Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt Pforzheim Abschlussbericht Stadt Pforzheim Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt Pforzheim Abschlussbericht Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Mühlrain 9, 70180 Stuttgart Tel. 0711 62009360, Fax 0711 62009389 [email protected] www.weeberpartner.de Planung und Entwicklung Gesellschaft mbH Schellingstraße 4/2, 72072 Tübingen Tel. 07071 93 94 0, Fax 07071 93 94 99 [email protected] www.eboek.de Dipl.-Ing. M.Eng. Jochen Aminde B.Sc. Iris Hemmen Gabriele Steffen Dipl.-Phys. Gerhard Lude B.Eng. Valentine Jung Dipl.-Phys. Rosemarie Hellmann Pforzheim-Weststadt 1 Inhalt Inhalt................................................................................................................................................. 1 1 Einleitung ................................................................................................................................ 3 2 Bestandsanalyse .................................................................................................................... 6 3 4 5 2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim 6 2.2 Charakteristik und Stadtbild 7 2.3 Verkehr und Mobilität 12 2.4 Nahversorgung 17 2.5 Stadtklima 18 2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt? 18 2.7 Eigentümerstruktur 19 2.8 Nutzungsstruktur 19 2.9 Methodik der energetischen Analysen 21 2.10 Baualter 22 2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands 25 2.12 Erneuerbare Energien 28 2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung 30 2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz 32 Entwicklungspotenziale und –ziele ..................................................................................... 34 3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050 34 3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim 35 3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung 36 3.4 Effizienz der Energieversorgung 39 3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen 41 3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale 42 Akteursbeteiligung ............................................................................................................... 44 4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte 44 4.2 Energieforum Pforzheim 44 4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren 45 4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm 46 4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 47 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan .......................................................... 48 5.1 Gebäude und Gebäudehülle 51 5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser 54 5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort 54 5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte 55 5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz 58 5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume 63 5.7 Mobilität 66 2 6 Pforzheim-Weststadt 5.8 Stadtklima 68 5.9 Bebauung Messplatz wird nicht weiter verfolgt 69 5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit 74 Vorbereitung der Umsetzungsphase .................................................................................. 77 6.1 Maßnahmenkatalog 77 6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements 80 6.3 Qualitätssicherung und Monitoring 80 6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten 81 7 Literatur ................................................................................................................................. 84 8 Quellen................................................................................................................................... 85 9 Anhang .................................................................................................................................. 86 9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in Pforzheim 86 9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen 88 9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe 89 9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse 90 9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden 91 9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen 92 9.7 Wohnklima und Innenluftqualität 93 9.8 Dokumentationen 95 9.9 Karten 95 Pforzheim-Weststadt 3 1 Einleitung KfW-Programm Nr. 432 Das KfW-Förderprogramm Nr. 432 "Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse für Integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager" zielt darauf ab, Konzepte für die energetische Gebäudesanierung mit Lösungen für die Wärmeversorgung zu kombinieren und mit den relevanten städtebaulichen, denkmalpflegerischen, baukulturellen und sozialen Aspekten zu verknüpfen. Durch ein koordiniertes Vorgehen auf Quartiersebene sollen lokale Potenziale genutzt und Akteure, Eigentümer und Bewohner frühzeitig eingebunden werden. Auf diesem Weg sollen Lösungen erarbeitet werden, die sich allein aus Einzelsanierungen nicht ergeben würden. Für eine an der Gesamteffizienz energetischer Maßnahmen ausgerichtete Sanierung und Investitionsplanung bilden diese Integrierten Quartierskonzepte somit eine zentrale strategische Entscheidungsgrundlage und Planungshilfe. Die "klassischen" städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsprozesse müssen neu mit den Aufgaben des Klimaschutzes verknüpft werden und dabei weit über die sektorale Bearbeitungsweise hinausweisen. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung werden in eine quartierbezogene, fachübergreifende Planung eingebettet und werden zu einem Bestandteil der kommunalen Planungsaufgaben. Dieser noch relativ junge Ansatz eröffnet viele Chancen, insbesondere auch im Blick auf bestehende Stadtgebiete und Siedlungen, die den Großteil des Gebäudebestandes ausmachen und deren energetische Sanierung damit in besonderer Weise zu einem weitgehend klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 beitragen kann. Warum ein "Integriertes" Quartierskonzept? Mit einer die Fachdisziplinen übergreifenden Betrachtungs- und Arbeitsweise lassen sich vielseitige Synergien erschließen, und dies nicht nur zum Nutzen von Klimaschutz, Energieeinsparung und einer effizienten Energieversorgung, sondern auch zur gleichermaßen dringlichen Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität in vielen Stadtquartieren. Hierzu gehört, sich gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen und den Blick auf die Potenziale des urbanen Lebens zu lenken: neue Formen der Mobilität mit Kombinations- und Wahlmöglichkeiten, Aufenthaltsqualitäten von Grün- und anderen Freiräumen, Nutzungsvielfalt im Quartier (Arbeit, Wirtschaft, Versorgung, Dienstleistung) und gute Bedingungen für das Aufwachsen und das Leben und Älterwerden in der Stadt. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. Sie werden in ihrer Bedeutung in diesem Zusammenhang noch unterschätzt. Beispielsweise verbraucht kompakte Bebauung weniger Energie und erzeugt weniger Verkehr aufgrund der kurzen Wege und der wechselseitigen Nutzung zu unterschiedlichen Tageszeiten. Viele Handlungsfelder und ihre Wechselwirkungen sind tangiert: Städtebau, Baukultur, die kommunale und soziale Infrastruktur, die Immobilienwirtschaft, die Belange der sonstigen Eigentümer und Mieter der Wohnungen und Betriebe und nicht zuletzt die Energieversorgung. Die Projekte müssen daher fachübergreifend und gemeinschaftlich durch die Stadtplanung, die Energieplanung und durch die Eigner und Betreiber der Gebäude und Anlagen entwickelt werden. Hierbei ist die Verständigung aller Beteiligten und Betroffenen über Inhalte und Gewichtungen der Planziele stets als wichtiger erster Schritt zu sehen. Die Erarbeitung konkreter Win-Win-Konstellationen schafft dann die Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit. Im Zusammenhang der Quartiersentwicklung und sanierung bedingt Integration auch das konstruktive Zusammenwirken der Akteure, um die Realisierung von Projekten zu ermöglichen. Hier liegt der schwierigste Teil des Entwicklungsprozesses, aber auch das größte Potenzial für überdurchschnittliche Ergebnisse, die den Zielen der Förderrichtlinie gerecht werden und damit auch den Klimaschutzzielen der Bundesregierung. 4 Pforzheim-Weststadt Ein Integriertes Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung für die Weststadt Die Stadt Pforzheim hat den Antrag vom 12.12.2011 auf Förderung eines Integrierten Quartierskonzepts (KfW-Förderprogramm Nr. 432) durch die KfW am 31.1.2012 bewilligt bekommen. Das Programm bietet Pforzheim die große Chance, für Teile der Weststadt und der Südweststadt ein Integriertes Quartierskonzept zu erarbeiten, das einen Schwerpunkt auf Energieeffizienz und Klimaschutz legt, das aber auch das Zusammenspiel aller städtebaulichen, denkmalpflegerischen, baukulturellen, wohnungswirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Quartier mit einbezieht. Pforzheim ist mit diesem Quartierskonzept eines von bundesweit 65 Pilotprojekten des Förderprogramms "Energetische Stadtsanierung" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und soll bis 2015 von einer Begleitforschung untersucht und unterstützt werden. Beginn der Begleitforschung ist Juli 2013. Der eingeschlagene Weg der energetischen Stadtsanierung soll dazu führen, den energetischen Standard wesentlich zu verbessern und damit einen wirksamen Beitrag zur Reduzierung der CO 2Emissionen in Pforzheim zu leisten. Die erarbeiteten Lösungswege sollen dabei modellhaft sein und sich auf andere Quartiere der Stadt übertragen lassen. Das Integrierte Quartierskonzept soll in das übergeordnete "Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim" und in das Stadtentwicklungskonzept "Masterplan Pforzheim" eingebunden sein sowie in die bestehenden Konzepte zum Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße/Weststadt. Aufgabenteilung des Planungsteams Weeber+Partner und ebök Das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung Weeber+Partner aus Stuttgart und ebök Planung und Entwicklung Gesellschaft mbH aus Tübingen erarbeiteten gemeinsam und in enger Kooperation das Integrierte Quartierskonzept. Die Aufgaben waren dabei wie folgt aufgeteilt: ¯ Die Projektsteuerung und die Gesamtverantwortung gegenüber der Stadt Pforzheim liegen bei Weeber+Partner. Das Institut moderiert die Veranstaltungen zum Projekt, beispielsweise das Energieforum. Außerdem hat Weeber+Partner die Vernetzung der Akteure und die Beteiligung der Menschen vor Ort im Blick und bereitet Ergebnisse aus dem Prozess für die Öffentlichkeit auf. Darüber hinaus werden die Themen Städtebau und Stadtentwicklung, Wohnen und Wohnumfeld, Sozialstruktur und Mobilität analysiert, bearbeitet und aufbereitet. ¯ Die Analyse zum Energieverbrauch und -bedarf im abgegrenzten Gebiet führt ebök durch. Ebök entwickelt daraus Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Effizienzverbesserung sowie den Einsatz erneuerbarer Energien. Umweltauswirkungen und die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen werden ebenfalls von ebök bewertet. Vorgehen In der Projektlaufzeit von September 2012 bis Dezember 2013 wurde parallel auf drei Ebenen gearbeitet: 1 Die Energie-Analysen wie beispielsweise die Wärmebedarfsermittlung oder die städtebaulichen Analysen erforderten eine zeitintensive Phase der Datensammlung und -aufbereitung. Erst nach etwa Dreiviertel der Projektlaufzeit ließen sich erste Analyseergebnisse so darstellen, dass Strategien und idealerweise auch Schlüsselprojekte für die zukünftige Umsetzungsphase erkennbar werden. 2 Von Beginn an wurden verschiedene Netzwerke aufgebaut, um das Verständnis für das Projekt zu stärken und eine gemeinsame Arbeitsebene aller Akteure aus Stadtverwaltung, Energieversorgern, Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren im Quartier wichtigen Betroffe- Pforzheim-Weststadt 5 nen aufzubauen. Auch für den Erfolg der späteren Umsetzungsphase ist der frühzeitige Aufbau der Netzwerke entscheidend. 3 In der Arbeit der verschiedenen Netzwerke (beispielsweise im Energieforum Pforzheim) und mit Hilfe erster Analyseergebnisse wurden erste Ansätze für Schlüsselprojekte gefunden, sowohl investive wie beispielsweise Wärmeverbünde als auch nicht-investive aus den Bereichen Bildung, Information und Beratung. Sie sollen die eigentliche Umsetzungsphase vorbereiten. Abb. 1 Vorgehen auf drei Ebenen Quelle: Weeber+Partner 6 Pforzheim-Weststadt 2 Bestandsanalyse 2.1 Das Untersuchungsgebiet in der Gesamtstadt Pforzheim Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend von der Nachkriegszeit geprägt, nur entlang der KaiserFriedrich-Straße gibt es zusammenhängende Bebauung aus der Gründerzeit. Die Bebauungsstruktur ist inhomogen und besteht teilweise aus geschlossenen Blockrändern mit dichter Hinterhofbebauung, teilweise aus typischer Zeilenbebauung der 50er- und 60er-Jahre. Es finden sich auch Solitäre wie die Feuerwehr, ein Autohaus und ein deutschlandweit tätiges Versandhaus. Der Stadtkörper wird im Süden von der Enz durchquert, ein hochwertiger Grünraum für das gesamte Stadtgebiet. Im mittleren Teil prägen die Straßenräume der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der Habermehlstraße das Erscheinungsbild. Im Norden bildet die Bahnlinie die Abgrenzung. Vom Enztal ausgehend steigt das Gelände nach Norden und noch stärker nach Süden an. Die großen Straßenquerschnitte, die relativ dichte Bebauung und die Gebäudehöhen lassen das Untersuchungsgebiet wie auch die gesamte Weststadt großstädtisch und urban erscheinen. Der Stadtteil stellt allerdings ein eher zufällig gewachsenes "Scharnier" oder eine "Brücke" zwischen der Innenstadt im Osten und dem mehr dörflich geprägten Brötzingen im Westen dar. Es fehlt eine eigene identitätsstiftende Mitte. Zumindest ist das Kulturhaus Osterfeld von großer Bedeutung und auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sowie der intensiv genutzte Benckiser-Park – beide liegen nahe dem Untersuchungsgebiet. Die großen Frei- bzw. Brachflächen Messplatz im Süden und das ehemalige Bahngelände im Norden bilden markante "Leerräume" im sonst dicht bebauten Stadtraum. Abb. 2 Lage des Untersuchungsgebiets in der Stadt Quelle: Weeber+Partner Das Integrierte Quartierskonzept schließt an vorangegangene Entwicklungsschritte und Entscheidungen an. Im Jahr 2007 wurde das Sanierungsgebiet "Kaiser-Friedrich-Straße" in das Programm "Soziale Stadt" aufgenommen. 2008 erwog die Stadt Pforzheim eine Erweiterung des Sanierungsgebiets und beauftragte die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH mit den vorbereitenden Untersuchungen. Auf dieser Grundlage wurde 2009 das Sanierungsgebiet um die Weststadt erweitert Pforzheim-Weststadt 7 mit der Möglichkeit der steuerrechtlichen Förderungen von Sanierungsmaßnahmen privater Bauherren. Nur im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße bestehen auch Möglichkeiten zu direkter investiver Förderung. 2011 erstellten agenceTer aus Karlsruhe sowie Weeber+Partner aus Stuttgart in einem kooperativen Verfahren einen Rahmenplan zur Stadtentwicklung für die Weststadt mit Leitlinien, Zielen und Maßnahmen. Das Untersuchungsgebiet ist Teil der Weststadt und entlang der Kaiser-Friedrich-Straße auch Teil der Südweststadt. Es ist kein zusammenhängender Stadtraum mit eigenem Quartierscharakter, zentralem Platz oder auch nur einem "gefühlten" Zusammenhang. Wichtig bei der Wahl der Gebietsabgrenzung durch die Stadt war die Bedeutung der Übertragbarkeit auf ähnliche Sanierungskonzepte in anderen Quartieren oder Stadtteilen. So wurden möglichst viele unterschiedliche und für Pforzheim typische Gebäude und Stadtstrukturen zusammengefasst. 2.2 Charakteristik und Stadtbild Das Untersuchungsgebiet lässt sich in fünf Bebauungsstreifen unterteilen, die aufgrund ihrer städtebaulichen Entwicklungsgeschichte und dem heutigen Stadtbild jeweils eine eigene Charakteristik haben, nur die beiden nördlichen sind sich dabei ähnlich und werden zusammengefasst. Abb. 3 Charakteristik des Untersuchungsgebiets: Bebauungsstreifen und Verbindungen Quelle: Weeber+Partner Nachkriegsbebauung, Gewerbe Der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hat in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts typische städtebauliche Strukturen, Gebäude und Gestaltungsdetails mit besonderen Qualitäten geschaffen, teilweise durchaus mit Charme: ¯ Zeilenbebauung mit großzügigen Grünräumen dazwischen ¯ Pavillons für Einzelhandel und wohnortnahe Dienstleistung (an wichtigen Fußweg-Querungen) ¯ Fassaden, die sich zum Straßenraum mit Läden großzügig öffnen und in den Obergeschossen durch stark gestaffelte Balkone und expressive Erker besonders aufgelockert erscheinen. Die Gebäude des Versandhauses BRUNO BADER GmbH + Co. KG nehmen hier eine Sonderstellung ein. Der Verwaltungs- und Einzelhandelskomplex ist schrittweise in den Stadtkörper hineingewachsen und nimmt teilweise Maßstäbe und wichtige Wegeverbindungen auf. 8 Abb. 4 Pforzheim-Weststadt Nachkriegsbebauung: Zeilenbebauung mit Pavillons (oben), aufgelockerte Fassadengestaltung (unten) Quelle: Weeber+Partner Industriegeschichte Die Westliche Karl-Friedrich-Straße war die Verbindungsstraße zwischen Pforzheim und Brötzingen. Dieser Bereich westlich der Innenstadt war ein wichtiger Produktionsstandort der Eisenindustrie, später der Schmuck- und Uhrenherstellung. Hier siedelten sich im frühen 19. Jahrhundert Fabrikanten mit herrschaftlichen Villen und Gärten an, die beim Großangriff am 23.2.1945 weitgehend zerstört wurden. In der Nachkriegszeit entstanden auf dem Vorkriegs-Stadtgrundriss großformatige Bebauungen mit teilweise geschlossenen Blockrändern, teilweise Zeilenbebauungen. Die Industriegeschichte zeigt sich noch in der Mischung aus gewerblicher und Wohnstruktur, die aber zurzeit eher ungeordnet und wenig qualitätsvoll wahrgenommen wird. Ein besonders negatives Beispiel einer scheinbar "wilden" Konversion eines ehemaligen Lagergebäudes zu Eigentumswohnungen ist im Hof der Erasmusstraße 6 zu finden. Abb. 5 Bereich "Industriegeschichte": gut sanierte Hofeinfahrt mit Pförtner-Büro (links), Wildwuchs mit Wohnbebauung in ehemaligem Gewerbebau im Hinterhof (rechts) Quelle: Weeber+Partner Pforzheim-Weststadt 9 Gründerzeitbebauung Die Weststadt ist im Rahmen der Industrialisierung als typisch gründerzeitliche Vorstadt entstanden. In solchen Stadterweiterungen fanden die Nutzungen, Gruppen und Aktivitäten Platz, für die die Altstädte und früher ummauerten Stadtkerne in jeder Hinsicht zu eng waren. Sie waren – und sind oft bis heute – gekennzeichnet durch eine ausgeprägte kleinteilige Mischung unterschiedlicher Nutzungen, hier liegen Wohnen und Gewerbe nahe bei einander. Die Bebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße spiegelt dies exemplarisch wider. Abb. 6 Gründerzeitbebauung entlang der Kaiser-Friedrich-Straße Quelle (links): Stadt Pforzheim Quelle (rechts): Weeber+Partner Baudenkmale Im Untersuchungsgebiet befinden sich sieben Baudenkmäler, über deren Erhalt die Untere Denkmalschutzbehörde bestimmt. Diese sind gut dokumentiert, werden aber öffentlich noch wenig wahrgenommen. Ein Beispiel im Untersuchungsgebiet ist das zweiteilige Stadtwohnhaus Westliche Karl-Friedrich-Straße 189/191. Es wurde 1914-15 für einen Malermeister und einen Bauunternehmer erbaut und mit aufwendigen farbigen Dekorationsmalereien auf der Fassade und im Treppenhaus ausgestattet, die heute noch erhalten sind. Drei Fassadeninschriften erinnern an den Kriegsausbruch im August 1914 und spiegeln die damalige Zeitstimmung wider. Die ursprünglich reich mit Sprossen versehenen Fenster sind überwiegend verloren gegangen. Abb. 7 Baudenkmal Karl-Friedrich-Straße 189/191 Quelle: Weeber+Partner Verbindungen, Frei- und Erholungsräume Das Untersuchungsgebiet ist stark gegliedert durch die Straßenräume in Ost-West-Richtung parallel zur Talrichtung. Sie funktionieren – mit starken Einschränkungen für die Radfahrer in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße – als Verkehrsräume hinreichend. Allerdings sind die Wege für Fußgänger nicht attraktiv und stellen auch keine positiv erlebbaren Stadträume dar. Verbindungen in Nord-Süd-Richtung sind für alle Verkehrsteilnehmer deutlich unterrepräsentiert, besonders für Fußgänger und Radfahrer sind großen Barrieren und Lücken vorhanden. 10 Pforzheim-Weststadt Der Bereich "Nachkriegsbebauung, Gewerbe" ist durch seine teilweise aufgelockerte Zeilenbebauung etwas großzügiger mit öffentlichen und halböffentlichen Freiräumen ausgestattet, insbesondere zwischen den Wohnzeilen in Nord-Süd-Ausrichtung. Allerdings werden sie im Schwerpunkt als Erschließungsräume genutzt, nur an der Ecke Antoniusstraße / Westliche Karl-Friedrich-Straße gibt es einen Kinderspielplatz. In diesem Bereich liegt auch der kleine Vorplatz der Kirche St. Antonius zwischen Maximilianstraße und Antoniusstraße, der gerne als Treffpunkt und zur Erholung genutzt wird. Abb. 8 Spielplatz und Treffpunkt im Bereich "Nachkriegsbebauung/ Gewerbe" Quelle: Weeber+Partner Die geschlossene Blockrandbebauung im Bereich "Industriegeschichte" lässt außer den Gehwegen – durchweg ohne Begrünung oder Bäume – keine öffentlichen Freiräume zu. Die privaten Innenhöfe sind überwiegend dicht bebaut und hoch versiegelt, die Aufenthaltsqualität zu Erholungszwecken ist ungenügend. Abb. 9 typischer Straßenraum und Hinterhof im Bereich "Industriegeschichte" Quelle: Weeber+Partner Der Bereich "Messplatz" hat ein großes ungenutztes Potenzial an Frei- und Erholungsräumen. Der Messplatz ist durch seine flächige Versiegelung und die Art der Nutzung (vgl. Kap. 4.4) zurzeit absolut unattraktiv zum Aufenthalt, bietet aber durch seine Nähe zur Enz große Entwicklungsmöglichkeiten, auch im Zusammenhang mit einer Bebauung. Die Grünbereiche direkt an der Enz bieten attraktive Wege, aber noch wenige Sitzgelegenheiten. Auf der südlichen Uferseite fehlt auch die Anbindung an die bestehenden Wegeverbindungen und Straßenräume, sodass das eigentlich attraktive Ufer kaum einladend, erreichbar und erlebbar erscheint. Die Fußwegeverbindungen über die Enz sind funktional befriedigend, aber stellen in ihrer Gestaltung – insbesondere auch die Bereiche vor und hinter den Brücken – keine erlebbaren Schnittstellen oder Übergänge von einem Stadtbereich in den anderen dar. Beispielhaft hierfür ist die platzähnliche Aufweitung der HansSachs-Straße / Ecke Steubenstraße an der Fußgängerbrücke, die aber nur als Parkfläche und unstrukturierte Verteilerfläche genutzt wird (vgl. Abb. 44). Pforzheim-Weststadt 11 Abb. 10 schlecht und gut erlebbare Enzauen auf der südlichen Uferseite Quelle: Weeber+Partner Der Bereich "Gründerzeit" erlebt als Sanierungsgebiet Soziale Stadt zurzeit eine starke Umformung. Die bislang wenig attraktiven Straßenräume werden neu gestaltet, sodass sie voraussichtlich angenehmer zu nutzen sind. Die teilweise engen privaten Innenhöfe bergen ein höheres Potenzial als bislang genutzt. Auch hier gibt es bereits Neugestaltungen mit Unterstützung durch Sanierungsmittel der Stadt. Die Anbindung an die attraktiven Enzauen ist – wie oben beschrieben – noch nicht befriedigend. Abb. 11 Innenhof und Straßenraum mit Sanierungspotenzial entlang der Enzauen im Bereich "Gründerzeit" Quelle: Weeber+Partner 12 Pforzheim-Weststadt 2.3 Verkehr und Mobilität Kraftfahrzeuge Markant im Untersuchungsraum ist die Verkehrsbelastung durch Kraftfahrzeuge. Aufgrund der innenstadtnahen Lage in Pforzheim ist das Untersuchungsgebiet sehr gut erschlossen und mit dem Kfz zu erreichen. "Der weit überwiegende Teil des Kraftfahrzeugverkehrs in Pforzheim beginnt und/oder endet im Stadtgebiet. Nur etwa 2% aller Fahrten in der Gesamtstadt sind reine Durchgangsverkehrsfahrten durch das gesamte Stadtgebiet." (VEP 2009, Kurzfassung, S. 3). Negative Folgen davon sind Straßenräume, die vom Kraftfahrzeugverkehr dominiert sind, wie die Habermehlstraße mit 23.800 Kfz pro Tag (2008) mit trennender Wirkung für die Fußwege zwischen den Wohnquartieren. Im städtischen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gehört sie zum Vorbehaltsnetz und ist damit wichtiger Verkehrsweg innerhalb des Stadtgebiets. Auch im Zielkonzept ist die Straße als wichtiger und viel befahrener Verkehrsweg beschrieben (VEP, Plan K 15.1). Ebenso zum Vorbehaltsstraßennetz gehören die Maximilianstraße sowie die Westliche Karl-Friedrich-Straße (VEP, Plan K5). Dies wirkt sich auch auf die Qualitäten des Straßenraums aus. Mehrere Straßenabschnitte im Gebiet sollen durch Sanierungen des Fahrbahnbelags und der Gehwege umgestaltet und aufgewertet werden, darunter die Antoniusstraße in Verbindung mit der Maximilianstraße, die Westliche Karl-Friedrich-Straße sowie die Kaiser-Friedrich-Straße (vgl. VEP, Plan K13). Letztere befindet sich derzeit bereits im Umbau. Abb. 12 Kfz / 24 h, Ausschnitt aus dem Verkehrsentwicklungsplan Quelle: VEP, 2008, Plan K1 Parken Dem ruhenden Verkehr wird mit dem Messplatz eine besonders große Stellplatzfläche angeboten. Dieser ist – außer bei einzelnen Großveranstaltungen – ganzjährig zum Parken nutzbar. Ein weiterer wichtiger Parkplatz in nächster Nähe zum Untersuchungsgebiet befindet sich in der Germaniastraße. Darüber hinaus finden sich auch Straßenraum-begleitend viele Parkierungsflächen. Autos teilen Carsharing, die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines oder mehrerer Autos, spielt für Städte eine immer wichtigere Rolle. Auch in Pforzheim gibt es bereits mehrere Stationen. Sie werden über den carsharing-Verbund "stadtmobil" verwaltet und organisiert. Die Station Brötzingen befindet sich nahe dem Untersuchungsgebiet. In direkter Nähe, die gut zu Fuß zu erreichen ist, befindet sich keine Station. Pforzheim-Weststadt 13 Abb. 13 Carsharing und Elektro-Mobilität Quelle: Weeber+Partner Elektromobilität Zu den neuen Mobilitätsformen, die in Zukunft noch wichtiger werden, zählen auch Elektrofahrzeuge. Auch wenn noch nicht viele Fahrzeuge mit Elektroantrieb unterwegs sind, werden schon entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen, um die Nutzung zu erleichtern. In Pforzheim gibt es bereits vier Strom-Tankstellen, allerdings alle mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Die Stadtwerke Pforzheim sind Kooperationspartner: ¯ ¯ ¯ ¯ Tiefgarage Landratsamt, Zähringer Allee 3 Parkhaus VolksbankHaus, Zerrennerstraße 28 Parkhaus Kaufland (Wilferdinger Höhe), Wilhelm-Becker-Straße 15 SWP-Kundencentrum, Werderstraße 38. Öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV) Am Bahnhaltepunkt Maihälden wird in direkter Nähe ein Regionalbahn-Halt angeboten, mit direkter Anbindung über Hochdorf (bei Horb) nach Tübingen. Außerdem gibt es auch eine direkte Verbindung nach Bad Wildbad (Linie S6). Am Haltepunkt hält mindestens ein Zug stündlich. Auffällig ist die unzureichende Verknüpfung des Bahn-Haltepunkts mit Buslinien, die das Gebiet im Süden durchqueren. Aus Richtung Fritz-Erler-Schule oder Hans-Sachs-Straße fehlt eine Linienführung nach Norden zum Bahn-Haltepunkt. Die Linien sind stark West-Ost orientiert. Buslinien erschließen das Untersuchungsgebiet gut. Auf der Westlichen Karl-Friedrich-Straße sowie der Kaiser-Friedrich-Straße verlaufen die Stammstrecken des Busverkehrs: die Linie 9 (Jägersteig - Eutingen), Linie 1 (Arlinger – Eutingen), Linie 10 (Oberes Enztal – HBF/ZOB Süd), Linie 720/721 (HBF/ZOB - Äußere Dietlinger Straße), Linie 2 (Sonnenhof - Redtenbacherstraße) und die Linien 43/743/744 (HBF-Büchenbronn). Hier kommt dem Quartier die zentrale Lage in der Stadt zugute. Die Taktzeiten liegen in den Hauptverkehrszeiten bei 30 min (Linie 9) bis zu 15 min (Linien 1 und 2). In den Abendstunden ab 20 Uhr und am Wochenende kann dies jedoch nicht aufrechterhalten werden, und die Taktzeiten reduzieren sich auf 1 Stunde. 