5.7 Zellmembranen

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Die Besonderheiten prokaryontischer Zellen
b
Abb. 5.12 Verschiedene Strukturen von
S-Layern. (aus Kandler, Naturwissenschaften 66 (1979):95)
a Trichome aus Methanospirillum hungatei.
Anordnung in Reihen. Maßstab, 0,1 μm.
b Hexagonale Gitter bei Methanogenium
marisnigri
Resistenz solcher Bakterien gegenüber Abwehrmechanismen des Wirtes (S. 653). Auch die Anheftung an Oberflächen und die Bildung von Biofilmen erfordern extrazelluläre Substanzen, meist Polysaccharide.
Während die Zellwände an sich nur schwach immunogen sind, wirken zusätzliche Strukturen wie Flagellen,
Proteine der Zellwand, Kapseln, S-Layer und Lipopolysaccharide stark immunogen. So werden Kapselpolysaccharide (K-Antigen) in der Serologie zur Typisierung von Enterobakterien der Gattungen Escherichia,
Klebsiella und Shigella mithilfe spezifischer Antikörper
herangezogen.
Abb. 5.13 Bakterienkapseln. Dargestellt an dem Schwefelpurpurbakterium Amoebobacter roseus. Tuschepräparat. 1200fach.
(Aufnahme Norbert Pfennig)
einen Stofftransport durch Konvektion verhindern. Rußpartikel von Tusche können in Kapseln nicht eindringen
(Tuschepräparat, ▶ Abb. 5.13). Schleimschichten dagegen
sind weniger geordnet, stellen keine Diffusionsbarriere
dar und sind im Mikroskop deutlich schlechter zu erkennen. Beide Strukturen spielen eine Rolle bei der Anheftung pathogener Bakterien an ihre Zielzelle, sowie bei der
a
modifizierte Phosphatgruppe
b
5.7 Zellmembranen
5.7.1 Cytoplasmamembran
Das Cytoplasma der Zelle ist von einer dünnen Membran
umgeben, die nicht nur die konstante Zusammensetzung
und Konzentrationen der Zellinhaltsstoffe gegenüber
dem umgebenden Milieu gewährleistet; sie ermöglicht
als Permeabilitätsbarriere auch die gezielte Aufnahme
und Abgabe von Verbindungen und dient zur Speicherung von Zellenergie (Kap. 8 und 10). Die Cytoplasmamembran besteht aus einer ca. 8 nm dicken Doppel-
Phospholipide
hydrophile
Region
hydrophobe
Region
Fettsäure
Glycerin
integrale Membranproteine
peripheres
Membranprotein
Abb. 5.14 Cytoplasmamembran der Bacteria und Eukarya.
a Grundstruktur einer Phospholipiddoppelschicht.
b Modell der Struktur der Cytoplasmamembran (Einheitsmembran). Die Matrix besteht aus Phospholipiden, deren hydrophobe Gruppen
nach innen weisen, während die hydrophilen Gruppen nach außen gerichtet sind, wo sie mit Wassermolekülen assoziieren. In die
Phospholipidschicht eingebettet sind integrale Membranproteine, an die periphere Membranproteine angelagert sein können. Gemäß
dem Fluid Mosaic Model ähnelt die Konsistenz der Einheitsmembran einer leicht viskosen Flüssigkeit.
150
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a
5.7 Zellmembranen
b Cholesterin
3
CH3
4
H3 C
1
2
CH3
H2C
H2C
CH3
1
2
CH3
H2C
H
3
CH3
CH3
CH
CH3
3
CH3
c Diplopten
H3C
C
Abb. 5.15 Steroide und Hopanoide.
a Steroidgrundgerüst.
b Struktur von Cholesterin.
c Struktur des Hopanoids Diplopten.
