Integriertes Quartierskonzept zur energetischen

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Integriertes Quartierskonzept
zur energetischen Stadtsanierung
für die Weststadt Pforzheim
Abschlussbericht
Stadt Pforzheim
Integriertes Quartierskonzept
zur energetischen Stadtsanierung
für die Weststadt Pforzheim
Abschlussbericht
Institut für Stadtplanung und Sozialforschung
Mühlrain 9, 70180 Stuttgart
Tel. 0711 62009360, Fax 0711 62009389
[email protected]
www.weeberpartner.de
Planung und Entwicklung Gesellschaft mbH
Schellingstraße 4/2, 72072 Tübingen
Tel. 07071 93 94 0, Fax 07071 93 94 99
[email protected]
www.eboek.de
Dipl.-Ing. M.Eng. Jochen Aminde
B.Sc. Iris Hemmen
Gabriele Steffen
Dipl.-Phys. Gerhard Lude
B.Eng. Valentine Jung
Dipl.-Phys. Rosemarie Hellmann
Pforzheim-Weststadt
1
Inhalt
Inhalt................................................................................................................................................. 1
1
Einleitung ................................................................................................................................ 3
2
Bestandsanalyse .................................................................................................................... 6
3
4
5
2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim
6
2.2 Charakteristik und Stadtbild
7
2.3 Verkehr und Mobilität
12
2.4 Nahversorgung
17
2.5 Stadtklima
18
2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt?
18
2.7 Eigentümerstruktur
19
2.8 Nutzungsstruktur
19
2.9 Methodik der energetischen Analysen
21
2.10 Baualter
22
2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands
25
2.12 Erneuerbare Energien
28
2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung
30
2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz
32
Entwicklungspotenziale und –ziele ..................................................................................... 34
3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050
34
3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim
35
3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung
36
3.4 Effizienz der Energieversorgung
39
3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen
41
3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale
42
Akteursbeteiligung ............................................................................................................... 44
4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte
44
4.2 Energieforum Pforzheim
44
4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren
45
4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm
46
4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013
47
Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan .......................................................... 48
5.1 Gebäude und Gebäudehülle
51
5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser
54
5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort
54
5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte
55
5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz
58
5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume
63
5.7 Mobilität
66
2
6
Pforzheim-Weststadt
5.8 Stadtklima
68
5.9 Bebauung Messplatz wird nicht weiter verfolgt
69
5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit
74
Vorbereitung der Umsetzungsphase .................................................................................. 77
6.1 Maßnahmenkatalog
77
6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements
80
6.3 Qualitätssicherung und Monitoring
80
6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten
81
7
Literatur ................................................................................................................................. 84
8
Quellen................................................................................................................................... 85
9
Anhang .................................................................................................................................. 86
9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in
Pforzheim
86
9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen
88
9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe
89
9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse
90
9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden
91
9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen
92
9.7 Wohnklima und Innenluftqualität
93
9.8 Dokumentationen
95
9.9 Karten
95
Pforzheim-Weststadt
3
1 Einleitung
KfW-Programm Nr. 432
Das KfW-Förderprogramm Nr. 432 "Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse für Integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager" zielt darauf ab, Konzepte für die energetische Gebäudesanierung mit Lösungen für die Wärmeversorgung zu kombinieren und mit den relevanten städtebaulichen, denkmalpflegerischen, baukulturellen und sozialen Aspekten zu verknüpfen. Durch ein
koordiniertes Vorgehen auf Quartiersebene sollen lokale Potenziale genutzt und Akteure, Eigentümer und Bewohner frühzeitig eingebunden werden. Auf diesem Weg sollen Lösungen erarbeitet
werden, die sich allein aus Einzelsanierungen nicht ergeben würden. Für eine an der Gesamteffizienz energetischer Maßnahmen ausgerichtete Sanierung und Investitionsplanung bilden diese
Integrierten Quartierskonzepte somit eine zentrale strategische Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe.
Die "klassischen" städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsprozesse müssen neu mit den
Aufgaben des Klimaschutzes verknüpft werden und dabei weit über die sektorale Bearbeitungsweise hinausweisen. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung werden in eine quartierbezogene, fachübergreifende Planung eingebettet und werden zu einem Bestandteil der kommunalen Planungsaufgaben. Dieser noch relativ junge Ansatz eröffnet viele Chancen, insbesondere auch im Blick auf bestehende Stadtgebiete und Siedlungen, die den Großteil des Gebäudebestandes ausmachen und deren energetische Sanierung damit in besonderer Weise zu einem weitgehend klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 beitragen kann.
Warum ein "Integriertes" Quartierskonzept?
Mit einer die Fachdisziplinen übergreifenden Betrachtungs- und Arbeitsweise lassen sich vielseitige
Synergien erschließen, und dies nicht nur zum Nutzen von Klimaschutz, Energieeinsparung und
einer effizienten Energieversorgung, sondern auch zur gleichermaßen dringlichen Verbesserung
der Lebens- und Wohnqualität in vielen Stadtquartieren. Hierzu gehört, sich gesellschaftlichen
Herausforderungen zu stellen und den Blick auf die Potenziale des urbanen Lebens zu lenken:
neue Formen der Mobilität mit Kombinations- und Wahlmöglichkeiten, Aufenthaltsqualitäten von
Grün- und anderen Freiräumen, Nutzungsvielfalt im Quartier (Arbeit, Wirtschaft, Versorgung,
Dienstleistung) und gute Bedingungen für das Aufwachsen und das Leben und Älterwerden in der
Stadt. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. Sie werden in ihrer Bedeutung in diesem Zusammenhang noch unterschätzt. Beispielsweise verbraucht kompakte Bebauung weniger Energie und erzeugt weniger Verkehr aufgrund der
kurzen Wege und der wechselseitigen Nutzung zu unterschiedlichen Tageszeiten.
Viele Handlungsfelder und ihre Wechselwirkungen sind tangiert: Städtebau, Baukultur, die kommunale und soziale Infrastruktur, die Immobilienwirtschaft, die Belange der sonstigen Eigentümer und
Mieter der Wohnungen und Betriebe und nicht zuletzt die Energieversorgung. Die Projekte müssen
daher fachübergreifend und gemeinschaftlich durch die Stadtplanung, die Energieplanung und
durch die Eigner und Betreiber der Gebäude und Anlagen entwickelt werden. Hierbei ist die Verständigung aller Beteiligten und Betroffenen über Inhalte und Gewichtungen der Planziele stets als
wichtiger erster Schritt zu sehen. Die Erarbeitung konkreter Win-Win-Konstellationen schafft dann
die Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit. Im Zusammenhang der Quartiersentwicklung und sanierung bedingt Integration auch das konstruktive Zusammenwirken der Akteure, um die Realisierung von Projekten zu ermöglichen. Hier liegt der schwierigste Teil des Entwicklungsprozesses,
aber auch das größte Potenzial für überdurchschnittliche Ergebnisse, die den Zielen der Förderrichtlinie gerecht werden und damit auch den Klimaschutzzielen der Bundesregierung.
4
Pforzheim-Weststadt
Ein Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt
Die Stadt Pforzheim hat den Antrag vom 12.12.2011 auf Förderung eines Integrierten Quartierskonzepts (KfW-Förderprogramm Nr. 432) durch die KfW am 31.1.2012 bewilligt bekommen. Das
Programm bietet Pforzheim die große Chance, für Teile der Weststadt und der Südweststadt ein
Integriertes Quartierskonzept zu erarbeiten, das einen Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Klimaschutz legt, das aber auch das Zusammenspiel aller städtebaulichen, denkmalpflegerischen,
baukulturellen, wohnungswirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Quartier mit einbezieht.
Pforzheim ist mit diesem Quartierskonzept eines von bundesweit 65 Pilotprojekten des Förderprogramms "Energetische Stadtsanierung" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) und soll bis 2015 von einer Begleitforschung untersucht und unterstützt werden. Beginn
der Begleitforschung ist Juli 2013.
Der eingeschlagene Weg der energetischen Stadtsanierung soll dazu führen, den energetischen
Standard wesentlich zu verbessern und damit einen wirksamen Beitrag zur Reduzierung der CO 2Emissionen in Pforzheim zu leisten. Die erarbeiteten Lösungswege sollen dabei modellhaft sein
und sich auf andere Quartiere der Stadt übertragen lassen. Das Integrierte Quartierskonzept soll in
das übergeordnete "Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim" und in das Stadtentwicklungskonzept "Masterplan Pforzheim" eingebunden sein sowie in die bestehenden Konzepte zum Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße/Weststadt.
Aufgabenteilung des Planungsteams Weeber+Partner und ebök
Das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber+Partner aus Stuttgart und ebök Planung
und Entwicklung Gesellschaft mbH aus Tübingen erarbeiteten gemeinsam und in enger Kooperation das Integrierte Quartierskonzept. Die Aufgaben waren dabei wie folgt aufgeteilt:
¯ Die Projektsteuerung und die Gesamtverantwortung gegenüber der Stadt Pforzheim liegen bei
Weeber+Partner. Das Institut moderiert die Veranstaltungen zum Projekt, beispielsweise das
Energieforum. Außerdem hat Weeber+Partner die Vernetzung der Akteure und die Beteiligung
der Menschen vor Ort im Blick und bereitet Ergebnisse aus dem Prozess für die Öffentlichkeit
auf. Darüber hinaus werden die Themen Städtebau und Stadtentwicklung, Wohnen und Wohnumfeld, Sozialstruktur und Mobilität analysiert, bearbeitet und aufbereitet.
¯ Die Analyse zum Energieverbrauch und -bedarf im abgegrenzten Gebiet führt ebök durch. Ebök
entwickelt daraus Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Effizienzverbesserung sowie den
Einsatz erneuerbarer Energien. Umweltauswirkungen und die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen werden ebenfalls von ebök bewertet.
Vorgehen
In der Projektlaufzeit von September 2012 bis Dezember 2013 wurde parallel auf drei Ebenen
gearbeitet:
1 Die Energie-Analysen wie beispielsweise die Wärmebedarfsermittlung oder die städtebaulichen Analysen erforderten eine zeitintensive Phase der Datensammlung und -aufbereitung.
Erst nach etwa Dreiviertel der Projektlaufzeit ließen sich erste Analyseergebnisse so darstellen,
dass Strategien und idealerweise auch Schlüsselprojekte für die zukünftige Umsetzungsphase
erkennbar werden.
2 Von Beginn an wurden verschiedene Netzwerke aufgebaut, um das Verständnis für das Projekt zu stärken und eine gemeinsame Arbeitsebene aller Akteure aus Stadtverwaltung, Energieversorgern, Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren im Quartier wichtigen Betroffe-
Pforzheim-Weststadt
5
nen aufzubauen. Auch für den Erfolg der späteren Umsetzungsphase ist der frühzeitige Aufbau
der Netzwerke entscheidend.
3 In der Arbeit der verschiedenen Netzwerke (beispielsweise im Energieforum Pforzheim) und mit
Hilfe erster Analyseergebnisse wurden erste Ansätze für Schlüsselprojekte gefunden, sowohl
investive wie beispielsweise Wärmeverbünde als auch nicht-investive aus den Bereichen Bildung, Information und Beratung. Sie sollen die eigentliche Umsetzungsphase vorbereiten.
Abb. 1
Vorgehen auf drei Ebenen Quelle: Weeber+Partner
6
Pforzheim-Weststadt
2 Bestandsanalyse
2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim
Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend von der Nachkriegszeit geprägt, nur entlang der KaiserFriedrich-Straße gibt es zusammenhängende Bebauung aus der Gründerzeit. Die Bebauungsstruktur ist inhomogen und besteht teilweise aus geschlossenen Blockrändern mit dichter Hinterhofbebauung, teilweise aus typischer Zeilenbebauung der 50er- und 60er-Jahre. Es finden sich auch
Solitäre wie die Feuerwehr, ein Autohaus und ein deutschlandweit tätiges Versandhaus. Der Stadtkörper wird im Süden von der Enz durchquert, ein hochwertiger Grünraum für das gesamte Stadtgebiet. Im mittleren Teil prägen die Straßenräume der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der
Habermehlstraße das Erscheinungsbild. Im Norden bildet die Bahnlinie die Abgrenzung. Vom Enztal ausgehend steigt das Gelände nach Norden und noch stärker nach Süden an.
Die großen Straßenquerschnitte, die relativ dichte Bebauung und die Gebäudehöhen lassen das
Untersuchungsgebiet wie auch die gesamte Weststadt großstädtisch und urban erscheinen. Der
Stadtteil stellt allerdings ein eher zufällig gewachsenes "Scharnier" oder eine "Brücke" zwischen
der Innenstadt im Osten und dem mehr dörflich geprägten Brötzingen im Westen dar. Es fehlt eine
eigene identitätsstiftende Mitte. Zumindest ist das Kulturhaus Osterfeld von großer Bedeutung und
auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sowie der intensiv genutzte Benckiser-Park – beide
liegen nahe dem Untersuchungsgebiet. Die großen Frei- bzw. Brachflächen Messplatz im Süden
und das ehemalige Bahngelände im Norden bilden markante "Leerräume" im sonst dicht bebauten
Stadtraum.
Abb. 2
Lage des Untersuchungsgebiets in der Stadt Quelle: Weeber+Partner
Das Integrierte Quartierskonzept schließt an vorangegangene Entwicklungsschritte und Entscheidungen an. Im Jahr 2007 wurde das Sanierungsgebiet "Kaiser-Friedrich-Straße" in das Programm
"Soziale Stadt" aufgenommen. 2008 erwog die Stadt Pforzheim eine Erweiterung des Sanierungsgebiets und beauftragte die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH mit den vorbereitenden Untersuchungen. Auf dieser Grundlage wurde 2009 das Sanierungsgebiet um die Weststadt erweitert
Pforzheim-Weststadt
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mit der Möglichkeit der steuerrechtlichen Förderungen von Sanierungsmaßnahmen privater Bauherren. Nur im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße bestehen auch Möglichkeiten zu direkter investiver Förderung. 2011 erstellten agenceTer aus Karlsruhe sowie Weeber+Partner aus Stuttgart in
einem kooperativen Verfahren einen Rahmenplan zur Stadtentwicklung für die Weststadt mit Leitlinien, Zielen und Maßnahmen.
Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Weststadt und entlang der Kaiser-Friedrich-Straße auch Teil
der Südweststadt. Es ist kein zusammenhängender Stadtraum mit eigenem Quartierscharakter,
zentralem Platz oder auch nur einem "gefühlten" Zusammenhang. Wichtig bei der Wahl der Gebietsabgrenzung durch die Stadt war die Bedeutung der Übertragbarkeit auf ähnliche Sanierungskonzepte in anderen Quartieren oder Stadtteilen. So wurden möglichst viele unterschiedliche und
für Pforzheim typische Gebäude und Stadtstrukturen zusammengefasst.
2.2 Charakteristik und Stadtbild
Das Untersuchungsgebiet lässt sich in fünf Bebauungsstreifen unterteilen, die aufgrund ihrer städtebaulichen Entwicklungsgeschichte und dem heutigen Stadtbild jeweils eine eigene Charakteristik
haben, nur die beiden nördlichen sind sich dabei ähnlich und werden zusammengefasst.
Abb. 3
Charakteristik des Untersuchungsgebiets: Bebauungsstreifen und Verbindungen Quelle: Weeber+Partner
Nachkriegsbebauung, Gewerbe
Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hat in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts typische städtebauliche Strukturen, Gebäude und Gestaltungsdetails mit besonderen
Qualitäten geschaffen, teilweise durchaus mit Charme:
¯ Zeilenbebauung mit großzügigen Grünräumen dazwischen
¯ Pavillons für Einzelhandel und wohnortnahe Dienstleistung (an wichtigen Fußweg-Querungen)
¯ Fassaden, die sich zum Straßenraum mit Läden großzügig öffnen und in den Obergeschossen
durch stark gestaffelte Balkone und expressive Erker besonders aufgelockert erscheinen.
Die Gebäude des Versandhauses BRUNO BADER GmbH + Co. KG nehmen hier eine Sonderstellung ein. Der Verwaltungs- und Einzelhandelskomplex ist schrittweise in den Stadtkörper hineingewachsen und nimmt teilweise Maßstäbe und wichtige Wegeverbindungen auf.
8
Abb. 4
Pforzheim-Weststadt
Nachkriegsbebauung: Zeilenbebauung mit Pavillons (oben), aufgelockerte Fassadengestaltung (unten)
Quelle: Weeber+Partner
Industriegeschichte
Die Westliche Karl-Friedrich-Straße war die Verbindungsstraße zwischen Pforzheim und Brötzingen. Dieser Bereich westlich der Innenstadt war ein wichtiger Produktionsstandort der Eisenindustrie, später der Schmuck- und Uhrenherstellung. Hier siedelten sich im frühen 19. Jahrhundert Fabrikanten mit herrschaftlichen Villen und Gärten an, die beim Großangriff am 23.2.1945 weitgehend
zerstört wurden. In der Nachkriegszeit entstanden auf dem Vorkriegs-Stadtgrundriss großformatige
Bebauungen mit teilweise geschlossenen Blockrändern, teilweise Zeilenbebauungen. Die Industriegeschichte zeigt sich noch in der Mischung aus gewerblicher und Wohnstruktur, die aber zurzeit
eher ungeordnet und wenig qualitätsvoll wahrgenommen wird. Ein besonders negatives Beispiel
einer scheinbar "wilden" Konversion eines ehemaligen Lagergebäudes zu Eigentumswohnungen
ist im Hof der Erasmusstraße 6 zu finden.
Abb. 5 Bereich "Industriegeschichte": gut sanierte Hofeinfahrt mit Pförtner-Büro (links), Wildwuchs mit Wohnbebauung
in ehemaligem Gewerbebau im Hinterhof (rechts) Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt
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Gründerzeitbebauung
Die Weststadt ist im Rahmen der Industrialisierung als typisch gründerzeitliche Vorstadt entstanden. In solchen Stadterweiterungen fanden die Nutzungen, Gruppen und Aktivitäten Platz, für die
die Altstädte und früher ummauerten Stadtkerne in jeder Hinsicht zu eng waren. Sie waren – und
sind oft bis heute – gekennzeichnet durch eine ausgeprägte kleinteilige Mischung unterschiedlicher
Nutzungen, hier liegen Wohnen und Gewerbe nahe bei einander. Die Bebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße spiegelt dies exemplarisch wider.
Abb. 6
Gründerzeitbebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße
Quelle (links): Stadt Pforzheim Quelle (rechts): Weeber+Partner
Baudenkmale
Im Untersuchungsgebiet befinden sich sieben Baudenkmäler, über deren Erhalt die Untere Denkmalschutzbehörde bestimmt. Diese sind gut dokumentiert, werden aber öffentlich noch wenig
wahrgenommen. Ein Beispiel im Untersuchungsgebiet ist das zweiteilige Stadtwohnhaus Westliche
Karl-Friedrich-Straße 189/191. Es wurde 1914-15 für einen Malermeister und einen Bauunternehmer erbaut und mit aufwendigen farbigen Dekorationsmalereien auf der Fassade und im Treppenhaus ausgestattet, die heute noch erhalten sind. Drei Fassadeninschriften erinnern an den Kriegsausbruch im August 1914 und spiegeln die damalige Zeitstimmung wider. Die ursprünglich reich
mit Sprossen versehenen Fenster sind überwiegend verloren gegangen.
Abb. 7
Baudenkmal Karl-Friedrich-Straße 189/191 Quelle: Weeber+Partner
Verbindungen, Frei- und Erholungsräume
Das Untersuchungsgebiet ist stark gegliedert durch die Straßenräume in Ost-West-Richtung parallel zur Talrichtung. Sie funktionieren – mit starken Einschränkungen für die Radfahrer in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße – als Verkehrsräume hinreichend. Allerdings sind die Wege für Fußgänger nicht attraktiv und stellen auch keine positiv erlebbaren Stadträume dar. Verbindungen in
Nord-Süd-Richtung sind für alle Verkehrsteilnehmer deutlich unterrepräsentiert, besonders für
Fußgänger und Radfahrer sind großen Barrieren und Lücken vorhanden.
10
Pforzheim-Weststadt
Der Bereich "Nachkriegsbebauung, Gewerbe" ist durch seine teilweise aufgelockerte Zeilenbebauung etwas großzügiger mit öffentlichen und halböffentlichen Freiräumen ausgestattet, insbesondere zwischen den Wohnzeilen in Nord-Süd-Ausrichtung. Allerdings werden sie im Schwerpunkt als
Erschließungsräume genutzt, nur an der Ecke Antoniusstraße / Westliche Karl-Friedrich-Straße
gibt es einen Kinderspielplatz. In diesem Bereich liegt auch der kleine Vorplatz der Kirche St. Antonius zwischen Maximilianstraße und Antoniusstraße, der gerne als Treffpunkt und zur Erholung
genutzt wird.
Abb. 8
Spielplatz und Treffpunkt im Bereich "Nachkriegsbebauung/ Gewerbe" Quelle: Weeber+Partner
Die geschlossene Blockrandbebauung im Bereich "Industriegeschichte" lässt außer den Gehwegen
– durchweg ohne Begrünung oder Bäume – keine öffentlichen Freiräume zu. Die privaten Innenhöfe sind überwiegend dicht bebaut und hoch versiegelt, die Aufenthaltsqualität zu Erholungszwecken ist ungenügend.
Abb. 9
typischer Straßenraum und Hinterhof im Bereich "Industriegeschichte" Quelle: Weeber+Partner
Der Bereich "Messplatz" hat ein großes ungenutztes Potenzial an Frei- und Erholungsräumen. Der
Messplatz ist durch seine flächige Versiegelung und die Art der Nutzung (vgl. Kap. 4.4) zurzeit
absolut unattraktiv zum Aufenthalt, bietet aber durch seine Nähe zur Enz große Entwicklungsmöglichkeiten, auch im Zusammenhang mit einer Bebauung. Die Grünbereiche direkt an der Enz bieten
attraktive Wege, aber noch wenige Sitzgelegenheiten. Auf der südlichen Uferseite fehlt auch die
Anbindung an die bestehenden Wegeverbindungen und Straßenräume, sodass das eigentlich
attraktive Ufer kaum einladend, erreichbar und erlebbar erscheint. Die Fußwegeverbindungen über
die Enz sind funktional befriedigend, aber stellen in ihrer Gestaltung – insbesondere auch die Bereiche vor und hinter den Brücken – keine erlebbaren Schnittstellen oder Übergänge von einem
Stadtbereich in den anderen dar. Beispielhaft hierfür ist die platzähnliche Aufweitung der HansSachs-Straße / Ecke Steubenstraße an der Fußgängerbrücke, die aber nur als Parkfläche und
unstrukturierte Verteilerfläche genutzt wird (vgl. Abb. 44).
Pforzheim-Weststadt
11
Abb. 10 schlecht und gut erlebbare Enzauen auf der südlichen Uferseite Quelle: Weeber+Partner
Der Bereich "Gründerzeit" erlebt als Sanierungsgebiet Soziale Stadt zurzeit eine starke Umformung. Die bislang wenig attraktiven Straßenräume werden neu gestaltet, sodass sie voraussichtlich angenehmer zu nutzen sind. Die teilweise engen privaten Innenhöfe bergen ein höheres Potenzial als bislang genutzt. Auch hier gibt es bereits Neugestaltungen mit Unterstützung durch
Sanierungsmittel der Stadt. Die Anbindung an die attraktiven Enzauen ist – wie oben beschrieben –
noch nicht befriedigend.
Abb. 11 Innenhof und Straßenraum mit Sanierungspotenzial entlang der Enzauen im Bereich "Gründerzeit"
Quelle: Weeber+Partner
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Pforzheim-Weststadt
2.3 Verkehr und Mobilität
Kraftfahrzeuge
Markant im Untersuchungsraum ist die Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge. Aufgrund der
innenstadtnahen Lage in Pforzheim ist das Untersuchungsgebiet sehr gut erschlossen und mit dem
Kfz zu erreichen. "Der weit überwiegende Teil des Kraftfahrzeugverkehrs in Pforzheim beginnt
und/oder endet im Stadtgebiet. Nur etwa 2% aller Fahrten in der Gesamtstadt sind reine Durchgangsverkehrsfahrten durch das gesamte Stadtgebiet." (VEP 2009, Kurzfassung, S. 3). Negative
Folgen davon sind Straßenräume, die vom Kraftfahrzeugverkehr dominiert sind, wie die Habermehlstraße mit 23.800 Kfz pro Tag (2008) mit trennender Wirkung für die Fußwege zwischen den
Wohnquartieren. Im städtischen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gehört sie zum Vorbehaltsnetz
und ist damit wichtiger Verkehrsweg innerhalb des Stadtgebiets. Auch im Zielkonzept ist die Straße
als wichtiger und viel befahrener Verkehrsweg beschrieben (VEP, Plan K 15.1). Ebenso zum Vorbehaltsstraßennetz gehören die Maximilianstraße sowie die Westliche Karl-Friedrich-Straße (VEP,
Plan K5). Dies wirkt sich auch auf die Qualitäten des Straßenraums aus. Mehrere Straßenabschnitte im Gebiet sollen durch Sanierungen des Fahrbahnbelags und der Gehwege umgestaltet und
aufgewertet werden, darunter die Antoniusstraße in Verbindung mit der Maximilianstraße, die
Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie die Kaiser-Friedrich-Straße (vgl. VEP, Plan K13). Letztere
befindet sich derzeit bereits im Umbau.
Abb. 12 Kfz / 24 h, Ausschnitt aus dem Verkehrsentwicklungsplan Quelle: VEP, 2008, Plan K1
Parken
Dem ruhenden Verkehr wird mit dem Messplatz eine besonders große Stellplatzfläche angeboten.
Dieser ist – außer bei einzelnen Großveranstaltungen – ganzjährig zum Parken nutzbar. Ein weiterer wichtiger Parkplatz in nächster Nähe zum Untersuchungsgebiet befindet sich in der Germaniastraße. Darüber hinaus finden sich auch Straßenraum-begleitend viele Parkierungsflächen.
Autos teilen
Carsharing, die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines oder mehrerer Autos, spielt für Städte eine immer wichtigere Rolle. Auch in Pforzheim gibt es bereits mehrere Stationen. Sie werden
über den carsharing-Verbund "stadtmobil" verwaltet und organisiert. Die Station Brötzingen befindet sich nahe dem Untersuchungsgebiet. In direkter Nähe, die gut zu Fuß zu erreichen ist, befindet
sich keine Station.
Pforzheim-Weststadt
13
Abb. 13 Carsharing und Elektro-Mobilität Quelle: Weeber+Partner
Elektromobilität
Zu den neuen Mobilitätsformen, die in Zukunft noch wichtiger werden, zählen auch Elektrofahrzeuge. Auch wenn noch nicht viele Fahrzeuge mit Elektroantrieb unterwegs sind, werden schon entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen, um die Nutzung zu erleichtern. In Pforzheim gibt es
bereits vier Strom-Tankstellen, allerdings alle mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Die Stadtwerke Pforzheim sind Kooperationspartner:
¯
¯
¯
¯
Tiefgarage Landratsamt, Zähringer Allee 3
Parkhaus VolksbankHaus, Zerrennerstraße 28
Parkhaus Kaufland (Wilferdinger Höhe), Wilhelm-Becker-Straße 15
SWP-Kundencentrum, Werderstraße 38.
Öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV)
Am Bahnhaltepunkt Maihälden wird in direkter Nähe ein Regionalbahn-Halt angeboten, mit direkter
Anbindung über Hochdorf (bei Horb) nach Tübingen. Außerdem gibt es auch eine direkte Verbindung nach Bad Wildbad (Linie S6). Am Haltepunkt hält mindestens ein Zug stündlich. Auffällig ist
die unzureichende Verknüpfung des Bahn-Haltepunkts mit Buslinien, die das Gebiet im Süden
durchqueren. Aus Richtung Fritz-Erler-Schule oder Hans-Sachs-Straße fehlt eine Linienführung
nach Norden zum Bahn-Haltepunkt. Die Linien sind stark West-Ost orientiert.
Buslinien erschließen das Untersuchungsgebiet gut. Auf der Westlichen Karl-Friedrich-Straße
sowie der Kaiser-Friedrich-Straße verlaufen die Stammstrecken des Busverkehrs: die Linie 9 (Jägersteig - Eutingen), Linie 1 (Arlinger – Eutingen), Linie 10 (Oberes Enztal – HBF/ZOB Süd), Linie
720/721 (HBF/ZOB - Äußere Dietlinger Straße), Linie 2 (Sonnenhof - Redtenbacherstraße) und die
Linien 43/743/744 (HBF-Büchenbronn). Hier kommt dem Quartier die zentrale Lage in der Stadt