14 Pforzheim-Weststadt Abb. 14 Öffentlicher Personen-Nahverkehr Quelle: Weeber+Partner Fahrrad fahren Radwege im Untersuchungsgebiet werden überwiegend nur im Mischverkehr – zusammen mit motorisiertem Verkehr – geführt, eine Ausnahme bildet der attraktive Enztalradweg. Eine wichtige Ost-West-Verbindung – auch für die Gesamtstadt – ist die Westliche Karl-Friedrich-Straße, die Verkehrsbelastung ist hier allerdings mit 5.000 bis zu 10.000 Kfz/24h relativ hoch. Hinzu kommen parkende Autos entlang der Straße, die die Übersichtlichkeit für Radfahrer einschränken und beim Ein- und Ausparken und beim Ein- und Ausstieg auf der Straßenseite die Radfahrer gefährden. Abb. 15 Fehlende Radwege an der Kreuzung Westliche Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße Quelle: Weeber+Partner Pforzheim-Weststadt 15 Abb. 16 Radwege Quelle: Weeber+Partner Im Radwegenetz fehlen Nord-Süd-Verbindungen durch die Weststadt, die Anbindung der SBahnhaltestelle und die Verbindung weiter nach Maihälden. Wichtig wäre auch eine attraktive und gefahrlose Erreichbarkeit der Fritz-Erler-Schule mit dem Fahrrad. Dies betrifft insbesondere die Querungen im Kreuzungsbereich vor der Schule (Westl. Karl-Friedrich-Straße / Antoniusstraße). Eine Anbindung an den Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr ist zwar über die Unterführung vorhanden, aber nur mit Erschwernissen erreichbar. Abb. 17 Pforzheimer Radverkehrskonzeption Quelle: Modus Consult, Vorstellung Hauptnetz im Planungs- und Umweltausschuss, Folie 11, Juli 2013 In der Radverkehrskonzeption, die im Juli 2013 vorgestellt wurde, führt zwar eine Radwegergänzung von der Bohrainstraße kommend östlich am Messplatz über die Benckiserstraße vorbei an der Osterfeldrealschule nach Norden, doch befriedigt diese den oben beschriebenen Mangel noch nicht. Attraktiv ist dagegen der Verlauf des Enztalradwegs durch das untersuchte Gebiet. Diese Radroute ist auch weit über Pforzheim hinaus bekannt und wird im Sommer von vielen Freizeit- 16 Pforzheim-Weststadt sportlern genutzt. Entlang der Enz befinden sich dann auch ruhigere Abschnitte mit geringer Belastung ohne konkurrierende Verkehrsteilnehmer (Kfz). "Call a Bike" – Leihfahrräder der Deutschen Bahn – werden in anderen Städten zunehmend stärker genutzt, aber in Pforzheim sind keine Stationen vorhanden (http://www.callabike-interaktiv.de/). Zu Fuß gehen Die Fußwege sind stark vom Autoverkehr dominiert. Besondere Stressräume sind die stark befahrenen Straßen Westliche Karl-Friedrich-Straße und die Habermehlstraße. Um die Verbindungen in Nord-Süd-Richtung durch das Gebiet noch zu verbessern, fehlen weitere Querungen über die Habermehlstraße, insbesondere an der Ecke Maystraße als Verbindung über den Messplatz hinweg zur Enz und weiter zur Südweststadt. Ein positives Beispiel ist die Maximilianstraße. Hier wird den Fußgängern ein separater, angenehmer Gehweg unter Bäumen und von der Straße durch einen Grünstreifen getrennt angeboten. Entlang der Enz finden Fußgänger einen angenehmen Raum und attraktive Erholungsflächen. Im weiteren Verlauf der Enz nach Westen weitet sich der Grünraum ab dem Untersuchungsgebiet noch weiter auf (u.a. Kleingartenanlagen). Abb. 18 (links) Stressraum für Fußgänger in der Westlichen Karl-Friedrich-Straße (rechts) attraktiver Fußgängerweg von der Straße getrennt in der Maximilianstraße Quelle: Weeber+Partner Abb. 19 Fußwege und Straßenräume Quelle: Weeber+Partner Pforzheim-Weststadt 17 2.4 Nahversorgung Qualitäten des Quartiers oder der Nachbarschaft zeichnen sich dadurch aus, dass die wichtigsten Güter des täglichen Bedarfs auf kurzem Weg und in direkter Wohnumgebung vorhanden und erreichbar sind. Abb. 20 Nahversorgung Quelle: Weeber+Partner Die Nahversorgung ist im Untersuchungsgebiet stark eingeschränkt, nur in der Westlichen KarlFriedrich-Straße konzentriert sich ein kleines Angebot aus Bäckern und teilweise spezialisierten Obst-, Gemüse- und allgemeinen Lebensmittelläden. Vollsortimenter und Discounter finden sich erst in einem Abstand von mindestens einem Kilometer, eine Ausnahme bildet ein NORMA-Markt in der Nähe der S-Bahnstation Maihälden. Abb. 21 Lebensmittelmärkte in der Umgebung des Untersuchungsgebietes Quelle: Weeber+Partner 18 Pforzheim-Weststadt 2.5 Stadtklima Abb. 22 Stadtklima Quellen: Wärmebildplan Abendsituation, Stadt Pforzheim; Landschaftsplan "Klima" für den Nachbarschaftsverband Pforzheim, 2001 Darstellung: Weeber+Partner Aus einem Wärmebildplan der Abendsituation (Thermalscannerbefliegung) und Daten aus dem Landschaftsplan für den Nachbarschaftsverband Pforzheim lassen sich Aussagen zur Klimasituation im Untersuchungsgebiet ableiten. Rod und Brötzinger Waldwiesen fungieren als wichtige Frischluftgebiete für die Weststadt. Kaltluftströme fließen aus südwestlicher Richtung hangabwärts und entlang des Enztals. Eine besonders große Wärm- oder Hitzeinsel befindet sich über dem Messplatz. Im Landschaftsplan erhält das Untersuchungsgebiet die Kategorie Stadt-Klimatop, was einen Bereich mit Wärmeinseln und Schadstoffbelastungen bezeichnet. Folglich besteht aus stadtklimatischer Sicht großer Handlungsbedarf, insbesondere für den Messplatz. 2.6 Bevölkerungsstruktur: Wer wohnt in der Weststadt? Beim Untersuchungsgebiet handelt es sich um keinen einheitlichen Stadtraum (vgl. Kap. 3.1). Im Geltungsbereich finden sich Teile der Weststadt ebenso wie Teile der Südweststadt mit der KaiserFriedrich-Straße wieder – mit jeweils unterschiedlicher Größe, Bevölkerungsstruktur und Besonderheiten. Aus der Veröffentlichung des Eigenbetriebs "Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim", Geschäftsbereich Kommunale Statistik vom 19.07.2013 lassen sich dennoch unten genannte Merkmale ableiten, die auf das Untersuchungsgebiet übertragen werden können und eine grobe Einordnung der sozialen Lage zulassen. Die Zahlen verdeutlichen, dass die Untersuchungsgebiete Weststadt ebenso wie das Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße deutlich von der Sozialstruktur der Gesamtstadt abweichen. Sie sind geprägt von typischen Merkmalen urbaner, zentrumsnaher Quartiere: Sowohl der Anteil der Ausländer als auch der Anteil der Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen und / oder auf Transferleistungen angewiesen sind, sind fast doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. Es werden deutlich mehr Kinder von nur einem Elternteil erzogen und mehr Familien nehmen die Leistungen der Hilfe zur Erziehung in Anspruch. Zu diesen Umständen kommt die starke Fluktuation: Beide Bereiche weisen mit mehr als 20 % pro Jahr einen überdurchschnittlich hohen Anteil an zugezogener Bevölkerung auf. Die Anzahl der Bewohner hat im Vergleich zum Jahr 2003 in beiden Bereichen zugenommen, wobei dieses Wachstum gerade in der Weststadt, mit 802 Personen, deutlicher ausfällt. 19 Pforzheim-Weststadt 5.163 7.845 18,7 % 37,7 % 33,4 % Sanierungsgebiet KaiserFriedrich-Str. 1.865 2.918 19,8 % 38,3 % 33,3 % 40,7 % 45,5 % 33,9 % 38,1 % 33,3 % 16,5 % 2,1 % 2,3 % 1,3 % 18,9 % 19,3 % 13,5 % 6,6 % 22,7 % 11,4 % 7,3 % 21,7 % 2,0 % 4,6 % 7,5 % 1,9 % Weststadt Anzahl Haushalte Bevölkerungszahl Bevölkerungsanteil Menschen <18 Jahre Ausländeranteil Ausländeranteil an Menschen <18 Jahre Anteil Alleinerziehende an allen Haushalten mit Kindern Sozialleistungen für Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren (SGB II) Anteil Sozialhilfeempfänger an Erwerbstätigen (SGB XII) Anteil der Haushalte mit 3 oder mehr Kindern an allen Haushalten mit Kindern Anteil der "Hilfen zur Erziehung" an der Bevölkerung bis 21 Jahre Anteil der Zuzüge an der Bevölkerung Bevölkerungszu-/ -abnahme geg. 2003 Tab. 1 Pforzheim 73.658 118.002 17,0 % 20,0 % 16,5 % Bevölkerungsstruktur Weststadt, Sanierungsgebiet Kaiser-Friedrich-Straße Quelle: Stadt Pforzheim 2.7 Eigentümerstruktur Hierzu wurde eine Karte erarbeitet, die aber aufgrund des Datenschutzes nicht veröffentlicht werden kann. Die Wohngebäude im Quartier sind etwa zur Hälfte im Eigentum ortsansässiger Wohnungsunternehmen. Die andere Hälfte ist in privatem Streubesitz. Im Bereich des Gewerbes sind die beiden großen Gewerbebetriebe Fa. Rösch und Fa. Bader dominant. Daneben existieren jedoch noch eine Reihe Eigentümer mit mittelgroßem und kleinem Besitz bzw. gewerblichem Streubesitz. Mit der Hauptfeuerwache Habermehlstr. ist auch die Stadt Pforzheim als Eigentümerin im Quartier vertreten. 2.8 Nutzungsstruktur Das Untersuchungsgebiet ist überwiegend geprägt durch Wohnbebauung. Vor allem der südliche Teil an der Kaiser-Friedrich-Straße ist fast ausschließlich Wohngebiet. Im Bereich nördlich der Enz (Habermehl- und Westliche Karl-Friedrich-Straße) findet sich vereinzelt und typischerweise in den Erdgeschossen abweichende, vor allem kleingewerbliche oder gastronomische Nutzung (Abb. 23, Abb. 24). Prägend im Quartier nördlich der Enz sind auch die großen Gewerbebetriebe (Fa. Rösch, Fa. Bader). Im Bereich öffentlicher Bauten ist neben vereinzelter Nutzung durch kirchliche Einrichtungen vor allem das Feuerwehrgebäude an der Habermehlstraße (Hauptfeuerwache) zu nennen. Direkt außerhalb des Gebiets sind mit Fritz-Erler-Schule und Osterfeld-Schule / Kulturhaus Osterfeld zwei große öffentliche Gebäude zu finden. Ebenfalls außerhalb und direkt angrenzend ist der Messplatz, der als unbebaute, aber weitgehend befestigte Fläche für öffentliche Veranstaltungen (Kirmes, Messe) dient. Außerhalb dieser Zeiten wird er als kostenloser Parkplatz für das Quartier genutzt. 20 Pforzheim-Weststadt Abb. 23 Nutzungsstruktur in den Erdgeschossen Abb. 24 Nutzungsstruktur in den Obergeschossen Pforzheim-Weststadt 21 2.9 Methodik der energetischen Analysen (s.a. Anhang 9.1 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen) Bedarfsberechnungen Städtebauliche Bedarfsanalysen basieren auf der individuellen Kenntnis der einzelnen Gebäude. Basis ist die Berechnung der Energiebezugsfläche, welche aus Gebäudeumriss, Geschossigkeit und Dachform sowie einem Umrechnungsfaktor für die Nettofläche (in der Regel NGF/BGF = 0,87) berechnet wird. Der typologische Ansatz aufgrund der Baualtersstruktur liefert musterhaft Energiekennwerte im IST-Zustand unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Renovierungen (sowie im historischen Zustand, der hierbei aber keine Rolle spielt). So kann für jedes Gebäude ein Energiekennwert sowie ein Energiebedarfswert im jetzigen Zustand berechnet werden. Durch rechnerischen Austausch von Bauteilen (z.B. bei angenommener Renovierung der Außenwand) können Sanierungszustände musterhaft auf bestimmten Niveaus erzeugt werden: ¯ ¯ ¯ ¯ Energieeinsparverordnung EnEV: Gebäude entspricht der EnEV 2009 Referenzstandard Effizienzhaus EffH115. Förderstandard der KfW (115 % d. EnEV Neubauniveaus) Effizienzhaus EffH100. Gebäude entspricht dem EnEV Neubaustandard (100 % d. EnEV) EnerPHiT: Sanierung mit Passivhauskomponenten. Bezugszeitpunkte der Bilanzierung Die IST–Analyse (oder IST-Zustand) bezieht sich auf die Aufnahme des Quartiers zum Zeitpunkt des Projekts und ist damit Ausgang der weiteren energetischen Analysen. Die Potenzialanalyse bezieht sich auf einen angenommenen Endzustand, z.B. alle Gebäude nach dem Standard der Energieeinsparverordnung renoviert. Der so erzeugte Zustand (SAN-Zustand) gibt somit das, unter der Annahme der gleichen Nutzung und ohne die Berücksichtigung von Zubau und Abriss, erreichbare Niveau des Energiebedarfs wieder. Die Potenzialanalyse beinhaltet nicht die zeitliche Entwicklung, d.h. es werden keine Annahmen über Sanierungsraten etc. getroffen. Die Differenz zwischen IST-Zustand und SAN-Zustand gibt das Einsparpotenzial wieder. Datenerhebung und Verortung der Bilanzdaten Um valide Aussagen zu ermöglichen, wurden alle erreichbaren Datenquellen herangezogen; die Grenzen der Datenerhebung liegen jedoch im Aufwand der Erhebung; So konnten z.B. keine Einzelbegehungen der Gebäude durchgeführt werden. Im Rahmen des Projekts war es ebenfalls nicht möglich, eine Befragung auch nur eines repräsentativen Querschnitts der Bevölkerung vorzunehmen. Dies stellt nach heutigem Kenntnisstand eine der wenigen Möglichkeiten dar, nichtleitungsgebundene Energieverbrauchsdaten und zugehörige Energieträger (z.B. Heizöl) datenrechtlich sicher und qualitativ hochwertig zu erheben. Es war innerhalb der Projektlaufzeit ebenfalls nicht möglich, Schornsteinfegerdaten über die Beheizungsarten zu erhalten. Weiterhin begrenzen die Erfordernisse des Datenschutzes eine allzu feinkörnige Erhebung, bei der Rückschlüsse auf personenbezogene Daten möglich wären. Aus Datenschutzgründen konnten keine Energieversorgerdaten der Stadtwerke (Gas, Fernwärme) eingepflegt werden. Es standen aber Pläne über das Leitungsnetz Erdgas und Fernwärme zur Verfügung, so dass die Anschlüsse identifiziert werden konnten. Datenbasis der Analysen Für den Sektor Wohngebäude wurde eine flächendeckende Bedarfsanalyse durchgeführt. Sie basiert auf der GIS Stadtkarte (Gebäude und Liegenschaftskataster) der Stadt Pforzheim. Diese Basisstruktur wurde durch ebök im Rahmen von Luftbildanalysen und Vor-Ort-Begehungen ergänzt um folgende Daten: ¯ Anzahl Stockwerke (Quelle Luftbilder) ¯ Dachform, Nutzung des Dachgeschosses (Quelle Luftbilder) ¯ Nutzung; getrennt nach EG und Obergeschossen (Quelle Luftbilder, Begehung) 22 Pforzheim-Weststadt ¯ Sichtfassaden / Denkmalschutz (Quelle: Stadtplanung, Begehung) ¯ Sanierungszustand und Sanierungsmöglichkeit der Gebäude, Bauteilerneuerung (Quelle: Begehung) Zur Analyse des Energieverbrauchs standen folgende Daten-Quellen zur Verfügung: ¯ Gewerbebetriebe Fa. Rösch, Fa. Bader ¯ Gebäude der Wohnungswirtschaft (teilweise) ¯ Städt. Gebäude (Feuerwehr) Aufgrund der beschriebenen Datenlage wurde folgende Vorgehensweise gewählt: ¯ Für Wohngebäude wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt und wo möglich mit den Verbrauchswerten abgeglichen ¯ Verbrauchswerte der Gewerbebetriebe wurden – wo vorhanden – übernommen. Gesamtbilanz und Klimaindikatoren Wesentlicher Bestandteil des Quartiersansatzes ist die Verortbarkeit der Aussagen. Top-DownAnalysen, welche aus gesamtstädtischen Daten heruntergebrochen werden, liefern daher nur unzureichende Aussagen. Eine solche Grobbilanz wurde in Kap. 3.2 aufgestellt. Eine Bottom-UpKlimabilanz konnte jedoch für den Stadtteil schon aus dem Grund nicht aufgestellt werden, dass nur unzureichende Energieträgerdaten zur Verfügung standen. Damit konnte auch bei Kenntnis des Wärmebedarfs im Rahmen des Konzepts keine auf Quartiersdaten bezogene Bilanz der Energieträger (und damit CO2) erstellt werden. Auch im Bereich der Klimabilanz ergeben sich die wesentlichen konzeptionellen Aussagen aus einer Potenzialanalyse (und nicht aus einem Vergleich mit gesamtstädtischen oder Landesdaten), welche Wechselszenarien in der Energieversorgung berücksichtigen. Es ist jedoch klar, dass Potenzialanalysen ohne Basisanalysen nicht aufzustellen sind. 2.10 Baualter Abb. 25 Baualtersklassen Pforzheim-Weststadt 23 Aufgrund von Auswertungen öffentlich verfügbarer Luft- und Satellitenbilder (Google Maps, Google Earth, BING) sowie Vor-Ort-Begehungen konnten die Baualtersklassen der Gebäude ermittelt werden, siehe Abb. 25. Eine Aufstellung der vorkommenden Gebäude sowie der Anzahl in den Klassen zeigt Tab. 2. Im Quartier dominiert der Typ GMFH Blockrandbebauung Baualtersklasse D (Baujahr 1949-1957). Diese typologische Aufstellung ist Basis der weiteren Berechnungen (IST – Zustand, SAN-Zustand, Potenzial s.u.). 24 Pforzheim-Weststadt Tab. 2 Baualtersklassen, Verteilung im Untersuchungsgebiet aus der Zuordnung der Baualtersklassen. Die Aufstellung bezieht sich auf die Wohnbebauung. Die Beispiele sind (aus Gründen der Übertragbarkeit) nicht dem Quartier entnommen. Leere Felder bedeuten, dass der Typ im Quartier nicht vorkommt. Pforzheim-Weststadt 25 2.11 Bewertung des energetischen IST-Zustands des Gebäudebestands Wohnen An überraschend vielen Gebäuden in der Weststadt, insbesondere an Gebäuden der Wohnungsunternehmen, wurden bereits umfängliche Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt. Dies zeigen z.B. die Karten Fassadenoberflächen Abb. 26 und Fensterqualitäten Abb. 27, in welchen die Ergebnisse der städtebaulichen Begehung und Erhebung dargestellt sind. Abb. 26 Istzustand Fassaden (Ausschnitt) Abb. 27 Istzustand Fensterqualität 26 Pforzheim-Weststadt Die oben genannten Sanierungsmaßnahmen der Wohnungsunternehmen wirken sich positiv auf den Wärmeschutz der betreffenden Gebäude und damit auf den Energiebedarf aus. Nimmt man als Maßstab die Bedarfsdaten Endenergie Heizung und Warmwasser in Bezug auf die gültige Energieeinsparversordnung, so weisen bereits viele Gebäude Bedarfswerte auf, wie sie die EnEV im Falle einer Sanierung vorsieht (Gelbe Bereiche in Abb. 28). In einigen wenigen Fällen werden diese Werte sogar unterschritten (Grüne Bereiche in Abb. 28). Abb. 28 Energiekennwert (Endenergie Heizung und Warmwasser) im Istzustand. Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD) Die Verbrauchsanalysen (Endenergie Heizung, Warmwasser) beziehen sich nur auf die Gewerbebetriebe Bader und Rösch sowie auf das städtische Gebäude Feuerwehr. Verbrauchsdaten der Wohnungsunternehmen wurden im betreffenden Sektor Wohnen behandelt. In diesem Sektor dienten die Verbrauchswerte vor allem als Abgleich zu den Bedarfswerten. Weitere Verbrauchswerte lagen leider nicht vor und konnten aus genannten Gründen gebäudescharf auch nicht aus sekundären Quellen ermittelt werden. Eine Bewertung der spezifischen Kennwerte z.B. im Vergleich zur EnEV wie im Bereich der Wohnbebauung konnte im Gewerbebereich nicht vorgenommen werden. Energieverbrauch und Einsparpotenzial im Sektor GHD wurden nicht bewertet, da auch Benchmarks bei vielen der vorliegenden Nutzungen keine ausreichende Bewertungsbasis liefern. Allenfalls Verwaltungsgebäude können noch pauschal bewertet werden. Bei den Firmen Bader und Rösch wurde im Rahmen des Projekts eine Gebäudebegehung durchgeführt. Das Gebäudemanagement erhielt dabei eine kurze individuelle Beratung und Hinweise auf Basis von Erfahrungswerten. In beiden Fällen ist das Management aktiv an Maßnahmen interessiert, hat teilweise bereits konkrete Maßnahmen im Blick und wird diese sukzessive ausführen. Insbesondere bei Fa. Bader sind nicht nur Energiewerte für Heizung zu bewerten, sondern vor allem Prozesse wie Licht, Druckluft, Maschinenantriebe usw. Eine Bewertung hierzu verlässt den Bereich des städtebaulichen Konzepts sehr deutlich. Pforzheim-Weststadt 27 Abb. 29 Nutzflächenspezifische Verbrauchsdaten (Mittelwerte, witterungsbereinigt wo vorhanden) im Bereich GHD und Öffentliche Gebäude. Öffentliche Gebäude Die Feuerwehr mit einer Energiebezugsfläche von ca. 3345 m² weist einen mittleren Energiekennwert von rd. 146 kWh/(m²a) auf. Damit liegt der Wert knapp unter dem Benchmarkwert von 155 kWh(m²a) für Feuerwehren [EnEV RegelnNiWo09]. Der Fortbestand des Gebäudes als Feuerwehrgebäude ist momentan offen, da über die Organisation der Feuererwehr in Pforzheim diskutiert wird. Bevor über das Gebäude entschieden wird, sollte jedoch die Nutzung geklärt werden. Aufgrund der Bauweise ist eine Sanierung eher schwierig durchzuführen. Energieverbrauchsdichte im IST – Zustand Die absolut ermittelten Bedarfs- und Verbrauchswerte der Gebäude und Liegenschaften wurden in einer Grobstruktur als Dichtewert zusammengefasst. Die Abgrenzungen werden dabei als "Baublock" definiert. Ein Baublock umfasst in der Regel ein Straßencarrée. Die Nachfragedichte ergibt sich damit als ein auf die Baublockfläche bezogener Energiebedarfswert. Dieser ist ein Indikator für mögliche zentrale Versorgungsstrukturen sowie für hohe Nachfrage. Bereits ab einem Dichtewert von 250 MWh/(ha a) (entspricht 25 kWh/(m²a)) kann Fernwärmeversorgung lohnenswert sein. Daher wurden die in Tab. 3 beschriebenen Kategorien eingeführt. kWh/(m²a) Baublockfläche 0 - 20 21 – 40 41 – 80 81 – 125 126 - 250 Tab. 3 Fernwärme wirtschaftlich? nicht wirtschaftlich möglich sollte geprüft werden wahrscheinlich lohnenswert lohnenswert sehr dicht. lohnenswert Bewertung Verbrauchsdichte hinsichtlich Fernwärme 28 Pforzheim-Weststadt Abb. 30 Bedarfs-/ Verbrauchsdichte im IST-Zustand. Die Summenwerte Energie für Heizung und Warmwasserbereitung wurden auf die Baublockfläche bezogen. Auch enthalten: Gewerbe, Feuerwehr und möglicher Dichtewert Messplatz. Die Dichtewerte im Untersuchungsgebiet sind im jetzigen Zustand sicherlich ausreichend für den Betrieb einer Fernwärmeversorgung. Besonders hohe Dichtewerte sind im Bereich der KaiserFriedrich-Str. zu verzeichnen, welche nicht als Ausbaugebiet Fernwärme der Stadtwerke Pforzheim ausgewiesen ist. Im Bereich des Messplatzes wurde ein möglicher Entwurf quantifiziert und in die Bewertung eingebracht (s.a. Kap. 5.8). Auch in diesem Bereich ergibt sich ein ausreichender Dichtewert. 2.12 Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien im Untersuchungsgebiet könnten sich auf die Erzeugung sowie auf den Einsatz für Gebäudebeheizung und Warmwasserbereitung sowie auf Stromanwendungen und Verkehr beziehen. Insbesondere außerhalb des Ausbaubereichs Fernwärme im Bereich der Kaiser-FriedrichStraße ist der verstärkte Einsatz effizienter, regenerativ betriebener Energieversorgungssysteme wünschenswert (siehe auch Abb. 41: Handlungsfelder "Energie"). Folgende Möglichkeiten und Einschränkungen bestehen: Oberflächennahe Geothermie Aufgrund der Aussage der Abteilung Umwelttechnik der Stadt Pforzheim ist das Quartier aufgrund der Belastungsdichte mit Schadstoffen und der damit möglichen Schadstoffverlagerung durch Erdwärmebohrungen nicht geeignet für die Nutzung von Erdwärme. Im Bereich KF sollte diese Option nochmals grundstücksscharf geprüft werden. Pforzheim-Weststadt 29 Holzheizungen (Holzpellets, Holzhackschnitzel, Stückholz), Biomasseheizungen Das Quartier liegt im verdichteten innerstädtischen Bereich mit hoher Belastung an Feinstaub. Aus diesem Grund hat das RP Karlsruhe 2006 einen Luftreinhalte-/Aktionsplan aufgestellt und 2012 fortgeschrieben [RP Karlsruhe 2006], [RP Karlsruhe 2012]. Folge ist die Aufstellung einer Umweltzone für Pforzheim, in der auch das Untersuchungsgebiet liegt. Diese ist zwar für die Ausführung von Heizanlagen nicht bindend, es ist jedoch nicht sinnvoll, Heizanlagen mit vergleichsweise hohem Feinstaubausstoß zu propagieren, wenn insgesamt hohe Belastungswerte zu verzeichnen sind. Im Vergleich zu Gasheizungen (nahezu feinstaubfrei) und Fernwärme (im Quartier feinstaubfrei) ist zur Zeit auch bei den günstigsten Kleinfeuerungsanlagen (Pelletkessel bis 25kW) mit einer PM10 Emission von ca. 792 mg/kWh zu rechnen (Tab. 6, [UBA Feinstaub 2006]. Als begleitende Maßnahme zur Luftreinhaltung empfiehlt daher auch der Luftreinhalteplan den Verzicht auf Holzfeuerungen aus Kleinfeuerungsanlagen. Mit der Novellierung der 1. BImSchV werden zwar ab 2015 höhere Anforderungen an kleine und mittlere Feuerungsanlagen gestellt, diese positiven Effekte werden sich allerdings aufgrund langer Übergangsvorschriften nur zögerlich einstellen. Eine mögliche Lösung besteht darin, auch in Kleinfeuerungsanlagen Feinstaubfilter einzusetzen. Zunehmend kommen kleinere Kessel und Filter auf den Markt, die bereits heute die zukünftigen Grenzwerte unterschreiten. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei blockweiser Versorgung mehrerer Gebäude emissionsarme Holzpelletkessel mit höheren Leistungen (ab ca. 150kW) mit sehr hochwertiger neuester Filtertechnologie einzusetzen. (S.a. Kap. 5.2). Thermische Solarnutzung Die solarthermische Nutzung durch Anlagen zur Warmwasserbereitung (und in Grenzen zur Beheizung) ist im Gebiet grundsätzlich möglich. Viele Dächer sind südausgerichtet und gut geeignet. Im Bereich des Ausbaugebiets Fernwärme (Abb. 41: Handlungsfelder "Energie") nördlich der Enz und teilweise im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ist aus drei Gründen jedoch die Solarthermie nur nachrangig zu betrachten: 1 Als vorranging wurde hier der Energieträger Fernwärme identifiziert. Solarthermie steht hierzu in starkem wirtschaftlichem und auch umwelttechnischem Konflikt. Die Anlagentechnik müsste voll redundant ausgeführt und betrieben werden. Der Fernwärmeanschluss muss auch im Sommer bezahlt werden. Der Betreiber der Anlage muss im Sommer überschießende Wärme der Stromerzeugung (Kraft-Wärmekopplung) entweder rückkühlen oder die Leistung reduzieren. 2 Bei der vorliegenden dichten Bebauung und der damit einhergehenden hohen Zahl der Bewohner je Gebäude sind die vorliegenden Dachflächen eher ungeeignet, da zu klein, um den Bedarf an Warmwasser mit ausreichender Deckungsrate zu befriedigen. 