11.2 Kreislaufsysteme

Werbung
714
11 Blut und Kreislaufsysteme
11.2
11
Kreislaufsysteme
Mit zunehmender Größe und zellulärer Differenzierung eines Organismus erfolgt
der Stofftransport innerhalb eines Organismus durch strömende Körperflüssigkeit. Vorteilhaft ist die Entwicklung eines Herzkreislaufsystems, das aus
einem Gefäß- und einem Pumpsystem besteht. In offenen Kreislaufsystemen
verlässt die Flüssigkeit die Gefäße in Richtung Körperinneres und je nach den Erfordernissen führen andere Gefäße sie aus dem Körper wieder in das Kreislaufsystem zurück. Da verbindende Kapillaren fehlen, umspült die Hämolymphe die Zellen und Organe. Charakteristisches Kennzeichen eines geschlossenen Kreislaufsystems ist die Verbindung aller Gefäße über ein Kapillarsystem, sodass Blut nur
innerhalb des geschlossenen Systems zirkuliert. Je größer die Kreislaufsysteme
sind und je feiner die Vernetzung der Gefäße, um so wichtiger ist die Ausbildung
von Pumpmechanismen, die eine ausreichende Strömung in den Gefäßen erzeugen. Ausgehend von einfachen Muskelbewegungen, über kontraktile Gefäße,
entwickelten sich spezielle Organe, die zentrale Pumpstationen darstellen: die
Herzen.
11.2.1
Gefäße
Um die verschiedenen Gewebe in größeren Tieren ausreichend zu versorgen bzw.
Abfallprodukte zu entsorgen, entwickelt sich ein Gefäßsystem mit einem Antriebsoder Pumpsystem in Form eines Herzens oder kontraktiler Gefäße. Von diesen ausgehend wird die Körperflüssigkeit über das arterielle Gefäßsystem in den Körper
verteilt. In feinen Kapillaren erfolgt der Stoffaustausch zwischen Gefäßflüssigkeit
und interstitieller Flüssigkeit, und ein venöses Gefäßsystem transportiert die Gefäßflüssigkeit wieder zu den Pumpstationen zurück.
Arterien und Venen besitzen einen dreischichtigen Wandaufbau (Abb. 11.8).
Die Ausbildung und Stärke der Schichten unterscheidet sich nach dem Gefäßtyp,
aber grundsätzlich liegen von innen nach außen:
– Die Tunica intima (Tunica interna) begrenzt das Gefäßlumen durch eine einschichtige Lage lückenloser Endothelzellen. Darunter liegen Kollagenfasern
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Thrombin: Wichtiges Enzym in der Blutgerinnungskaskade, das Fibrinogen zu Fibrin
spaltet und damit die Bestandteile des Fibrinnetzwerkes bereitstellt, das die Wunde
verschließt.
Thrombocyten (Blutplättchen): Zellen, die bei der Blutgerinnung, aber auch bei
der Fibrinolyse wichtige Funktionen haben.
Fibrinolyse: Auflösung eines Blutgerinnsels nach Wundheilung. Die daran beteiligten Faktoren und Enzyme sorgen auch für eine Begrenzung der Gerinnungsvorgänge
auf verletzte Gewebebereiche.
11.2 Kreislaufsysteme
Vene
715
Arterie
Tunica externa
(Adventitia;
Bindegewebe)
Elastica externa
Elastica interna
Abb. 11.8 Aufbau von Arterie und Vene.
Tunica intima (Intima;
Endothel, subendotheliale Schicht)
und Elastin, die in Richtung des Gefäßverlaufes angeordnet sind. Diese dünne
Bindegewebsschicht kann zu einer elastischen Faserschicht, der Elastica interna,
ausgeprägt sein, die den Übergang zur Tunica media bildet.
– Die Tunica media besteht aus zirkulär angeordneten, glatten Muskelzellen, die
das Gefäßlumen verengen können und Kollagenfibrillen. Eine weitere elastische
Lage, die Elastica externa, kann die Tunica media gegen die aufgelagerte Tunica
externa abgrenzen.
– Die Tunica externa (Tunica adventitia) besteht aus Bindegewebe und enthält
Elastin- und Kollagenfasern. Sie verbindet das Gefäß über dieses Fasernetz elastisch mit den umgebenden Geweben.
Die großen Gefäße, die direkt vom Herzen ausgehen, sind sehr elastisch, sodass der
rhythmische Ausstoß des Blutes aus dem Herzen in eine gleichmäßige Strömung
umgewandelt wird. Der Venenaufbau ist prinzipiell dem Aufbau der Arterien ähnlich. Aufgrund der geringen Druckbelastung kann die Gefäßwand einer Vene jedoch
wesentlich dünner sein, und der dreischichtige Aufbau ist durch eine schwach ausgebildete Tunica media kaum erkennbar. Venen der Extremitäten weisen insbesondere bei den Wirbeltieren Taschenklappen auf, die dem Rückstrom des Blutes in
die Beine entgegenwirken. In den Arterien ist die Strömungsgeschwindigkeit
höher als in den Venen, da Arterien ein geringeres Lumen als Venen besitzen
(Hagen-Poiseuillesches-Gesetz, S. 734). Die Lumina der Arterien sind über große
Strecken des Kreislaufsystems konstant, wohingegen Venen eine Ausweitung
ihrer Lumina innerhalb eines Gefäßsystems erfahren.
Kapillaren, deren Wand neben einer Basalmembran aus einem meist einschichtigen Endothel besteht, haben einen Durchmesser zwischen 5 und 10 µm. In den
meisten Organen und Geweben bilden sie ein Netzwerk, in dem die Durchflussfläche wegen der großen Zahl an Kapillaren enorm erhöht ist. Der lokale Blutdruck
fällt entsprechend ab (S. 735) und damit die Strömungsgeschwindigkeit, sodass
ausreichend Zeit für den Stoffaustausch vorhanden ist. Das gesamte Kapillarnetz
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Tunica media (Media;
glatte Muskulatur)
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
könnte etwa 14 % des gesamten Blutvolumens fassen, meist wird aber nur ein Drittel bis die Hälfte der Kapillaren durchströmt.
Der Einfluss, den der Druck in den Kapillaren beim Stoffaustausch hat, ist von
großer Bedeutung, da die Gewebe, die durch Kapillaren versorgt werden, nicht in
direktem Kontakt mit der Flüssigkeit stehen, sondern durch das einschichtige Endothel der Kapillaren (S. 363) von den Substanzen und respiratorischen Trägermolekülen getrennt sind (Atmung, S. 739). Jedoch ist keine Körperzelle weiter als 50
μm von der nächsten Kapillare entfernt.
Der Stofftransport durch das Endothel ist auf dem parazellulären (zwischen den Endothelzellen hindurch, er wird durch die Beschaffenheit der Tight Junctions bestimmt) und dem
transzellulären (durch die Endothelzellen hindurch) Weg möglich. Die Kapillarpermeabilität ist in den einzelnen Organen sehr unterschiedlich. Bei den meisten Kapillaren bestehen
die Tight Junctions nur aus wenigen Verschlussleisten, die unregelmäßige Lücken aufweisen und daher für Wasser und kleinere Moleküle durchlässig sind. In anderen Organen
sind die Tight Junctions weitestgehend dicht (Blut-Hirn-Schranke, S. 407) und der Transport
ist auf den transzellulären Weg beschränkt. Fenestrierte Endothelien weisen siebplattenartige Ansammlungen von Fenstern auf, die einen schnellen parazelluären Transport ermöglichen (z. B. Niere, Darmmucosa).
11
Der in den Kapillaren vorhandene Druck bewirkt den Austritt von Wasser, den
darin gelösten Stoffen und kleineren Plasmaproteinen in die Zellzwischenräume.
Die extrazelluläre Flüssigkeit entspricht also bis auf größere Plasmaproteine dem
Blut- oder Hämolymphplasma. Durch Diffusion und aktive Transportvorgänge gelangen jetzt benötigte Substanzen aus der Flüssigkeit in die Zelle. Auch wenn der
Druck in den Kapillaren sehr gering ist, besteht zwischen der proteinreicheren
Flüssigkeit in den Kapillaren und der proteinärmeren Extrazellulärflüssigkeit ein
osmotischer Druckunterschied (kolloidosmotischer Druck). Dies führt dazu, dass
die Flüssigkeit in die Kapillaren zurückkehrt und dabei die Stoffwechselprodukte
der umgebenden Zellen in den Kreislauf eingeschleust werden.
11.2.2
Kreislaufsysteme
Unter den vielzelligen Tieren (Metazoa) ist bei Schwämmen (Porifera), Nesseltieren
(Cnidaria), Schlauchwürmern (Cycloneuralia; Nemathelminthes), Plathelminthomorpha (Gnathostomulida, Plathelminthes), Sternwürmern (Sipunculida), Kratzern (Acanthocephala), Moostieren (Bryozoa), Pfeilwürmern (Chaetognatha), den
Zungenwürmern (Linguatulida, Pentastomida) und den Stachelhäutern (Echinodermata) kein spezielles Kreislaufsystem entwickelt. Diese Tiere sind so klein,
dass ihre Oberflächen für den Austausch von Atemgasen und Exkretionsprodukten
über Diffusion oder aktive Zelltransportmechanismen ausreichen, oder bei ihnen
sind die inneren wie äußeren Körperoberflächen für den Gas- und Stoffaustausch
ausreichend stark vergrößert. Häufig sind jedoch Diffusionsvorgänge nicht ausreichend, um die Atemgase und Nährstoffe im Körper zu verteilen. Dies wird dadurch
kompensiert, dass bei Tieren ohne spezielles Gefäßsystem die Leibeshöhlenflüssig-
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
716
717
keit beispielsweise durch Darmbewegungen oder durch Bewegung von Cilien des
Coelomepithels mittels Konvektion transportiert wird.
