Anforderungen an die Raumluft in OPEinheiten Freisein von Gram-negativen Pathogenen Abhängig von der OP Freisein oder fortlaufende Reduzierung der in die Raumluft freigesetzten Gram-positiven Hautflora Keine Belastung durch Surgical Smoke Arbeitsphysiologisch verträgliches Mikroklima nur erreichbar durch Raumlufttechnische Anlagen (RLTA) Raumlufttechnische Anlagen (RLTA) Für OP´s Entscheidung zwischen turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV) [Raumklasse Ia] mit dynamischer erregerfreier Abschirmung des OP-Bereichs oder turbulenter Mischlüftung [Raumklasse Ib] - zugeführte erregerfreie Luft vermischt sich gleichmäßig mit der Raumluft Entscheidung zwischen Rk Ia und Rk Ib nur risk assessment, keine eindeutige epidemiologische Evidenz - wichtige Kriterien : OP-FeldGröße und -Tiefe, OP-Dauer, Durchblutung, alloplastisches Implantat, Infektionsanfälligkeit: Für aseptische Eingriffe mit erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. Traumatologie) ist dreistufige Mischluftzufuhr mit F7-, F9- und H13Filter state of the art (Rk Ib) Für HEP (und KEP?) ist TAV zu empfehlen (Rk Ia) Durch TAV wird zugleich der Surgical Smoke entfernt. Stellenwert der TAV - Ergebnisse der LidwellStudie 1983 Randomisierte prospektive Multicenterstudie: In 19 Krankenhäusern Analyse der SSI-Rate nach 8000 HEP, mittl. Follow-up 2,5 Jahre In den OPs der Raumklasse Ib variierte die Anzahl bakterientragender Partikel zwischen 51 und 539/m³ Mit steigender bakterieller Raumluftbelastung stieg die SSIRate Ebenso war eine Korrelation zwischen bakterieller Raumluftbelastung und Anzahl von Bakterien in Wundspülflüssigkeit nachweisbar Zwischen den teilnehmenden Krankenhäusern variierte das SSI-Risiko um das 20fache Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die meisten Bakterien aerogen in die Wunde gelangt sind Lidwell OM, Lowbury EJ, Whyte W, Blowers R, Stanley SJ, Lowe D. Airborne contamination of wounds in joint replacement operations: the relationship to sepsis rates. J Hosp Infect. 1983; 4(2):111-131 Stellenwert der TAV - zusammenfassende Analyse der Daten von Lidwell (1986) Mischströmung vs. LAF Senkung von 3,4 % auf 1,7% Mischströmung vs. PAP allein Senkung von 3,4 % auf 0,85% Mischströmung vs. Kombination LAF + PAP Senkung von 3,4 % auf 0,4% Lidwell OM. Clean air at operation and subsequent sepsis in the joint. Clin Orthop Relat Res 1986 (211): 91-102 Stellenwert der TAV - Metanalyse von 7 Studien Studien: Lowbury & Lidwell 1978, Lidwell et al. 1982, 1983a, 1983b, 1984,1985, Whyte et al. 1983 Einschluss von 8052 Hüft- und Knieendoprothesen Mittl. Follow up 2,5 Jahre Sequentielle multiple Regression Ergebnisse Mischströmung vs. LAF Senkung von 2,3 % auf 0,7% Mischströmung vs. PAP allein Senkung von 2,3 % auf 0,6% Mischströmung vs. Kombination LAF + PAP Senkung von 2,3 % auf 0,45% Lidwell OM et al. Ultraclean air and antibiotics for prevention of postoperative infection. Acta Orthop Scand 1997; 58: 4-13 Stellenwert der TAV -SSI-Rate bei THEP Meta-Analyse von 26 Studien mit 14155 HEP ohne Atemluftabsaugung: LAF allein Senkung von 5,8 auf 0,7 % perioperative Antibiotikaprophylaxe allein Senkung