Kernmodelle: • Schalenmodell

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Kernphysik I
Kernmodelle:
• Schalenmodell
Schalenmodell
Tröpfchenmodell und Fermigasmodell sind phänemonologische Modelle
mit beschränktem Anwendungsbereich. Sie werden an die Experimente
angepasst (z.B. die Konstanten für die Terme in der Massenformel) und
können viele weitere Beobachtungen nicht beschreiben:
• Spin und Parität des Grundzustandes (und angeregter Kernniveaus)
• Magnetische Momente
• Ladungsverteilungen (Formfaktoren)
• Magische Zahlen: Z = 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126
Atomphysik: Hohe Elektronbindungsenergie bei abgeschlossenen
Schalen mit Ordnungszahlen Z = 2, 10, 18, 36, 54, (80), 86 (Edelgase)
Magische Zahlen
Empirische Hinweise deuten auf eine Schalenstruktur des Atomkerns hin.
Evidenz für die sogenannten magischen Zahlen: 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126
ergibt sich aus:
• Kerne, bei denen die Neutronenzahl N oder die Protonenzahl Z eine
magische Zahl ist, sind besonders stabil. Sie besitzen eine besonders
hohe Separationsenergie für ein einzelnes Nukleon.
• Gleichzeitig ist die
Separationsenergie
für ein weiteres hinzugefügtes Nukleon
wesentlich kleiner.
Weitere Evidenz für magische Zahlen
Neutronenseparationsenergie
Evidenz für magische Zahlen
• Neutronenseparationsenergie
Evidenz für magische Zahlen
• Hohe 2 Nukleonenseparationsenergie
bei magischen Zahlen.
S2p
• Ist Z oder N eine magische Zahl, so
gibt es besonders viele stabile Kerne
mit dieser Protonen- bzw. Neutronenzahl.
z.B. 6 Kerne mit N = 50
7 Kerne mit N = 82.
Von Sn (Z = 50) existieren
10 natürlich vorkommende Isotope.
S2n
• Außergewöhnlich stabil sind
doppeltmagische Kerne wie:
4 He, 16 O, 40 Ca, 48 Ca und 208 Pb.
2
8
20
20
82
A
Weitere Evidenz für magische Zahlen
• Quadrupolmomente
• Energie der ersten angeregten Zustände
Schalenmodell
Ähnliches Phänomen ist aus der Physik der Elektronen in der Atomhülle bekannt:
Edelgase mit abgeschlossener Valenzschale haben eine sehr große
Ionisationsenergien. Alkalimetalle, welche in der Atomhülle nur ein Elektron zuviel
besitzen, haben sehr kleine Ionisationsenergien.
In Analogie zur Atomphysik kann man vermuten, magische Zahlen entsprächen
Schalenabschlüssen im Kern.
Wie überträgt man diese Vorstellung auf Kerne?
Die Nukleonen bewegen sich als freie Spin ½ Teilchen in einem mittleren
(sphärischen) Kernpotential. Dieses Potential stellt den gemittelten Effekt der
Wechselwirkungen mit allen anderen Nukleonen im Kern darstellt.
Das mittlere Kernpotential V(r) wird selbstkonsistent durch die Nukleon-NukleonWechselwirkung erzeugt, die nur von einer relativ kurzen Reichweite ist.
Es liegt beim Kernpotential kein Analogon zum Coulombpotential einer zentralen
Ladung wie in der Atomphysik vor!
Schalenmodell
Im Grundzustand besetzen die Nukleonen die niedrigsten verfügbaren Energieniveaus (-> minimale totale Energie) ohne das Pauli-Prinzip zu verletzen.
Pauli-Prinzip gilt unabhängig für Protonen und Neutronen.
Nukleonen bewegen sich auf wohl definierten Orbitalen mit diskreten Energien.
Nukleonen haben jedoch vergleichbare Größe wie der Kern. Wie entstehen wohldefinierte Bahnen ohne Nukleon-Nukleon-Stöße?
Pauli-Prinzip: Wenn Energie in einem Stoß übertragen wird, müssen die
Nukleonen andere Orbitale (höhere und tiefere) besetzen. Alle nahen tiefliegenden
Zustände sind jedoch besetzt. Die Nukleonen im Grundzustand bewegen sich
deshalb kollisionsfrei innerhalb des Kerns.
Schalenmodell
Beschreibu ng der Nukleonen im Kern : Schrödinge rgleichung mit Hamilton - Operator
  h2  
 ∆ i  + ∑ Vij
H = ∑  − 
m
2
i  
  i< j
Vij sind Potentiale der Wechselwir kung zwischen den Nukleonen;
Gleichung ist bereits für kleine A exakt nicht lösbar.
v
Vij werden durch abstandsab hängige Potentiale V ( ri ) ersetzt :