1
4
2
HO
hydrophile
Region
schicht aus Phospholipiden (seltener Glykolipiden), in die
Proteine eingelagert sind. Phospholipide sind Ester aus
dem dreiwertigen Alkohol Glycerin und zwei Fettsäuren,
die sowohl gesättigt als auch ungesättigt sein und Kettenlängen zwischen 14 und 18 Kohlenstoffatomen besitzen
können. Die verbleibende OH-Gruppe des Glycerins ist
mit Phosphorsäurederivaten verestert. Bei Glykolipiden
ist diese Position dagegen glykosidisch mit Zuckerresten
verbunden (▶ Abb. 2.20). Diese chemische Zusammensetzung verleiht dem Molekül sowohl hydrophile als auch
lipophile Eigenschaften. Der amphipathische Charakter
führt in wässriger Umgebung zur spontanen Ausbildung
einer Doppelschicht, in der die Fettsäurereste nach innen,
die polaren Glycerophosphat- bzw. Zuckergruppen nach
außen gerichtet sind (▶ Abb. 5.14a). Diese Struktur wird
auch als Einheitsmembran bezeichnet, da ihr Aufbau für
fast alle Zellmembranen und auch für viele Membranen
eukaryontischer Zellorganellen prinzipiell gleich ist. Die
Cytoplasmamembran stellt eine Permeabilitätsbarriere
für wasserlösliche, besonders für ionische Substanzen
dar. Lediglich Wasser selbst, einige Gase (z. B. CO2, H2, O2)
und wenige kleine organische Moleküle wie Glycerin
oder lipophile Substanzen, wie undissoziierte Fettsäuren
und aromatische Verbindungen, können die Membran
durch Diffusion frei passieren.
In die Membran eingelagert sind spezielle Proteine,
welche die Hälfte der Membranmasse ausmachen. Sie
dienen u. a. der Kommunikation und dem Stoffaustausch
mit der Umgebung, der Konservierung von Energie und
der Biosynthese der Membran- und Wandbestandteile
(Kap. 10). Im Gegensatz zu den wasserlöslichen Proteinen
des Cytoplasmas exponieren Membranproteine die Seitenketten hydrophober Aminosäuren auf ihrer Oberfläche, wodurch sie in Kontakt mit den Fettsäuren der Lipide
treten können. Um die Membran einmal durchspannen
zu können, sind zwischen 18 und 22 aufeinander folgende hydrophobe Aminosäuren erforderlich, die in Form
einer α-Helix gefaltet sind. Solchen integralen Membranproteinen stellt man periphere Membranproteine gegenüber, die über Kontakte mit integralen Membranproteinen mit der Membran assoziiert sind (▶ Abb. 5.14b).
Integrale Membranproteine lassen sich nur mit Detergen-
hydrophobe
Region
zien (auch Tenside genannt) in Lösung bringen, periphere
Membranproteine können bereits durch hohe Salzkonzentrationen abgelöst werden. Die Cytoplasmamembran
ist keine starre Struktur, sondern flüssig, wobei man sich
die Proteine als in den Phospholipiden „schwimmend“
vorstellt (engl. fluid mosaic model, ▶ Abb. 5.14b).
Zur Stabilisierung dieser Struktur können zusätzliche
hydrophobe Verbindungen in die Membran eingelagert
sein. So enthalten eukaryontische Membranen, anders als
fast alle bakteriellen Membranen (Ausnahmen: methanotrophe Bakterien, Mykoplasmen und einige Planctomyceten) das Steroid Cholesterin. Bei zahlreichen Bakterien
wurden jedoch ähnliche Verbindungen, sogenannte Hopanoide, gefunden (▶ Abb. 5.15).
Eine chemisch grundsätzlich andere Membranzusammensetzung findet man bei den Archaea, aber auch bei
einigen Eubakterien (z. B. Anammoxbakterien) (S. 575).
Anstelle von Esterbindungen ist hier ein Glycerinmolekül
über Etherbindungen mit den hydrophoben Komponenten verbunden. Dabei handelt es sich nicht um Fettsäuren, sondern um reduzierte Isoprenoidalkohole
(▶ Abb. 2.20d). Sowohl Di- als auch Tetraetherverbindungen mit Glycerin kommen vor. Letztere führen zur Bildung einer Einzelschicht in einer Membran (▶ Abb. 5.16).
