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Einleitung:
Joseph Paxtons „Crystal Palace“ war ein sehr reduziertes Bauwerk für
seine Zeit, das den Glauben an die Technologie seiner Zeit und an das
Industriezeitalter repräsentiert, sowie Stahl und Glas zu den Baumaterialien
der Zukunft erhebt.
Gustave Eiffels Turm in Paris manifestiert die unglaubliche Höhe, die diese
Gebäude erreichen konnten. Aber es dauerte noch 100 Jahre bis Stahl –
Glas Konstruktionen sich über den Erdball verteilt hatten, mit den
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Wolkenkratzern als Wahrzeichen einer jeden Metropole. Die Prototypen und
Vorreiter der Architektur des Informationszeitalters wurden erst gerade über
die letzten paar Jahre errichtet.
Frank O. Gehrys „Guggenheim Museum“ in Bilbao ist vermutlich das
bekannteste Beispiel das den Zeitgeist der digitalen Informationsrevolution
repräsentiert. Und die Konsequenzen dieser Revolution werden wohl
genauso radikal ausfallen wie die der industriellen Revolution.
Das Informationszeitalter fordert uns nicht nur in der Art, wie wir Architektur
entwerfen, gestalten und entwickeln, sondern auch, wie wir sie in Zukunft
herstellen, konstruieren und bauen.
Digitale Technologien verändern die Wirklichkeit der Architekten in einer
Vehemenz, die wirklich nur die wenigsten noch vor zehn Jahren
vorhersehen konnten.
Im konzeptionellen Bereich wurden Dinge, Begriffe und Erkenntnisse
bedeutend, die Begriffe wie „topologischer Raum“, „nicht Euklidischer
geometrischer Raum“, „kinetische und dynamische Systeme“, „genetic
algorythms“, etc... in unser Vokabular unausweichlich einbetteten. Digital
betriebene
Designprozesse,
die
sich
dynamischer,
teilweise
unvorhersehbarer aber konsistenter Transformationen bedienen, eröffnen
uns neue Wege, die immer komplexer werdenden Anforderungen an unsere
Tätigkeit, in den Griff zu bekommen. Das generative und kreative Potential
der digitalen Medien hat zusammen mit dem rasanten Fortschritt in
verschiedenen Produktionstechniken bereits die Automobil-, die Aerospaceund die Schiffsbauindustrie völlig verändert, und wird auch vor der
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Architektur nicht halt machen. Abgänger unserer Architekturfakultät sind
inzwischen aus dem Grund so in den verschiedenen Architekturbüros so
gefragt weil sie im Stande sind mit der Komplexität der verschiedenen
digitalen Medien, der einzelnen Computer- Programme, der Präsentationsund Repräsentations- medien in einer Weise umzugehen, die vor einigen
Jahren
noch
nicht
benötigt
wurde.
Heute
beherrschen
gute
Universitätsabgänger im Schnitt 10-15 verschiedene Programme aus den
genannten Bereichen. Das Problem besteht allerdings in der Fähigkeit die
Auswirkungen und das Potential dieser Kenntnisse verstehen zu lernen und
nicht nur das handwerkliche Können. Ein unreflektiertes „Mappen, Rendern,
Diagrammieren, Shapen“, etc... wäre fatal und führt zu den völlig falschen
Resultaten. Die Einflüsse der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft sind
auch außerhalb der Architektur schon so tief greifend, dass auch ein
verstehen der sozialen, soziologischen und kulturellen Veränderungen für
uns Architekten von unglaublicher Wichtigkeit sind. Die Menschen für die wir
heute planen, haben in den letzten Jahren bereits ihr Leben völlig den neuen
Umständen angepasst, und die Architektur hat diesem Umstand Rechnung
zu tragen. Dabei geht es nicht um die Planung des völlig vernetzten
Haushaltes mit dem selbst einkaufenden Kühlschrank, sondern um die
veränderte und fraktale Wahrnehmung, in der wir uns inzwischen befinden.
Die Veränderungen sind gewaltig, da Architektur sich selber neu definiert
und sich teilweise mit experimentellen Erforschungen topologischer
Geometrien beschäftigt, oder generative und kinematische Gestaltung von
Raum
entwickelt
oder
sich
schließlich
mit
computergesteuerten
Produktionsmethoden auseinandersetzt. Diese Dinge sind sehr gut bei Peter
Zellner in seinem Buch „Hybrid Space“ zu finden.
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Aber erst in den vergangenen 5 Jahren haben die Vorteile des „CAD-CAM“
(i.e. Computer Aided Design – Computer Aided Manufacturing) begonnen
die Bauindustrie nachhaltig zu beeinflussen. Sie haben es uns ermöglicht,
sehr komplexe Formen zu konstruieren und zu bauen, die noch vor kurzem
nicht zu realisieren, geschweige denn zu finanzieren gewesen wären. Also
wird es in der Zukunft ein wirkliches digitales Kontinuum von den ersten
konzeptionellen Schritten, bis hin zur endgültigen Errichtung eines
Gebäudes
geben.