3 Solarthermische Nutzung steht in Bezug auf die Dachflächen in Konkurrenz zur Nutzung von Photovoltaik. Im Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße ("effiziente Einzelheizungen und Blockversorgung“) ist der Einsatz von thermischen Solaranlagen dann sinnvoll, wenn sie (wirtschaftlich) in ein Versorgungskonzept eingebunden werden können. Dies ist vor allem bei kleineren Gebäuden mit geringem regenerativem Anteil der Versorgung, welche vom Eigentümer selbst genutzt werden, sinnvoll. 1 Die thermische Solaranlage sollte nicht in Konkurrenz zum Betrieb eines BHKW o.ä. stehen. 2 Die Anlage muss in die ggf. bestehende Warmwasserbereitung einzubinden sein. 3 Thermische Solaranlagen sind Zusatzinvestitionen, welche aus den eingesparten Brennstoffkosten refinanziert werden. Daher sind sie vor allem bei hohen Brennstoffkosten wirtschaftlich sinnvoll. 4 Die Dachflächen müssen ausreichenden Ertrag für den vorhandenen Bedarf liefern (die vorhandenen Dachflächen sind bei den vorhandenen Mehrfamilienhäusern im Verhältnis zur Wohnfläche eher ungünstig). 5 Im Mieter- / Vermieterverhältnis muss die Heizkosten-Umlage bzw. Finanzierung der Anlage geklärt werden. 30 Pforzheim-Weststadt Grundsätzlich stehen thermische Solaranlagen in Konkurrenz zu Photovoltaik-Anlagen (s.u.). Hier sollte – bezogen auf das Gebäude – untersucht werden, ob eine photovoltaische Nutzung nicht einfacher und sinnvoller durchgeführt werden kann. Biomasse Der Anfall von nutzbarer Biomasse im Quartier ist vernachlässigbar. Die Gebrauchsmöglichkeiten von Biomasse (außer Holz) im Gebiet sind vernachlässigbar. Biogas Vermehrt wird Biogas (in Erdgas-Qualität) auch für Endverbraucher auf dem Energiemarkt angeboten. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gas-Direktversorgung, sondern – genauso wie bei Ökostrom-Anbietern – um eine bilanzierte Versorgung aus dem normalen Gasnetz. Die Verpflichtungen des [EEWärmeG-2009EWärmeG-BW2007] können durch Einsatz von 30% Biomethan erfüllt werden. Beim Nachweis nach EnEV findet die Biogasversorgung nur Anrechnung, wenn die Erzeugung in unmittelbarem Kontext zum Gebäude steht, was im Fall der Weststadt in keinem Fall gegeben sein dürfte. Strom (-erzeugung) Im Untersuchungsgebiet sind keine Wasserkraftwerke sowie keine Windkraftwerke vorhanden. Das Musterprojekt Güterstraße 30 (Kap. 5.4) wurde im Konzept mit einer Windkraftanlage versehen. Diese wird voraussichtlich auch realisiert. Grundsätzlich ist Windenergienutzung im städtischen Umfeld mit Kleinst-Windkraftanlagen nach heutigem Stand technisch und wirtschaftlich (noch) nicht etabliert. Es gibt Hinweise, dass Strom vereinzelt in Blockheizkraftwerken erzeugt wird (Fa. Nordson, Habermehlstr.). Vorrangig soll und wird Strom im Untersuchungsgebiet photovoltaisch erzeugt. Die Fa. Rösch betreibt bereits einige, auch fassadenmontierte, Anlagen. Abb. 31 Photovoltaik Fassadenanlage Fa. Rösch Quelle: ebök Viele Dachflächen sind gut südorientiert und damit gut geeignet für die Montage von PV-Anlagen. Im Streubesitz ist deren Umsetzung jedoch eher schwierig. Potenziale sind vor allem noch bei der Fa. Bader vorhanden. Hier sollte die Möglichkeit der Montage konkret aus gestalterischen und statischen Gesichtspunkten geprüft werden. 2.13 Energieversorgung: Gasnetz, Fernwärmenetz, Dezentrale Versorgung Das Untersuchungsgebiet wird durch die Stadtwerke Pforzheim mit Erdgas und Fernwärme versorgt. Die Fernwärme wird dabei in eigenen Wärmekraftwerken erzeugt. Sie steht mit einem sehr guten Primärenergiefaktor von 0,441 zur Verfügung. Sowohl Fernwärme- als auch Erdgasnetz sind 1 Bescheinigung nach FW309-1 bis 2021 des Gutachters FW 609-003 Pforzheim-Weststadt 31 jedoch nicht flächendeckend vorhanden. Es handelt sich vielmehr um eine gewachsene Struktur, die typische Schwachstellen wie örtlich begrenzte Kapazitäten und Lücken im Versorgungsnetz aufweist. Viele Gebäude im Gebiet nördlich der Enz sind sowohl mit Erdgas als auch mit Fernwärme versorgt (Abb. 32). Im Rahmen des Projekts konnte jedoch keine Kenntnis darüber erlangt werden, ob die Gasanschlüsse tatsächlich genutzt werden. Möglich ist, dass Gas nur zum Kochen oder für sonstige Prozesse (z.B. Backöfen in Bäckereien), nicht für Beheizung zur Verfügung steht. Der gebäudeweisen Ermittlung (z.B. über Verbrauchsdaten und Tarife) standen Gründe des Datenschutzes entgegen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bei Gebäuden, die einen Fernwärmeanschluss haben, dieser auch zur Beheizung genutzt wird. Viele Gebäude sind weder an Gas noch an Fernwärme angeschlossen. Der Energieträger ist bei diesen Gebäuden unbekannt. Um diesen einzugrenzen, wären Schornsteinfegerdaten hilfreich gewesen, die jedoch ebenfalls aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise zur Verfügung standen. Aufgrund der Verteilung der Energieträger für die Gesamtstadt (Abb. 33) kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der unbekannten Versorgungsarten dem Energieträger Heizöl zuzuordnen sind. Die Stadtwerke Pforzheim sehen in der Versorgung mit zwei leitungsgebundenen Energieträgern (Erdgas, Fernwärme) eine unwirtschaftliche Situation, weshalb im Bereich zwischen Enz und Bahn des Untersuchungsgebiets eine Entflechtungsstrategie verfolgt wird. Der Ausbau von Fernwärme hat Vorrang vor Gas. Gleichzeitig soll die Erdgasversorgung in dem betreffenden Gebiet rückgebaut werden. Das Rückbaugebiet Erdgas erstreckt sich über die östlichen und westlichen Grenzen des Untersuchungsgebiets hinaus ebenfalls grob zwischen Enz und Bahn. Hier soll lang- und mittelfristig Fernwärme als vorrangige leitungsgebundene Energie (neben Strom) verbleiben. Die Stadtwerke fördern den Umstieg auf Fernwärme (siehe http://www.stadtwerkepforzheim.de/de/1941.php#ID_1945 vom 6.8.2013). Im Gebiet südlich der Enz (Kaiser-Friedrich-Str.) ist Fernwärme nur bis ca. zur Hausnummer 102 vorhanden. Hier verläuft nach Auskunft der Stadtwerke im südlichen Bereich eine kellerverlegte Fernwärmeleitung, deren Kapazität begrenzt ist. Ein weiterer Ausbau in diesem Bereich ist nur sehr begrenzt möglich. Obwohl aktuell (Sommer 2013) im Bereich Kaiser-Friedrich-Str. neue Leitungen verlegt werden, wurde ein Ausbau der Fernwärme nicht durchgeführt. Die Stadtwerke geben hier als Grund den begrenzten Raum an, in dem bereits bei der jetzigen Leitungsführung (mit Gas- und Gashochdruckleitungen) Leitungen übereinander, d.h. in mehreren Lagen, angeordnet wurden. 32 Pforzheim-Weststadt Abb. 32 Versorgung mit Erdgas, Fernwärme sowie Rückbaugebiet Gasversorgung 2.14 Umweltindikatoren Klimaschutz Auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg für die Stadt Pforzheim (Bewertungsjahr 2009) konnte nach dem Anteil der Bewohnerzahl der Weststadt an der Gesamtstadt (vgl. Kap. 2.6) folgendermaßen kalkuliert werden: Die Einwohner der Weststadt verursachen im Mittel rund 6,6 % des CO2-Ausstoßes der Stadt Pforzheim von rund 168.000 Tonnen pro Jahr. Dieser Anteil sowie der zugehörige Energieverbrauch können tatsächlich höher oder niedriger liegen, da die spezifischen Verbrauchs- und Emissionswerte je Einwohner der Weststadt sicher von denen der Gesamtstadt abweichen. Quartiersdaten konnten aufgrund fehlender lokaler Informationen zur Versorgung – insbesondere der Energieträger der Einzelfeuerungsanlagen – nicht ermittelt werden. Pforzheim-Weststadt 33 Für die Gesamtstadt wurde 2011 von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA) ein Klimaschutzkonzept aufgestellt. Hierbei wurden auch Bilanzen für einzelne Sektoren und Energieträger sowie Szenarien veröffentlicht [KEA 2011]. Der hierbei gewählte Ansatz der Top-Down-Bilanzierung (anhand von wenigen Messwerten wie dem Gesamt-Gasverbrauch, überwiegend statische Auswertungen) harmoniert nicht optimal mit dem beim vorliegenden Konzept gewählten Bottom-Up-Ansatz (Betrachtung einzelner Gebäude). Abb. 33 Endenergieverbrauch nach Energieträgern (Referenz) [KEA 2011] Abb. 34 CO2-Emissionen 2010 nach Sektoren (Referenz) [KEA 2011] 34 Pforzheim-Weststadt 3 Entwicklungspotenziale und –ziele 3.1 Entwicklungsziele der Bundesregierung 2020, 2050 Die Bundesregierung stellt mit dem "Energiekonzept 2050 - Meilensteine und Bewertungen" einen langfristigen Entwicklungspfad für ambitionierte Klimaschutzziele, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien auf2. Die einzelnen Entwicklungsschritte sind: ¯ Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70% und bis 2050 um 80-95 % (jeweils gegenüber 1990) sinken. ¯ Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch 18 % erreichen und danach kontinuierlich weiter steigen auf 30 % bis 2030 und auf 60% bis 2050. Ihr Anteil an der Stromerzeugung soll bis 2050 sogar 80% betragen. ¯ Energieeffizienz: Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 50 % gegenüber 2008 sinken. ¯ Die Sanierungsrate für Gebäude soll von 1 % auf 2 % pro Jahr verdoppelt werden. ¯ Im Verkehrsbereich soll der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund 10% und bis 2050 um rund 40% zurückgehen. Es sollen 6 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 auf die Straßen gebracht werden. Um derartig ambitionierte Ziele zu erreichen, sind Anstrengungen auf allen Ebenen notwendig. Insbesondere die Verdoppelung der Sanierungsrate sowie der Umstieg auf regenerative Energien muss auch und gerade mit den Akteuren vor Ort umgesetzt werden. Um die Sanierungsrate nennenswert zu erhöhen, müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen oder ausgebaut werden. Wichtige Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang: ¯ Die Anforderung an Gebäudehülle und Wärmeversorgungstechnik (Primärenergiebedarf) wird durch die Energieeinsparverordnung [EnEV 2009] geregelt. Die Energieeinsparverordnung ist die nationale Umsetzung der Europäischen Effizienzrichtlinie für Gebäude [EU 2002/91/EG], sie soll noch in 2013 novelliert verabschiedet werden. ¯ Ein Anteil regenerativer Energie für Beheizung und Warmwasser wird für Neubauten im Erneuerbare-Energien-und-Wärmegesetz des Bundes [EEWärmeG-2009], für Bestandsbauten im Landesgesetz Baden-Württemberg [EWärmeG-BW2007] geregelt. ¯ Der Bund fördert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW u.a. den Neubau sowie die Sanierung auf wärmetechnischen Niveaus, die teilweise weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Kommunen haben in der Regel keine Möglichkeit, mehr als die gesetzlichen Mindestanforderungen einzufordern. Ob Belange des Klimaschutzes – welche im Baugesetzbuch durchaus formuliert sind – in Satzungen umgesetzt werden können, ist nach wie vor strittig. Von Vorteil ist, wenn Maßnahmen mit Hilfe des Privatrechts (Vertragsrecht nach BGB) durchgesetzt werden können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich Grundstücke oder Liegenschaften in städtischer Hand befinden. Daher gilt, dass Kommunen nur bei eigenen Liegenschaften einen direkten Durchgriff auf die Handlungsoptionen haben. Ein indirekter Einfluss ist im Bereich der Wohnungswirtschaft zu verzeichnen. Nur mittelbaren Einfluss haben Kommunen auf Gewerbe und private Eigentümer (Gebäude im Streubesitz). Siehe http://www.bmu.de/themen/klima-energie/energiewende/beschluesse-und-massnahmen/energiekonzept2050-meilensteine-langfristiger-entwicklungspfad-fuer-ambitionierte-klimaschutzziele-energieeffizienz-underneuerbare/ (6. Aug. 2013) 2 Pforzheim-Weststadt 35 3.2 Entwicklungsziele der Stadt Pforzheim Masterplan Die Stadt Pforzheim hat im Jahr 2010 einen strategischen Stadtentwicklungsprozess über alle Bereiche und Belange des Zusammenlebens in einer Großstadt hinweg in Gang gesetzt (http://www.pforzheim.de/leben-in-pforzheim/masterplan.html). In Leitsatz 8 ist der Klimaschutz als Entwicklungsziel 2025 mit höchster Handlungspriorität (A) genannt: "Pforzheim ist Vorreiter beim Klimaschutz und im Umgang mit den natürlichen Ressourcen“. Folgende Maßnahmen wurden zur Umsetzung genannt: ¯ "Klimaneutrale Stadt" als verbindliches Ziel ¯ Prüfung Windkraft Büchenbronner Höhe ¯ Landesgartenschau unter dem Motto "Stadt im Klimawandel" ¯ Förderung der Bedeutung des Fahrrads in Pforzheim ¯ Ausbau der Solarkampagne in Pforzheim ¯ Kommunales Beschaffungswesen weiterhin auf Klimawirksamkeit überprüfen ¯ Öffentlichkeitsarbeit für Klimaschutz verstetigen ¯ Erhaltung der Frischluftzufuhr/Kaltluftschneise ¯ Stadtklima durch Begrünung und Luftzufuhr verbessern ¯ Fernwärme ausbauen ¯ Regenerative Energien in Bebauungsplänen verbindlich festsetzen ¯ Auflage von energetischen Sanierungsprogrammen im Gebäudebestand ¯ Energetische Bausanierung öffentlicher Gebäude. Konvent der Bürgermeister Pforzheim ist nach dem Beschluss des Gemeinderats vom 22.7.2008 dem "Konvent der Bürgermeister" beigetreten und gehört mit Heidelberg und Freiburg zu den drei ersten baden-württembergischen Städten, die sich verpflichtet haben, die verbindlichen Reduktionsziele der EU noch zu unterbieten. Beim Konvent der BM handelt es sich um einen Zusammenschluss europäischer Städte, die sich zu besonderen Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel verpflichtet haben. Die Ziele im Einzelnen: ¯ Die Ziele für 2020 der EU bzgl. der CO2 Reduktion sollen um mind. 20% unterschritten werden. ¯ Am 19.4.2011 wurde ein Aktionsplan vorgelegt [KEA BM 2011]. ¯ Mindestens alle zwei Jahre nach Veröffentlichung des Aktionsplans soll ein Umsetzungsbericht zwecks Bewertung, Überwachung und Überprüfung vorgelegt werden. ¯ Es sollen Energietage oder Städte-Konvent-Tage in Zusammenarbeit mit der europäischen Kommission und anderen Interessensvertretern organisiert werden. ¯ Teilnahme an der jährlichen EU-Konferenz der Bürgermeister für eine nachhaltige Energienutzung in Europa. 36 Pforzheim-Weststadt Klimaschutzkonzept Im Dezember 2011 wurde durch die KEA ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim erstellt [KEA 2011]. Da Pforzheim schon in der Vergangenheit umfangreiche Aktivitäten in Sachen Klimaschutz entwickelt hat, war von 1990 – 2010 bereits ein Rückgang der CO2 -Emissionen um 20 % zu verzeichnen, v.a. durch die Verdrängung von Kohle durch Biomasse und Ersatzbrennstoffe im Heizkraftwerk (Inbetriebnahme des Biomasse-Blocks in 2005). Mit dem Klimaschutzkonzept verfolgt die Stadt Pforzheim folgende Teilziele: ¯ Erstellen einer fortschreibbaren Energie- und CO2 -Bilanz ¯ Kommunikation mit den maßgeblichen Akteursgruppen ¯ Ausarbeitung des Aktionsplans ("SEAP“) für den Konvent der Bürgermeister ¯ Erarbeitung einer langfristigen Klimaschutzstrategie ¯ Ausarbeiten eines Maßnahmenkataloges ¯ Festlegung von Prioritäten für Maßnahmen. Im Klimaschutzkonzept wurde auch eine Reihe von Maßnahmen hoher Priorität zur Umsetzung genannt sowie mit dem Masterplanprozess und den Zielen des Konvents der Bürgermeister verzahnt. Das hier erarbeitete und mit diesem Bericht dargestellte Integrierte Quartierskonzept leitet sich als eine der Maßnahmen direkt aus dem Klimaschutzkonzept ab. 3.3 Effizienzpotenziale für die energetische Sanierung Grundsätzliche Überlegungen zur Erschließung von Effizienzpotenzialen sowie die Einflussmöglichkeiten der Stadt Pforzheim finden sich im Anhang 0 sowie 9.6. Wohnen Im Bereich der Wohnbebauung wurden – ausgehend von den berechneten Kennwerten im ISTZustand der Gebäude – verschiedene energetische Sanierungsniveaus untersucht. Dabei wurde folgendermaßen vorgegangen: Die Maßnahmen im Bereich Fenster, Fassade, Dach usw. wurden für jedes einzelne Gebäude bestimmt, ohne jedoch die Tiefe und Qualität eines individuellen Gebäudekonzepts erreichen zu können. Die Energiekennwerte der Gebäude ergeben sich im historischen, im IST-Zustand sowie im SAN-Zustand aus typologischen Musterberechnungen (s.a. Kap. 2.9). Augenscheinlich bereits sanierte Bauteile wurden keiner weiteren Maßnahme unterzogen. Bei denkmalgeschützten Fassaden und Schmuckfassaden wurden keine Maßnahmen getroffen; wenn möglich wurde die rückwärtige Fassade gedämmt ("Teilsanierung"). Bei Schmuckfassaden wurden Maßnahmen wie Innendämmung angenommen. Die Anwendbarkeit solcher Maßnahmen ist jedoch eine Planungsaufgabe für das betreffende Gebäude. Folgende Sanierungsniveaus wurden angenommen (s.a. Kap. 2.9): EnEV 2009 Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung KfW Effizienzhaus 115 Förderniveau der KfW im Bereich Sanierung KfW Effizienzhaus 100 Förderniveau Sanierung auf EnEV Neubauniveau EnerPHit Sanierung mit Passivhauskomponenten Eine Auswahl der Untersuchungen ist in den Abbildungen Abb. 35 bis Abb. 37 dargestellt. Für die in den Karten gezeigten Gebäude wurden Sanierungsmaßnahmen oder TeilSanierungsmaßnamen angenommen. Alle nicht genannten Gebäude verbleiben im IST – Zustand, da die Sanierungsmaßnahmen augenscheinlich unwirtschaftlich sind (Ersatz von neuen oder fast neuen Bauteilen). Pforzheim-Weststadt 37 Abb. 35 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnEV 2009. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand. Abb. 36 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im ISTZustand. 38 Pforzheim-Weststadt Abb. 37 Wärmebedarfskennwerte (Nutzenergie Heizung und Warmwasser) Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit. An den genannten Gebäuden wurden Maßnahmen angenommen. Nicht genannte Gebäude verbleiben im IST-Zustand. Sektor Wohnbebauung Summe Anzahl betrachtete Wohngebäude gesamt Anzahl sanierter Gebäude Anzahl teilsanierter Gebäude Nettogrundfläche = Energiebezugsfläche der betrachteten Gebäude Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung im IST-Zustand Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler und schützenswerten Gebäude nach EnEV2009 Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung nach KfW EffH 115 Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung nach KfW EffH 100 (Neubaustandard) Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung bei Sanierung und Teilsanierung der Denkmäler und schützenswerten Gebäude nach EnerPHit 110 61 15 89.449 m² 11.439 MWh Tab. 4 Differenz zu IST = Einsparung 9.331 2.107 MWh 8.906 2.533 MWh 8.432 3.007 MWh 7.038 4.401 MWh Summen und Potentiale Energieeinsparung des untersuchten Quartiers (Wohnbebauung). Quelle ebök. Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD) Für diesen Sektor können die Sparpotenziale nur eingeschränkt dargestellt werden, da erstens nicht alle Gewerbegebäude erfasst wurden und zweitens bei den erhobenen Gebäuden nur sehr individuelle Lösungen gefunden werden können. Hierbei ist nicht nur der Sektor Heizung / Warmwasser, sondern vor allem auch der Sektor betriebliche Prozesse zu betrachten. Auch sind die 39 Pforzheim-Weststadt Firmen Bader und Rösch in ihren Möglichkeiten bereits sehr weit gegangen und können für andere Betriebe als Vorbild dienen. Öffentliche Gebäude Im Gebiet ist neben einigen kleineren kirchlichen Gebäuden nur die Feuerwehr als öffentliches Gebäude bekannt. Der IST-Wert der Feuerwehr liegt bei ca. 146 kWh/(m²a) (s. Kap 2.11), das Potenzial bei einem Zielwert von 85 kWh(m²a). Das entspricht einem Benchmarkwerk in Anlehnung an die Anforderungen des Effizienzhaus 85 (15% günstiger als EnEV 2009). Die Einsparung entspricht damit rund 20 MWh/a. 3.4 Effizienz der Energieversorgung Ausgangssituation Wärmeversorgung Heizung WarmW. Fernwärme Fernwärme Gas zentral Gas zentral Heizöl zentral Heizöl zentral Gas zentral Heizöl zentral Elektro-Boiler in den Bädern Gas Einzelöfen Heizöl Einzelöfen Kohleöfen Elektr. Speicherheizung Stückholzöfen (Ergänzung) Gas- oder ElektroDurchlaufErhitzer oder Elektro-Boiler in den Bädern Heizung Kommentar WarmW. Fernwärme Fernwärme Wärmepumpe Wärmepumpe Holzpellets / Holzhack Holzpellets / Holzhack Fernwärme Wärmepumpe Holzpellets/ Holzhack Fernwärme Wärmepumpe Holzpellets/ Holzhack Kein Fernwärme Wärmepumpe Holzpellets/ Holzhack Kein Wechsel In der Regel gut möglich, wenn FW angeboten wird Bedingt möglich. Voraussetzung: Erdbohrung möglich oder günstigere Energiequelle (Abwasser, Grundwasser). Fußbodenheizung sinnvoll. WW-Bereitung eher ineffizient. Luft-Wasser-WP nicht sinnvoll In der Regel gut möglich. Lager muss vorhanden oder machbar sein. Problem: Feinstaub. Umstieg auf zentrale WWBereitung i.d.R. mit hohen Kosten verbunden. Nur möglich bei Kernsanierung. Sonst. Einschränkungen s.o. Hohe Kosten für Wärmeverteilung. Umstieg auf zentrale WW-Bereitung in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Nur möglich bei Kernsanierung. Sonstige Einschränkungen siehe oben. Kein Wechsel möglich Alle zentralen Warmwasserversorgungen Tab. 5 Möglicher Wechsel zu Solar zusätzlich Wärmeversorgung, Ausgangssituation, Wechselmöglichkeit. Kombination mit FW nicht sinnvoll. Sonst gut möglich. Reine Zusatz-Investition. Umfasst Solarkollektoren, Regelung, Leitung sowie solartauglicher Speicher. 40 Pforzheim-Weststadt Die Effizienz der Wärmeversorgung bezieht sich einerseits auf die Anlagentechnik selbst, andererseits auf die Wahl der Energieträger, bei der ein hoher Regenerativanteil wünschenswert ist. Heizkessel haben in der Regel eine Lebensdauer von 15-25 Jahren, weshalb die Erneuerung im Zuge der notwendigen Sanierungszyklen im Vergleich zu Maßnahmen wie Fenstertausch, Außenwanderneuerung etc. verhältnismäßig schnell erfolgt. Alte Anlagen werden in der Regel durch effiziente, moderne ersetzt. Eine Ausnahme stellen hier elektrische Speicherheizungen dar, die längere Standzeiten besitzen. Die EnEV 2009 [EnEV 2009] schreibt einen Austausch dieser Beheizungsart vor; in der Novellierung der EnEV 2014 ist diese Vorschrift jedoch nicht mehr enthalten [EnEV 2014]. Ohne Kenntnis der genauen Versorgungsstruktur kann kein exaktes Potenzial zur Effizienzsteigerung der Wärmeversorgung ausgewiesen werden. Es gibt jedoch grundsätzliche Überlegungen, welche vorhandenen Wärmeversorgungssysteme eine Effizienzsteigerung erleichtern oder erschweren (Tab. 5). Kennzeichnend für die Effizienz eines Wärmeversorgungssystems ist die (primärenergiebezogene) Aufwandszahl der Anlage ep. In sie gehen neben den Verlusten für Erzeugung, Speicherung und Verteilung auch die Erzeugungs-, Speicherungs- und Verteilungsverluste des Energieträgers ein. Aufwandszahlen können nach DIN 47101-10 berechnet werden. Tab. 6 gibt eine Übersicht über übliche Aufwandszahlen für typische Systeme, wie sie in Gebäuden der Weststadt vorkommen3. Aus der Musterberechnung ist klar ersichtlich, dass der Primärenergieaufwand bei elektrischen Speicherheizungen mit Abstand am höchsten ist. Dies liegt zum einen am hohen Primärenergiefaktor des Energieträgers Strom, andererseits auch an der ineffizienten Anlage. Am günstigsten in Bezug auf CO2-Ausstoß und nichtregenerativen Primärenergieeinsatz schneiden Holzheizungen ab. Im Vergleich der Anlagen kann erwartet werden, dass der Primärenergieaufwand für Fernwärmeanschlüsse incl. Anlagentechnik nur wenig ungünstiger ist als bei Holzheizungen. Da die Verbrennung fester Brennstoffe – in diesem Falle Holzpellets – lokale Emissionen, allen voran Staubemissionen der Schadstoffklasse PM10 mit sich bringt, ist der Fernwärmeanschluss einer Holzheizung vorzuziehen. ep fp CO2 PM10 Niedertemperatur (NT) Anlage Kessel Primärenergie1,40 Anlagenaufwandszahl Gas-BWKessel Solar unterstützt Elektrische Speicherheizung und HolzDurchlaufPelleterhitzer kessel Fernwärme SWP 1,02 2,52 0,40 0,52 Energieträger Erdgas H Erdgas H Strom Mix Holzpellets Fernwärme SWP 1,1 1,1 2,6 0,2 0,44 0,25 0,25 0,68 0,05 k.A. 0 0 k.A. 0,0792 k.A. Primärenergiefaktor des Energieträgers CO2 Äquivalente [kg/kWh] Staub [g/kWh] Tab. 6 Anlagenaufwandszahlen und Kennwerte Primärenergiefaktor, CO2-Äquivalentwerte, sowie Staub (Klasse PM10) der zugehörigen Energieträger und Prozesse. Quelle DIN 4710-10, Gemis 4.14, PHPP 2007, eigene Recherchen. Die Anlagenaufwandszahl ep wurde anhand eines typischen Mustergebäudes (unsaniertes Mehrfamilienhaus) in der Weststadt auf Basis von 4701-10 Diagrammverfahren berechnet. Sie ist anlagen- und gebäudeabhängig (s.a. Kap. 0). 3 Großes Mehrfamilienhaus, ungedämmt Pforzheim-Weststadt 41 3.5 Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen Die gängigste Methode zur Beurteilung der Kosten einer Sanierungsmaßnahme ist die Annuitätenmethode nach VDI 2067. Deren Grundlage ist die Kapitalwertmethode. Der Kapitalwert ist die Summe aller Kosten (welche über den Betrachtungszeitraum anfallen) aus den Bereichen: ¯ kapitalgebundene Kosten (Investitionen), ¯ verbrauchs- oder bedarfsgebundene Kosten (Energiebedarf), ¯ betriebsgebundene Kosten (Wartung und Unterhalt). Da Wirtschaftlichkeit als das Verhältnis von Ertrag (Rückzahlung) zu Aufwand (Kosten) definiert ist (dessen Quotient über alle Formen und Zeitpunkte des Geldflusses summiert größer als 1 sein sollte), ergebt sich eine grundsätzlich von vielen Randbedingungen abhängige Größe. U.a. haben folgende Größen auf die Wirtschaftlichkeit und deren Bewertung Einfluss: ¯ Preis der Maßnahme; Durchführbarkeit der Maßnahme; technische, rechtliche oder planerische Hemmnisse ¯ lokale Preise, Anbieterstruktur, Anbieterauslastung usw. ¯ lokale Energiepreise und zukünftige Energiepreissteigerung ¯ Kapitalzins und Möglichkeit der Geldbeschaffung ¯ Eigentümer und Eigentümerstruktur des Gebäudes, Nutzer des Gebäudes ¯ Zweck des Gebäudes, Nutzung des Gebäudes ¯ selbstgenutztes, vermietetes Gebäude ¯ Beurteilung von Prioritäten Bereits aus der Komplexität der Einflussgrößen ist klar, dass die qualifizierte Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Sanierungsmaßnahme Thema einer Feinkonzeption oder Vorplanung, nicht jedoch eines städtebaulichen Konzepts sein muss. Darüber hinaus steht der Aufwand für „Sowieso-Maßnahmen“ und Aufwendungen, welche nicht im direkten Zusammenhang mit dem Energieverbrauch stehen (z.B. Brandschutzmaßnahmen, Umbau und Verschönerung) nicht dem Nutzen zur Minderung des Energieverbrauchs gegenüber. Den Nutzen "Energieeinsparung“ auf den Aufwand "Vollkosten“ zu beziehen, würde folglich unsinnige Aussagen ergeben. Konkret bedeutet dies, dass bei der Erneuerung z.B. einer Außenwand mit Wärmedämmverbundsystem folgende Arbeiten anfallen: ¯ Vorbereitung der Wand (oder des alten Putzes), ¯ Liefern und Anbringung einer Dämmung, ¯ Neuverputz (Unter- und Oberputz), ¯ Nebenarbeiten wie Anschüsse an Fenster, Dachtraufe etc. ¯ Nebenkosten für Gerüst etc. Nur das Liefern und Anbringen der Dämmschichten sind energiebedingte Kosten; alle anderen Kosten sind den "Sowieso-Kosten“ zuzurechnen. Bei einem so definierten Mehrkostenansatz stellt sich jedoch naturgemäß die Frage nach der Bewertungsbasis. Eine Möglichkeit ist, die Mindestanforderungen der EnEV heranzuziehen. Die energiesparbedingten Mehrkosten ergeben sich dann aus den zusätzlichen Kosten, die z.B. über eine größere als die Mindestdämmstoffdicke hinausgehen. Bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sind so berechnete Mehrkosten als Differenz der Energieeinsparungen zwischen einer Sanierung nach EnEV und der gewählten höherwertigen Sanierung gegenüberzustellen. Einfacher und praktikabler ist es jedoch, die Dämmstoffe und deren Einbringung sowie die Kosten verbesserter Fenster als energiebedingte Mehrkosten einer Maßnahme heranzuziehen. Auf Basis vieler in den letzten Jahren durchgeführter Konzepte und Planungen können damit folgende verallgemeinerte Aussagen getroffen werden: ¯ Nur sehr wenige Maßnahmen sind aus der Energieeinsparung voll finanzierbar, d.h. wirtschaftlich. Das bedeutet, dass eine Maßnahme in der Regel nicht alleine aufgrund der Energieeinspa- 42 Pforzheim-Weststadt rung angegangen werden kann. Der richtige Zeitpunkt für eine energetische Sanierung von Dach, Außenwand, Fenster, Heizungsanlage ist, wenn Bauteilersatz wenigstens teilweise notwendig wird oder wenn aus anderen Gründen Ertüchtigungen anstehen (z.B. Brandschutzauflagen). ¯ Wird eine Maßnahme durchgeführt, so sollten sich Dämmmaßnahmen an der Grenze des technisch und rechtlich Durchführbaren orientieren. Der Mehraufwand hierfür liegt hier in der Regel unter dem Ertrag, wenn Energiepreissteigerungen der letzten zehn Jahre auch für zukünftige Preissteigerungen angenommen werden. Unter dem oben diskutieren Mehrkostenansatz sind auch ambitionierte Dämmstandards in der Regel wirtschaftlich. ¯ Im Bereich der Fenster ist der Mehrpreis von Dreischeibenverglasung i.d.R. wirtschaftlich darstellbar. ¯ Im Bereich der Anlagentechnik ist der Einbau verbesserter Regel- und Überwachungstechnik i.d.R. wirtschaftlich. 