Funktion des rechten Herzens beeinflusst Prognose

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PULMONALE HYPERTONIE
Funktion des rechten
Herzens beeinflusst Prognose
Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der Rechtsherzinsuffizienz bei
der pulmonalen Hypertonie haben sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert.
er Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie,
PH) ist eine chronische Erkrankung, die mit
einem Gefäßumbau der Pulmonalarterien einhergeht.
Durch dieses „Remodeling“ der Gefäße kommt es zu
einer zunehmenden Druck- und Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf.
Eine pulmonale Hypertonie besteht dabei ab einem pulmonal arteriellen (PA) Mitteldruck von
≥ 25 mmHg – invasiv bestimmt mittels Rechtsherzkatheter (1, 2). Folgen der chronischen Erhöhung des
pulmonal vaskulären Widerstandes sind:
● Rechtsherzhypertrophie,
● Vergrößerung und Dysfunktion des rechten
Vorhofes und Ventrikels – zum Teil mit Impression des linken Ventrikels (2).
Durch die unspezifischen Symptome wie Luftnot,
allgemeine Schwäche, Synkopen werden die meisten
Patienten erst dann diagnostiziert, wenn sie schwer
krank sind mit einer eingeschränkten NYHA-funktionellen Klasse von 3–4, einem mittleren PADruck ≥ 50 mmHg und einer hochgradig eingeschränkten rechtsventrikulären (RV) Pumpfunktion (3).
In Abhängigkeit vom pulmonal kapillären Verschlussdruck, vom pulmonal vaskulären Widerstand
und vom Herzzeitvolumen können unterschiedliche
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hämodynamische Definitionen der pulmonalen Hypertonie voneinander abgegrenzt werden (4).
Für die Gruppe der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) und der inoperablen chronisch thromboembolischen PH sind gezielte medikamentöse Therapien zugelassen (5).
Screening und Diagnose der PH
Eine frühe Diagnose und Klassifikation der Erkrankung ist essenziell, um die verfügbare gezielte Therapie schnellstmöglich zu beginnen. Die Veränderungen des rechten Vorhofs (RA) und Ventrikels (RV)
stellen dabei frühe Zeichen der PH dar.
Die Echokardiographie des rechten Herzens ist
daher die wichtigste nicht-invasive Methode zum
Screening nach PH, eine definitive Klassifikation
und Diagnose kann aber nur mittels Rechtsherzkatheter erfolgen (2, 6).
Die Stress-Dopplerechokardiographie unter Belastung kann ebenfalls für das Screening eingesetzt
werden und die Sensitivität der PH-Diagnose bei Risikopatienten wie bei Sklerodermie (7, 8) oder Familienmitgliedern von PAH-Patienten (9) verbessern.
In einer großen Screeningstudie bei Sklerodermiepatienten erwies sich die echokardiographische Be-
Perspektiven der Kardiologie 2/2015 | Deutsches Ärzteblatt
stimmung der RA-Größe als wichtiger Parameter
und wird daher als Bestandteil des Screeningalgorithmus empfohlen (10). Die rechte Vorhofgröße ist
dabei abhängig von dem Alter, der Ethnizität, dem
Geschlecht und dem Trainingsstatus (11). Grenzwert
für eine normale RA-Fläche (11) ist:
● ≤ 15 cm² bei Frauen und
● ≤ 16 cm² bei Männern.
Prognose und Risikostratifizierung
Ein massiv vergrößerter RA, das Vorhandenseins eines Perikardergusses und die eingeschränkte RVFunktion sind wichtige prognostische Faktoren (1).
In jüngsten Studien konnte gezeigt werden, dass neben der maximalen Sauerstoffaufnahme in der Spiroergometrie die kontraktile Reserve des rechten Ventrikels zu den wichtigsten unabhängigen prognostischen Faktoren bei PAH gehört (12, 13).
Eine Studie bei 124 PH-Patienten mit hochgradig
eingeschränkter RV-Pumpfunktion zeigte, dass die Patienten, die unter Belastung noch eine ausreichende
kontraktile RV-Reserve haben und den systolischen pulmonal arteriellen Druck unter Belastung steigern können, gute Überlebensraten aufweisen (ein Jahr: 96 Prozent, zwei Jahre: 92 Prozent, vier Jahre: 89 Prozent).