Die
einzelnen
Schritte
innerhalb
des
Architekturprozesses, der Entwicklung und der Realisierung rücken wieder in
eine Nähe, wie wir sie seit den Dombauhütten des Mittelalters nicht mehr
kannten.
Neue digitale Architekturen entstehen aus der digitalen Revolution.
Architekten haben ihre Ausdrucksform in hoch komplexen, Kurven- und
Spline kontrollierten gefunden und werden mit der Zeit auch den
gestalterischen Mainstream nachhaltig beeinflussen. Die Pluralität der
Zugänge zur Gestaltung ist Programm. Eine Schule im Sinne des
Bauhauses und der klassischen Moderne weicht zugunsten der Vielfalt von
Zugängen zum architektonischen Prozess. Dies bewirkt gleichzeitig ein
Ende des Architekten als „Gott in Schwarz“ und verlangt andererseits das
erfüllen und verstehen vielschichtiger und komplexer Zusammenhänge eines
Systems in dem der Architekt sich selbst befindet und er sich zu Recht
finden muss. Sein Kompetenzfeld wird sich zwangsläufig wieder erweitern
müssen. Es reicht nicht nur „funky shapes“ am Computer zu entwickeln,
wenn ich keine Ahnung habe, wie und ob sie sich realisieren lassen. Dabei
muss der Architekt eben in der Lage sein auf alle Ebene, gestalterischer,
konstruktiver, sozialer und kultureller Natur zurückzugreifen.
Theoretische Grundlagen
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Heutige Zugänge zu architektonischem Design sind meist digital begründet
und werden mit digitalen Werkzeugen entwickelt. Diese Entwicklungen
basieren aber auf den Schriften von einigen Theoretikern und Philosophen.
Wir bedienen uns hierbei der Werke des deutschen Mathematikers
Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646–1716) genauso wie der Philosophie
eines
Gilles
Deleuze
(1925–1995),
eines
der
einflussreichsten
französischen Denkers des 20ten Jahrhunderts. Es war Deleuze der
aufzeigte, dass es tausend Ebenen (= Plateaus) [Mille Plateaux, Gilles
Deleuze ,1980] gibt, von denen aus die verschiedensten vorläufigen
Konstruktionen generiert werden können; und das in einer nicht linearen Art
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und Weise; d.h. das Ereignisse und Realität nicht eine Folge linearer
Abläufe, entlang eines kontinuierlichen Fadens sind, sondern vernetzte und
komplexe Kausalitäten. Diese philosophischen Beobachtungen wurden von
einer Reihe von Avantgarde Architekten eingesetzt um die bis dato
geläufigen linearen Denkweisen im Entwurfsprozess in Frage zu stellen.
In seinem 1993 veröffentlichten Aufsatz „Architectural Curviliearity“ bietet
Greg Lynn Beispiele für neue Zugänge zum architektonischen Entwurf, die
sich von der Logik des Dekonstruktivismus einer „Logik des Konfliktes und
des Widerspruchs“ abwenden und eine „Logik der Fluidität und einer
dynamischen Konektivität“ vertreten.
Diese neue Konektivität manifestiert sich durch falten [Le Pli = Die Falte,
Gilles Deleuze, 1988]. Diese Designstrategie leitet sich ab von einem
euklidischen Raumverständnis diskreter Volumen im kartesischen Raum und
entwickelt topologische Konzepte von Form und ihren endlos elastischen
Geometrien von Kurven und Oberflächen.
„Falten“ ist einer der vielen Ausdrücke und Konzepte, die Deleuze in seinen
Schriften aufzeigt. Sein Werk zielt eigentlich darauf ab barocke Ästhetik zu
beschreiben und er führte die Falte als ein mehrdeutiges Räumliches
Konstrukt ein, als eine Figur und Nicht – Figur, eine Organisationsform und
gleichzeitig Nicht- Organisationsform, die als eine formale Metapher uns zu
weichen Oberflächen und transitorischen Räumen zwischen dem Innen und
dem Außen, oder dem Gebäude und seiner Umgebung geführt hat. Die
Falte, wie sie von Deleuze definiert wurde, positioniert eine poststrukturalistische Sichtweise von Raum, die sich auf Begriffe wie
Plattformen, Ebenen, Oberflächen, Füllungen und Tiefen bezieht, die unser
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bisheriges Raumverständnis neu definieren. Der Effekt des Faltens ist eine
neue Technik in der Architektur, die das existierende Verständnis unserer
Gebauten Umwelt, ihre Ästhetik und ihre Gebrauchstauglichkeit in Frage
stellt.