Bei verschiedenen Taxa entwickelten sich Gastrovaskularsysteme. In diesen
werden Nährstoffe im Inneren eines stark verästelten, blind endenden Darmes verteilt. So durchzieht u. a. bei den Turbellarien und Trematoden der stark verästelte
Darm fast alle Körperteile, um auf diese Weise die übrigen Körperzellen mit Nährstoffen zu versorgen (S. 672, Abb. 10.5).
Die Stachelhäuter (Echinodermata) besitzen kein spezielles Herzkreislaufsystem. Ihr sogenanntes Hämalsystem besteht aus Lakunen und einem Gefäßring
um den Mund (oraler Hämalring). Dieser Hämalring steht über Radiärgefäße mit
dem Ambulacralsystem in Verbindung. Bei Seeigeln, Seesternen und Schlangensternen existiert als Antriebsorgan des Hämalsystems das Axialorgan, das aus
einem Gefäßgeflecht besteht. Dieses Gefäßsystem des Axialorgans steht seinerseits
in Kontakt mit Gefäßen des Darmes und dem oralen Hämalring. Alle radiären oralen und aboralen Gefäßabschnitte enden blind, und es ist unklar, in welcher Richtung die Hämolymphe durch den Körper strömt. Eine Zirkulation ist nahezu unmöglich. Eine rasche Verteilung von Substanzen kann auch über das Ambulakralsystem erfolgen, welches zum Teil (über den Hämalring) mit dem Hämalsystem
verbunden ist (Abb. 1.97).
Viele Metazoa haben ein an die Notwendigkeit ihres Stofftransports angepasstes
Herzkreislaufsystem (Kardiovaskularsystem), das Körperflüssigkeiten hydrodynamisch durch die Gewebe und Organe ihres Körpers bewegt. Trotz aus ontound phylogenetischer Sicht möglichen Übergängen werden zwei Typen unterschieden: offene und geschlossene Kreislaufsysteme (Abb. 11.9).
Im offenen Kreislaufsystem sind Gewebe und Organe mit einem Gemisch aus
unterschiedlicher Körperflüssigkeit (Lymphe, Extrazellulärflüssigkeit) und Blutflüssigkeit umgeben. Diese Hämolymphe kann bis zur Hälfte des Körpervolumens
betragen, sie wird in der Regel von einem zentralen Pumporgan, dem Herz, mit
niedrigem Druck (5–10 mmHg, entspricht 0,66–1,33 Maximaldruck in kPa) aus
den Arterien in die Leibeshöhle gedrückt. Die Hämolymphe strömt also nicht nur
in Gefäßen, sondern fließt durch Lücken im Gewebe, bis sie erneut in Gefäße einströmt. Aufgrund ihres unterschiedlichen Aufbaus werden die röhrenförmigen
oder schlauchartigen Herzen der Wirbellosen mit außen liegender Muskulatur
von den gekammerten Herzen unterschieden, die bei Mollusken und typischerweise bei Vertebraten vorliegen. Bei den Wirbellosen liegt das Herz dorsal. Bei
Arthropoden ist es mit seitlichen Öffnungen (Ostien) ausgestattet. Innerhalb der
Körperhöhle existieren mehr oder weniger kompliziert gestaltete Trennwände
(Diaphragmen, Septen), die den Hämolymphstrom in bestimmte Gebiete lenken
oder aufgrund ihrer Ventilfunktion die Hämolymphmenge begrenzen. Während
die peristaltische Bewegung der Körperwandmuskulatur oder die Ausbildung
von kontraktilen Gefäßen oft ausreicht, um auch im offenen Kreislaufsystem eine
gerichtete Strömung aufrecht zu halten, sind mit zunehmender Größe und Komplexität der Gefäßsysteme aufwendigere Pumpmechanismen notwendig. Sind
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11.2 Kreislaufsysteme
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
718
dorsal
Herz
Atmungsorgan
cranial
caudal
Atmungsorgan
Herz
Gewebe
b
ventral
11
Abb. 11.9 Offenes und geschlossenes Kreislaufsystem. a Die Hämolymphe im offenen
Kreislaufsystem füllt bei niedrigem Druck den gesamten Körper zur Versorgung der Zellen
aus. b Bei einem geschlossenen Kreislaufsystem wird mit hohem Druck nur das in den Gefäßen vorhandene Blut als kleiner Teil der Körperflüssigkeit gezielt von Orten der Substanzaufnahme, wie den Kiemen, zu den verschiedenen Orten des Verbrauches im Körper transportiert. Sauerstoffarmes Blut: dunkelrot; sauerstoffreiches Blut: blau; Mischblut (Hämolymphe):
mittlerer Rotton.
Atmungsorgane, wie Kiemen oder Lungen, vorhanden, verfügen diese meist über
ein eigenes System aus zu- und abführenden Gefäßen, durch die die Hämolymphe
von akzessorischen Herzen (Kiemenherzen) gezielt zum Ort des Gasaustausches
gepumpt wird. Diese zusätzlichen Gefäßsysteme werden nicht benötigt, wenn
der Gastransport vollständig vom flüssigkeitsgebundenen Kreislaufsystem entkoppelt ist. So übernimmt bei den Insekten das Tracheensystem den Transport der
Atemgase und versorgt die Körperzellen mit Sauerstoff (S. 751).
Bei dem phylogenetisch bedeutenden Taxon der ursprünglichen Arthropoda,
den Onychophora (Stummelfüßer), ist ein offenes Herzkreislaufsystem vorhanden, das sich infolge der Vereinigung von primärer und sekundärer Leibeshöhle
zum Mixocoel (Hämocoel) entwickelte und ein Merkmal aller Arthropoden ist.
Das dorsale, fast körperlange Herz leitet sich vom kontraktilen Dorsalgefäß der Anneliden ab. In jedem Metamer befinden sich am muskulösen Herz ein Paar seitlicher Ostien. Arterien und Venen fehlen, mit Ausnahme eines größeren Gefäßes,
das die Antennen versorgt.
Bei den Arthropoden kann der Hauptraum des Körpers (Perivisceralsinus) mit
dem Darm und den Geschlechtsorganen durch ein dorsales und ein ventrales Diaphragma horizontal unterteilt sein. So wird die Hämolymphe des dorsalen Perikardialsinus, in dem das schlauchartige Herz schlägt, vom ventralen Perineuralsinus
abgegrenzt, in dem das Nervensystem liegt. Das röhrenförmige Herz weist seitliche
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Gewebe
a
11.2 Kreislaufsysteme
719
Perikard
Gonaden
Herz
Ventrikel
Atrium
en
ag
M
Ventrikel
Atrium
Perikard
a
Kieme
Fu§
Herz
Herz
Ostien
Ostien
b
FlŸgelmuskel
Abb. 11.10 Kreislaufsystem und Herz von Mollusken (Gastropoda, a) und Insekten (b).
Die Strömung der Hämolymphe wird in offenen Kreislaufsystemen vom dorsalen Herz angetrieben. Das Herz kann segmental angeordnet und in sich gegliedert sein. So besteht das Molluskenherz aus Atrium und Ventrikel. Körpertrennwände geben der langsam durch die Gewebe strömenden Hämolymphe eine Richtung zu bestimmten Körperbereichen. Besonders
eindrucksvoll ist der gerichtete Hämolymphstrom in dem feinen Adernnetz in den Insektenflügeln zu beobachten.
Öffnungen (Ostien) auf (Abb. 11.10 b), deren Anzahl artspezifisch variiert. Bei einigen Insekten ist der Herzschlauch am hinteren Ende geschlossen, nach vorne setzt
er sich in die relativ kurze und unverzweigte Kopfarterie fort. Das Gefäßsystem ist
artspezifisch entwickelt. Bei Insekten liegen häufig akzessorische pulsierende Organe an der Basis langgestreckter Körperteile.
Viele Mollusken haben ein offenes Kreislaufsystem. Bei den meisten Vertretern
pumpt das sackartige Herz (Abb. 11.10 a) die Hämolymphe über Arterien zuerst in
den Bereich des Kopfes und des Eingeweidesacks. Zusammen mit der den Fußbereich durchströmenden Flüssigkeit wird die Hämolymphe in Venen kanalisiert
und gelangt über den Bereich der Nieren zu den Kiemen, in denen der Gasaustausch
stattfindet. Die sauerstoffreiche Hämolymphe gelangt dann über die Vorkammern
wieder in die Hauptkammer des Herzens. Im Herz z. B. der Cephalopoden verhindern Herzklappen das Zurückfließen der Hämolymphe. Bei den Lungenschnecken
sind die Kiemen als Atmungsorgane durch eine mit einem verzweigten Kapillarsystem ausgestattete „Lunge“ im Dach der Mantelhöhle ersetzt.