von 5,8 auf 1,3 % Kombination beider Maßnahmen Senkung von 5,8 auf 0,6 % Nelson JP. The operating room environment and ist influence on deep wound infection. In: The hip, Proc 5th open scientific Meeting of the Hip Society, St. Louis:Mosby,1977, zit. Lew DP, Pittet D, Waldvogel FA, Infections that complicate the insertion of prosthetic devices. In: Mayhall CG, ed. Hospital Epidemiology and Infection Control, Philadelphia: Lippincott, 1999: 1190 Stellenwert der TAV - Hüftgelenkhemiarthroplastie Konsekutive Kohortenstudie 212 Operationen im LAF-Feld vs. 223 Operationen in Nicht-LAF-Feld mit PAP und High performance Textilien als OP-Kleidung und -Abdeckung Re-OP-Rate war mit 1,4 % im LAF-OP-Feld signifikant vermindert gegenüber 5,8 % in Nicht-LAF-Feld Kakwani RG et al. The effect of laminar air-flow on the results of Austin-Moore hemiarthroplasty. Injury. 2007; 38(7) 820-3 Gründe für die kontroverse Diskussion zum Stellenwert von TAV Vergleichsweise schwache Effektstärke Seit 2010 Infragestellung der Studienlage Fehlende prospektive kontrollierte Studie unter Berücksichtigung neuer Kenntnisse zur Ätiopathogenese von SSI Da sich seit Lidwell die Leistungsfähigkeit von RLTA Ib verbessert hat, haben wir die Leistungsfähigkeit von 2 in einem Krankenhaus der Regelversorgung im Jahr 2004 in Betrieb genommenen RLTA für Raumklasse Ia bzw. Ib verglichen. Vergleich der partikulären und mikrobiellen Belastung bei TAV bzw. Mischströmung während des OP-Betriebs Raumklasse Ia: H14 Filter, Lochdecke (2,8 m x 3,0 m), OP = 37 m² Raumklasse Ib: Auslass direkt unterhalb der Decke (Breite 3,9 m, Höhe und Tiefe 0,5 m) am Fußende des Patienten über H13 Filter, OP = 34 m² Funktionsprüfung beider RLTA ergab keine Einschränkungen (Recovery rate Ia < 1 min, Ib 10 min) Hüft- und Knie-OPs (Ia) gynäkologischer OP (Ib) Messpunkte für Partikelmessung (P1-P3) und mikrobielle Sedimentation (S1-S4) Partikelbelastung (Solair 3100, Lighthouse, Fremont) Messpunkt RK Ia Median RK Ib s n* Median p-Wert s n* Partikel >0,5µm P1 P2 6.473 11.757 814 48.557 50.315 537 0.000 1.583 1.324 337 35.168 12.854 291 0.000 P3 4.152 1.725 154 216 142 124 0.000 P1 P2 108 179 814 1.927 1.507 537 0.000 80 130 337 1.784 736 291 0.000 P3 35.270 15.601 154 2.046 849 124 0.000 Partikel > 5 µm * Anzahl der Einzelmessungen von je 1 min Erhöhte Partikelzahl in Rk Ia an P1 durch intraoperative Tätigkeiten wie Sägen und Bohren von Knochen, Knochenspülung mittels Jet-Lavage, Verwendung textiler Bauchtücher [Nachweis in einem Simulationsversuch] und Koagulation von Gewebe KbE/ h/ Sedimentationsplatte Messpunkt OP-Raum 1 OP-Raum 2 p-Wert x s x s S1 0 0 2.6 2.9 0.000 S2 0 0 4.7 4.6 0.000 S3* 0.6 1.4 4.8 4.1 0.000 1.1 1.3 2.5 2.6 0.103 S4** * am Rand der TAV **außerhalb TAV Erregerspektrum: kommensale Hautflora, Anteil von CNS in Rk Ia 56%, in Rk Ib 88%, von M. luteus 17% bzw. 9 % Prädiktoren für die partikuläre und mikrobielle Belastung Für Messpunkt P1 Anzahl der Personen im Raum steigert die Anzahl der Partikel/m³ >0.5 µm (p=0.029) und >5 µm (p=0.014). Durch TAV wird die Anzahl beider Partikelgrößen herabgesetzt (p=0.000) (auch bei P2) Ebenso wird durch TAV der Einfluss der Personen auf die Partikelkonzentration >5 µm verringert (p=.044), für >0.5µm Zusammenhang nicht sicherbar Schlussfolgerungen 1. 