Geschichtliche Entwicklungen
Digital generierte Formen entwickeln komplexe Beziehungen und ihre
Freiform Oberflächen deformieren sich auch auf sehr komplexe Weise.
Diese neuen Formen werfen notwendige Fragen im bereich der Ästhetik, der
Psychologie
und
der
Soziologie.
Die
zeitgenössischen
digitalen
Architekturen scheinen jede Art der Anerkennung einer urbanen oder
strukturellen Typologie, Kontinuität und Morphologie sowie historisch
gewachsenes Stilempfinden abzulehnen. Diese Formen scheinen eine völlig
neue architektonische Denkweise vorwegzunehmen, die bestehende
Konventionen von Stil und Ästhetik zugunsten einer kontinuierlichen
digitalen Generierung und Transformation von form, die auf kontextuelle und
funktionale Einflüsse sowohl auf statischer als auch auf dynamischer Ebene
reagieren. Diese Entwicklung ist aber keine völlig neue. Seit dem Barock
versuchen Architekten das kartesische Gitter zu überwinden und haben
immer wieder Normen und Regeln der Schönheit und Proportion eingeführt.
Auch die in letzter Zeit entstandenen biomorphen Formen sind nicht völlig
neu sondern lehnen sich eben an den barock oder an ein Vokabular des
organischen Designs des frühen und mittleren zwanzigsten Jahrhunderts.
Raffael Moneo spricht von den „vergessenen Geometrien die uns
aufgrund unserer Schwierigkeiten sie darzustellen verloren gingen.“
Die Formen eines Frank O. Ghery können auf den Expressionismus de
zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückgeführt werden.
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Frühere Beziehungen zum Surrealismus können bei Greg Lynns „blobs“
gesehen werden. Noch frühere Vorfahren finden wir in den organischen und
biomorphen formen des Jugendstils.
Dabei brauchen wir nur an Hector Guimards (1867-1942) Metro- Stationen
in Paris zu denken oder an
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Antoni Gaudis (1852-1926) hoch skulpturale Gebäude, mit ihren komplexen
Geometrien zu denken.
Es gibt eine große Anzahl von Vorgängern seit den 1920ern. Angefangen
bei Erich Mendelsohn (1887-1953) und seinem Einsteinturm in Potsdam
(1921),
über Le Corbusiers Kapelle in Ronchamp (1955),
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bis zum TWA Terminal eines Eero Saarinen (1910-1961) in New York
(1961). Dieser verband das erneute Auftreten der plastischen Form mit dem
entwickeln neuer Techniken im Baubetrieb, wobei er aber rein ästhetische
Überlegungen als treibende Kraft für sein schaffen sah.
Alvar Aalto brach auch schon recht früh mit den Vorstellungen eines
Internationalen Stils und verwendete kurven und bewegte Linien in seinen
arbeiten.
Sein „finnischer Pavillon“ bei der Weltausstellung 1939 in New York, sein
wohl bekanntestes Projekt, verwendete variierende Kurven innerhalb einer
eher zurückhaltenden rechwinkligen Hülle.
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Andererseits ist Saarinens eher vorsichtiger Zugang zur plastischen Form
ein Zeichen für den immer noch zwiespältigen Zugang der Modernisten zu
kurven und gebogenen Flächen.
Das liegt laut Bernard Cache an zwei Fallen, welche die Modernisten
einfach Vermeiden wollen: eine Auflösung der form in das undefinierbare
und eine Rückkehr der Architektur zu einer simplen Repräsentation der
Natur. Er bezeichnete diese fallen mit dem „Verlust der Form“ und dem
„organischen Irrgarten in dem sich der Jugendstil verlaufen hat.“ Der
von ihm geprägte Begriff des „Objektilen“ als eine Weiterentwicklung der
Leibnitzschen Falte. Heutzutage sind Design und Architektur einer Meinung
nach wieder zur Form zurückgekehrt, um überhaupt im Stande zu sein, mit
Hilfe von CAD- CAM Technologien zu realisierbaren Resultaten zu kommen.
Die Avant Garde der 1960er und 70er Jahre brachte ein gewisses Maß an
„Formlosigkeit.“ Die Designs von Büros wie
Archigram oder Superstudio mit ihren „soft cities“, ihren Metaphern einer
mechanisierten Umwelt oder ihren quasi organischen urbanen Landschaften
waren Phantasien die auf einer industriellen und Mechanischen Gesellschaft
sowie der Popkultur beruhten.
Diese Pop-Designer entwickelten „blobby shapes“ auch aufgrund frei
formbarer Materialien wie Kunststoffe und Beton. Ihre eigentliche Leistung
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aber vollbrachten diese Gruppen in der Neuinterpretation von Technologie
und ihre Position innerhalb von Kultur, Architektur und Gesellschaft und im
Überschreiten der normen für Ästhetik und Schönheit.