3.6 Städtebauliche Entwicklungspotenziale Die Weststadt wirkt durch ihre Dichte, die großen Straßenquerschnitte und hohen Gebäude an vielen Stellen großstädtisch und urban. Augenfällig ist die starke Prägung des Stadtteils durch Gebäude aus der Nachkriegszeit. Die Vielzahl der Nutzungen und Eigentümer sorgten für eine städtische Vielfalt, allerdings macht die große Zahl der Eigentümer im Streubesitz auch koordiniertes Handeln schwierig. Dichte und Nutzungsmischung bieten vielfache Potenziale – in energetischer ebenso wie in städtebaulicher, sozialer und kultureller Hinsicht. Wichtige Stärken der Weststadt sind: ¯ die urbane Lage mit dem besonderen Potenzial des innenstadtnahen Wohnens ¯ die gute ÖPNV-Anbindung ¯ das umfangreiche Angebot der Schulen und Kindergärten im Gebiet und angrenzend ¯ die Vielfalt der Kirchen und Glaubensrichtungen ¯ kulturelle Einrichtungen hoher Qualität, die über den Stadtteil hinaus strahlen, z.B. Kulturhaus Osterfeld ¯ der Benckiserpark und die Lage an der Enz ¯ die interessante Stadtgeschichte mit der dafür typischen Architektur und vielseitigen Fassaden. Deutliche Schwierigkeiten der Weststadt sind unter anderem: ¯ die hohe Verkehrsbelastung, die Dominanz des Verkehrs sowie viele Stellplätze im öffentlichen Raum, auf Brachflächen und in Block-Innenbereichen ¯ die Trennwirkung der Straßen, kaum gestaltete Straßenräume mit geringen Aufenthaltsqualitäten ¯ die fehlende Nahversorgung im westlichen Teil ¯ der Rückgang der qualitätvollen Geschäfte und Gastronomie zu Gunsten von Billigangeboten (Trading-Down-Effekt), zum Teil Leerstand ¯ wenige Spiel- und Bolzplätze ¯ der geringe Grünanteil im privaten und öffentlichen Raum ¯ der Mangel an attraktiven Wohnangeboten auch für neue Interessenten ¯ die fehlenden Verflechtungen mit dem Zentrum und den umgebenden Stadtteilen ¯ das kaum erkennbare bzw. eher negative Image, die geringe Identifikation mit dem Stadtteil, das Fehlen bürgerschaftlich organisierter Strukturen (bei jedoch oft guten Nachbarschaften), die hohe Fluktuation, die die Weststadt teils als Durchgangsstation erscheinen lässt. Diese Probleme und Potenziale waren unter anderem die Grundlage für die im Rahmenplan Weststadt 2011 entwickelten Szenarien und Leitmotive. Pforzheim-Weststadt 43 Große Entwicklungspotenziale: Bahnareal und Messplatz In der Weststadt befinden sich zwei große Freiflächen: der Messplatz im Süden und das ehemalige Bahngelände im Norden des Gebiets. Beide Flächen bergen Möglichkeiten, den Wohn- und Arbeitsstandort Weststadt nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Messplatz wird bislang über das Jahr hauptsächlich als Parkierungsfläche genutzt und einmal pro Jahr für die "Pforzemer Mess", das überregional bekannte und beliebte Stadtfest. Darüber hinaus gibt es noch weitere Veranstaltungen wie den Automarkt. Bislang gibt es für diese Veranstaltungen noch keine alternative Fläche. Das ehemalige Bahngelände ist über den Zwischeneigentümer aurelis Real Estate GmbH & Co. KG auf einen Eigentümer in Ostdeutschland übergegangen, der wenig Bezug zum Pforzheimer Geschehen hat und das Gelände vermutlich mittel- bis langfristig wieder veräußern wird. Somit sind die Entwicklungsmöglichkeiten so lange unsicher, bis ein Investor bereit ist, das Gelände zu entwickeln oder entwickeln zu lassen. Die Stadt sollte jedoch die sich bietenden Entwicklungschancen aktiv wahrnehmen und zumindest im Rahmen ihrer Planungshoheit steuern. Zukunftsoptionen am Messplatz wird nicht weiter verfolgt Der Messplatz ist im Eigentum der Stadt Pforzheim. Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit ihrer attraktiven Lage an der Enz und der zentralen Lage in der Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus. Eine Bebauung des Messplatzes und damit eine neue Nutzung würde der gesamten Weststadt zugute kommen, siehe auch Kapitel 6.7 und 6.8. Heutige Defizite und Mängel des Untersuchungsgebietes und der Weststadt insgesamt könnten durch eine neue Nutzung deutlich verringert oder ganz behoben werden. Eine Reihe von Potenzialen schlummern in der Entwicklung der Fläche: ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ Hochwertiges Wohnen, Entwicklung differenzierter, auch neuer Wohnformen Weiterentwicklung von Einzelhandel, neue Gewerbe-Nutzungen Verknüpfungen der bislang getrennten Wohngebiete nördlich und südlich der Enz Inwertsetzung der Enzauen als Wohnstandort und Naherholungsfläche Mobilität: Qualitätsverbesserung der Nahmobilität (Radfahren, zu Fuß Gehen) und modellhafte Verwirklichung neuer, zukunftsgerichteter Mobilitätsangebote (wie Carsharing, Elektro-Mobilität) ¯ Verbesserungen für das Stadtklima durch Minderung des Hitzestaus und Wärmeinsel-Effekts (Entsiegelung, Grün im Wohnumfeld, Bäume, Dach- und Fassadenbegrünungen). 44 Pforzheim-Weststadt 4 Akteursbeteiligung Für eine langfristig erfolgreiche Umsetzung des Integrierten Quartierskonzeptes ist die Einbindung in übergeordnete gesamtstädtische Konzepte, die Verknüpfung mit parallel laufenden Projekten und die frühzeitige und umfassende Beteiligung aller relevanten Akteure und Betroffenen schon zu Beginn des Projektes von großer Wichtigkeit. 4.1 Einbindung in übergeordnete Konzepte Das Integrierte Quartierskonzept zur energetischen Stadtsanierung ist eine der Umsetzungsmaßnahmen des Klimaschutzkonzeptes und orientiert sich an den Zielen des Masterplans Pforzheim, beispielsweise Ziel 7 aus dem Handlungsfeld V "Stadtbild und Wohnen": "Quartiere bauen und erhalten, in denen man angenehm und gemeinsam lebt". Es baut auf dem "Rahmenplan Weststadt" von 2011 auf und wurde auch im Austausch mit dem Soziale Stadt-Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Kaiser-Friedrich-Straße entwickelt. 4.2 Energieforum Pforzheim Um die wichtigsten Akteure frühzeitig in den Planungsprozess zu integrieren, den Austausch unter den Fachdisziplinen zu fördern und aktuelle Analyseergebnisse zu diskutieren, wurde schon zu Projektbeginn ein "Energieplanungs-Workshop" eingerichtet, der dann alle zwei Monate zwischen September 2012 und Juli 2013 stattfand. Um dessen Aufgaben auch im Namen besser zu beschreiben, wurde er zur zweiten Veranstaltung in "Energieforum Pforzheim" umbenannt. Der Name soll über die Projektlaufzeit von 12 Monaten hinausweisen und den zunächst Weststadt-bezogenen Fokus öffnen auf die Gesamtstadt Pforzheim. Die aufgebauten Netzwerke sollen auch nach Ende der Projektlaufzeit fortgeführt werden. Die Treffen fanden mit folgenden Themen statt: ¯ Energieplanungs-Workshop 1, 4. September 2012 Projekt-Vorstellung, Erwartungen der Teilnehmer an das Projekt ¯ Energieforum 2, 15. November 2012 Projektablauf, Organisation der Gremien, Inhalte ¯ Energieforum 3, 16. Januar 2013 Bildung, Stadtkultur, Soziales ¯ Energieforum 4, 14. März 2013 GHD: Gewerbe (auch gewerbliches Wohnen), Handel, Dienstleistung ¯ Energieforum 5, 8. Mai 2013 "Wohnen hört nicht an der Haustüre auf“ ¯ Energieforum 6, 10. Juli 2013 Freiraum, öffentlicher Raum, Klima Rückblick, Planungsschwerpunkte, Ausblick Pforzheim-Weststadt 45 Abb. 38 Beteiligte Akteure bei der Erstellung des Integrierten Quartierskonzepts Quelle: Weeber+Partner Zunächst wurde beim Energieplanungs-Workshop 1 das Projekt vorgestellt, und es wurden Erwartungen von Seiten der Teilnehmer gesammelt und diskutiert: die Stadtverwaltung, die ansässigen Firmen und die Wohnungsunternehmen. In den weiteren Energieforen wurde jeweils ein bestimmter Aspekt der energetischen Stadtsanierung vertieft dargestellt und diskutiert. Im Energieforum 2 wurde vorgestellt, wie das Integrierte Quartierskonzept an andere Gremien und Planungen anknüpft und Vernetzungen aufgebaut werden. Wie wichtig die Integration und Einbeziehung von Menschen aus anderen Kulturkreisen ist und welchen Stellenwert die (Umwelt-) Bildung und die Stadtteilkultur (z.B. Projekte an Schulen) hat, wurde beim Energieforum 3 deutlich. Ein weiteres Thema war im Energieforum 4 die Vorstellung von Förderprogrammen für Gewerbe und Wohnungsunternehmen bei Sanierungen und bei der Steigerung der Energieeffizienz. Außerdem zeigte das Praxisbeispiel der Firma Bader zum Energiemanagement sehr eindrücklich, wie durch viele kleine Maßnahmen Energie eingespart werden kann und wie die Mitarbeiter sensibilisiert und über ihr Alltagsverhalten an das Thema herangeführt werden können. Auch über Sanierungen im gewerblichen Bereich und bei Wohnungsunternehmen konnte aus der Praxis berichtet werden. Über Wohnqualitäten machten sich die Teilnehmer des Energieforums 5 Gedanken. Hierbei spielt insbesondere das Wohnungsklima und die Luftqualität in Innenräumen eine große Rolle. Fensterlüftung ist möglich, mechanische Lüftung sorgt jedoch für sichere Feuchteabfuhr, gute Luft und ist für stark lärmbelastete Wohnlagen von großem Vorteil. Wohnqualität hat aber auch mit dem Wohnumfeld zu tun. Daher spielen Mobilität, lebenswerte Freiräume, die Nutzungsvielfalt im Quartier und auch das Älterwerden für die Menschen eine gewichtige Rolle. Beim letzten Energieforum 6 wurden die Analyseergebnisse vorgestellt – sowohl aus energetischer als auch städtebaulicher Sicht – und Handlungsmöglichkeiten beschrieben und durch die Teilnehmer diskutiert. 4.3 Gespräche mit einzelnen Akteuren Mit den wichtigsten Akteuren gab es Einzelgespräche, so mit den beiden großen im Untersuchungsgebiet ansässigen Firmen Versandhaus BRUNO BADER GmbH+Co. KG und Autohaus Rösch GmbH+Co. KG. Außerdem fanden mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH und mit den Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim Gespräche statt. Zu den eigentlich wichtigen Bezirks-Schornsteinfegern vor Ort wurde ebenfalls Kontakt aufgebaut. Leider war es nicht möglich, diese zur Mitarbeit zu bewegen. 46 Pforzheim-Weststadt Ziel dieser individuellen Gesprächsrunden war es, informell und direkt Kontakt zu den Akteuren zu pflegen. Hierdurch sollte einerseits eine direkte Mitwirkung am Konzept, z.B. durch die Abfrage von Verbrauchsdaten oder den Abgleich der konzeptionellen Ansätze im Versorgungsbereich, erreicht werden. Andererseits konnte direkt und individuell auf Fragen oder Probleme eingegangen werden, z.B. im Zusammenhang mit Energiesparmaßnahmen. Konzepte zu konkreten Maßnahmen an Gebäuden oder zur Energieversorgung gehen jedoch über die städtebauliche Betrachtungsebene hinaus und sollten in individuellen Gebäude-Feinkonzepten behandelt werden. ¯ Mit der BRUNO BADER GmbH + Co. KG wurden die bereits getätigten Maßnahmen des Energiemanagements erörtert und mögliche weitere Maßnahmen besprochen. Einsparpotenziale sind vor allem im Bereich der Gebäudehülle der älteren Verwaltungsbauten sowie im Bereich der Prozesse (Licht, Druckluft, Maschinen) identifizierbar. Das Energiemanagement der Bruno Bader GmbH kümmert sich darüber hinaus auch um Nutzerschulung und Beschaffungsmanagement. ¯ Das Autohaus Rösch GmbH + Co. KG stellte die sehr unterschiedlichen Gebäude auf dem Firmengelände vor. Teilweise stammen die Gebäude noch aus der Gründungszeit des Unternehmens. Die Nutzung ist sehr heterogen (Verkauf, Werkstadt, Lager, Büros). Viele Maßnahmen wurden bereits durchgeführt oder sind in absehbarer Zeit nur schwer zu realisieren (z.B. energiesparende Beleuchtung für Show-Verkaufsräume). Die Rösch GmbH erzeugt am Standort bereits mit verschiedenen, auch fassadenintegrierten Anlagen photovoltaisch Strom. ¯ Mit den Stadtwerken Pforzheim Verwaltungs GmbH wurden die Möglichkeiten zum Ausbau der Fernwärme besprochen. Im Fokus stand vor allem der Bereich der Kaiser-Friedrich-Straße. Dem Ausbau stehen hier allerdings technische Grenzen des Leitungsbaus entgegen. Außerdem wurden mit den Stadtwerken bei diesem Termin die Vorrangstrategie des Fernwärmeausbaus vor Gasnetz in der Weststadt und die Konsequenzen für das Quartierskonzept deutlich. Näheres hierzu im Kapitel 6.2. ¯ Im Bereich der Wohnungsunternehmen wurde auf eine musterhafte Behandlung eines Gebäudes verzichtet, da die umgesetzten Projekte in Pforzheim und dem Quartier bereits ein hohes Niveau erreicht haben. Stattdessen kristallisierte sich im Projektlauf ein mögliches Projekt zur gemeinsamen Wärmeversorgung der Wohnungsunternehmen Baugenossenschaft Arlinger eG sowie der Stadtbau GmbH Pforzheim im Bereich Kaiser-Friedrich-Straße/Hans-SachsStraße/Steubenstraße heraus. Bei einem Termin wurden die Möglichkeiten und die erforderlichen Randbedingungen ausgelotet, bei beiden besteht Interesse, eine gemeinsame Kraft/Wärmezentrale mit Blockheizkraftwerk zu realisieren. 4.4 Sensibilisierung und Information: Energiesparfilm Um auch die Nutzer der Wohnungen – die Mieter und selbst nutzenden Eigentümer – für die Themen Klimaschutz und Energieeffizienz zu sensibilisieren und ihnen wichtige Informationen zum Energiesparen an die Hand zu geben, wurde ein Film gedreht mit dem Titel „Energiesparen im Haushalt: Wie mache ich es richtig?“. Ziel dabei war vor allem, Bevölkerungsgruppen anzusprechen, die sich mit Informationsbroschüren und ähnlichen Druckerzeugnissen schwerer tun, insbesondere auch mit der deutschen Sprache. Das Endprodukt – eine DVD und ein aus dem Internet frei herunterladbarer Film – soll diese Zielgruppen leichter erreichen und die Aussagen mit Hilfe der Synchronisation auf englisch, türkisch und arabisch gut verständlich machen. Der Film wurde im Untersuchungsgebiet in der Kaiser-Friedrich-Straße gedreht, sodass eine Wiedererkennung und Identifikation möglich ist, ohne die Wohnung und das Haus direkt ablesbar zu machen. Verteilt wird der Film an Neubürger und im Baby-Startpaket der Stadt Pforzheim, beim Energietag am 19.10.2013 und über verschiedene Stellen wie das Büro des Quartiersmanagements, Jugendeinrichtungen, Schulen usw. Pforzheim-Weststadt 47 Abb. 39 Dreharbeiten zum Energiesparfilm: Filmemacher Herr Wingert mit Darsteller Quelle: Weeber+Partner Der Film beschreibt alltägliche Situationen im Haushalt, bei denen durch einfaches umweltbewusstes Handeln erkennbar Energie gespart werden kann – so beispielsweise beim Stoßlüften über wenige Minuten anstatt dauerhaft gekippter Fenster, beim Ausschalten des Standby an Elektrogeräten oder bei der Einstellung der Heizungsthermostate auf mittlere Werte von drei bis vier. Am Ende des Films wird auf weitere Informationsmöglichkeiten beim Energieberatungszentrum Pforzheim (EBZ) verwiesen. Idee und Konzept kamen von Weeber+Partner und ebök, die Dreharbeiten und Schnitt erfolgten durch den Filmemacher Peter Wingert, Rottenburg mit Unterstützung durch Weeber+Partner und ebök. 4.5 Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 Der Informationstag zielte auf ein breites Publikum mit dem Schwerpunkt Weststadt und war auch offen für alle Interessierten in Pforzheim. Wichtig war es, neben den bislang angesprochenen Akteuren aus Verwaltung, Wohnungsunternehmen und Energieversorgung, auch die Eigenheimbesitzer und Nutzer der Wohnungen in das Sanierungskonzept einzubinden. Sie sollten für Energiesparen, Klimaschutz und Energieeffizienz sensibilisiert und über das Sanierungskonzept und ihre ganz persönlichen Handlungsmöglichkeiten informiert werden. Für die Veranstaltung ging die Stadt eine Kooperation mit der Fritz-Erler-Schule ein, um einerseits die oben genannten Themen auch in der Schule darzustellen und andererseits die Eltern als Wohnungseigentümer und Mieter zu erreichen. Es gab Kurzvorträge zu erfolgreichen Sanierungsprojekten, Finanzierungsmöglichkeiten und Eigenstromnutzung, außerdem viele Infostände der Stadt, der Stadtwerke und der Schule, teilweise kombiniert mit Mitmachaktionen, Ausstellungen und Rundgängen. Abb. 40 links: Presseresonanz zum Energietag Quelle: Pforzheimer Zeitung vom 21.10.2013 rechts: Flyer, Ausschnitt Titelseite Quelle: Stadt Pforzheim 48 Pforzheim-Weststadt 5 Integriertes Quartierskonzept mit Maßnahmenplan Aus der umfangreichen Bestandsanalyse in Kapitel 3 – sowohl der Energie- als auch der städtebaulichen Analysen – und dem Vergleich mit den Entwicklungspotenzialen und –zielen in Kapitel 4 wurde das Integrierte Quartierskonzept mit Handlungsfeldern entwickelt. Die folgenden zwei Abbildungen beschreiben die wichtigsten Handlungsfelder, so weit sie sich auf Karten "verorten", also einzeichnen lassen. Eine ausführliche Beschreibung aller Handlungsfelder erfolgt in den Kapiteln 6.1 bis 6.11 Hier werden auch "weiche" Handlungsfelder beschrieben, die die gleiche Wichtigkeit haben können wie die hier bereits genannten, sich aber nicht auf den Karten darstellen lassen. Auch wenn die Handlungsfelder "Energie" und "Städtebau" gemeinsam entwickelt wurden, sind sie getrennt dargestellt, um die Lesbarkeit der vielen Aussagen sicherzustellen. Handlungsfelder "Energie" Abb. 41: Handlungsfelder "Energie" In Abb. 41 werden die Handlungsfelder des integrierten Handlungskonzepts im Bereich der Energienutzung und Energieeffizienz verortet zusammengefasst. Schwerpunkte im Bereich Gebäudehülle Wohnbau sind als rote Punkte markiert. Der blaue Bereich markiert den städtebaulichen Ausbaubereich Fernwärme. Hier wären im Prinzip auch die lila und grün markierten Bereiche zu nennen. Ein Ausbau der Fernwärme ist in diesen Bereichen jedoch absehbar nicht realistisch. Daher sind diese Bereiche als Ausbaubereich Nahwärme (lila) und effiziente Einzelversorgung (grün) markiert. Der Messplatz wäre im Bereich des zukünftigen Fernwärmeausbaus (außerhalb des Untersuchungsgebiets) zu sehen. Pforzheim-Weststadt 49 Handlungsfelder "Städtebau" wird nicht weiter verfolgt Abb. 42 Handlungsfelder "Städtebau" Quelle: Weeber+Partner Aus den Defiziten in den Freiraumqualitäten, den fehlenden Fußwege- und Radfahrverbindungen, dem Mangel an räumlichen Nord-Süd-Verknüpfungen, im Stadtklima und aus den Entwicklungspotenzialen des Messplatzes ergeben sich sechs Handlungsfelder. Ziel ist es, die Lebensqualität im Untersuchungsgebiet durch ein attraktives Wohnumfeld und eine einfache Mobilität zu Fuß und mit dem Fahrrad wesentlich zu verbessern: 1 Fußwege-Verbindungen und -Aufwertungen als attraktive Nord-Süd-Verknüpfungen. Eine davon, die Verbindung S-Bahnhaltestelle – Enzauen, mit gestalterischen und funktionalen Schwerpunkten 2 Radweg-Verbindung Maihälden – Südweststadt mit Variante im Bereich der Querung der Habermehlstraße 3 Westliche Karl-Friedrich-Straße: Begrünung, Aufwertung, Fuß- und Radwege 4 Südliche Enzauen: Erhalt und Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums mit einzelnen, dezenten Öffnungen zum Wohnen und zum Straßenraum hin zur Anbindung der Fußwege, aber ohne Versiegelung der Oberflächen 5 Entwicklungskonzept Messplatz mit Bebauung, Freiräumen, Verknüpfungen, auch zur Verbesserung des Stadtklimas, insbesondere zur Verminderung von Hitzeinseln 6 Blockinnenbereiche: Entsiegelung, Begrünung, auch zur Verminderung von Hitzeinseln. Leitmotive "Rahmenplanung Weststadt" von 2011 Der Schlussbericht des kooperativen Planungsverfahrens "Rahmenplanung Weststadt" von 2011 von Weeber+Partner beinhaltete bereits umfangreiche Themen- und Fach-übergreifende Leitmotive für die Weiterentwicklung des Stadtteils (vgl. Rahmenplanung Weststadt). An dieser Stelle soll nochmals an die vier von fünf Leitmotiven erinnert werden, die sich gut mit den Handlungsfeldern dieses Integrierten Quartierskonzeptes verknüpfen lassen: 50 Pforzheim-Weststadt ¯ Weststadt – Gesund und in Bewegung: Der Klimawandel hat nicht zuletzt gesundheitliche Folgen, die bisher noch wenig im Fokus der Diskussion stehen. Energetische Stadtsanierung kann daher auch zur Gesundheitsförderung beitragen. Wichtige Aspekte sind hierbei Entsiegelung, privates und öffentliches Grün, Aufenthaltsqualität, angenehme Wege, Bewegungsgelegenheiten, Förderung umweltverträglicher Nahmobilität. Dies unterstützt Bewegung und Gesundheit der Einzelnen ebenso wie ökologische Qualitäten des Stadtteils. Die zahlreichen Gesundheits-Dienstleister im Stadtteil können wichtige Kooperationspartner sein. Um Lebensqualität in unterschiedlichen Lebenslagen – für Kinder, Jugendliche, Familien ebenso wie für das Leben im Alter – zu fördern, ist die Weiterentwicklung des öffentlichen Raums von besonderer Bedeutung. ¯ Bildung und Kultur in der Weststadt: Die Bildungs- und Kultureinrichtungen mit ihrem vielfältigen und teils hochwertigen Angebot sind eine große Stärke der Weststadt. Sie erleichtern die Alltagsorganisation und tragen wesentlich zur Lebensqualität bei. Sie können auch eigene Energiesparkonzepte entwickeln, ein besseres Nutzerverhalten vermitteln und über Bildungs-, Kultur- und Kunstprojekte das Thema "Energie in der Weststadt" in die Öffentlichkeit und in den Stadtraum tragen. ¯ Architektur und Denkmal: Die Weststadt hat eine interessante Industriegeschichte (u.a. früheres "Millionenviertel", Uhren, Schmuck), von der trotz der schweren Kriegszerstörungen bis heute zahlreiche Kulturdenkmäler zeugen. Diese – und der Erhalt des für den Stadtteil Typischen – stellen besondere Anforderungen im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung. Im Zusammenhang mit der im Rahmenplan vorgeschlagenen In-Wert-Setzung des historischen Bestands, auch in Form von Kommunikation und Partizipation (Stadtteilspaziergänge, Geschichtsprojekte, Einbindung der lokalen Ökonomie), könnten auch in diesem Zusammenhang befriedigende und beispielhafte Sanierungsbeispiele entwickelt und vermittelt werden, die zugleich dazu beitragen, die bisher unbefriedigende Identität des Stadtteils zu stärken. ¯ Wohnen und Arbeiten in der Weststadt: Die Weststadt bietet vielfältige Potenziale für urbanes Wohnen und Leben für unterschiedliche Bedürfnisse und Gruppen, für neue Nutzungen und Nutzungskombinationen. Neue Angebote können durch Modernisierung, Sanierung, Umbau, aber auch im Zuge von Neubau geschaffen werden, beispielsweise könnte der Messplatz zu einem Modellprojekt für städtisches Wohnen und Arbeiten mit hohen Energiestandards und neuen Mobilitätsformen werden. 51 Pforzheim-Weststadt 5.1 Gebäude und Gebäudehülle Sektor Wohnen Maßnahme 1: Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen Maßnahme 2: Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technischwirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen. Die möglichen Maßnahmen sind stark abhängig vom Eigentümer des Gebäudes. Grundsätzlich können folgende Verhältnisse auftreten: a. b. c. d. e. Wohnungsunternehmen mit – in der Regel – einem größeren Wohnungsbestand Investoren und Einzeleigentümer von vermietetem Wohnraum (ein Besitzer des Gebäudes) Selbstgenutzter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft Vermieteter Wohnraum in Wohnungseigentümergemeinschaft Eigentümer selbstgenutzten Wohnraums (in der Regel Einfamilienhaus, Reihenhaus). Förderung Unterstützung d.d. Stadt Ziel Substanzerhalt / Verbesserung Wohnungsunternehmen Vermieter Weniger wichtig Wichtig Sehr wichtig Verbesserung Wichtig Wichtig c, d WEG Sehr wichtig Wichtig Ziel ist Reparaturen i.d.R. der Erhalt Erhalt Reparaturen e Eigentümer, selbstnutzend Sehr wichtig Sehr wichtig Weniger wichtig Weniger wichtig Wichtig a b Tab. 7 Verbesserung Fenstertausch Fenstertausch, Deckendämmung, Dachdämmung Gesamtsanierung Beratung Einzelmaßnahmen (typ.) Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind in der Regel – vor allem aber in Pforzheim – informiert und engagiert. Sie unterliegen einem wirtschaftlichen Druck, bezahlbaren und vermietbaren Wohnraum zu schaffen oder zu erhalten. Energieeinsparungen kommen jedoch zunächst dem Mieter über geringere Nebenkosten zu Gute. Der investive Aufwand muss über Mieterhöhung / Kostenumverteilung sowie andere Maßnahmen refinanziert werden. In den Energieforen wurde von den Unternehmen formuliert, dass sich nicht alle Maßnahmen – einzeln für sich betrachtet – rechnen müssen, die Mischung der Maßnahmen muss aber wirtschaftlich sein. Kernsanierung, wohnungsweise bei Wohnungstausch Nein Nein Bei Besitzerwechsel zu erwartende Maßnahmen in Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur. Quelle ebök. Empfehlenswert ist in jedem Fall, nicht die Minimalanforderungen anzusteuern, sondern die technisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen. Fenster werden heute ausschließlich mit Wärmeschutzverglasung angeboten. Vielfach wird zweifach Wärmeschutzglas mit einem Durchgangswert von 1,1 – 1,3 W/(m²K) verbaut. Marktgängig, nur wenig teurer und daher empfehlenswert sind jedoch Fenster mit Dreifachverglasung. Hier las- 52 Pforzheim-Weststadt sen sich bei Glaswerten von 0,6 – 0,8 W/(m²K) Fensterwerte von ca. 1 W/(m²K) erreichen. Diese Fenster bieten nicht nur Vorteile beim Wärmeschutz: Aufgrund der hohen Oberflächen-Innentemperaturen im Winter wirken sich diese Fenster positiv auf die thermische Behaglichkeit aus. Die Dämmung der obersten Geschossdecke kann leicht durchgeführt werden, wenn der Dachraum unbeheizt bleibt, was in der Regel bei Mehrfamilienhäusern angetroffen wird. Ist das Dachgeschoss ausgebaut, so sind Dämmmaßnahmen häufig mit einer Dachsanierung verbunden. Für Dachdämmungen bietet die Industrie eine Reihe von Aufdach-, Unterdach- oder Zwischensparrendämmsystemen an. Übliche Dämmstärken liegen bei 20 – 30 cm. Für Außenwände existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Dämmsysteme, die je nach Einsatzzweck vorteilhaft sind. Bei Mehrfamilienhäusern sind aufgrund der Fassadenhöhen Auflagen des Brandschutzes zu beachten. Heute übliche Dämmstärken bewegen sich im Bereich von 10-16 cm Dämmstoff zur Erfüllung der EnEV. Technisch machbar, baurechtlich zugelassen und wirtschaftlich sind jedoch auch höhere Dämmstärken von 20-25 cm und darüber. Die Dämmung der untersten Geschossdecke, der Kellerdecke (oder auch der Kellerwände) stellt in jedem Fall eine einfache Maßnahme dar, deren Ausführung jedoch stark von den örtlichen Gegebenheiten (Deckenhöhe, Leitungsführung usw.) abhängt. Bei verbessertem Wärmeschutz der Gebäudeflächen sind zunehmend auch die Bauteilanschlüsse zu beachten und gut gedämmt auszuführen. Ziel ist es, auch im Falle einer Sanierung Wärmebrücken zu vermeiden, die nicht nur zu Wärmeverlusten führen, sondern auch bauphysikalische Schäden nach sich ziehen können. Typisches Beispiel ist der Umgang mit dem vorhandenen Balkon. Die Balkonplatte wurde bis in die 80er Jahre in der Regel durchbetoniert – eine im Falle der Sanierung nicht zu akzeptierende Wärmebrücke. Es gibt nun die Möglichkeit, den Balkon (teilweise) zu umdämmen oder abzuschneiden und als eigenes Bauteil vorzustellen (Abb. 43) Abb. 43 Balkonlandschaften in der Weststadt mit vorgestellten Balkonen Quelle: ebök Aufgrund der wichtigen Bauteilanschlüsse ist es empfehlenswert, Maßnahmenpakete anstelle von Einzelmaßnahmen durchzuführen. Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) fördert die Sanierung von Gebäuden auf die Effizienzhausniveaus in besonderer Weise (Tab. 8). Aktuelle Förderbedingungen und –Konditionen sind im Internet veröffentlicht: www.kfw.de. Pforzheim-Weststadt 53 Tab. 8 KfW Effizienzhäuser (Programme Wohnbau, privat 151, 153, 153 und 430). Stand 8/2013. Qp = Primärenergieaufwand des Referenzgebäudes. H’T = mittlerer Transmissionskoeffizent der Gebäudehülle [EnEV 2009]. Auch Passivhäuser sind förderfähig. Der Nachweis orientiert sich beim Passivhaus nicht an der EnEV (Bezug auf Primärenergie und damit Verknüpfung von Hülle und Haustechnik), sondern am Nachweis des Heizwärmebedarfs von maximal 15 kWh/(m²a). Für Sanierungen existiert eine Vereinfachung "Sanierung mit Passivhauskomponenten" EnerPHit www.passiv.de. Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD): Maßnahme 3: Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe Maßnahme 4: Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln. Die Gebäude im Sektor Gewerbe zeichnen sich durch eine große Vielfalt in der Nutzung aus. Folgende Nutzungen konnten identifiziert werden: ¯ Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung, z.B. Fa. Bader Versandhaus ¯ Verwaltungsgebäude mit hoher technischer Ausstattung, z.B. Fa. Meyle+Müller ¯ Produktionsgebäude, Logistik, z.B. Fa. Bader Versandhaus ¯ Verkaufsgebäude groß, z.B. Fa. Bader, Fa. Rösch Autohaus ¯ Verkaufsgebäude klein, z.B. Bäckerei Wolff, Arturo's Heimtierland, Kiosk ¯ Werkstätten, z.B. Sahan Kfz Service, Fa. Rösch Autohaus ¯ Gaststätten, z.B. Cafe-Restaurant Lims. Generelle Aussagen lassen sich dabei am ehesten für Verwaltungsgebäude mit normaler Ausstattung treffen. Für diese gelten ähnliche Maßnahmen wie im Wohnungsbau. Die Nutzung ist aufgrund der Betriebszeiten, inneren Last usw. im weitesten Sinne mit einer wohnähnlichen vergleichbar. Die anderen genannten Nutzungen lassen sich nicht im städtebaulichen Kontext behandeln, da individuelle Planungskonzepte angewandt werden müssen. 54 Pforzheim-Weststadt Sektor öffentliche Gebäude: Maßnahme 5: Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten Maßnahme 6: Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen. Im Bereich öffentlicher Gebäude ist die Hauptfeuerwache in der Habermehlstr. zu nennen. Hierfür wurden bereits in Kap. 3.2 Potenziale für das Gebäude genannt. Feuerwehren sind in der Regel intensiv genutzt, haben einen hohen Warmwasserbedarf (Duschwarmwasser, Reinigung), sind durchgehend beheizt (auch die Wagenhallen) und haben systematische Schwachpunkte (z.B. die Tore für die Fahrzeuge). Bei der städtebaulichen Begehung wurden die betreffenden Punkte auch an der Hauptfeuerwache gesehen. Eine (tiefergehende) Gebäudebegehung fand jedoch nicht statt. Konkrete Maßnahmen an der Hülle sind in einem Individualkonzept zu behandeln. Aufgrund der Sandwichbauweise des Gebäudes sind Dämmmaßnahmen jedoch nicht einfach auszuführen. Das Gemeindehaus in der Frankstraße lässt sich ähnlich einer Wohnbebauung behandeln. 5.2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser Maßnahme 7: Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen Maßnahme 8: Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht. In Kap. 3.4 wurde gezeigt, dass die im Quartier vorhandene Fernwärme auch im Vergleich möglicher dezentraler Heizungssysteme sehr effizient ist. Der Einsatz erneuerbarer Energien wurde in Kap. 2.12 diskutiert. Daher wird, wie auch im Klimaschutzkonzept, der Ausbau der Fernwärme für die Weststadt als primäres Versorgungskonzept empfohlen. Folgende Handlungsstufen sollen in der Weststadt (und in ganz Pforzheim) angewandt werden: 1 Ist Fernwärme vorhanden, so hat diese Vorrang vor allen anderen Versorgungsarten. 2 In verdichteten Gebieten (wie der Weststadt), in denen keine Fernwärme, aber Erdgas vorhanden ist, ist die Möglichkeit lokaler Kraft-Wärmekopplung (BHKW, zukünftig Brennstoffzelle) zu prüfen. Dies ist insbesondere dann lohnenswert, wenn mehrere Gebäude zusammengefasst werden können (Heizlast > 100 kW) und sommerlicher Warmwasserbedarf vorhanden ist. 3 Sind 1 und 2 nicht möglich, so ist der Einsatz thermischer Solaranlagen zu prüfen (Im Fall 1 und 2 sollte Solarthermie ausgeschlossen werden). Solarthermische Nutzung kann in der Regel gut in bestehende zentrale Warmwasserbereitungen integriert werden. Die Nutzung der Dachflächen steht jedoch in Konkurrenz zur Photovoltaik. Die Prioritäten sind im Einzelfall zu prüfen. 4 In innerstädtischen, vor allem stark mit Verkehr belasteten Gebieten (Umweltzonen) sollte Holz als Brennstoff nur mit neuester Filtertechnik zum Einsatz kommen, um die Feinstaubbelastung zu minimieren. In den Außenbezirken, die aufgrund der weniger dichten Bebauung keine wirtschaftliche Nahwärmeversorgung bekommen können, sind effiziente Holzheizungen (z.B. Holzpelletkessel mit Zertifikat, keine Kaminöfen, offene Kamine und dgl.) zu unterstützen. 5.3 Wohnkomfort, Wohnumfeldkomfort Maßnahme 9: Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung mit Schallschutzmaßnahmen Im fünften Energieforum "Wohnen hört nicht an der Haustüre auf" wurden die Schlüsselthemen für gesundes Wohnen und Wohnumfeld behandelt. In diesem Sinne wären für die Weststadt Gebäude sowohl mit hoher Innenraumqualität als auch mit hoher Aufenthaltsqualität im Freien anzustreben. Eine hohe Innenraumqualität wird durch thermischen Komfort und gute Luft sichergestellt. Insbesondere an den durch Lärmimmission belasteten Straßen sollte Wohnungslüftung der Regelfall und nicht die Ausnahme darstellen. Pforzheim-Weststadt 55 5.4 Gute Beispiele und Musterkonzepte Maßnahme 10: "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren Beispiel Kaiser-Friedrich-Straße Abb. 44 Musterhafte Sanierung Wohnhaus KF 83 Quelle: ebök Das Zehnfamilienhaus in der Kaiser-Friedrich-Str. wurde im "laufenden Betrieb“ saniert. Das Haus ist vermietet. Für die Umbauphase stand eine Reservewohnung zur Verfügung, die umschichtig entweder voll oder nur die Küche/ das Bad genutzt werden konnte. Neben der Dämmung von Dach und Außenwand wurden auch die Bäder saniert. Eine Lüftungsanlage kam nicht zum Einsatz, aufgrund der Bäder mit Fenstern war eine mechanische Belüftung nicht zwingend notwendig. Die Qualität des Ergebnisses ist nicht zuletzt der Fachkenntnis und dem Engagement des Bauherrn geschuldet, der in Pforzheim ein Ingenieurbüro betreibt. Die Umbaukosten in Höhe von 260.000 Euro wurden durch Zuschüsse aus dem Sanierungsförderungsprogramm, einer Mieterhöhung und steuerlichen Abschreibungen getragen. Durch die Energieeinsparung reduzierten sich die Nebenkosten für die Mieter um den (erhöhten) Mietbetrag, sodass eine win-win-Situation entstand (umfassend saniertes Gebäude + Energieeinsparung + Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen). Abb. 45 Ein Bad vor (links) und nach der Sanierung (rechts). Die Gasdurchlauferhitzer wurden entfernt. Quelle BIROS Ing. Büro, Pforzheim 56 Pforzheim-Weststadt Abb. 46 Energieausweis vor (links) und nach der Sanierung (rechts).Durch die Maßnahmen konnte der Endenergiebedarf um ca. 63 % reduziert werden, was für eine Sanierung einen sehr guten Wert darstellt. Quelle BIROS Ing. Büro, PF Maßnahme 11: Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren Beispiel Güterstraße 30 Abb. 47 Musterprojekt Güterstraße 30, Bau und Grund GmbH: vorher (links), geplant (rechts) Quelle: Bau und Grund GmbH In der Umgebung des Quartiers, am Pforzheimer Hauptbahnhof, befindet sich in der Güterstraße 30 ein Sanierungsprojekt der Bau und Grund GmbH. Es handelt sich um ein Modellvorhaben der Deutschen Energie Agentur (dena) "Auf dem Weg zum Effizienzhaus Plus". Ziel ist eine öffentlichkeitswirksame Vermittlung von Themen wie attraktives städtisches Wohnen, Erzeugung regenerativer Energien und Nachverdichtung. Die Sanierung wird mit passivhaustauglichen Komponenten durchgeführt. Das Gebäude wird aufgestockt und im bewohnten Zustand saniert. Herzstück ist die neue hochwärmegedämmte Fassade mit Dreifachverglasung und integrierten Solarkollektoren auf der Südfassade. Es wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Die Wärmeversorgung erfolgt über eine multivalente Wärmepumpe mit Fassadenelementen, Eisspeicher (Abwasserwärmesammler) und Fortluft als Wärmequelle. Ergänzt wird das Konzept durch lokale Windenergienutzung und Photovoltaik. Das Konzept ist sehr gut geeignet, technische Möglichkeiten aufzuzeigen. Die hier verwendete Wärmepumpenlösung sollte jedoch nur in Lagen konzipiert werden, für die kein Fernwärmeanschluss zur Verfügung steht. Als äußerst wertvoll für die beteiligten Partner dürften sich auch Erfahrungen bei der Umsetzung ambitionierter Sanierungskonzepte (in bewohnten Zustand) erweisen. Das Projekt verbindet anspruchsvolle Gestaltung mit technischen Innovationen und stellt somit zu Recht ein Leuchtturmprojekt dar. Sehenswert auch der Animationsfilm zum Umbau unter http://www.pz-news.de/videos_video,-Animationsfilm-Umbau-Wohnhochhaus-Gueterstrasse-inPforzheim-_videoid,3938.html. Pforzheim-Weststadt 57 Maßnahme 12: Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer Energien untersuchen Beispiel Steubenstr. / Kaiser-Friedrich-Str. in Pforzheim Die Wohnungsunternehmen Stadtbau Pforzheim und Arlinger beabsichtigen, eine gemeinsame Heizzentrale für die Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 zu realisieren. Da in diesem Bereich absehbar keine Fernwärme zur Verfügung stehen wird (vgl. Kap. 2.13), könnte ein (beschränktes) Nahwärmenetz mit Kraft-Wärme-Kopplung lohnenswert sein. Die Stadtwerke Pforzheim wurden aufgefordert, ein Contracting-Angebot abzugeben. Sollte sich die Realisierbarkeit herausstellen, so könnte das Projekt sehr gut modellhaft für ähnliche oder noch günstigere Situationen in der Weststadt bzw. Pforzheim sein. Abb. 48 Ecke Hans-Sachs-Str / Steubenstraße Quelle: Weeber+Partner In Bezug auf die zunehmend wünschenswerte dezentrale Stromversorgung im Zuge der Energiewende kommt der Kraft-Wärme-Kopplung (mit BHKW, zukünftig ggf. mit Brennstoffzelle) eine besondere Bedeutung zu. Die Technik benötigt eine gewisse Größe, um wirtschaftlich arbeiten zu können (größer 50-100 kWth.). Gründe hierfür sind im Wartungsaufwand für die verwendete Motorentechnik und in den notwendigen Redundanzen zu finden. Zudem wird eine möglichst lange Laufzeit (größer 4500 Volllaststunden p.a.) erwartet. Dies kann einfacher mit den Lastprofilen in Mehrfamilienhäusern, Hotels und vor allem Schwimmbädern erreicht werden als in Einzelhaushalten. Im vorliegenden Fall wäre es sicher günstiger, auch die Gebäude Steubenstr. 66, 68, 68 sowie Kaiser-Friedrich-Str. 144, 146, 148, 150, 152 einzubeziehen. Letztere sind jedoch im Streubesitz und folglich die Eigentümer schwerer zu motivieren. Gute Voraussetzungen für lokale KraftWärme-Kopplung bestehen, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: ¯ Es steht bereits ein Erdgasanschluss zur Verfügung. ¯ Eine Lastberechnung ergibt mehr als 4500 Volllaststunden p.a. Dies wird vor allem durch einen hohen Sommerbedarf an Warmwasser erreicht (Mehrfamilienhaus mit hoher Personendichte, Wohnheime, Hotels, Schwimmbäder). ¯ Leitungsführung zur Kopplung mehrerer Gebäude kann kostengünstig über Kellertrassen oder durch Gärten erfolgen. Trassen mit teuren Oberflächen wie Straßen u.ä. sind ungünstig. ¯ Es steht qualifiziertes und engagiertes Personal zur Wartung zur Verfügung. Alternativ kann auch der Contracting-Betreiber die Verantwortung übernehmen. ¯ Es kann ein hoher Eigenstromverbrauchsanteil realisiert werden. Die reine Einspeisung nach KWK-Gesetz ist in der Regel nicht wirtschaftlich. 58 Pforzheim-Weststadt Maßnahme 13: Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen. Energieeffizienzprojekte unterstützen Beispiel Nichtwohngebäude und Sonderfälle: Meyle+Müller Für das Büro- und Produktionsgebäude der Meyle+Mülller wurden zwei Ingenieurbüros beauftragt, alternative Energiekonzepte zu entwickeln. Das ist gleich doppelt erwähnenswert: Erstens ist die Aufstellung eines Konzepts, das die Belange des Auftraggebers (hier: digitale Aufbereitung von Daten, u. a. für Kataloge) mit Zielen der Energieeffizienz zusammenbringt, ein richtiger und erfolgversprechender Weg. Zweitens ist die Auslobung eines Wettbewerbs zweier Büros dazu geeignet, höchst innovative und zielgerichtete Umsetzungen zu entwickeln. Abb. 49 Bürogebäude Meyle+Müller Quelle: ebök Das Gebäude ist aus den 60er Jahren und wurde den sich verändernden Nutzungsbedingungen immer wieder angepasst, z.B. durch Installation einer Anzahl von Split-Kühlgeräten. Hier sollte eine grundsätzlichere Lösung gefunden werden. Eine Besonderheit bei dem Gebäude ist das Auftreten enorm hoher innerer Wärmequellen durch den intensiven Einsatz von EDV. Dadurch besteht trotz der nicht mehr zeitgemäßen Gebäudehülle nur wenig Heizbedarf; größere Probleme bereitet dagegen die sommerliche Kühlung. Aufgrund der Arbeit mit Druckvorlagen müssen konstante und definierte Lichtverhältnisse herrschen, eine natürliche Beleuchtung ist damit ausgeschlossen. 5.5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz Die Stadtbildqualitäten in der Weststadt lassen sich unter vier Aspekten beschreiben: 1 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale). Die im Untersuchungsgebiet vorhandenen Baudenkmale sind in [Denkmalliste PF2009] gelistet. 2 Erhaltenswerte Gebäude sind ebenfalls in [Denkmalliste PF2009] aufgeführt, stehen aber nicht unter Denkmalschutz. 3 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale ohne Schutzstatus, z.B. - Fensterformate und Sprossen - Lisenen und Umfassungen in den 50er Jahren - Fensterläden - Balkone - Sockelgestaltung - Dachlandschaften 4 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten Pforzheim-Weststadt 59 Abb. 50 Baudenkmale und erhaltenswerte Gebäude Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale) Abb. 51 Fassade eines der wenigen Baudenkmäler im Gebiet Quelle: ebök Denkmalschutz ist in Deutschland ein gesetzlicher Schutzstatus. Baudenkmale können außen nur maßvoll oder überhaupt nicht verändert werden. An Sichtfassaden ist in der Regel keine Dämmung möglich. Zur Verbesserung des Wärmeschutzes muss auf Innendämmung zurückgegriffen werden. Innendämmung ist jedoch vergleichsweise teuer, es muss sehr auf die bauphysikalische Qualität der Ausführung geachtet werden und zuletzt geht Wohnraum verloren. Eine generelle Vorgehensweise kann nicht empfohlen werden, es ist eine Prüfung im Einzelfall notwendig. Problem: Kein Eingriff an der Fassade möglich Lösung: Möglichkeit der Innendämmung prüfen; unkritische Bereiche wie Dächer, Keller maximal dämmen; rückwertige Fassaden dämmen, Balkone ggf. entfernen Fenster in originalgetreuer Teilung ersetzen. Maßnahme 14: Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalgeschützte Rückfassaden dämmen 60 Pforzheim-Weststadt Erhaltenswerte Gebäude Erhaltenswerte Gebäude genießen diesen Schutzstatus nicht in demselben Maße wie Baudenkmäler. Eine Anhörung der unteren Denkmalschutzbehörde wird bei einer anstehenden Veränderung jedoch empfohlen. Grundsätzlich unterscheidet sich jedoch der Umgang nicht vom Umgang mit Kulturdenkmälern. Abb. 52 Vorder- und Rückseite des Gebäudes. Die Rückseite kann gedämmt werden Quelle: Ebök Oftmals stehen jedoch nur die straßenzugewandten Seiten unter Schutz, die rückwärtigen Fassaden können sehr gut gedämmt werden. Problem: Kein Eingriff an der Fassade erwünscht Lösung: gleiche Maßnahmen wie bei Denkmalen Maßnahme 15: Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen. Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale Abb. 53 Links ist das Gesimse noch vorhanden, und die Fensterumfassung tritt hinter Dämmung und Putz zurück. Die Dämmschicht genügt nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Fenster wurde bereits in den 70er / 80er Jahren ersetzt. Dabei ging auch die alte Fensterteilung verloren. Rechts eine noch typische Fassade, allerdings bereits ergänzt um einen Miniaturrollladenkasten, welcher mit dem modernen Standard-Kunststofffenster eingebaut wurde. Quelle: ebök Pforzheim-Weststadt 61 Der Umgang mit nicht denkmalgeschützten Fassaden und deren Details ist anspruchsvoll. Auch hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Schutzcharakter eine aufwändige Innendämmung rechtfertigt, auch wenn diese aus architektonischer Sicht vielleicht wünschenswert wäre. Lisenen und Umrandungen werden in der Regel überdämmt oder treten hinter die Vorderkante der Dämmung zurück. Dies stellt übrigens auch wärmetechnisch keine ideale Situation dar, da Wärmebrücken verbleiben. Umfassungen sollten besser entfernt werden und nicht als Anschlag der Wärmedämmung dienen. Eine mögliche aber teure Lösung wäre, Lisenen und Umfassungen wieder originalähnlich auf der Dämmung zu rekonstruieren. Weniger befriedigend ist es, die Originallage durch Farbe oder einen kleinen Einschnitt anzudeuten. Fensterformate können und sollen jedoch auch bei einer Erneuerung weitgehend erhalten bleiben. Die Industrie bietet hier eine breite Palette von zeitgemäßen Lösungen an, die auch ästhetische Wünsche (schlanke Profile, Sprossen) befriedigen. Abb. 54 Typische Gesimse, Gewände und Lisenen, Fensterläden und Umfassungen prägen die Fassaden Quelle: ebök Problem: Eingriffe an Fassade verändern Details und Proportionen Lösung: Innendämmung prüfen Veränderung der Proportionen bei großen Gebäuden nachrangig. Prüfen, ob hochwertiger Dämmstoff mit geringerer Aufbaustärke eingesetzt werden kann Lisenen und Gesimse sowie Umfassungen wieder herstellen oder durch Farbelemente und/oder Einkerbungen betonen Fensterläden erneuern und wärmebrückenarm montieren An Details wie Vordächern, Anschlüssen usw. proportionsgerecht arbeiten Originale Putzstrukturen und Farben verwenden Fenster und Türen in originalgetreuer Teilung ersetzen. Maßnahme 16: Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus) exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen und Türen originalgetreu oder passend erneuern. 62 Pforzheim-Weststadt Abb. 55 Die originale Tür ist bereits durch eine Standard-Aluminiumtür mit sehr schlechtem Wärmeschutz ersetzt worden. Die Umfassung der Tür tritt auch hier hinter die Wärmedämmung zurück. Die Fenster sind StandardKunststofffenster mit Aluminium-Fensterbänken. Hier wurde weder der ursprüngliche Charakter erhalten, noch ein moderner Stil geprägt Quelle: Weeber+Partner Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten Es ist wünschenswert, dass Baudetails bestehen bleiben, die auch stadtbildprägend sind. Teilweise sind das nicht die großen Formate der Gebäude, sondern Details an Fassaden und im Stadtbild. Hier sind alle Beteiligten gefordert, die Details auch über eine Sanierung hinaus zu retten. Abb. 56 Details aus verschiedenen Jahrzehnten … Quelle: ebök Problem: Baudetails verschwinden Lösung: Details auch bei einer Sanierung erhalten. Maßnahme 17: Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich Pforzheim-Weststadt 63 Konflikte bei Wärmeschutzmaßnahmen Werden Dämmschichten angebracht, so wird dafür Raum gebraucht. Das kann zu Konflikten führen, die aus technischer und gestalterischer Sicht in der Regel zufriedenstellend gelöst werden können: Problem: Überschreitung von Baugrenzen und Baulinien Die Dämmung ragt in den öffentlichen Straßenraum Die Dämmung steht in Konflikt mit Masten, Telefonverteilern und Ähnlichem Am Anschluss zweier Gebäude Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe bei Dachdämmung Lösung: Hochwertigere Dämmstoffe benötigen weniger Raum Dämmschichten lassen sich durch Aussparungen etc. anpassen Bei Versprüngen etc. kann ein Anschluss gefunden werden. Maßnahme 18: Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen Werden durch die Anbringung von Dämmschichten baurechtliche Einschränkungen (Baulinie, Baugrenze, Firsthöhe, öffentlicher Raum) tangiert, so muss die Stadtplanung und Baugenehmigungsbehörde per Satzungsbeschluss oder Ausnahmegenehmigung auf die notwendigen Maßnahmen reagieren, z.B. indem Überschreitungen bis zu einer Maximalgröße generell zugelassen werden. Abb. 57 Die Dämmung der Außenwand ragt in den Straßenraum hinein, im rechten Bild an der einen Giebelwand deutlich schwächer als an der anderen. Die Dämmung steht auch in Konflikt mit dem Telefonverteiler sowie dem (im Bild nicht sichtbaren) engen Bürgersteig. Es wäre möglich gewesen, die Dämmung im Bereich der Laufwege und des Verteilers abzusetzen und so große Teile der Wand stärker zu dämmen Quelle: ebök 5.6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume Eine "integrierte" Betrachtungs- und Arbeitsweise bedeutet, weit über den Tellerrand der Fachdisziplinen wie Stadtplanung, Architektur und Energieplanung hinauszuschauen und neue Synergien durch Information, Austausch und Zusammenarbeit zu erschließen. Beim Integrierten Quartierskonzept geht es nicht nur um Klimaschutz, Energieeinsparung und Energieeffizienz, sondern gleichermaßen auch um die dringliche Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität. Es geht beim Klimaschutz nicht nur – wie in der öffentlichen Diskussion häufig – um den Bereich Wohnen, sondern auch um Mobilität in allen Formen und um Gewerbe. Dabei spielen auch Stadtstrukturen eine Rolle wie Dichte, Kompaktheit und Nutzungsmischung. So sind kurze Wege ein wichtiger Bestandteil der hier genannten Handlungsfelder und auch Gesundheit im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels. 64 Pforzheim-Weststadt Die Qualität der öffentlichen Freiräume im Untersuchungsgebiet ist stark verbesserungswürdig. Davon sind sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch die vielen Beschäftigten in der Weststadt betroffen. Somit sind qualitätsvolle Freiräume auch als Standortfaktor für das Gewerbe zu sehen, beispielsweise als angenehmes Arbeitsumfeld mit attraktiven Pausenmöglichkeiten. Um sowohl die Fußwegeverbindungen zu stärken und zu verbessern als auch die Erholungsräume auszubauen bzw. die bestehenden besser erlebbar zu machen, werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Maßnahme 19: Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen Hierzu zählen von West nach Ost die Hans-Sachs-Straße, die Erasmusstraße, die Merianstraße und die Maystraße. Die Hans-Sachs-Straße sollte mehr Fläche für Fußgänger und deutlich weniger für den Autoverkehr erhalten, außerdem eine großzügigere fußgängerfreundliche Querungsmöglichkeit der Westlichen Karl-Friedrich-Straße und der Habermehlstraße, insbesondere zur Anbindung der Fritz-Erler-Schule. Die anderen drei Straßen sollten mit Grün (v.a. Bäume) und weniger Parkierungsflächen einladender für die Fußgänger werden mit einem Schwerpunkt in der Erasmusstraße, siehe nächsten Punkt. Abb. 58 Verknüpfungen, Fußwegeverbindungen und Erholungsräume Quelle: Weeber+Partner Maßnahme 20: Gestaltungsschwerpunkt setzen: Von Maihälden zur Enz Als Gegengewicht zu den starken Ost-West-Verbindungen in der Weststadt wird eine neu zu gestaltende Nord-Süd-Achse zwischen der S-Bahnhaltestelle Maihälden und der Enz vorgeschlagen. Den Schwerpunkt dabei bildet der kleine Platz zwischen der Kirche St. Antonius und der 50erJahre-Zeile mit Café und Trödelladen im Erdgeschoss. Mit Hilfe eines durchgehenden Platzbelags und der Sicherung der den öffentlichen Raum prägenden 50er-Jahre-Fassade über Denkmalschutz könnte das relativ ruhige und "verträumte" Flair unterstützt werden. Der kleine Platz bietet das Potenzial für einen identitätsstiftenden und kommunikativen Ort für die Weststadt. Die neue Achse würde dann der Treppe in der Erasmusstraße folgen. An der Querung der Westlichen KarlFriedrich-Straße würde ein weiterer gestalterischer Schwerpunkt folgen im Zusammenhang mit dem bestehenden Pavillon (Begegnung, Treff, Identität, Nahversorgung), einer Aufweitung der Fußgängerfläche und einer deutlichen Einschnürung der Fahrbahn. Die weiterführende Erasmusstraße sollte mit Grün (v.a. Bäume) und weniger Parkierungsflächen einladender werden. Für die gefahrlose Querung der Habermehlstraße in Richtung Enzauen ist eine Fußgängerampel unabdinglich. Pforzheim-Weststadt 65 Maßnahme 21: Westliche Karl-Friedrich-Str. Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen Um die Westliche Karl-Friedrich-Straße für Fußgänger attraktiver zu machen, ist mehr Distanz zur Fahrbahn erforderlich, beispielsweise durch Begrünung und Bäume (vgl. gutes Beispiel Maximilianstraße). Die Verkehrsflächen für die Fahrbahnen sind deutlich überdimensioniert und können auf das erforderliche Maß für zwei Fahrstreifen zuzüglich je einen ausgewiesenen Fahrradfahrstreifen reduziert werden. Es wäre auch zu prüfen, ob die Zahl der Stellplätze deutlich reduziert und stattdessen Bäume gepflanzt werden können. Auch die Querungsmöglichkeiten sollten deutlich verbessert werden, beispielsweise im Zusammenhang mit großzügigeren Vorbereichen an den Pavillons. In diese Überlegungen sind auch die Radwege einzuplanen. Abb. 59 Neuordnung und -gestaltung der Westlichen Karl-Friedrich-Straße mit Radwegen, Bäumen und Aufweitung des Fußgängerbereichs vor dem Pavillon mit ausgewiesener Fußgängerquerung im Bereich der Erasmusstraße Quelle: Weeber+Partner Maßnahme 22: Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen Wichtig ist der Erhalt und die weitere Aufwertung des ökologisch hochwertigen Grünraums der Enzauen, doch sind auch einzelne, sensibel auszuführende Öffnungen zum Wohnen und zum Straßenraum hin zu empfehlen. Hierzu zählen besonders eine Öffnung zur Steubenstraße hin durch Beschnitt der Gehölzriegel, eine gestaltete Anbindung der bestehenden Fußwege an die Uferwege und neue Sitzgelegenheiten, ohne dabei die Oberflächen mehr als unbedingt erforderlich zu versiegeln. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche zwischen Naturschutz und Freizeitanspruch harmonisiert werden und die Maßnahmen mit dem bestehenden Bebauungsplan im Rahmen der Ausgleichsplanung abgestimmt werden. Maßnahme 23: Blockinnenbereiche aufwerten Die in der Nachkriegszeit zwischen Habermehl- und Westlicher Karl-Friedrich-Straße entstandenen geschlossenen Blockränder zeigen in ihrer Mischung aus gewerblicher und Wohnbebauung noch etwas von der ursprünglichen Industriegeschichte, wirken aber heute eher ungeordnet und wenig qualitätsvoll. Der besonders hohe Versiegelungsgrad und die Nutzung der Hinterhöfe zur Parkierung mindern die Wohnqualität und führen zu einem ungünstigen Mikroklima mit Wärmeinseln. Folgende Strategie wird vorgeschlagen: ¯ Erarbeitung eines städtebaulichen Leitbilds für die Entwicklung dieser Art von Blockrandbebauungen in der Weststadt. Wichtig dabei ist es auch, die Geschichte der Industrieentwicklung zu erhalten oder neu erlebbar zu machen, um die bislang geringe Identität herauszuarbeiten. 66 Pforzheim-Weststadt Dazu zählen bauliche Details genauso wie die städtebauliche Struktur der besonderen Mischung aus Arbeiten und Wohnen. Die Sammlung und Kommunikation von guten Beispielen qualitätsvoller Höfe kann hierfür eine gute Hilfe sein. ¯ Die Blöcke zwischen Hans-Sachs-Straße und Merianstraße im Rahmen des bestehenden Soziale Stadt-Sanierungsgebietes als Gebiet mit "investiver Förderung" ausweisen (also über die steuerrechtliche Förderung hinaus), um finanzielle Anreize für die Eigentümer zu schaffen. ¯ Bei Mindernutzungen einzelner Grundstücke (beispielsweise geringe Geschosszahl oder Baulücken) sollte der Kontakt zu den Eigentümern aufgebaut werden, um ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, im Rahmen des bestehenden Baurechts gestalterisch hochwertig zu bauen und dann im Fall von umfangreicheren Sanierungen oder Neubebauungen auch die Hinterhöfe aufzuwerten oder ganz zu entsiegeln und zu begrünen. ¯ Die gemischte Struktur der Baublöcke sollte im Rahmen der Bauleitplanung erhalten und gestärkt werden, allerdings ist die Auslegung oder auch die Ausnutzung des bestehenden Baurechts bzw. der Satzungen zu prüfen, um einen "Wildwuchs" wie im Hinterhof der Erasmusstraße 6 zu verhindern. 5.7 Mobilität Die Weststadt ist geprägt von hoher Verkehrsbelastung. Auch wenn eine signifikante Minderung nur durch gesamtstädtische Maßnahmen zu erreichen ist, sind im Untersuchungsgebiet trotzdem Veränderungen möglich und dringend anzuraten, um die Wohn- und Aufenthaltsqualitäten für die jetzigen und künftigen Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Damit lässt sich zugleich die Umsetzung des gesamtstädtischen Verkehrskonzepts unterstützen. Maßnahme 24: Mobilitätskonzept erstellen Für die Weiterentwicklung des Stadtteils ist ein Mobilitätskonzept erforderlich, das den ÖPNV, das Autofahren, den ruhenden Verkehr, den Ausbau alternativer Mobilitätsformen (beispielsweise Elektromobilität und Carsharing), die Unterstützung der Fahrradnutzung und die Verbesserung der Fußwege in einen Zusammenhang bringt, auch im Hinblick auf kurze Wege zur Unterstützung der täglichen Nahversorgung. In diesem Zusammenhang sind auch die Verbindungen zu den großräumigen Verkehrsströmen zu überprüfen, um mögliche Schwerpunkte für den Durchgangsverkehr zu optimieren und als Ausgleich andere deutlich zu erleichtern. Auch der Quell- und Zielverkehr der großen Gewerbebetriebe im Stadtteil und der Einfluss der Parkmöglichkeiten auf dem Messplatz auf die Verkehrserzeugung sollten genau untersucht werden. Neben einer Aufwertung der Straßenräume und Wege zugunsten von Nahmobilität, zu Fuß Gehen, Radfahren und mehr Grün (vgl. oben "Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume") sollten folgende Aspekte in das Mobilitätskonzept einfließen: ¯ Im Untersuchungsgebiet fehlen Nord-Süd-Verbindungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), insbesondere zur Anbindung des Bereiches Westliche Karl-Friedrich-Straße, Messplatz und Kaiser-Friedrich-Straße an den Bahnhaltepunkt Maihälden und weiter in den Norden der Weststadt. Es ist zu prüfen, ob die Buslinienführung durch eine ergänzende Verbindung zwischen den Haltestellen Fritz-Erler-Schule und Kochstraße angepasst werden kann. ¯ Carsharing – die organisierte gemeinschaftliche Nutzung eines Autos in der Stadt – gibt es in Pforzheim durch die Unternehmensgruppe stadtmobil bereits, allerdings liegen die Standorte mindestens 500 Meter, die meisten über einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Eine gute Lösung für die Auslastung der Teilautos ist auch die gemeinsame und wechselseitige Nutzung zu verschiedenen Tageszeiten, beispielsweise tagsüber – wie bereits bislang möglich – durch städtische Beschäftigte und außerhalb der Geschäftszeiten durch Private. Das nahe gelegene Karlsruhe kann ein gutes Pforzheim-Weststadt 67 Beispiel sein, denn die Stadt ist bundesweit die "Carsharing-Hauptstadt" und hat die meisten geteilten Autos pro Einwohner (1,8 Autos pro 1000 EW, der Bundesschnitt liegt bei 0,1, laut Bundesverband Carsharing, http://www.carsharing.de/presse/pressemitteilungen/carsharingstaedtevergleich-karlsruhe-weiterhin-carsharing-hauptstadt) ¯ Alle Ladestationen für Elektroautos in Pforzheim liegen mindestens einen Kilometer vom Untersuchungsgebiet entfernt. Es ist zu prüfen, welche neuen Standorte im Bereich der Weststadt möglich sind und welche Rahmenbedingungen noch fehlen, die von der Stadt unterstützt werden können, insbesondere auch im Rahmen einer möglichen Bebauung des Messplatzes. Dabei sind auch technische Erfordernisse mit zu beachten, beispielsweise die Effizienz von Elektromobilität in Abhängigkeit von der Art der Stromerzeugung, also möglichst den Strom vor Ort und selbst zu erzeugen. ¯ Generell ist es wichtig, nicht nur an die Bewohner, sondern auch an die vielen Beschäftigten in der Weststadt zu denken. Hier sollten die Unternehmen hinsichtlich eines betrieblichen Mobilitätsmanagements beraten und unterstützt werden. Es geht darum, den betriebsbedingten Verkehr – der Pendlerverkehr und die Geschäfts- und Transportfahrten – kosteneffizienter und umweltverträglicher zu gestalten. Ein Maßnahmenkonzept beinhaltet beispielsweise die Einführung eines Jobtickets für den ÖPNV oder die Optimierung der betrieblichen Verkehrswege. ¯ Ein Mobilitätskonzept soll vor allem eine Vielzahl von Verbundlösungen unterstützen. Es wird zunehmend wichtiger, tages-, wetter- und ziel-abhängig verschiedene Mobilitätsformen wie ÖPNV, Carsharing oder Fahrrad miteinander zu kombinieren. Hierfür ist es wichtig, mobile Informationen zur Verfügung zu stellen ("smarte Mobilität") und finanziell durch gemeinsame Tarife attraktiv zu machen. Maßnahme 25: Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen Abb. 60 Bestehende und mögliche neue Routenführungen für Radfahrer Quelle: Weeber+Partner Im Untersuchungsgebiet und in der Weststadt insgesamt fehlen attraktive und gefahrlose NordSüd-Verbindungen. Um die Fahrradnutzung im Untersuchungsgebiet und für die gesamte Stadt Pforzheim attraktiver zu machen, wird vorgeschlagen, eine neue Route auszubauen (rote durchgezogene Linie in Abb. 56) als Verbindung zwischen Maihälden und der Südweststadt. Von Maihälden kommend kann die S-Bahnstation angebunden werden, dann die Fritz-Erler-Schule und 68 Pforzheim-Weststadt weiter der Enztalradweg im Bereich der Feuerwehr. Die weitere Verbindung zur Südweststadt kann entlang der Enz und dann ansteigend über die Bohrainstraße erfolgen. Die beiden Knotenpunkte Westliche Karl-Friedrich-Straße / Hans-Sachs-Straße / Antoniusstraße und Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße müssen dazu deutlich fahrradfreundlicher umgestaltet werden, da sie jetzt schon ein hohes Gefahrenpotenzial bergen und allein die Ausweisung eines Fahrradstreifens im parallelen Bus- und PKW-Verkehr voraussichtlich nicht die erforderliche Sicherheit bietet, insbesondere nicht für Schüler. Im Rahmen eines Verkehrskonzeptes ist zu prüfen, ob für den Knotenpunkt Habermehlstraße / Hans-Sachs-Straße eine oberirdische Querung mit Fahrradampeln zielführender wäre oder eine Anbindung an die Fahrradunterführung mit kleinem Umweg (rote gestrichelte Linie in Abb. 53). Falls erforderlich, könnte durch den Wegfall der Parkplätze entlang der Hans-Sachs-Straße vor der Fritz-Erler-Schule eine ausreichende Fahrbahnbreite für einen zusätzlichen Fahrradstreifen erreicht werden. Maßnahme 26: Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen Im Hinblick auf eine möglichst flexible Wahl der Mobilitätsmittel innerhalb der Stadt haben Leihfahrräder eine große Bedeutung. Wenn Pforzheim sich für ein stadtweites Netz an Leihstationen entscheidet, sind mögliche Standorte in der Weststadt der S-Bahn-Halt Maihälden, der Platz vor der Kirche St. Antonius und der Messplatz, sofern er baulich entwickelt wird. Neben "normalen" Leihfahrrädern sollten dann auch E-Bikes zur Verfügung stehen aufgrund der bewegten Topografie und für Menschen mit eingeschränkter Fitness. 5.8 Stadtklima Die Freiräume und ihre Benutzungsqualität sind entscheidend für das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner in der Weststadt. Diese Qualität wird maßgeblich auch vom Stadtklima beeinflusst, das sich aus dem Zusammenspiel von gebauter Stadt und der sie durchdringenden Luft mit Temperatur, Feuchte und Bewegungsgeschwindigkeit ergibt. Das Untersuchungsgebiet wird von mehreren Hitzeinseln stark belastet, weshalb großer Handlungsbedarf besteht, insbesondere im Bereich des Messplatzes. Der Klimawandel mit steigender mittlerer Jahrestemperatur, einer höheren Zahl von Hitzetagen und Extremereignissen wie Starkregen und Hochwasser erfordert eine eigene Anpassungsstrategie. Maßnahme 27: Hitzeinseln in den Hinterhöfen entschärfen: Grünanteil erhöhen Die Hinterhöfe der Blockrandbebauungen haben einen besonders hohen Versiegelungsgrad und bedürfen einer besonderen Strategie, vergleiche Maßnahme 23: "Blockinnenbereiche aufwerten". Diese Strategie muss auch einen Fokus auf die Erhöhung des Grünanteils legen, sowohl an schattenspendenden Bäumen als auch an Grünflächen zur Pufferung des Regenwassers und für Verdunstungskälte. Hinzu kommt die Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung im Rahmen der Bauleitplanung und der Förderkriterien bei Sanierungsmaßnahmen. Neben Regenwasserpufferung und Verdunstungskälte verringert sie auch die Wärmeabstrahlung der Gebäude. Maßnahme 28: Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten Sowohl für den Stadtteil als auch gesamtstädtisch von großer Bedeutung ist das Freihalten der Kaltluftbahnen entlang der Enz und der sie speisenden Flächen Rod und Brötzinger Waldwiesen. Hinzu kommt der Aufbau zusammenhängender Freiraumstrukturen mit schattenspendenden Bäumen und weiteren Grünflächen mit Wasserflächen und durchfeuchteten Flächen für Verdunstungskälte. Der bislang komplett versiegelte Messplatz und die angrenzenden Enzauen bieten das größte Potenzial dazu. Die Komplexität erfordert ein eigenes Fachgutachten, das Ziele für die Stadtentwicklung in Bezug auf das Stadtklima formuliert. Pforzheim-Weststadt 5.9 Bebauung Messplatz 69 wird nicht weiter verfolgt Maßnahme 29: Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den erarbeiten Messplatz Die heutige Nutzung der 6,5 ha großen, überwiegend asphaltierten Fläche mit seiner attraktiven Lage an der Enz und der zentralen Lage in der Stadt schöpft das Potenzial bei weitem nicht aus. Der Messplatz stellt ein städtebauliches Vakuum in der Weststadt dar, das stadträumliche Verbindungen unterbricht und die Entwicklung des Stadtteils hin zu einem attraktiven Wohn-, Lebens- und Arbeitsstandort stark behindert. Eine Bebauung und damit eine neue Nutzung würde der gesamten Weststadt zugute kommen, denn eine Vielzahl der in Kapitel 3 beschriebenen Defizite und Mängel des Untersuchungsgebietes und der Gesamt-Weststadt könnten durch eine neue Nutzung deutlich verringert oder ganz behoben werden. Ohne die Entwicklung des Messplatzes sind eine Reihe von Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des Untersuchungsgebietes möglich (beispielsweise Radund Fußwege), aber erst durch die Umnutzung würde ein nachhaltiges "Heilen" und Zusammenwachsen des gesamten Stadtteils Weststadt möglich werden. Von großer Wichtigkeit ist es, für den Messplatz ein langfristiges städtebauliches Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das auf die nachfolgend genannten Entwicklungspotenziale eingeht. Maßnahme 30: Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen: neue Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung, Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme Entwicklungspotenzial Wohnen Die Größe des Messplatzes bietet die Chance, nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche Wohnformen zu realisieren – auch in modellhafter Form –, die sich gegenseitig befruchten können. Es gilt, ein differenziertes Wohnangebot für unterschiedliche Zielgruppen wie Familien, Studenten, Ältere und Menschen mit viel oder wenig Einkommen zu schaffen. Kurze Wege und gute Erreichbarkeiten, neue Mobilitätsformen, Wohnen und Arbeiten, Generationenwohnen und Baugemeinschaften sind weitere Möglichkeiten für das Wohnen in der Stadt, die modellhaft auf dem Messplatz entwickelt werden könnten. Besonders wichtig ist die Einbeziehung der Enz bei der Entwicklung des Geländes. "Wohnen und Arbeiten am Wasser" mit einer besonders guten Gestaltung der Außenbereiche kann als Motto für die Entwicklung des Gebiets stehen. Entwicklungspotenzial Einzelhandel und Gewerbe Im Vergleich zu einem reinen Wohngebiet ist die Nahversorgung im Untersuchungsgebiet nicht völlig unbefriedigend, denn viele kleinere Anbieter erlauben die Möglichkeit, sich mit dem Nötigsten und auch mit Frischem zu versorgen. Allerdings fehlt ein reichhaltiges Angebot, vergleichbar mit einem Vollsortimenter, denn die kleinen Geschäfte haben teilweise nur ein begrenztes Angebot für einen eingeschränkten Kundenkreis. Allein die Erhöhung der Anzahl der Bewohner im Stadtteil durch die Bebauung des Messplatzes wird zu einer deutlichen Erhöhung der Kaufkraftdichte in der Weststadt führen und voraussichtlich ein oder mehrere Einzelhandelsgeschäfte wirtschaftlich tragbar machen. Es ist auch zu prüfen – beispielsweise mit Hilfe eines Einzelhandels- und Zentrenkonzept, ob bei einer baulichen Entwicklung des Messplatzes sogar ein Vollsortimenter angesiedelt werden kann. Als heutige und zukünftige Kunden sind nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner der Weststadt zu bedenken, sondern auch die hier Beschäftigten. Entwicklungspotenzial Stadtraum-Verknüpfungen und Zentrenbildung Durch eine Bebauung des Messplatzes mit räumlichen Bezügen und Wegeverbindungen in die Weststadt und die Südweststadt bietet sich die Chance, die nördlich und südlich gelegenen Wohngebiete neu zu verknüpfen und an die hochwertigen Freiräume an Enz anzubinden. Die Stadt kann an dieser Stelle "heilen" und zusammenwachsen, und der Messplatz bietet die Chance, mittel- bis langfristig die neue Mitte der Weststadt zu werden. Eine Neubebauung darf sich nicht abgrenzen und einen eigenen Stadtteil im Stadtteil bilden. 70 Pforzheim-Weststadt Entwicklungspotenzial Enzauen Neues Wohnen auf dem Messplatz wird in Verbindung mit Wasser besonders attraktiv. Gleichzeitig laden die Enzauen die Pforzheimerinnen und Pforzheimer als Naherholungsflächen zum Spaziergang und Ausruhen ein. Eine neue Gestaltung der Uferbereiche mit breiten Grün- und Platzflächen kann sowohl den neu hier Wohnenden als auch allen in Pforzheim vielfältige Möglichkeiten bieten. Entwicklungspotenzial zukunftsgerichtete Mobilität Das neue Wohnquartier könnte modellhaft für neue, zukunftsgerichtete Mobilität stehen. Innenstadtnahes Wohnen ohne eigenes Auto, aber mit einem vielfältigen Mobilitätsangebot aus Carsharing (bislang fehlen Carsharing-Standorte in der Weststadt), ÖPNV, Radwegen und Leihfahrrädern kann vorbildlich für die gesamte Stadt sein. Das Fahrrad als kurze Verbindung in die Innenstadt kann auch in Zusammenhang mit dem Enztalradweg besonders attraktiv sein, auch im Hinblick auf den lokalen bis überregionalen Fahrrad-Tourismus für Einzelhandel und Gastronomie. Eine Elektro-Tankstelle oder E-Bikes könnten dem neuen Quartier in der Weststadt auch über die Stadtteilgrenzen hinaus Aufmerksamkeit verschaffen. Entwicklungspotenzial Stadtklima Aufgrund der heute großen versiegelten Fläche entwickelt sich besonders an Sommertagen ein Hitzestau über dem Messplatz. Durch Dachbegrünung, viel Grün in den Freiflächen, eine Aufweitung der Enzauen und eine Bebauung, die für die Kaltluftströme entlang des Enztals durchlässig bleibt, kann der Wärmeinsel-Effekt deutlich gemindert werden. Entwicklungspotenzial Fernwärme Die Wärmebedarfs- bzw. Verbrauchsdichte im Untersuchungsgebiet ist im heutigen Zustand ausreichend für den wirtschaftlichen Betrieb der Fernwärmeversorgung (vgl. Abb. 31). Mit zunehmender Verbesserung des Wärmeschutzes reduziert sich der Wärmebedarf der Gebäude, wobei nach heutigem Kenntnisstand auch zukünftig ein wirtschaftlicher Betrieb in der Weststadt möglich ist. Ein Teil des Fehlbetrags kann durch die Nachverdichtung im Bereich des Messplatzes sinnvoll ausgeglichen werden. Es ist davon auszugehen, dass es sinnvoll ist, die Neubebauung ebenfalls mit Fernwärme zu versorgen. Kurzfristige Aufwertungen Abb. 61 Entwicklungspotenzial Wahrnehmung: Temporäre Aufwertungen Quelle: Weeber+Partner, Rahmenplan Weststadt, 2011 Kurzfristige Aufwertungen: Entwicklungspotenzial Wahrnehmung Bereits im Schlussbericht "Rahmenplan Weststadt" wurden neben einer mittel- bis langfristigen attraktiven Wohnnutzung auch Vorschläge für eine kurzfristige Aufwertung im Bestand gemacht. (vgl. Rahmenplanung Weststadt, Kap. 3.4.2) Durch Gestaltung und Veränderungen des Belags, Aufwertungen des Uferbereichs und temporäre Nutzungen (Gastronomie, Kunst, Märkte, Sport) kann die bislang unattraktive Fläche neu und anders in Erscheinung treten und in Schritten zunehmend als attraktiver städtischer Raum wahrgenommen werden. Pforzheim-Weststadt 71 Maßnahme 31: Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren Studenten des Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Fakultät für Architektur am Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft bei Professor Bava, haben sich mit der städtebaulichen Entwicklung des Messplatzes in der Weststadt auseinandergesetzt und im Wintersemester 2012/2013 hierzu verschiedene Entwürfe für das "Neue Wohnen an der Enz" erarbeitet, die im Sommer 2013 im Rathaus Pforzheim ausgestellt waren. Die folgenden drei Arbeiten wurden stellvertretend für die insgesamt zehn verschiedenen Entwürfe ausgewählt. Sie zeigen unterschiedliche und interessante Lösungen für eine mögliche Bebauung auf, sie stellen aber längst noch nicht die ganze Spannweite der Entwicklungsmöglichkeiten für den Messplatz dar. Die drei Studienarbeiten werden hier in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Weststadt diskutiert. Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser Abb. 62 Schematische Darstellung des Entwurfs Graf/Moser, eigene Darstellung Abb. 63 Entwurf Graf/ Moser: Gestaltungsvorschlag Enzauen Der Entwurf von Philipp Graf und Manuel Moser zeichnet sich durch einen Wechsel von unterschiedlich großen Blockrandbebauungen mit dazwischen gesetzten niedrigeren Solitären aus. Die Neubebauung nimmt die Maßstäblichkeit des angrenzenden Gebiets zwischen Habermehl- und Karl-Friedrich-Straße auf, außerdem die bestehenden Straßenachsen und schafft auch neue Sichtbeziehungen zur Enz hin. In dieser Bebauungsform lässt sich eine Mischung aus Wohn-, gewerblicher und öffentlicher Nutzung gut vorstellen und ein allmähliches Zusammenwachsen mit dem Bestand. Die geschlossenen Blöcke trennen klar zwischen privat und öffentlich und bieten Entwicklungsmöglichkeiten für die Innenhöfe. Zur Enz hin entsteht eine breite Freifläche mit einem weit ausschwingenden Uferbereich, der vielfältige Freiräume für Freizeit und Naherholung bietet – nicht nur für die Neubebauung, auch für den gesamten Stadtteil. 72 Pforzheim-Weststadt Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz Abb. 64 schematische Darstellung des Entwurfs Platten/Schmitz, eigene Darstellung Abb. 65 Entwurf Platten/Schmitz: Innenhöfe und großzügig angelegter Uferbereich an der Enz Der Entwurf von Daiman Platten und Thomas Schmitz bildet eine starke Raumkante entlang der Habermehlstraße. Dies schirmt den Verkehrslärm ab, erschwert aber auch ein stadträumliches Zusammenwachsen mit dem nördlich angrenzenden Bestand. Der entstehende Straßenraum mit seinen angrenzenden Erdgeschossflächen ist wahrscheinlich nur eindimensional für den Verkehr zu optimieren, nicht aber auch qualitätsvoll für Fußgänger, Einzelhandel oder Wohnen. Als Ausgleich zum geschlossenen Auftreten an der Habermehlstraße öffnen sich die Baublöcke zur Enz hin, lockern auf und halten großen Abstand zugunsten einer breiten Uferzone. Diese bietet großzügige Naherholungsflächen nicht nur für die Neubebauung, sondern auch für den gesamten Stadtteil. Der breite Grünraum wird durch eine großzügige Freitreppe an der Fußgängerbrücke zur Südweststadt unterbrochen. Pforzheim-Weststadt 73 Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele Abb. 66 schematische Darstellung des Entwurfs Dettmer/Eisele, eigene Darstellung Abb. 67 Entwurf Dettmer/Eisele: Vogelperspektive, Freitreppe an der Enz Der Entwurf von Theresa Dettmer und Thekla Eisele erreicht eine besonders hohe Ausnutzung der Messplatzfläche mit durchweg städtischer oder sogar großstädtischer Bebauung und hoher Dichte. Wie der vorige Entwurf grenzt sich die Neubebauung durch eine hohe Raumkante gegenüber der Habermehlstraße und dem nördlich angrenzenden Bestand ab, was ein Zusammenwachsen erschwert und einen eindimensionalen nur auf den Verkehr hin optimierten Straßenraum erzeugt. Eine interessante Überlegung stellt die Uferpromenade mit urbanem Gepräge dar, in der Einzelhandel, Gastronomie und Büros gut vorstellbar sind, sofern sich an dieser Position in der Gesamtstadt ein neuer Standort wirtschaftlich darstellen lässt. Der Entwurf verzichtet zugunsten von attraktiv gelegenen Einzel- und Doppelhäusern an der Enz auf eine großzügigere Uferzone. 