, wird in der Apotheke die teure Variante abgegeben. Jetzt wirbt MSD mit „sensationellem Preis” für ZOCOR MSD: „Original-Statin macht das Rennen!” (MSD: doppelseitige Werbung in Ärztezeitung vom 30. Juni 2003). „Einsparung bis -59%” wird versprochen. Diese lässt sich jedoch nur erzielen, wenn 100 Tabletten ZOCOR MSD zu 20 mg (104,67 !) geteilt* und mit den Kosten von 2 Packungen zu 100 Tabletten des Hochpreisproduktes ZOCOR 10 mg (254,16 !) verglichen werden. Bei einem seriösen Vergleich mit gleichen Wirkstärken kostet ZOCOR MSD 20 seit 1. Juli zwar deutlich weniger als DENAN/ZOCOR 20 (193,12 !). „Das Rennen” macht ZOCOR MSD aber damit noch lange nicht. Der Preis nimmt nur einen Platz im Mittelfeld ein. Bezogen auf jeweils 100 Tabletten zu 20 mg Simvastatin sind die preisgünstigsten Nachfolgeprodukte (z.B. von Corax [69,75 !], AbZ, 1A, Lichtenstein, Hexal) bis 33% billiger als ZOCOR MSD und bis 64% preiswerter als die Hochpreisvarianten ZOCOR/DENAN. Die Sensationsmeldung für ZOCOR MSD ist somit nur Marketing – wie üblich desinformierend und irreführend, –Red. Tacrolimus-Salbe (PROTOPIC) bei atopischer Dermatitis: Längere Behandlungspausen gesichert? Fujisawa, Hersteller der Tacrolimus-Salbe PROTOPIC (a-t * ZOCOR (MSD) 40 und ZOCOR FORTE sind nicht teilbar. Orthomolekulare Medizin soll nach Linus PAULING „durch Veränderung der Konzentration von Substanzen, die normalerweise im Körper vorhanden und für die Gesundheit verantwortlich sind”, heilende Effekte haben. Der inzwischen verstorbene Chemiker und zweifache Nobelpreisträger** wird als Begründer und – da „mit 92 noch geistig frisch” – als „der beste Beweis für den Erfolg der orthomolekularen Medizin”1 bezeichnet. Mit der gleichen Berechtigung könnte die Tabakindustrie einen gesunden 90-jährigen Raucher als Beweis für die Unschädlichkeit von Tabak heranziehen. Produkte der so genannten orthomolekularen Medizin, beispielsweise der Firma Orthomol, werden als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel vertrieben, für die im Gegensatz zu Arzneimitteln keine Prüfung auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im Rahmen einer behördlichen Zulassung erforderlich ist (a-t 2001: 32: 49-50). Sie enthalten Vitamine, Spurenelemente, Fettsäuren, Flavonoide u.a., teilweise in Mengen, die die empfohlenen Tagesdosierungen um ein Mehrfaches überschreiten. Ihre Verkehrsfähigkeit steht daher unseres Erachtens in Frage. Auch indikationsbezogene Werbung oder das Nennen von Therapiezielen ist für solche Mittel nicht zulässig. Klinische Studien, die den Nutzen solcher Mischprodukte belegen, finden wir nicht: Ein im Rahmen der Heart Protection Study (HPS) geprüfter Cocktail aus hoch dosiertem Vitamin E, Vitamin C und Betakarotin hat keinen Einfluss auf Sterblichkeit, schwere Herzkreislaufkomplikationen und Krebs (a-t 2002; 33: 83-4). In einer kleineren Studie mit 423 Frauen nach den Wechseljahren, die an koronarer Herzkrankheit leiden, steigern zweimal täglich 500 mg Vitamin C (CEBION u.a.) plus 400 IE Vitamin E (EUSOVIT u.a.) sogar die Sterblichkeit von 2,8% auf 7,6% in knapp drei Jahren (Number needed to harm [NNH] = 21).2 Vor allem Betaka* http://www.protopic.de/images/dl_arzt/newsletter/2003_2.pdf ** Nobelpreis für Chemie 1954, Friedensnobelpreis 1962