Archigram zum Beispiel erforschte in Projekten wie „Plug in City“, „Living
Pod“ und „Instant City“ die Kontinuität der Veränderung und neue
Technologien jenseits einer oberflächlichen Formspielerei.
Wie
schon
in
der
Vergangenheit
versuchen
gegenwärtige
digitale
Architekturen ihre Legitimation innerhalb der neuesten technologischen
Entwicklungen, neuer digitaler Methoden der Konzeption und Produktion und
der daraus folgenden Ästhetik von komplexen gebogenen Linien und
Oberflächen.
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Weiche_Architekturen
Die
Verwendung
digitaler
Medien
fordert
traditionelle
Design
und
Konstruktions-prozesse, aber für viele Architekten, die noch im Geist eines
euklidischen
Weltbildes
aufgewachsen
sind,
stellt
das
Auftauchen
kurvenlinearer Formen ein beträchtliches Problem dar. Weil sich die
Architekturtheorie der Moderne und der Postmoderne inzwischen überdauert
hat, und wir in einem gewissen Vakuum stecken, werden „Hypersurface“
Architekturen als räumlich schwer zuordenbar und kaum vergleichbar
eingestuft.
Was dabei gerne übersehen wird ist, dass diese neuen „weichen“
Architekturen in einen weiteren kulturellen und auch Designdiskurs
eingebettet sind. Abgerundete Konturen sind im letzten Jahrzehnt überall in
unserem Umfeld aufgetaucht.
Angefangen bei Zahnbürsten, Toastern oder Computern bis hin zu Autos,
Flugzeugen und dergleichen.
Wahrscheinlich aus dem Grund eines fehlenden theoretischen Rahmens,
sowie dem oft fadenscheinigen Argument einer Unpraktibilität sind diese
Kurven in der Architektur für lange Zeit ignoriert worden.
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Diese Missachtung auf formaler Ebene wird noch ergänzt durch ein
weiteres Problem, dem des nicht angewandten technologischen Wissens 3dimensionaler digitaler „Modeling-Software.“ Auch unter vielen Lehrenden
und Studenten wird nicht zwischen digitalen Zeichenprogrammen, 3-D
Modellern
und
4D
Animationsprogrammen
unterschieden.
Dem
entsprechend besteht zwar ein technisches Wissen über die einzelnen
Befehle der Programme, aber ganz selten werden sie entsprechend ihrer
eigentlichen Denkweise eingesetzt und verwendet.
Fähigkeiten, die im
Bereich des Industriedesigns seit Jahren schon selbstverständlich sind. Das
aus der Flugzeugindustrie stammende CATIA (Computer Aided Three
Dimensional Interactive Application) war schon über 20 Jahre in
Verwendung bevor es von Frank Gehry für sein Büro und seine
Projektentwicklung entdeckt wurde. Es wird auch heute noch von sehr
wenigen Architekturbüros verwendet. Hauptsächlich wegen der relativ hohen
Anschaffungskosten, die von diesem System ausgehen. Es gibt aber
verschiedene Alternativen, die aus der Design- und Animationsindustrie
stammen und langsam bei uns Fuß fassen. Dazu zählen Programme wie
Rhino, 3D-Max, Maya, Cinema 4D und Form Z. Diese stehen im Krassen
Gegensatz zu Programmen wie AutoCad, ArchiCad, Vectorworks,
Nemetschek, etc... Diese klassischen Bauzeichenprogramme kommen aus
einem klassischen Verständnis der generativen Prozesses in der Architektur
und zielen darauf ab, die Planung und Durchführung konventionell
entworfener Baukörper zu erleichtern. Bei komplexeren Formen sind ihre
Grenzen aber schnell erreicht. Zum jetzigen Zeitpunkt sind grundsätzliche
Kenntnisse in beiden Programmebenen noch unerlässlich, um im „realen“
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Baugeschehen bestehen zu können. Es gibt nur Wenige Programme, die ein
funktionstüchtiges Interface zwischen diesen beiden Programmtypen
besitzen.
Warum aber dieses plötzliche Interesse an diesen „blobby forms“? 3-D
Modelling Software, die auf NURBS (Non- Uniform Rational B-Splines)
beruht, d.h. auf parametrischen kurven und Oberflächen, hat uns ein weites
Feld an komplexen Formen eröffnet, die bis zum auftauchen von CAD/CAM
Technologien sehr schwer zu konzipieren, geschweige denn zu realisieren
waren. Ein neues formales Universum verlangt andererseits eine völlig neue
Suche nach einer Tektonik, die es uns ermöglicht, diese Freiformprojekte
und Flächen und Häute auch mit finanzierbaren Kosten realisieren zu
können.