74 Pforzheim-Weststadt 5.10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit Die energetische Stadtsanierung berührt die Interessen vieler und kann nur gelingen, wenn die wichtigen Akteure in die Konzept- und Umsetzungsarbeit eingebunden sind, selbst aktiv werden und so weit wie möglich am selben Strang ziehen. Die in der Konzeptphase begonnene Zusammenarbeit mit verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung, mit Wohnungsunternehmen, Stadtwerken, Gewerbetreibenden und weiteren war fruchtbar und sollte in dieser Form unbedingt weiter verfolgt werden. Dabei kommt der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit eine besondere Rolle zu. Auch wenn die Stadt auf die Zusammenarbeit und die Unterstützung durch die unterschiedlichen Akteure angewiesen ist, bleibt ihre Rolle die entscheidende bei der energetischen Stadtsanierung. Die Initiierung, Koordination und Vermittlung ist eine der wichtigsten Tätigkeiten des von ihr beauftragten oder direkt angestellten Sanierungsmanagements. Ihm kommt auch die Aufgabe zu, die integrierte Betrachtung der Themen im Quartier zu gewährleisten und die Verknüpfung zu weiteren Konzepten, Planungsverfahren und Umsetzungsprojekten herzustellen. Maßnahme 32: Energieforum Pforzheim fortsetzen Das Energieforum tagte während der Projektlaufzeit sechsmal und bot sowohl den vom Untersuchungsgebiet direkt betroffenen Fachleuten als auch der gesamten Stadt die neue Chance, sich zu Fragen rund um Energie und Klimaschutz fachübergreifend auszutauschen. Dies erfolgte sowohl zu Themen, die das Untersuchungsgebiet direkt betrafen, als auch zu allgemeinen Themen wie Wohnqualität, Finanzierungsmöglichkeiten usw. Eine Fortführung des Gremiums wird in folgender Weise vorgeschlagen: ¯ Erste Sitzung mit Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements zur Information über Ziele, Arbeitsweise und Einbindung der Akteure in die Umsetzungsphase. Die Stadtverwaltung bzw. das Sanierungsmanagement soll einladen. ¯ Weitere 1-2 Sitzungen im Abstand von ca. 2 Monaten mit direktem Bezug zur Arbeit im Quartier ¯ Danach Öffnung der Themen und des Teilnehmerkreises hin zu einer gesamtstädtischen Betrachtungsweise. Sitzungstermine ca. zwei- bis dreimal pro Jahr. Mit der Öffnung soll die Initiative vom Sanierungsmanagement auf eine breitere Verantwortung gestellt werden, beispielsweise im Wechsel durch die wichtigsten Akteure. Maßnahme 33: Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-FriedrichStraße Das Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt ist sehr gut vernetzt und kennt die Strukturen, Schlüsselpersonen, Sorgen und Potenziale der Bewohnerinnen und Bewohner rund um die Kaiser-Friedrich-Straße am besten. Außerdem existiert ein Büro der Stadt, das gegebenenfalls noch besser ausgelastet werden kann. Hier sollen sowohl in personeller als auch räumlicher Form Synergien ausgeschöpft werden. Maßnahme 34: Wohnungsunternehmen: Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen Die Wohnungsunternehmen haben ihren Gebäudebestand überwiegend mindestens auf die EnEVAnforderungen gebracht, daher ist das Einsparpotenzial in der Gebäudehülle begrenzt. Sie sind aber prinzipiell offen für alternative Wärmeversorgungskonzepte über Blockheizkraftwerke und Wärmenetze – sofern nicht bereits ein Anschluss an die Fernwärme besteht – und auch für Contracting-Modelle. Die aktuelle Mietrechtsänderung erleichtert den Wechsel der Wärmeversorgung und berücksichtigt auch Contracting. Eine mögliche gemeinsame Heizzentrale kann für die Gebäude Steubenstraße 61-64 und Hans-Sachs-Str. 27, 29 und 34-38 entstehen, vgl. Kap. 5.4. Für dieses Projekt besteht Bedarf zur Koordination der Beteiligten und evtl. auch in baurechtlichen Fragen beim Bau einer Wärmeleitung. Pforzheim-Weststadt 75 Maßnahme 35: Wohnungsunternehmen: Information der Mieter zum Energiesparen verstärken Der Energieverbrauch eines Gebäudes wird wesentlich auch vom Nutzerverhalten beeinflusst. Viel erreichen kann oft eine persönliche Energiesparberatung der Mieter. Die Mieter sind als Verbraucher auch eine Zielgruppe für die Umsetzung der energetischen Stadtsanierung. Es geht um einen insgesamt verantwortungsbewussten Umgang mit Energie, nicht nur um Investitionen. Hier geht es um Unterstützung der Wohnungsunternehmen bei der Beratung und den richtigen Kommunikationswegen. Maßnahme 36: Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivieren Der Informationstag "Energie für die Weststadt" am 19.10.2013 war der Start in die Zusammenarbeit mit den Einzeleigentümern. Die Resonanz war nicht die erwartete und hat gezeigt, mit wie viel Beharrlichkeit und Ausdauer das Thema auf allen Kanälen der Ansprache und Informationsarbeit weiter verfolgt werden muss. Neben zentralen Veranstaltungen ist die Energieberatung eine der wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in die energetische Sanierung. Sie bietet die Möglichkeit, mit den Bauherren ins direkte Gespräch zu kommen. Das Energie- und Bauberatungszentrum Pforzheim/Enzkreis (EBZ) ist dazu hervorragend aufgestellt, aber die Angebote sind vermutlich zu wenig bekannt. Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, zusammen mit dem EBZ das bestehende Beratungskonzept für die Erstberatung und die darauf aufbauenden Beratungs- und Planungsschritte zu optimieren. Maßnahme 37: Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit Energetische Stadtsanierung auf der Maßstabsebene eines Quartiers ist für viele Bürgerinnen und Bürger und selbst für Fachleute aus den Bereichen Energie und Klimaschutz nicht selbstverständlich und voraussichtlich weiterhin erklärungsbedürftig. Hier liegt eine besondere Aufgabe, Sinn und Zweck der bevorstehenden Umsetzungsphase verständlich zu machen. Dabei ist es auch wichtig, manche abstrakt erscheinenden Themen auf eine leicht verständlichere Betrachtungsebene "herunterzubrechen". So kann es beispielsweise zielführender sein, Wohnungseigentümer für Wohnkomfort und Lebensqualität zu gewinnen als für Klimaschutz und Energieeffizienz. Um die Breitenwirkung auch weiterhin zu sichern, ist für die Öffentlichkeitsarbeit ein breit aufgestelltes Methodenkonzept erforderlich. Wichtig ist es, vielfältig und in verschiedenen Formen der Ansprache auf die Betroffenen – insbesondere die privaten Eigentümer – zuzugehen. Neben den klassischen Informationswegen Presse und Internet ist auch der direkte Kontakt in den Beratungen und Vor-OrtVeranstaltungen besonders zielführend. Die ersten Schritte für das Sanierungsmanagement sind: ¯ Pressegespräch zum Projektstart organisieren: Der offizielle Start der Umsetzungsphase mit dem Arbeitsbeginn des Sanierungsmanagements muss genutzt werden, um die Mitarbeiter der Redaktionen (freie Journalisten, Redakteure) für ein Pressegespräch zu gewinnen, möglichst zusammen mit dem Baubürgermeister. Hierbei ist Gelegenheit, im persönlichen Gespräch den nicht immer leicht nachvollziehbaren Weg von der (theoretischen) Konzeption zur baulichen Umsetzung zu erläutern. Damit kann eine gute Basis für weitere Zeitungsartikel geschaffen werden, für die dann einfache Pressemitteilungen genügen, weil das Verständnis für das Thema bereits aufgebaut wurde. ¯ Regelmäßige Pressemitteilungen für die Tagespresse schreiben, möglichst als Artikelserie: Auf der Basis des oben genannten Pressegesprächs kann über einen längeren Zeitraum von einigen Monaten mit Pressemitteilungen für die Tagespresse gearbeitet werden, idealerweise als Artikelserie zur energetischen Stadtsanierung. Die Beiträge können sich zum einen direkt auf das Sanierungsgebiet beziehen, aber auch weitere Aspekte aufzeigen (zum Beispiel Fördermöglichkeiten und -konditionen, Kombination von energetischer Sanierung und altersgerechtem Umbau usw.). Alle Presseinformationen müssen vom Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Pforzheim koordiniert werden. Ein Artikel pro Monat gewährleistet ein Minimum an Präsenz des Projektes in der Öffentlichkeit. 76 Pforzheim-Weststadt Maßnahme 38: Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten Das Projekt zur energetischen Sanierung und insbesondere das Sanierungsmanagement benötigt eine eigene Internetpräsenz, möglichst als Teil der Homepage der Stadt Pforzheim. Hier können Interessierte permanent weitere Informationen erhalten, auch Verlinkungen zu wichtigen externen Informationsquellen. Die eigene Seite ermöglicht es auch, sich kompakt über alle aktuellen Veranstaltungen und Angebote des Sanierungsmanagements zu informieren, auch über die Öffnungszeiten des gegebenenfalls in der Kaiser-Friedrich-Straße eingerichteten Büros (vgl. Kap. 6.2). Maßnahme 39: Besondere Marketingmittel: Das Thema Energie und Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen Schon im persönlichen Verbrauchsverhalten (Nutzerverhalten) liegen erhebliche Einsparpotenziale, dabei sind einfache Möglichkeiten wie effektives Lüften nicht allen bekannt. Viele Bürgerinnen und Bürger müssen überhaupt erst einmal für das Energiesparen sensibilisiert werden. Hier kommt dem Sanierungsmanagement eine besondere Rolle der Aufklärung, Information und Überzeugungsarbeit zu. Die Themen sollen durch mediale Präsenz im Quartier und darüber hinaus ständig präsent sein. Dazu können auch Plakate geklebt oder ein Riesentransparent an einer leeren Hauswand oder über die Straße gespannt werden. Auch die Nutzung und weitere Verbreitung des im Rahmen des Integrierten Quartierskonzepts produzierten Films zum Energiesparen soll in diesem Zusammenhang intensiviert werden. 77 Pforzheim-Weststadt 6 Vorbereitung der Umsetzungsphase 6.1 Maßnahmenkatalog Der Maßnahmenkatalog geht aus dem Integrierten Handlungskonzept aus Kapitel 5 hervor, die ausführliche Erläuterung findet sich dort. Für die Vorbereitung, Koordination und Umsetzung ist in der Regel das Sanierungsmanagement zuständig. Die Maßnahmen sind in Kurzform beschrieben und bekommen als Gewichtung eine zeitliche Priorität. Prinzipiell ist eine Vorgehensweise in Stufen realistischer und leichter umsetzbar als das längerfristig angelegte Klären von Konzepten und Rahmenbedingungen für ein großes zusammenhängendes Projekt. Trotzdem ist es wichtig, bei einigen Maßnahmen einen "langen Atem" zu bewahren, beispielsweise bei einem Entwicklungskonzept für den Messplatz. Kategorien sofort loslegen bzw. begonnene Arbeit intensiv fortführen intensiv vorbereiten stetig, mit längerem Zeithorizont angehen Gelegenheiten suchen und nutzen Für die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs ist darüber hinaus zu beachten: ¯ Baldige Umsetzung erster Pilotprojekte mit Ausstrahlung ¯ Raum für innovative Projekte schaffen ¯ Strukturen für Beteiligung und Kooperation schaffen (das ist zum Teil im Rahmen der Konzeptentwicklung Quartierskonzept schon geschehen: Energieforum, Energietag, Energiefilm). Hier ist es wichtig, an bereits aufgebauten Strukturen anzuknüpfen und sie weiterzuentwickeln ¯ in städtischen Handlungsprogrammen verankern 1 Gebäude und Gebäudehülle M1 Sektor Wohnen: Eigentümer nach Interessenslage differenziert ansprechen M2 Sektor Wohnen: Gesetzliche Mindestanforderungen unterschreiten, um die technisch / wirtschaftlichen Potenziale auszuschöpfen M3 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD): Gezielte Beratung der Gewerbetreibenden, auch Sektor Kleingewerbe M4 Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD): Kontakt zu Fachingenieuren vermitteln M5 Sektor öffentliche Gebäude: Energiekonzept für Hauptfeuerwache erarbeiten M6 Sektor öffentliche Gebäude: Energierichtlinie in eigenen Liegenschaften umsetzen 2 Versorgung Heizwärme und Warmwasser M7 Zum Fernwärmeausbau gezielt die Eigentümer der Gebäude ansprechen M8 Prioritätenplan für Gebäude, für die keine Fernwärme zur Verfügung steht 78 Pforzheim-Weststadt 3 Wohnkomfort M9 Wohnungslüftung unterstützen durch Beratung, ggf. Förderung in Verbindung mit Schallschutzmaßnahmen 4 Gute Beispiele und Musterkonzepte M10 "Best-Practice"-Projekte initiieren und kommunizieren M11 Leuchtturmprojekte initiieren und kommunizieren M12 Gemeinsame Wärmeversorgung untersuchen, Einsatz erneuerbarer Energien M13 Energiekonzepte für Sonderlösungen im Gewerbebereich unterstützen. Energieeffizienzprojekte unterstützen 5 Stadtbildqualitäten: schützenswerte Fassaden, Denkmalschutz M14 Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden (Baudenkmale): Mögliche Maßnahmen auch bei Baudenkmalen prüfen. Nicht denkmalgeschützte Rückfassaden dämmen M15 Erhaltenswerte Gebäude: Mögliche Maßnahmen auch bei erhaltenswerten Gebäuden prüfen. Nicht geschützte Rückfassaden dämmen. Denkmalbehörde einbeziehen. M16 Typische bauzeitliche Gestaltungsmerkmale (auch ohne Schutzstatus) exemplarisch erhalten. "Stil“ der Gebäude nur maßvoll verändern, z.B. Farben und Putzstrukturen angleichen. Anschlüsse proportionsgerecht ausführen. Fensterteilungen und Türen originalgetreu oder passend erneuern M17 Details, die das Flair des Stadtteils wesentlich mitgestalten: Details abmontieren und neu verwenden, soweit möglich M18 Dämmmaßnahmen baurechtlich (über Satzungen, Ausnahmen) ermöglichen 6 Stadtstruktur, Verbindungen und Freiräume M19 Nord-Süd-Verbindungen attraktiver machen M20 Gestaltungsschwerpunkt setzen: von Maihälden zur Enz M21 Westliche Karl-Friedrich-Straße Fußgänger- und Fahrrad-gerecht machen M22 Südliches Enzufer mit den umliegenden Stadträumen verknüpfen M23 Blockinnenbereiche aufwerten 79 Pforzheim-Weststadt 7 Mobilität M24 Mobilitätskonzept erstellen M25 Fahrrad-Nord-Süd-Verbindung ausbauen M26 Netz der Fahrrad-Verleihstationen ausbauen 8 Stadtklima M27 Hitzeinseln entschärfen M28 Klimaanpassungsstrategie für die Weststadt erarbeiten 9 Bebauung Messplatz wird nicht weiter verfolgt M29 Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept für den Messplatz M30 Auf die besonderen Entwicklungspotenziale des Messplatzes eingehen: neue Wohnformen, Einzelhandel, Gewerbe, Stadtraum-Verknüpfungen, Zentrenbildung, Enzauen, Mobilität, Stadtklima, Fernwärme M31 Studienarbeiten zur Bebauung des Messplatzes weiter diskutieren 10 Akteursvernetzung, Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit M32 Energieforum Pforzheim fortsetzen M33 Kooperation mit dem Quartiersmanagement in der Kaiser-Friedrich-Straße M34 Wohnungsunternehmen: Wärmeversorgung in den Mittelpunkt stellen M35 Wohnungsunternehmen: Information der Mieter zum Energiesparen verstärken M36 Einzeleigentümer als wichtige Akteure gewinnen: Energieberatung intensivieren M37 Intensive Öffentlichkeits- und Pressearbeit M38 Internet: eigene Seite auf der Homepage der Stadt einrichten M39 Besondere Marketingmittel: Das Thema Energie und Klimaschutz bei den Bürgerinnen und Bürgern präsent machen 80 Pforzheim-Weststadt 6.2 Aufgaben des Sanierungsmanagements Die Stadt Pforzheim möchte die mit diesem Quartierskonzept begonnene Arbeit zur energetischen Stadtsanierung von einem aus dem KfW-Programm geförderten Sanierungsmanagement fortführen lassen. Die Förderkonditionen dazu wurden im Juli 2013 von der KfW angepasst. Ein Sanierungsmanagement wird jetzt für maximal drei Jahre bis zu einem Höchstbetrag von 150.000 Euro bezuschusst, wobei der Zuschuss 65 Prozent der förderfähigen Kosten beträgt. Die Arbeit wird in den die Schwerpunkten Initiierung von Umsetzungsmaßnahmen, Koordination der Projektbeteiligten, Beratung (teilweise auch Energieberatung) und Öffentlichkeitsarbeit umfassen. Wichtigste Aufgabe ist es, die in Kapitel 5 beschriebenen Handlungsfelder und Maßnahmen zu initiieren, voranzutreiben und umzusetzen. Das Sanierungsmanagement kann entsprechend den Förderkriterien der KfW sowohl von einer externen Fachperson übernommen werden als auch von der Stadtverwaltung selbst. Es wird die koordinierende Schnittstelle zwischen Stadtverwaltung, Stadtwerken, Dienstleistern, lokalen Akteuren und Eigentümern sein. Es sollte mindestens als Halbtages-, besser Ganztagesstelle eingerichtet sein und mit einer Fachperson mit Qualifikationen im Projektmanagement, in der Koordination und insbesondere in der Kommunikation besetzt sein. Die Person soll ausreichend Erfahrung in mehreren der folgenden Bereiche mitbringen: Energiemanagement, Energieeinsparung, Energieversorgung, energetische Sanierung von Gebäuden, Stadtentwicklung, Stadtumbau- oder Quartiersmanagement, Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Beratung und Beteiligung. Selbständiges Arbeiten, gute kommunikative Fähigkeiten und sicheres Auftreten sind von großem Nutzen für die anstehenden Aufgaben. Eine einladende und attraktive Präsenz im Sanierungsgebiet sollte durch ein temporäres oder dauerhaftes Büro erreicht werden, das als zentrale Anlaufstelle dient. Hierfür bietet sich die Kooperation mit dem Quartiersmanagement des Sanierungsgebietes Soziale Stadt in der KaiserFriedrich-Straße an, um personelle und räumliche Synergien auszuschöpfen. 6.3 Qualitätssicherung und Monitoring Das Sanierungsmanagement ist das Projektmanagement und somit die zentrale Stelle zur Umsetzung des Integrierten Quartierskonzepts. Die Einsetzung eines Kümmerers und Koordinators ist die wesentliche Grundlage zur Qualitätssicherung. Zielwerte festlegen und überprüfen Aufgabe des Sanierungsmanagements ist es, in Abhängigkeit von den gewählten Maßnahmen aus dem Integrierten Quartierskonzept zur Wirkungskontrolle ein geeignetes Monitoring-Konzept weiter auszuarbeiten. Dies soll in enger Abstimmung mit mindestens dem Planungsamt, dem Umweltamt und dem Klimaschutz-Management erfolgen. Dies können zum Beispiel die Zahl der Energieberatungen, die Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen – beispielsweise durch die erreichte Sanierungsrate – sein. Hierfür sind 2% pro Jahr ein erfolgreicher Wert (im Vergleich: Durchschnitt in Deutschland 1 %). Zur Überprüfung der Zahl und Art der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen ist es erforderlich, eine jährliche Erhebung im Untersuchungsgebiet zu machen. Die Erhebung kann unterstützt werden durch eine Auskunftspflicht derjenigen Bauherren, die eine geförderte Energieberatung in Anspruch genommen haben. Eine CO2-Bilanz auf der Basis tatsächlicher Verbräuche ist nur unter erheblichem Aufwand und umfangreicher Auskunft der vielen Eigentümer (beispielsweise zu Energieträgern) zu bewerkstelligen und daher eher unrealistisch. Verstetigung Zu einer soliden Strategieentwicklung gehört auch, von Anfang an über das Projektende hinaus zu denken, wenn die Arbeit des Sanierungsmanagements beendet ist: tragfähige Strukturen, Personen und Netzwerke, die die wesentlichen Ziele und Erkenntnisse aus dem Projekt fortführen. 81 Pforzheim-Weststadt 6.4 Übertragbarkeit auf andere Stadtteile: Der städtebauliche Werkzeugkasten Teilweise sind die Vorgehensweisen, die in der Weststadt entwickelt wurden, auf andere Stadtteile leicht übertragbar, teilweise bleiben sie spezifische Quartiersthemen. Um die Übertragbarkeit auf die Gesamtstadt sicher zu stellen, wurden oben bereits erläuterte und mögliche weitere Herangehensweisen in einem "Städtebaulichen Werkzeugkasten" zusammengefasst. Er soll helfen, die wichtigsten Arbeitsschritte strukturiert anzugehen, und die Übertragbarkeit auf die gesamtstädtische Ebene erleichtern. Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung Grundlagen für das Handeln schaffen Beitritt Klimabündnis usw. Klimaschutzziele festlegen Zieldefinition, Beschlussfassung Gemeinderat Rahmenplan Energetische Stadtsanierung Quartiersentwicklung festlegen Aufstellung Leitlinien, Ziele und (grobe) Maßnahmen Energieleitlinie für eigene Liegenschaften Klimaschutz in eigenen Liegenschaften, Vorreiterrolle der Kommune etablieren Aufstellung einer Energieleitlinie, Umsetzung durch das Gebäudemanagement und Kommunikation der Leitgedanken und Erfolge (Betreiber v.a. öffentlicher Gebäude) Motivation Stadt als Vorreiter bei Klimaschutz etablieren Öffentlichkeitsarbeit durch Klimaschutzleitstelle, Pressestelle. Regelmäßige Veröffentlichungen, Aktionen, Logo usw. Energieberatung Bekanntheit der Fördermöglichkeiten steigern Vortrag, ständige Beratung durch IHK; Energieberatungsstelle Förderberatung Erhalt von Baukultur Information und beim Bauherren Interesse wecken durch Gespräche, Beispiele etc. Information "Dämmen und Baukultur“ Bauherren, Bauträger, Wohnungswirtschaft zum Mitmachen motivieren Gelungene Beispiele aktiv einbringen und vermarkten. Für die breite Information zu einfach reproduzierbaren Beispielen sind "good practice"-Beispiele oft besser als "Leuchtturmprojekte" „good practice“ Projekte veröffentlichen und fördern Darstellung von – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – gelungenen Beispielen, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Motivation verbessern Zur allgemeinen Motivation sind "good practice“ -Beispiele oftmals wichtiger als Leuchtturmprojekte, da sie auf dem Boden der breiten Umsetzbarkeit gründen. Hierbei spielen auch Fragen der wirtschaftlichen Umsetzbarkeit eine große Rolle. Öffentlichkeitsarbeit 82 Pforzheim-Weststadt Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung Leuchtturmprojekte darstellen Innovationen darstellen Um (technische) Innovationen und/oder neue Wege aufzuzeigen, sind solche Projekte unverzichtbar. Sie genießen hohe Aufmerksamkeit und sind Motivator. Einbindung und Vernetzung der Akteure Akteursgespräche mit Fragebogen oder Checkliste Lokale Akteure finden und einbinden Aktivitäten, Akteure und Multiplikatoren gezielt ansprechen, zum Gespräch aufsuchen, kennenlernen, in weitere Arbeitsschritte einbinden Energieforum Stadtwerke, Wohnungswirtschaft, betroffene Ämter einbinden Gesprächsrunde mit den Akteuren Gestaltungsbeirat Gestaltung diskutieren und sichern Ein Gestaltungsbeirat aus motivierten und fachkundigen Planern, Architekten u.ä. kann sowohl im Sanierungsfall als auch im Neubaubereich wichtige Impulse geben Sanierungsmanagement / Quartiersmanagement Umsetzung und Verstetigung der Aktionen Neues Angehen In vielen Prozessen besteht die Gefahr, dass nach anfänglich großem Zulauf der Prozess versandet. Hier kann ein/e Sanierungsmanager/in als dauernder Ansprechpartner und "Kümmerer“ für Umsetzung, Verstetigung und für neue Aktionen sorgen Grundlagenermittlung, Datensammlung (Input) Akteursgespräche mit Fragebogen oder Checkliste Wie funktioniert der Stadtteil? Stärken und Schwächen, Stolpersteine identifizieren Aktivitäten, Akteure und Multiplikatoren gezielt ansprechen, zum Gespräch aufsuchen, kennenlernen, in weitere Arbeitsschritte einbinden Begehung zur Bestandsanalyse Überblick über den Gebäudezustand, besondere Gegebenheiten und Charakter des Ortes bekommen Baualtersklassen zuordnen und Sanierungszustand aufnehmen Schornsteinfegerdaten Verbrauchsdaten- und Energieträger-Analyse Bezirksschornsteinfegermeister und Innung ins Boot holen Fragebogen an Eigentümer und Haushalte Verbrauchsdaten- und Energieträger-Analyse Repräsentative Umfrage EVU Gute Kenntnis des Energieverbrauchs des Stadtteils Verbrauchsdaten der Energielieferanten (vor allem der Primärversorger z.B. Stadtwerke) einbinden 83 Pforzheim-Weststadt Werkzeug Ziel Gebrauchsanleitung Gebäudetypologie Gebäude in der Stadt / dem Stadtteil klassifizieren Neben der reinen Klassifizierung, die für viele Städte direkt oder ausreichend genau vorhanden ist, ist die Erstellung (und ggf. die Verortung) der Gebäudezahlen wichtige Grundlage des Handelns. Ortsanalysen Energieverbraucher und Energiegewinnung identifizieren, abstimmen. Potenziale ermitteln Durch verortete Analysen wird gezieltes Handeln möglich. Hieraus ergibt sich eine wichtige Ergänzung zu stadtweiten Aussagen z.B. eines Klimaschutzberichts. Datenanalyse, Potenzialermittlung (Output) Begehung Baudetailkatalog Überblick über die Kategorien Denkmalschutz, Gestaltungsmerkmale, Details Katalogisieren Analyse Sozialstrukturen Erreichbarkeit der Eigentümer und Wohnungsnutzer abschätzen. Je nach Alter, Haushaltsgröße, sozialer Lage etc. unterschiedliche Interessen Städtische Daten verwenden und aufbereiten. Potenzialkarte Einsparpotenziale identifizieren Aus Bestandsanalyse und Zustandsszenario Potenzial berechnen Handlungskonzept und Maßnahmen Bebauungsplan, weitere Satzungen Konflikt zwischen Wärmeschutz und Überschreitung der Grundstücksfläche abmildern B-Plan aufstellen, ändern: Ausnahmen zulassen: Einbindung Baurechtsamt, Beschlussfassung Gemeinderat Versorgungskarte (z.B. Energieträger) aufstellen Ausbau der regenerativen Energieträger, Ausbau Fernwärme Aktiv in die Wärmeversorgung des Stadtgebiets einsteigen und steuern. Gespräche mit Makro-Akteuren (z.B. Stadtwerke) Energieverbrauchskarten und Energiebedarfskarten, Potenzialkarten Energieverbrauch und Energieerzeugung (verortet) identifizieren Hieraus ergeben sich örtlich bezogene Handlungsempfehlungen. Integriertes Entwicklungskonzept Synergien generieren: a. Klimaschutz, Energieeinsparung und -effizienz b. Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität: - Wohnkomfort Gebäude - Wohnumfeld c. Verkehr verringern: - kurze Wege erleichtern - Nahversorgung - alternative Mobilität Auswahl eines geeigneten Gebietes auf der Grundlage einer gesamtstädtischen Schau: - wo sind größten Einsparpotenziale - wo bestehen die größten Chancen auf Umsetzbarkeit (Erreichbarkeit der Eigentümer, Ausbau der (Fern-) Wärmeversorgung usw. - wo ist die größte Vorbildwirkung zu erwarten - Städtebaulicher Werkzeugkasten 84 Pforzheim-Weststadt 7 Literatur Aminde, Jochen (2011): Der Energienutzungsplan – Ein neues Planungsinstrument auf dem Prüfstand. Masterarbeit an der Hochschule für Technik Stuttgart. Stuttgart. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG), das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) sowie die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (OBB im StMI). (2011): Leitfaden zur Erstellung eines Energienutzungsplanes. München BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2012): Energetische Sanierung: Denken im Quartier. Berlin. BDA Bund Deutscher Architekten (Hrsg.) (2013): Stadtquartiere sanieren: Sozial Ökologisch Ästhetisch. Berlin. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS); Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Hrsg.) (2009): Ursachen und Folgen des Klimawandels durch urbane Konzepte begegnen Skizzierung einer klimawandelgerechten Stadtentwicklung. BBSROnline-Publikation 22/2009. urn:nbn:de:0093-ON2209R158 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (2011): stadt:pilot spezial. Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz in der Stadt von morgen. Berlin/Bonn. Erhorn-Kluttig, Jank und 8 weitere Autoren (2011): Energetische Quartiersplanung, Methoden – Technologien – Praxisbeispiele. Stuttgart Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (2010): Energie und Ortsplanung, Arbeitsblätter für die Bauleitplanung. München Staatsministerium Baden-Württemberg (2013): Eckpunkte für eine Novellierung des EWärmeG nach Kabinettsbeschluss vom 11. Juni 2013. Stadt Pforzheim (2011): Rahmenplanung Weststadt. Bearbeiter Weeber+Partner, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung. Stuttgart Pforzheim-Weststadt 85 8 Quellen [EU 2002/91/EG] Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Brüssel, 4. Jan. 2003 [EnEV 2009] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung, Neufassung vom 29. April 2009). Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil 1 Nr. 23, Bonn 30.April 2009. [EnEV 2014] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung, nach dem Beschluss vom 16.10.2013). Noch nicht amtlich veröffentlcht. [EnEV RegelnNiWo09] Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und der Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand. Vom 30. Juli 2009. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung [EWärmeG-BW2007] Gesetz zur Nutzung erneuerbarerWärmeenergie in BadenWürttemberg (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWärmeG). Gesetzesbeschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 7. Nov. 2007. Drucksache 14 / 1969. [EEWärmeG-2009] Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz EEWärmeG). 1. Jan 2009 [Nahwärme BaWü] Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (Hrsg.). Nahwärmekonzepte. Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien. Stuttgart 2007. [LF KomKlimaschutz] Difu - Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Hrsg.) Praxisleitfaden Klimaschutz in Kommunen. Berlin, 2011. [LF EnergStadt] BMVBS - Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.). Handlungsleitfaden zur Energetischen Stadterneuerung. Berlin, Juni 2011. [KEA 2011] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest. Klimaschutzkonzept für die Stadt Pforzheim. KEA 12-2011 [KEA 2011-2] Bieber, H., V. Kienzlen, Th. Steidle, C. Vasseur, H. Wiest. Klimaschutzkonzept Pforzheim Maßnahmenkatalog. KEA 2011 [KEA BM 2011] "Aktionsplan für nachhaltige Energie“ (Sustainable Energy Action Plan – SEAP) der Stadt Pforzheim für den Konvent der Bürgermeister. 