Diese Strukturen, sowie die größere Stabilität von Etherbindungen im Vergleich zu Esterbindungen, gewährleisten die Integrität der Membran auch unter den häufig extremen Lebensbedingungen der Archaea.
Einige Gruppen von Bakterien besitzen zusätzliche, intracytoplasmatische Membranen, bei denen es sich um
a
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a Steroidgrundgerüst
b
Glycerin
Phytanyl
Biphytanyl
Membranprotein
Abb. 5.16 Cytoplasmamembranen der Archaea. a Lipiddoppelschicht. b Lipideinzelschicht.
151
Die Besonderheiten prokaryontischer Zellen
b
c
d
e
f
a
Ps
S
Chr
Zw
S
S
c
b
T
T
LS
Abb. 5.18 Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Einzelbeispielen phototropher Bakterien mit intracytoplasmatischen Membransystemen.
a Chromatium okenii enthält bläschenförmige Strukturen, die
Vesikel oder Chromatophoren genannt werden. Chr, Chromatophoren; Ps, Polysaccharidgrana; S, Schwefeltropfen;
Zw, Zellwand. (Aufnahme G. Kran)
b Thiocapsa pfennigii hat tubuläre photosynthetische Membranen (T). (Aufnahme K. Eimhjellen)
c Bei Ectothiorhodospira mobilis sind die Membranen mehrfach
gefaltet und liegen als Lamellenstapel (LS) vor. (aus Remsen
et al., J. Bacteriol. 96 (1968):2374)
Einstülpungen der Cytoplasmamembran handelt. Sie dienen der Vergrößerung der Membranoberfläche und enthalten spezielle Enzymsysteme, die für besondere Energiestoffwechselwege benötigt werden und zwingend in
geschlossenen Membransystemen eingelagert sein müssen.
152
Abb. 5.17 Schematische Übersicht über
intracytoplasmatische Membranen.
a Vesikeltyp bei Rhodospirillum rubrum,
Rhodobacter capsulatus, Chromatium vinosum, Thiocapsa roseopersicina u. a.
b Tubuläre Strukturen bei Thiocapsa pfennigii u. a.
c Flache, thylakoidartige Strukturen bei
Rhodospirillum molischianum, Ectothiorhodospira mobilis u. a.
d Große, teilweise gestapelte Thylakoide
bei Rhodopseudomonas palustris und
Rps. viridis.
e Intracytoplasmatische Membranen bei
Nitrosococcus oceanus.
f Intracytoplasmatische Membranen vom
Typ II aus Methylosinus.
Bei phototrophen Bakterien, die zur Gruppe der Purpurbakterien gehören, findet man lamellenartige,
schlauchförmige und vesikuläre Strukturen (letztere werden auch als Chromatophoren bezeichnet); diese tragen
die Lichtsammelkomplexe, Reaktionszentren und Elektronentransportketten
des
Photosyntheseapparates
(▶ Abb. 5.17 und ▶ Abb. 5.18). Bei dem Bakterium Rhodobacter sphaeroides wurden Vesikel identifiziert, die
über keine Verbindung zur Cytoplasmamembran mehr
verfügen, also frei im Cytoplasma liegen.
Ähnliche interne Membransysteme besitzen Organismen, die zur Gruppe der methanotrophen Bakterien gehören. Ihr Energie- und Baustoffwechsel basiert auf der
Oxidation von Methan (CH4) (Plus 11.16) (S. 380). Von ihrer Struktur her können Typ-I- und Typ-II-Membranen
unterschieden werden. Beide enthalten die zur Methanoxidation notwendigen Enzymsysteme und sind darüber
hinaus durch den Gehalt an Steroiden gekennzeichnet,
was eine Besonderheit für Bakterien darstellt.
