Intrazelluläre Bestimmung von Interleukin-2, -5 und

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Aus der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der
Medizinischen Klinik der Berufsgenossenschaftlichen
Kliniken Bergmannsheil - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Leitender Arzt: Prof. Dr. med. B. May
Intrazelluläre Bestimmung von Interleukin-2, -5 und -10
bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
unter systemischer Glukokortikoidmedikation
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Anja Engel
aus Ingolstadt
2001
Abstract
von: Engel, Anja
Intrazelluläre Bestimmung von Interleukin - 2, - 5 und - 10 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter systemischer Glukokortikoidmedikation
Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa handelt es sich um chronisch entzündliche
Darmerkrankungen, an deren Pathogenese Interleukine als Entzündungsmediatoren
zweifelsohne eine bedeutende Rolle spielen. Dennoch ist das Verhalten dieser Interleukine bezüglich des Krankheitsbildes, der Entzündungsaktivität und ihre Beeinflußbarkeit durch Glukokortikoide nicht widerspruchsfrei geklärt. Intention der vorliegenden
Arbeit war es, die Interleukine IL-2, IL-5 und IL-10 in peripheren Lymphozyten bei
Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa unter systemischer Steroidmedikation
auf Einzelzellniveau zu untersuchen. Dazu wurden die Lymphozyten isoliert, zur
Interleukinproduktion angeregt, auf einem Objektträger fixiert, die Interleukine mit Hilfe
der Peroxidasetechnik angefärbt und die Interleukinmenge mittels Computerbildanalyse
bestimmt. Es lagen folgende Patientenkollektive vor: 1.) Neun Patienten mit inaktivem
Morbus Crohn ohne Steroidmedikation, 2.) acht Patienten mit inaktivem Morbus Crohn
unter systemischer Steroidmedikation, 3.) neun Patienten mit aktivem Morbus Crohn und
Steroiden, 4.) fünf Patienten mit aktiver Colitis ulcerosa und Steroiden sowie 5.) vier
Patienten mit inaktiver Colitis ulcerosa und Steroiden (mittlere Steroiddosis 72 mg).
Im Vergleich der 1. und 2. Gruppe zeigte sich in dem Kollektiv mit der Steroidmedikation
eine signifikante Zunahme von IL-2 pro Lymphozyt, wohingegen sich der relative Anteil
IL-2-bildender Zellen in den beiden Kollektiven nicht unterschied. Weiterhin fand sich im
Vergleich der Gruppen 2 und 3 mit Erreichen des Remissionsstadiums bei Morbus Crohn
unter Glukokortikoidmedikation eine signifikante Zunahme des relativen Anteils an IL-10produzierenden Lymphozyten. Der Vergleich der Kollektive 3 und 4 zeigte auch unter
Steroidmedikation einen signifikant höheren Anteil an IL-5-bildenden Zellen bei Colitis
ulcerosa gegenüber Morbus Crohn.
Der Konzentrationsanstieg von IL-2 pro Lymphozyt bei inaktivem Morbus Crohn unter
systemischer Steroidmedikation gegenüber dem Kollektiv ohne Steroide kann darin
begründet sein, daß ein Wirkungsmechanismus der Glukokortikoide ist, die Ausschleusung proinflammatorischer Zytokine aus der Zelle zu blockieren. Der Anstieg von
IL-10 nach Erreichen der Remission bei Morbus Crohn unterstützt die Hypothese der
antiinflammatorischen Wirkung dieses Interleukins. Die Hypothese der TH2-gewichteten
Immunitätslage bei der Colitis ulcerosa wird durch den auch unter Steroidmedikation
fortbestehenden gegenüber Morbus Crohn erhöhten Anteil an IL-5-produzierenden
Lymphozyten unterstützt.
Dekan
Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent
Prof. Dr. med. B. May
Koreferent
Prof. Dr. med. R.J. Adamek
Tag der mündlichen Prüfung
18.12.2001
Inhaltsverzeichnis
Seite
1.
Einleitung ..................................................................................................... 1
1.1
Problemstellung ........................................................................................... 1
1.2
Grundlagen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ............................. 2
1.3
Das Immunsystem ....................................................................................... 4
1.3.1
Interaktionen der Zellen des Immunsystems ................................................ 4
1.3.2
Zytokine, unter besonderer Berücksichtigung von IL-2, IL-5 und IL-10......... 5
1.3.3
Das Immunsystem des Gastrointestinaltraktes .......................................... 12
1.3.4
Das Immunsystem bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ......... 14
1.4
Glukokortikoide........................................................................................... 18
1.4.1
Geschichtliche Entwicklung der Glukokortikoide......................................... 18
1.4.2
Allgemeine Charakterisierung der Kortikosteroide...................................... 18
1.4.3
Molekularer Angriffspunkt der Glukokortikoide ........................................... 19
1.4.4
Einfluß der Glukokortikoide auf zirkulierende Zellen................................... 21
1.4.5
Einfluß der Glukokortikoide auf den Arachidonsäuremetabolismus............ 22
1.4.6
Einfluß der Glukokortikoide auf die Zytokinbildung ..................................... 24
1.4.7
Einfluß der Glukokortikoide auf Rezeptoren ............................................... 27
1.4.8
Einfluß der Glukokortikoide auf die Antikörperproduktion ........................... 27
1.4.9
Einfluß der Glukokortikoide auf die Darmpermeabilität............................... 27
1.4.10
Pharmakotherapie mit Glukokortikoiden..................................................... 28
1.4.11
Glukokortikoide bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen............... 30
2.
Patientenkollektiv, Material und Methoden ................................................. 32
2.1
Aktivitätsindizes bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.............. 32
2.1.1
Aktivitätsindizes bei Morbus Crohn............................................................. 32
2.1.2
Aktivitätsindizes bei Colitis ulcerosa ........................................................... 34
2.2
Probanden.................................................................................................. 35
2.3
Material und Methoden............................................................................... 36
2.3.1
Allgemeines zur Zytokindetektion ............................................................... 36
2.3.2
Verwendete Medien und Lösungen ............................................................ 37
2.3.3
Versuchsbeschreibung zur Interleukindarstellung ...................................... 39
2.3.4
Computergestützte Bildanalyse zur Interleukinbestimmung ....................... 44
2.3.5
Statistische Methoden ................................................................................ 47
3.
Ergebnisse ................................................................................................. 49
3.1
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Morbus Crohn in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoide ..................................................... 50
3.2
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Morbus Crohn unter Glukokortikoiden;
Vergleich akuter Schub und Remission...................................................... 54
3.3
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Colitis ulcerosa unter Glukokortikoiden;
Vergleich akuter Schub und Remission...................................................... 58
3.4
IL-2, IL-5 und IL-10 bei aktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoiden; Vergleich Crohn und Colitis ........... 62
3.5
IL-2, IL-5 und IL-10 bei inaktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoiden; Vergleich Crohn und Colitis ............ 66
3.6
Zusammenfassung der Meßergebnisse ..................................................... 70
4.
Diskussion.................................................................................................. 71
4.1
Einfluß einer Steroidmedikation auf das Zytokinprofil bei chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen.............................................................. 71
4.2
Ursachen der Differenzen in den Meßergebnissen..................................... 77
4.3
Beurteilung der Methode der intrazellulären Zytokindetektion .................... 80
5.
Zusammenfassung und Ausblick................................................................ 82
6.
Literaturverzeichnis .................................................................................... 83
Abkürzungsverzeichnis
AK
Antikörper
CCD
Charge coupled device
CD
Cluster of differentiation
CDAI
Crohn´s disease activity index
CU
Colitis ulcerosa
DAB
3,3-Diaminobenzidin-tetrahydrochlorid
DMSO
Dimethylsulfoxid
DNA
Desoxyribonukleinsäure
ELISA
Enzyme-linked immunosorbent assay
g
Erdbeschleunigung (9,81 m/s2)
GALT
Gut-associated lymphoid tissue
GC
Glukokortikoide
IFN
Interferon
Ig
Immunglobulin
IL
Interleukin
MC
Morbus Crohn
MHC
Major histocompatibiltiy complex
mRNA
messanger-Ribonukleinsäure
PCR
Polymerase chain reaction
RIA
Radioimmunoassay
TH
T-Helferzell-Klasse
TNF
Tumor necrosis factor
1
1.
Einleitung
1.1
Problemstellung
Bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kommt immunologischen
Mechanismen pathogenetisch eine besondere Bedeutung zu [ZEITZ 90]. Dafür spricht
auch
der
Erfolg
immunsuppressiver
Therapieansätze
[CHOI 94,
COHEN 95,
LICHTENSTEIN 94], die seit der Einführung der Glukokortikoide in die Therapie dieser
Erkrankungen [TRUELOVE 55] die wirksamste Möglichkeit zur Überführung eines
akuten Schubs in die Remission darstellen [MALCHOV 84, SUMMERS 79].
Die Lymphozyten des darmassoziierten Immunsystems besitzen bereits im gesunden
Zustand eine hohe Aktivität zur Produktion von Zytokinen, die eine wichtige Rolle bei
der Initiierung und Unterhaltung sowie Eindämmung entzündlicher Prozesse spielen
[MULLIN 92]. Dabei ist der balancierte Gleichgewichtszustand dieser Entzündungszellen und ihrer Mediatoren bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen mit
der Folge einer perpetuierten Immunreaktion gestört. Durch zirkulierende Lymphozyten bleibt die chronische Entzündung nicht auf den Darm beschränkt, sondern es
sind sowohl intestinal, als auch peripher, aktivierte Lymphozyten nachweisbar
[MAZLAM 92,
RAEDLER 92,
SCHREIBER 95].
Aufgrund
dieser
Interaktionen
zwischen organbezogenem und systemischem Immunsystem ist es möglich, über
Zytokinmessungen in Blutproben sowohl Einblick in den Zustand des peripheren als
auch des intestinalen Immunsystems zu erhalten [SANDER 93, SHER 95].
Durch direkte Untersuchung der zytokinproduzierenden Zellen kann man darüber
hinaus neben dem Anteil an zytokinbildenden Lymphozyten auch eine Aussage über
die Zytokinproduktion der Einzelzelle erhalten [ANDERSSON 92/94a/94b, SANDER
91/93].
Glukokortikoide interferieren mit der Zytokinproduktion der Entzündungszellen, was
anhand eines veränderten Zytokinprofils nachzuweisen ist [BRINKMANN 95].
In dieser Arbeit soll die Beeinflussung der Zyokinsynthese durch eine systemische
Steroidmedikation bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf der Ebene
peripherer Lymphozyten untersucht werden.
2
Mit Hilfe von Antikörpern und der Peroxidasetechnik [DOLHAIN 93] werden die
Zytokine Interleukin (IL) -2, -5 und -10 intrazellulär markiert und unter Verwendung
einer Computerbildanalyse [BJÖRK 94/96, HERR 97] ausgewertet.
Durch weitere Erforschung der Zytokinmuster und ihrer Beeinflußbarkeit durch eine
immunsuppressive Therapie kann man sich genauere Einblicke in die Pathogenese
und Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erhoffen.
1.2
Grundlagen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
Die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen lassen sich in den Morbus Crohn und
die Colitis ulcerosa einteilen [ADLER 96, GOEBELL 92]. Es handelt sich hierbei um
Entzündungen des Darms, deren Ätiologie im Gegensatz zu den Darmentzündungen
mikrobieller, chemischer oder aktinischer Genese bislang nicht geklärt ist.
Im Intestinaltrakt laufen permanent Immunreaktionen ab, die physiologisch und als
Schutzfunktion gegenüber Noxen wie Mikroorganismen oder Nahrungsmittelantigene
zu verstehen sind. Überschießende Reaktionen führen zu Störungen, beispielsweise
bei der einheimischen Sprue, einer Heterosensibilisierung gegen Gluten.
Demgegenüber ist bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ein auslösendes Agens nicht bekannt.
Neben
genetischen
und
umweltbedingten
Faktoren
spielen
pathogenetisch
immunologische Mechanismen eine zentrale Rolle, wobei unklar ist, ob es sich bei
letzteren um ein primäres oder sekundäres Geschehen infolge der Krankheit handelt
[GIBSON 94]. So könnte die chronische Aktivierung des Immunsystems eine Reaktion
auf eine unerkannte Infektion, eine erhöhte Permeabilität der Darmmukosa oder eine
gesteigerte Präsentation luminaler Antigene durch antigenpräsentierende Zellen
gegenüber T-Zellen sein [HAWTHORNE 89]. Infektiös bedingte Enteritiden oder
nutritive Störungen könnten einen Defekt in der Schleimhautbarriere des Gastrointestinaltraktes bedingen und zu einer vermehrten Aufnahme verschiedener luminaler
Antigene führen. Da die hochsensitive Regulation potentiell autoaggressiver Lymphozyten störanfällig ist, könnte die Absorption kreuzreagierender Antigene zu einem
Zusammenbruch der Immuntoleranz gegenüber darmeigenem Gewebe und so zur
Etablierung einer Autoimmunerkrankung führen. Dabei sind die Grenzen zwischen
Autoimmunerkrankungen und chronischen infektiös-allergischen Krankheiten nicht
immer eindeutig zu ziehen [RAEDLER 92].
3
Pathogene Immunreaktionen perpetuieren die einmal angelaufene Entzündung der
Darmwand, was zu einer weiteren Schädigung der Schleimhautbarriere mit konsekutiv
vermehrter Aufnahme luminaler Antigenen und somit zum Schluß des Circulus
vitiosus führt [SNOOK 90, VORLAENDER 83].
Von einigen Autoren wird beim Morbus Crohn primär eine T-Zellaktivierung auf ein
spezifisches intestinales Antigen diskutiert, wohingegen bei der Colitis ulcerosa ein
vorbestehender Epitheldefekt im Dickdarm mit unspezifischer Einwirkung einer
großen Anzahl an Makromolekülen vermutet wird [GIBSON 94, ZEITZ 90].
Mit fortschreitender Krankheitsdauer sind diese Ereignisse aber nicht mehr
voneinander
abzugrenzen,
da
sie
sich
gegenseitig
bedingen,
indem
eine
überschießende T-Zellantwort zu einer Entzündung mit Schädigung des Darmepithels
und letztere wiederum zu T-Zellaktivierung durch vermehrt aufgenommene Antigene
führen kann [MAC DONALD 88].
Einen interessanten Hinweis dafür, daß in der Pathogenese des Morbus Crohn
aktivierten T-Zellen eine wichtige Bedeutung zukommt, haben Berichte über eine
Remission infolge Aufhebung der T-Zellaktivität bei Infektion mit dem Human
immuno-deficiency virus geliefert [JAMES 88].
Symptome sind bei beiden Erkrankungen u.a. Diarrhöen, zum Teil mit Schleim- und
Blutbeimengungen,
Abdominalschmerzen,
Tenesmen
sowie
zahlreiche
extra-
intestinale Manifestationen. Die blutig-schleimigen Diarrhöen und Tenesmen sind bei
der Colitis ulcerosa Leitsymptom, während beim Morbus Crohn Diarrhöen ohne Blut
und - vor allem bei Erkrankung des terminalen Ileums - rezidivierende Schmerzen im
rechten Unterbauch dominieren. Extraintestinale Symptome wie Arthritis, Erythema
nodosum, Pyoderma gangraenosum, aphthöse Stomatitis, Iritis, Konjunktivitis,
subfebrile Temperaturen usw., die meist mit der Entzündungsaktivität im Darm
korrelieren, finden sich bei 10-20 % der Morbus-Crohn-Patienten, während sie bei
Colitis-ulcerosa-Patienten seltener auftreten. Bei letzterer tritt allerdings in 5 % der
Fälle eine primär sklerosierende Cholangitis auf. Das gleichzeitige Auftreten solcher
extraintestinalen Manifestationen unterstreicht dabei die systemische Natur der
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen [RAEDLER 92].
Die bei der Colitis ulcerosa vorhandene Vulnerabilität der Darmschleimhaut erklärt die
häufige Komplikation einer Blutung. Als weitere Komplikationen sind das toxische
Megakolon bei fulminantem Krankheitsverlauf und das Kolonkarzinom nach langer
Krankheitsdauer zu nennen. Beim Morbus Crohn komplizieren neben Konglomerattumoren und Stenosen vor allem Fisteln und Abszesse das Krankheitsgeschehen.
4
Der intestinale Befall der Colitis ulcerosa beginnt stets im Rektum und breitet sich
kontinuierlich nach proximal aus; allerdings wird nur selten das terminale Ileum im
Rahmen einer sogenannten Backwash-Ileitis erreicht. Dagegen betrifft der Morbus
Crohn in unterschiedlichem Ausmaß diskontinuierlich sämtliche Abschnitte des
Gastrointestinaltraktes, wobei das terminale Ileum und das Kolon von der auch als
Ileitis terminalis oder Ileocolitis regionalis bezeichneten Erkrankung bevorzugt befallen
werden.
Endoskopisch findet man bei der Colitis ulcerosa unscharf begrenzte Ulzerationen
und Pseudopolypen der Restschleimhaut sowie eine diffuse Rötung mit Kontaktblutungen. Das endoskopische Bild des Morbus Crohn besteht aus scharf begrenzten
landkartenartigen Ulzerationen, längs- und querverlaufenden Fissuren und einem
dadurch bedingten Pflastersteinrelief.
Eine weitere Unterscheidung ergibt das histologische Bild, das bei der Colitis
ulcerosa durch auf Mukosa und Submukosa beschränkte Ulzerationen und
Kryptenabszesse geprägt ist, während beim Morbus Crohn eine transmurale
epitheloidzellig-granulomatöse Entzündung vorliegt.
Der Krankheitsverlauf chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ist durch akute
entzündliche
Schübe
geprägt,
welche
Remissionsphasen
ohne
ausgeprägte
entzündliche Aktivität unterbrechen. Im Gegensatz zu der häufigen chronischrezidivierenden Form ist der seltenere chronisch-kontinuierliche Verlauf durch ständig
vorhandene Entzündungszeichen charakterisiert.
1.3
Das Immunsystem
1.3.1
Interaktionen der Zellen des Immunsystems
Ein wirksames Immunsystem hängt von den Interaktionen der an der Immunantwort
beteiligten Zellen und humoralen Faktoren ab. Das humorale Immunsystem setzt sich
vor allem aus den Antikörpern und dem Komplementsystem zusammen. Wichtige
zelluläre Bestandteile des Immunsystems sind unter anderem B- und T-Lymhozyten
sowie Makrophagen, Granulozyten und Mastzellen [GEMSA 97].
Dabei sind B-Lymphozyten für die humoralen Immunreaktionen entscheidend, indem
sie nach Antigenkontakt zu antikörpersezernierenden Plasmazellen heranreifen.
Die T-Lymphozyten sind dagegen die Träger der zellulären Immunität und üben
unterschiedliche Effektor- und Regulatorfunktionen aus, wie zum einen die direkte
5
Zytolyse und zum anderen die Sekretion von Zytokinen, die wiederum andere Zellen
beeinflussen.
Dabei
werden
die
verschiedenen
Funktionen
von
T-Zell-Sub-
populationen erfüllt, die sich anhand von Oberflächeneigenschaften unterscheiden.
Diese Oberflächenmarker sind die Cluster-of-Differentiation (CD).
Zytotoxische T-Lymphozyten als zytolytische Effektorzellen tragen den Marker CD8,
der als Korezeptor an der spezifischen Kopplung an MHC-Moleküle der Klasse I
(Genprodukt
des
Major
Histocompatibiliy
Complex = MHC)
auf
kernhaltigen
Körperzellen beteiligt ist. Eine Immunantwort wird immer dann ausgelöst, wenn
spezifische T-Zell-Rezeptoren und CD8-Korezeptoren auf Wirtszellen körpereigene
MHC-Proteine zusammen mit körperfremden Aminosäuresequenzen erkennen. Dies
bezeichnet man als MHC-Restriktion der Immunantwort.
Neben den zytotoxischen Zellen mit dem Marker CD8 gibt es T-Lymphozyten mit dem
Marker
CD4.
Diese
besitzen
keine
unmittelbare
Effektorfunktion,
sondern
beeinflussen vielmehr die Aktivität anderer Zellen durch die Sekretion von Zytokinen
als Mediatoren. Dazu interagieren sie mit ihrem spezifischen Rezeptor und CD4Rezeptor mit Peptiden, die ihnen von MHC-Molekülen der Klasse II vor allem auf Bund T-Lymphozyten sowie Makrophagen präsentiert werden. Die CD4+ T-Zellen
werden entsprechend ihrer Funktion auch als T-Helfer-Lymphozyten bezeichnet. Sie
ermöglichen die Differenzierung inaktiver T-Lymphozyten in zytotoxische TLymphozyten
oder
von
inaktiven
B-Lymphozyten
in
antikörperproduzierende
Plasmazellen. Für die damit sehr vielfältigen Aufgaben sind wiederum zwei
Subpopulationen
verantwortlich,
die
sich
aufgrund
ihres
unterschiedlichen
Zytokinsekretionsmusters unterscheiden: TH1-Zellen fördern v.a. die Proliferation und
Funktion aller T-Lymphozyten und damit die Ausbildung zellvermittelter Immunreaktionen, wohingegen TH2-Zellen u.a. die Differenzierung von B-Lymphozyten bis
zur Plasmazelle und damit die humorale Immunität steuern. Hierdurch wird deutlich,
daß eine klare Trennung zwischen zellulärer und humoraler Immunität nicht möglich
ist, wobei gerade die T-Helfer-Zellen mit den von ihnen produzierten Zytokinen eine
wichtige Brücke bilden.
1.3.2
Zytokine, unter besonderer Berücksichtigung von IL-2, IL-5 und IL-10
Zytokine sind lösliche Proteine bzw. Glykoproteine, die von Lymphozyten,
Granulozyten und Makrophagen, aber auch von Zellen außerhalb des Immunsystems,
wie z.B. Endothelzellen und Fibroblasten, produziert werden. Sie wirken als
Regulatoren sowie Wachstumsfaktoren des Immunsystems und entfalten diese
6
Wirkung bereits in Konzentrationen von 10-14 bis 10-9 mol/l über Rezeptoren der
Zielzellen [BRYNSKOV 93].
Dabei hängen die vielfältigen biologischen Funktionen eines Zytokins unter anderem
von den Zellen ab, auf die das Zytokin einwirkt. Außerdem reagiert ein Zytokin selten
als individuelles Molekül, sondern die Wirkung ist ein Resultat eines Netzwerkes und
einer Hierarchie von verschiedenen Zytokinen und deren synergistischen und
antagonistischen Wirkungen.
Zytokine besitzen keine Enzymaktivität, sondern ähneln eher Peptidhormonen, indem
sie als Botenstoffe interzellulärer Kommunikation dienen. Dabei wirken sie sowohl
autokrin, d.h. auf die Produzentenzellen, als auch parakrin, also auf Zellen in ihrer
Umgebung. Dagegen entfalten sie keine oder nur geringe endokrine Wirkungen über
den Blutkreislauf, denn aufgrund ihrer großen Funktionsvielfalt und Wirkungsstärke
würden hohe Konzentrationen im Blutkreislauf zu nicht kontrollierbaren Immunreaktionen führen [KELSO 89]. Auch eine Überproduktion von Zytokinen, z.B. im
Rahmen einer Infektion oder Verletzung, kann zu Schäden führen [CERAMI 92].