Eine Besonderheit im offenen Herzkreislaufsystem weisen die Manteltiere (Tunicata) auf, bei denen es zu einer periodischen Richtungsumkehr des Hämolymphstroms kommt. Dabei wird die Schlagumkehr im Herzen durch den
Druckanstieg in dem Teil des Gefäßsystems gesteuert, der gerade Hämolymphe
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Rectum
Kieme
11
11
vom Herzen erhält. Auch bei einigen Insekten ist eine periodische Umkehr der Richtung des Hämolymphstroms beobachtet worden. Sie dient dort der Thermoregulation.
Geschlossene Kreislaufsysteme bestehen aus einem mit Kapillaren verbundenen, nicht unterbrochenen Gefäßsystem. Das ausschließlich in den Gefäßen zirkulierende Blut wird in der Regel durch ein zentrales Herz reguliert über die Gefäße
zu den verschiedenen Körpergeweben und Organen gepumpt. Im geschlossenen
Blutkreislauf wird eine wesentlich geringere Blutmenge transportiert und es
herrscht ein hoher Blutdruck (82,7–127,5 mm Hg, entspricht 11–17 Maximaldruck
in kPa). Für die Versorgung einzelner Organe, wie Leber und Niere, entwickelten
sich durch die Aufzweigung einer Vene zusätzliche Gefäßsysteme, die als Pfortadersysteme bezeichnet werden.
Bei den wirbellosen Tieren kommen geschlossene Blutgefäßsysteme bei einigen Vertretern der Nemertini, Echiuriden, Phoroniden, Pogonophoren, Anneliden
und Cephalopoden vor.
Schnurwürmer (Nemertini) und viele Igelwürmer (Echiurida) haben ein geschlossenes Blutgefäßsystem, in dem das Blut im einfachsten Fall zwischen den
am Vorderende und am hinteren Ende verbundenen Gefäßen durch kontraktile Gefäße hin- und herströmt.
Die Anneliden umfassen Vertreter, denen aufgrund eines effektiven Gastrovaskularsystems häufig ein Gefäßsystem vollständig fehlt, Vertreter mit offenem
und solche mit geschlossenem Herzkreislaufsystem. Der Regenwurm, Lumbricus
terrestris, hat neben dem Transport über Coelomflüssigkeit ein geschlossenes Herzkreislaufsystem. Sein Blutgefäßsystem setzt sich aus zwei Hauptgefäßen zusammen (Abb. 11.11). Das über dem Darm gelegene Rückengefäß ist kontraktil und befördert das Blut kopfwärts. Das ventrale Bauchgefäß steht mit dem Rückengefäß
Ring-/Längsmuskulatur
Kropf
Ösophagus
Dorsalgefäß
Lateralherzen
Pharynx
Muskelmagen
Oberschlundganglion
Prostomium
Mitteldarm
Subneuralgefäß
Bauchmark
Mund
Unterschlundganglion
Ventralgefäß
Subneuralgefäß
Abb. 11.11 Kreislaufsystem von Lumbricus terrestris. Die fünf lateralen kontraktilen
Gefäße werden wegen ihrer zentralen Pumpfunktion auch als Lateralherzen bezeichnet.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11 Blut und Kreislaufsysteme
720
721
über Ringgefäße und Kapillaren in Verbindung. Das verbindende Kapillarnetz
durchzieht die äußeren Schichten des Hautmuskelschlauches und dient dem Gasaustausch (Hautatmung). Die vorderen Ringgefäße bilden fünf Lateralherzenpaare
aus.
Bei den Mollusken haben die Cephalopoden ein geschlossenes Herzkreislaufsystem. Das gekammerte zentrale Herz pumpt über die vordere Arterie, Aorta cephalica, das Blut zum Kopf. Über die Aorta abdominalis gelangt das Blut zu den inneren Organen. Bei Octopus und Sepia unterstützen kontraktile Elemente in den
Armgefäßen die Herzfunktion. Das sauerstoffarme Blut wird über Kapillaren dem
Venensystem zugeführt und gelangt über die Vena cephalica zu den beiden kontraktilen Kiemenherzen, die das Blut in die Kiemenarterien pressen. Das in dem
Kapillarsystem der Kiemen mit Sauerstoff angereicherte Blut wird über die Kiemenvenen zum zentral gelegenen Herzen zurück geleitet.
11.2.3
Blutkreislaufsystem der Wirbeltiere
Allen Vertebrata (Wirbeltieren) ist gemeinsam, dass sie ein geschlossenes Kreislaufsystem und ein mehrkammeriges, ventral gelegenes Herz besitzen.
Bei der Stammesentwicklung der Wirbeltiere brachte der Übergang von wasserlebenden Fischen über Amphibien zu den Landwirbeltieren in allen Bereichen gravierende Umstrukturierungen hervor, wie die Umstellung von Kiemen- auf Lungenatmung, die Umbildung des Viscerocraniums, also Kiemendarm und Kiefergelenk, sowie die Entwicklung von Extremitäten. Notwendigerweise musste dies
mit einer umfangreichen Umgestaltung des Blutkreislaufs einhergehen. So entstand im Lauf der Wirbeltierevolution ein doppeltes Herzkreislaufsystem: Das
Blut kehrt nach der Aufnahme von Sauerstoff in der Lunge wieder zum Herzen zurück und erhält dort einen erneuten Antrieb, um durch das Gefäßsystem des Körpers zu strömen. Die Trennung der beiden Kreisläufe ist durch die Umbildung des
Herzens bei Amphibien und ursprünglichen Sauropsida unvollkommen, während
bei den Krokodilen, Vögeln und Säugetieren eine völlige Trennung in rechte und
linke Herzhälfte stattfand. Mit der Trennung von Lungenkreislauf und Körperkreislauf gelangt in den Körperkreislauf sauerstoffreiches und in die Lunge sauerstoffarmes Blut. Je nach Wirbeltiertaxon haben sich im Venensystem zwei oder drei Pfortadern, im Arteriensystem eine unterschiedliche Zahl von Arterienbögen und unterschiedliche Strukturen innerhalb des Herzens entwickelt (Abb. 11.12).
Am besten lassen sich die verschiedenen Ausbildungen des Blutkreislaufsystems
bei den Wirbeltieren von der Embryonalentwicklung ausgehend verstehen, da das
anfängliche, embryonal funktionstüchtige Kreislaufsystem praktisch bei allen Wirbeltieren gleich strukturiert ist. Dabei ähneln die embryonalen Verhältnisse der
Wirbeltiere (Vertebrata, Craniota) dem des adulten Lanzettfischchens, Branchiostoma (Acrania, Schädellose, Cephalochordata). Das Kreislaufsystem bei Branchiostoma, dem ein zentrales Herz fehlt, weist eine erhöhte Zahl von Kiemenbögen (bis
zu 80 Visceralbögen) und entsprechend viele Arterienbögen auf, die an der Basis
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11.2 Kreislaufsysteme
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
Fische
Amphibien
Arteria
carotis
larval
Arteria
carotis
Kiemenkapillaren
Ventrikel
III
IV
III
V
IV
VI
V
VI
Atrium
Sinus
venosus
Ductus Cuvieri
R
L
Aorta
ursprüngliche Sauropsida
Arteria
carotis
11
adult
III
IV
Aortenbogen
VI
Arteria
pulmonalis
Aortenbogen
Atrium
Arteria
carotis
Ductus
carotis
III
VI
Ductus
Botalli
Arteria
pulmonalis
Arteria
pulmonalis
Atrium
Ventrikel
Ventrikel
Ventrikel
Aorta
Aorta
Arteria
carotis
IV
V
Vögel
Säugetiere
Vena
pulmonalis
III
IV
VI
Arteria
carotis
III
VI
IV
Ductus
Botalli
Vena cava
anterior
Arteria
pulmonalis
Arteria
pulmonalis
Vena cava
posterior
Ventrikel
Atrium
Ventrikel
Aorta
R
L
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
722
11.2 Kreislaufsysteme
723
eigene kontraktile Pumpen besitzen (Bulbilli, Abb. 1.102). In der Embryonalentwicklung der Wirbeltiere werden dagegen immer nur sechs Kiemenbögen angelegt. Von cranial nach caudal wird der erste Kiemenbogen als Mandibularbogen
(Kieferbogen, I), der zweite als Hyoidbogen (Zungenbeinbogen, II) und die vier folgenden als Branchialbögen (III, IV, V und VI) bezeichnet und mit römischen Ziffern
nummeriert. Zwischen diesen Branchialbögen liegen die Kiemenspalten, die erste
ist das Spritzloch.
Angetrieben wird der Kreislauf durch die rhythmischen Kontraktionen des embryonal schlauchförmig angelegten Herzens, das sich frühzeitig in vier verschiedene Abschnitte gliedert: der Sinus venosus, ein dünnwandiger Sack, in dem das
sauerstoffarme Blut ins Herz eintritt; das Atrium (Herzvorhof ), der Ventrikel
(Herzkammer), der dickwandig und zu kräftigen Kontraktionen befähigt ist, und
der Conus arteriosus, der sich in die Aorta ventralis fortsetzt. Die Abschnitte sind
durch verschiedene Herzklappen funktionell getrennt.