zugute. Die Taktzeiten liegen in den Hauptverkehrszeiten bei 30 min (Linie 9) bis zu 15 min (Linien
1 und 2). In den Abendstunden ab 20 Uhr und am Wochenende kann dies jedoch nicht aufrechterhalten werden, und die Taktzeiten reduzieren sich auf 1 Stunde.
14
Pforzheim-Weststadt
Abb. 14 Öffentlicher Personen-Nahverkehr Quelle: Weeber+Partner
Fahrrad fahren
Radwege im Untersuchungsgebiet werden überwiegend nur im Mischverkehr – zusammen mit
motorisiertem Verkehr – geführt, eine Ausnahme bildet der attraktive Enztalradweg. Eine wichtige
Ost-West-Verbindung – auch für die Gesamtstadt – ist die Westliche Karl-Friedrich-Straße, die
Verkehrsbelastung ist hier allerdings mit 5.000 bis zu 10.000 Kfz/24h relativ hoch. Hinzu kommen
parkende Autos entlang der Straße, die die Übersichtlichkeit für Radfahrer einschränken und beim
Ein- und Ausparken und beim Ein- und Ausstieg auf der Straßenseite die Radfahrer gefährden.
Abb. 15 Fehlende Radwege an der Kreuzung Westliche Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt
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Abb. 16 Radwege Quelle: Weeber+Partner
Im Radwegenetz fehlen Nord-Süd-Verbindungen durch die Weststadt, die Anbindung der SBahnhaltestelle und die Verbindung weiter nach Maihälden. Wichtig wäre auch eine attraktive und
gefahrlose Erreichbarkeit der Fritz-Erler-Schule mit dem Fahrrad. Dies betrifft insbesondere die
Querungen im Kreuzungsbereich vor der Schule (Westl. Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße).
Eine Anbindung an den Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr ist zwar über die Unterführung
vorhanden, aber nur mit Erschwernissen erreichbar.
Abb. 17 Pforzheimer Radverkehrskonzeption
Quelle: Modus Consult, Vorstellung Hauptnetz im Planungs- und Umweltausschuss, Folie 11, Juli 2013
In der Radverkehrskonzeption, die im Juli 2013 vorgestellt wurde, führt zwar eine Radwegergänzung von der Bohrainstraße kommend östlich am Messplatz über die Benckiserstraße vorbei an
der Osterfeldrealschule nach Norden, doch befriedigt diese den oben beschriebenen Mangel noch
nicht. Attraktiv ist dagegen der Verlauf des Enztalradwegs durch das untersuchte Gebiet. Diese
Radroute ist auch weit über Pforzheim hinaus bekannt und wird im Sommer von vielen Freizeit-
16
Pforzheim-Weststadt
sportlern genutzt. Entlang der Enz befinden sich dann auch ruhigere Abschnitte mit geringer Belastung ohne konkurrierende Verkehrsteilnehmer (Kfz).
"Call a Bike" – Leihfahrräder der Deutschen Bahn – werden in anderen Städten zunehmend stärker
genutzt, aber in Pforzheim sind keine Stationen vorhanden (http://www.callabike-interaktiv.de/).
Zu Fuß gehen
Die Fußwege sind stark vom Autoverkehr dominiert. Besondere Stressräume sind die stark befahrenen Straßen Westliche Karl-Friedrich-Straße und die Habermehlstraße. Um die Verbindungen in
Nord-Süd-Richtung durch das Gebiet noch zu verbessern, fehlen weitere Querungen über die
Habermehlstraße, insbesondere an der Ecke Maystraße als Verbindung über den Messplatz hinweg zur Enz und weiter zur Südweststadt. Ein positives Beispiel ist die Maximilianstraße. Hier wird
den Fußgängern ein separater, angenehmer Gehweg unter Bäumen und von der Straße durch
einen Grünstreifen getrennt angeboten. Entlang der Enz finden Fußgänger einen angenehmen
Raum und attraktive Erholungsflächen. Im weiteren Verlauf der Enz nach Westen weitet sich der
Grünraum ab dem Untersuchungsgebiet noch weiter auf (u.a. Kleingartenanlagen).
Abb. 18 (links) Stressraum für Fußgänger in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße
(rechts) attraktiver Fußgängerweg von der Straße getrennt in der Maximilianstraße Quelle: Weeber+Partner
Abb. 19 Fußwege und Straßenräume Quelle: Weeber+Partner
Pforzheim-Weststadt
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2.4 Nahversorgung
Qualitäten des Quartiers oder der Nachbarschaft zeichnen sich dadurch aus, dass die wichtigsten
Güter des täglichen Bedarfs auf kurzem Weg und in direkter Wohnumgebung vorhanden und erreichbar sind.
Abb. 20 Nahversorgung Quelle: Weeber+Partner
Die Nahversorgung ist im Untersuchungsgebiet stark eingeschränkt, nur in der Westlichen KarlFriedrich-Straße konzentriert sich ein kleines Angebot aus Bäckern und teilweise spezialisierten
Obst-, Gemüse- und allgemeinen Lebensmittelläden. Vollsortimenter und Discounter finden sich
erst in einem Abstand von mindestens einem Kilometer, eine Ausnahme bildet ein NORMA-Markt
in der Nähe der S-Bahnstation Maihälden.
Abb. 21 Lebensmittelmärkte in der Umgebung des Untersuchungsgebietes Quelle: Weeber+Partner
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Pforzheim-Weststadt
2.5 Stadtklima
Abb. 22 Stadtklima Quellen: Wärmebildplan Abendsituation, Stadt Pforzheim; Landschaftsplan "Klima" für den Nachbarschaftsverband Pforzheim, 2001 Darstellung: Weeber+Partner
Aus einem Wärmebildplan der Abendsituation (Thermalscannerbefliegung) und Daten aus dem
Landschaftsplan für den Nachbarschaftsverband Pforzheim lassen sich Aussagen zur Klimasituation im Untersuchungsgebiet ableiten. Rod und Brötzinger Waldwiesen fungieren als wichtige
Frischluftgebiete für die Weststadt. Kaltluftströme fließen aus südwestlicher Richtung hangabwärts
und entlang des Enztals. Eine besonders große Wärm- oder Hitzeinsel befindet sich über dem
Messplatz. Im Landschaftsplan erhält das Untersuchungsgebiet die Kategorie Stadt-Klimatop, was
einen Bereich mit Wärmeinseln und Schadstoffbelastungen bezeichnet. Folglich besteht aus stadtklimatischer Sicht großer Handlungsbedarf, insbesondere für den Messplatz.
2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt?
Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um keinen einheitlichen Stadtraum (vgl. Kap. 3.1). Im
Geltungsbereich finden sich Teile der Weststadt ebenso wie Teile der Südweststadt mit der KaiserFriedrich-Straße wieder – mit jeweils unterschiedlicher Größe, Bevölkerungsstruktur und Besonderheiten. Aus der Veröffentlichung des Eigenbetriebs "Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim",
Geschäftsbereich Kommunale Statistik vom 19.07.2013 lassen sich dennoch unten genannte
Merkmale ableiten, die auf das Untersuchungsgebiet übertragen werden können und eine grobe
Einordnung der sozialen Lage zulassen.
Die Zahlen verdeutlichen, dass die Untersuchungsgebiete Weststadt ebenso wie das Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße deutlich von der Sozialstruktur der Gesamtstadt abweichen. Sie sind
geprägt von typischen Merkmalen urbaner, zentrumsnaher Quartiere: Sowohl der Anteil der Ausländer als auch der Anteil der Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen und / oder auf Transferleistungen angewiesen sind, sind fast doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. Es werden deutlich
mehr Kinder von nur einem Elternteil erzogen und mehr Familien nehmen die Leistungen der Hilfe
zur Erziehung in Anspruch. Zu diesen Umständen kommt die starke Fluktuation: Beide Bereiche
weisen mit mehr als 20 % pro Jahr einen überdurchschnittlich hohen Anteil an zugezogener Bevölkerung auf. Die Anzahl der Bewohner hat im Vergleich zum Jahr 2003 in beiden Bereichen zugenommen, wobei dieses Wachstum gerade in der Weststadt, mit 802 Personen, deutlicher ausfällt.
19
Pforzheim-Weststadt
5.163
7.845
18,7 %
37,7 %
33,4 %
Sanierungsgebiet KaiserFriedrich-Str.
1.865
2.918
19,8 %
38,3 %
33,3 %
40,7 %
45,5 %
33,9 %
38,1 %
33,3 %
16,5 %
2,1 %
2,3 %
1,3 %
18,9 %
19,3 %
13,5 %
6,6 %
22,7 %
11,4 %
7,3 %
21,7 %
2,0 %
4,6 %
7,5 %
1,9 %
Weststadt
Anzahl Haushalte
Bevölkerungszahl
Bevölkerungsanteil Menschen <18 Jahre
Ausländeranteil
Ausländeranteil an Menschen <18 Jahre
Anteil Alleinerziehende
an allen Haushalten mit Kindern
Sozialleistungen für Kinder und
Jugendliche unter 15 Jahren (SGB II)
Anteil Sozialhilfeempfänger an
Erwerbstätigen (SGB XII)
Anteil der Haushalte mit 3 oder mehr Kindern an
allen Haushalten mit Kindern
Anteil der "Hilfen zur Erziehung" an der
Bevölkerung bis 21 Jahre
Anteil der Zuzüge an der Bevölkerung
Bevölkerungszu-/ -abnahme geg. 2003
Tab. 1
Pforzheim
73.658
118.002
17,0 %
20,0 %
16,5 %
Bevölkerungsstruktur Weststadt, Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße Quelle: Stadt Pforzheim
2.7 Eigentümerstruktur
Hierzu wurde eine Karte erarbeitet, die aber aufgrund des Datenschutzes nicht veröffentlicht werden kann. Die Wohngebäude im Quartier sind etwa zur Hälfte im Eigentum ortsansässiger Wohnungsunternehmen. Die andere Hälfte ist in privatem Streubesitz. Im Bereich des Gewerbes sind
die beiden großen Gewerbebetriebe Fa. Rösch und Fa. Bader dominant. Daneben existieren jedoch noch eine Reihe Eigentümer mit mittelgroßem und kleinem Besitz bzw. gewerblichem Streubesitz. Mit der Hauptfeuerwache Habermehlstr. ist auch die Stadt Pforzheim als Eigentümerin im
Quartier vertreten.
2.8 Nutzungsstruktur
Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend geprägt durch Wohnbebauung. Vor allem der südliche
Teil an der Kaiser-Friedrich-Straße ist fast ausschließlich Wohngebiet. Im Bereich nördlich der Enz
(Habermehl- und Westliche Karl-Friedrich-Straße) findet sich vereinzelt und typischerweise in den
Erdgeschossen abweichende, vor allem kleingewerbliche oder gastronomische Nutzung (Abb. 23,
Abb. 24). Prägend im Quartier nördlich der Enz sind auch die großen Gewerbebetriebe (Fa. Rösch,
Fa. Bader). Im Bereich öffentlicher Bauten ist neben vereinzelter Nutzung durch kirchliche Einrichtungen vor allem das Feuerwehrgebäude an der Habermehlstraße (Hauptfeuerwache) zu nennen.
Direkt außerhalb des Gebiets sind mit Fritz-Erler-Schule und Osterfeld-Schule / Kulturhaus Osterfeld zwei große öffentliche Gebäude zu finden. Ebenfalls außerhalb und direkt angrenzend ist der
Messplatz, der als unbebaute, aber weitgehend befestigte Fläche für öffentliche Veranstaltungen
(Kirmes, Messe) dient. Außerhalb dieser Zeiten wird er als kostenloser Parkplatz für das Quartier
genutzt.
20
Pforzheim-Weststadt
Abb. 23 Nutzungsstruktur in den Erdgeschossen
Abb. 24 Nutzungsstruktur in den Obergeschossen
Pforzheim-Weststadt
21
2.9 Methodik der energetischen Analysen
(s.a. Anhang 9.1 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen)
Bedarfsberechnungen
Städtebauliche Bedarfsanalysen basieren auf der individuellen Kenntnis der einzelnen Gebäude.
Basis ist die Berechnung der Energiebezugsfläche, welche aus Gebäudeumriss, Geschossigkeit
und Dachform sowie einem Umrechnungsfaktor für die Nettofläche (in der Regel NGF/BGF = 0,87)
berechnet wird. Der typologische Ansatz aufgrund der Baualtersstruktur liefert musterhaft Energiekennwerte im IST-Zustand unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Renovierungen (sowie im
historischen Zustand, der hierbei aber keine Rolle spielt). So kann für jedes Gebäude ein Energiekennwert sowie ein Energiebedarfswert im jetzigen Zustand berechnet werden. Durch rechnerischen Austausch von Bauteilen (z.B. bei angenommener Renovierung der Außenwand) können
Sanierungszustände musterhaft auf bestimmten Niveaus erzeugt werden:
¯
¯
¯
¯
Energieeinsparverordnung EnEV: Gebäude entspricht der EnEV 2009 Referenzstandard
Effizienzhaus EffH115. Förderstandard der KfW (115 % d. EnEV Neubauniveaus)
Effizienzhaus EffH100. Gebäude entspricht dem EnEV Neubaustandard (100 % d. EnEV)
EnerPHiT: Sanierung mit Passivhauskomponenten.
Bezugszeitpunkte der Bilanzierung
Die IST–Analyse (oder IST-Zustand) bezieht sich auf die Aufnahme des Quartiers zum Zeitpunkt
des Projekts und ist damit Ausgang der weiteren energetischen Analysen. Die Potenzialanalyse
bezieht sich auf einen angenommenen Endzustand, z.B. alle Gebäude nach dem Standard der
Energieeinsparverordnung renoviert. Der so erzeugte Zustand (SAN-Zustand) gibt somit das,
unter der Annahme der gleichen Nutzung und ohne die Berücksichtigung von Zubau und Abriss,
erreichbare Niveau des Energiebedarfs wieder. Die Potenzialanalyse beinhaltet nicht die zeitliche
Entwicklung, d.h. es werden keine Annahmen über Sanierungsraten etc. getroffen. Die Differenz
zwischen IST-Zustand und SAN-Zustand gibt das Einsparpotenzial wieder.
Datenerhebung und Verortung der Bilanzdaten
Um valide Aussagen zu ermöglichen, wurden alle erreichbaren Datenquellen herangezogen; die
Grenzen der Datenerhebung liegen jedoch im Aufwand der Erhebung; So konnten z.B. keine Einzelbegehungen der Gebäude durchgeführt werden. Im Rahmen des Projekts war es ebenfalls nicht
möglich, eine Befragung auch nur eines repräsentativen Querschnitts der Bevölkerung vorzunehmen. Dies stellt nach heutigem Kenntnisstand eine der wenigen Möglichkeiten dar, nichtleitungsgebundene Energieverbrauchsdaten und zugehörige Energieträger (z.B. Heizöl) datenrechtlich sicher und qualitativ hochwertig zu erheben. Es war innerhalb der Projektlaufzeit ebenfalls
nicht möglich, Schornsteinfegerdaten über die Beheizungsarten zu erhalten.
Weiterhin begrenzen die Erfordernisse des Datenschutzes eine allzu feinkörnige Erhebung, bei der
Rückschlüsse auf personenbezogene Daten möglich wären. Aus Datenschutzgründen konnten
keine Energieversorgerdaten der Stadtwerke (Gas, Fernwärme) eingepflegt werden. Es standen
aber Pläne über das Leitungsnetz Erdgas und Fernwärme zur Verfügung, so dass die Anschlüsse
identifiziert werden konnten.
Datenbasis der Analysen
Für den Sektor Wohngebäude wurde eine flächendeckende Bedarfsanalyse durchgeführt. Sie
basiert auf der GIS Stadtkarte (Gebäude und Liegenschaftskataster) der Stadt Pforzheim. Diese
Basisstruktur wurde durch ebök im Rahmen von Luftbildanalysen und Vor-Ort-Begehungen ergänzt
um folgende Daten:
¯ Anzahl Stockwerke (Quelle Luftbilder)
¯ Dachform, Nutzung des Dachgeschosses (Quelle Luftbilder)
¯ Nutzung; getrennt nach EG und Obergeschossen (Quelle Luftbilder, Begehung)
22
Pforzheim-Weststadt
¯ Sichtfassaden / Denkmalschutz (Quelle: Stadtplanung, Begehung)
¯ Sanierungszustand und Sanierungsmöglichkeit der Gebäude, Bauteilerneuerung (Quelle: Begehung)
Zur Analyse des Energieverbrauchs standen folgende Daten-Quellen zur Verfügung:
¯ Gewerbebetriebe Fa. Rösch, Fa. Bader
¯ Gebäude der Wohnungswirtschaft (teilweise)
¯ Städt. Gebäude (Feuerwehr)
Aufgrund der beschriebenen Datenlage wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
¯ Für Wohngebäude wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt und wo möglich mit den Verbrauchswerten abgeglichen
¯ Verbrauchswerte der Gewerbebetriebe wurden – wo vorhanden – übernommen.
Gesamtbilanz und Klimaindikatoren
Wesentlicher Bestandteil des Quartiersansatzes ist die Verortbarkeit der Aussagen. Top-DownAnalysen, welche aus gesamtstädtischen Daten heruntergebrochen werden, liefern daher nur
unzureichende Aussagen. Eine solche Grobbilanz wurde in Kap. 3.2 aufgestellt. Eine Bottom-UpKlimabilanz konnte jedoch für den Stadtteil schon aus dem Grund nicht aufgestellt werden, dass
nur unzureichende Energieträgerdaten zur Verfügung standen. Damit konnte auch bei Kenntnis
des Wärmebedarfs im Rahmen des Konzepts keine auf Quartiersdaten bezogene Bilanz der Energieträger (und damit CO2) erstellt werden. Auch im Bereich der Klimabilanz ergeben sich die wesentlichen konzeptionellen Aussagen aus einer Potenzialanalyse (und nicht aus einem Vergleich
mit gesamtstädtischen oder Landesdaten), welche Wechselszenarien in der Energieversorgung
berücksichtigen. Es ist jedoch klar, dass Potenzialanalysen ohne Basisanalysen nicht aufzustellen
sind.
2.10 Baualter
Abb. 25 Baualtersklassen
Pforzheim-Weststadt
23
Aufgrund von Auswertungen öffentlich verfügbarer Luft- und Satellitenbilder (Google Maps, Google
Earth, BING) sowie Vor-Ort-Begehungen konnten die Baualtersklassen der Gebäude ermittelt
werden, siehe Abb. 25. Eine Aufstellung der vorkommenden Gebäude sowie der Anzahl in den
Klassen zeigt Tab. 2. Im Quartier dominiert der Typ GMFH Blockrandbebauung Baualtersklasse D
(Baujahr 1949-1957). Diese typologische Aufstellung ist Basis der weiteren Berechnungen (IST –
Zustand, SAN-Zustand, Potenzial s.u.).
24
Pforzheim-Weststadt
Tab. 2 Baualtersklassen, Verteilung im Untersuchungsgebiet aus der Zuordnung der Baualtersklassen. Die Aufstellung
bezieht sich auf die Wohnbebauung. Die Beispiele sind (aus Gründen der Übertragbarkeit) nicht dem Quartier entnommen. Leere Felder bedeuten, dass der Typ im Quartier nicht vorkommt.
Pforzheim-Weststadt
25
2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands
Wohnen
An überraschend vielen Gebäuden in der Weststadt, insbesondere an Gebäuden der Wohnungsunternehmen, wurden bereits umfängliche Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt. Dies
zeigen z.B. die Karten Fassadenoberflächen Abb. 26 und Fensterqualitäten Abb. 27, in welchen die
Ergebnisse der städtebaulichen Begehung und Erhebung dargestellt sind.
Abb. 26 Istzustand Fassaden (Ausschnitt)
Abb. 27 Istzustand Fensterqualität
26
Pforzheim-Weststadt
Die oben genannten Sanierungsmaßnahmen der Wohnungsunternehmen wirken sich positiv auf
den Wärmeschutz der betreffenden Gebäude und damit auf den Energiebedarf aus. Nimmt man
als Maßstab die Bedarfsdaten Endenergie Heizung und Warmwasser in Bezug auf die gültige
Energieeinsparversordnung, so weisen bereits viele Gebäude Bedarfswerte auf, wie sie die EnEV
im Falle einer Sanierung vorsieht (Gelbe Bereiche in Abb. 28). In einigen wenigen Fällen werden
diese Werte sogar unterschritten (Grüne Bereiche in Abb. 28).
Abb. 28 Energiekennwert (Endenergie Heizung und Warmwasser) im Istzustand.
Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)
Die Verbrauchsanalysen (Endenergie Heizung, Warmwasser) beziehen sich nur auf die Gewerbebetriebe Bader und Rösch sowie auf das städtische Gebäude Feuerwehr. Verbrauchsdaten der
Wohnungsunternehmen wurden im betreffenden Sektor Wohnen behandelt. In diesem Sektor
dienten die Verbrauchswerte vor allem als Abgleich zu den Bedarfswerten. Weitere Verbrauchswerte lagen leider nicht vor und konnten aus genannten Gründen gebäudescharf auch nicht aus
sekundären Quellen ermittelt werden. Eine Bewertung der spezifischen Kennwerte z.B. im Vergleich zur EnEV wie im Bereich der Wohnbebauung konnte im Gewerbebereich nicht vorgenommen werden.
Energieverbrauch und Einsparpotenzial im Sektor GHD wurden nicht bewertet, da auch Benchmarks bei vielen der vorliegenden Nutzungen keine ausreichende Bewertungsbasis liefern. Allenfalls Verwaltungsgebäude können noch pauschal bewertet werden.
Bei den Firmen Bader und Rösch wurde im Rahmen des Projekts eine Gebäudebegehung durchgeführt. Das Gebäudemanagement erhielt dabei eine kurze individuelle Beratung und Hinweise auf
Basis von Erfahrungswerten. In beiden Fällen ist das Management aktiv an Maßnahmen interessiert, hat teilweise bereits konkrete Maßnahmen im Blick und wird diese sukzessive ausführen.
Insbesondere bei Fa. Bader sind nicht nur Energiewerte für Heizung zu bewerten, sondern vor
allem Prozesse wie Licht, Druckluft, Maschinenantriebe usw. Eine Bewertung hierzu verlässt den
Bereich des städtebaulichen Konzepts sehr deutlich.
Pforzheim-Weststadt
27
Abb. 29 Nutzflächenspezifische Verbrauchsdaten (Mittelwerte, witterungsbereinigt wo vorhanden) im Bereich GHD und
Öffentliche Gebäude.
Öffentliche Gebäude
Die Feuerwehr mit einer Energiebezugsfläche von ca. 3345 m² weist einen mittleren Energiekennwert von rd. 146 kWh/(m²a) auf. Damit liegt der Wert knapp unter dem Benchmarkwert von 155
kWh(m²a) für Feuerwehren [EnEV RegelnNiWo09]. Der Fortbestand des Gebäudes als Feuerwehrgebäude ist momentan offen, da über die Organisation der Feuererwehr in Pforzheim diskutiert wird. Bevor über das Gebäude entschieden wird, sollte jedoch die Nutzung geklärt werden.
Aufgrund der Bauweise ist eine Sanierung eher schwierig durchzuführen.
Energieverbrauchsdichte im IST – Zustand
Die absolut ermittelten Bedarfs- und Verbrauchswerte der Gebäude und Liegenschaften wurden in
einer Grobstruktur als Dichtewert zusammengefasst. Die Abgrenzungen werden dabei als "Baublock" definiert. Ein Baublock umfasst in der Regel ein Straßencarrée. Die Nachfragedichte ergibt
sich damit als ein auf die Baublockfläche bezogener Energiebedarfswert. Dieser ist ein Indikator für
mögliche zentrale Versorgungsstrukturen sowie für hohe Nachfrage. Bereits ab einem Dichtewert
von 250 MWh/(ha a) (entspricht 25 kWh/(m²a)) kann Fernwärmeversorgung lohnenswert sein.
Daher wurden die in Tab. 3 beschriebenen Kategorien eingeführt.
kWh/(m²a) Baublockfläche
0 - 20
21 – 40
41 – 80
81 – 125
126 - 250
Tab. 3
Fernwärme wirtschaftlich?
nicht wirtschaftlich möglich
sollte geprüft werden
wahrscheinlich lohnenswert
lohnenswert
sehr dicht. lohnenswert
Bewertung Verbrauchsdichte hinsichtlich Fernwärme
28
Pforzheim-Weststadt
Abb. 30 Bedarfs-/ Verbrauchsdichte im IST-Zustand. Die Summenwerte Energie für Heizung und Warmwasserbereitung
wurden auf die Baublockfläche bezogen. Auch enthalten: Gewerbe, Feuerwehr und möglicher Dichtewert Messplatz.
Die Dichtewerte im Untersuchungsgebiet sind im jetzigen Zustand sicherlich ausreichend für den
Betrieb einer Fernwärmeversorgung. Besonders hohe Dichtewerte sind im Bereich der KaiserFriedrich-Str. zu verzeichnen, welche nicht als Ausbaugebiet Fernwärme der Stadtwerke Pforzheim
ausgewiesen ist. Im Bereich des Messplatzes wurde ein möglicher Entwurf quantifiziert und in die
Bewertung eingebracht (s.a. Kap. 5.8). Auch in diesem Bereich ergibt sich ein ausreichender Dichtewert.
2.12 Erneuerbare Energien
Erneuerbare Energien im Untersuchungsgebiet könnten sich
auf die Erzeugung sowie auf
den Einsatz für Gebäudebeheizung und Warmwasserbereitung
sowie auf Stromanwendungen
und Verkehr beziehen. Insbesondere außerhalb des Ausbaubereichs Fernwärme im
Bereich der Kaiser-FriedrichStraße ist der verstärkte Einsatz
effizienter, regenerativ betriebener Energieversorgungssysteme
wünschenswert (siehe auch
Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"). Folgende Möglichkeiten und Einschränkungen bestehen:
Oberflächennahe Geothermie
Aufgrund der Aussage der Abteilung Umwelttechnik der Stadt Pforzheim ist das Quartier aufgrund
der Belastungsdichte mit Schadstoffen und der damit möglichen Schadstoffverlagerung durch
Erdwärmebohrungen nicht geeignet für die Nutzung von Erdwärme. Im Bereich KF sollte diese
Option nochmals grundstücksscharf geprüft werden.
Pforzheim-Weststadt
29
Holzheizungen (Holzpellets, Holzhackschnitzel, Stückholz), Biomasseheizungen
Das Quartier liegt im verdichteten innerstädtischen Bereich mit hoher Belastung an Feinstaub. Aus
diesem Grund hat das RP Karlsruhe 2006 einen Luftreinhalte-/Aktionsplan aufgestellt und 2012
fortgeschrieben [RP Karlsruhe 2006], [RP Karlsruhe 2012]. Folge ist die Aufstellung einer Umweltzone für Pforzheim, in der auch das Untersuchungsgebiet liegt. Diese ist zwar für die Ausführung
von Heizanlagen nicht bindend, es ist jedoch nicht sinnvoll, Heizanlagen mit vergleichsweise hohem Feinstaubausstoß zu propagieren, wenn insgesamt hohe Belastungswerte zu verzeichnen
sind. Im Vergleich zu Gasheizungen (nahezu feinstaubfrei) und Fernwärme (im Quartier feinstaubfrei) ist zur Zeit auch bei den günstigsten Kleinfeuerungsanlagen (Pelletkessel bis 25kW) mit einer
PM10 Emission von ca. 792 mg/kWh zu rechnen (Tab. 6, [UBA Feinstaub 2006]. Als begleitende
Maßnahme zur Luftreinhaltung empfiehlt daher auch der Luftreinhalteplan den Verzicht auf Holzfeuerungen aus Kleinfeuerungsanlagen. Mit der Novellierung der 1. BImSchV werden zwar ab
2015 höhere Anforderungen an kleine und mittlere Feuerungsanlagen gestellt, diese positiven
Effekte werden sich allerdings aufgrund langer Übergangsvorschriften nur zögerlich einstellen.
Eine mögliche Lösung besteht darin, auch in Kleinfeuerungsanlagen Feinstaubfilter einzusetzen.
Zunehmend kommen kleinere Kessel und Filter auf den Markt, die bereits heute die zukünftigen
Grenzwerte unterschreiten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei blockweiser Versorgung
mehrerer Gebäude emissionsarme Holzpelletkessel mit höheren Leistungen (ab ca. 150kW) mit
sehr hochwertiger neuester Filtertechnologie einzusetzen. (S.a. Kap. 5.2).
Thermische Solarnutzung
Die solarthermische Nutzung durch Anlagen zur Warmwasserbereitung (und in Grenzen zur Beheizung) ist im Gebiet grundsätzlich möglich. Viele Dächer sind südausgerichtet und gut geeignet.
Im Bereich des Ausbaugebiets Fernwärme (Abb. 41: Handlungsfelder "Energie") nördlich der Enz
und teilweise im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ist aus drei Gründen jedoch die Solarthermie
nur nachrangig zu betrachten:
1 Als vorranging wurde hier der Energieträger Fernwärme identifiziert. Solarthermie steht hierzu
in starkem wirtschaftlichem und auch umwelttechnischem Konflikt. Die Anlagentechnik müsste
voll redundant ausgeführt und betrieben werden. Der Fernwärmeanschluss muss auch im
Sommer bezahlt werden. Der Betreiber der Anlage muss im Sommer überschießende Wärme
der Stromerzeugung (Kraft-Wärmekopplung) entweder rückkühlen oder die Leistung reduzieren.
2 Bei der vorliegenden dichten Bebauung und der damit einhergehenden hohen Zahl der Bewohner je Gebäude sind die vorliegenden Dachflächen eher ungeeignet, da zu klein, um den Bedarf an Warmwasser mit ausreichender Deckungsrate zu befriedigen.
3 Solarthermische Nutzung steht in Bezug auf die Dachflächen in Konkurrenz zur Nutzung von
Photovoltaik.
Im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ("effiziente Einzelheizungen und Blockversorgung“) ist der
Einsatz von thermischen Solaranlagen dann sinnvoll, wenn sie (wirtschaftlich) in ein Versorgungskonzept eingebunden werden können. Dies ist vor allem bei kleineren Gebäuden mit geringem
regenerativem Anteil der Versorgung, welche vom Eigentümer selbst genutzt werden, sinnvoll.
1 Die thermische Solaranlage sollte nicht in Konkurrenz zum Betrieb eines BHKW o.ä. stehen.
2 Die Anlage muss in die ggf. bestehende Warmwasserbereitung einzubinden sein.
3 Thermische Solaranlagen sind Zusatzinvestitionen, welche aus den eingesparten Brennstoffkosten refinanziert werden. Daher sind sie vor allem bei hohen Brennstoffkosten wirtschaftlich
sinnvoll.
4 Die Dachflächen müssen ausreichenden Ertrag für den vorhandenen Bedarf liefern (die vorhandenen Dachflächen sind bei den vorhandenen Mehrfamilienhäusern im Verhältnis zur
Wohnfläche eher ungünstig).
5 Im Mieter- / Vermieterverhältnis muss die Heizkosten-Umlage bzw. Finanzierung der Anlage
geklärt werden.
30
Pforzheim-Weststadt
Grundsätzlich stehen thermische Solaranlagen in Konkurrenz zu Photovoltaik-Anlagen (s.u.). Hier
sollte – bezogen auf das Gebäude – untersucht werden, ob eine photovoltaische Nutzung nicht
einfacher und sinnvoller durchgeführt werden kann.
Biomasse
Der Anfall von nutzbarer Biomasse im Quartier ist vernachlässigbar. Die Gebrauchsmöglichkeiten
von Biomasse (außer Holz) im Gebiet sind vernachlässigbar.
Biogas
Vermehrt wird Biogas (in Erdgas-Qualität) auch für Endverbraucher auf dem Energiemarkt angeboten. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gas-Direktversorgung, sondern – genauso wie bei
Ökostrom-Anbietern – um eine bilanzierte Versorgung aus dem normalen Gasnetz. Die Verpflichtungen des [EEWärmeG-2009EWärmeG-BW2007] können durch Einsatz von 30% Biomethan
erfüllt werden. Beim Nachweis nach EnEV findet die Biogasversorgung nur Anrechnung, wenn die
Erzeugung in unmittelbarem Kontext zum Gebäude steht, was im Fall der Weststadt in keinem Fall
gegeben sein dürfte.
Strom (-erzeugung)
Im Untersuchungsgebiet sind keine Wasserkraftwerke sowie keine Windkraftwerke vorhanden. Das
Musterprojekt Güterstraße 30 (Kap. 5.4) wurde im Konzept mit einer Windkraftanlage versehen.
Diese wird voraussichtlich auch realisiert. Grundsätzlich ist Windenergienutzung im städtischen
Umfeld mit Kleinst-Windkraftanlagen nach heutigem Stand technisch und wirtschaftlich (noch) nicht
etabliert.
Es gibt Hinweise, dass Strom vereinzelt in Blockheizkraftwerken erzeugt wird (Fa. Nordson, Habermehlstr.). Vorrangig soll und wird Strom im Untersuchungsgebiet photovoltaisch erzeugt. Die
Fa. Rösch betreibt bereits einige, auch fassadenmontierte, Anlagen.
Abb. 31 Photovoltaik Fassadenanlage Fa. Rösch Quelle: ebök