Zum Teil werden Zytokine, die von Lymphozyten produziert werden, als Lymphokine
bezeichnet, allerdings werden einige Lymphokine auch von nichtlymphatischen Zellen
sezerniert. Viele von T-Lymphozyten gebildeten Lymphokine wiederum werden
Interleukine genannt, wobei in der Regel ein Faktor erst dann als Interleukin
klassifiziert wird, wenn er biochemisch genauer untersucht und seine Primärstruktur
bekannt ist.
Die erste Beobachtung, daß Lymphozyten andere Zellen beeinflussen können, wurde
Anfang der 30er Jahre von RICH und LEWIS gemacht, die zeigten, daß sensibilisierte
Lymphozyten Zellwanderungen von Makrophagen durch Gewebsexplantate hemmen
können. Mitte der 60er Jahre vermutete man, daß die Reifung von B-Zellen zu
antikörpersezernierenden Plasmazellen weder allein durch die Interaktion von
Antigenen mit Rezeptoren der B-Zellen, noch durch zusätzliche Zell-Zell-Interaktionen
erklärt werden kann [IBELGAUFTS 92]. Als Anfang der 70er Jahre entdeckt wurde,
daß der Kulturüberstand adhärenter Leukozyten die Proliferation von T- und B-Zellen
steigern kann, wurde dieser immunstimulierende Faktor isoliert, biochemisch
aufgeklärt und Interleukin-1 genannt. Inzwischen kennt man über 30 verschiedene
Zytokine, von denen ein Teil in Tab. 1 aufgelistet ist.
Bei den zytokinproduzierenden T-Zellen handelt es sich v.a. um die oben erwähnten
T-Helfer-Lymphozyten mit ihren Subpopulationen, welche wiederum auch zwei
Subtypen von Zytokinprofilen bilden können. Allerdings sehen DAYNES et al. hierin
7
weniger starre Untergruppen von T-Helferzellen, als vielmehr Zellen, die flexibel ihre
Zytokinprofile entsprechend der Immunlage ändern können [DAYNES 89].
Die TH1-Zellen bilden nach Aktivierung Interferon (IFN)-γ, Tumor-Nekrose-Faktor
(TNF)-β und IL-2. Dabei ist IFN-γ das wichtigste makrophagenaktivierende Zytokin,
durch das diese Zellen befähigt werden, auf antigene Stimuli als antigenpräsentierende Zellen zu reagieren. TNF-β, das auch als Lymphotoxin bezeichnet wird, kann
auf einige Zellen direkt zytotoxisch wirken und somit eine Zytostase oder Zytolyse
verursachen. IL-2, auf das weiter unten noch näher eingegangen wird, ist der
wichtigste Wachstums- und Proliferationsfaktor für B- und T-Lymphozyten. Durch
diese von den sezernierten Zytokinen hervorgerufenen Reaktionen sind die TH1Zellen also vor allem inflammatorisch wirksam. Dagegen produzieren die TH2-Zellen
IL-4, IL-5 und IL-10, welche einerseits die Antikörperproduktion durch B-Zellen
stimulieren und andererseits viele Reaktionen der inflammatorisch wirksamen TH1Zellen antagonisieren. Die Differenzierung in TH1- bzw. TH2-Lymphozyten selbst wird
auch wieder durch Zytokine reguliert, wodurch sich die TH1- und TH2-Populationen
wechselseitig beeinflussen können. So kann das von TH1-Zellen gebildete IFN-γ die
Entwicklung von weiteren TH1-Lymphozyten fördern und von TH2-Zellen hemmen.
Letztere werden durch von TH2-Zellen selbst gebildetes IL-4 und IL-10 positiv
gesteuert, wohingegen diese Zytokine auf die TH1-Zellen hemmend wirken. Das von
TH1-Zellen gebildete IL-2 fördert dagegen sowohl die Differenzierung und Proliferation
von TH1-Zellen als auch von TH2-Zellen. Dieses proinflammatorische Interleukin
unterliegt aber ebenso wie das antiinflammaroische IL-10 der inhibierenden Kontrolle
des IL-4 (Abb. 1).
naive
TH-Zelle
TH1Zelle
IFN-γ IL-4
TNF-β
IL-2
Abb. 1:
TH2Zelle
IL-5
IL-10
Wechselwirkungen der T-Helferzellsubpopulationen TH1 und TH2
8
Darüber hinaus wird die TH1-Antwort durch das von Makrophagen sezernierte IL-12
induziert. Auch IL-1, das wichtigste von Makrophagen sezernierte Zytokin, ist ein
vielfältiger Induktor von Entzündungsmediatoren.
Die Genexpression der Zytokine ist eine komplexe Kaskade von Tanskription und
posttranskriptionellen Prozessen, welche durch Veränderung von Transkriptionsfaktoren und Stabilisations- bzw. Degradationsfaktoren der mRNA beeinflußbar sind.
Bei diesen die Zytokinexpression beeinflussenden Faktoren handelt es sich um
spezifische DNA- bzw. RNA-bindende Proteine, die von Zytokinen, Eikosanoiden oder
auch Steroiden stimuliert oder inhibiert werden können [SCHREIBER 95].
Verschiebungen in dem Gleichgewicht zwischen TH1- und TH2-Zellen und somit der
jeweiligen Zytokine sind an der Entwicklung und auch Persistenz verschiedener
entzündlicher Erkrankungen wesentlich beteiligt [GEMSA 97, IBELGAUFTS 92].
In den folgenden Abschnitten wird auf die Interleukine IL-2, IL-5 und IL-10 näher
eingegangen. Dabei ist zu beachten, daß eine isolierte Darstellung von Zytokinen
künstlich ist und dem komplexen Zytokinnetzwerk nicht immer gerecht wird.
IL-1 und seine Funktionen werden im folgenden ebenfalls berücksichtigt werden, denn
zum einen steht dieses Zytokin häufig am Anfang der T-Zell-abhängigen
Immunantwort [HODGSON 95], und zum anderen interferieren die Glukokortikoide,
deren Wirkung hier untersucht wird, mit der IL-1-Produktion.
Interleukin-2:
Mitte der 70er Jahre wurde entdeckt, daß T-Lymphozyten unbegrenzt lange in Kultur
gehalten werden können, wenn man ihr Wachstumsmedium mit dem Medium
supplementiert, in welchem zuvor stimulierte T-Zellen gewachsen waren. Der
wachstumsfördernde Effekt dieses Mediums wurde auf einen von den aktivierten TZellen sezernierten Wachstumsfaktor („T-cell-growth-factor“) zurückgeführt. Dieser
konnte isoliert und charakterisiert werden und wurde Interleukin-2 genannt.
Das IL-2-Gen liegt auf Chromosom 4 und kodiert für ein Protein, das nach Abspaltung
einer Signalsequenz aus 133 Aminosäuren besteht und in unterschiedlichem Ausmaß
glykosyliert wird.
Die Synthese von IL-2 wird auf der Ebene der Transkription und posttranskriptioneller
Prozesse reguliert. So gibt es zum einen in T-Zellen einen Repressor, der die
posttranskriptionelle Prozessierung der IL-2-mRNA-Vorläufer beeinflußt und dazu
führt, daß bis zu 98 % der IL-2-mRNA nicht prozessiert werden [IBELGAUFTS 92].
9
Und zum anderen enthält die Promotorregion des IL-2-Gens mehrere Bindungsstellen
für spezifische Transkriptionsfaktoren, welche die Aktivierung oder Repression der
Genaktivität regulieren.
IL-2 wird hauptsächlich von der TH1-Subpopulation der CD4+ T-Helferzellen produziert
und ist ein essentieller Wachstums- und Aktivierungsfaktor für T-Lymphozyten. Dabei
nimmt es eine Schlüsselstellung bei der Aktivierung zytotoxischer CD8+ TLymphozyten ein. Die Bildung dieser CD8+ T-Zellen läuft in folgenden Schritten ab
(Abb. 2):
Zuerst werden TH1-Zellen durch antigenpräsentierende Zellen aktiviert, indem diese
Antigene zusammen mit MHC-Klasse-II-Molekülen anbieten und außerdem IL-1
sezernieren. Die dadurch aktivierten TH1-Zellen differenzieren sich und sezernieren
IL-2. Dieses Zytokin bindet zum einen autokrin, was zu einer klonalen Proliferation der
TH1-Zellen führt, und zum anderen parakrin an zytotoxische CD8+ T-Zellen. Letztere
wurden ihrerseits bereits durch Antigenpräsentation, hier zusammen mit MHC-KlasseI-Molekülen, in Gegenwart von IL-1 voraktiviert. Diese Voraktivierung führt zur
Expression von IL-2-Rezeptoren. Nach Bindung von IL-2 an den zellulären IL-2Rezeptor wird der gesamte Komplex internalisiert, woraufhin intrazelluläre Signalwege
initiiert werden, die zur Zellteilung und Generierung der Zellzytotoxizität führen.
IL-1
TH1
TH1
APC
Differenzierung
TH1
IL-2
TH1
IL-2
IL-1
klonale
Proliferation
CTL
APC
CTL
Voraktivierung
INF- γ
TNF- β
Zytotoxizität
CTL
CTL
AG
IL-2-R
Abb. 2:
MHC II
MHC I
CD4-TCR
CD8-TCR
Schema zur Aktivierung zytotoxischer T-Lymphozyten;
APC: Antigenpräsentierende Zellen, TH1: TH1-Lymphozyten, CTL: zytotoxische T-Lymphozyten,
AG: Antigen, MHC I bzw. II: Major Histocompatibility Complex I bzw. II,
CD4- bzw. CD8-TCR: CD4- bzw. CD8-T-Zellrezeptor, IL-2-R: Interleukin-2-Rezeptor
10
Interleukin-5:
Bei IL-5 handelt es sich um ein Polypeptid bestehend aus 115 Aminosäuren, dessen
Erbinformation auf Chromosom 5 kodiert ist. Dieses Interleukin wird vor allem von der
TH2-Subpopulation der CD4+ T-Helferzellen, aber auch von eosinophilen Granulozyten und Mastzellen [MORI 95] gebildet.
Die Synonyme für IL-5 wie z.B. „B-cell-differentiation/growth-factor“, „IgA-enhancingfactor“ und „eosinophil-differentiation-factor“ deuten schon auf folgende Funktionen
hin: IL-5 induziert Proliferation, Differenzierung und Immunglobulinsekretion von BZellen, wobei es möglicherweise eine besondere Rolle bei der Mukosaimmunität
spielt, denn es steigert die IgA-Produktion der B-Zellen in den Peyerschen Plaques.
Außerdem verstärkt es die IL-4-induzierte IgE-Produktion von B-Lymphozyten, was
seine Bedeutung bei Allergien unterstreicht. Dazu trägt auch die Tatsache bei, daß es
sich um einen hämopoetischen Wachstumsfaktor handelt, der Differenzierung und
Proliferation eosinophiler Granulozyten aus Knochenmarkvorläuferzellen stimuliert.
Zusammen mit IL-2 wirkt IL-5 synergistisch bei der Ausdifferenzierung unspezifischer
T-Lymphozyten zu zytotoxischen T-Zellen, unter anderem, indem es die Expression
von IL-2-Rezeptoren fördert [IBELGAUFTS 92].
Interleukin-10:
IL-10 ist ein Protein mit einer Länge von 160 Aminosäuren, dessen Erbinformation auf
Chromosom 1 kodiert ist. Es wurde 1990 entdeckt und als wichtiger Regulator
lymphatischer und myeloischer Zellen erkannt [GEMSA 97, IBELGAUFTS 92].
Hauptsächlich wird IL-10 von TH2-Zellen und Monozyten, aber auch B-Zellen,
produziert. FUSHIMI et al. beschreiben eine zehnfach stärkere IL-10-Produktion in
Monozyten als in Lymphozyten nach Stimulation, so daß sie als Hauptquelle des IL-10
nicht die TH2-Zellen, sondern die Monozyten in Betracht ziehen [FUSHIMI 97].
Wichtige Funktionen von IL-10 kommen in dem Synonym „Cytokine-synthesisinhibitory-factor“ zum Ausdruck, denn IL-10 inhibiert in TH1-Zellen und in
Makrophagen die Produktion inflammatorischer Zytokine. Weiterhin wird auf
Monozyten die Expression der MHC II-Moleküle reduziert und somit auch die
Antigenpräsentation eingeschränkt [NIELSEN 96]. Das hat eine Hemmung der
makrophagenabhängigen T-Zellproliferation und T-Zellzytotoxizität zur Folge. Dazu
11
trägt auch bei, daß IL-10 die Produktion des IL-1-Rezeptorantagonisten hochreguliert
[SCHREIBER 95]. IL-10 hat weiterhin autoregulative Aktivitäten, indem es seine
eigene Produktion reduziert.
Nach ELENKOV et al. trägt das Verhältnis des TH1-induzierenden IL-12 und des TH1inhibierenden IL-10 entscheidend zum TH1-TH2-Gleichgewicht und somit zu einer
ausgewogenen Immunitätslage bei [ELENKOV 96].
Neben seiner hemmenden Funktion wirkt IL-10 als Koaktivator für die Proliferation von
B-Lymphozyten mit resultierender polyklonaler IgG- und IgE-Synthese. Zu dieser BZellstimulation trägt IL-10 bei, indem es auf B-Lymphozyten im Gegensatz zu den
Monozyten die Expression von MHC II-Molekülen verstärkt [KUCHARZIK 95] und so
die Interaktion zwischen B-Zellen und T-Helferzellen fördert.
Verschiedene Autoren betonen die Bedeutung des IL-10 für Krankheiten allergischer
Genese [FUSHIMI 97]. So fördert IL-10 zusammen mit IL-4 die Proliferation und somit
auch die Histamingenese von Mastzellen [IBELGAUFTS 92]. Die Freisetzung der
gewebezerstörenden Sauerstoffradikale wird wiederum durch IL-10 gehemmt
[NIELSEN 96]. Weiterhin scheint IL-10 auf intestinale T-Lymphozyten einen
antiproliferativen Effekt zu haben [PALLONE 96]. Die besondere Rolle von IL-10 als
Suppressor von Makrophagen und T-Zellen wird vor allem in dem von KÜHN et al.
durchgeführten Versuch deutlich, in welchem gezeigt wurde, daß Knockout-Mäuse mit
genetisch bedingtem Mangel an IL-10 eine chronische Enterokolitis entwickeln. Die
fehlerhafte Immunkontrolle mit einer übermäßigen Antigenpräsentation einer Vielzahl
intestinaler Antigene durch MHC II-Moleküle führte bei diesen Mäusen zu einer
Überproduktion von Zytokinen wie IL-1, TNF-α und IFN-γ [KÜHN 93]. Dies weist auf
die wichtige immunregulatorische Funktion von IL-10 im Intestinaltrakt hin, die bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gestört ist.
12
Tab. 1:
Zytokin
Übersicht wichtiger Zytokine; ausgewählt nach GEMSA 97 und IBELGAUFTS 92.
Hauptproduzenten
Hauptwirkung
IL-1
Makrophagen
Aktivierung von T- und B-Zellen
IL-2
TH1-Zellen
Wachstumsfaktor für T- und B-Zellen
IL-3
T-Zellen
hämopoetischer Wachstumsfaktor
IL-4
TH2-Zellen
B-Zellaktivierung, Makrophageninhibierung
IL-5
TH2-Zellen
B-Zellaktivierung, Eosinophilenaktivierung
IL-6
Makrophagen, TH2-Zellen
Kostimulator für T- und B-Zellen
IL-7
Knochenmarkstromazellen
Proliferation von B-Zellen
IL-8
Makrophagen
Chemotaxis und Aktivierung von Neutrophilen
IL-9
T-Helferzellen
Proliferation von T-Helfer- und Mastzellen
IL-10
TH2-Zellen, Makrophagen
B-Zellaktivierung, TH1-Zellinhibierung
IL-11
Knochenmarkstromazellen
Proliferation von B-Zellen
IL-12
Makrophagen
TH1-Zellaktivierung
IL-13
T-Zellen
B-Zellaktivierung, Makrophageninhibierung
IL-14
T-Zellen
B-Zellproliferation, Blockade der Ig-Produktion
IL-15
Makrophagen
Stimulation der Zytotoxizität
IL-16
zytotoxische T-Zellen
Chemotaxis von T-Helferzellen
IL-17
T-Helferzellen
T-Zellstimulation
IFN-γ
TH1-Zellen
Makrophagenaktivierung
TNF-α
Makrophagen, T-Zellen
Stimulation der Zytotoxizität
TNF-β
TH1-Zellen
Stimulation der Zytotoxizität
1.3.3
Das Immunsystem des Gastrointestinaltraktes
Der Gastrointestinaltrakt stellt mit seiner bis zu 400 m2 großen Oberfläche die größte
Grenzfläche zwischen Organismus und Umwelt dar und ist dadurch einer Vielzahl
potentiell pathogener Noxen ausgesetzt. Um aber seiner Funktion als Resorptionsund Sekretionsorgan nachkommen zu können, ist er im Gegensatz zur Haut mit
einschichtigem Epithel ausgekleidet. Auf diese Weise sind nicht so sehr mechanische,
sondern funktionelle Prinzipien an der als Mukosablock bezeichneten Schrankenfunktion des Gastrointestinaltraktes beteiligt [SCHÖLMERICH 95].
Der Mukosablock wird durch das darmassoziierte lymphatische Gewebe (gut
associatied lymphoid tissue = GALT) aufgebaut. Das GALT muß zum einen
überschießende Immunantworten auf exogene Faktoren verhindern, und zum anderen
13
müssen gleichzeitig bestimmte Krankheitserreger hochselektiv erkannt und attackiert
werden.
Um dieser schwierigen Aufgabe nachkommen zu können, ist eine gute Koordination
der einzelnen Immunzellen notwendig, die unter anderem durch die Zytokine geregelt
wird. So zeigt sich auch bei fehlender Entzündung eine stärkere IL-2-Bildung im
Darmgewebe als im peripheren Blut, was auf den gesteigerten Aktivitätszustand des
intestinalen Immunsystems hinweist [MULLIN 92]. Mit der höheren IL-2-Produktion
kongruent, exprimieren sowohl die B- als auch die T-Lymphozyten im Darm stärker
als im peripheren Blut den IL-2-Rezeptor.
Bei den intraepithelialen Lymphozyten des GALT handelt es sich vor allem um
zytotoxische CD8+ T-Lymphozyten, wohingegen in der Lamina propria die CD4+ THelfer-Lymphozyten dominieren [SELBY 84]. In der Lamina propria finden sich
außerdem Plasmazellen, die hauptsächlich das Immunglobulin IgA produzieren [MAC
DERMOTT 81].
Neben diesen diffusen Ansammlungen von Lymphozyten lassen sich Anhäufungen
von organisiertem Lymphgewebe in Form der Peyerschen Plaques und der solitären
Lymphfollikel in der Darmwand abgrenzen, in denen rezirkulierende Lymphozyten aus
dem Blut akkumulieren. Dieses in Kompartimenten organisierte lymphatische Gewebe
stellt vor allem den afferenten Schenkel der Immunantwort des GALT dar, in dem die
Immunantwort initiiert wird. Dagegen entsprechen die diffus in der Mukosa verteilten
Immunzellen dem efferenten Schenkel des GALT, der die Immunantwort an der
Mukosaoberfläche ausführt.
Ein oral aufgenommenes Antigen wird über spezialisierte Zellen zu den Lymphfollikeln
der Darmwand transferiert, woraufhin undifferenzierte B- und T-Lymphozyten über die
mesenterialen Lymphknoten und den Ductus thoracicus in die Blutbahn gelangen, zu
Immunoblasten heranreifen, um dann zurück in der Darmschleimhaut sich zu immunkompetenten Zellen zu spezialisieren. Dabei wandern die aktivierten Lymphozyten
bevorzugt in die Region zurück, wo sie aktiviert wurden. Diese Rezirkulation wird als
„lymphocyt homing“ bezeichnet (Abb. 3).
14
Abb. 3:
Schematische Darstellung des lymphocyt homing; entnommen aus VORLAENDER 83
Im Gegensatz zum systemischen T-Lymphozytensystem entwickelt sich ein Großteil
der T-Zellen des GALT thymusunabhängig und unterliegt somit keiner Negativselektion. Daher umfaßt diese T-Zellpopulation auch potentiell autoaggressive
Lymphozyten, die zur Verhinderung autoreaktiver Prozesse einer regionalen
Suppression unterliegen müssen [ADLER 96]. Die T-Zellen in der Lamina propria
zeigen phänotypische Charakteristika von Gedächtniszellen, so daß nach Einwirken
eines spezifischen Antigens das Immunsystem sofort reagieren kann. Dabei
proliferieren die T-Zellen nach Stimulation durch Antigene weniger, als daß sie mit
Helferfunktionen antworten, und somit die lokale Immunantwort durch Sekretion
unterschiedlicher Zytokine regulieren [ZEITZ 90].
Durch die Rezirkulation von Lymphozyten führen die von ihnen sezernierten
inflammatorischen Zytokine, je nach Entzündungsstärke, neben intestinalen auch zu
systemischen Reaktionen [ANDUS 91, NIEDERAU 97, SARTOR 94].
1.3.4
Das Immunsystem bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Der chronische Entzündungszustand bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa führt zu
vielfältigen Veränderungen des Immunsystems, bzw. möglicherweise polygenetisch
bedingte Besonderheiten des Immunsystems bedingen wiederum das chronische
Entzündungsgeschehen. Auf letzteres weisen Untersuchungen an transgenen
15
Mäusen mit genetisch bedingtem Mangel an IL-2, IL-10 oder des T-Zellrezeptors hin
[KOMANO 95, KÜHN 93]. Bei diesen Knockout-Mäusen kam es zu Darmschleimhautalterationen
mit
Kryptenabszessen
und
Ulzerationen,
ohne
daß
zuvor
ein
Epithelschaden vorgelegen hat.
MAC DONALD et al. beobachteten, daß aktivierte T-Zellen eine Kryptenhyperplasie
und villöse Atrophie verursachen. Die aktivierten T-Zellen sezernieren vermehrt die
TH-1-Zytokine IL-2 und INF-γ [MAC DONALD 88], wobei erhöhte Konzentrationen von
IFN-γ
zu
einer
gesteigerten
Darmpermeabilität
und
Rekrutierung
antigen-
präsentierender Monozyten in der Darmmukosa beitragen [PALLONE 96]. Die TH1Dominanz in den entzündlichen Schleimhautläsionen ließ sich mit Antikörpern gegen
IFN-γ bzw. gegen das TH1-induzierende IL-12, aber auch durch Applikation des TH2Zytokins IL-10, reduzieren [FUSS 96].
Die Relation der CD4+- zur CD8+-Subpopulation weicht bei den chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen im peripheren Blut und in der intestinalen Lamina
propria nicht signifikant gegenüber den Kontrollen ab. Allerdings finden sich, bedingt
durch die Rekrutierung der T-Lymphozyten im darmassoziierten Immunsystem,
besonders bei aktiver Krankheit leicht erniedrigte T-Zellkonzentrationen im peripheren
Blut [SELBY 84].