Bei den Vertretern der Chondrichthyes (Knorpelfische, S. 206) sind alle vier
Abschnitte des Herzens ausgebildet. Der embryonal gerade angelegte Herzschlauch verändert sich durch eine S-förmige Krümmung, sodass Sinus venosus
und Atrium auf die Dorsalseite verlagert sind (Abb. 11.13). Die Herzkammer und
der Conus arteriosus sind viel muskulöser ausgebildet als Sinus venosus und Herzvorkammer. Aus der Herzkammer entspringt der Truncus arteriosus, der sich in die
Aorta ventralis fortsetzt, die sauerstoffarmes Blut zu den Kiemenbogengefäßen leitet. Da sich bei den Knorpelfischen die Elemente des ersten Kiemenbogens zum
echten Kiefer entwickelt haben (Abb. 1.104) und das Spritzloch seine respiratorische Funktion damit verloren hat, wird das erste Kiemenbogengefäß zwar noch
embryonal angelegt, dann aber zurückgebildet, sodass bei den adulten Knorpelfischen fünf Kiemenbogengefäße (II, III, IV,V,VI) existieren. In den Kiemen erfolgt
der Gasaustausch, sodass die Branchialarterien nach der Kiemenpassage sauerstoffreiches Blut führen, das über die Aortenwurzeln alle Organe des Körpers versorgt.
Innerhalb der Neognathostomata (= Actinopterygii + Actinistia + Dipnoi + Tetrapoda) wird das Verhältnis der vier Herzabschnitte zueinander modifiziert. Sukzessive verwischt die Abgrenzung des Sinus venosus zum Herzvorhof. Bei den
meisten Amniota wird der Sinus venosus in die rechte Vorhof- oder Atriumwand
eingebaut, nur Schildkröten und Brückenechsen haben noch einen abgrenzbaren
Sinus venosus. Bei Vögeln und Säugern ist er als Sinusknoten der Taktgeber des Herzens (S. 730). Der Conus arteriosus wird in den Ventrikel eingebaut. Nur noch Atrium und Ventrikel bleiben als räumlich abgrenzbare Herzabschnitte.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
◀ Abb. 11.12 Aus- und Umbildungen der Aortenbögen (Arterienbögen) innerhalb der
Vertebrata. Sauerstoffreiches Blut ist hellrot, sauerstoffarmes dunkelrot und das Mischblut
im Kreislaufsystem der Amphibien und Reptilien in einem mittleren Rotton dargestellt. Der
Ductus Botalli im Kreislauf der Säugetiere wird mit Einsetzen der Lungenatmung nach der Geburt geschlossen. (Nach Wehner, Gehring, Thieme Verlag, 2007.)
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
Aorta
ventralis
Hai
Sinusarterial- Sinus
klappe
venosus
Atrium
Forelle
Conus
arteriosus
Conus
arteriosus
Atrium
Ventrikel
a
Ductus Cuvieri
Sinus venosus
Sinus venosus
Bulbus
Ventrikel
Atrioventrikularklappe
Aorta
V. cava superior
Pulmonalvene
linker Vorhof
Pulmonalarterie
Ventilebene
Aortenklappe
rechter Vorhof
Mitralklappe
Pulmonalklappe
11
Trikuspidalklappe
linker Vorhof
rechter Ventrikel
b
V. cava inferior
Abb. 11.13 Herzen mit den zu- und abführenden Gefäßen. a Herzgliederung einer hypothetischen Ausgangsform, eines Knorpelfisches und eines Actinopterygii. b Blutstrom durch
das menschliche Herz. (Aus Klinke, Thieme Verlag, 2010.)
Solange Kiemenatmung durchgeführt wird, pumpt das Herz sauerstoffarmes
Blut über die Aorta ventralis in die Arterienbögen der Kiemen. Dort wird das Blut
mit Sauerstoff angereichert, strömt durch den Körper und gelangt, nachdem der
Sauerstoff im Stoffwechsel verbraucht wurde, wieder zum Herz.
Nach der Entwicklung einer Lungenatmung fließen dem Herzen zwei Blutströme mit Blut unterschiedlicher Qualität zu. Über die Arterien des 6. Kiemenbogens wird Blut der Lunge zugeführt, in der es mit Sauerstoff beladen wird und über
das linke Atrium zum Herzen zurückfließt.
Mit der Ausbildung des Lungenkreislaufes werden bei den Tetrapoda zwei Vorhöfe angelegt. In den linken münden die Lungenvenen, die sauerstoffreiches Blut
zum Herzen hin transportieren. In den rechten mündet zunächst der Sinus venosus
und in diesen die Hohlvenen, die sauerstoffarmes Blut zur rechten Herzhälfte
transportieren. Bei einigen Amphibien ist die Trennung der Atrien noch nicht vollständig.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
724
725
Die Larven der Amphibien atmen durch Kiemen, bei ihnen besteht eine Verbindung zwischen den Aortenbögen und Lungenarterien, der Ductus arteriosus (Ductus Botalli, Abb. 11.12), der bei den adulten Amphibien erhalten bleibt.
Bei den adulten Amphibien spielt die Hautatmung eine große Rolle, sodass bei
ihnen durch die Vermischung sauerstoffreichen und sauerstoffarmen Blutes im
Herzen keine Nachteile entstehen. Ganz im Gegenteil sorgen spezielle Strukturen,
die am Herzen bei Fröschen besonders gut entwickelt sind, für eine ausreichende
Trennung von sauerstoffreichen und sauerstoffarmen Blutströmen. Bei Fröschen
ist der Ventrikel mit Buchten (Krypten) ausgestattet, die durch in das Lumen vorspringende Muskelbalken getrennt sind. Dadurch ist der Ventrikel zwar nicht vollständig geteilt, aber eine vollständige Vermischung unterschiedlicher Blutsorten ist
nicht möglich.
Sauerstoffarmes Blut gelangt über die Hohlvenen in den Sinus venosus und von dort in das
rechte Atrium. Dieses Blut strömt dann vorwiegend in die Krypten der rechten Ventrikelregion. Das sauerstoffreiche Blut aus der Lunge wird über die Vena pulmonalis dem linken Atrium zugeleitet und gelangt von dort aus vorwiegend in die Krypten der linken Ventrikelregion. In der Mitte des Ventrikels vermischen sich sauerstoffreiches und sauerstoffarmes
Blut teilweise. Der Ventrikel des Frosches pumpt dann in einer von rechts nach links verlaufenden Kontraktionswelle die verschiedenen Blutsorten durch den Bulbus cordis in die aus
dem Herzen mündenden Arterien. In ihm befindet sich eine bewegliche Spiralfalte, die,
einer Weiche ähnlich, die verschiedenen Blutsorten in die unterschiedlichen Arterien leitet.
Mit dem Beginn der Kontraktionswelle wird das sauerstoffarme Blut aus den rechts liegenden Krypten des Ventrikels in den Bulbus cordis getrieben und gelangt von dort in den paarigen Canalis pulmocutaneus in Richtung Lunge und Haut. Danach wird die Mitte des Ventrikels von der Kontraktionswelle erfasst, und das Mischblut strömt in den paarigen Canalis
aorticus Richtung hintere Körperregion. Zuletzt wird das am stärksten mit Sauerstoff angereicherte Blut aus den Krypten der linken Ventrikelhälfte mithilfe der Spiralfalte im Bulbus
cordis dem paarigen Canalis caroticus zugeleitet, der als erstes Kopf und Gehirn versorgt.
Bei den Amniota wird die zunehmende Trennung von sauerstoffreichem Blut und
sauerstoffarmem Blut, das aus den Organen kommt, dadurch erreicht, dass die primär einfache Herzkammer in zwei Hälften unterteilt wird. Das Ventrikelseptum ist
jedoch zunächst unvollständig. Nur bei Krokodilen, Vögeln und Säugern ist der
Ventrikel in zwei Hälften geteilt. Die Arteria pulmonalis und der linke Aortenbogen
entspringen aus der rechten Ventrikelhälfte, der rechte Aortenbogen entspringt
aus der linken Ventrikelhälfte. Über dem unvollständigen Ventrikelseptum mischen sich die Blutströme aus der rechten und linken Herzhälfte. In die Arteria pulmonalis gelangt das sauerstoffarme Blut, in den linken Aortenbogen strömt Mischblut, das die Eingeweide versorgt, die rechte Aorta, aus der die Carotiden abzweigen, erhält sauerstoffreiches Blut. Der linke Aortenbogen ist bei Eidechsen und
Schlangen genau über den Rand des Ventrikelseptums verlagert, sodass stärker
mit Sauerstoff angereichertes Mischblut in ihn gelangt.
Der linke Aortenbogen der Krokodile, die ein vollständiges Kammerseptum
haben, würde sauerstoffarmes Blut zu den Eingeweiden transportieren. Bei den
Krokodilen befindet sich jedoch eine Öffnung zwischen dem linken und dem rech-
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11.2 Kreislaufsysteme
11
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
ten Aortenbogen, das sogenannte Foramen Panizzae. Über diese Öffnung kann
sauerstoffreiches Blut aus dem rechten Aortenbogen in den linken übertreten, sodass die Eingeweide auch mit Sauerstoff angereichertes Blut erhalten. Wenn Krokodile tauchen, haben sie ihre Lungen mit Luft gefüllt, und die Arteria pulmonalis
wird durch einen Muskel verengt. Der Druck in der rechten Herzhälfte ist beim Tauchen damit größer als in der linken. Das sauerstoffarme Blut strömt nun über den
linken Aortenbogen zu den Eingeweiden. Zum Druckausgleich gelangt ein wenig
sauerstoffarmes Blut über das Foramen Panizzae in den rechten Aortenbogen. Im
rechten Aortenbogen fließt jedoch das gesamte sauerstoffreiche Blut aus der linken
Herzhälfte in Richtung Kopf, sodass dieser auch beim tauchenden Krokodil mit genügend Sauerstoff versorgt wird. Bei den Vögeln wird der linke Aortenbogen reduziert, ansonsten entspricht das Vogelherz dem der Krokodile.