Ebenfalls über zusätzliche intracytoplasmatische Membranen verfügen viele nitrifizierende Bakterien, die ihre
Zellenergie durch Oxidation von Ammoniak (NH3) zu Nitrit (NO2–) bzw. von NO2– zu Nitrat (NO3–) mit Sauerstoff
gewinnen. Die Ammoniak-Monooxygenase ist wie die
Methan-Monooxygenase (S. 377) ein Membranenzym.
5.7.2 Die äußere Membran
gramnegativer Bakterien
Gramnegative Bakterien haben als Besonderheit eine der
Zellwand aufgelagerte zweite (äußere) Membran
(▶ Abb. 5.19). Hierbei handelt es sich um eine asymmetrische Lipiddoppelschicht, bestehend aus einer äußeren Lage aus Lipopolysacchariden (LPS) und einer inneren Lage
aus Phospholipiden, wie man sie auch in der Cytoplasmamembran findet. Bei den Lipopolysacchariden unterscheidet man drei strukturelle Komponenten: das Lipid
A, die Kern-Polysaccharidregion und die O-spezifische
Seitenkette (▶ Abb. 5.20). Lipid A besteht aus einem Di-
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a
5.7 Zellmembranen
O-Kette
Core
Lipid A
Lipopolysaccharid
(LPS)
Abb. 5.19 Schematische Darstellung der
Zellwand gramnegativer Bakterien. (nach
Kayser et al., Taschenlehrbuch Medizinische
Mikrobiologie, Thieme, 2010)
äußere
Membran
Porine
(z. B. OmpF)
OmpA
MureinLipoprotein
periplasmatischer
Raum
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Murein
Cytoplasmamembran
O-spezifische
Polysaccharidkette
Man Abe
Rha
Gal
Glc
n ≥ 10
GlcNAc
Gal
Glc
Gal
KernPolysaccharid
Hep
Hep
KDO
KDO
KDO
O
O
OCH2CH2NH3
P
O–
O
O
–O
P
HO
O
O
O O
O
O
NH
O
O
HO O
O
O
O
O
HN O
O
P
OOH
O–
OH
OH
Lipid A
14 14
14 12
14
14
Abb. 5.20 Struktur der Lipopolysaccharide (LPS). Die Ospezifischen Polysaccharide besteht aus vielfach sich wiederholenden Einheiten, die folgende Zucker enthalten: Abequose
(Abe), Mannose (Man), Rhamnose (Rha) und Galactose (Gal);
das Kern-Polysaccharid enthält typischerweise N-Acetylglucosamin (GlcNAc), Glucose (Glc), Galactose (Gal), L-Glycero-DMannoheptose (Hep) und 2-Keto-3-Desoxyoctonsäure (KDO);
Lipid A besteht aus sich wiederholenden Einheiten von
phosphoryliertem Glucosamin, welche mit Fettsäuren
(C12, C14; einige β-Hydroxyfettsäuren) verestert sind.
saccharid aus Glucosaminphosphat, an dessen ZuckerOH-Gruppen über Esterbindungen Fettsäuren gebunden
sind. Eine spezielle Zuckersäure, 2-Keto-3-desoxyoctonsäure (KDO), verbindet das Lipid A mit der Kernregion,
die aus definierten Zuckern, darunter Heptosen, Galactose, Glucose und N-Acetylglucosamin besteht. An diese
schließt sich die O-spezifische Polysaccharidkette an. Vier
bis fünf Zucker bilden hier, teilweise verzweigte, Grundstrukturen, die mehrfach wiederholt werden können und
somit eine Variabilität in der Kettenlänge ermöglichen.
Außerdem findet man auch ungewöhnliche Didesoxyzucker wie Abequose oder Colitose. Diese Struktur stellt
ein sehr wirksames Antigen (O-Antigen) für die Produktion von Antikörpern durch das Immunsystem von Säugern dar (▶ Tab. 19.4).
Werden LPS, insbesondere die Lipid-A-Komponente,
von pathogenen Bakterien der Gattungen Salmonella, Shigella oder Escherichia im menschlichen Organismus freigesetzt, so kann dies zu einem septischen Schock führen.