Weiterhin werden in der intestinalen Mukosa die Oberflächenmarker CD45RO, die für
CD4+ T-Gedächtniszellen charakteristisch sind, sowie die MHC II-Moleküle, die durch
Antigenpräsentation T-Helferzellen aktivieren, verstärkt exprimiert.
ZEITZ et al. gehen bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen von einem
Ungleichgewicht zwischen Aktivator- und Suppressorfunktionen infolge eines T-Zelldefektes aus. Daraus resultiere nach Antigenstimulation eine überschießende
Proliferation immunkompetenter Zellen. Ein solcher T-Zelldefekt könnte sich in einem
veränderten Zytokinmuster zeigen [ZEITZ 90].
Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa zeigen sich die Serumspiegel von IL-1 [HODGSON 95, SHER 95] und vor allem beim Morbus Crohn, aber
weniger bei der Colitis ulcerosa, die Konzentrationen von IL-6 [ANDUS 91,
GROSS 92, SHER 95] erhöht. Bei diesen Interleukinen handelt es sich um Induktoren
von
Akute-Phase-Proteinen
in
der
Leber
und
verschiedener
Zytokine
in
Entzündungszellen. Ebenso findet sich IL-8, ein chemotaktischer Faktor für
neutrophile Granulozyten, bei beiden Krankheitsbildern vermehrt [ISAACS 92,
SHER 95].
16
Einen
interessanten
Unterschied
zwischen
chronisch
entzündlichen
Darmer-
krankungen und einer infektiösen Kolitis lieferte eine Untersuchung, nach der bei
beiden Erkrankungen die IL-1-Level in der entzündeten Mukosa erhöht waren, aber
nur bei der infektiösen Kolitis auch in gleichem Maße die IL-1-Rezeptorantagonisten
anstiegen. Dagegen herrschte bei den chronischen Darmerkrankungen ein relativer
Mangel an diesem Antagonisten [ISAACS 92, HODGSON 95, SCHREIBER 95].
Bei der Colitis ulcerosa lassen sich für IL-2 und auch IFN-γ normale bis erniedrigte
Konzentrationen nachweisen, während diese TH1-Zytokine beim Morbus Crohn - wie
auch bei anderen chronischen granulomatösen Entzündungen - erhöht sind
[BREESE 93, MULLIN 92, SHER 95]. In Übereinstimmung hiermit zeigt sich bei
Morbus Crohn eine erhöhte Freisetzung löslicher IL-2-Rezeptoren [BREESE 93,
MUELLER 90, ZEITZ 90]. Demgegenüber sind die TH2-Zytokine IL-4, IL-5 und IL-10
bei der Colitis ulcerosa besonders stimuliert, normal oder sogar erniedrigt beim
Morbus Crohn [FUSS 96]. Aus diesen Ergebnissen hat man die Hypothese abgeleitet,
daß es sich bei der Colitis ulcerosa um eine TH2-gewichtete und beim Morbus Crohn
um eine TH1-gewichtete Erkrankung handelt. Hierfür argumentiert auch die
Entdeckung, daß IL-12 als Induktor einer TH1-Zytokinantwort beim Morbus Crohn im
Unterschied zur Colitis ulcerosa erhöht ist [MONTELEONE 97, PARRONCHI 97].
Verschiedene Autoren wiesen bei beiden Erkrankungen erhöhte Werte des
antiinflammatorisch wirksamen IL-10 sowohl in Darmresektaten [AUTSCHBACH 96],
als auch im Serum [KUCHARZIK 95, NIEDERAU 97] nach. Andere Autoren betonen
mehr einen Defekt dieser antiinflammatorischen Zytokine, der sich bei der Colitis
ulcerosa in intestinal verminderten IL-10-Werten und beim Morbus Crohn in
reduzierten IL-4-Werten ausdrücke [NIELSEN 96, PARRONCHI 97]. Dagegen liegen
auch Untersuchungen vor, die keine Unterschiede bezüglich des IL-10 im chronisch
entzündeten Darmgewebe und normalem Darmgewebe aufzeigen [SCHREIBER 95].
BRYNSKOV et al. geben sowohl für den Morbus Crohn als auch für die Colitis
ulcerosa im entzündeten Darmgewebe erhöhte IL-2-Werte an [BRYNSKOV 92]. Auch
im Hinblick auf weitere Zytokine fanden verschiedene Autoren keine signifikanten
Unterschiede
zwischen
Morbus
Crohn
und
Colitis
ulcerosa
[ISAACS 92,
NIEDERAU 97].
Daß sich die Immunreaktionen bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
nicht nur im entzündeten Darmgewebe abspielen, wird dadurch unterstrichen, daß
sich die Interleukine IL-1, IL-2, IL-6 und IL-8 bei dem segmentalen Morbus Crohn in
17
entzündeten und nicht entzündeten Darmsegementen gleichermaßen erhöht finden
[SHER 95].
Neben der veränderten T-Zellantwort ist bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auch die intestinale B-Zellantwort verändert. Allerdings beruht die
Aktivierung und Steuerung von B-Lymphozyten wiederum auf Interaktionen mit TZellen und der Freisetzung bestimmter Zytokine.
Das humorale Immunsystem des Darmtraktes wird zum großen Teil vom
sekretorischen IgA gebildet, das einen wichtigen Beitrag zur Oberflächenabwehr
liefert, indem es nicht komplementfixiert ist und so Antigene abfangen kann, ohne
eine Entzündung zu induzieren. Bei Colitis ulcerosa und beim Morbus Crohn findet
man intestinal eine ehöhte Anzahl an Plasmazellen, und auch wenn weiterhin die IgAsezernierenden Plasmazellen dominieren, so verschiebt sich das Verhältnis der
Sekretionsraten doch zugunsten einer vermehrten IgG- und IgM-Produktion
[HAWTHORNE 89]. Das bedeutet ein vermehrtes Anfallen von Antikörpern, die über
Fixierung von Komplement zytotoxisch und damit gewebsschädigend wirken.
Weiterhin zeigen die Plasmazellen eine erhöhte Spontansekretion von monomeren
IgA-Molekülen im Unterschied zum regulär sezernierten dimeren IgA [ZEITZ 90]. Die
teilsweise gemessenen erniedrigten IgA-Syntheseraten in der chronisch entzündeten
intestinalen Mukosa bei gesteigerter IgA-Sekretion von peripheren Plasmazellen
wurde auf eine defekte Rezirkulation der Plasmazellen zurückgeführt [MAC
DERMOTT 81].
Bezüglich
der
Eikosanoide
zeigten
LAURITSEN
et
al.,
daß
die
rektalen
Konzentrationen von Prostaglandin E2 und Leukotrien B4 mit dem Aktivitätsindex der
Colitis ulcerosa positiv korrelieren und daß sich die Konzentrationen unter
Prednisoloneinläufen sowie unter systemischer Medikation signifikant verringern
[LAURITSEN 86]. Auf diese Glukokortikoidinteraktionen wird im nächsten Abschnitt
näher
eingegangen.
Die
erhöhte
Konzentration
des
schleimhautprotektiven
Prostaglandin E2 wird von diesen Autoren - ähnlich wie für IL-10 [KUCHARZIK 95] als sekundäres Phänomen auf die gesteigerte Entzündungsaktivität gedeutet, zumal
selektive Inhibitoren der Cyclooxygenase keine positiven klinischen Effekte bewirken.
Demgegenüber
lieferten
kontrollierte
Studien
mit
selektiven
Lipoxygenase vielversprechende Ergebnisse [LAURSEN 94].
Inhibioren
der
18
1.4
Glukokortikoide
1.4.1
Geschichtliche Entwicklung der Glukokortikoide
Das physiologisch wichtigste Glukokortikoid ist Cortisol (= Hydrocortison). Es wurde
1937 unabhängig voneinander von KENDALL und WINTERSTEINER entdeckt. Zur
gleichen Zeit machte HENCH die Beobachtung, daß Patienten mit chronischer
Polyarthritis während einer Schwangerschaft oder bei Gelbsuchterkrankung eine
vorübergehende Remission ihrer Krankheit bekamen. HENCH vermutete, daß die von
KENDALL erforschten Nebennierenrindenhormone die Ursache für die Besserung
sein könnten [KAISER 92].
Nachdem 1948 ein Syntheseweg gefunden und so weit verbessert war, daß eine
Produktion möglich war, lieferte der Pharmakonzern Merck die erste pharmazeutische
Zubereitung von Cortison. Hiermit behandelte man eine Patientin, die an einer
immobilisierenden chronischen Polyarthritis litt. Schon nach drei Tagen Behandlung
mit einer zweimal täglichen Injektion von 50 mg Cortison konnte die Patientin ohne
Schmerzen aufstehen, was als das „Cortison-Wunder“ bezeichnet wurde [KAISER 92,
KLINKENBERG 87].
In einer ersten Publikation aus dem Jahr 1949 wurden bereits die entscheidenden
Merkmale dieser neuen Therapie beschrieben:
- Klinischer Effekt nach wenigen Tagen,
- Dosisabhängigkeit der Wirkung,
- Blutsenkung fällt parallel zur klinischen Besserung,
- Rückfall nach Absetzen der Behandlung,
- unerwünschte Wirkungen bei langfristiger Anwendung.
1.4.2
Allgemeine Charakterisierung der Kortikosteroide
Unter Kortikosteroiden versteht man alle Steroide der Nebennierenrinde, die aus der
Ausgangssubstanz Cholesterol in den verschiedenen Rindenzonen produziert werden.
In der Zona fasciculata werden die Glukokortikoide gebildet, die insbesondere den
Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel beeinflussen. In der Zona glomerulosa
werden die in den Mineralstoffwechsel eingreifenden Mineralkortikoide produziert,
während in der Zona reticularis in geringen Mengen Androgene gebildet werden.
Glukokortikoide verstärken vorwiegend in der Leber die Bildung von Enzymen, die für
die physiologischen Wirkungen der Glukokortikoide verantwortlich sind. Dabei handelt
19
es sich um Enzyme der Glukoneogenese, die folglich zu einer Erhöhung des
Blutzuckers führen, woher auch der Name der Glukokortikoide stammt. Dieser Effekt
ist wesentlich für die Eigenschaft der Glukokortikoide als Streßhormone, aber auch für
die pharmakologische Nebenwirkung eines Steroiddiabetes.
Durch ihre Beeinflussung des Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsels sowie des
Elektrolyt- und Wasserhaushaltes ermöglichen die Nebennierenrindenhormone die
Aufrechterhaltung der Homöostase. Die physiologische Bedeutung dieser Hormone
besteht darin, den Organismus auf äußere und innere Beanspruchungen, also auf
Streß, reagieren zu lassen. Dabei schützen vor allem die Glukokortikoide den
Organismus jedoch auch vor überschießenden streßinduzierten Verteidigungsmechanismen [GRAUPE 84]. Durch Akzentuierung dieser physiologischen Wirkungen
haben die Glukokortikoide in pharmazeutischen Dosierungen antiphlogistische und
immunsuppressive Effekte, auf die in den nächsten Abschnitten näher eingegangen
werden soll.
1.4.3
Molekularer Angriffspunkt der Glukokortikoide (Abb. 4)
Der Rezeptor für Glukokortikoide liegt im Zytosol und ist ubiquitär vorhanden, wobei
die Resultate der Interaktion gewebe- bzw. zellspezifisch sind.
Nachdem die Steroide passiv die Zellmembran passiert haben, gehen sie eine
Verbindung mit dem zytosolischen Rezeptor ein und bewirken durch Abspaltung eines
Hitzeschockproteins eine Änderung der Rezeptorkonformation. Dadurch kann der
Kortikoid-Rezeptor-Komplex in den Zellkern transloziert werden, wo er an die positiv
oder negativ glukokortikoidresponsiven Elemente der DNA bindet [BUTTGEREIT 96]
und eine allosterische Änderung der RNA-Polymerase mit der Folge einer
gesteigerten oder verminderten Aktivität bewirkt [SAJDEL 71]. Alternativ kann der
Komplex mit Transkriptionsfaktoren reagieren und dadurch deren Bindung an die DNA
und somit die Transkription alterieren [ADCOCK 95, NEURATH 96]. BARNES et al.
gehen davon aus, daß vor allem die Interaktionen mit den Transkriptionsfaktoren für
die vielfältigen antiinflammatorischen Wirkungen der Glukokortikoide verantwortlich
sind, da nur so die Expression multipler inflammatorischer Gene gehemmt werden
könne [BARNES 98].
Neben der Transkription können Glukokortikoide auch posttranskriptionelle und
posttranslationelle Prozesse modulieren [ELENKOV 96, FUSHIMI 97]. Außerdem
kann sich der Glukokortikoid-Rezeptor-Komplex mit zytoplasmatischen Proteinen
verbinden und deren Funktion beeinflussen.
20
Glukokortikoid
Zellmembran
Protein
GC-R mit HSP
HSP
Zellkern
TF
DNA
TF
+ GRE
+
mRNA
- GRE
-
-
inflammatorische Zytokine
Expression von Rezeptoren
Lipokortin
protektive Zytokine
Abb. 4:
Wirkmechanismen der Glukokortikoide;
GC-R: Glukokortikoidrezeptor, HSP: Hitzeschockprotein, TF: Transkriptionsfaktor,
+GRE: glukokortikoidresponsive Elemente, -GRE: negativ glukokortikoidresponsive Elemente
Die Genom-Interaktionen führen im Zeitraum einiger Stunden zu einem Effekt
[ZABEL 90]. In hohen Konzentrationen rufen Glukokortikoide auch von Transkription
und Translation unabhängige Sofortwirkungen im Sekundenbereich hervor. Als ein
möglicher Wirkmechanismus hierfür wird der Einbau von Glukokortikoiden in die Zellmembranen mit der Folge einer Membranstabilisierung diskutiert [BUTTGEREIT 96,
SCHLEIMER 84]. Diese Sofortwirkung der Steroide wird auch für den therapeutischen
Nutzen einer hochdosierten, über die Besetzung aller Steroidrezeptoren hinausgehenden, Akuttherapie verantwortlich gemacht. Die Angaben über die Dosis, bei der
21
nahezu
alle
Glukokortikoidrezeptoren
besetzt
sind,
liegen
zwischen
60 mg
[SHIMADA 97] und 300 mg Prednisolonäquivalent intravenös [BUTTGEREIT 96].
Die bei etwa 15 % der Bevölkerung [WALKER 87] zu beobachtende Steroidresistenz
kann auf einer reduzierten Rezeptoranzahl, einer verminderten GlukokortikoidRezeptoraffinität oder auch einer Abschwächung der Bindung des Hormon-RezeptorKomplexes an die DNA beruhen. Die positive Korrelation zwischen dem Auftreten
einer Steroidresistenz und der Anzahl an Glukokortikoidrezeptoren [SHIMADA 97,
WALKER 87] ist als Kompensationsversuch bei verminderter Rezeptoraffinität
gegenüber Glukokortikoiden zu werten.
1.4.4
Einfluß der Glukokortikoide auf zirkulierende Zellen
Ca. vier Stunden nach Kortikoidgabe (FAUCI bzw. RINEHART et al. untersuchten die
Wirkung von 100 - 400 mg Hydrocortison i.v., bzw. 50 mg Prednison p.o.) kommt es
zu einer transienten Lymphopenie und Monozytopenie durch Umverteilung vom
intravaskulären Pool in das Knochenmark und das lymphatische Gewebe [FAUCI 74,
RINEHARD 75 PARILLO 78]. Dabei werden die T-Lymphozyten stärker als die BLymphozyten reduziert. Eine zur Lymphopenie führende Zerstörung von Lymphozyten
findet nicht statt, doch es wurde eine Lysis bzw. Induktion der Apoptose von
Untergruppen
aktivierter
Lymphozyten
beschrieben
[CUPPS 82,
KIRSCH 99].
Lymphozyten und Monozyten erreichen 24 Stunden nach Medikation wieder ihre
Ausgangswerte, wobei auch bei fortgesetzter Therapie die Anzahl der Monozyten
nach dieser Zeit wieder ansteigt [RINEHART 75] im Gegensatz zu der unter
Medikation persistierenden Lymphopenie [FAUCI 75].
Eine Steroidtherapie führt zu einer Abnahme des Verhältnisses von CD4+- zu CD8+ THelferzellen [OEHLING 97] und des Verhältnisses von Gedächtnis- zu naiven T-Zellen
[CORRIGAN 93]. Außerdem wird die Zahl der eosinophilen [SCHLEIMER 94] und
basophilen Granulozyten reduziert. Die Eosinopenie ist Folge einer verkürzten
Überlebensdauer eosinophiler Granulozyten durch verminderte IL-5-Bildung, so daß
es zu einer Eindämmung allergischer Reaktionen kommt - ein wichtiges Einsatzgebiet
der Glukokortikoide [CORRIGAN 93, DOI 94]. Im Gegensatz zur Abnahme der
eosinophilen und basophilen steigen die neutrophilen Granulozyten in der Peripherie
durch Mobilisierung aus dem Knochenmark an. Allerdings wird zum einen die
Anhaftung der Granulozyten an das Gefäßendothel durch eine Hemmung der
Adhäsionsmoleküle und zum anderen die Chemotaxis verhindert [BUTTGEREIT 96].
22
Beide Tatsachen führen zu einer verminderten Rekrutierung der Neutrophilen im
Entzündungsherd und können so die charakteristische Neutrophilie ohne eine
resultierende gesteigerte Abwehr erklären. Auch Monozyten reagieren neben der
Umverteilung mit einer Hemmung ihrer Chemotaxis und Phagozytosefähigkeit sowie
Freisetzung von lysosomalen Enzymen und Sauerstoffradikalen. Dazu trägt die
verminderte Freisetzung des makrophagenaktivierenden chemotaktischen Faktors
(MCAF) bei, indem Steroide die Transkription der MCAF-Gene hemmen und die
MCAF-mRNA destabilisieren [MUKAIDA 91]. Hier zeigt sich bereits, daß Steroide zum
einen indirekt die Funktionsfähigkeit der Immunzellen durch Umverteilung reduzieren
und daß sie aber auch direkt auf die Funktionalität Einfluß nehmen können.
1.4.5
Einfluß der Glukokortikoide auf den Arachidonsäuremetabolismus
Die pharmakologische Wirkung der Steroide als Antiphlogistika und Immunsuppressiva beruht unter anderem auf der vermehrten Bildung des Proteins Lipokortin
[GOULDING 93] (Abb. 4). Dieses ist ein Antagonist der Phospholipase A2, die als
Schlüsselenzym des Eikosanoidstoffwechsels die Freisetzung von Arachidonsäure
aus Membranen katalysiert (Abb. 5). Aus der Arachidonsäure werden unter
Einwirkung der Enzyme Cyclooxygenase und Lipoxygenase die Eikosanoide
Prostaglandine und Leukotriene gebildet, welche an Entzündung, Fieber und Schmerz
beteiligt sind. Leukotrien B4 wird vor allem aus Granulozyten- und Monozytenmembranen metabolisiert, wobei es auch auf diese Entzündungszellen chemotaktisch
wirkt und aus ihnen lysosomale Enzyme und Sauerstoffradikale freisetzt.
Da durch einen Mangel an Arachidonsäure sowohl der Cyclooxygenase als auch der
Lipoxygenase ihr Substrat entzogen wird, haben die Glukokortikoide eine wesentlich
stärkere antiinflammatorische Wirkung als die nichtsteroidalen Antiphlogistika, die nur
über eine Hemmung der Cyclooxygenase die Prostaglandinsynthese zu hemmen
vermögen.
23
OH
R P O CH2O
O
CH C
CH2 C
O
COOH
Membranphospholipid
HOOC
Phospholipase A2
O
Lipokortin
Glukokortikoide
HO
H
OH
Arachidonsäure
OH
Prostacyclin
Cyclooxygenase
COOH
Lipoxygenase
HO
OH
OH
O
O
COOH
HO
Thromboxan A2
COOH
O
Leukotrien B4
Prostaglandin E2
Abb. 5:
Die Arachidonsäurekaskade und ihr Angriffspunkt durch Glukokortikoide
Prostanglandine und Leukotriene können einen Einfluß auf Zytokine über veränderte
Genexpression ausüben [BRYNSKOV 92a].
So ist Prostaglandin E2 ein endogener substantieller und funktioneller Inhibitor von
IL-1, indem es die Synthese von IL-1 und die proliferative Antwort von Lymphozyten
auf IL-1 hemmt [KNUDSEN 86]. Dies ist als negative Rückkopplung zu verstehen, da
IL-1 ein Induktor von Prostanglandin E2 ist [ISAAKS 92, MIURA 85], welches unter
anderem die pyrogene Wirkung von IL-1 im Gehirn vermittlet [BRYNSKOV 92a].
Bezüglich des IL-2 zeigt sich, daß seine Synthese von Prostaglandin E2 gehemmt und
von Leukotrien B4 gefördert wird. Prostaglandinsyntheseinhibitoren führen somit zu
einer
vermehrten
IL-2-Produktion
[RAPPAPORT 82].
Ebenso
beobachteten
GOODWIN et al., daß Lipoxygenaseinhibitoren, nicht aber Cyclooxygenaseinhibitoren,
ähnliche Hemmwirkungen auf die IL-2-Produktion und Lymphozytenproliferation wie
Steroide haben [GOODWIN 86].
Insgesamt zeigen sich zwischen dem Arachidonsäuremetabolismus und den
Zytokinen, wie auch im Zytokinnetzwerk selbst, zahlreiche Interaktionen, die durch
Glukokortikoide in vielfältiger Weise beeinflußt werden.
24
1.4.6
Einfluß der Glukokortikoide auf die Zytokinbildung
Wie oben bereits beschrieben, können Glukokortikoide auf die ZytokingenPromotoren und somit die Zytokinbildung über Bindung des Steroid-RezeptorKomplexes an die glukokortikoidresponsiven Elemente oder an Transkriptionsfaktoren
Einfluß nehmen. Dabei hängt die jeweilige Wirkung der Steroide auf die
Zytokinproduktion und die klonale Proliferation von CD4+ T-Zellen vom Stadium der TZell-Differenzierung ab. So bewirken Glukokortikoide eine ca. 100-fach schwächere
Reduktion der klonalen Zellproliferation von Gedächtnis-CD4+ T-Zellen (CD4+45RO+)
gegenüber naiven CD4+ T-Zellen (CD4+45RO-) [BRINKMANN 95, UMLAND 97].
In naiven CD4+ T-Zellen wird die Bildung inflammatorischer Zytokine wie IL-2, IL-5 und
IFN-γ inhibiert und die Produktion protektiver Zytokine wie IL-4 und IL-10 induziert.
Dagegen werden bei den CD4+ T-Gedächtniszellen die Zytokine IL-4, IL-5 und IL-10
gehemmt,
wohingegen
IFN-γ
nur
schwach
inhibiert
wird
[BRINKMANN 95,
NEURATH 96] (Abb. 6).
CD4+
TH-Zelle
CD4+45ROnaiveTH-Zelle
CD4+45RO+
GedächtnisTH-Zelle
Glukokortikoide
IL-4 ↑
IL-10 ↑
IL-5 ↓
IL-2 ↓
IFN- γ ↓
Abb. 6:
IL-4 ↓
IL-5 ↓
IL-10 ↓
IFN- γ (↓)
Einfluß von Glukokortikoiden auf das Zytokinprofil von naiven T-Helferzellen und
Gedächtnis-T-Helferzellen [nach NEURATH 96]
Dies deutet auf eine Verstärkung der TH2-Antwort bei naiven TH-Zellen und
demgegenüber auf eine Abschwächung der TH2-Antwort mit folglicher Betonung der
TH1-Zytokine bei Gedächtnis-TH-Zellen durch Glukokortikoide hin.