Bei den Säugetieren wurde der rechte Aortenbogen reduziert, und das Ventrikelseptum hat sich konvergent zu den Vögeln geschlossen, jedoch weiter rechts, sodass der linke Aortenbogen nun dem linken Ventrikel entspringt, in den über den
linken Vorhof von der Lunge das sauerstoffreiche Blut einströmt. Damit ist eine Nebeneinanderschaltung des Körper- und Lungenkreislaufs erreicht (Abb. 11.13b).
Da die Tetrapoden keine 6 Kiemenbögen mehr haben, werden auch die entsprechenden Arterienbögen reduziert; sie werden aber embryonal noch komplett
angelegt. Der 1. und 2. Bogen verschwindet völlig. Der 3. Bogen bildet die Kopfarterien (Carotiden), der 4. die primär paarigen Aortenwurzeln. Der 5. Bogen, bei einigen Urodelen erhalten („2. Aortenbogen“), fehlt bei den Amniota ebenfalls. Der 6.
Bogen bildet die Lungenarterien.
Kardiovaskularsystem: Herzkreislaufsystem, umfasst alle Gefäße, in denen Blut
oder Hämolymphe transportiert wird, sowie die Herzstrukturen. Viele Substanzen
werden über das Kardiovaskularsystem im Köper verteilt.
Vene: Transportiert in der Regel sauerstoffarmes Blut zum Herzen hin. Ausnahme: In
der Lungenvene wird Blut transportiert das mit Sauerstoff angereichert wurde.
Arterie: Transportiert meist sauerstoffhaltiges Blut vom Herzen weg. Ausnahme:
Lungenarterie transportiert sauerstoffarmes Blut vom Herz zur Lunge.
Kapillaren: Kleinste Blutgefäße, die in Form von Netzen die Orte des Gas- und Stoffaustausches darstellen. Kapillaren verzweigen sich aus Arteriolen und vereinigen
sich zu Venolen.
Offenes Kreislaufsystem: Es sind keine Kapillaren zwischen Arterien- und Venensystem vorhanden. Arterien und Venen enden offen. Die darin transportierte Flüssigkeit
mischt sich mit anderen Körperflüssigkeiten zur Hämolymphe.
Geschlossenes Kreislaufsystem: Kreislaufsystem der Wirbeltiere und einiger wirbelloser Tiere, bei dem über Kapillaren die Arterien und Venen lückenlos verbunden
sind. Ein Herz als zentrales Pumporgan ist nicht immer vorhanden.
Herz: Zentrales Pumporgan, das durch rhythmische Kontraktionswellen die Flüssigkeit im Kreislaufsystem antreibt. Bei Wirbeltieren besteht das Herz aus vier Abschnitten: Sinus venosus, Vorhof (Atrium), Kammer (Ventrikel) und Conus arteriosus, der
sich in die Aorta fortsetzt.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
726
11.2 Kreislaufsysteme
727
11.2.4
Der Bau des Säugerherzens
Das vierkammerige Herz liegt in der Perikardhöhle in der Mitte des Brustkorbs
eines Säugers. Es ist ein Hohlmuskel aus quergestreiften Herzmuskelzellen (Kardiomyocyten, S. 394), dessen Außenseite mit dem inneren Blatt (Lamina visceralis)
des Perikards (Herzbeutel) verwachsen ist. Das Perikard besteht aus einer doppelwandigen bindegewebigen Tasche, die mit Flüssigkeit gefüllt ist, und erlaubt, dass
sich der Herzmuskel fast ohne Reibungsverlust an den umliegenden Geweben bei
jeder Schlagbewegung des Herzens zusammenziehen und entspannen kann. Das
äußere Blatt des Perikards (Lamina parietalis) ist außen durch überkreuzende Kollagenfasern verstärkt und schützt das Herz vor akuter Überdehnung.
Durch die Herzscheidewand (Septum cardiale) wird das Säugerherz in eine
rechte und linke Hälfte geteilt. Die beiden Vorhöfe (Atrien) sammeln das aus Körper oder Lunge zurückkehrende Blut. Die Muskulatur (Myokard) der Vorhöfe ist
schwächer ausgebildet als die der beiden Kammern (Ventrikel). Von den Kammern
entwickelt die linke im Laufe der Zeit nach der Geburt eine deutlich stärkere Muskulatur, weil die Pumpleistung zur Perfusion des Körperkreislaufs erheblich höher
sein muss als für den Lungenkreislauf.
Vier Herzklappen sind die Voraussetzung dafür, dass das Blut gerichtet durch
das Herz gepumpt werden kann. Die Segelklappen (Atrioventrikularklappen,
AV-Klappen) liegen jeweils zwischen dem Vorhof und der Kammer jeder Herzseite.
Auf der linken Seite liegt die Mitral- oder Bicuspidalklappe. Sie besteht aus zwei Segellappen (Cuspes), die über Sehnenfäden an den Papillarmuskeln der Kammerwände befestigt sind. Wie die Flügel bei einer Schwingtür verhindern die Segel
beim Zurückschlagen, dass Blut aus der Kammer in den Vorhof zurückströmt, sobald sich der Druck in der Kammer erhöht. Dadurch ist eine optimale Füllung der
Kammern möglich. Auf der rechten Seite wird die Klappe aus drei Segeln gebildet
und deshalb als Tricuspidalklappe bezeichnet.
Die Taschenklappen (Semilunarklappen) liegen jeweils zwischen Kammer und
Ausstromgefäß. Auf der linken Herzseite ist das die Aortenklappe und rechts die
Pulmonalklappe. Die Aortenklappe ist das „Auslassventil“ der linken Kammer
zur Aorta und verhindert mit drei Taschen (Valvulae semilunares), dass in die
Aorta ausgeworfenes Blut zurück in die Kammer fließt. Trifft der Blutstrom auf
die Taschenböden, weichen die Säckchen auseinander, die Taschen schwellen an,
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Aorta: Größte Arterie im Körper, auch Hauptschlagader genannt. Beginnt hinter der
Aortenklappe am Herz und leitet Blut in den Körperkreislauf. Bildet die sogenannten
Aortenbögen.
Aortenbogen: Die unterschiedlich ausgeprägten Aortenbögen lassen sich auf die
Kiemenbogenarterien zurückführen, die aus der Aorta ventralis entspringen. Sie
werden bei allen Wirbeltieren embryonal angelegt (meist 6), verkümmern teilweise
ganz, bleiben einseitig erhalten oder gehen in die Bildung anderer großer Gefäße
ein.
11
728
11 Blut und Kreislaufsysteme
11.2.5
11
Die Aktivität des Herzens
Die Herztätigkeit ist an den wechselnden Bedarf des Kreislaufs angepasst. Ein Herzzyklus besteht aus der Kontraktionsphase (Systole) und der Erschlaffungsphase
der Herzmuskulatur (Diastole). Während der Systole wird das Blut aus der linken
Herzkammer über die besonders dickwandige Aorta in den Körperkreislauf und
aus der rechten Kammer in die Lungenarterie gepumpt. Die herznahen Arterien
sind sehr elastisch und werden in jeder Systole passiv gedehnt, wodurch das Volumen der Gefäße kurzfristig zunimmt. Durch diesen Windkesseleffekt wird sichergestellt, dass während der Diastole die Perfusion vor allem des Körperkreislaufs
weiterhin mit ausreichendem Druck aufrechterhalten werden kann. Der Druck
auf die Gefäßwand, der als Blutdruck bezeichnet wird, setzt sich in Form einer
Pulswelle über die Arterien fort, wobei ihre Amplitude mit zunehmender Entfernung vom Herzen abnimmt. Auch am Handgelenk kann der Puls unmittelbar gemessen werden. Die Zahl der Herzschläge pro Minute ist die Herzfrequenz, die Zahl
der Druckmaxima in den Gefäßen die Pulsfrequenz. Diese Unterscheidung ist deswegen wichtig, weil bei Herzrhythmusstörungen ein peripheres Pulsdefizit entstehen kann, das eine kritische Minderversorgung von empfindlichen Organen
zur Folge hat. In den Kapillaren ist der Blutdruck auf ∼20 % des herznahen Drucks
reduziert, sodass wegen der sehr viel größeren Gesamtquerschnittsfläche aller
peripheren Gefäße die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes von ∼100 cm/s auf
unter 1 mm/s absinkt (Abb. 11.16).