Inspiriert durch die Schriften der großen Denker, wie Leibnitz und Deleuze,
erforschen einige Architekten räumliche Zusammenhänge nicht euklidischer
Geometrien, andere begründen ihre Raumforschung auf dem Begriff der
Topologie, einem Zweig der Mathematik, der sich mit den Eigenschaften
von verformten Körpern beschäftigt.
Solche deformierte Körper, wie z.B. der Torus,
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die Möbiusschleife oder
die Klein’sche Flasche haben ihren Platz im architektonischen Diskurs
gefestigt. In einigen Fällen, sind Projekte sogar direkt nach ihren
topologischen Ursprüngen benannt.
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Die wohl bekanntesten Beispiele dafür ist das Möbius Haus von Ben van
Berkel und Caroline Bos (UN- Studio) von 1995
und das Torus Haus von Preston Scott Thomas aus dem Jahre 2001.
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Die Attraktivität topologischer Geometrien liegt zum Teil im Ästhetischen, im
Technologischen aber auch im Ideologischen. In der Topologie dreht es sich
schlussendlich um Beziehungen, Verbindungen, Abhängigkeiten innerhalb
eines räumlichen Kontextes und nicht um eine spezifische Form. Ein
einzelnes topologisches Konstrukt kann sich durch eine vielfache Anzahl von
Formen manifestieren. Und diese Formen müssen nicht kurvenlinear
konstruiert sein. Topologie ist, mit anderen Worten, weniger eine räumliche
Bestimmung sondern die Beschreibung räumlicher Beziehungen. Nur weil
viele Mathematiker diese Beziehungen mit kurvenlinearen Diagrammen
beschreiben, könnte man glaube, Topologien sind ein Synonym für
gekrümmte Flächen. Ein weit verbreitetes Missverständnis. Deswegen wird
in
landläufigen
architektonischen Diskursen gerne
„topologisch“
mit
gekrümmt gleichgesetzt und umgekehrt.
Was uns aber eigentlich an Topologien interessieren sollte ist weniger die
Form an sich als Form als strukturelles Element von Beziehungen,
Interaktionen
oder Abhängigkeiten die sowohl Systemintern als auch in
Verbindung mit dem Außen (Umwelt) bestehen. Ob ein Projekt eine
gekrümmte Form („Blob“) oder eine rechtwinkelige Form („Box“) erhält,
sollte ein Resultat gewisser performativer Umstände sein, die aus der
Entwicklung des Projektes resultieren. Dabei ist es egal ob diese
morphologischen, kulturellen, tektonischen, materiellen, wirtschaftlichen,
oder sonstigen Umständen entspringen.
Boxen und Blobs sollten allerdings nicht als unüberwindbare Gegensätze
sondern nur als unterschiedliche Instanzen auf einer Skala ansteigender
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Komplexität verstanden werden, die sogar innerhalb desselben Gebäudes
existieren können. In Zukunft, wenn Gebäude „intelligenter“ werden, werden
die Informationen die Oberflächen an ihre Umwelt übermitteln und
Informationen die sie von ihr aufnehmen von Bedeutung sein und die
eigentliche form wird an Bedeutung verlieren.
Neue formale Entwicklungen
Die Verwendung drei- und vier-dimensionaler digitaler Modeliertechniken
innerhalb der Architektur hat zur Entwicklung von Formen geführt, die nicht
auf konventionellem weg entstanden sind. Diese neuen „Shapes“ sind durch
generative Prozesse entstanden, die auf Konzepten wie topologischer
Raum,
isomorphe
Schalen,
dynamische
Systeme,
parametrisches
Entwerfen, genetische Algorhytmen und wie sie alle heißen mögen,
beruhen.
Diese Veränderungen sind nicht rein formaler Natur. Wie schon früher
erwähnt ist es nun möglich komplexe Aufgaben mit neuen Methoden zu
erstellen, und das zu relativ vernünftigen Preisen. Mit anderen Worten, der
Prozess des Entwerfens, des Konstruierens wird nun viel direkter und
unmittelbarer und damit viel komplexer, weil die vom Architekten
produzierten Informationen viel einfacher und schneller verarbeitet werden
können, als noch vor einigen Jahren. Die Designinformation ist die
Konstruktionsinformation.
Dieser auf dem Prozess basierende Wechsel ist um einiges signifikanter als
die rein formale Entwicklung.