Ebenso ist der Zeitpunkt der Zytokindetektion nach Glukokortikoidapplikation
wesentlich. So konnten HODGE et al. zeigen, daß Gukokortikoide nach 4 h zu einer
Abnahme der Zytokinproduktion pro Zelle und nach 24 h sowohl zu einer Dezimierung
25
der Zytokinproduktion pro Zelle als auch des prozentualen Anteils der zytokinproduzierenden Zellen führen [HODGE 99].
Verschiedene Autoren haben unter Kortikoidapplikation eine deutliche Hemmung von
IL-2, IL-5, IFN-γ und TNF-α sowie eine nur geringfügige Abnahme oder sogar
Steigerung
von
DAYNES 89,
IL-4
und
DANDONA 99,
IL-10
festgestellt
DOZMOROV 98,
[BISCHOF 98,
CROCKER 98b,
HODGE 99,
RAMIREZ 96,
VISSER 98]. VERHOEF et al. beschreiben hierbei im Zusammenhang mit
rheumatoider Arthritis eine nur kurzfristige Abnahme von IFN-γ und eine längerfristige
Zunahme von IL-10 [VERHOEF 99]. ELENKOV et al. konnten in-vitro eine
nichtsignifikante Hemmung der IL-10-Produktion durch Dexamethason gegenüber
einer hochsignifikanten Hemmung der Bildung von IL-12, einem Induktor der TH1Antwort, nachweisen [ELENKOV 96].
Diese für eine glukokortikoidinduzierte TH2-Präferenz sprechenden Ergebnisse
werden von Untersuchungen relativiert, die neben einer Verminderung des von TH1Zellen sezernierten IL-2 und IFN-γ eine deutliche Reduktion der TH2-Interleukine IL-4
und IL-5 und auch IL-10 lieferten [CROCKER 98a, FUSHIMI 97, MORI 95,
SEWELL 98, UMLAND 97].
Dabei wird insbesondere bei Allergikern IL-5 durch Steroide inhibiert. Sowohl naive als
auch Gedächtnis-T-Zellen reagieren auf Steroide mit einer verminderten IL-5Synthese, so daß es einheitlich und unabhängig von Zeitpunkt und Dauer der
Medikation
zu
einer
IL-5-Reduktion
kommt
[NEURATH 96,
OKAYAMA 94,
ROLFE 92].
Der Effekt von Steroiden auf IL-10 wird als biphasisch beschrieben, indem die
Produktion von IL-10 bei niedrigen Steroidkonzentrationen stimuliert [FRANCHIMONT
99b, HODGE 99] und bei höheren Konzentrationen inhibiert werde [FRANCHIMONT
99b]. Dabei wird der inhibierende Effekt von Budesonid auf IL-10 durch IL-2 reduziert
[LARSSON 99], was die Balance der Zytokine demonstriert.
Andere Autoren wiederum zweifeln die Hypothese an, daß Glukokortikoide überhaupt
die TH1- bzw. die TH2-Zytokinproduktion differenziert beeinflussen können; sie
beschreiben eine allgemeine Suppression der Interleukinproduktion [MOYNIHAN 98].
Das wichtigste von Makrophagen sezernierte Zytokin IL-1 mit seinen multiplen
biologischen Wirkungen wird ebenfalls von Glukokortikoiden gehemmt.
ZABEL et al. wiesen einen zirkadianen Rhythmus der IL-1-Produktion nach, der aber
vom physiologischen Rhythmus der Cortisolproduktion unabhängig sei. Dagegen
stellten sie bei unphysiologischen Cortisolkonzentrationen durch Hyperkortisolismus
26
oder Medikation eine Hemmung von IL-1 fest [ZABEL 90]. Hierbei scheinen Glukokortikoide nicht die IL-1-Transkription, sondern die Translation des Proteins und
posttranslationelle Prozesse wie Ausschleusung aus der Zelle zu hemmen [KERN 88]
oder auch als direkte Antagonisten der IL-1-Aktionen aufzutreten [RHODES 86].
Die Hemmung von IL-1 führt konsekutiv zu einer verminderten Freisetzung von IL-2,
welches aber auch direkt durch Glukokortikoide inhibiert wird.
Der Einfluß der Glukokortikoide auf die IL-2-Kaskade wird von einigen Autoren
ausschließlich auf die Hemmung der IL-2-Produktion zurückgeführt [LILLEHOJ 85],
wohingegen andere Autoren zusätzlich eine verminderte IL-2-Rezeptor-Expression
[REED 86] und weiterhin eine deutlich eingeschränkte IL-2-Bindung an bereits
existierende Rezeptoren [HORST 87] nachgewiesen haben. Ein Konsens hieraus
stellen Messungen her, nach welchen eine Hemmung der IL-2-Rezeptorbildung erst
bei höheren Steroidkonzentrationen gelingt [RANDAZZO 84]. Weiterhin zeigten
GILLIS et al. neben anderen Arbeitsgruppen, daß durch 10-6 mol/l Dexamethason die
IL-2-Produktion mit daraus resultierender T-Zellproliferation um bis zu 100 % und
dagegen bei bereits produziertem IL-2 die T-Zellproliferation nur um ca. 25 %
gehemmt wird [GILLIS 79, GRAUPE 84, RANDAZZO 84].
In der IL-2-Dezimierung sahen GILLIS et al. neben der pharmakologischen Funktion
auch eine physiologische Wirkung der Glukokortikoide. So sei die nach Adrenalektomie zu beobachtende Lymphozytose u.a. Ausdruck einer verstärkten T-Zellproliferation durch verminderte Suppression des IL-2 durch adrenale Glukokortikoide.
Sowohl die Förderung der protektiven Zytokine in naiven T-Zellen als auch die
Hemmung des am Anfang stehenden Amplifikationssystems aus IL-1 und IL-2 und
somit der klonalen T-Zellexpansion [GILLIS 79] liefert eine Erklärung für die effektive
Beeinflußbarkeit der frühen Immunantwort durch Glukokortikoide. Demgegenüber
verstärkt sich mit fortschreitendem Immungeschehen die Immunreaktion kaskadenartig mit der Folge einer eingeschränkten Änderung einer bereits etablierten
Immunantwort.
Als weitere Effekte der Glukokortikoide auf Zytokine wurde eine verminderte
Expression von IL-3, IL-6, IL-8, TNF-α und GM-CSF beschrieben [BRYNSKOV 92a,
BUTTGEREIT 96, GOULDING 93, MUKAIDA 91].
Auch in physiologischen Konzentrationen modulieren die Glukokortikoidhormone
Entzündungs- und Immunreaktionen, indem sie als Regulatoren der Zytokinproduktion
agieren. Dabei werden die immunsuppressiven Effekte der Steroide durch den von
ihnen selbst induzierten proinflammatorischen Migrationsinhibitionsfaktor (MIF), durch
27
welchen chemotaktisch rekrutierte Makrophagen am Ort der Reaktion festgehalten
werden, gegenreguliert und ausbalanciert. Allerdings wird MIF bei steigenden
Kortikoidkonzentrationen
nicht
mehr
induziert
und
somit
der
Körper
vor
überschießenden Entzündungen geschützt [CALANDRA 95].
1.4.7
Einfluß der Glukokortikoide auf Rezeptoren
Neben ihrer Hemmung von Zytokinen reduzieren die Glukokortikoide vor allem die
zelluläre Immunantwort, indem sie die Expression von Rezeptoren, speziell MHCMolekülen, verändern. Hierdurch wird die Antigenpräsentation für T-Lymphozyten und
dadurch wiederum die T-Zellaktivierung beeinträchtigt [GERRARD 84].
Hierbei scheinen die Steroide die Antigenpräsentation vor allem auf der Ebene der
Antigenprozessierung und Assoziation mit den MHC II-Molekülen zu stören. Denn im
Gegensatz zu einer verminderten MHC II-Expression unter Steroidappliklation bei
Mäusen [SNYDER 82], wurde beim Menschen eine Zunahme von MHC II-Molekülen
festgestellt [GERRARD 84, RHODES 86].
Weiterhin wird durch Kortikosteroide die Expression von IgG-Fc-Rezeptoren auf
Makrophagen und somit die Elimination von Antigen-Antikörper-Komplexen inhibiert.
1.4.8
Einfluß der Glukokortkoide auf die Antikörperproduktion
B-Lymphozyten sind relativ resistent gegenüber dem direkten Effekt von Steroiden, so
daß die Antikörpersynthese nur wenig supprimiert wird [HAYNES 79]. Hauptsächlich
erfolgt die Beeinflussung der B-Zellfunktion indirekt über die T-Helferzellen und die
von ihnen sezernierten Interleukine, welche sowohl supprimierende als auch
aktivierende Wirkungen ausüben.
BUTLER et al. fanden unter hochdosierter Methylprednisolontherapie bei fast allen
gesunden Probanden im Serum eine IgG-Abnahme, bei der Hälfte eine IgAVerminderung
und
bei
wenigen
einen
signifikant
erniedrigten
IgM-Spiegel
[BUTLER 73].
1.4.9
Einfluß der Glukokortikoide auf die Darmpermeabilität
Entzündungen bewirken eine Vasodilatation sowie eine gesteigerte Gefäßpermeabilität. Dies führt im akuten Schub der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zu einer Ödembildung der Darmschleimhaut mit der Folge einer erhöhten
intestinalen Permeabilität, besonders beim Morbus Crohn [HOWDEN 94]. Die
28
Konsequenzen sind einerseits eine gesteigerte Invasion von Noxen und andererseits
ein vermehrter Übertritt von Proteinen in das Interstitium sowie eine ineffektive Salzund Wasserresorption, was wiederum zu Diarrhöen, Protein- und Blutverlusten führt.
Die Wirkung der Kortikosteroide besteht hier in der Eindämmung der Ödembildung,
zum einen durch Hemmung der Histaminfreisetzung aus Mastzellen und Basophilen
und zum anderen durch eine Vasokonstriktion infolge verminderter Stickstoffmonoxidbildung [BUTTGEREIT 96], Bradikininbildung [GRAUPE 84] und Prostaglandinbildung
[LAURITSEN 86]. Glukokortikoide sollen auch direkt die Endothel- und Epithelzellen in
ihrer Gestalt und Kontraktilität sowie in ihren Sekretionseigenschaften verändern
können [SCHLEIMER 84]. Dies kann durch eine direkte Stabilisierung der Integrität
von Membranen bedingt sein [BUTTGEREIT 96].
Zu der erhöhten Darmpermeabilität tragen auch die erhöhten IL-1-Werte unter
Vermittlung von Leukotrienen und Prostaglandinen [BRYNSKOV 92a] und die
erhöhten IL-2-Werte bei [MULLIN 92], die durch Steroide wirkungsvoll reduziert
werden können.
Tab. 2:
Entzündungshemmende Wirkung von Glukokortikoiden; nach ADLER 96.
Angriffsort, Wirkmechanismus
Effekt
Hemmung der Phospholipase A2
durch Lipokortin
Hemmung der
Leukotrienen
Lymphozyten, v.a. T-Helferzellen
Lymphopenie, Hemmung der IL-2-Freisetzung
Makrophagen, Monozyten
Monozytopenie, Hemmung der Phagozytose, Hemmung
der IL-1-Freisetzung
Mastzellen, Basophile
Hemmung der Histaminfreisetzung
Eosinophile, Basophile
Reduktion der Anzahl
Granulozyten, v.a. Neutrophile
Hemmung der Anhaftung am Gefäßendothel
Darmschleimhaut
ð Vasokonstriktion
ð Stimulation des Natriumtransports
Verrringerung des Durchtritts von Proteinen,
Hemmung der Ödembildung,
Reduktion der Diarrhöen
1.4.10
Bildung
von
Prostaglandinen
und
Pharmakotherapie mit Glukokortikoiden
Die Pharmakokinetik der verschiedenen Glukokortikoide ist unterschiedlich. Da sie
sich aber mit dem gleichen Glukokortikoidrezeptor verbinden, ist die Pharmakodynamik aller Glukokortikoide einheitlich. Prednison, Prednisolon und die Prednisolonabkömmlinge werden als Standardpräparate in der systemischen pharmakologischen
Therapie eingesetzt, da sie gegenüber Cortison und Cortisol verminderte Mineralkortikoid- und verstärkte Glukokortikoidwirkungen haben.
29
Im Blut wird Prednisolon an das kortikosteroidbindende Globulin mit hoher Substrat-,
aber geringer Bindungskapazität und an Albumin mit hoher Bindungs-, aber geringer
Substrataffinität gebunden [ZABEL 90]. Der Anteil an gebundenem Prednisolon liegt
bei bis zu 95 %, wobei der Anteil an dem freien und somit wirksamen, aber auch
schnell inaktivierten Kortikoid, bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen infolge
der hier häufig anzutreffenden Hypalbuminämie ansteigen kann.
Die Plasmaeliminationshalbwertszeit von Prednisolon liegt zwischen zwei und vier
Stunden. Es besteht jedoch zwischen der Plasmahalbwertszeit und der Dauer der
klinischen Wirkung keine direkte Beziehung; die Kortikoide wirken grundsätzlich
erheblich länger, als sie im Plasma anwesend sind, da sie ihre wesentliche Wirkung
auf molekularer Ebene durch Veränderung der Synthese von Proteinen entfalten.
Die physiologische Glukokortikoid-Freisetzung erfolgt nach einem zirkadianen
Rhythmus mit einem maximalen Glukokortikoid-Blutspiegel morgens zwischen sechs
und neun Uhr und einem Blutspiegel-Minimum gegen Mitternacht. Um die
Beeinflussung des hormonellen Regelkreises mit folglicher Nebennierenrindeninsuffizienz möglichst gering zu halten, sollte die Tagesdosis immer morgens gegeben
werden, weil dann die Nebennierenrinde schon mit der Eigenproduktion begonnen hat
und die Hemmbarkeit der übergeordneten Zentren relativ niedrig ist.
Bei kurzfristiger Anwendung bleiben Glukokortikoide auch in hoher Dosis praktisch
nebenwirkungsfrei. Bei langfristiger Verabreichung kommt es zu Nebenwirkungen, die
dem Cushing-Syndrom bei endogener Cortisolüberproduktion gleichen. Folgen der
antiphlogistischen und antiproliferativen Wirkung sind Infektionsneigung, Wundheilungsstörungen und Hautatrophie; weiterhin kann es zu Osteoporose und zu
Wachstumsstörungen beim Kind kommen. Die übersteigerte physiologische Wirkung
führt durch vermehrte Glukoneogenese zur Proteinkatabolie mit Atrophie der
Extremitätenmuskulatur und unter Insulineinfluß zum Fettansatz im Gesicht und
Nacken und zur Stammfettsucht. Bei unzureichender Insulinausschüttung kann ein
Steroiddiabetes auftreten. Folge der Mineralkortikoidwirkung sind Störungen des Salzund Wasserhaushaltes mit Hypokaliämie, Ödemneigung und Hypertonie. Weitere
Nebenwirkungen sind Glaukom und Katarakt, Steroidakne, eine erhöhte Thromboseneigung sowie seltener psychische und neurologische Störungen.
30
CH2
CH2
OH
CH3 C O
OH
O
OH
CH3 C O
OH
HO
CH3
O
O
Cortison (Cortison Ciba)
CH2
O
Cortisol (Hydrocortison Hoechst)
CH2
OH
CH3 C O
OH
Prednison (Decortin)
OH
CH2
CH3 C O
OH
HO
CH3 C O
O
HO
CH3
CH3
CH3
O
OH
C4H8
O
O
O
OH
CH3 C O
OH
O
CH3
CH3
HO
CH2
CH3
Prednisolon (Solu-/Decortin-H)
Methylprednisolon (Urbason)
Budesonid (Entocort)
Abb. 7:
Strukturformeln der Ausgangssubstanzen und der bei den Patienten in dieser Arbeit
angewendeten Glukokortikoide
1.4.11
Glukokortikoide bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Die medikamentöse Therapie des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa beschränkt
sich bis heute auf die Unterdrückung der Entzündungsaktivität und ist somit palliativ
und nicht kurativ, da Ätiologie und exakte Pathogenese nicht bekannt sind.
Dabei sind die wichtigsten Medikamente der Immunsuppression die Glukokortikoide
[MALCHOW 84, SUMMERS 79, TRUELOVE 55]. Die Glukokortikoide werden seit
ihrer Einführung in die Therapie der Colitis ulcerosa Mitte der 50er Jahre durch
TRUELOVE
und
WITTS
in
der
Behandlung
der
chronisch
entzündlichen
Darmerkrankungen eingesetzt.
Bereits Anfang der 50er Jahre wurde bei einer kleinen Anzahl von Patienten mit Colitis
ulcerosa und Morbus Crohn die Effektivität einer Behandlung mit dem adrenokortikotropen Hormon ACTH festgestellt [GRAY 51] und in einer kontrollierten Studie Ende
der 50er Jahre für die Colitis ulcerosa bestätigt [TRUELOVE 59]. TRUELOVE und
WITTS zeigten Mitte der 50er Jahre in einer kontrollierten Doppelblindstudie, daß
Cortison bei der Colitis ulcerosa im Erreichen des Remissionsstadium gegenüber
Plazebos überlegen ist [TRUELOVE 55], wohingegen täglich 50 mg Cortison per os
eine Remission nicht aufrechterhalten können [TRUELOVE 59]. Auch die Dauer einer
intensiven intravenösen Behandlung in der Akutphase hat keinen Einfluß auf den
Zeitpunkt des Rückfalles [JÄRNEROT 85].
31
Zu ähnlichen Ergebnissen kam man für den Morbus Crohn in der in den 70er bzw.
80er Jahren durchgeführten National Cooperative Crohn´s Disease Study (NCCDS)
und European Cooperative Crohn´s Disesase Study (ECCDS), in denen gezeigt
wurde, daß die Ansprechbarkeit bei aktivem Morbus Crohn auf Prednison bzw.
Methylprednisolon signifikant besser als auf Plazebos war. In diesen sowie in weiteren
kontrollierten Doppelblindstudien [SMITH 78] wurde festgestellt, daß bei inaktivem
Morbus Crohn eine niedrigdosierte Kortikoidmedikation Plazebos in Hinblick auf eine
Prophylaxe vor einem erneuten Schub nicht überlegen ist. Allerdings zeigte die
europäische Crohn-Studie, daß eine bei aktiver Krankheit erfolgreich eingesetzte
Methylprednisolontherapie in niedriger Dosierung fortgeführt eine Remission erhalten
kann. Dies bestätigen weitere klinische Erfahrungen [CLEMENT 86], und die Mehrheit
der Zentren führt auch eine Therapie mit 5 bis 10 mg Prednisolonäquivalent bis zu
einem halben Jahr nach Erreichen einer Remission durch [MAY 96].
MUNKHOLM et al. zeigten nach erstmals eingesetzter systemischer Steroidtherapie
im Rahmen eines Morbus Crohn bei 44 % der Patienten einen Langzeiteffekt, eine
Steroidabhängigkeit in 36 % und eine Resistenz gegenüber dieser Therapie in den
übrigen 20 % [MUNKHOLM 94]. MODIGLIANI ermittelten unter einer Dosierung von
1 mg Prednisolon/kg/Tag peroral in 92 % der Fälle aktiven Morbus Crohns innerhalb
von 7 Wochen eine Remission [MODIGLIANI 90].
Bei einem schweren Schub einer Colitis ulcerosa oder eines Morbus Crohn sollte
1 mg Prednisolon/kg/Tag parenteral gegeben werden. Der Einsatz einer hochdosierten Methylprednisolontherapie (1000 mg/Tag) bringt keinen weiteren Vorteil, wie
ROSENBERG et al. für die Colitis ulcerosa feststellen konnten [ROSENBERG 90].
Bei Befall des distalen Kolons kann der Einsatz von Glukokortikoiden in Form von
Klysmen sinnvoll sein [TRUELOVE 60].
32
2.
Patientenkollektiv, Material und Methoden
2.1.
Aktivitätsindizes bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Um die Meßergebnisse über die Zytokinproduktion bezüglich der entzündlichen
Aktivität und dem Schweregrad der Erkrankung beurteilen zu können, ist es
notwendig, die Aktivität nach einem definierten Schema zu bestimmen. Solche
Schemata wurden vor allem zur Evaluation von Therapieerfolgen entwickelt.
Die Beurteilung der Erkrankung in einem Index ist insofern schwierig, als Krankheitsschwere und entzündliche Aktivität nicht immer übereinstimmen [ADLER 96].
Außerdem können durch Verwendung eines einheitlichen Index für alle Patienten
Befunde unberücksichtigt bleiben, die für die Bewertung des Krankheitsbildes des
einzelnen Patienten wichtig sind.
2.1.1
Aktivitätsindizes bei Morbus Crohn
Zur Einschätzung des Morbus Crohn stehen verschiedene Indizes wie beispielsweise
der von BEST et al. im Rahmen der National Cooperative Crohn´s Disease Study
entwickelte Crohn´s Disease Activity Index (CDAI) [BEST 76], der Aktivitätsindex nach
VAN HEES oder der Schweregrad-Aktivitäts-Index nach GOEBELL zur Verfügung
[GOEBELL 92].
Im Gegensatz zu dem ausschließlich Laborparameter und objektive klinische Befunde
erfassenden VAN-HEES-Index berücksichtigt der CDAI sowohl objektive als auch
subjektive Aspekte der Erkrankung (Tab. 3). Dabei spiegeln subjektive Angaben mehr
die Krankheitsschwere und die objektiven Merkmale gemeinsam mit Laborparametern
eher die entzündliche Aktivität wider. Diese müssen vor allem beim Morbus Crohn
nicht immer in enger Beziehung miteinander stehen.
Mit dem von ihnen entwickelten Index trugen BEST et al. ihren eigenen
Anforderungen Rechnung, Faktoren zu berücksichtigen, die als Indikatoren der
Krankheitsaktiviät angesehen werden, wichtige Parameter direkt bei der Visite
erfassen zu können und die einzelnen Komponenten entsprechend ihrer Bedeutung
zu gewichten.
Durch den erhaltenen Summenwert wird eine künstliche Grenze zwischen aktiver und
inaktiver Krankheit gezogen, wobei ein numerischer Index zur Standardisierung nötig
33
ist. Als Grenze zwischen aktiver und inaktiver Krankheit haben BEST et al. einen
CDAI von 150 vorgeschlagen, wobei ein Wert über 450 als sehr schwerer
Krankheitszustand eingestuft wird.
Tab. 3:
Crohn´s Disease Activity Index nach BEST 76.