Damit alle Organe auch bei Belastung fortwährend ausreichend durchblutet
werden, muss das Blutvolumen, das pro Zeiteinheit (min) vom Herzen durch den
Körperkreislauf befördert wird, reguliert werden. Das Herzzeitvolumen (HZV) errechnet sich als Produkt aus Herzfrequenz und Schlagvolumen. Eine Erhöhung des
Schlagvolumens kommt durch eine stärkere Füllung und damit Vordehnung des
Herzmuskels während der Diastole zustande (Frank-Starling-Mechanismus), die
Kontraktionskraft wird aber insbesondere bei erhöhter körperlicher Arbeit direkt
durch sympathische Nervenfasern durch Erhöhung der Ca2+-Konzentration im Arbeitsmyokard gesteigert. Die Herzfrequenz wird vor allem durch sympathische
Kontrolle der Herzrhythmusgeber gesteuert. Im ausgewachsenen Organismus
kann das HZV auf 300–500 % gesteigert werden, während es im neugeborenen
und kindlichen Organismus nur um ∼30 % gesteigert werden kann und wesentlich
mehr von der Herzfrequenz abhängt, weil das kindliche Herz etwa nur halb so viele
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
drängen sich gegeneinander und bilden eine solide Barriere, die das Zurückströmen in den Ventrikel verhindert. Die Pulmonalklappe verhindert zwischen der
rechten Kammer und der Lungenarterie auf die gleiche Weise, dass Blut in die Kammer zurückströmt, sobald der Druck bei Entspannung der rechten Kammer kleiner
wird als in der Pulmonalarterie. Zusammen mit der Windkesselfunktion der großen Arterien (s. u.) wird so dafür gesorgt, dass das Niveau des Blutdrucks auf der
venösen Seite des Kreislaufs nicht drastisch absinkt.
11.2 Kreislaufsysteme
729
11.2.6
Die Erregung der Herzmuskelzellen
Bei Wirbellosen findet die Rhythmogenese des Herzens neurogen, in kleinen Netzwerken von Nervenzellen, statt. Bei Wirbeltieren hingegen unterhält ein Erregungsbildungssystem aus modifizierten Herzmuskelzellen einen autonomen myogenen Rhythmus, der im Normalfall vom schnellsten der hierarchisch angeordneten Schrittmacher dominiert wird. Die Erregung wird über das Erregungsweiterleitungssystem zum Arbeitsmyokard weitergeleitet. Da alle Herzmuskelzellen
durch Gap Junctions verbunden sind, bilden sie ein funktionelles Syncytium und
kontrahieren deshalb bei Erregung immer fast gleichzeitig, was für eine wirkungsvolle Pumpleistung unerlässlich ist. Sowohl beim neurogenen wie beim myogenen
Herz wird die autorhythmische Erregung des Herzens durch Hormone und modulatorische Substanzen des Nervensystems (S. 732, S. 896) beeinflusst.
Neurogene Herzen bei wirbellosen Tieren
In ihrer Funktion ist die Herzmuskulatur vieler wirbelloser Tiere mit der von Wirbeltieren vergleichbar. Der autonome Rhythmus wird durch das rhythmische Erregungsmuster von kleinen neuronalen Netzwerken übernommen oder überlagert,
die die Funktion eines Erregungsbildungszentrums haben. In diesem Fall muss die
rhythmische Aktivität der neurogenen Schrittmacher (S. 467) über Synapsen auf
die Herzmuskelzellen übertragen werden. Dabei unterliegt der neurogene Autorhythmus des Herzens bei Wirbellosen dem Einfluss unterschiedlicher neuromodulatorisch wirksamer Substanzen.
Beim Blutegel, Hirudo medicinalis, senden die HE-Zellen (heart excitation motoneurons) der rechten und linken Seite von fast allen Ganglien des Strickleiternervensystems ihre segmental angeordneten Axone zum Herzen. Diese HE-Nervenzellen sind fortwährend aktiv und bilden Synapsen mit den Herzmuskelzellen, die
über Acetylcholin erregt werden. Die Funktion des Schrittmachers übernimmt
beim Blutegel ein Netzwerk aus wechselseitig inhibitorisch verknüpften HN-Zellen
(heart neurons), die rhythmisch die HE-Zellen hemmen, sodass diese eine rhythmische Aktivität zeigen.
Das Netzwerk des Schrittmachers im Herzganglion von Krebsen besteht sogar
nur aus neun Nervenzellen, die als zentraler Mustergenerator CPG (central pattern
generator, S. 468) das neurogene Herz antreiben. Auch in diesem Fall sind eine
ganze Reihe Hormone oder Neuromodulatoren bekannt, die wie das Neuropeptid
CCAP (crustacean cardio active peptide), den neurogenen Herzschlagrhythmus be-
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
kontraktile Elemente enthält und die vegetative Innervation von Herz und Gefäßen
noch unreif ist. Kleine Tiere haben grundsätzlich deutlich höhere Herzfrequenzen,
weil sie einen viel schnelleren Stoffwechsel haben, was auch der Hauptgrund für
eine allgemeine Temperaturabhängigkeit der Herztätigkeit ist. Bei homoiothermen
Tieren kommt es im Rahmen der Immunabwehr zu Fieber, das sekundär zu einer
Erhöhung der Herzfrequenz führt (S. 793).
11
730
11 Blut und Kreislaufsysteme
einflussen. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind solche kleinen Netzwerke wirbelloser Tiere eminent wichtige Modellsysteme, um die Rhythmogenese am Herzen zu
verstehen.
Der Autorhythmus des Herzens geht von Erregungen in Schrittmacherzellen des Sinusknotens als dem primären Erregungszentrum aus (Abb. 11.14). Die Erregungsausbreitung verläuft dann mit einer Geschwindigkeit von 0,3–0,6 m/s über die Vorhöfe und dann über den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten), die His-Bündel, die
sich als einzige erregungsleitende Verbindung zwischen Vorhöfen und Kammern in
die Tawara-Schenkel teilen, und die Endaufzweigungen der Purkinje-Fasern mit
hoher Erregungsleitungsgeschwindigkeit (1–4 m/s) ins Arbeitsmyokard der KamK+
Kr
K+
KACh
Ca2+
CaV
HCN
Na+, K+
0 mV
11
–50 mV
Schrittmacherpotential
(spontane
Depolarisation)
Sinus-Knoten
Vorhofmyokard
AV-Knoten
His-Bündel
Purkinje-Fasern
Ventrikelmyokard
0
400 ms
Abb. 11.14 Schrittmacherpotential in den Muskelzellen des Sinusknotens. Das autorhythmische Membranpotential beruht auf dem Zusammenwirken von unterschiedlichen
Ionenkanälen: HCN; CaV, spannungsabhängiger Ca2+-Kanal; KACh und Kr, zwei K+-Kanäle;
unten: Das Schrittmacherpotential, das eine Amplitude von 50 mV besitzt, wird über das Erregungsleitungssystem zu den Zellen des Myokards geleitet, die über Gap Junctions elektrisch
gekoppelt sind. Die Membran dieser Zellen besitzt ein stabiles Ruhepotential, einen schnellen
Aufstrich und ein langandauerndes, von Ca2+-Kanälen geprägtes Plateau. (Nach Craven,
2006.)
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Rhythmogenese des Wirbeltierherzens
731
mer. Aufgrund des geringen Faserdurchmessers der Herzmuskelzellen im AV-Knoten, dem sekundären Erregungszentrum, kommt es zu einer Verzögerung im Erregungsweiterleitungssystem (0,05–0,1 m/s), die gewährleistet, dass die Kontraktion des Vorhofmyokards beendet und damit die Kammerfüllung maximiert ist,
bevor die Kammerkontraktion beginnt. Wenn der Sinusknoten als primärer Rhythmusgeber ausfällt, übernehmen sekundäre Schrittmacher den Rhythmus, deren
autonome Frequenzen vom Sinusknoten (∼ 60–90/min) über den AV-Knoten
(∼40–60/min) zum Kammereigenrhythmus (∼30–40/min) abnehmen.
An der Bildung und Weiterleitung der elektrischen Erregung von Herzmuskelfasern sind verschiedene Typen von Ionenkanälen (S. 417) mit unterschiedlichen Eigenschaften beteiligt. Die Schrittmacherzellen haben kein konstantes Ruhepotential. Da den Schrittmacherzellen immer offene K+-Kanäle fehlen und das Schrittmacherpotential zunehmend positiver wird, werden für den langsamen Anstieg in der
Präpotentialphase die hyperpolarisationsaktivierten und zyklisch Nucleotid-gesteuerten Kationen-Kanäle (HCN-Kanal) verantwortlich gemacht, die bei stark negativen Membranpotential offen sind und bei –40 mV geschlossen werden. Nach
ihrer Inaktivierung werden bis zu fünf unterschiedliche Typen von Ca2+-Kanälen
geöffnet, die für das über Null hinausschießende Aktionspotential der Schrittmacherzellen verantwortlich sind. Durch Ca2+-gesteuerte K+-Kanäle und die verzögert
aktivierbaren K+-Kanäle sowie die Inaktivierung der spannungsabhängigen Ca2+Kanäle sinkt das Schrittmacherpotential in der Repolarisationsphase wieder auf
seinen Ausgangswert. Da die HCN-Kanäle nun wieder aktivierbar sind, beginnt
ein neuer Depolarisationszyklus (Abb. 11.14). Dieser Autorhythmus läuft im primären Erregungszentrum spontan, etwa alle 0,75–1 s ab. Jedes Aktionspotential in den
Schrittmacherzellen des Sinusknotens generiert über das Leitungssystem eine Erregung in den Muskelfasern des Arbeitsmyokards. Die Aktionspotentiale der Herzmuskelfasern führen dann über die elektromechanische Kopplung (S. 395) zu einer
koordinierten Kontraktion des Herzen (60–90 Schläge/min in Ruhe).