Viele Dachflächen sind gut südorientiert und damit gut geeignet für die Montage von PV-Anlagen.
Im Streubesitz ist deren Umsetzung jedoch eher schwierig. Potenziale sind vor allem noch bei der
Fa. Bader vorhanden. Hier sollte die Möglichkeit der Montage konkret aus gestalterischen und
statischen Gesichtspunkten geprüft werden.
2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung
Das Untersuchungsgebiet wird durch die Stadtwerke Pforzheim mit Erdgas und Fernwärme versorgt. Die Fernwärme wird dabei in eigenen Wärmekraftwerken erzeugt. Sie steht mit einem sehr
guten Primärenergiefaktor von 0,441 zur Verfügung. Sowohl Fernwärme- als auch Erdgasnetz sind
1
Bescheinigung nach FW309-1 bis 2021 des Gutachters FW 609-003
Pforzheim-Weststadt
31
jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Es handelt sich vielmehr um eine gewachsene Struktur,
die typische Schwachstellen wie örtlich begrenzte Kapazitäten und Lücken im Versorgungsnetz
aufweist. Viele Gebäude im Gebiet nördlich der Enz sind sowohl mit Erdgas als auch mit Fernwärme versorgt (Abb. 32). Im Rahmen des Projekts konnte jedoch keine Kenntnis darüber erlangt
werden, ob die Gasanschlüsse tatsächlich genutzt werden. Möglich ist, dass Gas nur zum Kochen
oder für sonstige Prozesse (z.B. Backöfen in Bäckereien), nicht für Beheizung zur Verfügung steht.
Der gebäudeweisen Ermittlung (z.B. über Verbrauchsdaten und Tarife) standen Gründe des Datenschutzes entgegen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bei Gebäuden, die einen Fernwärmeanschluss haben, dieser auch zur Beheizung genutzt wird.
Viele Gebäude sind weder an Gas noch an Fernwärme angeschlossen. Der Energieträger ist bei
diesen Gebäuden unbekannt. Um diesen einzugrenzen, wären Schornsteinfegerdaten hilfreich
gewesen, die jedoch ebenfalls aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise zur Verfügung
standen. Aufgrund der Verteilung der Energieträger für die Gesamtstadt (Abb. 33) kann davon
ausgegangen werden, dass ein Großteil der unbekannten Versorgungsarten dem Energieträger
Heizöl zuzuordnen sind.
Die Stadtwerke Pforzheim sehen in der Versorgung mit zwei leitungsgebundenen Energieträgern
(Erdgas, Fernwärme) eine unwirtschaftliche Situation, weshalb im Bereich zwischen Enz und Bahn
des Untersuchungsgebiets eine Entflechtungsstrategie verfolgt wird. Der Ausbau von Fernwärme
hat Vorrang vor Gas. Gleichzeitig soll die Erdgasversorgung in dem betreffenden Gebiet rückgebaut werden. Das Rückbaugebiet Erdgas erstreckt sich über die östlichen und westlichen Grenzen
des Untersuchungsgebiets hinaus ebenfalls grob zwischen Enz und Bahn. Hier soll lang- und mittelfristig Fernwärme als vorrangige leitungsgebundene Energie (neben Strom) verbleiben. Die
Stadtwerke fördern den Umstieg auf Fernwärme (siehe http://www.stadtwerkepforzheim.de/de/1941.php#ID_1945 vom 6.8.2013).
Im Gebiet südlich der Enz (Kaiser-Friedrich-Str.) ist Fernwärme nur bis ca. zur Hausnummer 102
vorhanden. Hier verläuft nach Auskunft der Stadtwerke im südlichen Bereich eine kellerverlegte
Fernwärmeleitung, deren Kapazität begrenzt ist. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich ist nur sehr
begrenzt möglich. Obwohl aktuell (Sommer 2013) im Bereich Kaiser-Friedrich-Str. neue Leitungen
verlegt werden, wurde ein Ausbau der Fernwärme nicht durchgeführt. Die Stadtwerke geben hier
als Grund den begrenzten Raum an, in dem bereits bei der jetzigen Leitungsführung (mit Gas- und
Gashochdruckleitungen) Leitungen übereinander, d.h. in mehreren Lagen, angeordnet wurden.
32
Pforzheim-Weststadt
Abb. 32 Versorgung mit Erdgas, Fernwärme sowie Rückbaugebiet Gasversorgung
2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz
Auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg für die Stadt Pforzheim
(Bewertungsjahr 2009) konnte nach dem Anteil der Bewohnerzahl der Weststadt an der Gesamtstadt (vgl. Kap. 2.6) folgendermaßen kalkuliert werden: Die Einwohner der Weststadt verursachen
im Mittel rund 6,6 % des CO2-Ausstoßes der Stadt Pforzheim von rund 168.000 Tonnen pro Jahr.
Dieser Anteil sowie der zugehörige Energieverbrauch können tatsächlich höher oder niedriger
liegen, da die spezifischen Verbrauchs- und Emissionswerte je Einwohner der Weststadt sicher
von denen der Gesamtstadt abweichen. Quartiersdaten konnten aufgrund fehlender lokaler Informationen zur Versorgung – insbesondere der Energieträger der Einzelfeuerungsanlagen – nicht
ermittelt werden.
Pforzheim-Weststadt
33
Für die Gesamtstadt wurde 2011 von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg
GmbH (KEA) ein Klimaschutzkonzept aufgestellt. Hierbei wurden auch Bilanzen für einzelne Sektoren und Energieträger sowie Szenarien veröffentlicht [KEA 2011]. Der hierbei gewählte Ansatz der
Top-Down-Bilanzierung (anhand von wenigen Messwerten wie dem Gesamt-Gasverbrauch, überwiegend statische Auswertungen) harmoniert nicht optimal mit dem beim vorliegenden Konzept
gewählten Bottom-Up-Ansatz (Betrachtung einzelner Gebäude).
Abb. 33 Endenergieverbrauch nach Energieträgern (Referenz) [KEA 2011]
Abb. 34 CO2-Emissionen 2010 nach Sektoren (Referenz) [KEA 2011]
34
Pforzheim-Weststadt
3 Entwicklungspotenziale und –ziele
3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050
Die Bundesregierung stellt mit dem "Energiekonzept 2050 - Meilensteine und Bewertungen" einen
langfristigen Entwicklungspfad für ambitionierte Klimaschutzziele, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien auf2. Die einzelnen Entwicklungsschritte sind:
¯ Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70%
und bis 2050 um 80-95 % (jeweils gegenüber 1990) sinken.
¯ Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch 18 % erreichen und
danach kontinuierlich weiter steigen auf 30 % bis 2030 und auf 60% bis 2050. Ihr Anteil an der
Stromerzeugung soll bis 2050 sogar 80% betragen.
¯ Energieeffizienz: Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 50 %
gegenüber 2008 sinken.
¯ Die Sanierungsrate für Gebäude soll von 1 % auf 2 % pro Jahr verdoppelt werden.
¯ Im Verkehrsbereich soll der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund 10% und bis 2050 um rund
40% zurückgehen. Es sollen 6 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 auf die Straßen gebracht
werden.
Um derartig ambitionierte Ziele zu erreichen, sind Anstrengungen auf allen Ebenen notwendig.
Insbesondere die Verdoppelung der Sanierungsrate sowie der Umstieg auf regenerative Energien
muss auch und gerade mit den Akteuren vor Ort umgesetzt werden. Um die Sanierungsrate nennenswert zu erhöhen, müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen oder ausgebaut
werden. Wichtige Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang:
¯ Die Anforderung an Gebäudehülle und Wärmeversorgungstechnik (Primärenergiebedarf) wird
durch die Energieeinsparverordnung [EnEV 2009] geregelt. Die Energieeinsparverordnung ist
die nationale Umsetzung der Europäischen Effizienzrichtlinie für Gebäude [EU 2002/91/EG], sie
soll noch in 2013 novelliert verabschiedet werden.
¯ Ein Anteil regenerativer Energie für Beheizung und Warmwasser wird für Neubauten im Erneuerbare-Energien-und-Wärmegesetz des Bundes [EEWärmeG-2009], für Bestandsbauten im
Landesgesetz Baden-Württemberg [EWärmeG-BW2007] geregelt.
¯ Der Bund fördert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW u.a. den Neubau sowie die Sanierung auf wärmetechnischen Niveaus, die teilweise weit über die gesetzlichen Anforderungen
hinausgehen.
Kommunen haben in der Regel keine Möglichkeit, mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen
einzufordern. Ob Belange des Klimaschutzes – welche im Baugesetzbuch durchaus formuliert sind
– in Satzungen umgesetzt werden können, ist nach wie vor strittig. Von Vorteil ist, wenn Maßnahmen mit Hilfe des Privatrechts (Vertragsrecht nach BGB) durchgesetzt werden können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich Grundstücke oder Liegenschaften in städtischer Hand befinden.
Daher gilt, dass Kommunen nur bei eigenen Liegenschaften einen direkten Durchgriff auf die
Handlungsoptionen haben. Ein indirekter Einfluss ist im Bereich der Wohnungswirtschaft zu verzeichnen. Nur mittelbaren Einfluss haben Kommunen auf Gewerbe und private Eigentümer (Gebäude im Streubesitz).
Siehe http://www.bmu.de/themen/klima-energie/energiewende/beschluesse-und-massnahmen/energiekonzept2050-meilensteine-langfristiger-entwicklungspfad-fuer-ambitionierte-klimaschutzziele-energieeffizienz-underneuerbare/ (6. Aug. 2013)
2
Pforzheim-Weststadt
35
3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim
Masterplan
Die Stadt Pforzheim hat im Jahr 2010 einen strategischen
Stadtentwicklungsprozess über alle Bereiche und Belange
des Zusammenlebens in einer Großstadt hinweg in Gang
gesetzt (http://www.pforzheim.de/leben-in-pforzheim/masterplan.html). In Leitsatz 8 ist der Klimaschutz als Entwicklungsziel 2025 mit höchster Handlungspriorität (A) genannt:
"Pforzheim ist Vorreiter beim Klimaschutz und im Umgang
mit den natürlichen Ressourcen“.
Folgende Maßnahmen wurden zur Umsetzung genannt:
¯ "Klimaneutrale Stadt" als verbindliches Ziel
¯ Prüfung Windkraft Büchenbronner Höhe
¯ Landesgartenschau unter dem Motto "Stadt im Klimawandel"
¯ Förderung der Bedeutung des Fahrrads in Pforzheim
¯ Ausbau der Solarkampagne in Pforzheim
¯ Kommunales Beschaffungswesen weiterhin auf Klimawirksamkeit überprüfen
¯ Öffentlichkeitsarbeit für Klimaschutz verstetigen
¯ Erhaltung der Frischluftzufuhr/Kaltluftschneise
¯ Stadtklima durch Begrünung und Luftzufuhr verbessern
¯ Fernwärme ausbauen
¯ Regenerative Energien in Bebauungsplänen verbindlich festsetzen
¯ Auflage von energetischen Sanierungsprogrammen im Gebäudebestand
¯ Energetische Bausanierung öffentlicher Gebäude.
Konvent der Bürgermeister
Pforzheim ist nach dem Beschluss des Gemeinderats vom
22.7.2008 dem "Konvent der Bürgermeister" beigetreten
und gehört mit Heidelberg und Freiburg zu den drei ersten
baden-württembergischen Städten, die sich verpflichtet
haben, die verbindlichen Reduktionsziele der EU noch zu
unterbieten. Beim Konvent der BM handelt es sich um einen
Zusammenschluss europäischer Städte, die sich zu besonderen Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel
verpflichtet haben.
Die Ziele im Einzelnen:
¯ Die Ziele für 2020 der EU bzgl. der CO2 Reduktion sollen um mind. 20% unterschritten werden.
¯ Am 19.4.2011 wurde ein Aktionsplan vorgelegt [KEA BM 2011].
¯ Mindestens alle zwei Jahre nach Veröffentlichung des Aktionsplans soll ein Umsetzungsbericht
zwecks Bewertung, Überwachung und Überprüfung vorgelegt werden.
¯ Es sollen Energietage oder Städte-Konvent-Tage in Zusammenarbeit mit der europäischen
Kommission und anderen Interessensvertretern organisiert werden.
¯ Teilnahme an der jährlichen EU-Konferenz der Bürgermeister für eine nachhaltige Energienutzung in Europa.
36
Pforzheim-Weststadt
Klimaschutzkonzept
Im Dezember 2011 wurde durch die KEA ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim erstellt [KEA 2011]. Da
Pforzheim schon in der Vergangenheit umfangreiche Aktivitäten in Sachen Klimaschutz entwickelt hat, war von 1990 –
2010 bereits ein Rückgang der CO2 -Emissionen um 20 %
zu verzeichnen, v.a. durch die Verdrängung von Kohle
durch Biomasse und Ersatzbrennstoffe im Heizkraftwerk
(Inbetriebnahme des Biomasse-Blocks in 2005).
Mit dem Klimaschutzkonzept verfolgt die Stadt Pforzheim folgende Teilziele:
¯ Erstellen einer fortschreibbaren Energie- und CO2 -Bilanz
¯ Kommunikation mit den maßgeblichen Akteursgruppen
¯ Ausarbeitung des Aktionsplans ("SEAP“) für den Konvent der Bürgermeister
¯ Erarbeitung einer langfristigen Klimaschutzstrategie
¯ Ausarbeiten eines Maßnahmenkataloges
¯ Festlegung von Prioritäten für Maßnahmen.
Im Klimaschutzkonzept wurde auch eine Reihe von Maßnahmen hoher Priorität zur Umsetzung
genannt sowie mit dem Masterplanprozess und den Zielen des Konvents der Bürgermeister verzahnt. Das hier erarbeitete und mit diesem Bericht dargestellte Integrierte Quartierskonzept leitet
sich als eine der Maßnahmen direkt aus dem Klimaschutzkonzept ab.
3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung
Grundsätzliche Überlegungen zur Erschließung von Effizienzpotenzialen sowie die Einflussmöglichkeiten der Stadt Pforzheim finden sich im Anhang 0 sowie 9.6.
Wohnen
Im Bereich der Wohnbebauung wurden – ausgehend von den berechneten Kennwerten im ISTZustand der Gebäude – verschiedene energetische Sanierungsniveaus untersucht. Dabei wurde
folgendermaßen vorgegangen: Die Maßnahmen im Bereich Fenster, Fassade, Dach usw. wurden
für jedes einzelne Gebäude bestimmt, ohne jedoch die Tiefe und Qualität eines individuellen Gebäudekonzepts erreichen zu können. Die Energiekennwerte der Gebäude ergeben sich im historischen, im IST-Zustand sowie im SAN-Zustand aus typologischen Musterberechnungen (s.a. Kap.
2.9). Augenscheinlich bereits sanierte Bauteile wurden keiner weiteren Maßnahme unterzogen.
Bei denkmalgeschützten Fassaden und Schmuckfassaden wurden keine Maßnahmen getroffen;
wenn möglich wurde die rückwärtige Fassade gedämmt ("Teilsanierung"). Bei Schmuckfassaden
wurden Maßnahmen wie Innendämmung angenommen. Die Anwendbarkeit solcher Maßnahmen
ist jedoch eine Planungsaufgabe für das betreffende Gebäude.
Folgende Sanierungsniveaus wurden angenommen (s.a. Kap. 2.9):
EnEV 2009
Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung
KfW Effizienzhaus 115
Förderniveau der KfW im Bereich Sanierung
KfW Effizienzhaus 100
Förderniveau Sanierung auf EnEV Neubauniveau
EnerPHit
Sanierung mit Passivhauskomponenten
Eine Auswahl der Untersuchungen ist in den Abbildungen Abb. 35 bis Abb. 37 dargestellt. Für die
in den Karten gezeigten Gebäude wurden Sanierungsmaßnahmen oder TeilSanierungsmaßnamen angenommen. Alle nicht genannten Gebäude verbleiben im IST – Zustand,
da die Sanierungsmaßnahmen augenscheinlich unwirtschaftlich sind (Ersatz von neuen oder fast
neuen Bauteilen).
Pforzheim-Weststadt
37
Abb. 35 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnEV 2009.
An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.
Abb. 36 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im ISTZustand.
38
Pforzheim-Weststadt
Abb. 37 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit. An
den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand.
Sektor Wohnbebauung
Summe
Anzahl betrachtete Wohngebäude gesamt
Anzahl sanierter Gebäude
Anzahl teilsanierter Gebäude
Nettogrundfläche = Energiebezugsfläche der betrachteten Gebäude
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung im IST-Zustand
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler
und schützenswerten Gebäude nach EnEV2009
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung nach KfW EffH 115
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung nach KfW EffH 100 (Neubaustandard)
Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler
und schützenswerten Gebäude nach EnerPHit
110
61
15
89.449
m²
11.439
MWh
Tab. 4
Differenz
zu IST =
Einsparung
9.331
2.107
MWh
8.906
2.533
MWh
8.432
3.007
MWh
7.038
4.401
MWh
Summen und Potentiale Energieeinsparung des untersuchten Quartiers (Wohnbebauung). Quelle ebök.
Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)
Für diesen Sektor können die Sparpotenziale nur eingeschränkt dargestellt werden, da erstens
nicht alle Gewerbegebäude erfasst wurden und zweitens bei den erhobenen Gebäuden nur sehr
individuelle Lösungen gefunden werden können. Hierbei ist nicht nur der Sektor Heizung / Warmwasser, sondern vor allem auch der Sektor betriebliche Prozesse zu betrachten. Auch sind die
39
Pforzheim-Weststadt
Firmen Bader und Rösch in ihren Möglichkeiten bereits sehr weit gegangen und können für andere
Betriebe als Vorbild dienen.
Öffentliche Gebäude
Im Gebiet ist neben einigen kleineren kirchlichen Gebäuden nur die Feuerwehr als öffentliches
Gebäude bekannt. Der IST-Wert der Feuerwehr liegt bei ca. 146 kWh/(m²a) (s. Kap 2.11), das
Potenzial bei einem Zielwert von 85 kWh(m²a). Das entspricht einem Benchmarkwerk in Anlehnung
an die Anforderungen des Effizienzhaus 85 (15% günstiger als EnEV 2009). Die Einsparung entspricht damit rund 20 MWh/a.
3.4 Effizienz der Energieversorgung
Ausgangssituation
Wärmeversorgung
Heizung
WarmW.
Fernwärme
Fernwärme
Gas zentral
Gas zentral
Heizöl zentral Heizöl zentral
Gas zentral
Heizöl zentral
Elektro-Boiler
in den Bädern
Gas Einzelöfen
Heizöl Einzelöfen
Kohleöfen
Elektr. Speicherheizung
Stückholzöfen
(Ergänzung)
Gas- oder
ElektroDurchlaufErhitzer oder
Elektro-Boiler
in den Bädern
Heizung
Kommentar
WarmW.
Fernwärme
Fernwärme
Wärmepumpe
Wärmepumpe
Holzpellets /
Holzhack
Holzpellets /
Holzhack
Fernwärme
Wärmepumpe
Holzpellets/
Holzhack
Fernwärme
Wärmepumpe
Holzpellets/
Holzhack
Kein
Fernwärme
Wärmepumpe
Holzpellets/
Holzhack
Kein Wechsel
In der Regel gut möglich,
wenn FW angeboten wird
Bedingt möglich. Voraussetzung: Erdbohrung möglich
oder günstigere Energiequelle (Abwasser, Grundwasser).
Fußbodenheizung sinnvoll.
WW-Bereitung eher ineffizient. Luft-Wasser-WP nicht
sinnvoll
In der Regel gut möglich.
Lager muss vorhanden oder
machbar sein. Problem:
Feinstaub.
Umstieg auf zentrale WWBereitung i.d.R. mit hohen
Kosten verbunden. Nur möglich bei Kernsanierung.
Sonst. Einschränkungen s.o.
Hohe Kosten für Wärmeverteilung. Umstieg auf zentrale
WW-Bereitung in der Regel
mit hohen Kosten verbunden. Nur möglich bei Kernsanierung. Sonstige Einschränkungen siehe oben.
Kein Wechsel möglich
Alle zentralen
Warmwasserversorgungen
Tab. 5
Möglicher Wechsel zu
Solar zusätzlich
Wärmeversorgung, Ausgangssituation, Wechselmöglichkeit.
Kombination mit FW nicht
sinnvoll. Sonst gut möglich.
Reine Zusatz-Investition.
Umfasst Solarkollektoren,
Regelung, Leitung sowie
solartauglicher Speicher.
40
Pforzheim-Weststadt
Die Effizienz der Wärmeversorgung bezieht sich einerseits auf die Anlagentechnik selbst, andererseits auf die Wahl der Energieträger, bei der ein hoher Regenerativanteil wünschenswert ist. Heizkessel haben in der Regel eine Lebensdauer von 15-25 Jahren, weshalb die Erneuerung im Zuge
der notwendigen Sanierungszyklen im Vergleich zu Maßnahmen wie Fenstertausch, Außenwanderneuerung etc. verhältnismäßig schnell erfolgt. Alte Anlagen werden in der Regel durch effiziente,
moderne ersetzt. Eine Ausnahme stellen hier elektrische Speicherheizungen dar, die längere
Standzeiten besitzen. Die EnEV 2009 [EnEV 2009] schreibt einen Austausch dieser Beheizungsart
vor; in der Novellierung der EnEV 2014 ist diese Vorschrift jedoch nicht mehr enthalten [EnEV
2014]. Ohne Kenntnis der genauen Versorgungsstruktur kann kein exaktes Potenzial zur Effizienzsteigerung der Wärmeversorgung ausgewiesen werden. Es gibt jedoch grundsätzliche Überlegungen, welche vorhandenen Wärmeversorgungssysteme eine Effizienzsteigerung erleichtern oder
erschweren (Tab. 5).
Kennzeichnend für die Effizienz eines Wärmeversorgungssystems ist die (primärenergiebezogene)
Aufwandszahl der Anlage ep. In sie gehen neben den Verlusten für Erzeugung, Speicherung und
Verteilung auch die Erzeugungs-, Speicherungs- und Verteilungsverluste des Energieträgers ein.
Aufwandszahlen können nach DIN 47101-10 berechnet werden. Tab. 6 gibt eine Übersicht über
übliche Aufwandszahlen für typische Systeme, wie sie in Gebäuden der Weststadt vorkommen3.
Aus der Musterberechnung ist klar ersichtlich, dass der Primärenergieaufwand bei elektrischen
Speicherheizungen mit Abstand am höchsten ist. Dies liegt zum einen am hohen Primärenergiefaktor des Energieträgers Strom, andererseits auch an der ineffizienten Anlage. Am günstigsten in
Bezug auf CO2-Ausstoß und nichtregenerativen Primärenergieeinsatz schneiden Holzheizungen
ab. Im Vergleich der Anlagen kann erwartet werden, dass der Primärenergieaufwand für Fernwärmeanschlüsse incl. Anlagentechnik nur wenig ungünstiger ist als bei Holzheizungen. Da die Verbrennung fester Brennstoffe – in diesem Falle Holzpellets – lokale Emissionen, allen voran Staubemissionen der Schadstoffklasse PM10 mit sich bringt, ist der Fernwärmeanschluss einer Holzheizung vorzuziehen.
ep
fp
CO2
PM10
Niedertemperatur (NT)
Anlage Kessel
Primärenergie1,40
Anlagenaufwandszahl
Gas-BWKessel Solar unterstützt
Elektrische
Speicherheizung und HolzDurchlaufPelleterhitzer
kessel
Fernwärme
SWP
1,02
2,52
0,40
0,52
Energieträger
Erdgas H
Erdgas H
Strom Mix
Holzpellets
Fernwärme
SWP
1,1
1,1
2,6
0,2
0,44
0,25
0,25
0,68
0,05
k.A.
0
0
k.A.
0,0792
k.A.
Primärenergiefaktor des
Energieträgers
CO2
Äquivalente
[kg/kWh]
Staub
[g/kWh]
Tab. 6 Anlagenaufwandszahlen und Kennwerte Primärenergiefaktor, CO2-Äquivalentwerte, sowie Staub (Klasse
PM10) der zugehörigen Energieträger und Prozesse. Quelle DIN 4710-10, Gemis 4.14, PHPP 2007, eigene Recherchen.
Die Anlagenaufwandszahl ep wurde anhand eines typischen Mustergebäudes (unsaniertes Mehrfamilienhaus) in der
Weststadt auf Basis von 4701-10 Diagrammverfahren berechnet. Sie ist anlagen- und gebäudeabhängig (s.a. Kap. 0).
3
Großes Mehrfamilienhaus, ungedämmt
Pforzheim-Weststadt
41
3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen
Die gängigste Methode zur Beurteilung der Kosten einer Sanierungsmaßnahme ist die Annuitätenmethode nach VDI 2067. Deren Grundlage ist die Kapitalwertmethode. Der Kapitalwert ist die
Summe aller Kosten (welche über den Betrachtungszeitraum anfallen) aus den Bereichen:
¯ kapitalgebundene Kosten (Investitionen),
¯ verbrauchs- oder bedarfsgebundene Kosten (Energiebedarf),
¯ betriebsgebundene Kosten (Wartung und Unterhalt).
Da Wirtschaftlichkeit als das Verhältnis von Ertrag (Rückzahlung) zu Aufwand (Kosten) definiert ist
(dessen Quotient über alle Formen und Zeitpunkte des Geldflusses summiert größer als 1 sein
sollte), ergebt sich eine grundsätzlich von vielen Randbedingungen abhängige Größe. U.a. haben
folgende Größen auf die Wirtschaftlichkeit und deren Bewertung Einfluss:
¯ Preis der Maßnahme; Durchführbarkeit der Maßnahme; technische, rechtliche oder planerische
Hemmnisse
¯ lokale Preise, Anbieterstruktur, Anbieterauslastung usw.
¯ lokale Energiepreise und zukünftige Energiepreissteigerung
¯ Kapitalzins und Möglichkeit der Geldbeschaffung
¯ Eigentümer und Eigentümerstruktur des Gebäudes, Nutzer des Gebäudes
¯ Zweck des Gebäudes, Nutzung des Gebäudes
¯ selbstgenutztes, vermietetes Gebäude
¯ Beurteilung von Prioritäten
Bereits aus der Komplexität der Einflussgrößen ist klar, dass die qualifizierte Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Sanierungsmaßnahme Thema einer Feinkonzeption oder Vorplanung, nicht
jedoch eines städtebaulichen Konzepts sein muss.
Darüber hinaus steht der Aufwand für „Sowieso-Maßnahmen“ und Aufwendungen, welche nicht im
direkten Zusammenhang mit dem Energieverbrauch stehen (z.B. Brandschutzmaßnahmen, Umbau
und Verschönerung) nicht dem Nutzen zur Minderung des Energieverbrauchs gegenüber. Den
Nutzen "Energieeinsparung“ auf den Aufwand "Vollkosten“ zu beziehen, würde folglich unsinnige
Aussagen ergeben. Konkret bedeutet dies, dass bei der Erneuerung z.B. einer Außenwand mit
Wärmedämmverbundsystem folgende Arbeiten anfallen:
¯ Vorbereitung der Wand (oder des alten Putzes),
¯ Liefern und Anbringung einer Dämmung,
¯ Neuverputz (Unter- und Oberputz),
¯ Nebenarbeiten wie Anschüsse an Fenster, Dachtraufe etc.
¯ Nebenkosten für Gerüst etc.
Nur das Liefern und Anbringen der Dämmschichten sind energiebedingte Kosten; alle anderen
Kosten sind den "Sowieso-Kosten“ zuzurechnen. Bei einem so definierten Mehrkostenansatz stellt
sich jedoch naturgemäß die Frage nach der Bewertungsbasis. Eine Möglichkeit ist, die Mindestanforderungen der EnEV heranzuziehen. Die energiesparbedingten Mehrkosten ergeben sich dann
aus den zusätzlichen Kosten, die z.B. über eine größere als die Mindestdämmstoffdicke hinausgehen. Bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sind so berechnete Mehrkosten als Differenz der
Energieeinsparungen zwischen einer Sanierung nach EnEV und der gewählten höherwertigen
Sanierung gegenüberzustellen. Einfacher und praktikabler ist es jedoch, die Dämmstoffe und deren
Einbringung sowie die Kosten verbesserter Fenster als energiebedingte Mehrkosten einer Maßnahme heranzuziehen.
Auf Basis vieler in den letzten Jahren durchgeführter Konzepte und Planungen können damit folgende verallgemeinerte Aussagen getroffen werden:
¯ Nur sehr wenige Maßnahmen sind aus der Energieeinsparung voll finanzierbar, d.h. wirtschaftlich. Das bedeutet, dass eine Maßnahme in der Regel nicht alleine aufgrund der Energieeinspa-
42
Pforzheim-Weststadt
rung angegangen werden kann. Der richtige Zeitpunkt für eine energetische Sanierung von
Dach, Außenwand, Fenster, Heizungsanlage ist, wenn Bauteilersatz wenigstens teilweise notwendig wird oder wenn aus anderen Gründen Ertüchtigungen anstehen (z.B. Brandschutzauflagen).
¯ Wird eine Maßnahme durchgeführt, so sollten sich Dämmmaßnahmen an der Grenze des
technisch und rechtlich Durchführbaren orientieren. Der Mehraufwand hierfür liegt hier in der
Regel unter dem Ertrag, wenn Energiepreissteigerungen der letzten zehn Jahre auch für zukünftige Preissteigerungen angenommen werden. Unter dem oben diskutieren Mehrkostenansatz sind auch ambitionierte Dämmstandards in der Regel wirtschaftlich.
¯ Im Bereich der Fenster ist der Mehrpreis von Dreischeibenverglasung i.d.R. wirtschaftlich darstellbar.
¯ Im Bereich der Anlagentechnik ist der Einbau verbesserter Regel- und Überwachungstechnik
i.d.R. wirtschaftlich.
3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale
Die Weststadt wirkt durch ihre Dichte, die großen Straßenquerschnitte und hohen Gebäude an
vielen Stellen großstädtisch und urban. Augenfällig ist die starke Prägung des Stadtteils durch
Gebäude aus der Nachkriegszeit. Die Vielzahl der Nutzungen und Eigentümer sorgten für eine
städtische Vielfalt, allerdings macht die große Zahl der Eigentümer im Streubesitz auch koordiniertes Handeln schwierig. Dichte und Nutzungsmischung bieten vielfache Potenziale – in energetischer ebenso wie in städtebaulicher, sozialer und kultureller Hinsicht.
Wichtige Stärken der Weststadt sind:
¯ die urbane Lage mit dem besonderen Potenzial des innenstadtnahen Wohnens
¯ die gute ÖPNV-Anbindung
¯ das umfangreiche Angebot der Schulen und Kindergärten im Gebiet und angrenzend
¯ die Vielfalt der Kirchen und Glaubensrichtungen
¯ kulturelle Einrichtungen hoher Qualität, die über den Stadtteil hinaus strahlen, z.B. Kulturhaus
Osterfeld
¯ der Benckiserpark und die Lage an der Enz
¯ die interessante Stadtgeschichte mit der dafür typischen Architektur und vielseitigen Fassaden.
Deutliche Schwierigkeiten der Weststadt sind unter anderem:
¯ die hohe Verkehrsbelastung, die Dominanz des Verkehrs sowie viele Stellplätze im öffentlichen
Raum, auf Brachflächen und in Block-Innenbereichen
¯ die Trennwirkung der Straßen, kaum gestaltete Straßenräume mit geringen Aufenthaltsqualitäten
¯ die fehlende Nahversorgung im westlichen Teil
¯ der Rückgang der qualitätvollen Geschäfte und Gastronomie zu Gunsten von Billigangeboten
(Trading-Down-Effekt), zum Teil Leerstand
¯ wenige Spiel- und Bolzplätze
¯ der geringe Grünanteil im privaten und öffentlichen Raum
¯ der Mangel an attraktiven Wohnangeboten auch für neue Interessenten
¯ die fehlenden Verflechtungen mit dem Zentrum und den umgebenden Stadtteilen
¯ das kaum erkennbare bzw. eher negative Image, die geringe Identifikation mit dem Stadtteil,
das Fehlen bürgerschaftlich organisierter Strukturen (bei jedoch oft guten Nachbarschaften),
die hohe Fluktuation, die die Weststadt teils als Durchgangsstation erscheinen lässt.
Diese Probleme und Potenziale waren unter anderem die Grundlage für die im Rahmenplan Weststadt 2011 entwickelten Szenarien und Leitmotive.
Pforzheim-Weststadt
43
Große Entwicklungspotenziale: Bahnareal und Messplatz
In der Weststadt befinden sich zwei große Freiflächen: der Messplatz im Süden und das ehemalige
Bahngelände im Norden des Gebiets. Beide Flächen bergen Möglichkeiten, den Wohn- und Arbeitsstandort Weststadt nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Messplatz wird bislang über das Jahr