Variable
Faktor
Diarrhöen (Summe über letzte Woche):
Zahl der flüssigen oder sehr weichen Stühle
x2
Bauchbeschwerden (Summe über letzte Woche):
0 = keine, 1 = mild, 2 = mäßig, 3 = stark
x5
Allgemeinbefinden (Summe über letzte Woche):
0 = gut, 1 = mäßig, 2 = schlecht, 3 = sehr schlecht, 4 = unerträglich
x7
Aktuelle assoziierte Symptome (jede Kategorie zählt einzeln):
1.) Arthritis, Arthralgie
2.) Iritis, Uveitis
3.) Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum, Stomatits aphthosa
4.) Analfissur, Analfistel, Abszeß
5.) andere Fisteln
6.) Fieber über 37,5°C in der letzten Woche
x 20
Symptomatische Durchfallbehandlung:
0 = nein, 1 = ja
x 30
Resistenz im Abdomen:
0 = nein, 2 = fraglich, 5 = sicher
x 10
Hämatokrit (Hkt):
47 - Hkt bei Männern, 42 - Hkt bei Frauen
x6
Gewicht:
(1 - Gewicht / Standardgewicht)
x 100
Summe
34
2.1.2
Aktivitätsindizes bei Colitis ulcerosa
Auch die Colitis ulcerosa kann nach verschiedenen Indizes klassifiziert werden, wobei
in unterschiedlichem Ausmaß auf subjektive Parameter und objektive Befunde
eingegangen
wird.
So
bewertet
beispielsweise
der
klinische
Index
nach
RACHMILEWITZ (Clinical Activity Index) neben Laborbefunden und objektiven
klinischen Befunden auch das subjektive Befinden des Patienten. Der zusätzliche
endoskopische Index im Scoring-System nach RACHMILEWITZ berücksichtigt die
Tatsache, daß, ähnlich wie bei Morbus Crohn, die klinische Schwere der Colitis
ulcerosa nicht immer mit dem endoskopischen Befund korreliert [ADLER 96].
Hauptsächlich verwendet wird die einfach zu handhabende Klassifikation von
TRUELOVE und WITTS, nach welcher die Krankheit bezüglich objektiver klinischer
und laborchemischer Parameter in einen milden, schweren und sehr schweren bis
fulminanten Schub eingeteilt wird (Tab. 4).
Tab. 4:
Klassifikation der Colitis ulcerosa nach TRUELOVE und WITTS [TRUELOVE 55,
GOEBELL 92, ADLER 96].
Variable
milder Schub
schwerer Schub
sehr schwerer Schub
Diarrhöen
< 5 pro Tag
5 - 9 pro Tag
> 9 pro Tag
Blutung
keine oder wenig
mäßig
profus
Fieber
afebril
> 37,8 °C
> 38,8 °C
Hämoglobin
Hb: > 10 g %
Hb: 7,5 - 10 g %
Hb: < 7,5 g %
Blutsenkung
< 30 mm/h
30 - 50 mm/h
> 50 mm/h
Albumin
>4g%
3-4g%
<3g%
Maximal sind nach diesem Index 18 Punkte erreichbar, indem für fehlende oder leicht
pathologische Befunde 0 bzw. 1 Punkt, für schwere Symptomatik je 2 Punkte und für
sehr schwere Befunde jeweils 3 Punkte vergeben werden. Somit entspricht ein Score
bis zu 6 Punkten einem leichten, zwischen 7 und 12 Punkten einem schweren und
über 12 Punkten einem sehr schweren Verlauf der Colitis ulcerosa.
In dieser Arbeit wurde der Morbus Crohn nach dem CDAI von BEST et al. und die
Colitis ulcerosa nach dem Index von TRUELOVE und WITTS eingeteilt, wobei die
erhobenen Daten und Angaben zur Klassifizierung sich jeweils auf die Woche bis zur
Untersuchung der Zytokine beziehen.
35
2.2
Probanden
Das Patientenkollektiv umfaßte 25 Patienten der gastroenterologischen Abteilung der
Berufsgenossenschafltichen Kliniken Bergmannsheil Bochum.
Im untersuchten Kollektiv waren 16 Patienten an Morbus Crohn und neun Patienten
an Colitis ulcerosa erkrankt. Dabei war das Krankheitsstadium im Crohn-Kollektiv
nach dem Aktivitätsindex von BEST et al. bei neun Patienten als aktiv und bei sieben
Patienten als inaktiv zu klassifizieren. Im Colitis-ulcerosa-Kollektiv befanden sich nach
der Einteilung von TRUELOVE und WITTS fünf Patienten im milden Stadium und vier
im schweren Schub.
Der Frauenanteil überwog mit 60 % gering bei Morbus Crohn, wohingegen bei der
Colitis ulcerosa der Männeranteil mit 66 % vorherrschte. Das Alter der Patienten mit
Morbus Crohn reichte von 25 Jahren bis 80 Jahre bei einem Median von 28 Jahren.
Bei der Colitis ulceorsa variierte das Alter von 30 Jahren bis 63 Jahre bei einem im
Gegensatz zum Morbus Crohn deutlich höheren Median von 54 Jahren.
Die mittlere Krankheitsdauer betrug sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der
Colitis ulceorsa sieben Jahre.
In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die seit mindestens fünf Tagen eine
Glukokortikoidmedikation intravenös erhielten, bzw. nach intravenöser Therapie oral
ausgeschlichen wurden, oder über einen Zeitraum von mehreren Monaten geringe
Steroidmengen oral einnahmen. Die mittlere Steroiddosis betrug 72 mg täglich, wobei
die Patienten mit aktivem Morbus Crohn 105,5 mg, mit inaktivem Morbus Crohn
41,3 mg, mit aktiver Colitis ulcerosa 70,8 mg und mit inaktiver Colitis ulcerosa
34,5 mg als mittlere Medikamentendosis erhielten. Dabei wurden oral vor allem
Decortin-H (Prednisolon) bzw. Urbason (Methylprednisolon) und intravenös
ausschließlich Solu-Decortin-H (Prednisolon) eingesetzt.
Als Begleitmedikation erhielt die Mehrheit der Patienten mit Morbus Crohn Salofalk,
Claversal oder Pentasa (Mesalazin) täglich 3 x 1 g, und die Patienten mit Colitis
ulcerosa nahmen größtenteils zusätzlich zur Glukokortikoidmedikation Azulfidine
(Sulfasalazin) täglich 3 x 1 g oder Dipentum (Olsalazin) täglich 3 x 1 g ein. Ein
Patient mit Colitis ulcerosa erhielt darüber hinaus Imurek (Azathioprin) täglich
100 mg. Weiterhin setzten drei Patienten über die systemische Steroidmedikation
hinaus Colifoam-Schaum (Hydrocortison) 2 x täglich und ein Patient EntocortKlysmen (Budesonid) 2 x täglich ein.
36
Erwähnt werden soll, daß sich bei einem Patienten mit Morbus Crohn ein ausschließlicher Befall des Magens und Dünndarms zeigte, und ein Patient mit Colitis
ulcerosa einen gleichzeitig bestehenden Morbus Bechterew aufwies.
2.3
Material und Methoden
2.3.1
Allgemeines zur Zytokindetektion
Es gibt verschiedene Methoden, die Zytokinproduktion zu messen. So kann man die
biologische Aktivität der Zytokine durch Einbau radioaktiv markierten Thymidins in
proliferierende Zellen messen, die mRNA mit Hilfe der PCR-Technik oder in-situHybridisierung bestimmen oder Zytokine im Serum oder Überständen von Zellkulturen
bzw. Biopsien mit der ELISA- oder RIA-Technik detektieren.
Allerdings ist die biologische Aktivität ein ungenauer Parameter [DOLHAIN 93], eine
transkribierte mRNA muß nicht obligat translatiert werden [AUTSCHBACH 96,
DOLHAIN 93] und Zytokine wirken häufig direkt von Zelle zu Zelle infolge einer direkt
rezeptorgerichteten Fokussierung der Zytokinfreisetzung und sind somit nicht
extrazellulär bestimmbar [POO 88]. Vielmehr stellt die extrazelluläre Detektierung das
Resultat
aus
freigesetzten,
absorbierten
und
degradierten
Zytokinen
dar
[SANDER 91].
Dagegen erhält man mit der intrazellulären Zytokinmessung eine Aussage über die
Zytokinproduktion der Einzelzelle und den relativen Anteil an zytokinproduzierenden
Zellen. Allerdings liefert diese Methode keine Aussage über das im Endeffekt freigesetzte Zytokin. Dennoch kann insofern eine Einschätzung des auf die Zellen einwirkenden Zytokins erfolgen, als daß unter optimalen Bedingungen zytokinproduzierende von zytokinaufnehmenden Zellen unterschieden werden können. So
führt eine gesteigerte Zytokinsynthese in den produzierenden Zellen zu einer
Akkumulation in den Golgi-Organellen und läßt sich hier charakteristischerweise
perinukleär nachweisen, wohingegen die Zielzellen eine diffuse membranöse oder
zytoplasmatische
Zytokinanhäufung
aufweisen
[ANDERSSON 92/94a/94b,
SANDER 91/93].
Das Prinzip der Methode besteht darin, isolierte Lymphozyten ex-vivo zur
Zytokinproduktion
permeabilisieren
anzuregen,
und
die
die
Zellen
zu
Interleukinmoleküle
fixieren,
im
die
Zellinneren
Zellmembran
mit
Hilfe
zu
von
monoklonalen Antikörpern zu markieren. Dazu sind die Antikörper biotinyliert, und mit
37
dem Biotin reagiert in einem weiteren Schritt das Streptavidin einer StreptavidinPeroxidase, welche als Indikatorenzym für die anschließende Färbung dient. Das
Substrat der Peroxidase ist Wasserstoffperoxid, welches zu Wasser reduziert wird.
Als Reduktionsmittel fungiert das Chromogen Diaminobenzidin, das dadurch aus der
Lösung ausfällt und auf diese Weise dort zu einem lichtmikroskopisch braunen
Präzipitat führt, wo Interleukin vorliegt (Abb. 10a). Je stärker die Braunfärbung einer
Zelle ist, desto mehr Interleukin hat sie produziert, bzw. desto mehr Interleukin hat sie
von einer anderen Zelle aufgenommen.
Bei dieser Peroxidasetechnik handelt es sich um eine Immunzytochemietechnik. Sie
besitzt gegenüber der vielfach angewandten Immunfluoreszenztechnik [SANDER 91]
den
Vorteil,
daß
die
Objektträger
lichtmikroskopisch
untersucht
und
ohne
Qualitätsverlust aufbewahrt werden können.
Um das Ausmaß der Anfärbung objektiv zu bestimmen, bedient man sich der
morphometrischen Messung mit Hilfe der Computerbildanalyse (Abb. 10b).
2.3.2
Verwendete Medien und Lösungen
Die Medien und Lösungen sind in der Reihenfolge ihres Bedarfs aufgeführt. Sie
werden immer erst kurz vor Gebrauch angesetzt und vor Benutzung gut geschüttelt.
Zum Abmessen und Vermischen kleiner Volumina werden 2-20 µl- und 200-1000 µlMikroliterpipetten (Eppendorf) und 1,5 ml-Reaktionsgefäßen (Plastibrand) verwendet.
• Medium zum Waschen und Aufbewahren der Zellen (HBSS):
995 ml Aqua dest.
+ 1 Glas Hanks´Balanced Salts (Sigma Chemical Company)
+ 4,7 ml Natriumhydrogencarbonat-Lösung 7,5 %
• Nährmedium zum Kultivieren bzw. Inkubieren der Zellen:
RPMI-1640-Medium (Sigma Cell CultureTM),
ergänzt zu 1 % mit fetalem Kälberserum
• Lösungen zur Stimulation der Interleukinproduktion (Sigma):
Stimulator 1: 2 µl Phorbol-12-Myristat-13-Acetat (10 µl Stammlösung zu 10 µl
DMSO) + 18 µl HBSS
Stimulator 2: 2 µl Ionomycin (Stammlösung zu 1 mM in DMSO) + 18 µl HBSS
38
• Lösung zum Fixieren der Zellen:
Fixativ-Stammlösung (Hölzel Diagnostika, ICS-Kombikit),
1:10 mit HBSS verdünnen
• Lösung zur Hemmung der endogenen Peroxidase:
7 ml HBSS
+ 241 µl Wasserstoffperoxid 30 %
+ 14 µl Natriumacid 10 %
• Medium zur reversiblen Permeabilisation der Zellen:
995 ml Aqua dest.
+ 1 Glas Hanks´Balanced Salts
+ 4,7 ml Natriumhydrogenkarbonat-Lösung 7,5 %
+ 1 g Saponin (Sigma)
• Antikörper (AK) -Lösungen zur Markierung der Interleukine
(Hölzel Diagnostika, ICS-Kombikit extra):
Antikörper-Stammlösungen:
biotinyliertes Anti-human-IL-2, Anti-human-IL-5 und Anti-human-IL-10;
jeweils im Verhältnis 1:10 mit einer Permeabilisator-Verdünnung versetzt
(Permeabilisatorverdünnung: 5 µl Permeabilisator-Stammlösung + 495 µl HBSS)
• Isotypenkontrolle der Interleukin-spezifischen Antikörper (Phar Mingen):
Kontrolle des Antikörpers gegen IL-2:
biotinyliertes Maus-IgG 2a,κ, 1:1 mit HBSS verdünnt
Kontrolle des Antikörpers gegen IL-5:
biotinyliertes Maus-IgG1,κ, 1:1 mit HBSS verdünnt
• Streptavidin-Peroxidase-Lösung:
Streptavidin-Peroxidase-Stammlösung (Immunotech), im Verhältnis 10:1 mit einer
1:10-Permeabilisator-Verdünnung (Hölzel Diagnostika) versetzt
• Lösung zum Anfärben der Zelle:
DAB Chromogen System (Immunotech)
5 ml Aqua dest.
+ 5 Tropfen Buffer concentrate for DAB (3,3-Diaminobenzidin-tetrahydrochlorid)
+ 5 Tropfen DAB Chromogen
+ 2 Tropfen Wasserstoffperoxid 3 %
39
2.3.3
Versuchsbeschreibung zur Interleukindarstellung
Isolierung der Leukozyten durch Dichtegradientenzentrifugation:
Einem Kollektiv von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wird
Blut in ein Lithium-Heparin-Röhrchen (Sarstedt Monovette) entnommen. Das Blut
wird innerhalb einer halben Stunde weiterverarbeitet, damit zum einen die
Zellmorphologie nicht beeinträchtigt wird und zum anderen keine Zellen mit
eingeschränkter Vitalität isoliert werden.
Zur Isolierung der Leukozyten bedient man sich der Dichtegradientenzentrifugation,
bei der die unterschiedliche Dichte der Blutzellen ausgenutzt wird: Erythrozyten und
Granulozyten haben eine Dichte größer als 1,077 g/ml, während die Dichte der
Lymphozyten, Monozyten und Thrombozyten unter 1,077 g/ml liegt. Deshalb wird ein
Flotationsmittel mit einer Dichte von 1,077 g/ml verwendet. In einem 15mlZentrifugenröhrchen (Falcon) werden 3 ml des Flotationsmittels Histopaque 1077
(Sigma diagnostics) vorgelegt und mit 3 ml Patientenblut überschichtet. Im nächsten
Schritt erfolgt die Zentrifugation bei 1390 g für 32 min bei Raumtemperatur (Heraeus
Minifuge T, Heraeus Holding GmbH), wodurch die Erythrozyten und Granulozyten
durch den Dichtegradienten auf den Boden des Röhrchens wandern, während sich die
gewünschten Lymphozyten zusammen mit Monozyten und Thrombozyten an der
Grenzschicht zwischen Plasma und Flotationsmittel ansammeln. Diese lymphozytenreiche Zone erscheint als milchiger Zellring (Abb. 8), der nun mit einer Pasteurpipette
vorsichtig abgehebert und in ein sauberes Zentrifugenröhrchen überführt wird, in dem
bereits 2 ml Hanks-Lösung vorgelegt sind. Dabei soll möglichst nur die begrenzte
weißliche Zellschicht erfaßt werden, da zuviel Flotationsmittel eine Verunreinigung mit
Granulozyten bedingt und zuviel Plasma zu einer Kontamination mit Proteinen führt,
was sich in folgenden Schritten als störende Zellaggregation bemerkbar machen
kann.
40
Abb. 8:
Isolierung von Lymphozyten aus heparinisiertem Vollblut mit der Dichtegradientenzentrifugation; nach VORLAENDER 83
Waschen der Leukozyten und Bestimmung der Zellkonzentration:
Die Lymphozytensuspension wird mit Hanks-Lösung auf 10 ml aufgefüllt und mit
einem Vortexer gut durchmischt, ohne dabei die Zellen zu lysieren. Anschließend wird
für
10 min
bei
1200 g
zentrifugiert
und
der
Überstand
mit
Hilfe
einer
Wasserstrahlpumpe bis auf 0,5 ml abgesaugt. Das zurückbleibende Pellet wird
zweimal jeweils in 5 ml Nährmedium RPMI-1640 resuspendiert und bei dem gleichen
Programm zentrifugiert. Zuletzt wird der Überstand bis auf 1,0 ml abgesaugt, so daß
die
Leukozyten
gewaschen
in
einer
Nährlösung
vorliegen.
Die
ungefähre
Zellkonzentration lag bei 2 x 106 Zellen/ml (bestimmt mit Hilfe einer NeubauerZählkammer - 0,100 mm Tiefe, 0,0025 mm2 Fläche pro kleinstem Quadrat -,
entsprechend ungefähr zehn Zellen pro großem Quadrat).
Stimulation der Interleukin-Produktion:
Eine Stimulation der Interleukin-Produktion ist notwendig, da die Anzahl spontan
interleukinproduzierender Zellen unter 1:10 000 liegt [ANDERSSON 92], bzw.
periphere T-Zellen keine meßbare Produktion an Zytokin-mRNA oder Proteinen
zeigen. Erst nach externer Stimulation bilden die peripheren T-Zellen Zytokine
entsprechend ihrem Aktivitätszustand [KELSO 89].
Es ist bekannt, daß die physiologische Stimulation von T-Zellen über den TZellrezeptor zu einer Aktivierung der Proteinkinase C und zu einem Anstieg der
zytoplasmatischen Ca2+-Konzentration führt [MORI 95]. Deshalb werden hier als
41
Stimulatoren der Proteinkinase-C-Aktivator Phorbol-Myristat-Acetat und das Ca2+Ionophor Ionomycin verwendet.
Von der Zellsuspension wird 1 ml in ein Reaktionsfach (16 mm Durchmesser, flacher
Boden)
einer
Mikrotiterplatte
(Cell WellsTM)
gegeben,
mit
jeweils
10 µl
der
Verdünnungen des Stimulators 1 und 2 versetzt und mit Parafilm abgedichtet. Die
Mikrotiterplatte wird im Shaker-Incubator (Microtiter Dynatech) für 2 min geschüttelt,
und anschließend wird für 5 h bei 37°C im Dunkeln inkubiert [BJÖRK 96, JUNG ,
SANDER 91]. Nach der Inkubation wird nochmals für 2 min geschüttelt, um
agglutinierte Zellen voneinander und vom Boden des Reaktionsgefäßes zu lösen.
Waschen der stimulierten Leukozyten:
Zum
Waschen
der
Zellen
wird
die
inkubierte
Zellsuspension
in
ein
Zentrifugenröhrchen pipettiert und mit HBSS auf 5 ml aufgefüllt. Die Zellsuspension
wird
suspendiert
und
für
6 min
bei
990 g
zentrifugiert.
Mit
Hilfe
der
Wasserstrahlpumpe wird bis auf 0,5 ml abgesaugt und der Waschvorgang noch
einmal wiederholt. Diese Waschvorgänge sind notwendig, um Restproteine des
Nährmediums zu beseitigen, welche die Qualität der Zytokinmarkierung negativ
beeinflussen würden. Nach der Zentrifugation wird bis auf 0,1 ml abgesaugt.
Fixieren der Leukozyten auf einem Objektträger:
Da hier der intrazelluläre Zytokingehalt morphometrisch bestimmt werden soll,
müssen die Lymphozyten in ihrer möglichst ursprünglichen Struktur fixiert werden, so
daß sowohl die intrazelluläre Antigenität als auch die Oberfläche erhalten bleiben und
außerdem nur wenig Zellen verloren gehen. Als Fixativ eignet sich hierfür
phosphatgepuffertes Paraformaldehyd, das die Tertiärstruktur von Proteinen nur
wenig beeinflußt und die Stabilität der Lymphozytenmembran erhält.
Als Träger für die Zellen dienen spezielle Adhäsionsobjektträger (Bio-Rad Clin. Div.
München) mit zwölf Reaktionsfeldern (Abb. 9), von denen die grüne Schutzfarbe mit
einem weichen Wasserstrahl abgewaschen wird und die in Hanks-Lösung feucht
gehalten werden. Für die folgenden Inkubationsvorgänge empfiehlt sich das Anlegen
einer feuchten Kammer für den Objektträger.
Das Leukozytenzellpellet wird in den verbliebenen 0,1 ml resuspendiert, das HBSS
von den Objektträgern abgeklopft und je 15 µl der Zellsuspension auf die Felder des
Adhäsionsobjektträgers gegeben. Die Zellen läßt man für 10 min auf den
42
Adhäsionsfeldern elektrostatisch adhärieren, anschließend wird die Zellsuspension
abgeschüttelt und auf jedes Feld werden 20 µl der Fixativ-Verdünnung, die
Formaldehyd enthält, gegeben. Nach weiteren 10 min Einwirkungszeit werden das
Fixativ und die überschüssigen Zellen mit HBSS abgewaschen.
Der Fixiervorgang ist besonders wichtig, um die Präparate ohne Qualitätsverlust
aufbewahren zu können. Bei ungenügender Fixierung wird das Präparat durch
Auftreten von Vakuolen im Zyoplasma der Zellen zerstört [DOLHAIN 93].
grüne Schutzfarbe
P a tie n t 1
N r.
N r.
IL-2
-AK
IL-5
-AK
IL-10
-AK
P a tie n t 2
IL-2
-AK
IL-5
-AK
IL-10
-AK
I g G 2a,κ I g G 1, κ H B S S I g G 2a, κ I g G 1, κ H B S S
Abb. 9:
Besetzung der Felder des Adhäsionsobjektträgers
Hemmung der endogenen Peroxidase:
Da die Anfärbung der Interleukine auf der Reaktion eines Farbstoffes mit einer zuvor
auf den Interleukinen über Antikörper fixierten Peroxidase beruht, muß die endogene
Peroxidase in den Leukozyten gehemmt werden, um keine unspezifischen
Anfärbungen zu erhalten. Es werden 20 µl einer Lösung aus Wasserstoffperoxid und
Natriumazid auf jedes Reaktionsfeld gegeben und für 25 min inkubiert. Anschließend
wird der Objektträger im mit Saponin versetzten HBSS gewaschen, um die
Zellmembranen für die folgenden Schritte durchlässig zu machen.