2. 3. Die an allen Messpunkten höhere Partikelbelastung in Rk Ib bestätigt, dass die TAV die Raumluftbelastung signifikant geringer hält - deckt sich mit anderen Studien (Seropian u. Reynolds 1969, van Griethuysen et al. 1996, Hansen et al. 2005, Talon et al. 2006) Sowohl in der der Mitte als auch am Rand des TAVSchutzbereichs keine Erreger nachweisbar - deckt sich mit anderen Studien, wonach TAV das OP-Gebiet unter realen Bedingungen nahezu erreger- und partikelfrei hält (Aboelela et al. 2007, Knochen et al. 2010, DiabElschahawi et al. 2011, Hirsch et al. 2012, Smith et al. 2013, Erichsen Andersson et al. 2014). Obwohl sich S3 wie S2 am Rand des Schutzbereichs der TAV befanden, sedimentierten nur bei S3 Erreger infolge der erhöhten Aktivität und Anzahl der Personen, S3 lag in der Nähe des Anästhesiepersonals, S2 am Fußende des Patienten Schlussfolgerungen 3. Bei Rk Ib sind die Ergebnisse bei S1 (OP-Feld) und S2 (direkt am Instrumententisch) infektiologisch problematisch, da es sich bei 84% der sedimentierten KbE um CNS handelt, mit 30-43 % häufigste Erreger periprothetischer Infektionen (Corvec et al. 2012) Bible et al. (2013) wiesen bei Rk Ib erhöhte intraoperative Kontamination von Implantaten nach, wenn diese während der OP nicht abgedeckt auf Instrumententischen gelagert wurde 4. In Übereinstimmung zu bisherigen Studien (Ayliffe 1991, Fitzgerald u. Washington 1975, Hemker 1983) stieg in Rk Ib die mikrobielle Belastung bei S1 mit der Anzahl der Personen Fazit Das Infektionsrisiko bei HEP unterscheidet sich von anderen Operationen dadurch, dass die Biofilmbildung auf dem Implantat mit nachfolgender Infektion durch Kommensalen der Hautflora verursacht werden kann (Uckay et al. 2013) Daher ist die Lufterregerzahl so umfangreich als möglich zu reduzieren, um sowohl prä- als auch intraoperativ eine Attraktion luftgetragener Mikroorganismen an das Implantat mit dem Risiko nachfolgender Biofilmbildung so gering wie möglich zu halten. Insofern gewährt RK Ia für diese Operationen mehr Sicherheit als RLTA mit turbulenter Mischströmung In einigen Studien überraschenderweise kein protektiver Einfluss der TAV Limitationen dieser Studien (Brandt et al. 2008, Hooper et al. 2011, Breier et al. 2011): Keine kontrollierten prospektiven Studien, sondern retrospektive Analysen, basierend auf freiwilligen Meldungen aus Krankenhäusern, nicht erhoben für Studienzwecke Keine Überprüfung der RLTA zum Nachweis der Schutzwirkung Keine Bestimmung der mikrobiellen Raumluftbelastung Keine einheitlich standardisierten Präventionsmaßnahmen in den eingeschlossenen OPs (z.B. Hautantiseptik, PAP, Verwendung antibiotisch imprägnierten Zements) Infektionserfassung nur bis zur Entlassung bzw. Verlegung und im Fall einer Neuaufnahme bis zu einem Jahr postoperativ, falls sich der Patient erneut im Haus der Erstoperation behandeln ließ. Jedoch kann sich eine Implantat-assoziierte Infektion bis zu >2,5 Jahren als sog. low grade infection (in ~ 34%) entwickeln Größenunterschiede der OP-Decken nicht