Sichtbares Licht Die Optik ist die Disziplin der Physik, in der die Eigenschaften des Lichtes untersucht werden. Das Licht stellt eine Erscheinung der materiellen Welt dar, deren Wesen erst nach einem gründlichen Studium ihrer Wirkungen erfaßt werden kann. Zunächst werden wir das Licht als Strahlung ansehen, die von den Lichtquellen ausgeht oder von den Gegenständen reflektiert wird und auf die das menschliche Ange anspricht. Das Bestreben, Weiteres über das Licht zu erfahren, führt zur experimentellen Untersuchung seiner Ausbreitungseigenschaften. Die Beobachtung der Lichtausbreitung im Vakuum – oder auch in der Luft bei nicht zu großen Strecken – legt das Modell des Lichtstrahls nahe. Wir kommen so zur rein geometrischen Behandlung des Lichtweges. Einem einzelnen Lilchtstrahl kann jedoch keine physikalische Realität zukommen. Allein die Tatsache, daß Licht eine Energieform darstellt, schließt die Konzentration längs irgendwelcher Strecken aus. Das Strahlenmodell kann deshalb über das reale Wesen des Lichtes nichts aussagen und hat nur eng begrenzte Gültigkeit. Unter geeigneten Versuchsbedingungen werden Interferenz, Beugung und Polarisation des Lichtes beobachtet. Interferenzerscheinungen lassen sich nur mit einem Wellenmodell beschreiben. Eine wesentliche Seite des Lichtes muß also sein Wellencharakter sein. Die Polarisierbarkeit des Lichtes beweist, daß die Lichtwellen transversal sind. Weitere Experimente, wie z.B. der Faraday-Effekt und der Kerr-Effekt, zeigen, daß es sich um elektromagnetische Wellen handeln muß, also um elektromagnetische Feldenergie. Bei der Ablenkung des Lichtes durch ein Dispersionsprisma wird weißes Licht in die Spektralfarben zerlegt. Jeder Farbe kann ein kleines Frequenzintervall bzw. im homogenen Stoff ein Wellenlängenintervall zugeordnet werden. Das menschliche Auge spricht auf Licht unterschiedlicher Wellenlänge verschieden stark an. Nach zahlreichen Messungen ist man übereingekommen, als Grundlage für fotometrische Messungen eine Konvention über die relative spektrale Hellempfindlichkeit des Auges Vλ einzuführen. Die größte Hellempfindlichkeit liegt im Gelbgrünen bei der Wellenlänge λ = 555 nm. Sie ist gleich Eins gesetzt. Vλ als Funktion von λ zeigt Ùnser Auge nimmt im wesentlichen den Bereich von λ = 400 nm bis λ = 760 nm wahr. Nun sind wir in der Lage, für die Naturerscheinung Licht im engsten Sinne, nämlich als auf unser Auge einwirkende Energie, den physikalischen Charakter anzugeben, der wesentliche Ausbereitungseigenschaften erfaßt. Eine wesenfcliche Seite des Lichtes ist seine Erscheinungsform als elektromagnetische Welle. Die Wellenlängen liegen für sichtbares Licht zwisclien λ = 400 nm und λ = 760 nm. Die Energieverteilung auf die einzelnen Frequenzintervalle bestimmt die Farbzusammensetzung und damit den Farbeindruck. In der geometrischen Optik werden die Ausbreitungseigenschaften des Lichtes mittels der Lichtstrahlen beschrieben. Der Verlauf der Lichtstrahlen wird mit mathematischen Methoden untersucht. Es gibt also: Die geometrische Optik bedient sich des Strahlenmodells des Lichtes. Die Beschreibung der Ausbreitung von Lichtwelllen geht im allgemeinen in die Beschreibung des Lichtweges mit Lichtstrahlen über, wenn die Wellenlänge des Lichtes gegen Null geht. Die geometrische Optik versagt aber auch im Grenzfall λ-0, wenn die Verhältnisse in der Umgebung der Schattengrenze und an Orten hoher Energiedichte untersucht werden sollen. Trotzdem wenden wir die geometrische Optik an, um die Begrenzung von Strahlenbündeln und die Konzentration von Lichtstrahlen in einem Punkt oder dessen unmittelbarer Umgebung zu behandeln. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß wir dann im Rahmen der geometrischen Optik selbst für kleine Wellenlängen nur Näherungsaussagen erhalten. Die feineren Einzelheiten, die mit der Bündelbegrenzung und der Vereinigung von Licht in der Umgebung von Bildpunkten verbunden sind, gehen dabei verloren. Wir fassen zusammen: Das Strahlenmodell beschreibt den Lichtweg, wie er im Grenzfall verschwindender Wellenlänge außerhalb von Stellen hoher Energiedichte und in einer gewissen Entfernung von der Schattengrenze vorhanden wäre. Von sämtlichen weiteren Eigenschaften des Lichtes wird abstrahiert. Bestimmte Eigenschaften der Lichtwelle können dem Lichtstrahl formal - ohne physikalische Begründung - zugeordnet werden, damit einige zusätzliche wellenoptische Aspekte in die geometrisch-optische Beschreibung einbezogen sind (z. B. Zuordnung einer Wellenlänge). Die Anwendung des Strahlenmodells auf Fälle, die nicht den theoretischen Voraussetzungen entsprechen (z.B. die Anwendung für λ>>0), führt zu Näherungsaussagen. Das Strahlenmodell des Lichtes wirft noch eine weitere Frage auf, die seine Anwendbarkeit auf praktische Probleme betrifft. Ein einzelner Lichtstrahl und sein Verlauf lassen sich mathematisch abstrakt behandeln. Experimentell ist ein einzelner Lichtstrahl nicht zu realisieren. Wir erläutern den Prozeß des Ausblendens eines Lichtbündels abnehmenden Durchmessers am Beispiel einer kreisförmigen Lochblende. Wir erzeugen ein Parallelbündel, das wir senkrecht auf einen undurchsichtigen Schirm mit einer kreisförmigen Öffnung treffen lassen. Geometrisch-optisch ergibt sich hinter dem Schirm ein Parallelbündel mit dem Lochdurchmesser und damit einer scharfen Schattengrenze. Verrigern wir den Lochdurchmesser stetig, dann sollte sich das Bündel schließlich auf einen Lichtstrahl zusammenziehen. Praktisch wird dieser Prozeß durch den Wellencharakter des Lichtes begrenzt. Mit kleiner werdender Lochblende tritt die Beugung stärker in den Vordergrund. Im Bündel liegt eine Intensitätsverteilung nach Abb. 2.8 vor. Im Inneren der ersten Nullstelle befindet sich der Hauptanteil der Energie (ca. 84%). Abbildung 2.9 enthält den auf die Brennweite f' einer abbildenden Linse bezogenen Radius r' des ersten dunklen Rings und den halben Öffnungswinkel u' des Bündels. Die in die Abb. 2/8 eingezeichnete Strahlenvereinigung hinter der Linse ist also nicht geeignet, das Verhalten des Lichtes bei enger Blende richtig zu beschreiben.