hauptsächlich als Parkierungsfläche genutzt und einmal pro Jahr für die "Pforzemer Mess", das
überregional bekannte und beliebte Stadtfest. Darüber hinaus gibt es noch weitere Veranstaltungen wie den Automarkt. Bislang gibt es für diese Veranstaltungen noch keine alternative Fläche.
Das ehemalige Bahngelände ist über den Zwischeneigentümer aurelis Real Estate GmbH & Co.
KG auf einen Eigentümer in Ostdeutschland übergegangen, der wenig Bezug zum Pforzheimer
Geschehen hat und das Gelände vermutlich mittel- bis langfristig wieder veräußern wird. Somit
sind die Entwicklungsmöglichkeiten so lange unsicher, bis ein Investor bereit ist, das Gelände zu
entwickeln oder entwickeln zu lassen. Die Stadt sollte jedoch die sich bietenden Entwicklungschancen aktiv wahrnehmen und zumindest im Rahmen ihrer Planungshoheit steuern.
Zukunftsoptionen am Messplatz wird nicht weiter verfolgt
Der Messplatz ist im Eigentum der Stadt Pforzheim. Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit ihrer attraktiven Lage an der Enz und der zentralen Lage in der
Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus. Eine Bebauung des Messplatzes und damit eine
neue Nutzung würde der gesamten Weststadt zugute kommen, siehe auch Kapitel 6.7 und 6.8.
Heutige Defizite und Mängel des Untersuchungsgebietes und der Weststadt insgesamt könnten
durch eine neue Nutzung deutlich verringert oder ganz behoben werden. Eine Reihe von Potenzialen schlummern in der Entwicklung der Fläche:
¯
¯
¯
¯
¯
Hochwertiges Wohnen, Entwicklung differenzierter, auch neuer Wohnformen
Weiterentwicklung von Einzelhandel, neue Gewerbe-Nutzungen
Verknüpfungen der bislang getrennten Wohngebiete nördlich und südlich der Enz
Inwertsetzung der Enzauen als Wohnstandort und Naherholungsfläche
Mobilität: Qualitätsverbesserung der Nahmobilität (Radfahren, zu Fuß Gehen) und modellhafte
Verwirklichung neuer, zukunftsgerichteter Mobilitätsangebote (wie Carsharing, Elektro-Mobilität)
¯ Verbesserungen für das Stadtklima durch Minderung des Hitzestaus und Wärmeinsel-Effekts
(Entsiegelung, Grün im Wohnumfeld, Bäume, Dach- und Fassadenbegrünungen).
44
Pforzheim-Weststadt
4 Akteursbeteiligung
Für eine langfristig erfolgreiche Umsetzung des Integrierten Quartierskonzeptes ist die Einbindung
in übergeordnete gesamtstädtische Konzepte, die Verknüpfung mit parallel laufenden Projekten
und die frühzeitige und umfassende Beteiligung aller relevanten Akteure und Betroffenen schon zu
Beginn des Projektes von großer Wichtigkeit.
4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte
Das Integrierte Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung ist eine der Umsetzungsmaßnahmen des Klimaschutzkonzeptes
und orientiert sich an den Zielen des Masterplans Pforzheim, beispielsweise Ziel 7 aus dem
Handlungsfeld V "Stadtbild und Wohnen":
"Quartiere bauen und erhalten, in denen man
angenehm und gemeinsam lebt". Es baut auf
dem "Rahmenplan Weststadt" von 2011 auf
und wurde auch im Austausch mit dem Soziale
Stadt-Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Kaiser-Friedrich-Straße entwickelt.
4.2 Energieforum Pforzheim
Um die wichtigsten Akteure frühzeitig in den Planungsprozess zu integrieren, den Austausch unter
den Fachdisziplinen zu fördern und aktuelle Analyseergebnisse zu diskutieren, wurde schon zu
Projektbeginn ein "Energieplanungs-Workshop" eingerichtet, der dann alle zwei Monate zwischen
September 2012 und Juli 2013 stattfand. Um dessen Aufgaben auch im Namen besser zu beschreiben, wurde er zur zweiten Veranstaltung in "Energieforum Pforzheim" umbenannt. Der Name
soll über die Projektlaufzeit von 12 Monaten hinausweisen und den zunächst Weststadt-bezogenen
Fokus öffnen auf die Gesamtstadt Pforzheim. Die aufgebauten Netzwerke sollen auch nach Ende
der Projektlaufzeit fortgeführt werden.
Die Treffen fanden mit folgenden Themen statt:
¯ Energieplanungs-Workshop 1, 4. September 2012
Projekt-Vorstellung, Erwartungen der Teilnehmer an das Projekt
¯ Energieforum 2, 15. November 2012
Projektablauf, Organisation der Gremien, Inhalte
¯ Energieforum 3, 16. Januar 2013
Bildung, Stadtkultur, Soziales
¯ Energieforum 4, 14. März 2013
GHD: Gewerbe (auch gewerbliches Wohnen), Handel, Dienstleistung
¯ Energieforum 5, 8. Mai 2013
"Wohnen hört nicht an der Haustüre auf“
¯ Energieforum 6, 10. Juli 2013
Freiraum, öffentlicher Raum, Klima
Rückblick, Planungsschwerpunkte, Ausblick
Pforzheim-Weststadt
45
Abb. 38 Beteiligte Akteure bei der Erstellung des Integrierten Quartierskonzepts Quelle: Weeber+Partner
Zunächst wurde beim Energieplanungs-Workshop 1 das Projekt vorgestellt, und es wurden Erwartungen von Seiten der Teilnehmer gesammelt und diskutiert: die Stadtverwaltung, die ansässigen Firmen und die Wohnungsunternehmen. In den weiteren Energieforen wurde jeweils ein bestimmter Aspekt der energetischen Stadtsanierung vertieft dargestellt und diskutiert. Im Energieforum 2 wurde vorgestellt, wie das Integrierte Quartierskonzept an andere Gremien und Planungen
anknüpft und Vernetzungen aufgebaut werden. Wie wichtig die Integration und Einbeziehung von
Menschen aus anderen Kulturkreisen ist und welchen Stellenwert die (Umwelt-) Bildung und die
Stadtteilkultur (z.B. Projekte an Schulen) hat, wurde beim Energieforum 3 deutlich. Ein weiteres
Thema war im Energieforum 4 die Vorstellung von Förderprogrammen für Gewerbe und Wohnungsunternehmen bei Sanierungen und bei der Steigerung der Energieeffizienz. Außerdem zeigte
das Praxisbeispiel der Firma Bader zum Energiemanagement sehr eindrücklich, wie durch viele
kleine Maßnahmen Energie eingespart werden kann und wie die Mitarbeiter sensibilisiert und über
ihr Alltagsverhalten an das Thema herangeführt werden können. Auch über Sanierungen im gewerblichen Bereich und bei Wohnungsunternehmen konnte aus der Praxis berichtet werden. Über
Wohnqualitäten machten sich die Teilnehmer des Energieforums 5 Gedanken. Hierbei spielt insbesondere das Wohnungsklima und die Luftqualität in Innenräumen eine große Rolle. Fensterlüftung ist möglich, mechanische Lüftung sorgt jedoch für sichere Feuchteabfuhr, gute Luft und ist für
stark lärmbelastete Wohnlagen von großem Vorteil. Wohnqualität hat aber auch mit dem Wohnumfeld zu tun. Daher spielen Mobilität, lebenswerte Freiräume, die Nutzungsvielfalt im Quartier und
auch das Älterwerden für die Menschen eine gewichtige Rolle. Beim letzten Energieforum 6 wurden die Analyseergebnisse vorgestellt – sowohl aus energetischer als auch städtebaulicher Sicht –
und Handlungsmöglichkeiten beschrieben und durch die Teilnehmer diskutiert.
4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren
Mit den wichtigsten Akteuren gab es Einzelgespräche, so mit den beiden großen im Untersuchungsgebiet ansässigen Firmen Versandhaus BRUNO BADER GmbH+Co. KG und Autohaus
Rösch GmbH+Co. KG. Außerdem fanden mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH und
mit den Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim Gespräche statt. Zu den eigentlich wichtigen Bezirks-Schornsteinfegern vor Ort wurde ebenfalls Kontakt aufgebaut. Leider war es nicht möglich, diese zur Mitarbeit zu bewegen.
46
Pforzheim-Weststadt
Ziel dieser individuellen Gesprächsrunden war es, informell und direkt Kontakt zu den Akteuren zu
pflegen. Hierdurch sollte einerseits eine direkte Mitwirkung am Konzept, z.B. durch die Abfrage von
Verbrauchsdaten oder den Abgleich der konzeptionellen Ansätze im Versorgungsbereich, erreicht
werden. Andererseits konnte direkt und individuell auf Fragen oder Probleme eingegangen werden,
z.B. im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen. Konzepte zu konkreten Maßnahmen an
Gebäuden oder zur Energieversorgung gehen jedoch über die städtebauliche Betrachtungsebene
hinaus und sollten in individuellen Gebäude-Feinkonzepten behandelt werden.
¯ Mit der BRUNO BADER GmbH + Co. KG wurden die bereits getätigten Maßnahmen des
Energiemanagements erörtert und mögliche weitere Maßnahmen besprochen. Einsparpotenziale sind vor allem im Bereich der Gebäudehülle der älteren Verwaltungsbauten sowie im Bereich der Prozesse (Licht, Druckluft, Maschinen) identifizierbar. Das Energiemanagement der
Bruno Bader GmbH kümmert sich darüber hinaus auch um Nutzerschulung und Beschaffungsmanagement.
¯ Das Autohaus Rösch GmbH + Co. KG stellte die sehr unterschiedlichen Gebäude auf dem
Firmengelände vor. Teilweise stammen die Gebäude noch aus der Gründungszeit des Unternehmens. Die Nutzung ist sehr heterogen (Verkauf, Werkstadt, Lager, Büros). Viele Maßnahmen wurden bereits durchgeführt oder sind in absehbarer Zeit nur schwer zu realisieren (z.B.
energiesparende Beleuchtung für Show-Verkaufsräume). Die Rösch GmbH erzeugt am Standort bereits mit verschiedenen, auch fassadenintegrierten Anlagen photovoltaisch Strom.
¯ Mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH wurden die Möglichkeiten zum Ausbau
der Fernwärme besprochen. Im Fokus stand vor allem der Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße.
Dem Ausbau stehen hier allerdings technische Grenzen des Leitungsbaus entgegen. Außerdem wurden mit den Stadtwerken bei diesem Termin die Vorrangstrategie des Fernwärmeausbaus vor Gasnetz in der Weststadt und die Konsequenzen für das Quartierskonzept deutlich.
Näheres hierzu im Kapitel 6.2.
¯ Im Bereich der Wohnungsunternehmen wurde auf eine musterhafte Behandlung eines Gebäudes verzichtet, da die umgesetzten Projekte in Pforzheim und dem Quartier bereits ein hohes
Niveau erreicht haben. Stattdessen kristallisierte sich im Projektlauf ein mögliches Projekt zur
gemeinsamen Wärmeversorgung der Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger
eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim im Bereich Kaiser-Friedrich-Straße/Hans-SachsStraße/Steubenstraße heraus. Bei einem Termin wurden die Möglichkeiten und die erforderlichen Randbedingungen ausgelotet, bei beiden besteht Interesse, eine gemeinsame Kraft/Wärmezentrale mit Blockheizkraftwerk zu realisieren.
4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm
Um auch die Nutzer der Wohnungen – die Mieter und selbst nutzenden Eigentümer – für die Themen Klimaschutz und Energieeffizienz zu sensibilisieren und ihnen wichtige Informationen zum
Energiesparen an die Hand zu geben, wurde ein Film gedreht mit dem Titel „Energiesparen im
Haushalt: Wie mache ich es richtig?“. Ziel dabei war vor allem, Bevölkerungsgruppen anzusprechen, die sich mit Informationsbroschüren und ähnlichen Druckerzeugnissen schwerer tun, insbesondere auch mit der deutschen Sprache. Das Endprodukt – eine DVD und ein aus dem Internet
frei herunterladbarer Film – soll diese Zielgruppen leichter erreichen und die Aussagen mit Hilfe der
Synchronisation auf englisch, türkisch und arabisch gut verständlich machen. Der Film wurde im
Untersuchungsgebiet in der Kaiser-Friedrich-Straße gedreht, sodass eine Wiedererkennung und
Identifikation möglich ist, ohne die Wohnung und das Haus direkt ablesbar zu machen. Verteilt wird
der Film an Neubürger und im Baby-Startpaket der Stadt Pforzheim, beim Energietag am
19.10.2013 und über verschiedene Stellen wie das Büro des Quartiersmanagements, Jugendeinrichtungen, Schulen usw.
Pforzheim-Weststadt
47
Abb. 39 Dreharbeiten zum Energiesparfilm: Filmemacher Herr Wingert mit Darsteller Quelle: Weeber+Partner
Der Film beschreibt alltägliche Situationen im Haushalt, bei denen durch einfaches umweltbewusstes Handeln erkennbar Energie gespart werden kann – so beispielsweise beim Stoßlüften über
wenige Minuten anstatt dauerhaft gekippter Fenster, beim Ausschalten des Standby an Elektrogeräten oder bei der Einstellung der Heizungsthermostate auf mittlere Werte von drei bis vier. Am
Ende des Films wird auf weitere Informationsmöglichkeiten beim Energieberatungszentrum Pforzheim (EBZ) verwiesen. Idee und Konzept kamen von Weeber+Partner und ebök, die Dreharbeiten
und Schnitt erfolgten durch den Filmemacher Peter Wingert, Rottenburg mit Unterstützung durch
Weeber+Partner und ebök.
4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013
Der Informationstag zielte auf ein breites Publikum mit dem Schwerpunkt Weststadt und war auch
offen für alle Interessierten in Pforzheim. Wichtig war es, neben den bislang angesprochenen Akteuren aus Verwaltung, Wohnungsunternehmen und Energieversorgung, auch die Eigenheimbesitzer und Nutzer der Wohnungen in das Sanierungskonzept einzubinden. Sie sollten für Energiesparen, Klimaschutz und Energieeffizienz sensibilisiert und über das Sanierungskonzept und ihre ganz
persönlichen Handlungsmöglichkeiten informiert werden. Für die Veranstaltung ging die Stadt eine
Kooperation mit der Fritz-Erler-Schule ein, um einerseits die oben genannten Themen auch in der
Schule darzustellen und andererseits die Eltern als Wohnungseigentümer und Mieter zu erreichen.
Es gab Kurzvorträge zu erfolgreichen Sanierungsprojekten, Finanzierungsmöglichkeiten und Eigenstromnutzung, außerdem viele Infostände der Stadt, der Stadtwerke und der Schule, teilweise
kombiniert mit Mitmachaktionen, Ausstellungen und Rundgängen.
Abb. 40 links: Presseresonanz zum Energietag Quelle: Pforzheimer Zeitung vom 21.10.2013
rechts: Flyer, Ausschnitt Titelseite Quelle: Stadt Pforzheim
48
Pforzheim-Weststadt
5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan
Aus der umfangreichen Bestandsanalyse in Kapitel 3 – sowohl der Energie- als auch der städtebaulichen Analysen – und dem Vergleich mit den Entwicklungspotenzialen und –zielen in Kapitel 4
wurde das Integrierte Quartierskonzept mit Handlungsfeldern entwickelt.
Die folgenden zwei Abbildungen beschreiben die wichtigsten Handlungsfelder, so weit sie sich auf
Karten "verorten", also einzeichnen lassen. Eine ausführliche Beschreibung aller Handlungsfelder
erfolgt in den Kapiteln 6.1 bis 6.11 Hier werden auch "weiche" Handlungsfelder beschrieben, die
die gleiche Wichtigkeit haben können wie die hier bereits genannten, sich aber nicht auf den Karten
darstellen lassen. Auch wenn die Handlungsfelder "Energie" und "Städtebau" gemeinsam entwickelt wurden, sind sie getrennt dargestellt, um die Lesbarkeit der vielen Aussagen sicherzustellen.
Handlungsfelder "Energie"
Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"
In Abb. 41 werden die Handlungsfelder des integrierten Handlungskonzepts im Bereich der Energienutzung und Energieeffizienz verortet zusammengefasst. Schwerpunkte im Bereich Gebäudehülle Wohnbau sind als rote Punkte markiert. Der blaue Bereich markiert den städtebaulichen Ausbaubereich Fernwärme. Hier wären im Prinzip auch die lila und grün markierten Bereiche zu nennen. Ein Ausbau der Fernwärme ist in diesen Bereichen jedoch absehbar nicht realistisch. Daher
sind diese Bereiche als Ausbaubereich Nahwärme (lila) und effiziente Einzelversorgung (grün)
markiert. Der Messplatz wäre im Bereich des zukünftigen Fernwärmeausbaus (außerhalb des
Untersuchungsgebiets) zu sehen.
Pforzheim-Weststadt
49
Handlungsfelder "Städtebau"
wird nicht weiter verfolgt
Abb. 42 Handlungsfelder "Städtebau" Quelle: Weeber+Partner
Aus den Defiziten in den Freiraumqualitäten, den fehlenden Fußwege- und Radfahrverbindungen,
dem Mangel an räumlichen Nord-Süd-Verknüpfungen, im Stadtklima und aus den Entwicklungspotenzialen des Messplatzes ergeben sich sechs Handlungsfelder. Ziel ist es, die Lebensqualität im
Untersuchungsgebiet durch ein attraktives Wohnumfeld und eine einfache Mobilität zu Fuß und mit
dem Fahrrad wesentlich zu verbessern:
1 Fußwege-Verbindungen und -Aufwertungen als attraktive Nord-Süd-Verknüpfungen. Eine davon, die Verbindung S-Bahnhaltestelle – Enzauen, mit gestalterischen und funktionalen
Schwerpunkten
2 Radweg-Verbindung Maihälden – Südweststadt mit Variante im Bereich der Querung der Habermehlstraße
3 Westliche Karl-Friedrich-Straße: Begrünung, Aufwertung, Fuß- und Radwege
4 Südliche Enzauen: Erhalt und Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums mit einzelnen, dezenten Öffnungen zum Wohnen und zum Straßenraum hin zur Anbindung der Fußwege, aber ohne Versiegelung der Oberflächen
5 Entwicklungskonzept Messplatz mit Bebauung, Freiräumen, Verknüpfungen, auch zur Verbesserung des Stadtklimas, insbesondere zur Verminderung von Hitzeinseln
6 Blockinnenbereiche: Entsiegelung, Begrünung, auch zur Verminderung von Hitzeinseln.
Leitmotive "Rahmenplanung Weststadt" von 2011
Der Schlussbericht des kooperativen Planungsverfahrens "Rahmenplanung Weststadt" von 2011
von Weeber+Partner beinhaltete bereits umfangreiche Themen- und Fach-übergreifende Leitmotive für die Weiterentwicklung des Stadtteils (vgl. Rahmenplanung Weststadt). An dieser Stelle soll
nochmals an die vier von fünf Leitmotiven erinnert werden, die sich gut mit den Handlungsfeldern
dieses Integrierten Quartierskonzeptes verknüpfen lassen:
50
Pforzheim-Weststadt
¯ Weststadt – Gesund und in Bewegung: Der Klimawandel hat nicht zuletzt gesundheitliche
Folgen, die bisher noch wenig im Fokus der Diskussion stehen. Energetische Stadtsanierung
kann daher auch zur Gesundheitsförderung beitragen. Wichtige Aspekte sind hierbei Entsiegelung, privates und öffentliches Grün, Aufenthaltsqualität, angenehme Wege, Bewegungsgelegenheiten, Förderung umweltverträglicher Nahmobilität. Dies unterstützt Bewegung und Gesundheit der Einzelnen ebenso wie ökologische Qualitäten des Stadtteils. Die zahlreichen Gesundheits-Dienstleister im Stadtteil können wichtige Kooperationspartner sein. Um Lebensqualität in unterschiedlichen Lebenslagen – für Kinder, Jugendliche, Familien ebenso wie für das
Leben im Alter – zu fördern, ist die Weiterentwicklung des öffentlichen Raums von besonderer
Bedeutung.
¯ Bildung und Kultur in der Weststadt: Die Bildungs- und Kultureinrichtungen mit ihrem vielfältigen und teils hochwertigen Angebot sind eine große Stärke der Weststadt. Sie erleichtern die
Alltagsorganisation und tragen wesentlich zur Lebensqualität bei. Sie können auch eigene
Energiesparkonzepte entwickeln, ein besseres Nutzerverhalten vermitteln und über Bildungs-,
Kultur- und Kunstprojekte das Thema "Energie in der Weststadt" in die Öffentlichkeit und in den
Stadtraum tragen.
¯ Architektur und Denkmal: Die Weststadt hat eine interessante Industriegeschichte (u.a. früheres "Millionenviertel", Uhren, Schmuck), von der trotz der schweren Kriegszerstörungen bis
heute zahlreiche Kulturdenkmäler zeugen. Diese – und der Erhalt des für den Stadtteil Typischen – stellen besondere Anforderungen im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung. Im Zusammenhang mit der im Rahmenplan vorgeschlagenen In-Wert-Setzung des historischen Bestands, auch in Form von Kommunikation und Partizipation (Stadtteilspaziergänge,
Geschichtsprojekte, Einbindung der lokalen Ökonomie), könnten auch in diesem Zusammenhang befriedigende und beispielhafte Sanierungsbeispiele entwickelt und vermittelt werden, die
zugleich dazu beitragen, die bisher unbefriedigende Identität des Stadtteils zu stärken.
¯ Wohnen und Arbeiten in der Weststadt: Die Weststadt bietet vielfältige Potenziale für urbanes Wohnen und Leben für unterschiedliche Bedürfnisse und Gruppen, für neue Nutzungen
und Nutzungskombinationen. Neue Angebote können durch Modernisierung, Sanierung, Umbau, aber auch im Zuge von Neubau geschaffen werden, beispielsweise könnte der Messplatz
zu einem Modellprojekt für städtisches Wohnen und Arbeiten mit hohen Energiestandards und
neuen Mobilitätsformen werden.
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Pforzheim-Weststadt
5.1 Gebäude und Gebäudehülle
Sektor Wohnen
 Maßnahme 1: Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen
 Maßnahme 2: Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technischwirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.
Die möglichen Maßnahmen sind stark abhängig vom Eigentümer des Gebäudes. Grundsätzlich
können folgende Verhältnisse auftreten:
a.
b.
c.
d.
e.
Wohnungsunternehmen mit – in der Regel – einem größeren Wohnungsbestand
Investoren und Einzeleigentümer von vermietetem Wohnraum (ein Besitzer des Gebäudes)
Selbstgenutzter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft
Vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft
Eigentümer selbstgenutzten Wohnraums (in der Regel Einfamilienhaus, Reihenhaus).
Förderung
Unterstützung d.d. Stadt
Ziel Substanzerhalt /
Verbesserung
Wohnungsunternehmen
Vermieter
Weniger
wichtig
Wichtig
Sehr
wichtig
Verbesserung
Wichtig
Wichtig
c, d
WEG
Sehr
wichtig
Wichtig
Ziel ist
Reparaturen
i.d.R. der
Erhalt
Erhalt
Reparaturen
e
Eigentümer,
selbstnutzend
Sehr
wichtig
Sehr
wichtig
Weniger
wichtig
Weniger
wichtig
Wichtig
a
b
Tab. 7
Verbesserung
Fenstertausch
Fenstertausch,
Deckendämmung, Dachdämmung
Gesamtsanierung
Beratung
Einzelmaßnahmen (typ.)
Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind in der Regel – vor allem aber in Pforzheim – informiert
und engagiert. Sie unterliegen einem wirtschaftlichen Druck, bezahlbaren und vermietbaren Wohnraum zu schaffen oder zu erhalten. Energieeinsparungen kommen jedoch zunächst dem Mieter
über geringere Nebenkosten zu Gute. Der investive Aufwand muss über Mieterhöhung / Kostenumverteilung sowie andere Maßnahmen refinanziert werden. In den Energieforen wurde von den
Unternehmen formuliert, dass sich nicht alle Maßnahmen – einzeln für sich betrachtet – rechnen
müssen, die Mischung der Maßnahmen muss aber wirtschaftlich sein.
Kernsanierung,
wohnungsweise bei Wohnungstausch
Nein
Nein
Bei Besitzerwechsel
zu erwartende Maßnahmen in Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur. Quelle ebök.
Empfehlenswert ist in jedem Fall, nicht die Minimalanforderungen anzusteuern, sondern die technisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen.
Fenster werden heute ausschließlich mit Wärmeschutzverglasung angeboten. Vielfach wird zweifach Wärmeschutzglas mit einem Durchgangswert von 1,1 – 1,3 W/(m²K) verbaut. Marktgängig,
nur wenig teurer und daher empfehlenswert sind jedoch Fenster mit Dreifachverglasung. Hier las-
52
Pforzheim-Weststadt
sen sich bei Glaswerten von 0,6 – 0,8 W/(m²K) Fensterwerte von ca. 1 W/(m²K) erreichen. Diese
Fenster bieten nicht nur Vorteile beim Wärmeschutz: Aufgrund der hohen Oberflächen-Innentemperaturen im Winter wirken sich diese Fenster positiv auf die thermische Behaglichkeit aus.
Die Dämmung der obersten Geschossdecke kann leicht durchgeführt werden, wenn der Dachraum unbeheizt bleibt, was in der Regel bei Mehrfamilienhäusern angetroffen wird. Ist das Dachgeschoss ausgebaut, so sind Dämmmaßnahmen häufig mit einer Dachsanierung verbunden.
Für Dachdämmungen bietet die Industrie eine Reihe von Aufdach-, Unterdach- oder Zwischensparrendämmsystemen an. Übliche Dämmstärken liegen bei 20 – 30 cm.
Für Außenwände existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Dämmsysteme, die je nach Einsatzzweck vorteilhaft sind. Bei Mehrfamilienhäusern sind aufgrund der Fassadenhöhen Auflagen des
Brandschutzes zu beachten. Heute übliche Dämmstärken bewegen sich im Bereich von 10-16 cm
Dämmstoff zur Erfüllung der EnEV. Technisch machbar, baurechtlich zugelassen und wirtschaftlich
sind jedoch auch höhere Dämmstärken von 20-25 cm und darüber.
Die Dämmung der untersten Geschossdecke, der Kellerdecke (oder auch der Kellerwände) stellt
in jedem Fall eine einfache Maßnahme dar, deren Ausführung jedoch stark von den örtlichen Gegebenheiten (Deckenhöhe, Leitungsführung usw.) abhängt.
Bei verbessertem Wärmeschutz der Gebäudeflächen sind zunehmend auch die Bauteilanschlüsse
zu beachten und gut gedämmt auszuführen. Ziel ist es, auch im Falle einer Sanierung Wärmebrücken zu vermeiden, die nicht nur zu Wärmeverlusten führen, sondern auch bauphysikalische
Schäden nach sich ziehen können. Typisches Beispiel ist der Umgang mit dem vorhandenen Balkon. Die Balkonplatte wurde bis in die 80er Jahre in der Regel durchbetoniert – eine im Falle der
Sanierung nicht zu akzeptierende Wärmebrücke. Es gibt nun die Möglichkeit, den Balkon (teilweise) zu umdämmen oder abzuschneiden und als eigenes Bauteil vorzustellen (Abb. 43)
Abb. 43 Balkonlandschaften in der Weststadt mit vorgestellten Balkonen Quelle: ebök
Aufgrund der wichtigen Bauteilanschlüsse ist es empfehlenswert, Maßnahmenpakete anstelle von
Einzelmaßnahmen durchzuführen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) fördert die Sanierung
von Gebäuden auf die Effizienzhausniveaus in besonderer Weise (Tab. 8). Aktuelle Förderbedingungen und –Konditionen sind im Internet veröffentlicht: www.kfw.de.
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Tab. 8 KfW Effizienzhäuser (Programme Wohnbau, privat 151, 153, 153 und 430). Stand 8/2013. Qp = Primärenergieaufwand des Referenzgebäudes. H’T = mittlerer Transmissionskoeffizent der Gebäudehülle [EnEV 2009].
Auch Passivhäuser sind förderfähig. Der Nachweis orientiert sich beim Passivhaus nicht an der
EnEV (Bezug auf Primärenergie und damit Verknüpfung von Hülle und Haustechnik), sondern am
Nachweis des Heizwärmebedarfs von maximal 15 kWh/(m²a). Für Sanierungen existiert eine Vereinfachung "Sanierung mit Passivhauskomponenten" EnerPHit www.passiv.de.
Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
 Maßnahme 3: Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe
 Maßnahme 4: Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln.
Die Gebäude im Sektor Gewerbe zeichnen sich durch eine große Vielfalt in der Nutzung aus. Folgende Nutzungen konnten identifiziert werden:
¯ Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung, z.B. Fa. Bader Versandhaus
¯ Verwaltungsgebäude mit hoher technischer Ausstattung, z.B. Fa. Meyle+Müller
¯ Produktionsgebäude, Logistik, z.B. Fa. Bader Versandhaus
¯ Verkaufsgebäude groß, z.B. Fa. Bader, Fa. Rösch Autohaus
¯ Verkaufsgebäude klein, z.B. Bäckerei Wolff, Arturo's Heimtierland, Kiosk
¯ Werkstätten, z.B. Sahan Kfz Service, Fa. Rösch Autohaus
¯ Gaststätten, z.B. Cafe-Restaurant Lims.
Generelle Aussagen lassen sich dabei am ehesten für Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung treffen. Für diese gelten ähnliche Maßnahmen wie im Wohnungsbau. Die Nutzung ist aufgrund der Betriebszeiten, inneren Last usw. im weitesten Sinne mit einer wohnähnlichen vergleichbar. Die anderen genannten Nutzungen lassen sich nicht im städtebaulichen Kontext behandeln,
da individuelle Planungskonzepte angewandt werden müssen.
54
Pforzheim-Weststadt
Sektor öffentliche Gebäude:
 Maßnahme 5: Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten
 Maßnahme 6: Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen.
Im Bereich öffentlicher Gebäude ist die Hauptfeuerwache in der Habermehlstr. zu nennen. Hierfür
wurden bereits in Kap. 3.2 Potenziale für das Gebäude genannt. Feuerwehren sind in der Regel
intensiv genutzt, haben einen hohen Warmwasserbedarf (Duschwarmwasser, Reinigung), sind
durchgehend beheizt (auch die Wagenhallen) und haben systematische Schwachpunkte (z.B. die
Tore für die Fahrzeuge). Bei der städtebaulichen Begehung wurden die betreffenden Punkte auch
an der Hauptfeuerwache gesehen. Eine (tiefergehende) Gebäudebegehung fand jedoch nicht statt.
Konkrete Maßnahmen an der Hülle sind in einem Individualkonzept zu behandeln. Aufgrund der
Sandwichbauweise des Gebäudes sind Dämmmaßnahmen jedoch nicht einfach auszuführen.
Das Gemeindehaus in der Frankstraße lässt sich ähnlich einer Wohnbebauung behandeln.
5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser
 Maßnahme 7: Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen
 Maßnahme 8: Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht.
In Kap. 3.4 wurde gezeigt, dass die im Quartier vorhandene Fernwärme auch im Vergleich möglicher dezentraler Heizungssysteme sehr effizient ist. Der Einsatz erneuerbarer Energien wurde in
Kap. 2.12 diskutiert. Daher wird, wie auch im Klimaschutzkonzept, der Ausbau der Fernwärme für
die Weststadt als primäres Versorgungskonzept empfohlen. Folgende Handlungsstufen sollen in
der Weststadt (und in ganz Pforzheim) angewandt werden:
1 Ist Fernwärme vorhanden, so hat diese Vorrang vor allen anderen Versorgungsarten.