Ein großer Teil unserer materiellen Welt,
angefangen von den einfachsten Konsumgütern hin zu Hi-Tech Flugzeugen
werden inzwischen mit Methoden entwickelt und hergestellt, die Design,
Analyse, Repräsentation, Herstellung und Montage in einen komplexen
interdisziplinären Prozess mit weichen oft unscheinbaren Übergängen
zwischen den einzelnen Schritten, die wiederum unweigerlich auf digitalen
Methoden und Techniken beruhen. Nur in der Bauindustrie vollzieht sich
dieser Übergang nur recht langsam. Die unglaubliche Chance, die sich
hierbei ergibt, liegt darin, dass Architekten wieder viel mehr Kontrolle über
den eigentlichen Bau Prozess bekommen und dadurch eine, eine lange Zeit
nicht notwendige Position, im gesamten Geschehen wieder erlangen. Das
liegt wiederum daran, dass die digitale Designinformation direkt in die
eigentliche Konstruktionsinformation umwandelt indem diese Daten direkt
bearbeitet und ausgetauscht werden. Das heißt, wiederum auf Architektur
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bezogen, die Verwendung digitaler Technologien wirft nicht nur eine
ideologische Frage auf oder eine über Form oder Tektonik, sondern auch
das Problem der Signifikanz von Information und wer sie daraufhin auch
kontrolliert.
Das ultimative Ziel wird wohl ein 4-dimensionales Modell, das alle
qualitativen und quantitativen Informationen enthält, die für Design, Analyse,
Herstellung und Konstruktion notwendig sind.
Darüber hinaus aber noch eine zeitabhängige Information, welche die
einzelnen Montageabläufe koordiniert. Diese komprimierte Quelle von
Information würde es den Architekten wieder erlauben die KoordinatorenPosition unter den verschiedenen Professionisten im Baugeschehen
einzunehmen. Dadurch kommt dem Architekten wieder die Möglichkeit zu,
sich zentral im eigentlichen Baugeschehen zu positionieren und mehr
Kontrolle über das Geschehen zu erhalten. Ob
sie das allerdings auch
erreichen wollen, wird innerhalb unserer eigenen Reihen noch intensiv
diskutiert werden müssen. Ebenso müssen einige daraus resultierende
rechtliche Konsequenzen überdacht und bearbeitet werden.
Die
erste
Herausforderung
liegt
aber
darin,
ein
funktionierendes
Informations- Modell zu entwickeln das eben die unterschiedlichen
Informationstypen der einzelnen Parteien synthetisieren kann, und somit
eine Interaktion mittels eines Mediums ermöglicht. Ein Ziel, das die CAD
Gemeinschaft immer noch nicht erreicht hat.
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Ein mögliches Vorbild für solche Aktivitäten bietet die Schiffsbauindustrie.
Natürlich gibt es signifikante Unterschiede zur Architektur aber es sind
Gemeinsamkeiten wie Größe und Komplexität.
Architekten haben sich oft in der Geschichte an den Fähigkeiten des
Schiffsbaues
orientiert
uns
sich
und
ihre
Profession
dadurch
weiterentwickelt.
Zum Beispiel die Basilika an der Piazza die Signori in Vicenza (1617) ist
ein invertierter Schiffsrumpf, der von Schiffsbauern aus Venedig hatte
errichtet werden müssen.
Buckminster Fuller hat für sein „Dymaxion House“
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und sein “Dymaxion Car“ Konstruktion und Bauweise aus der Flugzeugund Schiffsbautechnologie abgeleitet. Die Teile wurden schließendlich auch
in einer Werft in Bridgeport, Connecticut hergestellt. Gleiches gilt für Gehry’s
Guggenheim Museum in Bilbao, dessen Errichtung ohne das Wissen der
lokalen Schiffsbauer unmöglich gewesen wäre.
Das „NatWest Media Center“ (1999) auf dem Lord’s Cricket Ground in
London, das von Future Systems entwickelt wurde, wurde in einer kleinen
Werft in Cornwall hergestellt und in einzelnen Teilen nach London
transportiert und unter deren Anleitung vor Ort zusammengebaut.
Das
Fachwissen über Aluminium Hüllen ermöglichte das erste Semi-Monocoque
Gebäude der Geschichte.
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Unser Hauptproblem liegt aber in folgendem:
Die CAD/CAM Programme, die wir heutzutage verwenden wurden eigentlich
für die Konsumgüterindustrie entwickelt. Animationssoftware wie alias, 3DMax, Maya, Cinema 4D etc..., dienen der Filmindustrie für ihre Spezial
Effekte.
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EINSCHUB:
DIVERSE DEFINITIONEN
Kartographie
ist die Wissenschaft und Technik, raumbezogene Informationen
(Geoinformationen) mit analogen und digitalen Verfahren in
unterschiedlichen Medien zu vermitteln und insbesondere zu
veranschaulichen.