Permeabilisierung der Membranen:
Bei den Interleukinen handelt es sich um Proteine. Diese werden an den Ribosomen
des endoplasmatischen Retikulums produziert und anschließend unter anderem zur
Glykosylierung und zur Sekretion in den Golgi-Apparat transportiert, wo man sie dann
in den Lymphozyten als typisches perinukleäres Muster mit Hilfe von Antikörpern,
Enzymen und Farbstoffen nachweisen kann. Die Lymphozyten müssen also so
permeabel gemacht werden, daß die Antikörper, Enzyme und Farbstoffe durch die
Zytoplasmamembran,
durch
das
Zytosol
und
durch
die
Membranen
des
Endoplasmatischen Retikulums und des Golgi-Apparats dringen können. Andererseits
muß diese Permeabilität reversibel sein, damit die Anfärbung nicht wieder
verlorengeht. Auch dürfen die Zellmorphologie und vor allem die Struktur der
nachzuweisenden Zytokine nicht unter dieser Prozedur leiden. Für diese Zwecke
43
eignet sich das Detergenz Saponin, wohingegen organische Lösungsmittel wie
Ethanol, Aceton oder Methanol entweder die Zytokine in ihrer Struktur verändern oder
sie extrahieren. Bei Saponin handelt es sich um ein pflanzliches Glykosid, das eine
hohe Affinität zu Cholesterin hat und in cholesterinreichen Plasmamembranen
zirkuläre Strukturen mit einer zentralen Pore bildet. Während der gesamten Inkubation
mit den Antikörpern muß Saponin anwesend sein, und anschließend muß es
ausgewaschen
werden,
um
den
Markierungsvorgang
dauerhaft
zu
machen
[SANDER 91].
Markierung von IL-2, IL-5 und IL-10 mit Antikörpern:
Für die Zytokinmarkierung werden monoklonale Antikörper bevorzugt, da sie zu
weniger unspezifischen Markierungen als polyklonale Seren führen [SANDER 91].
Außerdem wird eine Minimierung der Hintergrundsignale dadurch erreicht, daß die
zytokinspezifischen Antikörper direkt biotinyliert sind und somit kein zweiter Antikörper
eingesetzt werden muß [ANDERSSON 94a].
Aus der mit Saponin versetzten Hanks-Lösung wird der gespülte Objektträger
entnommen und vorsichtig um die Felder herum getrocknet, damit die Antikörperlösungen nicht wegen der Detergenzwirkung des Saponins verlaufen. Jeweils 10 µl
der Verdünnung des Antikörpers gegen IL-2, IL-5 und IL-10 werden auf je ein Feld der
oberen Felderreihe gegeben. Auf die jeweiligen unteren Felder werden je 10 µl der
Isotypenkontrollen bzw. für IL-10 HBSS aufgetragen. Diese den monoklonalen
Antikörpern gleichenden Isotypen dienen als Kontrolle für unspezifische Ablagerungen
[ANDERSSON 94a]. In der feuchten Kammer inkubiert man nun für 60 min und
wäscht anschließend in mit Saponin versetzter Hanks-Lösung.
Färbung durch Anwendung der Peroxidasetechnik:
Es wird das Enzym Streptavidin-Peroxidase verwendet, das sich an die zuvor
angelagerten Antikörper bindet und den anschließend dazugegeben Farbstoff
umsetzt. Die Streptavidin-Peroxidaselösung wird zu je 20 µl auf jedes Reaktionsfeld
gegeben und für 45 min inkubiert. Nach der Inkubation wird in Hanks-Lösung ohne
Saponin gewaschen. Anschließend gibt man durch einen Filter zwei bis drei Tropfen
Färbelösung DAB auf jedes Reaktionsfeld und läßt 20 min einwirken.
44
Einbetten des Adhäsionsobjektträgers:
Nach dem Färbevorgang wird die Farblösung vom Objektträger für 2 min mit Aqua
dest. abgewaschen. Anschließend entzieht man durch Anwendung folgender Schritte
das Wasser: 2 min Waschen in 70%-igem Alkohol, 1 min Waschen in 100%-igem
Alkohol und zweimal je 1 min Waschen in Xylol. Nun läßt man das Präparat gut
lufttrocknen und bettet es anschließend in Permanent Resin Mounting Medium
(Immunotech) ein (Deckgläser 18 x 18 mm).
Die Präparate können nun bei Raumtemperatur dauerhaft aufbewahrt werden.
2.3.4
Computergestützte Bildanalyse zur Interleukinbestimmung
Präparate für die computergestützte Bildanalyse:
Bei den nun vorliegenden Präparaten handelt es sich um Dauerpräparate, die somit
zu einem beliebigen Zeitpunkt und auch wiederholt zur Überprüfung der Reliabilität
ausgewertet
werden
können.
Hier
liegt
ein
entscheidender
Vorteil
der
Immunperoxidasetechnik gegenüber der Immunofluoreszenztechnik, bei welcher die
Präparate bei -20°C gelagert und innerhalb von 72 Stunden ausgewertet werden
müssen [DOLHAIN 93]. Ein weiterer Vorteil der Immunperoxidasetechnik ist die
Markierung
der
Interleukine
mit
dem
im
sichtbaren
Wellenlängenbereich
absorbierenden Farbstoff DAB, was die Untersuchung mit einem normalen
Lichtmikroskop ermöglicht. Auch hat sich die Immunperoxidasetechnik als etwas
empfindlicher gegenüber der Immunfluoreszenztechnik erwiesen [DOLHAIN 93].
Computergestützte Bildanalyse:
Die
Auswertung
der
Präparate
erfolgt
mit
einer
computerunterstützten
morphometrischen Darstellung der intrazellulären Zytokine und einer angeschlossenen automatischen Bildanalyse.
Die angefärbten Interleukinmarkierungen können mit einer an das Mikroskop
adaptierten Charge coupled device (CCD) -Farbkamera registriert und einem Bildverarbeitungsprogramm zugeführt werden. Hiebei handelt es sich um ein halbautomatisches Routineprogramm zur Bestimmung der Anzahl zytokinproduzierender
Zellen, der Intensität der Zytokinproduktion und des charakteristischen intrazellulären
Verteilungsmusters der Zytokine [BJÖRK 94/96, CUI 97, HERR 97].
Demgegenüber stellt das visuelle Auswerten von Zellpräparaten unter dem Mikroskop
eine nur schlecht reproduzierbare Methode dar, da die Erkennung und Zuordnung von
45
Strukturen stets subjektiv ist. So können zwar stark und schwach zytokinproduzierende Zellen vom visuellen Eindruck der Anfärbungsintensität unterschieden
werden,
doch
reproduzierbare
Daten
liegen
auf
diese
Weise
nicht
vor
[ANDERSSON 94b].
Computergestützte Systeme zur digitalen Bildanalyse können in diesen Fällen durch
objektive Analyse der Daten die Reproduzierbarkeit der Auswertung erhöhen und
durch Erkennung kleinster Details, die vom menschlichen Auge nicht mehr erfaßt
werden können, die Genauigkeit steigern [NICKOLAY 97].
Bildanalyseprogramm:
Als Programm wird hier Optimas 5.1 für Windows 3.11 (Stemmer Imaging GmbH in
Puchheim, Deutschland) verwendet, bei dem es sich um ein speziell zum Einsatz in
Wissenschaft und Medizin entwickeltes Softwarepaket zur Bildverarbeitung und
Bildanalyse handelt.
Optimas arbeitet unter Standardbetriebssystemen wie Windows und ermöglicht so
eine Einbindung der Ergebnisse in eine weitere Datenverarbeitung mit Excel oder
anderen Datenkalkulationssystemen. Die zur Erfassung der Bilddaten notwendige
Hardware besteht im wesentlichen aus Mikroskop (Biokular, Olympus BX40F), CCDVideokamera (3CCD-IRIS COLOR DXC-930P) mit Optik und Adapter (Sony CMAD2), Framegrabberkarte und Computer (Pentium 75 MHz, 16 MB RAM).
Durchführung der Bildanalyse:
Das durch ein Lichtmikroskop 400-fach vergrößerte Bild wird mit Hilfe eines
Interferenzfilters in monochromatischem blauen Licht dargestellt. Diese Monochromatisierung ist notwendig, da das der Methode zugrunde liegende Prinzip der
Strahlenabschwächung gemäß dem Lambert-Beerschen Absorptionsgesetz (Gl. 1)
nur für monochromatisches Licht gültig ist. Die Blaueinfärbung liefert dabei einen
erhöhten Kontrast der Markierungen gegenüber dem Hintergrund [BJÖRK 94], da das
Absorptionsmaximum des Farbstoffs im Bereich des Interferenzfilters liegt.
Das Lambert-Beersche Gesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen der
Absorption monochromatischer Strahlung in einem Medium und der vorhandenen
Menge des hier als Absorbens fungierenden DAB.
46
E = log (Io/I) = ε·c·d
(Gl. 1)
Lambert-Beersches Absorptionsgesetz;
E: Extinktion, Io bzw. I: Intensität des Lichtstrahls vor bzw. hinter dem Absorber, ε: stoffspezifischer
Extinktionskoeffizient, c: Konzentration des Absorbens, d: Weglänge des Strahls im Absorber
Das mikroskopische Bild, welches durch die CCD-Kamera aufgezeichnet wird, kann
vor der Übertragung in den Computer auf einem separaten Monitor zur optimalen
Bildeinstellung dargestellt werden. Dabei ist es Aufgabe der CCD-Videokamera, das
zweidimensionale Bild aufzunehmen und in ein digitales Bild bestehend aus 512 x 512
Pixeln umzuwandeln. Die sich im Computer befindende Framegrabberkarte steuert
den Datentransfer zwischen Computer und Kamera und stellt das digitalisierte Bild in
24 Bit Farbtiefe dar.
Auf dem Monitor werden die Interleukinspots in der kontraststeigernden blauen
Einfärbung mit Hilfe des Mikroskops optimal dargestellt und anschließend
abgespeichert.
Das
so
primär
farbig
vorliegende
Bild
wird
in
eine
8 Bit
Graustufengraphik transformiert, welche 256 Graustufen liefert. Da die Intensität der
Anfärbung in Graustufen dargestellt wird, erscheint eine stark mit dem braunen
Chromogen DAB angefärbte Zelle schwarz.
Das durch die Pixel morphometrisch dargestellte Interleukin läßt sich somit in seiner
Ausdehung und Akkumulation erfassen, da die Pixel eine definierte Größe haben und
eine von 256 Graustufen annehmen können.
Für die sich anschließende Bildanalyse muß das eingelesene Rohbild noch vorbereitet
werden, da sich bei der Bildaufnahme Störungen wie Rauschen und Schatten nie
ganz
vermeiden
lassen.
Zur
Unterdrückung
solcher
Störungen
wird
eine
Untergrundkorrektur durch Subtraktion eines Blindpräparates vorgenommen.
Aufgabe der Software ist es nun, die Zellen selbständig zu erkennen und die Fläche
des angefärbten Interleukins in den Zellen sowie die Intensität der Anfärbung zu
quantifizieren. Das Programm Optimas kann zusammenhängende Strukturen
erkennen und ausmessen. Durch diese Beschränkung auf flächenhafte Bildmerkmale
erfolgt eine Fokussierung auf zytokinproduzierende Zellen, da in diesen das
Interleukin in den Golgi-Organellen akkumuliert.
Hierfür benötigt die Software einen vom Benutzer vorzugebenden Graustufenbereich,
welcher über ein Histogramm der Graustufenverteilung der Bildgraphik abgeschätzt
werden kann. Das Histogramm der Verteilung der Grauintensitäten drückt das hellste
Signal durch die Zahl 0 (weiß) und das dunkelste Signal durch die Zahl 256 (schwarz)
47
aus. Es wird ein unterer Schwellenwert als hellste Graustufe eingegeben, oberhalb
derer das Bildanalysesystem die Bildpunkte als Interleukin-DAB-Komplex erkennen
soll. Dazu müssen sich die Objekte genügend vom Hintergrund abheben. Durch
selektives Löschen von dunkel und scharf begrenzt erscheinenden Verschmutzungen
wird eine Beschränkung auf die Bildmerkmale der Interleukinproduktion erreicht. Um
den in dieser Auswahl der zu analysierenden Bildmerkmale implizierten subjektiven
Parameter zu minimieren, sind Kriterien zur Morphologie der Interleukinspots und zur
Intensität ihrer Anfärbung zu beachten [BJÖRK 96]. Dabei stellen sich die Interleukine
als charakteristische rundliche Akkumulation in den Golgi-Organellen und dem
endoplasmatischen Retikulum perinukleär dar. Dieses fokale intrazelluläre Signal der
zytokinproduzierenden Zellen kann von den diffusen membranösen Signalen der
zytokinaufnehmenden Zellen unterschieden werden.
Optimas kann nach dieser Vorarbeit eine Quantifizierung der Interleukin-DABKomplexe nach Fläche und Intensität vornehmen.
Die Ausgabe der Ergebnisse erfolgt in Form von Exportdateien, die durch
OLE (Object Linking and Embedding) -Reports verfügbar gemacht werden. Die
Ergebnisse in Form objektiver und reproduzierbarer Zahlen können auf diese Weise
statistischen Analysen unterzogen werden.
In dieser Arbeit wurden pro Patient und Interleukin 200 Zellen ausgezählt und
anschließend die Anzahl der angefärbten Zellen zu der Anzahl der insgesamt
ausgezählten Zellen ins Verhältnis gesetzt. Außerdem erfolgt die Bestimmung der
mittleren Interleukinproduktion pro Einzelzelle.
2.3.5
Statistische Methoden
Unterschiede in den Ergebnissen zwischen den einzelnen betrachteten Kollektiven
wurden mittels des Mann-Whitney-U-Tests für unverbundene Stichproben (Systat 7.0
für Windows 95, SPSS Inc. in Chicago, USA) geprüft, wobei ein Signifikanzniveau von
5 % zugrunde gelegt wird, d.h. zwei Werte unterscheiden sich signifikant, wenn
p < 0,05 ist.
48
Abb. 10a:
Bildschirmdarstellung des lichtmikroskopischen Bildes der Lymphozyten, IL-2 markiert
Abb. 10b:
Bildschirmdarstellung der von Optimas erkannten Strukturen; eine Ausradierung der
markierten Verschmutzungen ist noch notwendig.
49
3.
Ergebnisse
Intention der vorliegenden Arbeit war es, die Interleukine IL-2, IL-5 und IL-10 in
peripheren Lymphozyten bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa unter laufender
systemischer Steroidmedikation zu untersuchen.
Insbesondere werden die Kollektive Morbus Crohn in Remission unter Glukokortikoidmedikation und Morbus Crohn in Remission ohne Glukokortikoide miteinander
verglichen. Dabei dienen als Vergleichsgruppe Patienten mit Morbus Crohn in
Remission
unter
Pentasa-Medikation
aus
einer
Studie
der
Firma
Ferring
[SOMMERKAMP 99].
Zum weiteren Vergleich der Interleukinproduktion unter Steroideinfluß mit dem
jeweiligen Kollektiv ohne Steroidmedikation wird auf die folgenden Arbeiten aus der
Arbeitsgruppe verwiesen.
Nachdem gezeigt wurde, inwieweit die Glukokortikoidmedikation einen meßbaren
Effekt auf die Interleukinproduktion hat, sollen die einzelnen Krankheitsgruppen unter
Steroidmedikation miteinander verglichen werden: 1.) Morbus Crohn im akuten Schub
und in Remission, 2.) Colitis ulcerosa im akuten Schub und in Remission, 3.) aktiver
Morbus Crohn und aktive Colitis ulcerosa sowie 4.) inaktiver Morbus Crohn und
inaktive Colitis ulcerosa.
Bei der Darstellung der Meßergebnisse wird zuerst die Menge der Einzelzellproduktion
des jeweiligen Interleukins anhand der Extinktion und im Anschluß daran der relative
Anteil der das entsprechende Interleukin produzierenden Zellen dargestellt.
Einer einleitenden graphischen Darstellung der Meßwerte folgt eine statistische
Auflistung, wobei die im Rahmen dieser Arbeit erhobenen Meßergebnisse als
Mittelwert mit Standardabweichung angegeben werden. Unterschiede zwischen den
Mittelwerten der einzelnen betrachteten Kollektive werden als signifikant bezeichnet,
wenn p < 0.05 betrug (berechnet nach dem Mann-Whitney-U-Test).
Die in den folgenden Diagrammen häufig imponierenden deutlichen Unterschiede der
Mittelwerte verlieren aufgrund der hohen Standardabweichungen oft an statistischer
Bedeutung (mit ns = nicht signifikant bzw. s = signifikant markiert).
50
3.1
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Morbus Crohn (MC) in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoide (GC)
0,008
MC inaktiv mit GC
0,007
MC inaktiv ohne GC
0,006
Extinktion
0,005
0,004
s
0,003
ns
0,002
ns
0,001
0,000
1
2
IL5
IL2
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 11a:
3
IL10
Extinktionen von IL-2, IL-5 und IL-10 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
0 ,22
MC inaktiv m it GC
0 ,20
MC inaktiv ohne GC
0 ,18
Rel. Häufigkeit
0 ,16
0 ,14
0 ,12
ns
0 ,10
0 ,08
0 ,06
0 ,04
ns
ns
0 ,02
0 ,00
1
2
IL2
IL5
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 11b:
3
IL10
Relative Häufigkeiten von IL-2-, IL-5- und IL-10-produzierenden Lymphozyten bei
Morbus Crohn in Remission; Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
51
Tab. 5a:
Statistik der Extinktionen von IL-2 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
8
0,005
0,0028
MC inaktiv ohne GC
9
0,002
0,0019
=> p = 0,03
Tab. 5b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-2-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn in Remission; Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
8
0,13
0,076
MC inaktiv ohne GC
9
0,10
0,057
=> p = 0,25
Bei Morbus Crohn in Remission zeigt sich eine signifikant höhere IL-2-Konzentation
pro Lymphozyt bei bestehender Glukokortikoidmedikation im Vergleich zum fehlenden
Steroideinfluß. Auf mögliche Ursachen dieses Ergebnisses wird in der Diskussion
näher eingegangen. Die Anzahl der IL-2-bildenden Zellen unterscheidet sich nicht mit
oder ohne Glukokortikoide.
52
Tab. 6a:
Statistik der Extinktionen von IL-5 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
7
0,002
0,0015
MC inaktiv ohne GC
9
0,001
0,0021
=> p = 0,08
Tab. 6b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-5-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn in Remission; Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
7
0,05
0,040
MC inaktiv ohne GC
9
0,04
0,024
=> p = 0,49
Bezüglich IL-5 zeigt sich zwischen dem Morbus-Crohn-Kollektiv in Remission unter
systemischer Steroidmedikation und dem Kollektiv ohne Glukokortikoide im
Gegensatz zu IL-2 kein statistisch signifikanter Unterschied. Dennoch läßt sich
zumindest tendenziell eine höhere Konzentration von IL-5 pro Lymphozyt unter
Kortisoneinfluß messen, ähnlich wie oben für IL-2 beschrieben.
Der relative Anteil IL-5-bildender Zellen ist auch hier unabhängig von der Medikation.
53
Tab. 7a:
Statistik der Extinktionen von IL-10 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn in Remission;
Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
8
0,003
0,0035
MC inaktiv ohne GC
9
0,0008
0,00054
=> p = 0,11
Tab. 7b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-10-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn in Remission; Vergleich mit und ohne Glukokortikoidmedikation
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
MC inaktiv mit GC
8
0,07
0,056
MC inaktiv ohne GC
9
0,02
0,015
=> p = 0,09
Der Anteil IL-10-produzierender Zellen bei Morbus Crohn steigt unter Glukokortikoidmedikation deutlich an, wobei allerdings keine statistische Signifikanz erreicht wird.
Dennoch ist die Tendenz verglichen mit IL-2 und IL-5 deutlich. Die IL-10-Menge pro
Lymphozyt ist unter Steroideinfluß im Mittel deutlich höher als ohne Steroide, wobei
jedoch aufgrund stark streuender Werte das Signifikanzniveau nicht erreicht wird.
54
3.2
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Morbus Crohn (MC) unter Glukokortikoiden (GC); Vergleich akuter Schub und Remission
MC aktiv mit GC
0,010
MC inaktiv mit GC
Extinktion
0,008
0,006
ns
0,004
ns
0,002
ns
0,000
1
2
IL5
IL2
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 12a:
3
IL10
Extinktionen von IL-2, IL-5 und IL-10 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
0 ,22
MC aktiv m it GC
0 ,20
MC inaktiv m it GC
0 ,18
Rel. Häufigkeit
0 ,16
0 ,14
ns
0 ,12
0 ,10
0 ,08
0 ,06
0 ,04
ns
s
0 ,02
0 ,00
1
2
IL5
IL2
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 12b:
3
IL10
Relative Häufigkeiten von IL-2-, IL-5- und IL-10- produzierenden Lymphozyten bei
Morbus Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
55
Tab. 8a:
Statistik der Extinktionen von IL-2 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn unter Glukokortikoiden; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,007
0,0032
Morbus Crohn inaktiv
8
0,005
0,0028
=> p = 0,09
Tab. 8b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-2-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn unter Gkukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,17
0,058
Morbus Crohn inaktiv
8
0,13
0,076
=> p = 0,44
Unter Glukokortikoidmedikation unterscheiden sich aktiver und inaktiver Morbus
Crohn sowohl hinsichtlich der IL-2-Produktion pro Einzelzelle als auch hinsichtlich des
Anteils an IL-2-produzierenden Zellen nicht signifikant, wenn auch die IL-2-Bildung pro
Lymphozyt im akuten Schub tendenziell erhöht ist.
56
Tab. 9a:
Statistik der Extinktionen von IL-5 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,005
0,0033
Morbus Crohn inaktiv
7
0,002
0,0015
=> p = 0,10
Tab. 9b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-5-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,04
0,034
Morbus Crohn inaktiv
7
0,05
0,040
=> p = 0,43
Ebenso kann hinsichtlich der IL-5-Produktion unter Steroideinfluß zwischen aktivem
und inaktivem Morbus Crohn kein signifikanter Unterschied gemessen werden, obwohl
die für IL-2 oben beschriebene Tendenz zur Mehrproduktion der Interleukine pro
Lymphozyt im akuten Schub auch bezüglich IL-5 noch zu erkennen ist.
57
Tab. 10a:
Statistik der Extinktionen von IL-10 pro Lymphozyt bei Morbus Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,002
0,0039
Morbus Crohn inaktiv
7
0,003
0,0035
=> p = 0,17
Tab. 10b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-10-produzierenden Lymphozyten bei Morbus
Crohn unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,01
0,015
Morbus Crohn inaktiv
7
0,07
0,056
=> p = 0,01
Unter Steroidmedikation zeigt sich bei Morbus Crohn in Remission gegenüber einem
akuten Schub eine signifikante Zunahme des relativen Anteils der IL-10produzierenden Lymphozyten. Demgegenüber ist bei Morbus Crohn in Remission und
im akuten Schub die IL-10-Produktion pro Zelle unter Glukokortikoidmedikation nicht
signifkant unterschiedlich.
58
3.3
IL-2, IL-5 und IL-10 bei Colitis ulcerosa (CU) unter Glukokortikoiden (GC); Vergleich akuter Schub und Remission
0,035
CU aktiv mit GC
0,030
CU inaktiv mit GC
Extinktion
0,025
0,020
ns
0,015
0,010
ns
ns
0,005
0,000
1
2
IL5
IL2
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 13a:
3
IL10
Extinktionen von IL-2, IL-5 und IL-10 pro Lymphozyt bei Colitis ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
CU aktiv m it GC
0,20
CU inaktiv m it GC
Rel. Häufigkeit
0,15
ns
0,10
ns
0,05
ns
0,00
1
IL2
2
IL5
3
IL10
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 13b:
Relative Häufigkeiten von IL-2-, IL-5- und IL-10- produzierenden Lymphozyten bei
Colitis ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
59
Tab. 11a:
Statistik der Extinktionen von IL-2 pro Lymphozyt bei Colitis ulcerosa unter Glukokortikoidmedikaton; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,009
0,0049
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,008
0,0059
=> p = 0,18
Tab. 11b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-2-produzierenden Lymphozyten bei Colitis
ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,15
0,043
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,13
0,070
=> p = 0,99
Hinsichtlich der IL-2-Produktion kann zwischen Colitis ulcerosa im akuten Schub und
in Remission unter Steroideinfluß kein signifikanter Unterschied gemessen werden.