19.4.2011. [RP Karlsruhe 2006] Luftreinhalte-/Aktionsplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe. Regierungspräsidium Karlsruhe 2006. [RP Karlsruhe 2012] Fortschreibung Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Karlsruhe. Regierungspräsidium Karlsruhe 2012. [VEP 2009, Kurzfassung] Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH Aalen/Stuttgart. Verkehrsentwicklungsplan Stadt Pforzheim 2009 86 Pforzheim-Weststadt 9 Anhang 9.1 Entwurf für ein Leitbild zur nachhaltigen und energieeffizienten Stadtplanung in Pforzheim Präambel Der Klimawandel ist eines der größten und in weiten Bereichen nicht mehr zu vermeidenden Probleme, dem die Weltgemeinschaft gegenübersteht. Hauptursache der globalen Erwärmung ist die Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Klimaschutz fällt dabei nicht allein in die Zuständigkeit von Staatsregierungen. Auch auf kommunaler Ebene bestehen Gestaltungsspielräume zur Einflussnahme auf die Arten der Energiegewinnung und auf die Menge der Energieverbräuche. Städte und Gemeinden können beim Klimaschutz beispielhaft vorangehen, geeignete Rahmen setzen sowie ihre Bürger sachverständig informieren und beraten. Leitbild Die Stadt Pforzheim verpflichtet sich dem Leitbild einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Stadtplanung. Zukünftig sollen die Flächennutzungsplanung, die Bebauungsplanung und informelle städtebauliche Planungen auf ihre Auswirkungen auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und Klimaschutz geprüft werden. Ziele einer nachhaltigen und energieeffizienten Stadtentwicklung ¯ Der Flächenverbrauch soll begrenzt werden. Die Innenentwicklung genießt Vorrang gegenüber ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ der Erschließung von weiteren Baulandflächen: "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" Es soll eine kompakte und verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur erreicht werden. Bei der Erschließung von neuen Baulandflächen ist eine ressourcenschonende Konzeption zu wählen. Mit einem klimagerechten Städtebau sollen Bodenversiegelungen reduziert und ein günstiges Kleinklima geschaffen werden. Durch eine „Stadt der kurzen Wege“ soll die Nutzungsmischung und die Reduzierung des MIVAufkommens gefördert werden. Es sollen ressourcenschonende Verkehrsmittel (Fahrrad, ÖPNV usw.) besonders unterstützt werden. Der Bebauungsplanung werden energieeffiziente Siedlungskonzepte und eine klima- und umweltfreundliche Energieversorgung zugrunde gelegt. Wo technisch und wirtschaftlich sinnvoll, sollen gegenüber den gesetzlichen Standards erhöhte energetische Standards festgelegt werden. Die Wärmeversorgung der Gebäude soll mit einem hohen Anteil regenerativer Energie erfolgen Der Ausbau regenerativer Energiegewinnung vor Ort soll unterstützt werden In der Stadtentwicklung sollen bedarfsgerechte Wohnformen gefördert werden In der Stadtentwicklung soll das barrierefreie Wohnen im Innen- und Außenbereich unterstützt werden. Pforzheim-Weststadt 87 Wegweiser Zur Umsetzung des städtischen Leitbilds für eine nachhaltige und energieeffiziente Stadtplanung in Pforzheim bieten die folgenden Wegweiser eine wichtige Orientierung: ¯ Die kompakte Stadt mit hinreichend hoher städtebaulicher Dichte: Eine kompakte, sich vor- ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ nehmlich nach innen entwickelnde Stadt verringert die Ausweitung der Siedlungsfläche und damit die Ausgesetztheit von Siedlungsflächen gegenüber Klimaänderungen. Gleichzeitig bleiben dadurch CO2-Senken im Freiraum bestehen. Eine kleinräumige Mischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Freizeit im Vergleich zu gering verdichteten und monofunktionalen Quartieren am Stadtrand oder im Umland: Die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems kann auf diese Weise auch dann erhalten bleiben, wenn einzelne Teile vorübergehend ausfallen. Ein engmaschiges Infrastrukturnetz zur Energieversorgung mit vielen Knoten bietet die Voraussetzung für den Einsatz dezentraler Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien und somit zur Minderung von CO2-Emissionen. Verringerung des Ressourcenein- und umsatzes, Abfall- und Verkehrsvermeidung zur Minderung von CO2-Emissionen. Erhöhung der Robustheit neu entwickelter Siedlungsflächen: Eine erhöhte Robustheit kann den negativen Einfluss klimabedingter Extremwetterereignisse oder schleichender Umweltveränderungen verringern. Die durchgrünte Stadt bietet die Voraussetzung für ein angenehmes Stadtklima. Soziokulturelle Leitbilder: Neben Aspekten der Stadtplanung gehört auch der gesellschaftliche Wertekanon zum Leitbild einer klimagerechten Stadt. Modelle für nachhaltigere Lebensstile oder die aktive Übernahme von Verantwortung für kommende Generationen erweitern diesen Wertekanon und sind wichtiger Bestandteil einer Richtschnur hin zur klimagerechten und energieeffizienten Stadt. Vorgehen zur Weiterentwicklung und Verabschiedung des Leitbildes Damit das Leitbild seine Funktion als Richtschnur für die Stadtentwicklung erfüllen kann, sollte es: ¯ möglichst in Zusammenarbeit sowie im Konsens mit allen Akteuren und Akteurinnen der Stadtentwicklung entstehen, ¯ Bürger und Bürgerinnen bei der Entwicklung des Leitbildes einbeziehen, ¯ ganzheitlich angelegt sein und sich damit im Gleichgewicht befinden zwischen einer systematischen und konzeptorientierten Gesamtstrategie und den einzelnen Strategien der beteiligten Akteure (z. B. Wohnungsunternehmen, Energieversorger, aktive Bürgergruppen und Vereine). (s. Deutscher Städtetag, S.14), ¯ in eine zielgerichtete Umsetzung und Prozessgestaltung eingebettet sein, ¯ durch ein funktionierendes Monitoring begleitet werden, ¯ in der Erstellung sowie bei der Umsetzung personell und finanziell hinterlegt sein, ¯ durch den Beschluss politischer Entscheidungsträger legitimiert werden. Danach kann das Leitbild als Grundlage für alle raumrelevanten Planungen dienen (s. BBSR 24/2009, S.7). (Quelle: Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder / Alianza del Clima e.V., http://www.klimascout.de, 7.2.2014) 88 Pforzheim-Weststadt 9.2 Zur Methodik der energetischen Gebäudeanalysen Ziel ist es, nach Möglichkeit flächendeckend Bilanzen nach verschiedenen Sektoren (Wohnen, Gewerbe etc.) sowie verschiedenen Energieträgern (Fernwärme, Strom, Gas etc.) aufzustellen. Hierbei können grundsätzlich verschiedene Ansätze gewählt werden. 1 Verbrauchsanalyse Die Verbrauchsanalyse basiert auf Messwerten, wie z.B. dem Endenergieverbrauch Gas für Gebäudebeheizung und Warmwasser. Diese Werte stehen in der Regel nicht zur Verfügung oder können aus Gründen des Datenschutzes nicht gebäudeweise übermittelt werden. 2 Bedarfsanalyse Bedarfswerte sind Rechenwerte, die auf standardisierten Annahmen über Gebäude und Nutzung beruhen. Alle rechnerischen Nachweisverfahren, z.B. EnEV, basieren auf Bedarfsberechnungen. Bei städtebaulichen Analysen stützen sich Bedarfsberechnungen auf die musterhaften Berechnungen anhand von Typengebäuden nach Baualter, Größe, erneuerte Elemente etc. 3 Top-Down-Methode Hierbei werden landes-, kreis- oder stadtspezifische Daten auf Quartiersebene heruntergebrochen. Es ist klar, dass bei dieser Methode quartiersspezifische Eigenheiten verloren gehen. Im Kontext von Quartierskonzepten kann diese Methode allenfalls hilfsweise zum Einsatz kommen. 4 Bottom-Up-Methode Ausgehend vom einzelnen Gebäude werden Daten auf möglichst feinem Raster (Gebäude, Liegenschaft) erhoben und summiert. Der Datenschutz kann bei dieser Methode problematisch sein. Zudem stehen die Daten oft nicht so fein zur Verfügung. Vor- und Nachteile der Verbrauchs- und Bedarfsanalyse sind in Tab. 9 gegenübergestellt. Es ist klar, dass die Bilanz nicht ausgeglichen sein kann. Der Stadtteil (und auch Pforzheim) versorgt sich nicht selbst mit Energie für Gebäudeheizung und Gebäudebetrieb. Ziel der Analysen ist vielmehr, die Möglichkeiten der Bedarfsreduktion auszuloten und eine möglichst umfassende regenerative Versorgung sicherzustellen. Vorteil Bedarf Nachteil Vorteil Verbrauch Nachteil Tab. 9 Kann sehr gut Bottom-Up für Quartiere (mit begrenzter Gebäudeanzahl) angewandt werden Kann ohne Kenntnis der Verbrauchsdaten ermittelt werden Kann flächendeckend ermittelt werden Ermöglicht Potenzialermittlung Ungenauer als Verbrauchsanalyse (aufgrund beschränkter Kenntnis über Gebäude, Nutzung) Beinhaltet nicht den Energieträger der Versorgung Ohne Energieträger keine CO2 Bilanz möglich Schwierig für wenig standardisierte Sektoren, Gewerbe, Denkmäler usw. Liefert auch Energieträger Berücksichtigt Nutzung sehr gut Auch bei Gewerbe etc. Witterungsbereinigung muss durchgeführt werden, Bilanzzeitraum für ca. 3 Jahre Liegt in der Regel nicht flächendeckend vor Datenschutz muss beachtet werden Potenzialanalyse nur sehr ungenau über Benchmarks möglich Vergleich Verbrauchs- und Bedarfsanalyse (Auswahl). Quelle ebök Pforzheim-Weststadt 89 9.3 Was bedeuten die energetischen Fachbegriffe Bei der Benennung energetischer Größen meint Verbrauch gemessene Größen. So ist z.B. der Endenergieverbrauch Gas eine am Zähler ablesbare Größe. Berechnete energetische Größen werden dagegen mit Bedarf bezeichnet. Der oben genannte Heizenergiebedarf (oder Heizwärmebedarf) ist z.B. die berechnete Menge an Wärme (Nutzenergie s.u.), die an die Räume eines Gebäudes zur Beheizung abgegeben wird. Im städtebaulichen Kontext wird der Energiebedarf in absoluten Größen der Jahresarbeit (Megajoule MJ/a oder Megawattstunden MWh/a) angegeben. Spezifische Größen eines Gebäudes beziehen sich in der Regel auf die Nutzfläche eines Gebäudes in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²a)). Für die Versorgung, insbesondere bei zentralen Varianten, ist neben der Jahresarbeit die nachgefragte Leistung wichtig. Sie wird in MW angegeben. Folgende Begriffe sind im Zusammenhang mit der Beurteilung des Energiebedarfs gebräuchlich: Nutzenergiebedarf: Errechnete Menge an Energie (oder Wärme), die von der Heizungs- oder Warmwasseranlage geliefert wird. Endenergiebedarf: Die der Heizung, Warmwasseranlage oder auch elektrischem Gerät jeweils zugeführte Menge an Öl, Gas, Strom usw. Der Endenergiebedarf enthält also alle anlagenspezifischen Verluste. Er entspricht der (errechneten) Energiemenge, die vom Energieversorger bezogen wird. Primärenergiebedarf: Hierzu werden alle Energieträger (Wärme, Strom etc.) auf die bei der Erzeugung benötigten Mengen an Primärenergieträgern (Öl, Gas, usw.) bezogen. Der Primärenergiebedarf enthält also neben den anlagenspezifischen Verlusten auch die bei der Erzeugung und Verteilung auftretenden Verluste wie z. B. die Verluste bei der Stromerzeugung im Kraftwerk und Verteilung im Stromnetz. Der Primärenergiekennwert ist der eigentlich umweltrelevante Wert, daher bezieht sich auch die Energieeinsparverordnung darauf. Primärenergiefaktor des Energieträgers: Das Verhältnis von (gelieferter) Endenergie in kWh zu Primärenergieaufwand in kWh des jeweiligen Energieträgers. Anlagenaufwandszahl: (Primärenergiebezogene). Die Anlagenaufwandszahl ist eine Kenngröße der Wärmeversorgungsanlage. Sie gibt das Verhältnis der (gelieferten) Nutzenergie zum Primärenergieaufwand an. Die Anlagenaufwandszahl ist abhängig vom Energieträger der Versorgung, den Anlagengüte, sowie dem Betrieb (der Nutzung) der Anlage. Heizwert, Brennwert: Der Heizwert (oder untere Heizwert Hi, früher Hu) ist die bei einer Verbrennung maximal nutzbare Wärmemenge, ohne dass es zur Kondensation des im Abgas enthaltenen Wasserdampfes kommt, bezogen auf die Menge (in Litern, m² usw.) eingesetzten Brennstoffs. Kommt es zum Auskondensieren des Wasserdampfes, so wird die im Dampf latent gebundene Wärme zusätzlich frei und man spricht vom Brennwert (oder oberen Heizwert Hs, früher Ho). Brennwertgeräte nutzen genau diesen Effekt der Kondensation. Abhängig von der bei der Verbrennung enthaltenen Wassermenge arbeiten sie daher mit höherem Wirkungsgrad. Das CO2-Äquivalent ist die Summe der Treibhauseffekt-wirksamen Emissionen, welche die gleiche Wirkung wie die angegebenen Menge CO2 besitzt. Das CO2-Äquivalent wird spezifisch für jeden Brennstoff angegeben. Damit lassen sich die Äquivalentmengen und damit die Umweltwirksamkeit eines (End-) Energieverbrauchs angeben und bewerten. 90 Pforzheim-Weststadt 9.4 Was bedeutet Potenzialanalyse Im diesem Arbeitsschritt des Quartierskonzeptes werden Energieeinspar- und Effizienzpotenziale abgeschätzt. Um welches Potenzial handelt es sich? Insgesamt werden üblicherweise verschiedene Potenzialebenen unterschieden: Abb. 68: Darstellung der unterschiedlichen Potenziale und Potenzialbegriffe Quelle: Praxisleitfaden "Klimaschutz in Kommunen" Das theoretische Gesamtpotenzial umfasst das gesamte physikalisch nutzbare Energieangebot in einem zeitlich und räumlich festgelegten Betrachtungsraum, wie z.B. die maximal mögliche Dämmung (z.B. Passivhaus) oder die von der Sonne auf die Erdoberfläche eingestrahlte Energie (Globalstrahlung). Dieses Potenzial ist mehr als eine theoretische Obergrenze aufzufassen, da aufgrund verschiedener Restriktionen (z.B. technische oder wirtschaftliche) in der Regel nur ein deutlich geringerer Teil genutzt werden kann. Das technische Potenzial beschreibt den Teil des theoretischen Potenzials, der unter den wesentlichen technischen Restriktionen genutzt werden kann. Dies sind zum Beispiel konstruktive Grenzen der Dämmung im Gebäudebestand oder die mögliche in nutzbare Energieformen umgewandelte Globalstrahlung. Das wirtschaftliche Potenzial beschreibt den Teil des technischen Potenzials, der unter ökonomischen Gesichtspunkten umgesetzt werden kann. Das sind zum Beispiel wirtschaftliche Grenzen der Dämmung oder Nutzung der Solarenergie. Nur wenn das Kostenverhältnis positiv ist, werden z.B. Dämmung oder Solaranlagen auch installiert werden. Dieses Potenzial ist somit stark von den Energiepreisen, den Kosten und möglichen Förderbedingungen abhängig. Diese Faktoren sind zeitlichen Veränderungen unterworfen und damit ist dieses Potenzial eher eine Momentaufnahme und kann sich im Laufe der Zeit in alle Richtungen verändern. Schließlich werden nicht alle wirtschaftlichen Potenziale gleich umgesetzt. Bei der Dämmung und Solaranlagen sind z.B. der begrenzende Faktor die jährlichen Sanierungsquoten oder mögliche gestalterische oder rechtliche Restriktionen wie beispielsweise der Denkmalschutz. Letztendlich ist dieses erschließbare Potenzial nur noch ein Bruchteil der Energie, die im theoretischen Potenzial zur Verfügung steht. Da die Aussagekraft des theoretischen und wirtschaftlichen Potenzials allein nicht zielführend für das Quartier ist, wird auf das wirtschaftliche Potenzial zusätzlich eingegangen, eingeschränkt durch die derzeit bekannten Restriktionen aus der Denkmalpflege. Pforzheim-Weststadt 91 9.5 Wege der Energie – wie können Effizienzpotenziale erschlossen werden Effizienzpotenziale sollten in der Reihenfolge der Energieentwicklung erschlossen werden, d.h. beginnend vom eigentlichen Nutzen über die Erzeugung zur Gestehung (Abb. 69). Energiemanagement und Energieeffizienzansätze müssen notwendigerweise in allen Ebenen ansetzen, es bestehen jedoch nicht in allen Ebenen Handlungsmöglichkeiten. Abb. 69 Wege der Energie Quelle: DIN 4701-10 In der kalten Jahreszeit muss durch die Heizung in Nutzräumen eine (konstante) Innentemperatur aufrechterhalten werden. Dazu ist eine Wärmeabgabe z.B. aus den Heizkörpern notwendig. Die Wärmemenge wird durch die Höhe der Wärmeverluste bestimmt, die in erster Linie aus der Qualität der Gebäudehülle (Fenster, Außenwand etc.) resultieren. Dieser Nutzwärmebedarf wiederum wird anlagentechnisch erzeugt (durch eine wie auch immer geartete Heizungsanlage). Es ist klar, dass die Energiemenge in Einheiten von Energieträgern wie Erdgas, Heizöl, Strom, aber auch Fernwärme größer ist als die Nutzenergie, da bei der Erzeugung und Verteilung Verluste auftreten. Der Verbrauch von Energie besitzt in Abhängigkeit vom verwendeten Energieträger unterschiedliche Wirksamkeit bezüglich Gesamtbilanz der (unter Umständen weltweit verteilten) Erzeugung und der Relevanz für das Klima. Entscheidend ist der Aufwand an nicht-regenerativen (in der Regel fossilen) Energien für Erzeugung, Bereitstellung und Transport. Sonnenernergie CO2 H2O Holz Wärme Asche (Mineralstoffe) Abb. 70 Kreislauf erneuerbare Energien am Beispiel Holzenergie. 92 Pforzheim-Weststadt Im Gegensatz zu fossilen Energien wie Erdöl, Erdgas etc. erneuern sich regenerative Energien (Holz, Biogas, Sonne etc.) in absehbarer Zeit. Da kein zusätzliches (fossil gebundenes) CO 2 frei wird, spricht man auch von CO2-Neutralität. Daraus ergibt sich jedoch nicht der Schluss, dass die Effizienz zweitrangig ist. Gerade die Beschränktheit der alternativen Energien (in Menge oder Arbeit sowie in der zur Verfügung stehenden Leistung) bedingt notwendig eine hocheffiziente Technik für Gebäude, Versorgung und Verkehr. Damit wurden bereits die beiden wichtigsten Ansatzpunkte für Effizienzsteigerungen genannt: Erstens die Minimierung der Wärmeverluste und zweitens die Erhöhung des Regenerativanteils. Darüber hinaus sind auch die Erzeugungsverluste zu minimieren. 9.6 Einflussmöglichkeiten auf die Erschließung von Effizienzpotenzialen EFH, DH, RH MFH Wohnen Wohnen Wohnen GHD/Wohnen GHD x Citybebauung Büro/Verwaltung Gewerbebauten, Industriebauten, Sonderbauten Produktion Öffentliche Sonderbauten Akteure Einfluss Mäßig Gut Mäßig Wenig Wenig Gewerblich Sektor Vermietet Gebäude Öffentlich / öff. Hand Eigentum/Selbstgenutzt Der Einfluss der Kommune auf die Gebäudeeigner und -nutzer ist sehr unterschiedlich. Neben dem allgemeinen Gesetzes- und Regelwerk, welchem Gebäude- und Anlagentechnik in jedem Fall unterliegen wie z.B. Mindestwärmeschutz nach DIN, Energieeinsparverordnung oder ErneuerbareEnergien-und-Wärmegesetz, kann die Kommune per Satzungsbeschluss nach Baugesetzbuch Einfluss nehmen. Dies ist vor allem im Bereich der Energieversorgung (Anschluss- und Benutzungszwang, Verbrennungsverbot etc.), weniger im Fall ambitionierter energetischer Standards der Gebäudehülle, der Nutzung usw. möglich. Nur im Falle einer Veräußerung können über privatwirtschaftliche Verträge und städtebauliche Verträge dezidierte Vereinbarungen getroffen werden. Dieses Instrument sollte daher wo möglich angewandt werden. Keinen Einfluss hat die Kommune auf Nutzung, Wohnungsgrößen, Innentemperaturen etc. Hier liegen die Handlungsmöglichkeiten vor allem im Bereich der Beratung und Bildung. Daher ist es wichtig, gute Beispiele zu kommunizieren. Förderungen, kommunal oder durch andere öffentliche Träger, sind wichtige Anschubhilfen. In der Kommunikation ist es auch enorm wichtig, dass die Kommune mit gutem Beispiel vorangeht. Bei eigenen Gebäuden, welche auch selbst bewirtschaftet werden, kann nicht nur direkter Einfluss genommen werden, sondern es können auch gut vorzeigbare Beispiele generiert werden. Eine Energieleitlinie zeigt und manifestiert hierzu den Willen der Stadt [KEA 2011-2] (x) x x x x x x x x x Besitzer WohngsUntern. WEG Gewerbe Gewerbe GHD x x x Gewerbe Wenig Industrie x x x Gewerbe Wenig Öffentliche Sehr gut Öffentliche x Tab. 10 Kommunale Einflussmöglichkeiten zu Erschließung von energetischen Potenzialen im Bestand (Quelle ebök). Pforzheim-Weststadt 93 9.7 Wohnklima und Innenluftqualität Gutes Wohnklima bedeutet rundum warm empfundene Wände ohne Feuchte und Schimmel, was durch guten Wärmeschutz erreicht werden kann. Bauübliche Dämmstoffdicken führen zu ausreichend hohen Oberflächentemperaturen an den Innenoberflächen. An Fehlstellen, Durchdringungen usw. können jedoch Wärmebrücken entstehen, die zu Kondensat und Schimmel führen können. Zur Vermeidung von baupysikalischen Problemen von muss der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 an allen Stellen gewährleistet sein. Insbesondere im Sanierungsfall ist auf eine wärmebrückenarme Ausführung zu achten. Der Wärmeschutz ist vor allem auch bei den Fenstern wichtig. So ermöglicht z.B. eine Dreischeibenverglasung in einem entsprechend guten Fensterrahmen, auch nahezu raumhohe Verglasungen ohne Ausgleichsheizungen auszuführen. Während es bei Zweischeibenverglasungen notwendig ist, im Brüstungsbereich Heizkörper zu installieren, um Zugerscheinungen durch kalte Fallwinde am Fenster entgegenzuwirken, sind die angesprochenen Dreischeiben-Fenster auch im Kernwinter ausreichend warm, um Aufenthaltsqualität auch in der Nähe des Fensters zu bieten. Eine luftdichte Gebäudehülle dient nicht nur der Energieeinsparung, sondern vor allem auch der Vermeidung von Bauschäden durch Kondensationswasser aufgrund von Durchströmungen oder Abkühlung an Bauteilen. Die luftdichte Ausführung der Gebäudehülle ist bereits in der Energieeinsparverordnung festgeAbb. 71 Schimmel in Wohnräumen – ein vermeidbares schrieben. Problem. Quelle: ebök Wohnkomfort bedeutet jedoch auch, dass die Innenluftqualität gut sein muss und nicht durch Feuchte, Gerüche oder Schadstoffe belastet sein darf. Dies lässt sich nur durch ausreichendes Lüften erreichen: Ausgenommen an sehr exponierten Standorten ist die Außenluftqualität immer sehr viel besser als die Raumluftqualität. Fensterlüftung ist zwar ausreichend, aber nicht immer praktikabel Abb. 72 Häufige Schadstoffquellen in Wohnräumen. z.B. bei Abwesenheit oder während der Quelle: Impulsprogramm Hessen. Illustration Stephanie Ziegler Nachtstunden. Insbesondere dann, wenn Räume während der Nachtstunden genutzt werden und/oder wenn das Umfeld lärmbelastet ist, empfiehlt sich die mechanische Lüftung der Räumlichkeiten. Eingesetzt werden können im Wohnungsbau z.B. Abluftanlagen oder Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Lüftung (keine Behandlung der Luft, nur Förderung) darf nicht mit Kühlung oder Klimatisierung (Heizen, Kühlen, Feuchte) verwechselt werden! 94 Pforzheim-Weststadt Dezember, Januar, Februar 4 bis 6 min März, November 8 bis 10 min April, Oktober 12 bis 15 min Mai, September 16 bis 20 min Juni, Juli, August 25 bis 30 min Tab. 11 Empfehlungen für Fensterlüftung alle zwei Stunden. Notwendige Lüftungsdauer für einen Luftwechsel bei StoßLüftung (ganz geöffnetes Fenster bei Windstille) je nach jahreszeitlicher Außentemperatur. Quelle: Hessisches Ministerium für Wirtschaft und Technik (Hrsg.): Energiesparinformationen (8) Lüftung im Wohngebäude. Abb. 73: Funktionsschemata Mechanische Wohnungslüftung. Quelle ebök. Die Nachrüstung von Lüftungsanlagen ist auch im Bestand sinnvoll, in den meisten Fällen technisch möglich und daher zu empfehlen. Nach DIN 1946-6 "Lüftung von Wohnungen“ ist ein Lüftungskonzept für eine Sanierung erforderlich, wenn mehr als 1/3 der Fenster getauscht werden (EFH oder MFH) und wenn mehr als 1/3 der Dachfläche abgedichtet wird (EFH). Der Einbau von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung führt zusätzlich zu einer erheblichen Reduktion des Wärmeenergiebedarfs. An emissionsbelasteten Straßen, sowohl durch Lärm als auch durch Luftschadstoffe wie Staub und Stickoxide, kann eine Lüftungsanlage – vorzugsweise mit Wärmerückgewinnung - auch gezielt zur Verbesserung der Innenluftqualität eingesetzt werden, da nicht mehr unbedingt über geöffnete Fenster gelüftet werden muss. Bei innengedämmten Gebäuden kommt einer korrekt gehandhabten Lüftung sicher erhöhte Bedeutung zu: Bei Innendämmungen oder Gebäudeanschlüssen zwischen gedämmten und ungedämmten Bauteilen wird es häufiger Details im Bereich der minimalen Kantentemperaturen nach DIN 4108-2 geben. Diese sind jedoch bei sichergestellten vernünftigen Innenbedingungen auch schadenfrei. Im Übrigen stellt auch DIN 1946-6 erhöhte Anforderungen an Gebäude und an die nutzerunabhängig zu realisierende Feuchteschutzlüftung, falls Gebäude nicht wärmebrückenarm (im Sinne von Beiblatt 2 zu DIN 4108-2) sind. In diesen Gebäuden kann die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung auch als Kompensation des erhöhten Wärmebedarfs genutzt werden. 95 Pforzheim-Weststadt 9.8 Dokumentationen Weitere Unterlagen zum Projekt sind als Begleit-Dokumentation auf CD beigelegt. Hinweis1: Die Materialien entsprechen dem Entwicklungsstand zum Zeitpunkt der Erstellung. Diese wurden teilweise im Projektverlauf überarbeitet und ergänzt. Die aktuellen Materialien sind dem Endbericht zu entnehmen. Hinweis2: Die Materialen unterliegen dem Copyright der Autoren und sind daher nur zum internen Gebrauch bestimmt. Einer Veröffentlichung z.B. im Internet kann nicht ohne gesonderte Zustimmung der Betroffenen und Copyrightinhaber erfolgen! 9.9 Karten Thema Datum/Nummer Poster Energietag 19.10.2013 W+P Handlungsfelder Städtebau 29.8.2013 W+P Dachformen EK432Pf-DACH-02 1.8 ebök Baualtersklassen EK432Pf-BAK-01 1.8 ebök Denkmal EK432Pf-DENKM-02 1.0 ebök Fassadenoberfläche EK432Pf-FASS-04 1.0 ebök Istzustand Fenster EK432Pf-FE-04 1.1 ebök Geschosse EK432Pf-GESCH-02 1.0 ebök Gebäudenutzung EG EK432Pf-NU-EG-05 1.9 ebök Gebäudenutzung OG EK432Pf-NU-OG-03 1.8 ebök Anschlüsse Leitungsgebundene Energieträger EK432Pf-VERS-03 1.0 ebök EK432Pf-EKW-IST-02 1.1 ebök EK432Pf-SAN-100-02 1.0 ebök EK432Pf-SAN-115-02 1.0 ebök EK432Pf-SAN-PH-02 1.0 ebök Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und teilsaniert EK432Pf-SAN-W-02 1.0 ebök Spezifische Verbrauchswerte GHD EK432Pf-VER-02 1.0 ebök Wärmebedarfsdichte IST- Zustand Endenergie EK432Pf-BED-IST 1.0 ebök Wärmebedarfsdichte saniert EnEV2009 Endenergie EK432Pf-BED-ENEV 1.0 ebök Wärmebedarfsdichte saniert KfW100 Endenergie EK432Pf-BED-KfW100 1.0 ebök Dichte Wohnen/GHD/Messplatz EK432Pf-BED-VER-02 1.0 ebök Handlungsfelder Energie / Konzept EK432Pf-KONZ-03 1.0 ebök Endenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung im IST-Zustand Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 100 Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung saniert gemäß KfW Effizienzhaus 115 Nutzenergiebedarf Heizung und Warmwasser Wohnnutzung saniert gemäß EnerPHit voll- und teilsaniert Y:\688 PFORZHEIM_KFW\L\0_BERICHT\ABGABE_END\ENDBERICHT_V2-3.DOCX Version Quelle