Rechtsherzkatheter und Echokardiographie
unter Belastung werden daher in Zukunft einen größeren Stellenwert in der Verlaufsuntersuchung
von PH-Patienten erhalten.
So konnte in einer kleinen Studie bei PAH- und
CTEPH-Patienten gezeigt werden, dass unter der
Therapie mit Riociguat, einem löslichen Guanylatzyklase-Stimulator, die Größe des rechten Vorhofs
und des rechten Ventrikels wieder nahezu normalisiert werden konnte (17).
Auch durch ein spezialisiertes Rehabilitationsprogramm mit vorsichtiger Atem- und Bewegungstherapie, das die Patienten über drei Monate
durchführten, konnten der pulmonal vaskuläre
Widerstand und der Herzindex unter Belastung
signifikant um nahezu 20 Prozent verbessert werden (18).
Zusammenfassung
●
Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der Rechtsherzinsuffizienz bei der
pulmonalen Hypertonie haben sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert.
●
Insbesondere die Belastungsuntersuchung mit
der Bestimmung des Herzindex unter Belastung hat dabei bei der Einschätzung der Prognose des Patienten einen hohen Stellenwert und
wird in ihrer Bedeutung zunehmen.
Die Funktion und Größe des rechten Herzens
gehören zu den wichtigsten unabhängigen
prognostischen Faktoren.
Da die Differenzialdiagnose und Therapie der
Rechtsherzinsuffizienz bei PH schwierig ist,
sollten Patienten immer auch in einem PH-Zen▄
trum mit betreut werden.
Innerhalb der letzten Jahre wurden zehn Medikamente
zur Behandlung der PAH zugelassen, die das Befinden,
die körperliche Belastbarkeit, Lebensqualität und Prognose der Patienten verbessern können (5). Die spezifischen Medikamente zur Behandlung der pulmonalen
Hypertonie bewirken vor allem eine Senkung des pulmonal vaskulären Widerstands durch eine Weitstellung der Gefäße (1), oder haben möglicherweise einen
Anti-Remodeling-Effekt auf die Pulmonalgefäße (14,
15). Bisher ist nicht geklärt, ob es auch einen direkten
Therapieeffekt auf das rechte Herz gibt.
Wichtig ist, dass diese zum Teil sehr teuren Therapien durch spezialisierte PH-Zentren initiiert und
überwacht werden.
Im Rahmen der supportiven Therapie ist es wichtig, die Volumenbelastung des RV und RA durch intensivierte diuretische Therapie inklusive Aldosteronantagonisten zu verbessern (16).
Ein Verlaufsparameter für eine gut eingestellte PH
ist daher auch, dass der rechte Vorhof in seiner echokardiographisch ausgemessenen Fläche < 25 cm²
ist. Patienten sollten angewiesen werden, sich täglich zu wiegen.
Es gehört zu den Besonderheiten des rechten Herzens, dass es sich auch bei schwerstkranken PH-Patienten im Rahmen der Verbesserung des pulmonal
vaskulären Widerstandes rasch erholen und in manchen Fällen sogar wieder normalisieren kann.
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Therapien, die das rechte Herz
verbessern können
●
●
Illustration einer
Pulmonalarterie
im Normalzustand
und bei pulmonaler
Hypertonie (im Hintergund).
DOI: 10.3238/PersKardio.2015.09.18.05
Prof. Dr. med. Ekkehard Grünig
MSc Nicola Benjamin
Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
Interessenkonflikt: Prof. Grünig ist Mitglied nationaler und internationaler
Advisory Boards von Bayer HealthCare, Novartis, Actelion, Pfizer, GlaxoSmithKline und hat von Bayer HealthCare, Novartis, Actelion,Pfizer, United
Therapeutics, Gilead, GlaxoSmithKline Honorare für Vorträge erhalten.
MSc Benjamin erhielt Vortragshonorare von Bayer HealthCare und Actelion.
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Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit3815
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PULMONALE HYPERTONIE
Die Funktion des rechten
Herzens beeinflusst Prognose
Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der Rechtsherzinsuffizienz bei
der pulmonalen Hypertonie haben sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert.
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Perspektiven der Kardiologie 2/2015 | Deutsches Ärzteblatt
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