Das Lipid A des LPS wird daher auch als Endotoxin (S. 651)
bezeichnet.
Die äußere Membran ist über spezielle Lipoproteine
(Mureinlipoprotein oder Braun’sches Lipoprotein) an
das Peptidoglykan gebunden (▶ Abb. 5.19). Dabei sorgen
drei am N-terminalen Cysteinrest kovalent verknüpfte
Fettsäuren für die Verankerung des Lipoproteins in der
inneren (Phospholipid-)Schicht der äußeren Membran.
Das Protein selbst ist kovalent an das Peptidoglykan geknüpft.
O-spezifische Polysaccharidketten, KDO und Phosphorsäurereste des Lipid A verleihen der Zelloberfläche einen
stark hydrophilen Charakter. Dabei werden die negativen
Ladungen der Säuren durch eingelagerte zweiwertige
Kationen wie Ca2 + und Mg2 + teilweise kompensiert, was
153
erheblich zur Stabilisierung beiträgt. Gramnegative Bakterien besitzen deshalb eine natürliche Resistenz gegenüber lipophilen Verbindungen, zu denen neben den Gallensäuren von Säugern auch viele Antibiotika gehören.
Im Gegensatz zur Cytoplasmamembran ist die äußere
Membran gramnegativer Bakterien für kleinere Substratmoleküle relativ durchlässig. Dies ist auf spezielle Kanalproteine (Porine) zurückzuführen, die in großer Zahl in
die äußere Membran eingelagert sind. Porine bilden als
wassergefüllte Homotrimere definierte Poren und ermöglichen den Transport hydrophiler Substanzen bis zu
einer Molekülmasse von etwa 600–700 Dalton entlang
eines Konzentrationsgefälles. Porine besitzen eine charakteristische Fassstruktur (engl. β-barrel), aufgebaut aus
Aminosäureketten, die sich in Form eines β-Faltblatts anordnen (▶ Abb. 5.21, Plus 5.1). Solche unspezifischen Kanalproteine sind in zahlreichen Bakteriengattungen nachgewiesen worden. Sogar einige grampositive Bakterien
mit stark hydrophober Zelloberfläche aufgrund von Mykolsäuren, wie Mykobakterien und verwandte Organismen (▶ Abb. 5.11), besitzen Porine, um die Aufnahme
wasserlöslicher Nährstoffe zu gewährleisten.
Einige Porine mit Substratspezifität werden nur unter
bestimmten Bedingungen gebildet. So synthetisiert E. coli
bei Phosphatmangel das PhoE-Protein, die Anwesenheit
von Maltodextrinen im Medium führt zur Bildung von
Maltoporin (bei E. coli dient das Protein auch als Rezeptor
für den Bakteriophagen λ und wird daher auch als LamBProtein bezeichnet) und bei einigen E.-coli-Stämmen, die
Saccharose als Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen
können, ist die Aufnahme des Zuckers mit der Synthese
des spezifischen Kanalproteins ScrY verbunden. Weiterhin wird für den Transport langkettiger Fettsäuren bei E.
coli das FadL-Protein benötigt. All diesen Substraten gemeinsam ist, dass sie durch die unspezifischen Porine
entweder gar nicht oder nur unzureichend transportiert
werden können.
Einen Sonderfall stellen porinähnliche Rezeptorproteine für Eisen-Siderophor-Komplexe (S. 304) und andere
große organische Moleküle wie Vitamin B12 dar, die ihr
Substrat energieabhängig (gekoppelt an den elektrochemischen Protonengradienten über der Cytoplasmamembran) in das Periplasma transportieren. Von dort gelangen sie über ABC-Transporter (S. 337) in das Cytoplasma.
Zur Energetisierung des Vorgangs ist ein Proteinkomplex,
bestehend aus TonB, ExbB und ExbD, der in der Cytoplasmamembran verankert ist, erforderlich. Die Öffnung dieser Rezeptoren und damit der Transport der Substrate
durch die äußere Membran erfordert die Energetisierung
der Cytoplasmamembran, wobei der genaue Mechanismus noch unklar ist. Ein TonB-abhängiger Transport über
die äußere Membran wurde auch für andere Metallionen
wie Nickel und Cobalt sowie für Oligosaccharide nachgewiesen.