Während beim Schrittmacherpotential in den Erregungsbildungszentren des
Herzens die spannungsgesteuerten Na+-Kanäle keine oder nur eine geringe
Rolle spielen, sind diese entscheidend für den schnellen Anstieg des Aktionspotentials in den Muskelzellen des Arbeitsmyokards. Charakteristisch für das Aktionspotential einer Zelle des Arbeitsmyokards ist die zwischen 180–400 ms dauernde
Plateauphase, die vor allen durch das Verhältnis der Leitfähigkeitsänderungen
von Ca2+- und K+-Kanälen bestimmt ist. Erst wenn die Ca2+-Leitfähigkeit soweit abgenommen hat, dass sie die verzögert einsetzende K+-Leitfähigkeit unterschreitet,
wird die Repolarisation eingeleitet. Die langandauernde Plateauphase der Muskelzellen des Myokards hat eine wichtige Funktion, da sie verhindert, dass die zu Beginn des Zyklus erregten Myokardzellen wieder erregbar sind, wenn die Erregung
die letzten Herzzellen erreicht hat. Dadurch wird ein Kreisen der Erregung
(Reentry) und das daraus folgende Kammerflimmern verhindert.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11.2 Kreislaufsysteme
11
732
11 Blut und Kreislaufsysteme
11
Die Summe der elektrischen Aktivität aller Muskelfasern des Herzens wird in Form des
Elektrokardiogramms (EKG) an definierten Punkten der Körperoberfläche mithilfe
von Oberflächenelektroden registriert. Da das Herz bei Erregung einen elektrischen
Dipol bildet, der sich durch die Erregungsausbreitung und -rückbildung verschiebt
und verformt, entstehen messbare Änderungen des Oberflächenpotentials auf der
Haut. Der elektrische Dipol des Herzens entsteht dadurch, dass schon erregte und
noch nicht erregte Abschnitte des Myokards (und bei der Erregungsrückbildung umgekehrt) ein elektrisches Feld bilden, dessen Stärke und Richtung durch einen 4-dimensionalen Vektor beschrieben werden kann. Zur vollständigen Beschreibung
braucht man 3 Raumdimensionen und als 4. Dimension die Zeit.
In der Regel verwendet man 3 Ableitpunkte auf der Haut: an den beiden Handgelenken und an einem Fußgelenk. Eine EKG-Ableitung entspricht einer 1-dimensionalen
Projektion der Bewegungen des Vektors auf die idealisierte Verbindungslinie zwischen jeweils zwei der Elektroden. Unter Berücksichtigung der drei Elektrodenpaare
kann der Experte die Lage der elektrischen Herzachse bestimmen, den Herzrhythmus
und die elektrische Funktionalität der verschiedenen Myokardabschnitte beurteilen.
Das normale EKG zeigt für die verschiedenen Abschnitte der Erregungsausbreitung
deutlich voneinander unterscheidbare, negative und positive Ausschläge. Dabei werden noch heute die Begriffe verwandt, die Willem Einthoven 1903 bei der Einführung
des EKG in den klinischen Alltag benutzte. Die P-Welle gibt die Zeit an, die zur Erregung der Vorhöfe benötigt wird. Die Zeit zwischen P-Welle und Q-Zacke entspricht
der Dauer, die eine Erregung braucht, um vom Vorhof zu den Muskelzellen der Kammer zu gelangen. Der gesamte QRS-Komplex reflektiert die Erregungsausbreitung
im Kammermyokard und die T-Welle die entsprechende Erregungsrückbildung
(Abb. 11.15).
◀
Regulation der Herztätigkeit: Über das Blut oder das vegetative Nervensystem erreichen die Herzmuskelfasern zahlreiche Substanzen, die zu einer Steigerung der
Herzkraft (positiv inotrop), der Herzfrequenz (positiv chronotrop), aber auch
zur schnelleren Überleitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten (positiv dromotrop),
Erregbarkeit des Herzen (positiv bathmotrop) und der Entspannung (positiv lusitrop) führen.
Die sympathischen Nervenfasern des vegetativen Nervensystem schütten am
Herz Noradrenalin und Adrenalin aus, die über die β1-Adrenozeptoren der Herzmuskelfasern wirken. In der Folge erhöht sich die Ca2+-Leitfähigkeit der Herzmuskelfasern und über die elektromechanische Kopplung wird die Kontraktionskraft
des Herzmuskels erhöht. Neben dieser positiv inotropen Wirkung wird als positiv
dromotroper Effekt die atrioventrikuläre Erregungsweiterleitung gefördert.
Den gegenteiligen Effekt am Herzen, die Erniedrigung der Herzfrequenz und der
Kontraktionskraft, also negativ chronotrop und negativ inotrop, bewirkt die Aus-
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Veränderungen in der molekularen Struktur eines einzelnen Ionenkanaltyps sind eine
mögliche Ursache von Herzrhythmusstörungen. Schon eine kleine Deletion im Exon 5 des
menschlichen HCN4-Gens oder eine Mutation in den K+-Kanal-Genen (Shab, Shal, Shaw
und Shaker) führen dazu, dass das Herz entweder zu langsam (Bradykardie) oder zu schnell
(Tachykardie) schlägt.
11.2 Kreislaufsysteme
P-Welle
QRS-Gruppe
R
733
T-Welle
T
Q
S
Vorhoferregung
Septumerregung
Ventrikelerregung
Ventrikelerregung
Repolarisierung
Ventrikel
linker
Vorhof
linker
Ventrikel
Abb. 11.15 EKG. Zeitliche Zuordnung des EKGs zu einzelnen Phasen der Herzerregung.
schüttung von Acetylcholin über den Nervus vagus des Parasympathicus. Durch
Acetylcholin werden muskarinische Rezeptoren und die acetylcholingesteuerten
KACh-Kanäle derart moduliert, dass die Überleitungsgeschwindigkeit des AV-Knotens und die Erregbarkeit des Herzen herabgesetzt wird.
Einige Zellen des Vorhofes beim Wirbeltierherz produzieren dehnungsabhängig
das atriale natriuretische Peptid (ANH, S. 906), das als harntreibendes Hormon
Einfluss auf das gesamte Blutvolumen nehmen kann.
1921 gelang es Otto Loewi, ein Froschherz in einer physiologischen Kochsalzlösung über die
Vagusnerven so zu stimulieren, dass ein anderes, unabhängig in derselben Lösung schlagendes Herz in seinem Herzschlagrhythmus beinflusst wurde. Damit wies Loewi die chemische Weiterleitung von Nervenimpulsen nach. Er bezeichnete die für die Übertragung des
Nervenimpulses auf das Herz verantwortliche Substanz als „Vagusstoff“. Später wurde dieser von Henry Dale als Acetylcholin identifiziert. Loewi und Dale wurden 1936 für die Entdeckung des ersten Neurotransmitters mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
11.2.7
Periphere Kreislaufregulation
Physikalische Grundlagen
Die Anpassung an wechselnde Bedürfnisse erfordert eine unterschiedliche Sauerstoffversorgung und damit unterschiedliche Blutströme durch einzelne Organe.
Bei einem aus einer Pumpe und einem Röhrensystem bestehenden Kreislauf
hängt die Stromstärke grundsätzlich von zwei Größen ab: der Pumpleistung und
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
P
11
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
dem peripheren Widerstand des Röhrensystems. Die Verhältnisse sind beim Blutkreislauf etwas komplizierter, da die Gefäße keine starren Röhren darstellen
(Windkesseleffekt, S. 728), trotzdem bleibt das Prinzip bestehen. Wichtige Größen
zur Beschreibung der Kreislauffunktion sind dabei Blutdruck, Stromstärke, Strömungswiderstand sowie die Strömungsgeschwindigkeit. Zum Verständnis der
physikalischen Vorgänge muss man sich klar machen, dass Blut grundsätzlich
nur vom Ort höheren Drucks zum Ort niedrigeren Drucks fließen kann. Das bedeutet wiederum, dass es entlang des Gefäßsystems zu einem Abfall des Drucks kommen muss. Dabei gilt grundsätzlich das Ohmsche Gesetz:
V = ΔP / R [ ml / s ], mit V = Stromstärke, ΔP = Druckabfall und R = Gefäßwiderstand.
Da nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz der Widerstand R umgekehrt proportional zur 4. Potenz des Gefäßradius ist, folgt unmittelbar, dass bei gleicher Stromstärke V der Druckabfall in dünnen Gefäßen sehr viel größer sein muss. Für den Widerstand im Gefäßsystem gelten die beiden Kirchhoff-Regeln:
– Verlängert man eine Gefäßstrecke (Serienschaltung), so erhöht sich der Gesamtwiderstand.
– Zweigt man ein Gefäß auf (Parallelschaltung), so verringert sich der Gesamtwiderstand.