beachtet (außer bei Breier et al. 2011) Ethische Relevanz Legt man als Reduktion nur 0,1% zugrunde, würde bei 1000 OPs 1 SSI verhindert. Da in Deutschland jährlich mehr als 200.000 HEPs implantiert werden, könnte bei ~ 200 Patienten eine SSI verhindert werden. Die Behandlungskosten für eine SSI ~ 50.000 US-$ (Zimmerli 2006). Mit der Ersparnis durch 100 verhinderte SSIs könnten etwa 200 OP´s/Jahr mit TAV ausgerüstet werden. Schutzwürdigkeit des Patienten Das Sicherheitsdenken für die Implantation von TEP steht nicht in Relation zur aseptischen Herstellung von Arzneimitteln. Es wäre undenkbar, Arzneimittel nicht unter Reinraumbedingungen abzufüllen, obwohl das Kontaminationsrisiko auf Grund der vergleichsweise kurzen möglichen Exposition weit geringer als bei einer HEP ist. Clark und de Calcina-Goff (2009) „Do not believe that anybody would suggest making hi-tech electronic equipment or manufacturing pharmaceuticals (both of which have to be contamination free to satisfy consumer markets and regulators) in unsuitable environments“ OP‘s sind in ihrer Schutzwürdigkeit des Patienten aseptischen Reinräumen zur Arzneimittelherstellung gleichzusetzen! Fazit Solange der Einfluss von TAV nicht in einem prospektiven Design mit Standardisierung der diversen prä-, intra- und postoperativen sowie vom Patienten selbst kommenden Einflussfaktoren untersucht ist, kann auf Grund der durch TAV gewährleisteten Erregerelimination aus dem OP-Feld + im Bereich der Lagerung von Instrumenten und Implantat weder aus ethischen noch aus Kosten-Gründen eine Entscheidung gegen TAV getroffen werden. Iudicello und Fadda (2013) formulierten in Auswertung der Studienlage folgende “salomonische” Schlussfolgerung: „It can be concluded that it is very difficult to assess how a general, abstract model of ventilation is effective in infection control in the operating room, because SSI rate is affected by many other confounding factors, and ventilation performance itself is affected by the great variability of the operating conditions. The applicability of the ventilation system in clinical practice should be discussed by each hospital on the basis of the available resources and ordinary surgical activity.“ Clark and de Calcina-Goff (2009) fordern: “The provision of ventilation systems must be carefully designed to remove airborne contamination as soon as possible after it has been generated”. Bei künftigen Planungen Deckengröße 518 cm x 380 cm Testpunkte große TAV (518cm x 380cm) (n = 21) KbE/m3 kleine TAV (380cm x 120 cm) (n = 19) keine TAV (n =40) 15cm über Boden, Kopfende Patient 868.3 ± 944.0 1348.5 ± 3504.1 1397.7 ± 1009.9 100cm über Boden 441.6 ± 709.3 504.7 ± 449.45 1535.7 ± 2806.8 150cm über Boden 15.0 ± 47.3 1249.3 ± 886.9 1127.8 ± 1407.3 120cm über Boden am Tisch neben rechten Seite des Patienten 97.3 ± 182.5 711.5 ± 638.2 888.2 ± 1006.6 am Instrumententisch 41.2 ± 137.8 P=0.011623.0 ±1328.4 NS 1527.4 ± 1142.1 Diab-Elschahawi M, Blacky A, Berger J, Kimberger O, Oguz R, Külpmann R, Kramer A, Assadian O. Operating room ventilation: Different sized laminar air flow versus no laminar air flow. Infect Control Hosp Epidemiol 2011