Durch die Auflagerung einer nur für relativ kleine Moleküle durchlässigen zweiten Membran entsteht ein wei-
154
Abb. 5.21 Grundstruktur der Porine in der äußeren Membran. Die Proteine (gezeigt ist OmpF von E. coli, s. Plus 5.1)
enthalten ausschließlich β-Faltblatt-Elemente, die fassartig
angeordnet und durch ungeordnete Peptidschleifen verbunden
sind. Drei Monomere vereinigen sich zu einem funktionellen
Porin.
a Ansicht von der Membranseite.
b Aufsicht von der periplasmatischen Seite.
teres, außerhalb der eigentlichen Zelle befindliches Kompartiment, das Periplasma (▶ Abb. 5.19). Hier sind Proteine und Enzyme eingeschlossen, die für den Abbau von
Substanzen vor Aufnahme in das Cytoplasma sorgen (z. B.
Phosphatasen, Amylasen) oder direkt am Transport beteiligt sind (diverse Substratbindeproteine) (S. 337). Da diese
Proteine in hohen Konzentrationen vorliegen, verleihen
sie dem Periplasma eine gelartige Konsistenz.
Ein dem Periplasma ähnliches, durch zwei Membranen
begrenztes Kompartiment wurde auch in dem Archaeon
Ignicoccus hospitalis nachgewiesen. Allerdings enthält die
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Die Besonderheiten prokaryontischer Zellen
5.8 Das prokaryontische Cytoskelett
●V
Plus 5.1
Vorherrschend bei E. coli sind die konstitutiv gebildeten Porine OmpF (▶ Abb. 5.21) und OmpC, deren Anteil am gesamten Zellprotein bis zu 2 % betragen kann (Omp steht für
outer membrane protein). Die Proteine weisen keine Substratspezifität auf, obgleich kationische oder neutrale Substanzen bevorzugt werden. Hydrophobe Verbindungen
werden nicht akzeptiert. Der Porendurchmesser jedes Monomers beträgt 1,16 nm im Fall von OmpF bzw. 1,08 nm
bei OmpC. Obwohl diese Unterschiede gering erscheinen,
reguliert die E.-coli-Zelle die Kopienzahl des jeweiligen Proteins in Abhängigkeit von der Osmolarität des umgebenden
Milieus. So wird bei hyperosmotischen Bedingungen und
höherer Temperatur die Transkription des ompF-Gens reprimiert mit der Konsequenz, dass die äußere Membran dann
äußere Membran kein LPS, sondern besteht aus Dietherlipiden. Auch typische eubakterielle Porine fehlen, dafür
kommt jedoch ein spezieller Proteinkomplex, der eine
Pore ausbildet, vor. In der äußeren Membran finden sich
überraschenderweise die Enzyme zur Energiegewinnung,
darunter auch die ATP-Synthase, die ATP aus einem elektrochemischen Ionengradienten generiert und bei Prokaryonten üblicherweise in der Cytoplasmamembran lokalisiert ist.
Viele gramnegative Bakterien bilden äußere Membranvesikel (bläschenartige Strukturen), die in die Umgebung entlassen werden. Sie haben einen Durchmesser
zwischen 20 und 500 nm (10–9 m) und bestehen aus einer
Lipiddoppelschicht. Diese ist, wie bei der äußeren Membran, aus LPS in der äußeren Lage und Phospholipiden in
der inneren Lage aufgebaut. Auch sind in die Membran
Proteine eingelagert und das Lumen der Vesikel enthält
ursprünglich periplasmatische Verbindungen. Äußere
Membranvesikel dienen dem Transport von Signalmolekülen zur Kommunikation zwischen Bakterienzellen oder
bei pathogenen Bakterien dem Transport von toxischen
Verbindungen zu eukaryontischen Wirtszellen. Bei dem
Bakterium Pseudomonas aeruginosa konnte gezeigt werden, dass die Entstehung der Vesikel durch die Einlagerung eines kleinen Signalmoleküls (ein Chinolonderivat)
in die LPS-Schicht ausgelöst wird.
