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Algebraische Topologie
Vorlesung 01
14.04.2005
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Literatur:
[1] Wolfgang Lück, Algebraische Topologie, Vieweg, 2005. [2] R. Stöcker, H. Zieschang, Algebraische Topologie,
Teubner, 1994.
Voraussetzungen für diese Vorlesung:
Algebra I (unbedingt)
Mengentheoretische Topologie (wäre gut)
Gruppentheorie (wünschenswert)
I
Wiederholungen, Grundlagen, Beispiele
§1
Topologische Grundbegriffe
(1.1) Definition. Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, O) bestehend aus einer Menge X und einer Menge
O von Teilmengen von X mit
S
(a) Ist I Indexmengen und Ui ∈ O, i ∈ I ⇒ i∈I Ui ∈ O.
T
(b) Ist I Indexmenge, |I| < ∞, Ui ∈ O, i ∈ I ⇒ i∈I Ui ∈ O.
(c) X ∈ O, ∅ ∈ O.
Die Elemente aus O heißen offene Mengen in X. A ⊆ X heißt abgeschlossen, falls X \ A ∈ O.
(1.2) Beispiel. Sei X Menge.
(a) O = {∅, X} heißt die indiskrete Topologie auf X und O = {U ⊆ X} heißt die diskrete Topologie auf X.
(b) O = {U ⊆ X | X \ U endlich} ∪ {∅} ist eine Topologie auf X, die Komplement-endlich-Topologie.
pPn
2
(c) Sei d eine Metrik auf X (z.B. X = Rn , d die euklidische Metrik auf Rn , d.h. d(x, y) =
i=1 (xi − yi ) ).
U ⊆ X offen :⇔ ∀x ∈ U ∃ε ∈ R>0 mit {y ∈ X | d(x, y) < ε} ⊆ U .
O := {U ⊆ X | U offen} ist eine Topologie auf X, die von d induzierte Topologie.
⋆ Die von der euklidischen Metrik auf Rn induzierte Topologie heißt die natürliche Topologie auf Rn .
(offen: wie in Analysis)
⋆ Im Folgenden sei (X, O) ein topologischer Raum.
(1.3) Definition. Sei x ∈ X. V ⊆ X heißt Umgebung von x, falls U ∈ O existiert mit x ∈ U ⊆ V .
(1.4) Definition. X heißt Hausdorff-Raum, oder hausdorffsch, falls gilt: Für alle x1 , x2 ∈ X, x1 6= x2 existieren
Umgebungen Vi von xi , i ∈ {1, 2} mit V1 ∩V2 = ∅. (Je zwei Punkte von X lassen sich durch Umgebungen trennen,
vgl. Abbildung 1.)
1
www.sigma-mathematics.de/semester5/algtop/vorlesungen/vorlesung01.pdf
2
Abbildung 1: Hausdorffraum
(1.5) Beispiel. (a) Sei O die von einer Metrik auf X induzierte Topologie. Dann ist X hausdorffsch: Seien
x1 6= x2 ∈ X ⇒ δ := d(x1 , x2 ) > 0. Setze Vi := {y ∈ X | d(xi , y) < 2δ }, i ∈ {1, 2}.
(b) Sei O die Komplement-endlich-Topologie auf X. Dann gilt: X ist hausdorffsch ⇔ X endlich.
(1.6) Definition. Sei Y ⊆ X.
(a) O ∩ Y := {U ∩ Y | U ∈ O} ist Topologie auf Y , die Teilraum- oder Spurtopologie. (Eine Teilmenge Y ⊆ X
wird, wenn ich nichts Gegenteiliges sage, als topologischer Raum mit der Spurtopologie aufgefasst.)
(b) Y̊ := {y ∈ Y | Y ist Umgebung (in X) von y} heißt das Innere von Y . Y̊ ist offen, die größte offene
Teilmenge von X, die in Y liegt.
(c) Ȳ := {x ∈ X | Y ∩ V 6= ∅ für alle Umgebungen V von x} heißt der Abschluss von Y in X. Ȳ ist
abgeschlossen, die kleinste abgeschlossene Teilmenge von X, die Y enthält.
(d) ∂Y := Ȳ \ Y̊ heißt der Rand von Y .
(1.7) Beispiel. X = R (natürliche Top.), Y = (0, 1].
Y̊ = (0, 1), Ȳ = [0, 1], ∂Y = {0, 1}.
(1.8) Definition. Seien X, Y topologische Räume, f : X → Y .
(a) f heißt stetig, falls f −1 (V ) offen in X für alle offenen V ⊆ Y . (f −1 (V ) := {u ∈ X | f (u) ∈ V } volles
Urbild.)
(b) f heißt Homöomorphismus, falls f bijektiv ist und f und f −1 stetig sind.
(c) X und Y heißen homöomorph, geschrieben X ≈ Y , falls ein Homöomorphismus f : X → Y existiert.
p Pn
n
2
(1.9) Beispiel. (a) Sei 0 6= n ∈ N. Setze Dn := {x ∈ Rn | |x| ≤ 1} (|x| := ||x|| :=
i=1 xi ), D̊ :=
x
n
n
n
n
n
{x ∈ R | |x| < 1}. D̊ (mit Spurtopologie) ≈ R . f : D̊ → R , x 7→ 1−|x| ist Homöomorphismus,
f −1 : Rn → D̊n , x 7→
x
1+|x|
(b) Ist 0 6= m, n ∈ N, m 6= n, dann ist Rm 6≈ Rn (Beweis später).
(1.10) Definition. (a) B ⊆ O heißt Basis der Topologie, falls jedes Element aus O (d.h. jede offene Menge)
Vereinigung von Mengen aus B ist.
(b) X erfüllt das 2. Abzählbarkeitsaxiom, falls die Topologie O eine abzählbare Basis besitzt. (Z.B. Rn ,
Ux,ε := {y ∈ Rn | d(x, y) < ε}, x ∈ Qn , ε ∈ { n1 | n ∈ N \ {0}} ist abzählbare Basis der natürlichen
Topologie auf Rn .
(1.11) Definition. X heißt n-dimensionale topologische Mannigfaltigkeit, wenn gilt:
(a) X ist hausdorffsch.
(b) X erfüllt das 2. Abzählbarkeitsaxiom.
(c) Zu jedem x ∈ X existiert eine offene Umgebung V ⊆ X, so dass V homöomorph zu einer offenen Teilmenge
von Rn ist.
(1.12) Beispiel. Sei 0 6= n ∈ N. Sei S n := {x ∈ Rn+1 | |x| = 1} ⊆ Rn+1 die n-Sphäre. S n ist n-dimensionale
Mannigfaltigkeit (manifold):
www.sigma-mathematics.de/semester5/algtop/vorlesungen/vorlesung01.pdf
3
Abbildung 2: Die 2-dimensionale Sphäre
Abbildung 3: Unterteilung der 1-Sphäre in zwei Hälften
(a) S n ist hausdorffsch, weil Rn+1 es ist.
(b) S n erfüllt das 2. Abzählbarkeitsaxiom, weil Rn+1 es tut.
n
n
n
:= {(x1 , . . . , xn+1 ) ∈ S n | xn+1 < 12 }. H±
offen in S n
:= {(x1 , . . . , xn+1 ) ∈ S n | xn+1 > − 12 }, H−
(c) Sei H+
p
Pn
n
n
n
n
n
und S = H+ ∪ H− . Die Abbildungen p± : D̊ → H± , (x1 , . . . , xn ) 7→ (x1 , . . . , xn , ± 1 − i=1 x2i ) sind
Homöomorphismen. (Vgl. Abbildungen 2 und 3.)
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