2 In verdichteten Gebieten (wie der Weststadt), in denen keine Fernwärme, aber Erdgas vorhanden ist, ist die Möglichkeit lokaler Kraft-Wärmekopplung (BHKW, zukünftig Brennstoffzelle) zu
prüfen. Dies ist insbesondere dann lohnenswert, wenn mehrere Gebäude zusammengefasst
werden können (Heizlast > 100 kW) und sommerlicher Warmwasserbedarf vorhanden ist.
3 Sind 1 und 2 nicht möglich, so ist der Einsatz thermischer Solaranlagen zu prüfen (Im Fall 1
und 2 sollte Solarthermie ausgeschlossen werden). Solarthermische Nutzung kann in der Regel
gut in bestehende zentrale Warmwasserbereitungen integriert werden. Die Nutzung der Dachflächen steht jedoch in Konkurrenz zur Photovoltaik. Die Prioritäten sind im Einzelfall zu prüfen.
4 In innerstädtischen, vor allem stark mit Verkehr belasteten Gebieten (Umweltzonen) sollte Holz
als Brennstoff nur mit neuester Filtertechnik zum Einsatz kommen, um die Feinstaubbelastung
zu minimieren. In den Außenbezirken, die aufgrund der weniger dichten Bebauung keine wirtschaftliche Nahwärmeversorgung bekommen können, sind effiziente Holzheizungen (z.B.
Holzpelletkessel mit Zertifikat, keine Kaminöfen, offene Kamine und dgl.) zu unterstützen.
5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort
 Maßnahme 9: Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung mit Schallschutzmaßnahmen
Im fünften Energieforum "Wohnen hört nicht an der Haustüre auf" wurden die Schlüsselthemen für
gesundes Wohnen und Wohnumfeld behandelt. In diesem Sinne wären für die Weststadt Gebäude
sowohl mit hoher Innenraumqualität als auch mit hoher Aufenthaltsqualität im Freien anzustreben.
Eine hohe Innenraumqualität wird durch thermischen Komfort und gute Luft sichergestellt. Insbesondere an den durch Lärmimmission belasteten Straßen sollte Wohnungslüftung der Regelfall und
nicht die Ausnahme darstellen.
Pforzheim-Weststadt
55
5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte
 Maßnahme 10: "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren
Beispiel Kaiser-Friedrich-Straße
Abb. 44 Musterhafte Sanierung Wohnhaus KF 83 Quelle: ebök
Das Zehnfamilienhaus in der Kaiser-Friedrich-Str. wurde im "laufenden Betrieb“ saniert. Das Haus
ist vermietet. Für die Umbauphase stand eine Reservewohnung zur Verfügung, die umschichtig
entweder voll oder nur die Küche/ das Bad genutzt werden konnte. Neben der Dämmung von Dach
und Außenwand wurden auch die Bäder saniert. Eine Lüftungsanlage kam nicht zum Einsatz,
aufgrund der Bäder mit Fenstern war eine mechanische Belüftung nicht zwingend notwendig. Die
Qualität des Ergebnisses ist nicht zuletzt der Fachkenntnis und dem Engagement des Bauherrn
geschuldet, der in Pforzheim ein Ingenieurbüro betreibt. Die Umbaukosten in Höhe von 260.000
Euro wurden durch Zuschüsse aus dem Sanierungsförderungsprogramm, einer Mieterhöhung und
steuerlichen Abschreibungen getragen. Durch die Energieeinsparung reduzierten sich die Nebenkosten für die Mieter um den (erhöhten) Mietbetrag, sodass eine win-win-Situation entstand (umfassend saniertes Gebäude + Energieeinsparung + Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen).
Abb. 45
Ein Bad vor (links) und nach der Sanierung (rechts). Die Gasdurchlauferhitzer wurden entfernt.
Quelle BIROS Ing. Büro, Pforzheim
56
Pforzheim-Weststadt
Abb. 46 Energieausweis vor (links) und nach der Sanierung (rechts).Durch die Maßnahmen konnte der Endenergiebedarf um ca. 63 % reduziert werden, was für eine Sanierung einen sehr guten Wert darstellt. Quelle BIROS Ing. Büro, PF
 Maßnahme 11: Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren
Beispiel Güterstraße 30
Abb. 47 Musterprojekt Güterstraße 30, Bau und Grund GmbH: vorher (links), geplant (rechts)
Quelle: Bau und Grund GmbH
In der Umgebung des Quartiers, am Pforzheimer Hauptbahnhof, befindet sich in der Güterstraße
30 ein Sanierungsprojekt der Bau und Grund GmbH. Es handelt sich um ein Modellvorhaben der
Deutschen Energie Agentur (dena) "Auf dem Weg zum Effizienzhaus Plus". Ziel ist eine öffentlichkeitswirksame Vermittlung von Themen wie attraktives städtisches Wohnen, Erzeugung regenerativer Energien und Nachverdichtung. Die Sanierung wird mit passivhaustauglichen Komponenten
durchgeführt. Das Gebäude wird aufgestockt und im bewohnten Zustand saniert. Herzstück ist die
neue hochwärmegedämmte Fassade mit Dreifachverglasung und integrierten Solarkollektoren auf
der Südfassade. Es wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Die Wärmeversorgung erfolgt über eine multivalente Wärmepumpe mit Fassadenelementen, Eisspeicher (Abwasserwärmesammler) und Fortluft als Wärmequelle. Ergänzt wird das Konzept durch lokale
Windenergienutzung und Photovoltaik.
Das Konzept ist sehr gut geeignet, technische Möglichkeiten aufzuzeigen. Die hier verwendete
Wärmepumpenlösung sollte jedoch nur in Lagen konzipiert werden, für die kein Fernwärmeanschluss zur Verfügung steht. Als äußerst wertvoll für die beteiligten Partner dürften sich auch Erfahrungen bei der Umsetzung ambitionierter Sanierungskonzepte (in bewohnten Zustand) erweisen.
Das Projekt verbindet anspruchsvolle Gestaltung mit technischen Innovationen und stellt somit zu
Recht ein Leuchtturmprojekt dar. Sehenswert auch der Animationsfilm zum Umbau unter
http://www.pz-news.de/videos_video,-Animationsfilm-Umbau-Wohnhochhaus-Gueterstrasse-inPforzheim-_videoid,3938.html.
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 Maßnahme 12: Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer
Energien untersuchen
Beispiel Steubenstr. / Kaiser-Friedrich-Str. in Pforzheim
Die Wohnungsunternehmen Stadtbau Pforzheim und Arlinger beabsichtigen, eine gemeinsame
Heizzentrale für die Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 zu
realisieren. Da in diesem Bereich absehbar keine Fernwärme zur Verfügung stehen wird (vgl. Kap.
2.13), könnte ein (beschränktes) Nahwärmenetz mit Kraft-Wärme-Kopplung lohnenswert sein. Die
Stadtwerke Pforzheim wurden aufgefordert, ein Contracting-Angebot abzugeben. Sollte sich die
Realisierbarkeit herausstellen, so könnte das Projekt sehr gut modellhaft für ähnliche oder noch
günstigere Situationen in der Weststadt bzw. Pforzheim sein.
Abb. 48 Ecke Hans-Sachs-Str / Steubenstraße Quelle: Weeber+Partner
In Bezug auf die zunehmend wünschenswerte dezentrale Stromversorgung im Zuge der Energiewende kommt der Kraft-Wärme-Kopplung (mit BHKW, zukünftig ggf. mit Brennstoffzelle) eine besondere Bedeutung zu. Die Technik benötigt eine gewisse Größe, um wirtschaftlich arbeiten zu
können (größer 50-100 kWth.). Gründe hierfür sind im Wartungsaufwand für die verwendete Motorentechnik und in den notwendigen Redundanzen zu finden. Zudem wird eine möglichst lange
Laufzeit (größer 4500 Volllaststunden p.a.) erwartet. Dies kann einfacher mit den Lastprofilen in
Mehrfamilienhäusern, Hotels und vor allem Schwimmbädern erreicht werden als in Einzelhaushalten. Im vorliegenden Fall wäre es sicher günstiger, auch die Gebäude Steubenstr. 66, 68, 68 sowie
Kaiser-Friedrich-Str. 144, 146, 148, 150, 152 einzubeziehen. Letztere sind jedoch im Streubesitz
und folglich die Eigentümer schwerer zu motivieren. Gute Voraussetzungen für lokale KraftWärme-Kopplung bestehen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
¯ Es steht bereits ein Erdgasanschluss zur Verfügung.
¯ Eine Lastberechnung ergibt mehr als 4500 Volllaststunden p.a. Dies wird vor allem durch einen
hohen Sommerbedarf an Warmwasser erreicht (Mehrfamilienhaus mit hoher Personendichte,
Wohnheime, Hotels, Schwimmbäder).
¯ Leitungsführung zur Kopplung mehrerer Gebäude kann kostengünstig über Kellertrassen oder
durch Gärten erfolgen. Trassen mit teuren Oberflächen wie Straßen u.ä. sind ungünstig.
¯ Es steht qualifiziertes und engagiertes Personal zur Wartung zur Verfügung. Alternativ kann
auch der Contracting-Betreiber die Verantwortung übernehmen.
¯ Es kann ein hoher Eigenstromverbrauchsanteil realisiert werden. Die reine Einspeisung nach
KWK-Gesetz ist in der Regel nicht wirtschaftlich.
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Pforzheim-Weststadt
 Maßnahme 13: Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen.
Energieeffizienzprojekte unterstützen
Beispiel Nichtwohngebäude und Sonderfälle: Meyle+Müller
Für das Büro- und Produktionsgebäude der Meyle+Mülller wurden zwei Ingenieurbüros beauftragt,
alternative Energiekonzepte zu entwickeln. Das ist gleich doppelt erwähnenswert: Erstens ist die
Aufstellung eines Konzepts, das die Belange des Auftraggebers (hier: digitale Aufbereitung von
Daten, u. a. für Kataloge) mit Zielen der Energieeffizienz zusammenbringt, ein richtiger und erfolgversprechender Weg. Zweitens ist die Auslobung eines Wettbewerbs zweier Büros dazu geeignet,
höchst innovative und zielgerichtete Umsetzungen zu entwickeln.
Abb. 49 Bürogebäude Meyle+Müller Quelle: ebök
Das Gebäude ist aus den 60er Jahren und wurde den sich verändernden Nutzungsbedingungen
immer wieder angepasst, z.B. durch Installation einer Anzahl von Split-Kühlgeräten. Hier sollte eine
grundsätzlichere Lösung gefunden werden. Eine Besonderheit bei dem Gebäude ist das Auftreten
enorm hoher innerer Wärmequellen durch den intensiven Einsatz von EDV. Dadurch besteht trotz
der nicht mehr zeitgemäßen Gebäudehülle nur wenig Heizbedarf; größere Probleme bereitet dagegen die sommerliche Kühlung. Aufgrund der Arbeit mit Druckvorlagen müssen konstante und definierte Lichtverhältnisse herrschen, eine natürliche Beleuchtung ist damit ausgeschlossen.
5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz
Die Stadtbildqualitäten in der Weststadt lassen sich unter vier Aspekten beschreiben:
1 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale). Die im Untersuchungsgebiet
vorhandenen Baudenkmale sind in [Denkmalliste PF2009] gelistet.
2 Erhaltenswerte Gebäude sind ebenfalls in [Denkmalliste PF2009] aufgeführt, stehen aber nicht
unter Denkmalschutz.
3 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale ohne Schutzstatus, z.B.
- Fensterformate und Sprossen
- Lisenen und Umfassungen in den 50er Jahren
- Fensterläden
- Balkone
- Sockelgestaltung
- Dachlandschaften
4 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten
Pforzheim-Weststadt
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Abb. 50 Baudenkmale und erhaltenswerte Gebäude
Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale)
Abb. 51 Fassade eines der wenigen Baudenkmäler im Gebiet Quelle: ebök
Denkmalschutz ist in Deutschland ein gesetzlicher Schutzstatus. Baudenkmale können außen nur
maßvoll oder überhaupt nicht verändert werden. An Sichtfassaden ist in der Regel keine Dämmung
möglich. Zur Verbesserung des Wärmeschutzes muss auf Innendämmung zurückgegriffen werden.
Innendämmung ist jedoch vergleichsweise teuer, es muss sehr auf die bauphysikalische Qualität
der Ausführung geachtet werden und zuletzt geht Wohnraum verloren. Eine generelle Vorgehensweise kann nicht empfohlen werden, es ist eine Prüfung im Einzelfall notwendig.
Problem: Kein Eingriff an der Fassade möglich
Lösung: Möglichkeit der Innendämmung prüfen; unkritische Bereiche wie Dächer, Keller maximal
dämmen; rückwertige Fassaden dämmen, Balkone ggf. entfernen
Fenster in originalgetreuer Teilung ersetzen.
 Maßnahme 14: Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalgeschützte Rückfassaden dämmen
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Pforzheim-Weststadt
Erhaltenswerte Gebäude
Erhaltenswerte Gebäude genießen diesen Schutzstatus nicht in demselben Maße wie Baudenkmäler. Eine Anhörung der unteren Denkmalschutzbehörde wird bei einer anstehenden Veränderung
jedoch empfohlen. Grundsätzlich unterscheidet sich jedoch der Umgang nicht vom Umgang mit
Kulturdenkmälern.
Abb. 52 Vorder- und Rückseite des Gebäudes. Die Rückseite kann gedämmt werden Quelle: Ebök
Oftmals stehen jedoch nur die straßenzugewandten Seiten unter Schutz, die rückwärtigen Fassaden können sehr gut gedämmt werden.
Problem: Kein Eingriff an der Fassade erwünscht
Lösung: gleiche Maßnahmen wie bei Denkmalen
 Maßnahme 15: Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht
geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.
Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale
Abb. 53 Links ist das Gesimse noch vorhanden, und die Fensterumfassung tritt hinter Dämmung und Putz zurück. Die
Dämmschicht genügt nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Fenster wurde bereits in den 70er / 80er Jahren
ersetzt. Dabei ging auch die alte Fensterteilung verloren. Rechts eine noch typische Fassade, allerdings bereits ergänzt
um einen Miniaturrollladenkasten, welcher mit dem modernen Standard-Kunststofffenster eingebaut wurde. Quelle: ebök
Pforzheim-Weststadt
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Der Umgang mit nicht denkmalgeschützten Fassaden und deren Details ist anspruchsvoll. Auch
hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Schutzcharakter eine aufwändige Innendämmung
rechtfertigt, auch wenn diese aus architektonischer Sicht vielleicht wünschenswert wäre. Lisenen
und Umrandungen werden in der Regel überdämmt oder treten hinter die Vorderkante der Dämmung zurück. Dies stellt übrigens auch wärmetechnisch keine ideale Situation dar, da Wärmebrücken verbleiben. Umfassungen sollten besser entfernt werden und nicht als Anschlag der Wärmedämmung dienen. Eine mögliche aber teure Lösung wäre, Lisenen und Umfassungen wieder originalähnlich auf der Dämmung zu rekonstruieren. Weniger befriedigend ist es, die Originallage durch
Farbe oder einen kleinen Einschnitt anzudeuten. Fensterformate können und sollen jedoch auch
bei einer Erneuerung weitgehend erhalten bleiben. Die Industrie bietet hier eine breite Palette von
zeitgemäßen Lösungen an, die auch ästhetische Wünsche (schlanke Profile, Sprossen) befriedigen.
Abb. 54 Typische Gesimse, Gewände und Lisenen, Fensterläden und Umfassungen prägen die Fassaden Quelle: ebök
Problem: Eingriffe an Fassade verändern Details und Proportionen
Lösung: Innendämmung prüfen
Veränderung der Proportionen bei großen Gebäuden nachrangig. Prüfen, ob hochwertiger Dämmstoff mit geringerer Aufbaustärke eingesetzt werden kann
Lisenen und Gesimse sowie Umfassungen wieder herstellen oder durch Farbelemente
und/oder Einkerbungen betonen
Fensterläden erneuern und wärmebrückenarm montieren
An Details wie Vordächern, Anschlüssen usw. proportionsgerecht arbeiten
Originale Putzstrukturen und Farben verwenden
Fenster und Türen in originalgetreuer Teilung ersetzen.
 Maßnahme 16: Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus)
exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und
Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen
und Türen originalgetreu oder passend erneuern.
62
Pforzheim-Weststadt
Abb. 55
Die originale Tür ist bereits durch eine Standard-Aluminiumtür mit sehr schlechtem Wärmeschutz ersetzt
worden. Die Umfassung der Tür tritt auch hier hinter die Wärmedämmung zurück. Die Fenster sind StandardKunststofffenster mit Aluminium-Fensterbänken. Hier wurde weder der ursprüngliche Charakter erhalten, noch ein moderner Stil geprägt Quelle: Weeber+Partner
Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten
Es ist wünschenswert, dass Baudetails bestehen bleiben, die auch stadtbildprägend sind. Teilweise
sind das nicht die großen Formate der Gebäude, sondern Details an Fassaden und im Stadtbild.
Hier sind alle Beteiligten gefordert, die Details auch über eine Sanierung hinaus zu retten.
Abb. 56
Details aus verschiedenen Jahrzehnten … Quelle: ebök
Problem: Baudetails verschwinden
Lösung: Details auch bei einer Sanierung erhalten.
 Maßnahme 17: Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich
Pforzheim-Weststadt
63
Konflikte bei Wärmeschutzmaßnahmen
Werden Dämmschichten angebracht, so wird dafür Raum gebraucht. Das kann zu Konflikten führen, die aus technischer und gestalterischer Sicht in der Regel zufriedenstellend gelöst werden
können:
Problem: Überschreitung von Baugrenzen und Baulinien
Die Dämmung ragt in den öffentlichen Straßenraum
Die Dämmung steht in Konflikt mit Masten, Telefonverteilern und Ähnlichem
Am Anschluss zweier Gebäude
Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe bei Dachdämmung
Lösung: Hochwertigere Dämmstoffe benötigen weniger Raum
Dämmschichten lassen sich durch Aussparungen etc. anpassen
Bei Versprüngen etc. kann ein Anschluss gefunden werden.
 Maßnahme 18: Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen
Werden durch die Anbringung von Dämmschichten baurechtliche Einschränkungen (Baulinie, Baugrenze, Firsthöhe, öffentlicher Raum) tangiert, so muss die Stadtplanung und Baugenehmigungsbehörde per Satzungsbeschluss oder Ausnahmegenehmigung auf die notwendigen Maßnahmen
reagieren, z.B. indem Überschreitungen bis zu einer Maximalgröße generell zugelassen werden.
Abb. 57 Die Dämmung der Außenwand ragt in den Straßenraum hinein, im rechten Bild an der einen Giebelwand
deutlich schwächer als an der anderen. Die Dämmung steht auch in Konflikt mit dem Telefonverteiler sowie dem (im Bild
nicht sichtbaren) engen Bürgersteig. Es wäre möglich gewesen, die Dämmung im Bereich der Laufwege und des Verteilers abzusetzen und so große Teile der Wand stärker zu dämmen Quelle: ebök
5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume
Eine "integrierte" Betrachtungs- und Arbeitsweise bedeutet, weit über den Tellerrand der Fachdisziplinen wie Stadtplanung, Architektur und Energieplanung hinauszuschauen und neue Synergien
durch Information, Austausch und Zusammenarbeit zu erschließen. Beim Integrierten Quartierskonzept geht es nicht nur um Klimaschutz, Energieeinsparung und Energieeffizienz, sondern
gleichermaßen auch um die dringliche Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität. Es geht beim
Klimaschutz nicht nur – wie in der öffentlichen Diskussion häufig – um den Bereich Wohnen, sondern auch um Mobilität in allen Formen und um Gewerbe. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine
Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. So sind kurze Wege ein wichtiger Bestandteil der hier genannten Handlungsfelder und auch Gesundheit im Zusammenhang mit den Folgen
des Klimawandels.
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Pforzheim-Weststadt
Die Qualität der öffentlichen Freiräume im Untersuchungsgebiet ist stark verbesserungswürdig.
Davon sind sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch die vielen Beschäftigten in der
Weststadt betroffen. Somit sind qualitätsvolle Freiräume auch als Standortfaktor für das Gewerbe
zu sehen, beispielsweise als angenehmes Arbeitsumfeld mit attraktiven Pausenmöglichkeiten. Um
sowohl die Fußwegeverbindungen zu stärken und zu verbessern als auch die Erholungsräume
auszubauen bzw. die bestehenden besser erlebbar zu machen, werden folgende Maßnahmen
vorgeschlagen:
 Maßnahme 19: Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen
Hierzu zählen von West nach Ost die Hans-Sachs-Straße, die Erasmusstraße, die Merianstraße
und die Maystraße. Die Hans-Sachs-Straße sollte mehr Fläche für Fußgänger und deutlich weniger
für den Autoverkehr erhalten, außerdem eine großzügigere fußgängerfreundliche Querungsmöglichkeit der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der Habermehlstraße, insbesondere zur Anbindung der Fritz-Erler-Schule. Die anderen drei Straßen sollten mit Grün (v.a. Bäume) und weniger
Parkierungsflächen einladender für die Fußgänger werden mit einem Schwerpunkt in der Erasmusstraße, siehe nächsten Punkt.
Abb. 58 Verknüpfungen, Fußwegeverbindungen und Erholungsräume Quelle: Weeber+Partner
 Maßnahme 20: Gestaltungsschwerpunkt setzen: Von Maihälden zur Enz
Als Gegengewicht zu den starken Ost-West-Verbindungen in der Weststadt wird eine neu zu gestaltende Nord-Süd-Achse zwischen der S-Bahnhaltestelle Maihälden und der Enz vorgeschlagen. Den Schwerpunkt dabei bildet der kleine Platz zwischen der Kirche St. Antonius und der 50erJahre-Zeile mit Café und Trödelladen im Erdgeschoss. Mit Hilfe eines durchgehenden Platzbelags
und der Sicherung der den öffentlichen Raum prägenden 50er-Jahre-Fassade über Denkmalschutz
könnte das relativ ruhige und "verträumte" Flair unterstützt werden. Der kleine Platz bietet das
Potenzial für einen identitätsstiftenden und kommunikativen Ort für die Weststadt. Die neue Achse
würde dann der Treppe in der Erasmusstraße folgen. An der Querung der Westlichen KarlFriedrich-Straße würde ein weiterer gestalterischer Schwerpunkt folgen im Zusammenhang mit
dem bestehenden Pavillon (Begegnung, Treff, Identität, Nahversorgung), einer Aufweitung der
Fußgängerfläche und einer deutlichen Einschnürung der Fahrbahn. Die weiterführende Erasmusstraße sollte mit Grün (v.a. Bäume) und weniger Parkierungsflächen einladender werden. Für die
gefahrlose Querung der Habermehlstraße in Richtung Enzauen ist eine Fußgängerampel unabdinglich.
Pforzheim-Weststadt
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 Maßnahme 21: Westliche Karl-Friedrich-Str. Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen
Um die Westliche Karl-Friedrich-Straße für Fußgänger attraktiver zu machen, ist mehr Distanz
zur Fahrbahn erforderlich, beispielsweise durch Begrünung und Bäume (vgl. gutes Beispiel Maximilianstraße). Die Verkehrsflächen für die Fahrbahnen sind deutlich überdimensioniert und können
auf das erforderliche Maß für zwei Fahrstreifen zuzüglich je einen ausgewiesenen Fahrradfahrstreifen reduziert werden. Es wäre auch zu prüfen, ob die Zahl der Stellplätze deutlich reduziert und
stattdessen Bäume gepflanzt werden können. Auch die Querungsmöglichkeiten sollten deutlich
verbessert werden, beispielsweise im Zusammenhang mit großzügigeren Vorbereichen an den
Pavillons. In diese Überlegungen sind auch die Radwege einzuplanen.
Abb. 59 Neuordnung und -gestaltung der Westlichen Karl-Friedrich-Straße mit Radwegen, Bäumen und Aufweitung des
Fußgängerbereichs vor dem Pavillon mit ausgewiesener Fußgängerquerung im Bereich der Erasmusstraße
Quelle: Weeber+Partner
 Maßnahme 22: Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen
Wichtig ist der Erhalt und die weitere Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums der
Enzauen, doch sind auch einzelne, sensibel auszuführende Öffnungen zum Wohnen und zum
Straßenraum hin zu empfehlen. Hierzu zählen besonders eine Öffnung zur Steubenstraße hin
durch Beschnitt der Gehölzriegel, eine gestaltete Anbindung der bestehenden Fußwege an die
Uferwege und neue Sitzgelegenheiten, ohne dabei die Oberflächen mehr als unbedingt erforderlich
zu versiegeln. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche zwischen Naturschutz und Freizeitanspruch harmonisiert werden und die Maßnahmen mit dem bestehenden Bebauungsplan im Rahmen der Ausgleichsplanung abgestimmt werden.
 Maßnahme 23: Blockinnenbereiche aufwerten
Die in der Nachkriegszeit zwischen Habermehl- und Westlicher Karl-Friedrich-Straße entstandenen
geschlossenen Blockränder zeigen in ihrer Mischung aus gewerblicher und Wohnbebauung noch
etwas von der ursprünglichen Industriegeschichte, wirken aber heute eher ungeordnet und wenig
qualitätsvoll. Der besonders hohe Versiegelungsgrad und die Nutzung der Hinterhöfe zur Parkierung mindern die Wohnqualität und führen zu einem ungünstigen Mikroklima mit Wärmeinseln.
Folgende Strategie wird vorgeschlagen:
¯ Erarbeitung eines städtebaulichen Leitbilds für die Entwicklung dieser Art von Blockrandbebauungen in der Weststadt. Wichtig dabei ist es auch, die Geschichte der Industrieentwicklung
zu erhalten oder neu erlebbar zu machen, um die bislang geringe Identität herauszuarbeiten.
66
Pforzheim-Weststadt
Dazu zählen bauliche Details genauso wie die städtebauliche Struktur der besonderen Mischung aus Arbeiten und Wohnen. Die Sammlung und Kommunikation von guten Beispielen
qualitätsvoller Höfe kann hierfür eine gute Hilfe sein.
¯ Die Blöcke zwischen Hans-Sachs-Straße und Merianstraße im Rahmen des bestehenden Soziale Stadt-Sanierungsgebietes als Gebiet mit "investiver Förderung" ausweisen (also über
die steuerrechtliche Förderung hinaus), um finanzielle Anreize für die Eigentümer zu schaffen.
¯ Bei Mindernutzungen einzelner Grundstücke (beispielsweise geringe Geschosszahl oder
Baulücken) sollte der Kontakt zu den Eigentümern aufgebaut werden, um ihnen Möglichkeiten
aufzuzeigen, im Rahmen des bestehenden Baurechts gestalterisch hochwertig zu bauen und
dann im Fall von umfangreicheren Sanierungen oder Neubebauungen auch die Hinterhöfe aufzuwerten oder ganz zu entsiegeln und zu begrünen.
¯ Die gemischte Struktur der Baublöcke sollte im Rahmen der Bauleitplanung erhalten und
gestärkt werden, allerdings ist die Auslegung oder auch die Ausnutzung des bestehenden Baurechts bzw. der Satzungen zu prüfen, um einen "Wildwuchs" wie im Hinterhof der Erasmusstraße 6 zu verhindern.
5.7 Mobilität
Die Weststadt ist geprägt von hoher Verkehrsbelastung. Auch wenn eine signifikante Minderung
nur durch gesamtstädtische Maßnahmen zu erreichen ist, sind im Untersuchungsgebiet trotzdem
Veränderungen möglich und dringend anzuraten, um die Wohn- und Aufenthaltsqualitäten für die
jetzigen und künftigen Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Damit lässt sich zugleich die
Umsetzung des gesamtstädtischen Verkehrskonzepts unterstützen.
 Maßnahme 24: Mobilitätskonzept erstellen
Für die Weiterentwicklung des Stadtteils ist ein Mobilitätskonzept erforderlich, das den ÖPNV,
das Autofahren, den ruhenden Verkehr, den Ausbau alternativer Mobilitätsformen (beispielsweise
Elektromobilität und Carsharing), die Unterstützung der Fahrradnutzung und die Verbesserung der
Fußwege in einen Zusammenhang bringt, auch im Hinblick auf kurze Wege zur Unterstützung der
täglichen Nahversorgung. In diesem Zusammenhang sind auch die Verbindungen zu den großräumigen Verkehrsströmen zu überprüfen, um mögliche Schwerpunkte für den Durchgangsverkehr
zu optimieren und als Ausgleich andere deutlich zu erleichtern. Auch der Quell- und Zielverkehr der
großen Gewerbebetriebe im Stadtteil und der Einfluss der Parkmöglichkeiten auf dem Messplatz
auf die Verkehrserzeugung sollten genau untersucht werden. Neben einer Aufwertung der Straßenräume und Wege zugunsten von Nahmobilität, zu Fuß Gehen, Radfahren und mehr Grün (vgl.
oben "Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume") sollten folgende Aspekte in das Mobilitätskonzept einfließen:
¯ Im Untersuchungsgebiet fehlen Nord-Süd-Verbindungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere zur Anbindung des Bereiches Westliche Karl-Friedrich-Straße,
Messplatz und Kaiser-Friedrich-Straße an den Bahnhaltepunkt Maihälden und weiter in den
Norden der Weststadt. Es ist zu prüfen, ob die Buslinienführung durch eine ergänzende Verbindung zwischen den Haltestellen Fritz-Erler-Schule und Kochstraße angepasst werden kann.
¯ Carsharing – die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines Autos in der Stadt – gibt es in
Pforzheim durch die Unternehmensgruppe stadtmobil bereits, allerdings liegen die Standorte
mindestens 500 Meter, die meisten über einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es
ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch
im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Eine gute Lösung für die Auslastung
der Teilautos ist auch die gemeinsame und wechselseitige Nutzung zu verschiedenen Tageszeiten, beispielsweise tagsüber – wie bereits bislang möglich – durch städtische Beschäftigte
und außerhalb der Geschäftszeiten durch Private. Das nahe gelegene Karlsruhe kann ein gutes
Pforzheim-Weststadt
67
Beispiel sein, denn die Stadt ist bundesweit die "Carsharing-Hauptstadt" und hat die meisten
geteilten Autos pro Einwohner (1,8 Autos pro 1000 EW, der Bundesschnitt liegt bei 0,1, laut
Bundesverband Carsharing, http://www.carsharing.de/presse/pressemitteilungen/carsharingstaedtevergleich-karlsruhe-weiterhin-carsharing-hauptstadt)
¯ Alle Ladestationen für Elektroautos in Pforzheim liegen mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt
möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Dabei sind auch technische Erfordernisse mit zu beachten, beispielsweise die Effizienz von Elektromobilität in Abhängigkeit von der Art der Stromerzeugung, also möglichst den Strom vor Ort
und selbst zu erzeugen.
¯ Generell ist es wichtig, nicht nur an die Bewohner, sondern auch an die vielen Beschäftigten in
der Weststadt zu denken. Hier sollten die Unternehmen hinsichtlich eines betrieblichen Mobilitätsmanagements beraten und unterstützt werden. Es geht darum, den betriebsbedingten
Verkehr – der Pendlerverkehr und die Geschäfts- und Transportfahrten – kosteneffizienter und
umweltverträglicher zu gestalten. Ein Maßnahmenkonzept beinhaltet beispielsweise die Einführung eines Jobtickets für den ÖPNV oder die Optimierung der betrieblichen Verkehrswege.
¯ Ein Mobilitätskonzept soll vor allem eine Vielzahl von Verbundlösungen unterstützen. Es wird
zunehmend wichtiger, tages-, wetter- und ziel-abhängig verschiedene Mobilitätsformen wie
ÖPNV, Carsharing oder Fahrrad miteinander zu kombinieren. Hierfür ist es wichtig, mobile Informationen zur Verfügung zu stellen ("smarte Mobilität") und finanziell durch gemeinsame Tarife attraktiv zu machen.
 Maßnahme 25: Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen
Abb. 60 Bestehende und mögliche neue Routenführungen für Radfahrer Quelle: Weeber+Partner
Im Untersuchungsgebiet und in der Weststadt insgesamt fehlen attraktive und gefahrlose NordSüd-Verbindungen. Um die Fahrradnutzung im Untersuchungsgebiet und für die gesamte Stadt
Pforzheim attraktiver zu machen, wird vorgeschlagen, eine neue Route auszubauen (rote durchgezogene Linie in Abb. 56) als Verbindung zwischen Maihälden und der Südweststadt. Von Maihälden kommend kann die S-Bahnstation angebunden werden, dann die Fritz-Erler-Schule und
68
Pforzheim-Weststadt
weiter der Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr. Die weitere Verbindung zur Südweststadt kann
entlang der Enz und dann ansteigend über die Bohrainstraße erfolgen.
Die beiden Knotenpunkte Westliche Karl-Friedrich-Straße / Hans-Sachs-Straße / Antoniusstraße
und Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße müssen dazu deutlich fahrradfreundlicher umgestaltet
werden, da sie jetzt schon ein hohes Gefahrenpotenzial bergen und allein die Ausweisung eines
Fahrradstreifens im parallelen Bus- und PKW-Verkehr voraussichtlich nicht die erforderliche Sicherheit bietet, insbesondere nicht für Schüler. Im Rahmen eines Verkehrskonzeptes ist zu prüfen,
ob für den Knotenpunkt Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße eine oberirdische Querung mit
Fahrradampeln zielführender wäre oder eine Anbindung an die Fahrradunterführung mit kleinem
Umweg (rote gestrichelte Linie in Abb. 53). Falls erforderlich, könnte durch den Wegfall der Parkplätze entlang der Hans-Sachs-Straße vor der Fritz-Erler-Schule eine ausreichende Fahrbahnbreite
für einen zusätzlichen Fahrradstreifen erreicht werden.
 Maßnahme 26: Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen
Im Hinblick auf eine möglichst flexible Wahl der Mobilitätsmittel innerhalb der Stadt haben Leihfahrräder eine große Bedeutung. Wenn Pforzheim sich für ein stadtweites Netz an Leihstationen
entscheidet, sind mögliche Standorte in der Weststadt der S-Bahn-Halt Maihälden, der Platz vor
der Kirche St. Antonius und der Messplatz, sofern er baulich entwickelt wird. Neben "normalen"
Leihfahrrädern sollten dann auch E-Bikes zur Verfügung stehen aufgrund der bewegten Topografie
und für Menschen mit eingeschränkter Fitness.
5.8 Stadtklima
Die Freiräume und ihre Benutzungsqualität sind entscheidend für das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner in der Weststadt. Diese Qualität wird maßgeblich auch vom Stadtklima beeinflusst, das sich aus dem Zusammenspiel von gebauter Stadt und der sie durchdringenden Luft
mit Temperatur, Feuchte und Bewegungsgeschwindigkeit ergibt. Das Untersuchungsgebiet wird
von mehreren Hitzeinseln stark belastet, weshalb großer Handlungsbedarf besteht, insbesondere
im Bereich des Messplatzes. Der Klimawandel mit steigender mittlerer Jahrestemperatur, einer
höheren Zahl von Hitzetagen und Extremereignissen wie Starkregen und Hochwasser erfordert
eine eigene Anpassungsstrategie.
 Maßnahme 27: Hitzeinseln in den Hinterhöfen entschärfen: Grünanteil erhöhen
Die Hinterhöfe der Blockrandbebauungen haben einen besonders hohen Versiegelungsgrad und
bedürfen einer besonderen Strategie, vergleiche Maßnahme 23: "Blockinnenbereiche aufwerten".
Diese Strategie muss auch einen Fokus auf die Erhöhung des Grünanteils legen, sowohl an schattenspendenden Bäumen als auch an Grünflächen zur Pufferung des Regenwassers und für Verdunstungskälte. Hinzu kommt die Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung im Rahmen der
Bauleitplanung und der Förderkriterien bei Sanierungsmaßnahmen. Neben Regenwasserpufferung
und Verdunstungskälte verringert sie auch die Wärmeabstrahlung der Gebäude.
 Maßnahme 28: Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten
Sowohl für den Stadtteil als auch gesamtstädtisch von großer Bedeutung ist das Freihalten der
Kaltluftbahnen entlang der Enz und der sie speisenden Flächen Rod und Brötzinger Waldwiesen.
Hinzu kommt der Aufbau zusammenhängender Freiraumstrukturen mit schattenspendenden Bäumen und weiteren Grünflächen mit Wasserflächen und durchfeuchteten Flächen für Verdunstungskälte. Der bislang komplett versiegelte Messplatz und die angrenzenden Enzauen bieten das größte Potenzial dazu. Die Komplexität erfordert ein eigenes Fachgutachten, das Ziele für die Stadtentwicklung in Bezug auf das Stadtklima formuliert.
Pforzheim-Weststadt
5.9 Bebauung Messplatz
69
wird nicht weiter verfolgt
 Maßnahme 29: Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den
erarbeiten
Messplatz
Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit seiner attraktiven
Lage an der Enz und der zentralen Lage in der Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus.
Der Messplatz stellt ein städtebauliches Vakuum in der Weststadt dar, das stadträumliche Verbindungen unterbricht und die Entwicklung des Stadtteils hin zu einem attraktiven Wohn-, Lebens- und
Arbeitsstandort stark behindert. Eine Bebauung und damit eine neue Nutzung würde der gesamten
Weststadt zugute kommen, denn eine Vielzahl der in Kapitel 3 beschriebenen Defizite und Mängel
des Untersuchungsgebietes und der Gesamt-Weststadt könnten durch eine neue Nutzung deutlich
verringert oder ganz behoben werden. Ohne die Entwicklung des Messplatzes sind eine Reihe von
Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des Untersuchungsgebietes möglich (beispielsweise Radund Fußwege), aber erst durch die Umnutzung würde ein nachhaltiges "Heilen" und Zusammenwachsen des gesamten Stadtteils Weststadt möglich werden. Von großer Wichtigkeit ist es, für den
Messplatz ein langfristiges städtebauliches Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das auf die nachfolgend genannten Entwicklungspotenziale eingeht.
 Maßnahme 30: Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen:
neue Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung,
Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme
Entwicklungspotenzial Wohnen
Die Größe des Messplatzes bietet die Chance, nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche
Wohnformen zu realisieren – auch in modellhafter Form –, die sich gegenseitig befruchten können.
Es gilt, ein differenziertes Wohnangebot für unterschiedliche Zielgruppen wie Familien, Studenten,
Ältere und Menschen mit viel oder wenig Einkommen zu schaffen. Kurze Wege und gute Erreichbarkeiten, neue Mobilitätsformen, Wohnen und Arbeiten, Generationenwohnen und Baugemeinschaften sind weitere Möglichkeiten für das Wohnen in der Stadt, die modellhaft auf dem Messplatz
entwickelt werden könnten. Besonders wichtig ist die Einbeziehung der Enz bei der Entwicklung
des Geländes. "Wohnen und Arbeiten am Wasser" mit einer besonders guten Gestaltung der Außenbereiche kann als Motto für die Entwicklung des Gebiets stehen.
Entwicklungspotenzial Einzelhandel und Gewerbe
Im Vergleich zu einem reinen Wohngebiet ist die Nahversorgung im Untersuchungsgebiet nicht
völlig unbefriedigend, denn viele kleinere Anbieter erlauben die Möglichkeit, sich mit dem Nötigsten
und auch mit Frischem zu versorgen. Allerdings fehlt ein reichhaltiges Angebot, vergleichbar mit
einem Vollsortimenter, denn die kleinen Geschäfte haben teilweise nur ein begrenztes Angebot für
einen eingeschränkten Kundenkreis. Allein die Erhöhung der Anzahl der Bewohner im Stadtteil
durch die Bebauung des Messplatzes wird zu einer deutlichen Erhöhung der Kaufkraftdichte in der
Weststadt führen und voraussichtlich ein oder mehrere Einzelhandelsgeschäfte wirtschaftlich tragbar machen. Es ist auch zu prüfen – beispielsweise mit Hilfe eines Einzelhandels- und Zentrenkonzept, ob bei einer baulichen Entwicklung des Messplatzes sogar ein Vollsortimenter angesiedelt
werden kann. Als heutige und zukünftige Kunden sind nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner
der Weststadt zu bedenken, sondern auch die hier Beschäftigten.
Entwicklungspotenzial Stadtraum-Verknüpfungen und Zentrenbildung
Durch eine Bebauung des Messplatzes mit räumlichen Bezügen und Wegeverbindungen in die
Weststadt und die Südweststadt bietet sich die Chance, die nördlich und südlich gelegenen Wohngebiete neu zu verknüpfen und an die hochwertigen Freiräume an Enz anzubinden. Die Stadt kann
an dieser Stelle "heilen" und zusammenwachsen, und der Messplatz bietet die Chance, mittel- bis
langfristig die neue Mitte der Weststadt zu werden. Eine Neubebauung darf sich nicht abgrenzen
und einen eigenen Stadtteil im Stadtteil bilden.
70
Pforzheim-Weststadt
Entwicklungspotenzial Enzauen
Neues Wohnen auf dem Messplatz wird in Verbindung mit Wasser besonders attraktiv. Gleichzeitig
laden die Enzauen die Pforzheimerinnen und Pforzheimer als Naherholungsflächen zum Spaziergang und Ausruhen ein. Eine neue Gestaltung der Uferbereiche mit breiten Grün- und Platzflächen
kann sowohl den neu hier Wohnenden als auch allen in Pforzheim vielfältige Möglichkeiten bieten.
Entwicklungspotenzial zukunftsgerichtete Mobilität
Das neue Wohnquartier könnte modellhaft für neue, zukunftsgerichtete Mobilität stehen. Innenstadtnahes Wohnen ohne eigenes Auto, aber mit einem vielfältigen Mobilitätsangebot aus Carsharing (bislang fehlen Carsharing-Standorte in der Weststadt), ÖPNV, Radwegen und Leihfahrrädern
kann vorbildlich für die gesamte Stadt sein. Das Fahrrad als kurze Verbindung in die Innenstadt
kann auch in Zusammenhang mit dem Enztalradweg besonders attraktiv sein, auch im Hinblick auf
den lokalen bis überregionalen Fahrrad-Tourismus für Einzelhandel und Gastronomie. Eine Elektro-Tankstelle oder E-Bikes könnten dem neuen Quartier in der Weststadt auch über die Stadtteilgrenzen hinaus Aufmerksamkeit verschaffen.
Entwicklungspotenzial Stadtklima
Aufgrund der heute großen versiegelten Fläche entwickelt sich besonders an Sommertagen ein
Hitzestau über dem Messplatz. Durch Dachbegrünung, viel Grün in den Freiflächen, eine Aufweitung der Enzauen und eine Bebauung, die für die Kaltluftströme entlang des Enztals durchlässig
bleibt, kann der Wärmeinsel-Effekt deutlich gemindert werden.
Entwicklungspotenzial Fernwärme
Die Wärmebedarfs- bzw. Verbrauchsdichte im Untersuchungsgebiet ist im heutigen Zustand ausreichend für den wirtschaftlichen Betrieb der Fernwärmeversorgung (vgl. Abb. 31). Mit zunehmender Verbesserung des Wärmeschutzes reduziert sich der Wärmebedarf der Gebäude, wobei nach
heutigem Kenntnisstand auch zukünftig ein wirtschaftlicher Betrieb in der Weststadt möglich ist. Ein
Teil des Fehlbetrags kann durch die Nachverdichtung im Bereich des Messplatzes sinnvoll ausgeglichen werden. Es ist davon auszugehen, dass es sinnvoll ist, die Neubebauung ebenfalls mit
Fernwärme zu versorgen.
Kurzfristige Aufwertungen
Abb. 61
Entwicklungspotenzial Wahrnehmung: Temporäre Aufwertungen
Quelle: Weeber+Partner, Rahmenplan Weststadt, 2011
Kurzfristige Aufwertungen: Entwicklungspotenzial Wahrnehmung
Bereits im Schlussbericht "Rahmenplan Weststadt" wurden neben einer mittel- bis langfristigen
attraktiven Wohnnutzung auch Vorschläge für eine kurzfristige Aufwertung im Bestand gemacht.
(vgl. Rahmenplanung Weststadt, Kap. 3.4.2) Durch Gestaltung und Veränderungen des Belags,
Aufwertungen des Uferbereichs und temporäre Nutzungen (Gastronomie, Kunst, Märkte, Sport)
kann die bislang unattraktive Fläche neu und anders in Erscheinung treten und in Schritten zunehmend als attraktiver städtischer Raum wahrgenommen werden.
Pforzheim-Weststadt
71
 Maßnahme 31: Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren
Studenten des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Architektur am Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft bei Professor Bava, haben sich mit der städtebaulichen Entwicklung
des Messplatzes in der Weststadt auseinandergesetzt und im Wintersemester 2012/2013 hierzu
verschiedene Entwürfe für das "Neue Wohnen an der Enz" erarbeitet, die im Sommer 2013 im
Rathaus Pforzheim ausgestellt waren. Die folgenden drei Arbeiten wurden stellvertretend für die
insgesamt zehn verschiedenen Entwürfe ausgewählt. Sie zeigen unterschiedliche und interessante
Lösungen für eine mögliche Bebauung auf, sie stellen aber längst noch nicht die ganze Spannweite
der Entwicklungsmöglichkeiten für den Messplatz dar. Die drei Studienarbeiten werden hier in ihrer
Bedeutung für die Entwicklung der Weststadt diskutiert.
Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser
Abb. 62 Schematische Darstellung des Entwurfs Graf/Moser, eigene Darstellung
Abb. 63 Entwurf Graf/ Moser: Gestaltungsvorschlag Enzauen
Der Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser zeichnet sich durch einen Wechsel von unterschiedlich großen Blockrandbebauungen mit dazwischen gesetzten niedrigeren Solitären aus. Die
Neubebauung nimmt die Maßstäblichkeit des angrenzenden Gebiets zwischen Habermehl- und
Karl-Friedrich-Straße auf, außerdem die bestehenden Straßenachsen und schafft auch neue
Sichtbeziehungen zur Enz hin. In dieser Bebauungsform lässt sich eine Mischung aus Wohn-,
gewerblicher und öffentlicher Nutzung gut vorstellen und ein allmähliches Zusammenwachsen mit
dem Bestand. Die geschlossenen Blöcke trennen klar zwischen privat und öffentlich und bieten
Entwicklungsmöglichkeiten für die Innenhöfe. Zur Enz hin entsteht eine breite Freifläche mit einem
weit ausschwingenden Uferbereich, der vielfältige Freiräume für Freizeit und Naherholung bietet –
nicht nur für die Neubebauung, auch für den gesamten Stadtteil.
72
Pforzheim-Weststadt
Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz
Abb. 64 schematische Darstellung des Entwurfs Platten/Schmitz, eigene Darstellung
Abb. 65 Entwurf Platten/Schmitz: Innenhöfe und großzügig angelegter Uferbereich an der Enz
Der Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz bildet eine starke Raumkante entlang der
Habermehlstraße. Dies schirmt den Verkehrslärm ab, erschwert aber auch ein stadträumliches
Zusammenwachsen mit dem nördlich angrenzenden Bestand. Der entstehende Straßenraum mit
seinen angrenzenden Erdgeschossflächen ist wahrscheinlich nur eindimensional für den Verkehr
zu optimieren, nicht aber auch qualitätsvoll für Fußgänger, Einzelhandel oder Wohnen.
Als Ausgleich zum geschlossenen Auftreten an der Habermehlstraße öffnen sich die Baublöcke zur
Enz hin, lockern auf und halten großen Abstand zugunsten einer breiten Uferzone. Diese bietet
großzügige Naherholungsflächen nicht nur für die Neubebauung, sondern auch für den gesamten
Stadtteil. Der breite Grünraum wird durch eine großzügige Freitreppe an der Fußgängerbrücke zur
Südweststadt unterbrochen.
Pforzheim-Weststadt
73
Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele
Abb. 66 schematische Darstellung des Entwurfs Dettmer/Eisele, eigene Darstellung
Abb. 67 Entwurf Dettmer/Eisele: Vogelperspektive, Freitreppe an der Enz
Der Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele erreicht eine besonders hohe Ausnutzung der
Messplatzfläche mit durchweg städtischer oder sogar großstädtischer Bebauung und hoher Dichte.
Wie der vorige Entwurf grenzt sich die Neubebauung durch eine hohe Raumkante gegenüber der
Habermehlstraße und dem nördlich angrenzenden Bestand ab, was ein Zusammenwachsen erschwert und einen eindimensionalen nur auf den Verkehr hin optimierten Straßenraum erzeugt.
Eine interessante Überlegung stellt die Uferpromenade mit urbanem Gepräge dar, in der Einzelhandel, Gastronomie und Büros gut vorstellbar sind, sofern sich an dieser Position in der Gesamtstadt ein neuer Standort wirtschaftlich darstellen lässt. Der Entwurf verzichtet zugunsten von attraktiv gelegenen Einzel- und Doppelhäusern an der Enz auf eine großzügigere Uferzone.
74
Pforzheim-Weststadt
5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit
Die energetische Stadtsanierung berührt die Interessen vieler und kann nur gelingen, wenn die
wichtigen Akteure in die Konzept- und Umsetzungsarbeit eingebunden sind, selbst aktiv werden
und so weit wie möglich am selben Strang ziehen. Die in der Konzeptphase begonnene Zusammenarbeit mit verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung, mit Wohnungsunternehmen, Stadtwerken, Gewerbetreibenden und weiteren war fruchtbar und sollte in dieser Form unbedingt weiter
verfolgt werden. Dabei kommt der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Rolle zu.
Auch wenn die Stadt auf die Zusammenarbeit und die Unterstützung durch die unterschiedlichen
Akteure angewiesen ist, bleibt ihre Rolle die entscheidende bei der energetischen Stadtsanierung.
Die Initiierung, Koordination und Vermittlung ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des von ihr beauftragten oder direkt angestellten Sanierungsmanagements. Ihm kommt auch die Aufgabe zu, die
integrierte Betrachtung der Themen im Quartier zu gewährleisten und die Verknüpfung zu weiteren
Konzepten, Planungsverfahren und Umsetzungsprojekten herzustellen.
 Maßnahme 32: Energieforum Pforzheim fortsetzen
Das Energieforum tagte während der Projektlaufzeit sechsmal und bot sowohl den vom Untersuchungsgebiet direkt betroffenen Fachleuten als auch der gesamten Stadt die neue Chance, sich zu
Fragen rund um Energie und Klimaschutz fachübergreifend auszutauschen. Dies erfolgte sowohl
zu Themen, die das Untersuchungsgebiet direkt betrafen, als auch zu allgemeinen Themen wie
Wohnqualität, Finanzierungsmöglichkeiten usw. Eine Fortführung des Gremiums wird in folgender
Weise vorgeschlagen:
¯ Erste Sitzung mit Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements zur Information über Ziele, Arbeitsweise und Einbindung der Akteure in die Umsetzungsphase. Die Stadtverwaltung bzw. das
Sanierungsmanagement soll einladen.
¯ Weitere 1-2 Sitzungen im Abstand von ca. 2 Monaten mit direktem Bezug zur Arbeit im Quartier
¯ Danach Öffnung der Themen und des Teilnehmerkreises hin zu einer gesamtstädtischen Betrachtungsweise. Sitzungstermine ca. zwei- bis dreimal pro Jahr. Mit der Öffnung soll die Initiative vom Sanierungsmanagement auf eine breitere Verantwortung gestellt werden, beispielsweise im Wechsel durch die wichtigsten Akteure.
 Maßnahme 33: Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-FriedrichStraße
Das Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt ist sehr gut vernetzt und kennt
die Strukturen, Schlüsselpersonen, Sorgen und Potenziale der Bewohnerinnen und Bewohner rund
um die Kaiser-Friedrich-Straße am besten. Außerdem existiert ein Büro der Stadt, das gegebenenfalls noch besser ausgelastet werden kann. Hier sollen sowohl in personeller als auch räumlicher
Form Synergien ausgeschöpft werden.
 Maßnahme 34: Wohnungsunternehmen: Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen
Die Wohnungsunternehmen haben ihren Gebäudebestand überwiegend mindestens auf die EnEVAnforderungen gebracht, daher ist das Einsparpotenzial in der Gebäudehülle begrenzt. Sie sind
aber prinzipiell offen für alternative Wärmeversorgungskonzepte über Blockheizkraftwerke und
Wärmenetze – sofern nicht bereits ein Anschluss an die Fernwärme besteht – und auch für
Contracting-Modelle. Die aktuelle Mietrechtsänderung erleichtert den Wechsel der Wärmeversorgung und berücksichtigt auch Contracting. Eine mögliche gemeinsame Heizzentrale kann für die
Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 entstehen, vgl. Kap. 5.4.
Für dieses Projekt besteht Bedarf zur Koordination der Beteiligten und evtl. auch in baurechtlichen
Fragen beim Bau einer Wärmeleitung.
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 Maßnahme 35: Wohnungsunternehmen: Information der Mieter zum Energiesparen verstärken
Der Energieverbrauch eines Gebäudes wird wesentlich auch vom Nutzerverhalten beeinflusst. Viel
erreichen kann oft eine persönliche Energiesparberatung der Mieter. Die Mieter sind als Verbraucher auch eine Zielgruppe für die Umsetzung der energetischen Stadtsanierung. Es geht um einen
insgesamt verantwortungsbewussten Umgang mit Energie, nicht nur um Investitionen. Hier geht es
um Unterstützung der Wohnungsunternehmen bei der Beratung und den richtigen Kommunikationswegen.
 Maßnahme 36: Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivieren
Der Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 war der Start in die Zusammenarbeit mit den Einzeleigentümern. Die Resonanz war nicht die erwartete und hat gezeigt, mit wie viel
Beharrlichkeit und Ausdauer das Thema auf allen Kanälen der Ansprache und Informationsarbeit
weiter verfolgt werden muss. Neben zentralen Veranstaltungen ist die Energieberatung eine der
wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in die energetische Sanierung. Sie bietet die Möglichkeit, mit
den Bauherren ins direkte Gespräch zu kommen.
Das Energie- und Bauberatungszentrum Pforzheim/Enzkreis (EBZ) ist dazu hervorragend aufgestellt, aber die Angebote sind vermutlich zu wenig bekannt. Aufgabe des Sanierungsmanagements
ist es, zusammen mit dem EBZ das bestehende Beratungskonzept für die Erstberatung und die
darauf aufbauenden Beratungs- und Planungsschritte zu optimieren.
 Maßnahme 37: Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Energetische Stadtsanierung auf der Maßstabsebene eines Quartiers ist für viele Bürgerinnen und
Bürger und selbst für Fachleute aus den Bereichen Energie und Klimaschutz nicht selbstverständlich und voraussichtlich weiterhin erklärungsbedürftig. Hier liegt eine besondere Aufgabe, Sinn und
Zweck der bevorstehenden Umsetzungsphase verständlich zu machen. Dabei ist es auch wichtig,
manche abstrakt erscheinenden Themen auf eine leicht verständlichere Betrachtungsebene "herunterzubrechen". So kann es beispielsweise zielführender sein, Wohnungseigentümer für Wohnkomfort und Lebensqualität zu gewinnen als für Klimaschutz und Energieeffizienz. Um die Breitenwirkung auch weiterhin zu sichern, ist für die Öffentlichkeitsarbeit ein breit aufgestelltes Methodenkonzept erforderlich. Wichtig ist es, vielfältig und in verschiedenen Formen der Ansprache auf die
Betroffenen – insbesondere die privaten Eigentümer – zuzugehen. Neben den klassischen Informationswegen Presse und Internet ist auch der direkte Kontakt in den Beratungen und Vor-OrtVeranstaltungen besonders zielführend. Die ersten Schritte für das Sanierungsmanagement sind:
¯ Pressegespräch zum Projektstart organisieren:
Der offizielle Start der Umsetzungsphase mit dem Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements
muss genutzt werden, um die Mitarbeiter der Redaktionen (freie Journalisten, Redakteure) für
ein Pressegespräch zu gewinnen, möglichst zusammen mit dem Baubürgermeister. Hierbei ist
Gelegenheit, im persönlichen Gespräch den nicht immer leicht nachvollziehbaren Weg von der
(theoretischen) Konzeption zur baulichen Umsetzung zu erläutern. Damit kann eine gute Basis
für weitere Zeitungsartikel geschaffen werden, für die dann einfache Pressemitteilungen genügen, weil das Verständnis für das Thema bereits aufgebaut wurde.
¯ Regelmäßige Pressemitteilungen für die Tagespresse schreiben, möglichst als Artikelserie:
Auf der Basis des oben genannten Pressegesprächs kann über einen längeren Zeitraum von
einigen Monaten mit Pressemitteilungen für die Tagespresse gearbeitet werden, idealerweise
als Artikelserie zur energetischen Stadtsanierung. Die Beiträge können sich zum einen direkt
auf das Sanierungsgebiet beziehen, aber auch weitere Aspekte aufzeigen (zum Beispiel Fördermöglichkeiten und -konditionen, Kombination von energetischer Sanierung und altersgerechtem Umbau usw.). Alle Presseinformationen müssen vom Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Pforzheim koordiniert werden. Ein Artikel pro Monat gewährleistet ein Minimum an Präsenz des Projektes in der Öffentlichkeit.
76
Pforzheim-Weststadt
 Maßnahme 38: Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten
Das Projekt zur energetischen Sanierung und insbesondere das Sanierungsmanagement benötigt
eine eigene Internetpräsenz, möglichst als Teil der Homepage der Stadt Pforzheim. Hier können
Interessierte permanent weitere Informationen erhalten, auch Verlinkungen zu wichtigen externen
Informationsquellen. Die eigene Seite ermöglicht es auch, sich kompakt über alle aktuellen Veranstaltungen und Angebote des Sanierungsmanagements zu informieren, auch über die Öffnungszeiten des gegebenenfalls in der Kaiser-Friedrich-Straße eingerichteten Büros (vgl. Kap. 6.2).
 Maßnahme 39: Besondere Marketingmittel: Das Thema Energie und Klimaschutz bei
den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen
Schon im persönlichen Verbrauchsverhalten (Nutzerverhalten) liegen erhebliche Einsparpotenziale,
dabei sind einfache Möglichkeiten wie effektives Lüften nicht allen bekannt. Viele Bürgerinnen und
Bürger müssen überhaupt erst einmal für das Energiesparen sensibilisiert werden. Hier kommt
dem Sanierungsmanagement eine besondere Rolle der Aufklärung, Information und Überzeugungsarbeit zu. Die Themen sollen durch mediale Präsenz im Quartier und darüber hinaus ständig
präsent sein. Dazu können auch Plakate geklebt oder ein Riesentransparent an einer leeren
Hauswand oder über die Straße gespannt werden. Auch die Nutzung und weitere Verbreitung des
im Rahmen des Integrierten Quartierskonzepts produzierten Films zum Energiesparen soll in diesem Zusammenhang intensiviert werden.
77
Pforzheim-Weststadt
6 Vorbereitung der Umsetzungsphase
6.1 Maßnahmenkatalog
Der Maßnahmenkatalog geht aus dem Integrierten Handlungskonzept aus Kapitel 5 hervor, die
ausführliche Erläuterung findet sich dort. Für die Vorbereitung, Koordination und Umsetzung ist in
der Regel das Sanierungsmanagement zuständig. Die Maßnahmen sind in Kurzform beschrieben
und bekommen als Gewichtung eine zeitliche Priorität. Prinzipiell ist eine Vorgehensweise in Stufen
realistischer und leichter umsetzbar als das längerfristig angelegte Klären von Konzepten und
Rahmenbedingungen für ein großes zusammenhängendes Projekt. Trotzdem ist es wichtig, bei
einigen Maßnahmen einen "langen Atem" zu bewahren, beispielsweise bei einem Entwicklungskonzept für den Messplatz.
Kategorien
 sofort loslegen bzw. begonnene Arbeit intensiv fortführen
 intensiv vorbereiten
 stetig, mit längerem Zeithorizont angehen
 Gelegenheiten suchen und nutzen
Für die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs ist darüber hinaus zu beachten:
¯ Baldige Umsetzung erster Pilotprojekte mit Ausstrahlung
¯ Raum für innovative Projekte schaffen
¯ Strukturen für Beteiligung und Kooperation schaffen (das ist zum Teil im Rahmen der Konzeptentwicklung Quartierskonzept schon geschehen: Energieforum, Energietag, Energiefilm). Hier
ist es wichtig, an bereits aufgebauten Strukturen anzuknüpfen und sie weiterzuentwickeln
¯ in städtischen Handlungsprogrammen verankern
1 Gebäude und Gebäudehülle
M1 Sektor Wohnen:
Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen

M2 Sektor Wohnen:
Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen

M3 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe

M4 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD):
Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln

M5 Sektor öffentliche Gebäude:
Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten

M6 Sektor öffentliche Gebäude:
Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen

2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser
M7 Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen

M8 Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht

78
Pforzheim-Weststadt
3 Wohnkomfort
M9 Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung
mit Schallschutzmaßnahmen

4 Gute Beispiele und Musterkonzepte
M10 "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren

M11 Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren

M12 Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer Energien

M13 Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen. Energieeffizienzprojekte unterstützen

5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden,
Denkmalschutz
M14 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale):
Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalgeschützte Rückfassaden dämmen

M15 Erhaltenswerte Gebäude:
Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht
geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen.

M16 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus) exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und
Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen und Türen originalgetreu oder passend erneuern

M17 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten:
Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich

M18 Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen

6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume
M19 Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen

M20 Gestaltungsschwerpunkt setzen: von Maihälden zur Enz

M21 Westliche Karl-Friedrich-Straße Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen

M22 Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen

M23 Blockinnenbereiche aufwerten

79
Pforzheim-Weststadt
7 Mobilität
M24 Mobilitätskonzept erstellen

M25 Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen

M26 Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen

8 Stadtklima
M27 Hitzeinseln entschärfen

M28 Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten

9 Bebauung Messplatz
wird nicht weiter verfolgt
M29 Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz

M30 Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen: neue
Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung, Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme

M31 Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren

10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und
Öffentlichkeitsarbeit
M32 Energieforum Pforzheim fortsetzen

M33 Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-Straße

M34 Wohnungsunternehmen:
Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen

M35 Wohnungsunternehmen:
Information der Mieter zum Energiesparen verstärken

M36 Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivieren

M37 Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit

M38 Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten

M39 Besondere Marketingmittel:
Das Thema Energie und Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen

80
Pforzheim-Weststadt
6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements
Die Stadt Pforzheim möchte die mit diesem Quartierskonzept begonnene Arbeit zur energetischen
Stadtsanierung von einem aus dem KfW-Programm geförderten Sanierungsmanagement fortführen lassen. Die Förderkonditionen dazu wurden im Juli 2013 von der KfW angepasst. Ein Sanierungsmanagement wird jetzt für maximal drei Jahre bis zu einem Höchstbetrag von 150.000 Euro
bezuschusst, wobei der Zuschuss 65 Prozent der förderfähigen Kosten beträgt.
Die Arbeit wird in den die Schwerpunkten Initiierung von Umsetzungsmaßnahmen, Koordination
der Projektbeteiligten, Beratung (teilweise auch Energieberatung) und Öffentlichkeitsarbeit umfassen. Wichtigste Aufgabe ist es, die in Kapitel 5 beschriebenen Handlungsfelder und Maßnahmen
zu initiieren, voranzutreiben und umzusetzen.
Das Sanierungsmanagement kann entsprechend den Förderkriterien der KfW sowohl von einer
externen Fachperson übernommen werden als auch von der Stadtverwaltung selbst. Es wird die
koordinierende Schnittstelle zwischen Stadtverwaltung, Stadtwerken, Dienstleistern, lokalen Akteuren und Eigentümern sein. Es sollte mindestens als Halbtages-, besser Ganztagesstelle eingerichtet sein und mit einer Fachperson mit Qualifikationen im Projektmanagement, in der Koordination
und insbesondere in der Kommunikation besetzt sein. Die Person soll ausreichend Erfahrung in
mehreren der folgenden Bereiche mitbringen: Energiemanagement, Energieeinsparung, Energieversorgung, energetische Sanierung von Gebäuden, Stadtentwicklung, Stadtumbau- oder Quartiersmanagement, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Beratung und Beteiligung. Selbständiges
Arbeiten, gute kommunikative Fähigkeiten und sicheres Auftreten sind von großem Nutzen für die
anstehenden Aufgaben.
Eine einladende und attraktive Präsenz im Sanierungsgebiet sollte durch ein temporäres oder
dauerhaftes Büro erreicht werden, das als zentrale Anlaufstelle dient. Hierfür bietet sich die Kooperation mit dem Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt in der KaiserFriedrich-Straße an, um personelle und räumliche Synergien auszuschöpfen.
6.3 Qualitätssicherung und Monitoring
Das Sanierungsmanagement ist das Projektmanagement und somit die zentrale Stelle zur Umsetzung des Integrierten Quartierskonzepts. Die Einsetzung eines Kümmerers und Koordinators ist die
wesentliche Grundlage zur Qualitätssicherung.
Zielwerte festlegen und überprüfen
Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, in Abhängigkeit von den gewählten Maßnahmen aus
dem Integrierten Quartierskonzept zur Wirkungskontrolle ein geeignetes Monitoring-Konzept weiter
auszuarbeiten. Dies soll in enger Abstimmung mit mindestens dem Planungsamt, dem Umweltamt
und dem Klimaschutz-Management erfolgen. Dies können zum Beispiel die Zahl der Energieberatungen, die Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen – beispielsweise durch die
erreichte Sanierungsrate – sein. Hierfür sind 2% pro Jahr ein erfolgreicher Wert (im Vergleich:
Durchschnitt in Deutschland 1 %). Zur Überprüfung der Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen ist es erforderlich, eine jährliche Erhebung im Untersuchungsgebiet zu machen.
Die Erhebung kann unterstützt werden durch eine Auskunftspflicht derjenigen Bauherren, die eine
geförderte Energieberatung in Anspruch genommen haben. Eine CO2-Bilanz auf der Basis tatsächlicher Verbräuche ist nur unter erheblichem Aufwand und umfangreicher Auskunft der vielen Eigentümer (beispielsweise zu Energieträgern) zu bewerkstelligen und daher eher unrealistisch.
Verstetigung
Zu einer soliden Strategieentwicklung gehört auch, von Anfang an über das Projektende hinaus zu
denken, wenn die Arbeit des Sanierungsmanagements beendet ist: tragfähige Strukturen, Personen und Netzwerke, die die wesentlichen Ziele und Erkenntnisse aus dem Projekt fortführen.
81
Pforzheim-Weststadt
6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten
Teilweise sind die Vorgehensweisen, die in der Weststadt
entwickelt wurden, auf andere Stadtteile leicht übertragbar,
teilweise bleiben sie spezifische Quartiersthemen. Um die
Übertragbarkeit auf die Gesamtstadt sicher zu stellen,
wurden oben bereits erläuterte und mögliche weitere
Herangehensweisen in einem "Städtebaulichen Werkzeugkasten" zusammengefasst. Er soll helfen, die wichtigsten
Arbeitsschritte strukturiert anzugehen, und die Übertragbarkeit auf die gesamtstädtische Ebene erleichtern.
Werkzeug
Ziel
Gebrauchsanleitung
Grundlagen für das Handeln schaffen
Beitritt Klimabündnis usw.
Klimaschutzziele festlegen
Zieldefinition, Beschlussfassung
Gemeinderat
Rahmenplan Energetische
Stadtsanierung
Quartiersentwicklung
festlegen
Aufstellung Leitlinien, Ziele und
(grobe) Maßnahmen
Energieleitlinie für eigene
Liegenschaften
Klimaschutz in eigenen
Liegenschaften, Vorreiterrolle der Kommune etablieren
Aufstellung einer Energieleitlinie,
Umsetzung durch das Gebäudemanagement und Kommunikation der
Leitgedanken und Erfolge (Betreiber
v.a. öffentlicher Gebäude)
Motivation
Stadt als Vorreiter bei
Klimaschutz etablieren
Öffentlichkeitsarbeit durch Klimaschutzleitstelle, Pressestelle. Regelmäßige Veröffentlichungen, Aktionen, Logo usw.
Energieberatung
Bekanntheit der Fördermöglichkeiten steigern
Vortrag, ständige Beratung durch
IHK; Energieberatungsstelle
Förderberatung
Erhalt von Baukultur
Information und beim Bauherren
Interesse wecken durch Gespräche,
Beispiele etc.
Information "Dämmen und
Baukultur“
Bauherren, Bauträger,
Wohnungswirtschaft zum
Mitmachen motivieren
Gelungene Beispiele aktiv einbringen und vermarkten. Für die breite
Information zu einfach reproduzierbaren Beispielen sind "good practice"-Beispiele oft besser als
"Leuchtturmprojekte"
„good practice“ Projekte
veröffentlichen und fördern
Darstellung von – auch in
wirtschaftlicher Hinsicht –
gelungenen Beispielen,
Handlungsmöglichkeiten
aufzeigen und Motivation
verbessern
Zur allgemeinen Motivation sind
"good practice“ -Beispiele oftmals
wichtiger als Leuchtturmprojekte, da
sie auf dem Boden der breiten Umsetzbarkeit gründen. Hierbei spielen
auch Fragen der wirtschaftlichen
Umsetzbarkeit eine große Rolle.
Öffentlichkeitsarbeit
82
Pforzheim-Weststadt
Werkzeug
Ziel
Gebrauchsanleitung
Leuchtturmprojekte
darstellen
Innovationen darstellen
Um (technische) Innovationen
und/oder neue Wege aufzuzeigen,
sind solche Projekte unverzichtbar.
Sie genießen hohe Aufmerksamkeit
und sind Motivator.
Einbindung und Vernetzung der Akteure
Akteursgespräche mit Fragebogen oder Checkliste
Lokale Akteure finden und
einbinden
Aktivitäten, Akteure und Multiplikatoren gezielt ansprechen, zum Gespräch aufsuchen, kennenlernen, in
weitere Arbeitsschritte einbinden
Energieforum
Stadtwerke, Wohnungswirtschaft, betroffene
Ämter einbinden
Gesprächsrunde mit den Akteuren
Gestaltungsbeirat
Gestaltung diskutieren
und sichern
Ein Gestaltungsbeirat aus motivierten und fachkundigen Planern, Architekten u.ä. kann sowohl im Sanierungsfall als auch im Neubaubereich
wichtige Impulse geben
Sanierungsmanagement /
Quartiersmanagement
Umsetzung und Verstetigung der Aktionen
Neues Angehen
In vielen Prozessen besteht die
Gefahr, dass nach anfänglich großem Zulauf der Prozess versandet.
Hier kann ein/e Sanierungsmanager/in als dauernder Ansprechpartner und "Kümmerer“ für Umsetzung,
Verstetigung und für neue Aktionen
sorgen
Grundlagenermittlung, Datensammlung (Input)
Akteursgespräche mit Fragebogen oder Checkliste
Wie funktioniert der Stadtteil? Stärken und Schwächen, Stolpersteine identifizieren
Aktivitäten, Akteure und Multiplikatoren gezielt ansprechen, zum Gespräch aufsuchen, kennenlernen, in
weitere Arbeitsschritte einbinden
Begehung zur Bestandsanalyse
Überblick über den Gebäudezustand, besondere
Gegebenheiten und Charakter des Ortes bekommen
Baualtersklassen zuordnen und
Sanierungszustand aufnehmen
Schornsteinfegerdaten
Verbrauchsdaten- und
Energieträger-Analyse
Bezirksschornsteinfegermeister und
Innung ins Boot holen
Fragebogen an Eigentümer
und Haushalte
Verbrauchsdaten- und
Energieträger-Analyse
Repräsentative Umfrage
EVU
Gute Kenntnis des Energieverbrauchs des Stadtteils
Verbrauchsdaten der Energielieferanten (vor allem der Primärversorger z.B. Stadtwerke) einbinden
83
Pforzheim-Weststadt
Werkzeug
Ziel
Gebrauchsanleitung
Gebäudetypologie
Gebäude in der Stadt /
dem Stadtteil klassifizieren
Neben der reinen Klassifizierung,
die für viele Städte direkt oder ausreichend genau vorhanden ist, ist
die Erstellung (und ggf. die Verortung) der Gebäudezahlen wichtige
Grundlage des Handelns.
Ortsanalysen
Energieverbraucher und
Energiegewinnung identifizieren, abstimmen. Potenziale ermitteln
Durch verortete Analysen wird gezieltes Handeln möglich. Hieraus
ergibt sich eine wichtige Ergänzung
zu stadtweiten Aussagen z.B. eines
Klimaschutzberichts.
Datenanalyse, Potenzialermittlung (Output)
Begehung Baudetailkatalog
Überblick über die Kategorien Denkmalschutz,
Gestaltungsmerkmale,
Details
Katalogisieren
Analyse Sozialstrukturen
Erreichbarkeit der Eigentümer und Wohnungsnutzer abschätzen. Je nach
Alter, Haushaltsgröße,
sozialer Lage etc. unterschiedliche Interessen
Städtische Daten verwenden und
aufbereiten.
Potenzialkarte
Einsparpotenziale identifizieren
Aus Bestandsanalyse und Zustandsszenario Potenzial berechnen
Handlungskonzept und Maßnahmen
Bebauungsplan, weitere
Satzungen
Konflikt zwischen Wärmeschutz und Überschreitung der Grundstücksfläche abmildern
B-Plan aufstellen, ändern:
Ausnahmen zulassen: Einbindung
Baurechtsamt, Beschlussfassung
Gemeinderat
Versorgungskarte (z.B.
Energieträger) aufstellen
Ausbau der regenerativen
Energieträger, Ausbau
Fernwärme
Aktiv in die Wärmeversorgung des
Stadtgebiets einsteigen und steuern.
Gespräche mit Makro-Akteuren (z.B.
Stadtwerke)
Energieverbrauchskarten
und Energiebedarfskarten,
Potenzialkarten
Energieverbrauch und
Energieerzeugung (verortet) identifizieren
Hieraus ergeben sich örtlich bezogene Handlungsempfehlungen.
Integriertes Entwicklungskonzept
Synergien generieren:
a. Klimaschutz, Energieeinsparung und -effizienz
b. Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität:
- Wohnkomfort Gebäude
- Wohnumfeld
c. Verkehr verringern:
- kurze Wege erleichtern
- Nahversorgung
- alternative Mobilität
Auswahl eines geeigneten Gebietes
auf der Grundlage einer gesamtstädtischen Schau:
- wo sind größten Einsparpotenziale
- wo bestehen die größten Chancen
auf Umsetzbarkeit (Erreichbarkeit
der Eigentümer, Ausbau der (Fern-)
Wärmeversorgung usw.
- wo ist die größte Vorbildwirkung zu
erwarten
- Städtebaulicher Werkzeugkasten
84
Pforzheim-Weststadt
7 Literatur
Aminde, Jochen (2011): Der Energienutzungsplan – Ein neues Planungsinstrument auf dem Prüfstand. Masterarbeit an der Hochschule für Technik Stuttgart. Stuttgart.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG), das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) sowie die Oberste
Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (OBB im StMI). (2011): Leitfaden zur
Erstellung eines Energienutzungsplanes. München
BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2012): Energetische Sanierung: Denken im Quartier.
Berlin.
BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2013): Stadtquartiere sanieren: Sozial Ökologisch Ästhetisch. Berlin.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS); Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Hrsg.) (2009): Ursachen und Folgen des Klimawandels durch
urbane Konzepte begegnen Skizzierung einer klimawandelgerechten Stadtentwicklung. BBSROnline-Publikation 22/2009. urn:nbn:de:0093-ON2209R158
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (2011):
stadt:pilot spezial. Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz in der Stadt von morgen. Berlin/Bonn.
Erhorn-Kluttig, Jank und 8 weitere Autoren (2011): Energetische Quartiersplanung, Methoden –
Technologien – Praxisbeispiele. Stuttgart
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (2010): Energie und Ortsplanung, Arbeitsblätter für die Bauleitplanung. München
Staatsministerium Baden-Württemberg (2013): Eckpunkte für eine Novellierung des EWärmeG
nach Kabinettsbeschluss vom 11. Juni 2013.
Stadt Pforzheim (2011): Rahmenplanung Weststadt. Bearbeiter Weeber+Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung. Stuttgart
Pforzheim-Weststadt
85
8 Quellen
[EU 2002/91/EG]
Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von
Gebäuden. Brüssel, 4. Jan. 2003
[EnEV 2009]
Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und
energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden
(Energieeinsparverordnung, Neufassung vom 29. April 2009).
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil 1 Nr. 23, Bonn 30.April 2009.
[EnEV 2014]
Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung, nach
dem Beschluss vom 16.10.2013). Noch nicht amtlich veröffentlcht.
[EnEV RegelnNiWo09]
Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und der
Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand. Vom 30. Juli 2009.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
[EWärmeG-BW2007]
Gesetz zur Nutzung erneuerbarerWärmeenergie in BadenWürttemberg (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWärmeG).
Gesetzesbeschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 7.
Nov. 2007. Drucksache 14 / 1969.
[EEWärmeG-2009]
Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich
(Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz EEWärmeG). 1. Jan 2009
[Nahwärme BaWü]
Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.).
Nahwärmekonzepte. Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare
Energien. Stuttgart 2007.
[LF KomKlimaschutz]
Difu - Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Hrsg.) Praxisleitfaden
Klimaschutz in Kommunen. Berlin, 2011.
[LF EnergStadt]
BMVBS - Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(Hrsg.). Handlungsleitfaden zur Energetischen Stadterneuerung.
Berlin, Juni 2011.
[KEA 2011]
Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.
Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim. KEA 12-2011
[KEA 2011-2]
Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest.
Klimaschutzkonzept Pforzheim Maßnahmenkatalog. KEA 2011
[KEA BM 2011]
"Aktionsplan für nachhaltige Energie“ (Sustainable Energy Action Plan
– SEAP) der Stadt Pforzheim für den Konvent der Bürgermeister.
19.4.2011.
[RP Karlsruhe 2006]
Luftreinhalte-/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.
Regierungspräsidium Karlsruhe 2006.
[RP Karlsruhe 2012]
Fortschreibung Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe.
Regierungspräsidium Karlsruhe 2012.
[VEP 2009, Kurzfassung]
Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH Aalen/Stuttgart.
Verkehrsentwicklungsplan Stadt Pforzheim 2009
86
Pforzheim-Weststadt
9 Anhang
9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in Pforzheim
Präambel
Der Klimawandel ist eines der größten und in weiten Bereichen nicht mehr zu vermeidenden Probleme, dem die Weltgemeinschaft gegenübersteht. Hauptursache der globalen Erwärmung ist die
Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Klimaschutz fällt dabei nicht allein in die Zuständigkeit von Staatsregierungen.
Auch auf kommunaler Ebene bestehen Gestaltungsspielräume zur Einflussnahme auf die Arten der
Energiegewinnung und auf die Menge der Energieverbräuche. Städte und Gemeinden können
beim Klimaschutz beispielhaft vorangehen, geeignete Rahmen setzen sowie ihre Bürger sachverständig informieren und beraten.
Leitbild
Die Stadt Pforzheim verpflichtet sich dem Leitbild einer nachhaltigen und ressourcenschonenden
Stadtplanung. Zukünftig sollen die Flächennutzungsplanung, die Bebauungsplanung und informelle
städtebauliche Planungen auf ihre Auswirkungen auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und
Klimaschutz geprüft werden.
Ziele einer nachhaltigen und energieeffizienten Stadtentwicklung
¯ Der Flächenverbrauch soll begrenzt werden. Die Innenentwicklung genießt Vorrang gegenüber
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯
¯
der Erschließung von weiteren Baulandflächen: "Innenentwicklung vor Außenentwicklung"
Es soll eine kompakte und verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur erreicht werden.
Bei der Erschließung von neuen Baulandflächen ist eine ressourcenschonende Konzeption zu
wählen.
Mit einem klimagerechten Städtebau sollen Bodenversiegelungen reduziert und ein günstiges
Kleinklima geschaffen werden.
Durch eine „Stadt der kurzen Wege“ soll die Nutzungsmischung und die Reduzierung des MIVAufkommens gefördert werden.
Es sollen ressourcenschonende Verkehrsmittel (Fahrrad, ÖPNV usw.) besonders unterstützt
werden.
Der Bebauungsplanung werden energieeffiziente Siedlungskonzepte und eine klima- und umweltfreundliche Energieversorgung zugrunde gelegt.
Wo technisch und wirtschaftlich sinnvoll, sollen gegenüber den gesetzlichen Standards erhöhte
energetische Standards festgelegt werden.
Die Wärmeversorgung der Gebäude soll mit einem hohen Anteil regenerativer Energie erfolgen
Der Ausbau regenerativer Energiegewinnung vor Ort soll unterstützt werden
In der Stadtentwicklung sollen bedarfsgerechte Wohnformen gefördert werden
In der Stadtentwicklung soll das barrierefreie Wohnen im Innen- und Außenbereich unterstützt
werden.
Pforzheim-Weststadt
87
Wegweiser
Zur Umsetzung des städtischen Leitbilds für eine nachhaltige und energieeffiziente Stadtplanung in
Pforzheim bieten die folgenden Wegweiser eine wichtige Orientierung:
¯ Die kompakte Stadt mit hinreichend hoher städtebaulicher Dichte: Eine kompakte, sich vor-
¯
¯
¯
¯
¯
¯
nehmlich nach innen entwickelnde Stadt verringert die Ausweitung der Siedlungsfläche und
damit die Ausgesetztheit von Siedlungsflächen gegenüber Klimaänderungen. Gleichzeitig bleiben dadurch CO2-Senken im Freiraum bestehen.
Eine kleinräumige Mischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit im Vergleich zu
gering verdichteten und monofunktionalen Quartieren am Stadtrand oder im Umland: Die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems kann auf diese Weise auch dann erhalten bleiben, wenn
einzelne Teile vorübergehend ausfallen.
Ein engmaschiges Infrastrukturnetz zur Energieversorgung mit vielen Knoten bietet die Voraussetzung für den Einsatz dezentraler Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien und somit
zur Minderung von CO2-Emissionen.
Verringerung des Ressourcenein- und umsatzes, Abfall- und Verkehrsvermeidung zur Minderung von CO2-Emissionen.
Erhöhung der Robustheit neu entwickelter Siedlungsflächen: Eine erhöhte Robustheit kann den
negativen Einfluss klimabedingter Extremwetterereignisse oder schleichender Umweltveränderungen verringern.
Die durchgrünte Stadt bietet die Voraussetzung für ein angenehmes Stadtklima.
Soziokulturelle Leitbilder: Neben Aspekten der Stadtplanung gehört auch der gesellschaftliche
Wertekanon zum Leitbild einer klimagerechten Stadt. Modelle für nachhaltigere Lebensstile oder die aktive Übernahme von Verantwortung für kommende Generationen erweitern diesen
Wertekanon und sind wichtiger Bestandteil einer Richtschnur hin zur klimagerechten und energieeffizienten Stadt.
Vorgehen zur Weiterentwicklung und Verabschiedung des Leitbildes
Damit das Leitbild seine Funktion als Richtschnur für die Stadtentwicklung erfüllen kann, sollte es:
¯ möglichst in Zusammenarbeit sowie im Konsens mit allen Akteuren und Akteurinnen der Stadtentwicklung entstehen,
¯ Bürger und Bürgerinnen bei der Entwicklung des Leitbildes einbeziehen,
¯ ganzheitlich angelegt sein und sich damit im Gleichgewicht befinden zwischen einer systematischen und konzeptorientierten Gesamtstrategie und den einzelnen Strategien der beteiligten
Akteure (z. B. Wohnungsunternehmen, Energieversorger, aktive Bürgergruppen und Vereine).
(s. Deutscher Städtetag, S.14),
¯ in eine zielgerichtete Umsetzung und Prozessgestaltung eingebettet sein,
¯ durch ein funktionierendes Monitoring begleitet werden,
¯ in der Erstellung sowie bei der Umsetzung personell und finanziell hinterlegt sein,
¯ durch den Beschluss politischer Entscheidungsträger legitimiert werden. Danach kann das
Leitbild als Grundlage für alle raumrelevanten Planungen dienen (s. BBSR 24/2009, S.7).
(Quelle: Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder / Alianza
del Clima e.V., http://www.klimascout.de, 7.2.2014)
88
Pforzheim-Weststadt
9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen
Ziel ist es, nach Möglichkeit flächendeckend Bilanzen nach verschiedenen Sektoren (Wohnen,
Gewerbe etc.) sowie verschiedenen Energieträgern (Fernwärme, Strom, Gas etc.) aufzustellen.
Hierbei können grundsätzlich verschiedene Ansätze gewählt werden.
1 Verbrauchsanalyse
Die Verbrauchsanalyse basiert auf Messwerten, wie z.B. dem Endenergieverbrauch Gas für
Gebäudebeheizung und Warmwasser. Diese Werte stehen in der Regel nicht zur Verfügung
oder können aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise übermittelt werden.
2 Bedarfsanalyse
Bedarfswerte sind Rechenwerte, die auf standardisierten Annahmen über Gebäude und Nutzung beruhen. Alle rechnerischen Nachweisverfahren, z.B. EnEV, basieren auf Bedarfsberechnungen. Bei städtebaulichen Analysen stützen sich Bedarfsberechnungen auf die musterhaften
Berechnungen anhand von Typengebäuden nach Baualter, Größe, erneuerte Elemente etc.
3 Top-Down-Methode
Hierbei werden landes-, kreis- oder stadtspezifische Daten auf Quartiersebene heruntergebrochen. Es ist klar, dass bei dieser Methode quartiersspezifische Eigenheiten verloren gehen. Im
Kontext von Quartierskonzepten kann diese Methode allenfalls hilfsweise zum Einsatz kommen.
4 Bottom-Up-Methode
Ausgehend vom einzelnen Gebäude werden Daten auf möglichst feinem Raster (Gebäude,
Liegenschaft) erhoben und summiert. Der Datenschutz kann bei dieser Methode problematisch
sein. Zudem stehen die Daten oft nicht so fein zur Verfügung.
Vor- und Nachteile der Verbrauchs- und Bedarfsanalyse sind in Tab. 9 gegenübergestellt. Es ist
klar, dass die Bilanz nicht ausgeglichen sein kann. Der Stadtteil (und auch Pforzheim) versorgt sich
nicht selbst mit Energie für Gebäudeheizung und Gebäudebetrieb. Ziel der Analysen ist vielmehr,
die Möglichkeiten der Bedarfsreduktion auszuloten und eine möglichst umfassende regenerative
Versorgung sicherzustellen.
Vorteil
Bedarf
Nachteil
Vorteil
Verbrauch
Nachteil
Tab. 9
Kann sehr gut Bottom-Up für Quartiere (mit begrenzter Gebäudeanzahl)
angewandt werden
Kann ohne Kenntnis der Verbrauchsdaten ermittelt werden
Kann flächendeckend ermittelt werden
Ermöglicht Potenzialermittlung
Ungenauer als Verbrauchsanalyse (aufgrund beschränkter Kenntnis
über Gebäude, Nutzung)
Beinhaltet nicht den Energieträger der Versorgung
Ohne Energieträger keine CO2 Bilanz möglich
Schwierig für wenig standardisierte Sektoren, Gewerbe, Denkmäler
usw.
Liefert auch Energieträger
Berücksichtigt Nutzung sehr gut
Auch bei Gewerbe etc.
Witterungsbereinigung muss durchgeführt werden, Bilanzzeitraum für
ca. 3 Jahre
Liegt in der Regel nicht flächendeckend vor
Datenschutz muss beachtet werden
Potenzialanalyse nur sehr ungenau über Benchmarks möglich
Vergleich Verbrauchs- und Bedarfsanalyse (Auswahl). Quelle ebök
Pforzheim-Weststadt
89
9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe
Bei der Benennung energetischer Größen meint Verbrauch gemessene Größen. So ist z.B. der
Endenergieverbrauch Gas eine am Zähler ablesbare Größe. Berechnete energetische Größen
werden dagegen mit Bedarf bezeichnet. Der oben genannte Heizenergiebedarf (oder Heizwärmebedarf) ist z.B. die berechnete Menge an Wärme (Nutzenergie s.u.), die an die Räume eines Gebäudes zur Beheizung abgegeben wird. Im städtebaulichen Kontext wird der Energiebedarf in
absoluten Größen der Jahresarbeit (Megajoule MJ/a oder Megawattstunden MWh/a) angegeben.
Spezifische Größen eines Gebäudes beziehen sich in der Regel auf die Nutzfläche eines Gebäudes in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²a)). Für die Versorgung, insbesondere
bei zentralen Varianten, ist neben der Jahresarbeit die nachgefragte Leistung wichtig. Sie wird in
MW angegeben. Folgende Begriffe sind im Zusammenhang mit der Beurteilung des Energiebedarfs gebräuchlich:
Nutzenergiebedarf: Errechnete Menge an Energie (oder Wärme), die von der Heizungs- oder
Warmwasseranlage geliefert wird.
Endenergiebedarf: Die der Heizung, Warmwasseranlage oder auch elektrischem Gerät jeweils
zugeführte Menge an Öl, Gas, Strom usw. Der Endenergiebedarf enthält also alle anlagenspezifischen Verluste. Er entspricht der (errechneten) Energiemenge, die vom Energieversorger bezogen
wird.
Primärenergiebedarf: Hierzu werden alle Energieträger (Wärme, Strom etc.) auf die bei der Erzeugung benötigten Mengen an Primärenergieträgern (Öl, Gas, usw.) bezogen. Der Primärenergiebedarf enthält also neben den anlagenspezifischen Verlusten auch die bei der Erzeugung und
Verteilung auftretenden Verluste wie z. B. die Verluste bei der Stromerzeugung im Kraftwerk und
Verteilung im Stromnetz. Der Primärenergiekennwert ist der eigentlich umweltrelevante Wert, daher bezieht sich auch die Energieeinsparverordnung darauf.
Primärenergiefaktor des Energieträgers: Das Verhältnis von (gelieferter) Endenergie in kWh zu
Primärenergieaufwand in kWh des jeweiligen Energieträgers.
Anlagenaufwandszahl: (Primärenergiebezogene). Die Anlagenaufwandszahl ist eine Kenngröße
der Wärmeversorgungsanlage. Sie gibt das Verhältnis der (gelieferten) Nutzenergie zum Primärenergieaufwand an. Die Anlagenaufwandszahl ist abhängig vom Energieträger der Versorgung,
den Anlagengüte, sowie dem Betrieb (der Nutzung) der Anlage.
Heizwert, Brennwert: Der Heizwert (oder untere Heizwert Hi, früher Hu) ist die bei einer Verbrennung maximal nutzbare Wärmemenge, ohne dass es zur Kondensation des im Abgas enthaltenen
Wasserdampfes kommt, bezogen auf die Menge (in Litern, m² usw.) eingesetzten Brennstoffs.
Kommt es zum Auskondensieren des Wasserdampfes, so wird die im Dampf latent gebundene
Wärme zusätzlich frei und man spricht vom Brennwert (oder oberen Heizwert Hs, früher Ho).
Brennwertgeräte nutzen genau diesen Effekt der Kondensation. Abhängig von der bei der Verbrennung enthaltenen Wassermenge arbeiten sie daher mit höherem Wirkungsgrad.
Das CO2-Äquivalent ist die Summe der Treibhauseffekt-wirksamen Emissionen, welche die gleiche Wirkung wie die angegebenen Menge CO2 besitzt. Das CO2-Äquivalent wird spezifisch für
jeden Brennstoff angegeben. Damit lassen sich die Äquivalentmengen und damit die Umweltwirksamkeit eines (End-) Energieverbrauchs angeben und bewerten.
90
Pforzheim-Weststadt
9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse
Im diesem Arbeitsschritt des Quartierskonzeptes werden Energieeinspar- und Effizienzpotenziale
abgeschätzt. Um welches Potenzial handelt es sich? Insgesamt werden üblicherweise verschiedene Potenzialebenen unterschieden:
Abb. 68: Darstellung der unterschiedlichen Potenziale und Potenzialbegriffe
Quelle: Praxisleitfaden "Klimaschutz in Kommunen"
Das theoretische Gesamtpotenzial umfasst das gesamte physikalisch nutzbare Energieangebot
in einem zeitlich und räumlich festgelegten Betrachtungsraum, wie z.B. die maximal mögliche
Dämmung (z.B. Passivhaus) oder die von der Sonne auf die Erdoberfläche eingestrahlte Energie
(Globalstrahlung). Dieses Potenzial ist mehr als eine theoretische Obergrenze aufzufassen, da
aufgrund verschiedener Restriktionen (z.B. technische oder wirtschaftliche) in der Regel nur ein
deutlich geringerer Teil genutzt werden kann.
Das technische Potenzial beschreibt den Teil des theoretischen Potenzials, der unter den wesentlichen technischen Restriktionen genutzt werden kann. Dies sind zum Beispiel konstruktive
Grenzen der Dämmung im Gebäudebestand oder die mögliche in nutzbare Energieformen umgewandelte Globalstrahlung.
Das wirtschaftliche Potenzial beschreibt den Teil des technischen Potenzials, der unter ökonomischen Gesichtspunkten umgesetzt werden kann. Das sind zum Beispiel wirtschaftliche Grenzen
der Dämmung oder Nutzung der Solarenergie. Nur wenn das Kostenverhältnis positiv ist, werden
z.B. Dämmung oder Solaranlagen auch installiert werden. Dieses Potenzial ist somit stark von den
Energiepreisen, den Kosten und möglichen Förderbedingungen abhängig. Diese Faktoren sind
zeitlichen Veränderungen unterworfen und damit ist dieses Potenzial eher eine Momentaufnahme
und kann sich im Laufe der Zeit in alle Richtungen verändern.
Schließlich werden nicht alle wirtschaftlichen Potenziale gleich umgesetzt. Bei der Dämmung und
Solaranlagen sind z.B. der begrenzende Faktor die jährlichen Sanierungsquoten oder mögliche
gestalterische oder rechtliche Restriktionen wie beispielsweise der Denkmalschutz. Letztendlich ist
dieses erschließbare Potenzial nur noch ein Bruchteil der Energie, die im theoretischen Potenzial
zur Verfügung steht.
Da die Aussagekraft des theoretischen und wirtschaftlichen Potenzials allein nicht zielführend für
das Quartier ist, wird auf das wirtschaftliche Potenzial zusätzlich eingegangen, eingeschränkt durch
die derzeit bekannten Restriktionen aus der Denkmalpflege.
Pforzheim-Weststadt
91
9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden
Effizienzpotenziale sollten in der Reihenfolge der Energieentwicklung erschlossen werden, d.h.
beginnend vom eigentlichen Nutzen über die Erzeugung zur Gestehung (Abb. 69). Energiemanagement und Energieeffizienzansätze müssen notwendigerweise in allen Ebenen ansetzen, es
bestehen jedoch nicht in allen Ebenen Handlungsmöglichkeiten.
Abb. 69 Wege der Energie Quelle: DIN 4701-10
In der kalten Jahreszeit muss durch die Heizung in Nutzräumen eine (konstante) Innentemperatur
aufrechterhalten werden. Dazu ist eine Wärmeabgabe z.B. aus den Heizkörpern notwendig. Die
Wärmemenge wird durch die Höhe der Wärmeverluste bestimmt, die in erster Linie aus der Qualität der Gebäudehülle (Fenster, Außenwand etc.) resultieren. Dieser Nutzwärmebedarf wiederum
wird anlagentechnisch erzeugt (durch eine wie auch immer geartete Heizungsanlage). Es ist klar,
dass die Energiemenge in Einheiten von Energieträgern wie Erdgas, Heizöl, Strom, aber auch
Fernwärme größer ist als die Nutzenergie, da bei der Erzeugung und Verteilung Verluste auftreten.
Der Verbrauch von Energie besitzt in Abhängigkeit vom verwendeten Energieträger unterschiedliche Wirksamkeit bezüglich Gesamtbilanz der (unter Umständen weltweit verteilten) Erzeugung und
der Relevanz für das Klima. Entscheidend ist der Aufwand an nicht-regenerativen (in der Regel
fossilen) Energien für Erzeugung, Bereitstellung und Transport.
Sonnenernergie
CO2
H2O
Holz
Wärme
Asche
(Mineralstoffe)
Abb. 70 Kreislauf erneuerbare Energien am Beispiel Holzenergie.
92
Pforzheim-Weststadt
Im Gegensatz zu fossilen Energien wie Erdöl, Erdgas etc. erneuern sich regenerative Energien
(Holz, Biogas, Sonne etc.) in absehbarer Zeit. Da kein zusätzliches (fossil gebundenes) CO 2 frei
wird, spricht man auch von CO2-Neutralität. Daraus ergibt sich jedoch nicht der Schluss, dass die
Effizienz zweitrangig ist. Gerade die Beschränktheit der alternativen Energien (in Menge oder Arbeit sowie in der zur Verfügung stehenden Leistung) bedingt notwendig eine hocheffiziente Technik
für Gebäude, Versorgung und Verkehr.
Damit wurden bereits die beiden wichtigsten Ansatzpunkte für Effizienzsteigerungen genannt:
Erstens die Minimierung der Wärmeverluste und zweitens die Erhöhung des Regenerativanteils.
Darüber hinaus sind auch die Erzeugungsverluste zu minimieren.
9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen
EFH, DH, RH
MFH
Wohnen
Wohnen
Wohnen
GHD/Wohnen
GHD
x
Citybebauung
Büro/Verwaltung
Gewerbebauten,
Industriebauten,
Sonderbauten
Produktion
Öffentliche
Sonderbauten
Akteure
Einfluss
Mäßig
Gut
Mäßig
Wenig
Wenig
Gewerblich
Sektor
Vermietet
Gebäude
Öffentlich / öff. Hand
Eigentum/Selbstgenutzt
Der Einfluss der Kommune auf die Gebäudeeigner und -nutzer ist sehr unterschiedlich. Neben dem
allgemeinen Gesetzes- und Regelwerk, welchem Gebäude- und Anlagentechnik in jedem Fall
unterliegen wie z.B. Mindestwärmeschutz nach DIN, Energieeinsparverordnung oder ErneuerbareEnergien-und-Wärmegesetz, kann die Kommune per Satzungsbeschluss nach Baugesetzbuch
Einfluss nehmen. Dies ist vor allem im Bereich der Energieversorgung (Anschluss- und Benutzungszwang, Verbrennungsverbot etc.), weniger im Fall ambitionierter energetischer Standards der
Gebäudehülle, der Nutzung usw. möglich. Nur im Falle einer Veräußerung können über privatwirtschaftliche Verträge und städtebauliche Verträge dezidierte Vereinbarungen getroffen werden.
Dieses Instrument sollte daher wo möglich angewandt werden. Keinen Einfluss hat die Kommune
auf Nutzung, Wohnungsgrößen, Innentemperaturen etc. Hier liegen die Handlungsmöglichkeiten
vor allem im Bereich der Beratung und Bildung. Daher ist es wichtig, gute Beispiele zu kommunizieren. Förderungen, kommunal oder durch andere öffentliche Träger, sind wichtige Anschubhilfen.
In der Kommunikation ist es auch enorm wichtig, dass die Kommune mit gutem Beispiel vorangeht.
Bei eigenen Gebäuden, welche auch selbst bewirtschaftet werden, kann nicht nur direkter Einfluss
genommen werden, sondern es können auch gut vorzeigbare Beispiele generiert werden. Eine
Energieleitlinie zeigt und manifestiert hierzu den Willen der Stadt [KEA 2011-2]
(x)
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Besitzer
WohngsUntern.
WEG
Gewerbe
Gewerbe
GHD
x
x
x
Gewerbe
Wenig
Industrie
x
x
x
Gewerbe
Wenig
Öffentliche
Sehr gut
Öffentliche
x
Tab. 10 Kommunale Einflussmöglichkeiten zu Erschließung von energetischen Potenzialen im Bestand (Quelle ebök).
Pforzheim-Weststadt
93
9.7 Wohnklima und Innenluftqualität
Gutes Wohnklima bedeutet rundum warm empfundene Wände ohne Feuchte und Schimmel, was
durch guten Wärmeschutz erreicht werden kann.
Bauübliche Dämmstoffdicken führen zu ausreichend hohen Oberflächentemperaturen an den Innenoberflächen. An Fehlstellen, Durchdringungen usw. können jedoch Wärmebrücken entstehen,
die zu Kondensat und Schimmel führen können. Zur Vermeidung von baupysikalischen Problemen
von muss der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 an allen Stellen gewährleistet sein. Insbesondere im Sanierungsfall ist auf eine wärmebrückenarme Ausführung zu achten. Der Wärmeschutz
ist vor allem auch bei den Fenstern wichtig. So ermöglicht z.B. eine Dreischeibenverglasung in
einem entsprechend guten Fensterrahmen, auch nahezu raumhohe Verglasungen ohne Ausgleichsheizungen auszuführen. Während es bei Zweischeibenverglasungen notwendig ist, im Brüstungsbereich Heizkörper zu installieren, um Zugerscheinungen durch kalte Fallwinde am Fenster
entgegenzuwirken, sind die angesprochenen Dreischeiben-Fenster auch im
Kernwinter ausreichend warm, um Aufenthaltsqualität auch in der Nähe des
Fensters zu bieten.
Eine luftdichte Gebäudehülle dient nicht
nur der Energieeinsparung, sondern vor
allem auch der Vermeidung von
Bauschäden durch Kondensationswasser aufgrund von Durchströmungen oder
Abkühlung an Bauteilen. Die luftdichte
Ausführung der Gebäudehülle ist bereits
in der Energieeinsparverordnung festgeAbb. 71 Schimmel in Wohnräumen – ein vermeidbares
schrieben.
Problem. Quelle: ebök
Wohnkomfort bedeutet jedoch auch,
dass die Innenluftqualität gut sein muss
und nicht durch Feuchte, Gerüche oder
Schadstoffe belastet sein darf. Dies lässt
sich nur durch ausreichendes Lüften
erreichen: Ausgenommen an sehr exponierten Standorten ist die Außenluftqualität immer sehr viel besser als die Raumluftqualität. Fensterlüftung ist zwar ausreichend, aber nicht immer praktikabel
Abb. 72 Häufige Schadstoffquellen in Wohnräumen.
z.B. bei Abwesenheit oder während der
Quelle: Impulsprogramm Hessen. Illustration Stephanie Ziegler
Nachtstunden. Insbesondere dann,
wenn Räume während der Nachtstunden genutzt werden und/oder wenn das Umfeld lärmbelastet
ist, empfiehlt sich die mechanische Lüftung der Räumlichkeiten. Eingesetzt werden können im
Wohnungsbau z.B. Abluftanlagen oder Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Lüftung (keine Behandlung der Luft, nur Förderung) darf nicht mit Kühlung oder Klimatisierung (Heizen, Kühlen, Feuchte) verwechselt werden!
94
Pforzheim-Weststadt
Dezember, Januar, Februar

4 bis 6 min
März, November

8 bis 10 min
April, Oktober

12 bis 15 min
Mai, September

16 bis 20 min
Juni, Juli, August

25 bis 30 min
Tab. 11 Empfehlungen für Fensterlüftung alle zwei Stunden. Notwendige Lüftungsdauer für einen Luftwechsel bei StoßLüftung (ganz geöffnetes Fenster bei Windstille) je nach jahreszeitlicher Außentemperatur. Quelle: Hessisches Ministerium für Wirtschaft und Technik (Hrsg.): Energiesparinformationen (8) Lüftung im Wohngebäude.
Abb. 73: Funktionsschemata Mechanische Wohnungslüftung. Quelle ebök.
Die Nachrüstung von Lüftungsanlagen ist auch im Bestand sinnvoll, in den meisten Fällen technisch möglich und daher zu empfehlen. Nach DIN 1946-6 "Lüftung von Wohnungen“ ist ein Lüftungskonzept für eine Sanierung erforderlich, wenn mehr als 1/3 der Fenster getauscht werden
(EFH oder MFH) und wenn mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird (EFH). Der Einbau von
Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung führt zusätzlich zu einer erheblichen Reduktion des
Wärmeenergiebedarfs.
An emissionsbelasteten Straßen, sowohl durch Lärm als auch durch Luftschadstoffe wie Staub
und Stickoxide, kann eine Lüftungsanlage – vorzugsweise mit Wärmerückgewinnung - auch gezielt
zur Verbesserung der Innenluftqualität eingesetzt werden, da nicht mehr unbedingt über geöffnete
Fenster gelüftet werden muss.
Bei innengedämmten Gebäuden kommt einer korrekt gehandhabten Lüftung sicher erhöhte Bedeutung zu: Bei Innendämmungen oder Gebäudeanschlüssen zwischen gedämmten und ungedämmten Bauteilen wird es häufiger Details im Bereich der minimalen Kantentemperaturen nach
DIN 4108-2 geben. Diese sind jedoch bei sichergestellten vernünftigen Innenbedingungen auch
schadenfrei. Im Übrigen stellt auch DIN 1946-6 erhöhte Anforderungen an Gebäude und an die
nutzerunabhängig zu realisierende Feuchteschutzlüftung, falls Gebäude nicht wärmebrückenarm
(im Sinne von Beiblatt 2 zu DIN 4108-2) sind. In diesen Gebäuden kann die Lüftungsanlage mit
Wärmerückgewinnung auch als Kompensation des erhöhten Wärmebedarfs genutzt werden.
95
Pforzheim-Weststadt
9.8 Dokumentationen
Weitere Unterlagen zum Projekt sind als Begleit-Dokumentation auf CD beigelegt.
Hinweis1: Die Materialien entsprechen dem Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Erstellung.
Diese wurden teilweise im Projektverlauf überarbeitet und ergänzt. Die aktuellen Materialien sind
dem Endbericht zu entnehmen.
Hinweis2: Die Materialen unterliegen dem Copyright der Autoren und sind daher nur zum internen
Gebrauch bestimmt. Einer Veröffentlichung z.B. im Internet kann nicht ohne gesonderte Zustimmung der Betroffenen und Copyrightinhaber erfolgen!
9.9 Karten
Thema
Datum/Nummer
Poster Energietag
19.10.2013
W+P
Handlungsfelder Städtebau
29.8.2013
W+P
Dachformen
EK432Pf-DACH-02
1.8
ebök
Baualtersklassen
EK432Pf-BAK-01
1.8
ebök
Denkmal
EK432Pf-DENKM-02
1.0
ebök
Fassadenoberfläche
EK432Pf-FASS-04
1.0
ebök
Istzustand Fenster
EK432Pf-FE-04
1.1
ebök
Geschosse
EK432Pf-GESCH-02
1.0
ebök
Gebäudenutzung EG
EK432Pf-NU-EG-05
1.9
ebök
Gebäudenutzung OG
EK432Pf-NU-OG-03
1.8
ebök
Anschlüsse Leitungsgebundene Energieträger
EK432Pf-VERS-03
1.0
ebök
EK432Pf-EKW-IST-02
1.1
ebök
EK432Pf-SAN-100-02
1.0
ebök
EK432Pf-SAN-115-02
1.0
ebök
EK432Pf-SAN-PH-02
1.0
ebök
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und
teilsaniert
EK432Pf-SAN-W-02
1.0
ebök
Spezifische Verbrauchswerte GHD
EK432Pf-VER-02
1.0
ebök
Wärmebedarfsdichte IST- Zustand Endenergie
EK432Pf-BED-IST
1.0
ebök
Wärmebedarfsdichte saniert EnEV2009 Endenergie EK432Pf-BED-ENEV
1.0
ebök
Wärmebedarfsdichte saniert KfW100 Endenergie
EK432Pf-BED-KfW100
1.0
ebök
Dichte Wohnen/GHD/Messplatz
EK432Pf-BED-VER-02
1.0
ebök
Handlungsfelder Energie / Konzept
EK432Pf-KONZ-03
1.0
ebök
Endenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung im IST-Zustand
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 115
Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser
Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und
teilsaniert
Y:\688 PFORZHEIM_KFW\L\0_BERICHT\ABGABE_END\ENDBERICHT_V2-3.DOCX
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