Moderne
Veranschaulichungsmedien
der
Kartographie sind z.B. Bildschirme und Displays, auf denen
raumbezogene Informationen durch Grafiken, Bilder, Fotos oder
dreidimensionale Modelle statisch oder dynamisch angezeigt werden
und mit denen Benutzer interaktiv kommunizieren können. Die
Hauptaufgabe und damit das Kernproblem der Kartographie bestehen
darin, komplexe, im Originalraum - im Maßstab 1:1 - sich ereignende
Phänomene, Sachverhalte und Prozesse auf einer maßstäblich
erheblich verkleinerten Darstellungsfläche (Kartenblatt, Bildschirm)
abzubilden und zu beschreiben. Um dies sinnvoll zu ermöglichen,
müssen die Kartographen aus der Fülle der Originaldaten die
wichtigsten oder typischen auswählen oder zusammenfassen und für
die Darstellung "generalisieren". Zur Veranschaulichung der wirklich
darstellungswürdigen Informationen dient vor allem ein System
kartographischer Zeichen. Die Generalisierung der Originaldaten und
die Gestaltung und Anordnung der Kartenzeichen (Signaturen)
müssen so ausgeführt werden, dass der Benutzer des kartographischen
Produkts die zu vermittelnden Informationen leicht aufnehmen und
verstehen kann. Ziel ist es letztlich, vom Originalraum, z.B. einem
Erdoberflächenausschnitt, ein Modell in Form des kartographischen
Produkts zu erstellen, das es dem Nutzer ermöglicht, eine Vorstellung
vom Original zu gewinnen und seine im Gehirn gespeicherte kognitive
Karte zu erweitern oder zu korrigieren.
Das Lehnwort Topographie
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kommt vom griechischen topos „Ort“ und grafeïn (γραφειν)
„zeichnen, beschreiben“, bedeutet also wörtlich Ortsbeschreibung und
sinngemäß Geländeskizze oder Landkarte.
In der Kartographie und Vermessungskunde: möglichst naturgetreue
Wiedergabe
von
Erscheinungen
der
Erdoberfläche
und
ihre
symbolhafte und graphische Darstellung auf Karten.
In der Metallurgie und der Materialprüfung spricht man von
Topografie bei mikroskopisch feinen Oberflächen.
In der der Anatomie beschreibt Topografie die Lage der Organe
zueinander.
Als Topologie
(von griech.: tópos „Ort, Platz“ und logos „Lehre, Wissen, Wort“)
bezeichnet man:
Die Lehre oder Wissenschaft von Ortsfunktionen oder Ortslagen in
Geographie und Architektur, die nicht durch die Topografie
beschrieben werden können.
oder
die Topologie
oder Analysis situs, wie sie früher meistens genannt wurde, ist ein
Teilgebiet der Mathematik. Sie ist im wesentlichen eine Schöpfung
des 20. Jahrhunderts und trotzdem bereits seit Jahrzehnten als
Grundlagenfach anerkannt. Insofern hat sie (zusammen unter anderem
mit der linearen Algebra und der Maßtheorie) das Erbe der Geometrie
angetreten.
Ebenso gilt:
Topologie ist die Anordnung der Neuronen in einem künstlichen
neuronalen Netz
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Gegenstände der Topologie sind in umfassender Weise die
topologischen Räume und deren charakteristische topologische
Strukturen. (Auch diese werden häufig kurz Topologien genannt.)
Topologische Räume können als radikale Verallgemeinerung des
„Anschauungs-raumes“ der Elementargeometrie verstanden werden,
und der erstaunliche Erfolg dieses Konzeptes ist die Folge seiner
Fähigkeit, eine Vielzahl von Phänomenen zu integrieren.
Ein topologischer Raum
ist der grundlegende Gegenstand der Teildisziplin Topologie der
Mathematik. Er besteht aus einer beliebigen Menge, der durch
Spezifizierung
einer
so
genannten Topologie
eine
abstrakte
mathematische Raumstruktur aufgeprägt wird.
Tektonik
bedeutet - entsprechend der griechischen Wortwurzel - den Aufbau
von zusammengesetzten Strukturen. Das Wort wird insbesondere für
die Gliederung der Erdkruste verwendet, aber auch für Gebäude und
in der Dichtkunst.
Im technischen Sinn befasst sich die Tektonik in der Architektur mit
dem Zusammensetzen der Bauteile zu einem Gefüge, bzw. mit der
Körperlichkeit in der Architektur. Der nächste Schritt zu einer
Verallgemeinerung der Raumauffassung ist das Aufheben von
Vertikalen und Horizontalen.
In der Bildenden Kunst ist der Begriff Tektonik in der russischen
Avantgarde und im Konstruktivismus als Begriff für die
Verbindung von Architektur und Malerei anzutreffen.
In der Dichtkunst spricht man von Tektonik bei einem strengen,
dramatischen Aufbau einer Dichtung.