60
Tab. 12a:
Statistik der Extinktionen von IL-5 pro Lymphozyt bei Colitis ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,016
0,0190
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,007
0,0058
=> p = 0,99
Tab. 12b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-5-produzierenden Lymphozyten bei Colitis
ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,10
0,040
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,08
0,084
=> p = 0,22
Auch bezüglich der IL-5-Produktion kann unter Steroidmedikation zwischen Colitis
ulcerosa im akuten Schub bzw. in Remission kein signifikanter Unterschied
festgestellt werden. Auf dem oben abgebildeten Säulendiagramm imponiert ein
deutliches Überwiegen der Extinktion von IL-5 bei aktiver Colitis ulcerosa gegenüber
inaktiver Colitis. Aufgrund der stark streuenden Meßwerte erreicht dies jedoch keine
statistische Signifikanz.
61
Tab. 13a:
Statistik der Extinktionen von IL-10 pro Lymphozyt bei Colitis ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,003
0,0024
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,007
0,0052
=> p = 0,18
Tab. 13b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-10-produzierenden Lymphozyten bei Colitis
ulcerosa unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich akuter Schub und Remission
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,03
0,040
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,06
0,066
=> p = 0,39
Anders als bei Morbus Crohn lassen die Meßwerte in der IL-10-Produktion zwischen
aktiver und inaktiver Colitis ulcerosa unter Steroideinfluß keine signifikanten
Unterschiede erkennen.
62
3.4
IL-2, IL-5 und IL-10 bei aktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoidmedikation (GC);
Vergleich Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU)
0,035
0,030
MC aktiv mit GC
CU aktiv mit GC
Extinktion
0,025
0,020
0,015
0,010
ns
ns
0,005
ns
0,000
1
IL2
2
IL5
3
IL10
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 14a:
Extinktionen von IL-2, IL-5 und IL-10 pro Lymphozyt bei aktiven chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen unter Glukokortikoiden; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
0 ,25
MC aktiv m it GC
CU aktiv m it GC
0 ,20
Rel. Häufigkeit
ns
0 ,15
0 ,10
0 ,05
s
ns
0 ,00
1
2
IL2
IL5
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 14b:
3
IL10
Relative Häufigkeiten von IL-2-, IL-5- und IL-10-produzierenden Lymphozyten bei aktiven
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
63
Tab. 14a:
Statistik der Extinktionen von IL-2-pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen im akuten Schub unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,007
0,0032
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,009
0,0049
=> p = 0,46
Tab. 14b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-2-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im akuten Schub unter
Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,17
0,058
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,15
0,043
=> p = 0,95
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zeigen im aktiven Stadium unter Behandlung mit
Steroiden keine Unterschiede bezüglich der IL-2-Produktion.
64
Tab. 15a:
Statistik der Extinktionen von IL-5 pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen im akuten Schub unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,005
0,0033
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,016
0,0190
p = 0,55
Tab. 15b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-5-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im akuten Schub unter
Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,04
0,034
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,10
0,040
=> p = 0,02
Im Gegensatz zu IL-2 zeigt IL-5 auch unter Glukokortikoideinfluß deutliche
Unterschiede zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. So ist bei aktiver Colitis
ulcerosa der relative Anteil der IL-5-produzierenden Blutlymphozyten gegenüber
aktivem Morbus Crohn signifikant erhöht.
Die ebenfalls deutlich erhöhte IL-5-Menge pro Lymphozyt bei Colitis ulcerosa gegenüber Morbus Crohn ist aufgrund der hohen Standardabweichung statistisch nicht
relevant.
65
Tab. 16a:
Statistik der Extinktionen von IL-10 pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen im akuten Schub unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,002
0,0039
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,003
0,0024
=> p = 0,31
Tab. 16b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-10-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im akuten Schub unter
Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn aktiv
9
0,01
0,015
Colitis ulcerosa aktiv
5
0,03
0,040
=> p = 0,45
Unter Steroideinfluß unterscheidet sich die IL-10-Produktion im akuten Schub eines
Morbus Crohn nicht signifikant vom akuten Schub einer Colitis ulcersa.
66
3.5
IL-2, IL-5 und IL-10 bei inaktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoidmedikation (GC);
Vergleich Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU)
0,014
MC inaktiv mit GC
0,012
CU inaktiv mit GC
Extinktion
0,010
0,008
0,006
ns
0,004
ns
ns
0,002
0,000
1
2
IL2
IL5
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 15a:
3
IL10
Extinktionen von IL-2, IL-5 und IL-10 pro Lymphozyt bei inaktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
MC inaktiv m it GC
0,20
CU inaktiv m it GC
Rel. Häufigkeit
0,15
ns
0,10
ns
ns
0,05
0,00
1
IL2
2
IL5
3
IL10
ns: nicht signifikant; s: signifikant
Abb. 15b:
Relative Häufigkeiten von IL-2-, IL-5- und IL-10-produzierenden Lymphozytent bei
inaktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
67
Tab. 17a:
Statistik der Extinktionen von IL-2-pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen in Remission unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
8
0,005
0,0028
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,008
0,0059
=> p = 0,61
Tab. 17b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-2-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in Remission unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
8
0,13
0,076
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,13
0,070
=> p = 1,0
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zeigen unter Behandlung mit Steroiden in
Remission, ähnlich wie im akuten Schub der beiden Erkrankungen, keine
Unterschiede bezüglich der IL-2-Produktion.
68
Tab. 18a:
Statistik der Extinktionen von IL-5 pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen in Remission unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
7
0,002
0,0015
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,007
0,0058
=> p = 0,09
Tab. 18b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-5-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in Remission unter
Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
7
0,05
0,040
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,08
0,084
=> p = 0,57
Auch bezüglich der IL-5-Produktion besteht bei Steroidmedikation unter Remissionsbedingungen zwischen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa kein signifikanter
Unterschied. Dennoch wird tendenziell bei Colitis ulcerosa mehr IL-5 pro Lymphozyt
gebildet. Bezogen auf den relativen Anteil an IL-5-produzierenden Zellen läßt sich
diese Tendenz nicht feststellen.
69
Tab. 19a:
Statistik der Extinktionen von IL-10 pro Lymphozyt bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen in Remission unter Glukokortikoidmedikation;
Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
8
0,003
0,0035
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,007
0,0052
=> p = 0,31
Tab. 19b:
Statistik der relativen Häufigkeiten der IL-10-produzierenden Lymphozyten bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in Remission unter Glukokortikoidmedikation; Vergleich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Anzahl
Mittelwert
Standardabweichung
Morbus Crohn inaktiv
8
0,07
0,056
Colitis ulcerosa inaktiv
4
0,06
0,066
=> p = 0,61
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zeigen im inaktiven Stadium unter Glukokortikoidmedikation bezüglich der IL-10-Produktion keine signifikanten Unterschiede.
70
3.5
Zusammenfassung der Meßergebnisse
Im Kollektiv der Patienten mit Morbus Crohn in Remission führt eine systemische
Steroidmedikation interessanterweise zu einer signifikanten Zunahme der IL-2Konzentration pro Lymphozyt, und auch die IL-5-Konzentration steigt tendenziell an.
Im Gegensatz zu dieser Konzentrationszunahme pro Zelle bleibt der relative Anteil IL2- bzw. IL-5-bildender Zellen unverändert. Demgegenüber nimmt bei Patienten mit
inaktivem Morbus Crohn unter Steroidmedikation der relative Anteil IL-10produzierender Zellen deutlich zu, auch wenn hier keine statistische Siginifikanz
erreicht wird. Dennoch ist die Tendenz verglichen mit IL-2 und IL-5 deutlich. Es zeigen
sich also unter dem Einfluß von systemischer Steroidmedikation im Kollektiv der
Patienenten mit Morbus Crohn in Remission gegensätzliche Verhältnisse von IL-2 und
IL-5 einerseits und IL-10 andererseits.
Zwischen Morbus-Crohn-Patienten im akuten Schub und in Remission besteht unter
systemischer Glukokortikoidmedikation bezüglich IL-2 und IL-5 kein signifikanter
Unterschied, auch wenn im akuten Schub zumindest eine tendenziell höhere IL-2- und
IL-5-Konzentration pro Lymphozyt beobachtet werden kann. Dagegen nimmt bei
Erreichen des Remissionsstadiums bei Morbus Crohn der relative Anteil IL-10produzierender Blutlymphozyten signifikant zu.
Im Gegensatz zu Morbus Crohn läßt sich bei Colitis ulcerosa unter laufender
Steroidmedikation kein Unterschied bezüglich der Interleukine IL-2, IL-5 und IL-10
zwischen akutem Schub und Remissionsstadium feststellen.
Im Vergleich der beiden Krankheitsbilder der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zeigt die Colitis ulcerosa im akuten Schub auch unter Steroideinfluß
gegenüber aktivem Morbus Crohn eine signifikante Mehrproduktion an IL-5, wobei
diese Erhöhung auch unter Remissionsbedingungen tendenziell noch vorhanden ist.
Dagegen ließ sich kein Unterschied in der IL-2- und IL-10-Produktion zwischen den
beiden Krankheitsbildern feststellen.
71
4.
Diskussion
Die in der Literatur vorliegenden Daten über das Zytokinprofil bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sind zum Teil widersprüchlich. Dies betrifft einerseits die
Differenzierung der beiden Krankheitsbilder Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
bezüglich der Interleukine (Kapitel 1.3.5) und andererseits die Beeinflussung dieser
Mediatoren durch eine Glukokortikoidmedikation (Kapitel 1.5.6).
Weiterhin wurden bislang nur wenige und auch konträre Aussagen darüber getroffen,
ob die unterschiedlichen Zytokinmuster sowie eine eventuelle Glukokortikoidwirkung
auf einer Änderung der Anzahl zytokinproduzierender Zellen oder einer Änderung der
Zytokinproduktion der Einzelzelle beruhen.
4.1
Einfluß einer Steroidmedikation auf das Zytokinprofil bei
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Einige Autoren gehen davon aus, daß es sich beim Morbus Crohn um eine TH1- und
bei der Colitis ulcerosa um eine TH2-gewichtete Immunitätslage handelt. So
unterstützen FUSS et al. diese Hypothese, indem sie in der Lamina propria für den
Morbus Crohn bei verminderter IL-5-Produktion erhöhte IFN-γ-Werte und für die
Colitis ulcerosa erhöhte IL-5-Werte zeigten, was auf eine erhöhte Anzahl an TH1bzw. TH2-Zellen zurückgeführt wurde [FUSS 96].
Die IL-5-Dominanz bei Colitis ulcerosa gegenüber Morbus Crohn konnte in der
vorliegenden Arbeit in peripheren Lymphozyten auch unter Steroideinfluß bestätigt
werden, wobei auch hier die Mehrproduktion von IL-5 im akuten Schub durch einen
höheren relativen Anteil an IL-5-produzierenden Lymphozyten bedingt ist.
Die zur TH1-Antwort bei Morbus Crohn im Widerspruch stehende verminderte IL-2Produktion stimulierter Zellen wurde von FUSS et al. unter Hinweis auf leicht erhöhte
IL-2-Werte bei nicht stimulierten Zellen mit einer chronischen T-Zellaktivierung und
somit Erschöpfung der IL-2-Produktion begründet [FUSS 96]. Verschiedene andere
Autoren wiesen gerade für den Morbus Crohn eine reduzierte TH1-Antwort in Form
einer verminderten IL-2- und INF-γ-Konzentration nach. Diese wurde zum einen auf
eine verminderte Produktion pro Zelle [MIURA 85] und zum anderen auf eine
Abnahme der CD4+ T-Zellsubpopulation [GIBSON 94] zurückgeführt.
72
Auch MULLIN et al. erwähnen, daß eine stetige in-vivo-Aktivierung von T-Zellen zu
einer temporären Refraktärität der IL-2-Synthese bei in-vitro-Aktivierung führen
könnte; dennoch konnten diese Autoren - ebenso wie BREESE et al. - für den Morbus
Crohn eine gesteigerte IL-2-Produktion nachweisen [MULLIN 92, BREESE 93].
Anzumerken ist, daß bei den Untersuchungen von BREESE, FUSS sowie MULLIN et
al. ein Teil der Patienten Steroide erhielt, ohne daß diesen ein Einfluß zugeschrieben
wurde [BREESE 93, FUSS 96, MULLIN 92].
In der vorliegenden Arbeit ließ sich unter Glukokortikoidmedikation zwischen Morbus
Crohn und Colitis ulcerosa kein Unterschied bezüglich IL-2 ausmachen.
Interessanterweise fand sich in dieser Arbeit unter Therapie mit Steroiden bei
Patienten mit inaktivem Morbus Crohn ein signifikanter Anstieg von IL-2 pro
peripherem Lymphozyt, und auch die IL-5-Konzentration in den Lymphozyten war
unter Steroideinfluß tendenziell erhöht. Weiterhin zeigt sich in dem Kollektiv mit den
Steroiden eine Zunahme des relativen Anteils an IL-10-bildenden Zellen.
ANDUS et al. beschreiben bei aktivem Morbus Crohn unter Steroidmedikation höhere
IL-6-Serumlevel als bei aktivem Morbus Crohn ohne Steroidmedikation und führen
diese Beobachtung darauf zurück, daß eben die Patienten mit besonders schwerer
Krankheit die Steroide erhielten. Mit Erreichen der Remission unter Steroidmedikation
nehmen die IL-6-Serumwerte deutlich ab. Dabei gehen die Autoren davon aus, daß
die Glukokortikoide teilweise die Synthese von IL-6, teilweise aber auch die Sekretion
von IL-6 blockieren [ANDUS 91]. GROSS et al. haben bei der Untersuchung der IL-6Level im Serum von Morbus-Crohn-Patienten keinen statistisch signifikanten
Unterschied zwischen Patienten mit und ohne Steroidtherapie festgestellt, weder in
Remission noch im akuten Schub [GROSS 92]. Ähnlich wie ANDUS et al. (s.o.) sehen
auch GROSS et al. in der Steroidmedikation bei hoher Krankheitsaktivität eine
Begründung für die fehlende Korrelation zwischen erhöhten IL-6-Werten und der
Krankheitsaktivität bei Morbus Crohn gegenüber einer starken Korrelation zwischen
Krankheitsaktivität und Akute-Phase-Proteinen. Denn die hemmende Wirkung von
Steroiden führe bei dem kurzlebigen IL-6 gegenüber den längerlebigen Akute-PhaseProteinen schneller zu einem Effekt [GROSS 92]. Dies kann eine Erklärung für die in
dieser Arbeit bei beiden Krankheitsbildern unter Steroidtherapie nicht nachweisbaren
Unterschiede zwischen akutem Schub und Remission bezüglich IL-2 und IL-5 sein.
Demgegenüber zeigte sich bei Morbus Crohn - nicht aber bei Colitis ulcerosa - ein
Anstieg von IL-10 in Remission gegenüber einem akuten Schub.
73
Der Einfluß von Steroiden auf die Interleukinproduktion bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen ist also komplex, da in der Regel die Patienten mit aktiver
Krankheit auch höher dosiert bzw. länger mit Steroiden therapiert werden. So zeigte
sich auch in dem hier untersuchten Kollektiv, daß die Patienten im akuten Schub im
Mittel mit höheren Steroiddosen therapiert wurden als die Patienten in Remission.
Ein über das Erreichen der Remission hinausgehender Einfluß der Steroide auf die
Zytokinsynthese wird von KUCHARZIK und NIEDERAU abgelehnt. Folglich hätte auch
die Art der antiinflammatorischen Therapie keinen unterschiedlichen Einfluß auf die
Zytokine oder Akute-Phase-Proteine. Diese Thesen bauen auf der Begründung auf,
daß erhöhte Aktivitätsindizes mit erhöhten Konzentrationen bestimmter Inter-leukine
korrelieren, und daß eine Verbesserung der Klinik durch Steroide oder andere
entzündungshemmende Therapien - wie z.B. 5-Aminosalicylsäure - als Folge der
niedrigeren Entzündungsaktivität auch die Interleukinspiegel senke [KUCHARZIK 95,
NIEDERAU 97].
Die Beurteilung der gemessenen Zytokinkonzentrationen in Hinblick auf ihre
Bedeutung für die Krankheitsaktivität ist insofern schwierig, als daß die Aktivitätsindizes als numerischer Ausdruck lediglich einen Teil der Aspekte der Krankheit
reflektieren und nicht immer mit dem Entzündungsprozess korrelieren müssen.
Weiterhin
wurden
Resistenzen
gegenüber
antiinflammatorischen
Zytokinen
beschrieben [SCHREIBER 95]. Auch können solche Zytokine reaktiv erhöht sein,
ohne daß ihre antiinflammatorische Aktivität zur Begrenzung der Entzündung
ausreicht. Neben diesem physiologischen reaktiven Anstieg der antiinflammatorischen
Interleukine ist nicht auszuschließen, daß es sich bei den chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen um eine Dysregulation dieser Zytokine handelt [KUCHARZIK 95].
Steroideinfluß auf IL-2 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen:
Wie oben bereits erwähnt, konnte im Rahmen der in dieser Arbeit durchgeführten
Messungen im Kollektiv der Morbus-Crohn-Patienten in Remission insofern ein
Einfluß durch Glukokortikoide festgestellt werden, als daß die IL-2-Menge pro
Lymphozyt signifikant zunahm. Eine Erklärung für dieses etwas überrachende
Ergebnis könnte sein, daß durch Steroide die Ausschleusung von IL-2 aus den
Lymphozyten gehemmt wird. Der Anteil an IL-2-bildenden Zellen änderte sich
dagegen unter Steroideinfluß nicht. NIEDERAU et al. führten dagegen Serummessungen von IL-2 durch und konnten hier keinen über das Erreichen des
Remissionsstadiums hinausgehenden Effekt von Steroiden auf IL-2 feststellen. So
74
nehmen nach diesen Autoren die erhöhten IL-2-Serumwerte sowohl bei Morbus Crohn
als auch bei Colitis ulcerosa und die von MUELLER et al. gemessenen erhöhten
Werte für IL-2-Rezeptoren bei aktivem Morbus Crohn nach Erreichen der Remission
signifikant ab, ohne daß dabei ein signifikanter Einfluß von Steroiden bestünde
(NIEDERAU 97, MUELLER 90].
Ebenso beschreiben DOI et al. unter einwöchiger oraler Glukokortikoidtherapie bei
Asthmatikern keine Änderung der IL-2-Werte, wobei diese allerdings auch zuvor nicht
von der Norm abwichen [DOI 94].
SHER et al. stellten dagegen erniedrigte IL-2-Konzentrationen im intestinalen Gewebe
von Patienten mit Morbus Crohn, von denen die Mehrheit Steroide erhielt, gegenüber
ähnlichen Bestimmungen ohne Kortikoide fest [SHER 95].
Weiterhin zeigen zahlreiche in-vitro-Untersuchungen eine deutliche Abnahme der IL2-Produktion unter Steroidapplikation [GILLIS 79, SCHLEIMER 84].
Eine Erklärung für die Diskrepanz dieser Ergebnisse könnte sein, daß Steroide zu
einer zwar starken, aber nur kurzfristigen, IL-2-Dezimierung führen; ähnlich wie für
INF-γ beschrieben [VERHOEF 99]. Glukokortikoide könnten aber auch, wie bereits
erwähnt, die zelluläre Ausschleusung von IL-2 hemmen und so zu einer Akkumulation
dieses Zytokins in Lymphozyten führen [KERN 88, FUSCHIMI 97], was den hier
vorliegenden signifikanten intrazellulären Anstieg von IL-2 unter Steroidmedikation
erklären könnte.
Weiterhin ist für Patienten mit Morbus Crohn eine signifikante Verminderung der
Glukokortikoidsensibiltät der Blutlymphozyten beschrieben worden [FRANCHIMONT 99a]. So kann man eine abgeschwächte Sensibilität der T-Zellen auf Steroide
infolge des chronischen Entzündungszustandes mit körpereigenem Streß und
konsekutiver Cortisolproduktion annehmen. WALKER et al. wiesen bei steroidresistenten Probanden eine deutlich erhöhte IL-2-Aktivität ohne Kortikoidmedikation
nach, welche unter Medikation nur auf Werte entsprechend denen nicht therapierter,
steroidsensitiver Probanden abnahm [WALKER 87].
Wie oben bereits beschrieben, fanden BREESE et al. und MULLIN et al. in Darmbiopsien von Patienten mit Morbus Crohn im Gegensatz zu Patienten mit Colitis
ulcerosa erhöhte IL-2-Werte, unabhängig von einer Steroidmedikation eines Teiles
beider Patientengruppen [BREESE 93, MULLIN 92].
Bei den hier durchgeführten Messungen an peripheren Lymphozyten zeigte sich
demgegenüber sowohl bei aktiven als auch bei inaktiven chronisch entzündlichen
75
Darmerkrankungen unter laufender systemischer Steroidmedikation kein Unterschied
bezüglich der IL-2-Produktion bei Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa.
Die Tatsache, daß sowohl bei Morbus Crohn als auch bei Colitis ulcerosa bezüglich
IL-2 kein signifikanter Unterschied zwischen Remission und akutem Schub besteht,
kann darauf hindeuten, daß Cortison, ähnlich wie oben für IL-6 beschrieben, früher zu
einer Abnahme der IL-2-Produktion führt, als die Entzündungsaktivität im Körper
nachläßt. Ursächlich kann aber auch die bereits erwähnte Tatsache sein, daß die
Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen im akuten Schub mit etwas
höheren Steroiddosen behandelt wurden als die Patienten in Remission.
Schwierigkeiten in der Beurteilung einer Steroidmedikation auf die IL-2-Produktion
ergeben sich vor allem auch daraus, daß bereits bei gesunden Probanden die Bildung
insbesondere von IL-2 in weiten Bereichen variiert. Weiterhin liegen bei chronischen
Entzündungszuständen bereits alterierte Lymphozyten infolge stetiger T-Zellstimulation vor.
Steroideinfluß auf IL-5 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen:
In der vorliegenden Arbeit konnte bei Morbus Crohn in Remission mit Glukokortikoidmedikation ein tendenzieller Anstieg von IL-5 pro Lymphozyt im Vergleich zum
Kollektiv ohne Kortikoide gemessen werden. Ebenso wie oben bereits für IL-2
beschrieben, kann eine mögliche Erklärung hierfür sein, daß durch Steroide die
Ausschleusung und somit Wirksamkeit von IL-5 gehemmt wird.
In den vorliegenden Messungen bestätigte sich die in der Literatur beschriebene
Erhöhung von IL-5 bei aktiver Colitis ulcerosa gegenüber Morbus Crohn auch unter
Steroidmedikation, wobei diese Differenz nach Erreichen der Remission weniger
ausgeprägt ist.