5.8 Das prokaryontische
Cytoskelett
Jede eukaryontische Zelle besitzt eine interne Stützstruktur, aufgebaut aus Aktin-, Tubulin- und Intermediärfilamenten, die als Cytoskelett bezeichnet wird. Das Cytoskelett hat Einfluss auf die Zellwandsynthese und damit auf
Form, Wachstum und Teilung der Zelle. Aktin, das einer
dynamischen Polymerisation und Depolymerisation un-
überwiegend OmpC-Kanäle enthält. Solche Bedingungen
herrschen z. B. im Dickdarm von Säugetieren, einem bevorzugten Lebensraum von E. coli. So kann die Diffusion von
schädlichen Stoffen wie Antibiotika oder Gallensäuren über
die äußere Membran herabgesetzt werden. Entsprechend
wird bei niedriger Osmolarität und niedriger Temperatur,
also z. B. in einem See nach Verlassen des Wirtes, die Bildung von OmpF gefördert. Dadurch kann die Aufnahme
von Nährstoffen, die nur in geringer Konzentration vorliegen, verbessert werden. An der Regulation der OmpF/
OmpC-Synthese ist ein Sensor-Regulator-System (S. 342)
(vgl. auch ▶ Abb. 16.4), bestehend aus den Proteinen EnvZ
(Histidin-Kinase) und OmpR (Transkriptionsregulator), sowie eine kleine Antisense-RNA (micF) (S. 500) beteiligt.
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OmpF und OmpC
terliegt, bildet Mikrofilamente aus, die am Erhalt der Zellform während des Wachstums und der Zellteilung beteiligt sind. Tubulin bildet polymere Strukturen, Mikrotubuli, aus, die für intrazellulären Transport von Bedeutung
sind, z. B. für die Trennung (Segregation) von Chromosomen bei der Mitose. Intermediärfilamente, die sich zu fibrillenartigen Strukturen zusammenlagern, haben dagegen strukturelle Funktionen in der Zelle. Anders als die
Aktin- und Tubulinpolymere bilden sie sich spontan ohne
Verbrauch von Energie, bereitgestellt beispielsweise in
Form von Nukleotiden (s. a. Lehrbücher der Zellbiologie).
Prokaryontische Zellen besitzen Proteine, die eine Homologie zu den Komponenten des eukaryontischen Cytoskeletts aufweisen. Am besten untersucht sind das tubulinähnliche Protein FtsZ, das aktinähnliche Protein
MreB sowie Crescentin (CreS), das Pendant zum Intermediärfilament. Darüber hinaus wurden weitere Proteine
des Cytoskeletts entdeckt, für die keine Entsprechungen
in eukaryontischen Zellen bekannt sind (Plus 5.2).
5.8.1 FtsZ und die Zellteilung
Die meisten Prokaryonten vermehren sich durch binäre
Zellteilung, bei der aus einer Zelle zwei, in der Regel
gleich große Tochterzellen entstehen (▶ Abb. 5.22). Daneben sind andere Formen der Zellteilung wie die asymmetrische Zellteilung bei Caulobacter crescentus (S. 527)
bekannt.
Die Zellteilung beginnt mit der Replikation des Chromosoms und der darauf folgenden Trennung in zwei Nukleoide. Im Anschluss bildet sich an der Stelle der Cytoplasmamembran, wo die spätere Trennung in zwei Tochterzellen einsetzt, eine komplexe Proteinstruktur, das Divisom (oder Septumring, von lat. dividere, teilen). Zentraler Bestandteil des Divisoms ist das FtsZ-Protein, das in
nahezu allen Prokaryonten vorkommt. Der Name leitet
sich von der Beobachtung ab, dass temperatursensitive
155
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