Aus: Nassauische Neue Presse 10.07.2007 Lokales Bad Camberg Energie sparen – was können wir tun? Windenergie steuert den höchsten Anteil an regenerativen Energien in Bad Camberg bei. Foto: Hackert Bad Camberg. Deutschland soll von 2007 an bis 2020 pro Jahr 270 Millionen Tonnen Treibhausgase vermeiden. Bezogen auf das Basisjahr 1990, dem Inkrafttreten des Kyoto-Klima-Abkommens, bedeutet dies eine Reduzierung um 40 Prozent. Mit konkreten Maßnahmen im Energiesektor, wie sie der „8-Punkte Plan“ der Bundesregierung vom April vorsieht, kann dieses Ziel erreicht werden. Auf Grundlage dieser energiepolitischen Rahmenbedingung hat der Arbeitskreis Energie und Klima des Fördervereins Lokale Agenda 21 ein Konzept für Bad Camberg erarbeitet. NNP-Mitarbeiterin Andrea Dawirs-Dorn sprach mit Rolf Siepermann, dem Vorsitzenden des Vereins. Was sind Ihre Beweggründe? „Die dramatische Entwicklung des Klimawandels und die zur Neige gehenden Vorräte an Erdgas, Erdöl, Kohle und Uran geht uns alle an. Viele Probleme werden vor Ort verursacht. Deshalb müssen wir auf lokaler Ebene an der Lösung aktiv mitarbeiten. Wir wollen einen Prozess initiieren und fördern, der den Ausstoß von Treibhausgasen senkt und gleichzeitig eine Energieversorgung unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten sicherstellt. Bezogen auf die Einwohnerzahl müssen wir in Bad Camberg 49 000 Jahrestonnen Kohlendioxid vermeiden. Davon kann die Kommune direkt 31 000 Tonnen einsparen. Auf der einen Seite über Energieeinsparung und auf der anderen Seite durch Erzeugung und Nutzung von Strom, Wärme und Treibstoffen aus erneuerbaren Quellen. In unserer Stadt gibt es zahlreiche Einzelaktionen, die teils aus privater Initiative und teils durch Fördermaßnahmen der Stadt entstanden sind. Wir haben zwei Windenergieanlagen, einige kleinere Blockheizkraftwerke, zahlreiche thermische Solar- und Photovoltaikanlagen sowie einzelne Erdwärmeanlagen. Wir müssen den Einsparungs- und Umstellungsprozess beschleunigen und gleichzeitig statistisch erfassen, damit wir auch wissen, ob Bad Camberg sein Soll im Sinne des ,8-PunktePlans’ erfüllt.“ Was empfehlen Sie auf kommunaler Ebene bis 2020? Wie kann jeder konkret mitmachen? „Ganz vorne steht Energieeinsparung und Effizienzsteigerung: Den Stromverbrauch um mindestens 11 Prozent absenken, die Gebäudedämmung und Heizungsanlagen dem aktuellen Standard anpassen, Produktionsprozesse optimieren und alles tun, was den Verbrauch fossiler Treibstoffe im Verkehrssektor reduziert. Zusätzlich sollten 27 Prozent des Stroms, 14 Prozent der Wärme und 17 Prozent der Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen produziert oder bezogen werden.“ Welche erneuerbaren Energien können in Bad Camberg produziert und energetisch 1 genutzt werden? „Auf dem Stromsektor bieten sich Wind, Sonne und Biomasse an. Im Wärme- und Treibstoffbereich können wir Energie aus Sonne, Biomasse von Feld und Wald und Oberflächenerdwärme gewinnen.“ Wie hoch ist im Jahr 2007 der Anteil des in Bad Camberg hergestellten Stroms aus regenerativen Energien? „Er beträgt etwa sechs Prozent, wovon die Windenergie alleine fünf Prozent beisteuert. Wir müssen also noch 21 Prozent abdecken, um das Ziel von 27 Prozent zu erreichen.“ Welchen Energiemix haben Sie zusammengestellt, um sowohl die Zielwerte der Bundesregierung im Klimaschutz als auch bei den erneuerbaren Energien zu erreichen? „Nach unserer Prognose haben wir im Jahre 2020 einen Stromverbrauch von circa 43 Millionen Kilowattstunden pro Jahr (kWh/a). Für das Ziel ,27 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien’ müssen wir über diese Quellen 11,5 Millionen kWh/a erzeugen. Dazu brauchen wir vier Windenergieanlagen (sieben Millionen kWh/a), 30 000 Quadratmeter Modulfläche Photovoltaik (2,7 Millionen kWh/a) und eine Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk mit einem Nennwert von 270 kW elektrischer Leistung (1,8 Millionen kWh/a). Um die Abwärme des Blockheizkraftwerkes kontinuierlich zu nutzen, empfehlen wir, eine angeschlossene Holztrocknung und Pelletieranlage mit einer Jahreskapazität von 4300 Tonnen. Die erzeugten Holzpellets haben einen Wärmewert von 21 Millionen kWh. Damit können zwei Millionen Liter Heizöl ersetzt beziehungsweise der Wärmebedarf von 800 Einfamilienhäusern pro Jahr abgedeckt werden.“ Wie soll das alles realisiert werden? „Spätestens seit dem G-8-Gipfel von Heiligendamm ist doch klar, dass wir sofort handeln müssen. Wenn wir es nicht schaffen, den Anstieg der globalen Erwärmung bis zum Jahre 2100 auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, werden unsere Volkswirtschaften an den immensen Folgekosten des Klimawandels zugrunde gehen. Dies ist durch mehrere seriöse Studien belegt. Handeln wir aber jetzt, werden wir zusätzlich positive Effekte auf die regionale Wertschöpfung, auf den Arbeitsmarkt und für die Energieverbraucher auslösen. Zudem unterstützt der Staat den Umbau des Energiesektors mit wirklich guten Förderprogrammen und garantiert eine Stromabnahme für 20 Jahre zu den jeweils gültigen Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbaren Energiengesetz. Wir vertrauen darauf, dass auch die Einwohner Bad Cambergs ihrer Verantwortung gerecht werden und sich dazu entscheiden, die notwendigen Investitionen durchzuführen.“ Wie wird es nun weitergehen? Ich werde in dieser Woche unser Energiekonzept auf Einladung der Wirtschaftsförderung Limburg-Weilburg-Diez in einem Projektworkshop im Rahmen eines Regionalen Entwicklungskonzepts vortragen. Für September dieses Jahres planen wir eine Informationsveranstaltung in Bad Camberg. Zwischenzeitlich werden wir im 2 Hinblick auf die Biogas- und integrierte Holzpelletieranlage weitere Sondierungsgespräche führen. Wir hoffen, nach Auswertung der Informationsveranstaltung den Prozess soweit initiiert zu haben, dass Bad Camberg spätestens im Jahre 2020 vermelden kann: Zielwerte erreicht. Das Konzept des Fördervereins Lokale Agenda 21 Bad Camberg steht im Internet zum Download bereit: http://www.agenda21-bad-camberg.de. Für Fragen steht Rolf Siepermann, Telefon: (0 64 34) 69 67, oder E-Mail [email protected], zur Verfügung 3