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Eine digitale Morphogenese
In zeitgenössischem Architekturschaffen, werden digitale Medien, wie schon
gesagt, nicht mehr nur als planliches oder repräsentatives Werkzeug für
Visualisierungen verwendet, sondern für die Entwicklung von form und ihre
Veränderung – die digitale Morphogenese. Durch einen radikalen Bruch mit
den bisher überlieferten Entwurfstechniken, werden digital generierte formen
nicht einfach gezeichnet sondern sie werden durch die jeweils gewählte
mathematische, berechnende Methode generiert. Anstatt nur eine Form zu
schaffen, generieren digital arbeitende Designer eine innere generative
Logik, die ihrerseits imstande ist, unterschiedliche formale Varianten eines
Konzeptes zu produzieren.
Der Plan verliert seine primäre generierende rolle, der Schnitt dient nur mehr
analytischen
Zwecken.
Raster
und
Regelsysteme
verlieren
ihre
Daseinsberechtigung, denn unendliche Variabilität wird genauso realisierbar
wie modulare Systeme. Der digitale, generative Prozess eröffnet neue
Bereiche für eine konzeptuelle, formale und tektonische Forschung, die
versucht eine architektonische Morphologie zu entwickeln, die sich auf die
emergenten und adaptiven Eigenschaften von Form beziehen. Der Prozess
wechselt vom „Form machen“ zum „Form finden“
Topologie im Digitalen Prozess
Digitale Architekturen werden durch digitale Prozesse von Formfindung und
Transformation gesteuert; d.h. unsere Beziehung zu Computer generierten
Konzepten, wie z.B. topologische Geometrien, isomorphe Polysurfaces
(„blobs“), „Motion Kinematics“ und „Dynamics“, Schlüsselfigur Animationen
(Metamorphosen), genetische Algorithmen, etc… führt durch andere
Techniken und neue Definitionen zu den jetzt gewünschten Resultaten.
Dem Begriff der Topologie wird deshalb im architektonischen Diskurs so viel
Bedeutung zugewiesen, weil die Entwicklung uns vom reinen Formwillen
weg führt und die Beziehungen, die zwischen und innerhalb der einzelnen
Bereiche existieren, zu den Projekt entscheidenden Faktoren werden. Diese
zusammenhänge werden zu den strukturierenden und organisierenden
Prinzip für die Generierung und Transformation von Form.
Nach
mathematischer
Definition
beschreibt
Topologie
also
die
innewohnenden, qualitativen Eigenschaften geometrischer Formen, deren
Wesen es ist, sich trotz Veränderungen in Größe oder Form, ihre
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Digitale Methoden der Gestaltung
Institut für Gestaltung _Studio2
eigentlichen Parameter zu behalten; d.h. sie verändern sich nur begrenzt
durch Operationen, wie Dehnen oder Verdrehen. Ein Kreis und eine Ellipse
und ein Quadrat und ein Rechteck können topologisch als equivalent
betrachtet werden. Diese Eigenschaft wird heute als Homeomorph
bezeichnet. Eben das ist für uns so interessant, da eben nicht die eigentliche
Form sondern die Beziehung der einzelnen Elemente betrachtet wird. Das
heißt, dieselben topologischen Eigenschaften können sich in einer Vielzahl
von Geometrien und Formen manifestieren.
Aus diesem Grund sind geometrische Figuren, wie das Möbiusband, durch
ihre Eigenheit, nur eine Seite zu besitzen, für uns so interessant. Seine Form
hat das Potential Architektur zu entwickeln, die die Grenzen zwischen dem
Innen
und
dem
Außen
zu
verwischen
mag.
Die
normativen
Unterscheidungen zwischen innen und außen werden vermieden. Die
transparenten und auch massiven Grenzen, die ein Gebäude in der Realität
als funktionierende Klimahülle benötigt, arbeiten natürlich gegen diese
weichen Übergänge und Kontinuitäten. Was jetzt Topologie so interessant
macht sind aber nicht die komplexen Formen, wie sie uns das Möbiusband
eigentlich vorgibt, sondern der Vorzug der unterschiedlichen Beziehungen
und die inhärenten Qualitäten und die Interkonnektivität die innerhalb und
außerhalb im Kontext des architektonischen Prozesses existieren.
Weil topologische Strukturen gerne durch komplexe kuvenlineare Formen
repräsentiert werden, wird der Begriff selbst gerne mit gekrümmten
Oberflächen gleichgesetzt, was aber absolut falsch ist. Ein weiteres
Missverständnis liegt darin topologisch produzierte Formen als „Nicht
euklidische Formen“ zu bezeichnen. Sobald einer topologischen Struktur
eine geometrische, architektonische form gegeben wird ist das ein rein
euklidischer Körper. Wie das nächste Kapitel zeigen wird, sind euklidische
und nicht euklidische Geometrien Teile des selben geometrischen
Universums, in dem die euklidischen
Geometrien nur einen Sonderfall
darstellen obwohl sie in den letzten Jahrhunderten das architektonische
Schaffen dominiert haben.
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