v
v
v 
H = ∑ [Ti + V ( ri )] +  ∑ V ( rij ) − ∑ V ( ri ) 
i
i
 ij

  h2
Kinetische Energie : ∑ Ti = ∑  − 
i
i   2m N
 
 ∆ i 
 

v
v 
Restwechse lwirkung : V R =  ∑ V( rij ) − ∑ V( ri )
i
 ij

Restwechse lwirkung ist im Schalenmod ell klein (?) und
kann in erster Näherung vernachläs sigt werden V R = 0
oder in Störungsth eorie berücksich tigt werden.
  h2  
v
 ∆ i  + ∑ V ( ri ) + V R
H = ∑  − 
i   2m 
 i
Schalenmodell
Beschreibung der Nukleonen im Kern :
Schrödingergleichung mit Hamilton - Operator
  h2  
 ∆ i  + ∑ Vij
H = ∑  − 
2
m
i  
  i< j
Vij sind Potentiale der Wechselwir kung zwischen den Nukleonen;
Gleichung ist bereits für kleine A exakt nicht lösbar.
  h2  
v
 ∆ i  + ∑ V ( ri ) + VR
H = ∑  − 
i   2m 
 i
Restwechselwirkung ist im Schalenmodell klein (?) und
wird in erster Näherung vernachlässigt VR = 0
oder in Störungstheorie berücksichtigt.
Schalenmodell
V(r) nicht von V(r,θ,φ)
Wellenfunktionen der Orbitale
lassen sich separieren:
ψ ( r ) = ψ ( r,ϑ , ϕ ) = Rnl ( r )Ylm (ϑ , ϕ )
Ansatz Schrödinger-Gleichung:
v  p2
v 
v
v
+ V ( r )ψ nlm ( r ) = Enlmψ nlm ( r )
Hψ nlm ( r ) = 
 2m

v
Lösungen des winkelabhängigen
( −1)m
Anteils: sphärische Kugelfunktionen Ylm (ϑ , ϕ ) =
2π
- bestimmt die Parität der WF
Gleichung für Radialanteil
Beachte: Zentrifugalpotential
1
r
 2l + 1 (l − m )! 
 2 ⋅ (l + m )! Plm (cosϑ )


h 2 d 2 Rnl ( r ) 
h 2 l (l + 1) 
+  Enl − V ( r ) −
 Rnl ( r ) = 0
2
2m dr 2
m
r
2


n - 1 = 0, 1, 2, 3,… ist die Anzahl der Knoten der Radialwellenfunktion
l= 0, 1, 2, 3…
stellt den Bahndrehimpuls dar
m= -l,...,l-1,l
Projektion des Bahndrehimpuls auf z-Achse
Die Entartung von E ist 2(2 l + 1), wobei der Vorfaktor 2 den zwei nach
dem Pauli-Prinzip möglichen, entarteten Spineinstellungen Rechnung trägt.
Kernpotential ist proportional zur Nukleonendichte ρ(r): V(r)~ ρ(r)
Schalenmodell
Zentralpot entiale V(r)
- Kasten
-V
V(r) =  0
0
:r ≤ R 

:r > R 
- Harmonisch er Oszillator
V(r) = -V0 +
1
mω 2 r 2
2
Energie Eigenwerte
3

E = hω  N + 
2

Entartung der Zustände mit
verschiedenen n,l Werten :
N = 2(n − 1) + l
- Woods - Saxon
-V0
V(r) =
r−R
1 + exp 

 a 
Realistischere Näherung
(siehe Ladungsverteilung)
V0 Potentialtiefe,
R Kernradius
a Randunschärfe..
Schalenmodell Harmonischer Oszillator
Drehimpuls
Drehimpuls: nur gerade l für gerade N, -> Parität +
ungerade l für ungerade N, -> Parität -
Schalenmodell Harmonischer Oszillator
• Rechnungen mit Harmonischer Oszillator Potential
reproduzieren die magischen Zahlen größer 20 nicht!
• Mögliche Ursache: falscher Potentialverlauf bei
harmonischem Oszillator im Kerninnern?
Nukleonen sehen immer Gradienten.
Man erwartet einen flachen Potentialverlauf.
• Korrektur durch einen attraktiven Anteil im Potential
der proportional zu l2 ist. Auswirkung auf große l Werte:
Energien werden abgesenkt. Auswirkung wie ein
effektives Absenken des Potentials bei großem R,
Entspricht einem flachem Potentialverlauf.
• Diese Korrektur reproduziert die magischen Zahlen
jedoch auch nicht!
• Auch Modellrechnungen Rechteck- und Woods-Saxon
Potential können die magischen Zahlen größer 20 nicht
reproduzieren.
LS-Kopplung
• M. Goeppert-Mayer und Jensen, Haxel, Suess liefern 1950 mit der Spin-Bahn-Kopplung
den entscheidenden Beitrag für das Schalenmodel.
dV ( r ) v v
V ( r ) → V ( r ) + Vls
l ⋅s
dr
• Die Kopplung bewirkt eine Aufspaltung der Niveaus mit gleichem l
r r r
j =l +s
(
r r 1 r2 r2 r2
l ⋅s =
j −l −s
2
Für Erwartungswert gilt :
)
3