Auch für die Strömungsgeschwindigkeit gilt: Bei Parallelschaltung von Gefäßen
sinkt die Geschwindigkeit, da hierfür nicht der Einzel- sondern der Gesamtquerschnitt entscheidend ist. Für den Blutkreislauf ergeben sich aus den bisher dargestellten Überlegungen folgende Konsequenzen: Im Bereich der Arteriolen und Kapillaren ist der einzelne Gefäßdurchmesser am geringsten, der Gesamtquerschnitt
aber am größten. Trotzdem ist der Druckabfall hier am größten, da die enorme Zunahme des einzelnen Gefäßwiderstandes durch die Erhöhung der Anzahl parallel
geschalteter Gefäße nicht kompensiert werden kann. Dagegen ist die Strömungsgeschwindigkeit in diesem Bereich am geringsten, da hierfür der Gesamtquerschnitt
entscheidend ist (Abb. 11.16).
Regulation der Kreislaufgrößen
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass zur Veränderung der Kreislaufgrößen
grundsätzlich an zwei Stellen reguliert werden kann, nämlich an der Pumpleistung
des Herzens und am peripheren Gefäßwiderstand. Außerdem wirken sich natürlich auch Veränderungen im Blutvolumen durch veränderte Zufuhr oder Ausscheidung von Wasser und Salzen oder aber durch akuten Blutverlust (Schock) aus. Die
wesentlichen Messgrößen, die hierbei eine Rolle spielen sind: Herzzeitvolumen,
totaler oder regionaler Strömungswiderstand über den Gefäßquerschnitt, arterieller Blutdruck, Blutvolumen. Die Regulation des Kreislaufs besteht aus der
Summe aller Vorgänge, die diese vier Größen sinnvoll und nach den erforderlichen
Bedürfnissen aufeinander abstimmt. Prinzipiell gibt es zwei Arten der Durchblutungsregulation von Organen:
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
734
11.2 Kreislaufsysteme
735
systolischer Druck
4
diastolischer
Druck
3
2
5
1
40
Arterien
linke
HerzhŠlfte
30
Venen
Arteriolen
Kapillaren
Venolen
rechte
HerzhŠlfte
20
10
Stršmungsgeschwindigkeit
50
0
Abb. 11.16 Blutdruck. Gesamtquerschnittsfläche und Strömungsgeschwindigkeit in Arterien, Kapillaren und Venen beim Säugetier. (Nach Wehner Gehring, Thieme Verlag, 2007.)
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
10
5
GesamtquerschnittsflŠche
Blutdruck (kPa)
15
11
– Eine lokale Regulation durch direkte Einwirkung eines veränderten Zellstoffwechsels ohne Beteiligung des Nervensystems oder des hormonellen Systems.
– Eine zentrale Regulation unter Mitwirkung des Nervensystems und des hormonellen Systems.
Bei der zentralen Regulation unterscheidet man wiederum kurzfristige Mechanismen (innerhalb von Sekunden bis Minuten), die über das vegetative Nervensystem
und die Nebennierenhormone Adrenalin und Noradrenalin vermittelt werden, von
mittel- und langfristigen Mechanismen (innerhalb von Minuten bis Tagen), die
durch Hormone wie Renin, Angiotensin, Adiuretin, Aldosteron und atriales natriuretisches Peptid vermittelt werden.
Die lokale Regulation wirkt unmittelbar und nur in den betroffenen Organen.
Zum Beispiel bewirkt eine Erhöhung des Stoffwechsels direkt ein Absinken des
O2-Gehaltes und des pH-Wertes sowie einen Anstieg des CO2-Gehaltes und der
Temperatur in der unmittelbaren Umgebung. Diese Veränderungen führen direkt
zur Erweiterung der Gefäße (Vasodilatation) und verstärken die lokale Durchblutung durch Reduzierung des Gefäßwiderstandes. Die kurzfristigen zentralen Mechanismen werden hauptsächlich durch das antagonistisch wirkende sympathische und parasympathische Nervensystem (S. 548) ausgelöst und über das Kreislaufzentrum in der Medulla oblongata gesteuert. Auslöser sind kurzfristige Blutdruck- und Blutwertveränderungen, die durch die oben beschriebenen lokalen
Reaktionen ausgelöst werden und über Druck- und Chemorezeptoren im Bereich
der Aortenbögen registriert werden. Sinkt z. B. der Blutdruck ab (z. B. durch erhöhte
Skelettmuskeltätigkeit), führt dies zur Aktivierung des sympathischen Nervensys-
11
11 Blut und Kreislaufsysteme
tems, welches einerseits das Herzminutenvolumen steigert (s. o.), andererseits den
Gefäßwiderstand in den nicht betroffenen Organen (z. B. Verdauungstrakt) durch
Vasokonstriktion steigert. Dadurch kommt es einerseits wieder zur Erhöhung des
Blutdrucks, andererseits zu einer Verschiebung der Durchblutung von nicht betroffenen Organen (z. B. Verdauungstrakt) hin zu betroffenen Organen (z. B. Skelettmuskulatur). Gleichzeitig wird durch das sympathische System das Nebennierenmark zur Ausschüttung von Adrenalin/Noradrenalin aktiviert mit entsprechenden
Auswirkungen auf Herz und Gefäßwiderstand.
Die mittel- und langfristigen Regulationsmechanismen werden durch verschiedene Hormone vermittelt und sind eine Reaktion auf anhaltende Veränderungen von Kreislaufgrößen wie Blutdruck, Blutvolumen und venösem Rückstrom
zum Herzen. Jede akute Reduktion des Blutvolumens bzw. ein entsprechender
Blutdruckabfall aktiviert in der Niere das Hormon Renin, welches wiederum über
die Aktivierung der Hormone Angiotensin II und Aldosteron einerseits eine allgemeine Vasokonstriktion, andererseits eine Verringerung der Flüssigkeits- und Salzausscheidung über die Niere bewirkt (S. 864). Zusätzlich führt eine aktivierte Ausschüttung von Adiuretin aus dem Hypophysenhinterlappen zu einer Verringerung
der Flüssigkeitsausscheidung. Eine Erhöhung von Blutvolumen und Blutdruck
wirkt sich entsprechend in entgegengesetzter Richtung aus.
Säugerherz: Ventral gelegener Hohlmuskel, der durch die Herzscheidewand in rechten und linken Vorhof (Atrium) sowie rechte und linke Kammer (Ventrikel) unterteilt
wird. Das Herz pumpt rhythmisch Blut in Lungen- und Körperkreislauf. Der Aktivitätszyklus aus Systole und Diastole wird autonom von modifizierten Herzmuskelzellen
erzeugt.
Systole: Druckanstiegs- (oder Anspannungs-) und Austreibungsphase im Herzzyklus.
Diastole: Erschlaffungs- und Füllungsphase des Herzzyklus.
Herzklappen im Säugerherz: Zwischen Atrium und Ventrikel liegen jeweils Segelklappen (links mit zwei Klappensegeln, rechts mit drei Klappensegeln). Sie verhindern den Rückstrom des Blutes in die Atrien, wenn der Druck im Ventrikel während
der Systole steigt. An der Basis von Aorta und Truncus pulmonalis liegen jeweils drei
Taschenklappen. Sie verhindern den Rückstrom des Blutes in den Ventrikel, wenn
der Druck während der Diastole im Ventrikel nachlässt.
Herzaktivität: Neben dem Blutdruck sind Herzfrequenz und Herzeitvolumen eine
Maß für die Aktivität des Herzen. Bei Wirbeltieren wird die Herzaktivität durch das
vegetative Nervensystem beeinflusst. Der Sympathicus steigert über die Ausschüttung von Noradrenalin die Kontraktionskraft des Herzen und beschleunigt die Erregungsweiterleitung zwischen Atrium und Ventrikel. Der Parasympathicus (Äste des
Nervus vagus) vermindert durch Ausschüttung von Acetylcholin Herzfrequenz und
Überleitungszeit des Herzen, nicht jedoch die Kontraktionskraft. Über verschiedene
Neuropeptide wird die Aktivität von myogenen wie neurogenen Herzen kontrolliert.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
736
737
Myogene Erregung des Säugerherzen: Primärer Taktgeber der elektrischen Erregung des Herzens sind Schrittmacherzellen des Sinusknoten. Von dort breitet sich
die Erregung über die Vorhöfe aus und geht auf den Atrioventrikularknoten über.
Der AV-Knoten ist das sekundäre Erregungszentrum. Dann wird die Erregung über
die His-Bündel und die Tawara-Schenkel bis in die Purkinje-Fasern weitergeleitet.
Von dort breitet sich die Erregung über das funktionelle Syncytium des Myokards
aus.
Schrittmacherpotential: Das Zusammenspiel von verschiedenen Ca2+- und K+-Kanälen bestimmt den Verlauf des autorhythmischen Membranpotentials einer Schrittmacherzelle.
Aktionspotential der Herzmuskelzelle: Nach der Leitfähigkeitsänderung spannungsgesteuerter Na+-Kanäle ist das Membranpotential einer Muskelzelle des Myokards durch ein bis zu 400 ms dauerndes Plateau gekennzeichnet, das durch erhöhte
Ca2+-Leitfähigkeit und die verzögert einsetzende K+-Leitfähigkeit verursacht wird.
Neurogenes Herz: Bei Wirbellosen wird das autonome Erregungsmuster des Herzschlagrhythmus in Nervenzellen erzeugt, die in kleinen neuronalen Netzwerken verschaltet sind.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
11.2 Kreislaufsysteme
11
Herunterladen