Zwischen aktivem Morbus Crohn und inaktivem Morbus Crohn sowie zwischen aktiver
Colitis ulcerosa und inaktiver Colitis ulcerosa zeigten sich in der IL-5-Produktion keine
Unterschiede. Dies kann, wie oben bereits erwähnt, einerseits darauf zurückgeführt
werden, daß die Steroide bereits vor Abnahme der Entzündungsaktivität zu einer IL-5Reduktion und somit einer Nivellierung der IL-5-Meßwerte zwischen aktiver und
inaktiver Krankheit geführt haben. Andererseits wurden die Patienten mit einem
akuten Schub auch mit höheren Steroiddosen gegenüber den Patienten in Remission
behandelt, so daß es zu einem Angleichen der Meßergebnisse durch hohe Krankheitsaktivität und hohe Steroiddosis einerseits, bzw. niedrige Krankheitsaktivität und
niedrge Steroiddosis andererseits, kommt.
76
Steroideinfluß auf IL-10 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen:
Die in dieser Arbeit dargestellten Messungen zeigen in der Gruppe der Morbus-CrohnPatienten in Remission, die Steroide erhalten, eine - allerdings nicht signifikante Zunahme des relativen Anteils IL-10-produzierender Lymphozyten gegenüber der
vergleichbaren Gruppe ohne Steroidmedikation.
Auch FRANCHIMONT et al. und HODGE et al. beschreiben eine IL-10-Stimulation
unter Steroidmedikation [FRANCHIMONT 99b, HODGE 99].
Dagegen lehnen KUCHARZIK und NIEDERAU et al. bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen einen über die allgemeine Beeinflussung der Entzündungsaktivität
hinausgehenden speziellen Effekt von Steroiden auf die IL-10-Produktion ab. Diese
Autoren haben im akuten Schub im Serum erhöhte IL-10-Werte sowohl bei Morbus
Crohn als auch Colitis ulcerosa gemessen, die unabhängig von einer Steroidmedikation mit Abnahme der Aktivitätsindizes zurückgingen [KUCHARZIK 95,
NIEDERAU 97]. Dennoch zeigten auch KUCHARZIK et al. unter Behandlung mit
Steroiden einen über einige Tage andauernden Anstieg der IL-10-Level, gleichzeitig
allerdings auch einen weiteren Anstieg der Aktivitätindizes, und mit Abnahme der
Aktivität auch eine Abnahme der IL-10-Level. Die positive Korrelation mit den
Aktivitätsindizes wurde als antiinflammatorische Antwort auf das gesteigerte
Entzündungsgeschehen
interpretiert,
die
dennoch
nicht
ausreiche,
um
pro-
inflammatorische Zytokine zu blockieren [KUCHARZIK 95/97].
Auch GELATI et al. stellten fest, daß weder eine einmalige niedrige Dosis Prednisolon
(25 mg per os), noch eine fünftägige hochdosiert Methylprednisolontherapie (1000 mg
i.v. pro Tag) ausreichen, um zu einer Änderung der IL-10-Produktion zu führen.
Allerdings erwägen diese Autoren für erniedrigte Werten von IL-10 unter Steroidmedikation bei Lupus erythematodes, einer weiteren chronisch entzündlichen Erkrankung, sowohl einen direkten Einfluß der Steroide als auch eine IL-10-Dezimierung
inflolge verminderter Entzündungsaktivität. Die demgegenüber deutlich gesteigerte
IL-10-Freisetzung nach Stimulation wurde auf die teilweise Wiederherstellung einer erschöpften IL-10-Produktion durch Steroide bei chronischem Entzündungszustand
zurückgeführt [GELATI 97]. Dieser Effekt könnte eine Erklärung für die differierenden
Ergebnisse bezüglich einer Abnahme oder Zunahme von IL-10 sein. Auch die bereits
beschriebene Stimulation der IL-10-Produktion bei niedriger Steroidmedikation und
Inhibition
bei
höheren
[FRANCHIMONT 99b].
Konzentrationen
könnte
hierfür
eine
Erklärung
sein
77
Weiterhin steigt unter laufender Glukokortikoidmedikation bei Morbus Crohn - nicht
aber bei Colitis ulcerosa - mit Erreichen der Remission gegenüber einem akuten
Schub
die
IL-10-Bildung
signifikant
an,
wobei
diese
Mehrproduktion
hier
ausschließlich auf einer Zunahme des relativen Anteils an IL-10-produzierenden
Zellen beruht. Es stellt sich die Frage, ob dieser IL-10-Anstieg zur Remission
beigetragen hat - eventuell als Wirkungsvermittler von Glukokortikoiden - oder ob sich
eine im akuten Schub erschöpfte IL-10-Produktion unter Remissionsbedingungen
wieder erholt hat. NIEDERAU et al. beschreiben zumindest keine signifikante
Abnahme von IL-10 bei Erreichen der Remission, im Gegensatz zur signifikanten
Abnahme der proinflammatorischen Zytokine, und auch nur eine leichte Erhöhung von
IL-10 im akuten Schub gegenüber der starken Erhöhung proinflammatorischer
Zytokine [NIEDERAU 97].
IL-10 ist ein antiinflammatorisch wirksames Zytokin [KUCHARZIK 97] und kann die
Entstehung
einer
chronisch
granulomatösen
intestinalen
bzw.
systemischen
Entzündung abschwächen, wobei dieser Effekt bereits durch subtherapeutische
Dosen von Dexamethason verstärkt wird [HERFARTH 98]. Nach FRANCHIMONT et
al. wirken IL-10 und Glukokortikoide synergistisch, indem IL-10 die Anzahl der Glukokortikoidrezeptoren erhöht [FRANCHIMONT 99b]. Glukokortikoide wiederum führen
zu einer gesteigerten Transkription der für IL-10 kodierenden Gene [BARNES 98].
Die in der Literatur teilweise beschriebenen erhöhten IL-10-Werte bei Colitis ulcerosa
gegenüber Morbus Crohn konnte unter Glukokortikoidmedikation nicht bestätigt
werden.
4.2
Ursachen der Differenzen in den Meßergebnissen
Zahlreiche Untersuchungen belegen einen deutlichen Einfluß von Steroiden auf die
Zytokinsynthese. Allerdings wurden Glukokortikoideinflüsse auf die Entzündungszellen und ihre Mediatoren bislang hauptsächlich durch in-vitro-Applikation und nur
wenig
durch
in-vivo-Medikation
untersucht.
Dabei
wurden
bei
den
in-vitro-
Untersuchungen Steroidkonzentrationen von ungefähr 10-10 mol/l [SCHLEIMER 84]
bis 10-4 mol/l Dexamethason [REED 86] eingesetzt. Die Vergleichbarkeit mit in-vivoUntersuchungen wird unter anderem dadurch erschwert, daß hier die wirksamen
Konzentrationen freier Glukokortikoide von der Pharmakokinetik mit Resorption und
Plasmaproteinbindung abhängen.
78
Unterschiede zwischen in-vivo- und in-vitro-Versuchen können sich auch daraus
ergeben, daß in-vitro das Glukokortikoid meist zusammen mit den Stimulatoren der
Zyokinsynthese verabreicht wurde, wohingegen die Steroide in-vivo ihre Wirkung auf
die Zellen bereits ausüben konnten. Darin ist ein Vorteil der in-vivo-Messung bei
Glukokortikoidmedikation zu sehen, da die in-vitro applizierten Kortikoide mit den
Stimulatoren der Zytokinsynthese reagieren, bzw. um dieselben Reaktionswege
konkurrieren können [ADCOCK 95, ROLFE 92].
Neben der Unterscheidung in-vivo oder in-vitro ist zusätzlich zwischen gesunden und
kranken Probanden zu unterscheiden, denn spezielle Effekte der Kortikosteroide
können dadurch maskiert werden, daß keine gesunden Kontrollpersonen untersucht
werden, sondern Probanden mit vorexistierenden immunologischen Besonderheiten.
Somit ist der exogene Steroideinfluß auf die Interleukinsynthese bei chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen komplex, je nach Entzündungszustand und auch
Dauer des Entzündungsgeschehens. Eine Schwierigkeit bei in-vivo-Untersuchungen
liegt also darin, daß zwei gegensätzliche Faktoren auf die Entzündungsmediatoren
bestehen, nämlich zum einen die Steroidmedikation und zum anderen die
Entzündungsaktivität, wegen welcher die Steroidmedikation indiziert ist. Da die
Patienten mit schwerer Krankheit also auch vermehrt mit Steroiden therapiert werden,
interagieren diese gegensätzlichen Einflüsse meist miteinander.
Ähnlich verhält es sich bei der Beurteilung antiinflammatorischer Zytokine, da diese
zwar einerseits bei verminderter Produktion zur Entzündung führen können, andererseits aber bei vorliegender Entzündungsaktivität auch reaktiv ansteigen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Patienten neben einer Steroidmedikation
meist auch mit 5-Aminosalicylsäure oder Sulfasalazin therapiert werden, die zwar
weniger eine immunsuppressive, aber dennoch vielfältige immunmodulierende
Wirkungen auch auf Interleukine haben [GAGINELLA 92].
Unterschiedliche Meßergebnisse der Zytokinsynthese unter Glukokortikoidapplikation
können zumindest teilweise auf den nicht einheitlichen Differenzierungsgrad der
CD4+ T-Zellen zurückgeführt werden, da naive bzw. Gedächtnis-T-Zellen unter
Kortikoideinfluß
zum
Teil
gegensätzliche
Zytokinmuster
zeigen
(Abb. 6)
[BRINKMANN 95]. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach fünfstündiger Stimulation
die zytokinproduzierenden T-Helferzellen zum größten Teil der Gedächtniszellpopulation angehören [SANDER 91].
Auch die Art und Menge der Stimulatoren zur Zytokinproduktion resultiert in unterschiedlichen Ergebnissen [ANDUS 91, FUSS 96, UMLAND 97]. So konnten ANDUS
79
et al. z.B. zeigen, daß nach systemischer Behandlung mit Glukokortikoiden die IL-6Produktion peripherer Zellen nach moderater Stimulation stark gehemmt war, daß
nach maximaler Stimulation aber nur noch eine leicht reduzierte IL-6-Bildung
festzustellen war.
Allgemein wirft die Stimulation von Zellen zur Interleukinproduktion in der
Differenzierung aktiver und inaktiver Krankheitszustände Probleme auf. Denn auch bei
inaktiver Krankheit liegen voraktivierte Immunzellen vor, die in-vitro zur Bildung
immunologischer Mediatoren aktiviert werden können [MUELLER 90]. Dadurch lassen
sich z.B. Differenzen zwischen Interleukinmessungen im Serum einerseits und im
Überstand oder Zytoplasma isolierter und stimulierter Zellen andererseits erklären.
Die unterschiedlichen Untersuchungsmethoden, die an Darmresektaten, Darmbiopsien, Zellkulturen, isolierten Lymphozyten oder direkt im Plasma vorgenommen
wurden, tragen ebenso zu verschiedenartigen Ergebnissen bei.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß einige Autoren Studien an
peripheren Lymphozyten mit der Begründung ablehnen, daß der Hauptanteil dieser
Zellen nicht dem Mukosakompartiment des Darmes angehöre, zumal vor allem bei
aktiver Krankheit eine Rekrutierung der T-Lymphozyten in die Darmwand stattfinde
[SELBY 84]. Demgegenüber wurde im akuten Schub einen Anstieg zirkulierender
Monozyten als Vorläufer der Gewebsmakrophagen beschrieben [MAZLAM 92]. Unter
Bezug auf eine gesteigerte Rezirkulation ziehen andere Autroren als Quelle aktivierter
Lymphozyten und somit auch der Serumspiegel von Zytokinen Darmlymphozyten in
Betracht [GROSS 92, MULLIN 92]. Dennoch spiegeln diese natürlich nicht uneingeschränkt die Veränderungen der Darmschleimhaut mit den hierbei gemessenen
Zytokinprofilen in Darmbiopsien oder sogar Darmresektaten wider [NIEDERAU 97].
Beispielsweise wurde jeweils intestinal bei Morbus Crohn die IL-2-mRNA erhöht
[MULLIN 92] und bei Colitis ulcerosa die IL-10-mRNA erniedrigt [NIELSEN 96]
gemessen im Gegensatz zu unauffälligen Meßergebnissen der mRNA in peripheren
Lymphozyten bzw. der Proteine im Serum. In bezug auf die Quelle des zirkulierenden
IL-10 bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden sowohl periphere
mononukleäre Zellen als auch Zellen der intestinalen Mukosa angenommen
[KUCHARZIK 95].
80
4.3
Beurteilung der Methode der intrazellulären Zytokindetektion
Wie bei DOLHAIN et al. beschrieben, korreliert die Messung der intrazellulären
Zytokinakkumulation in zeitlicher Versetzung sehr gut mit den Messungen zur
Zytokinproduktion auf mRNA-Level mit Hilfe der PCR-Technik und ebenso mit den
Zytokinbestimmungen auf Proteinniveau in Kulturüberständen mit der ELISA- oder
RIA-Technik [DOLHAIN 93]. SANDER et al. haben in ihren Untersuchungen festgestellt, daß die Antikörper, die zu guten Markierungen führten, auch die Bioaktivität
der Zyokine kompetent blockieren konnten [SANDER 93]. Somit ist davon auszugehen, daß das intrazellulär sichtbar gemachte Interleukin in Form und Funktion der
extrazellulären Form entspricht.
Ein Vorteil der quantitativen intrazellulären Interleukindetektion ist darin zu sehen, daß
man neben der Anzahl an zytokinproduzierenden Zellen auch eine Aussage über die
Interleukinproduktion
der
Einzelzelle
erhält.
Bei
lediglicher
Verwendung
der
konventionellen Lichtmikroskopie ohne angeschlossene Computerbildanalyse könnte
beispielsweise eine vermehrte Synthese der einzelnen Zellen ohne Zunahme der
Anzahl synthetisierender Zellen nicht erkannt werden. Dieses Problem hat die
Forschergruppe um FUSS et al. dadurch zu lösen versucht, indem sie die
Zytokinmessung in Überständen stimulierter Lymphozyten mit einem ELISPOT
kombiniert hat [FUSS 96]. Dabei handelt es sich beim ELISPOT um einen EnzymSandwich-Test auf Zellebene, durch welchen sich die Anzahl intrazellulärer
Zytokinspots darstellen läßt [HERR 97]. In vergleichbarer Absicht haben BREESE et
al. einen Haemolytic-plaque-assay zur Bestimmung des Anteils an IL-2- und IFN-γproduzierenden Zellen mit einem Northern-Blot zur Detektion der exprimierten mRNA
kombiniert [BREESE 93].
Das in dieser Arbeit verwendete Prinzip der computergestützten Bildanalyse der intrazellulären Zytokindetektion vereinigt den qualitativen Nachweis zytokinproduzierender
Zellen mit einer quantitativen Bestimmung der Zytokinproduktion. Allerdings erhält
man keine Aussage über das freigesetzte Zytokin. So sind nach SANDER et al. vor
allem dadurch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, indem man die Anzahl an
zytokinproduzierenden Zellen, die Zytokinproduduktion der Einzelzelle und die
freigesetzten Zytokinlevel im Überstand bestimmt und diese Messungen zu
unterschiedlichen Zeitpunkten nach Stimulation durchführt [SANDER 93].
81
Ein weiterer Vorteil der intrazellulären im Vergleich zur extrazellulären Zytokindetektion liegt in den kürzeren Stimulationszeiten und somit in der Möglichkeit des
Verzichts auf Antibiotika mit ihren Interaktionen [DOLHAIN 93].
Besonders im Hinblick auf eine Glukokortikoidwirkung können sich aus der
intrazellulären
Zytokinmessung
allerdings
Fehldeutungen
ergeben,
da
die
Steroidwirkung auf Interleukine in der Hemmung posttranslationeller Prozesse wie
Ausschleusung aus der Zelle bestehen kann [KERN 88, FUSCHIMI 97]. Dadurch kann
es intrazellulär zu einer Akkumulation von Zytokinen kommen, welche aber nicht mehr
interzellulär wirksam sind. So konnten KERN et al. unter in-vitro-Applikation von
Dexamethason intrazellulär im Gegensatz zu extrazellulär nur eine geringe Abnahme
der IL-1-Level feststellen [KERN 88], wohingegen SOUSA et al. mit Hilfe der
computergestützen Bildanalyse signifikante Abnahmen von IL-1 unter Steroidmedikation messen konnten [SOUSA 97]. In dieser Arbeit zeigte sich unter
Glukokortikoiden dagegen sogar eine signifikante Zunahme von IL-2 und zumindest
tendenzielle Zunahme von IL-5 pro Lymphozyt bei inaktivem Morbus Crohn. Hier
könnte eine Messung von freien Interleukinen zu einer Klärung führen, wobei jedoch,
wie bereits oben erwähnt, Interleukine auch durch Interaktion von Zelle zu Zelle wirken
und somit extrazellulär nicht meßbar sind.
WITTEKIND weist in einem Review über die Standardisierung von Zellanfärbungen
besonders auf die Notwendigkeit einer solchen Standardisierung in Hinblick auf die
computerisierte Zellmustererkennung hin. Ein Bildanalysesystem kann nicht zwischen
zufälligen oder spezifischen Markierungen unterscheiden, und es kann nur die
Informationen objektiv und reproduzierbar verarbeiten, die ihm angeboten werden
[WITTEKIND 85].
82
5.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Erforschung der Zytokine bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen hat zum
Ziel, weitere Hinweise in der Pathogenese zu erhalten, und auf diese Weise eine
Basis für die gezielte Entwicklung neuer Therapien zu schaffen. Die Herausforderung
besteht darin, Faktoren zu ermitteln, welche bei Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa
über- oder auch unterexprimiert sind und dadurch zur Pathogenese der Erkrankung
beitragen. Eine Modulation solcher Faktoren könnte in einer Stärkung schützender
Wirkungen durch Applikation antiinflammatorischer Zytokine oder in einer Blockade
von
Rezeptoren
für
inflammatorische
Zytokine
bestehen
[JÄRNEROT 98,
KUCHARZIK 97, VAN HOGEZAND 96]. Da allerdings viele Mediatoren sowohl
schützende als auch pathogene Effekte vermitteln und es sich immer um ein
Netzwerk von Wirkungen handelt, ist die Bestimmung einer einzelnen inhibitorischen
oder zu inhibierenden Substanz schwierig. Aus diesem Grund sind vor allem die
Glukokortikoide so effektiv, denn sie greifen an vielen verschiedenen Stellen der
Immunkaskade inklusive der Interleukinproduktion an. Da es sich also bei den
Glukokortikoiden bislang um die wirksamste Therapie zur Überführung eines akuten
Schubs in die Remission handelt, ist es von Vorteil, möglichst detaillierte Einblicke in
ihre Wirkmechanismen zu erhalten. Auf diese Weise können dann Wirkstoffe zum
Einsatz kommen, die gezielt die positiven Wirkungen der Glukokortikoide vermitteln,
ohne mit den zahlreichen Nebenwirkungen einer Glukokortikoidtherapie belastet zu
sein.
Verschiedene Autoren ziehen darüber hinaus die Zytokindetektion als Möglichkeit
eines Monitoring einer Glukokortikoidmedikation in Betracht [BRYNSKOV 92b, JUNG,
ZABEL 90].
In dieser Arbeit fand sich ein weiterer Hinweis für die in der Literatur beschriebene
Wirkungsvermittlung der Glukokortikoide über das antiinflammatorisch wirkende IL-10.
So wurden bereits Untersuchungen mit IL-10 als Einlauf unternommen, wobei hier
sowohl lokal im Darm, als auch systemisch im Blut eine Verminderung proinflammatorischer Zytokine gezeigt werden konnte [SCHREIBER 95].
Neue immunmodulatorische Therapien mit rekombinanten Zytokinen wie IL-10 und
Zytokin-Antikörpern wie anti-TNF-α sind also vielversprechend [HERESBACH 99,
JÄRNEROT 98, ROBINSON 98].
83
6.
Literaturverzeichnis
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by differential changes in interferond gamma and interleukin 4 production. In: Ann. Rheum. Dis.
58: 49-54 (1999)
• Visser J, van Boxel Dezaire A, Methorst D, Brunt T, de Kloet ER, Nagelkerken L: Differential
regulation of interleukin-10 and interleukin-12 by glucocorticoids in vitro. In: Blood 91: 4255-4264
(1998)
• Vorlaender K-O: Immunologie. Thieme-Verlag, 2. Auflage (1983)
• Walker KB, Potter JM, House AK: Interleukin 2 synthesis in the presence of steroids: a model of
steroid resistance. In: Clin. exp. Immunol. 68: 162-167 (1987)
• Wittekind D: Standardization of dyes and stains for automated cell pattern recognition. In: Anal.
Quant. Cytol. 7: 6-30 (1985)
• Zabel P, Horst H-J, Kreiker C, Schlaak M: Circadian rhythm of interleukin-1 production of
monocytes and the influence of endogenous and exogenous glucocorticoids in man. In: Klin.
Wochenschr. 68: 1217-1221(1990)
• Zeitz M: Immunoregulatory abnormalities in inflammatory bowel disease. In: Europ. J.
Gastroenterol. Hepatol. 2: 246-250 (1990)
Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. May und Oberarzt Dr. med. Griga
für die Überlassung des sehr interessanten Themas sowie die gute Betreuung
während der experimentellen und schriftlichen Arbeit.
Abschließend möchte ich mich bei meinen Eltern Birgit und Lothar Neumann
sowie meinem Ehemann Dr. Ulrich Engel für die stetige Unterstützung in jeder
Hinsicht während des Studiums und der Doktorarbeit bedanken.
Erklärung
Hiermit versichere ich, daß ich diese Dissertation selbständig und ohne Benutzung
anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt, nur die angegebenen Quellen
benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen
Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Diese Arbeit hat in gleicher oder
ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.
Frankfurt a.M., im Januar 2001
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name
Geburt
Familienstand
Anja Engel, geb. Neumann
05.04.1972 in Ingolstadt
verheiratet
Schulbildung
Mai 1991
Abitur am Gymnasium Fallersleben
Berufsausbildung
1991 - 1993
Studium
1993-2000
30.08.1995
29.08.1996
25.03.1999
15.05.2000
Famulaturen
1996 - 1998
PJ
April 1999 - August 1999
August 1999 - November 1999
November 1999 - März 2000
AIP
seit 01.07.2000
Frankfurt a.M., Januar 2001
Ausbildung zur biologisch-technischen
Assistentin an der Berufsfachschule
Heinemann in Braunschweig
Humanmedizin an der
Ruhr-Universität Bochum
Physikum
1. Staatsexamen
2. Staatsexamen
3. Staatsexamen
Gynäkologie am Oshakati-State-Hospital /
Namibia, weitere Famulaturen in Gastroenterologie und Kardiologie, Neurologie,
Anästhesie und Dermatologie
Neurologie am Knappschaftskrankenhaus
Bochum-Langendreer, Prof. Dr. Gehlen
Innere Medizin am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer,
Prof. Dr. Schmiegel
Chirurgie am Knappschaftskrankenhaus
Bochum-Langendreer, Prof. Dr. Büsing
Städtische Kliniken Frankfurt a.M.-Höchst,
Innere Medizin, Gastroenterologie,
Prof. Dr. Haag
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