l
l
l
l
wenn
j
l
(
1
/
2
)(
3
/
2
)
(
1
)
1
/
2
+
+
−
+
−
=
+
r r

1
3 1 
4
l ⋅ s =  j ( j + 1) − l (l + 1) −  = 

3
2
4 2 
wenn j = l − 1 / 2 
(l − 1 / 2)(l + 1 / 2) − l (l + 1) −
4


1
für j = l + 1 / 2 : V ( r ) + Vls ( r )l
2
1
für j = l − 1 / 2 : V ( r ) − Vls ( r )(l + 1)
2
Energieaufspaltung wächst linear mit l
∆E ~ l + (l + 1) = 2l + 1
LS-Kopplung
Auswirkungen der Spin-Bahn-Kopplung
• Absenkung der j=l+1/2 Ortbitale aus der
höheren Oszillatorschale.
• Reproduktion der magischen Zahlen!
Wichtige Konsequenz:
• Abgesenkte Orbitale aus höherer N+1
Schale haben andere Parität als Orbitale
der N Schale.
• Starke WW erhält Parität. Die abgesenkten
Orbitale mit anderer Parität sind sehr reine
Zustände und mischen nicht innerhalb der
Schale.
LS-Kopplung
• Spin-Bahn-Kopplung ist ein Effekt an der Oberfläche und ist für große l am stärksten.
• Im Gegensatz zur Atomhülle liegen die
j=l+1/2 Zustände tiefer als die j=l-1/2
Zustände. Spin-Bahnwechselwirkung
in Kernen hat umgekehrtes Vorzeichen
wie die der Elektronenhülle.
Grund: Abstoßendes Kernpotential zwischen
Nukleonen bei kleinen Abständen.
P1/2
• Direkter Nachweis der Spin-Bahn-WechselWirkung durch elastische n4He-Streuung:
Die j=3/2 Resonanz wird bei kleineren
Energien als die j=1/2 Resonanz angeregt.
P3/2
Erfolge des Schalenmodells
• Mit dem Schalenmodell können die "magischen" Zahlen
erklärt werden.
• Kernspins:
Jedes Orbital hat 2j+1 magnetische Unterzustände, voll
besetzte Orbitale haben Kernspin J=0, tragen nicht zum
Kernspin bei.
Spin von Kernen mit einem Nukleon ausserhalb der besetzten
Orbitale ist durch den Spin dieses Nukleons bestimmt.
Beispiele: 39Ca19
41Ca
21
41Sc
20
91Nb
50
91Zr
51
jπ=3/2+
jπ=7/2jπ=7/2jπ=9/2+
jπ=5/2+
• Magnetische Momente:
Erfolge des Schalenmodells
Magnetische Momente:
Für den g - Faktor g j gilt :
gj =
g l (lˆ ⋅ ˆj ) + g s ( sˆ ⋅ ˆj )
j
2
mit j ( j + 1) = ˆj 2 = lˆ 2 + 2lˆ ⋅ sˆ + sˆ 2
lˆ 2 = l (l + 1)
sˆ 2 = s ( s + 1) = 3 4
gj =
µ Kern
µN
g l { j ( j + 1) + l (l + 1) − 3 4} + g s { j ( j + 1) − l (l + 1) − 3 4}
2 j ( j + 1)
(g − g l ) für J = j = l ± 1 2
= g Kern ⋅ J = g j = g l ± s
2l + 1
Einfache Beziehung für den g-Faktor
von Einteilchenzuständen.
Vergleich zwischen Experiment
und Schalenmodell:
Erfolge des Schalenmodells
•Anregungsspektren einzelner Teilchen oder Löcher (Leuchtnukleon) werden
quantitativ erklärt. Kerne in der Nähe von magischen oder doppelt magischen
Kernen können mit dem Einteilchenschalenmodell gut beschrieben werden.
Beispiel: Spins und Anregungsenergien um doppelt-magischen Kern 16O
Schalenmodell und Elementhäufigkeit
Suess and Urey
„Abundances of the Elements“
(Rev. Mod. Phys. 28 (1956) 53)
Schalenmodell und Elementhäufigkeit
Langsamer slow und schneller rapid Neutroneneinfang
s-process
Schalenmodell und Elementhäufigkeit
Schneller Neutroneneinfang
rapid neutron capture r-process
• alles startet in der Fe Region
• Neutroneneinfang
• Photodisintegration
• (n,γ)↔(γ,n) Gleichgewicht
(“waiting-point”) bei Schalenabschluß
• β-Fluß Gleichgewicht
• Y(Z)•λβ = const.
• für Berechnung sind die
Kerneigenschaften:
Sn und T1/2 am wichtigsten
Astrophysik:
- Neutronendichte
- Temperatur
- Zeitskalen
Schalenmodell und Elementhäufigkeit
N/Z
70
r-Prozess Rechnungen zeigen starke
Abweichungen von gemessenen Elementverteilungen
Mögliche Lösung: modifiziertes Schalenmodell
durch geänderten Potentialverlauf bei neutronreichen Isotopen
→ Zukünftige Experimente mit instabilen neutronenreichen Kernen
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