Europan 6 Ingolstadt Ansicht von Norden Schnitt Gebäude Erläuterungsbericht Europan 6 Ingolstadt Städtebau und Gebäudekonzept Viele Städte des 21. Jahrhunderts sind mit dem Phänomen der urbanen Ausbreitung, der Zergliederung und der Fragmentierung konfrontiert. An diesem Punkt setzte der im Jahr 2001 durchgeführte Wettbewerb Europan 6 mit der Aufgabenstellung an, diese diffusen Randquartiere neu zu organisieren. Das Wettbewerbsgebiet in Ingolstadt liegt nordwestlich des Altstadtkerns an der Richard – Wagner Strasse, einer viel befahrenen Hauptverkehrsader. Südlich der Strasse entsteht seit Mitte der 90er Jahre ein neues Wohnquartier in der Mehrheit mit Gebäuden des experimentellen Wohnungsbaus. Städtebaulich sollte dieses Neubaugebiet mit innovativem, gefördertem Wohnungsbau abgeschlossen und für das Viertel ein neues Gesicht zur Straße modellieren werden. Unser Wettbewerbsbeitrag orientierte sich mit seinem Konzept an der Typologie des Terrassenhauses mit gut belichteten Wohnungen und privaten Freiflächen. Terrassenhäuser nutzen üblicherweise die vorhandene Topographie. In unserem Konzept wurde diese artifiziell durch das Gebäude selbst geschaffen. Zwei unterschiedlich hohe, abgestufte Riegel umfassen eine ebenerdige Parkgarage. Auf deren Dach entsteht somit Raum für eine Gemeinschaftsfläche mit privaten Terrassen und einem halböffentlichen Innenhof. Horizontale und vertikale Durchwegungen gliedern den Baukörper und verbinden die Gemeinschaftsfläche mit dem südlich gelegenen Freibereich. Die Maisonettetypen in den unteren beiden Geschossen entsprechen in ihrem Charakter Reihenhäusern mit eigenen Gärten. Um den Fakten unserer mobilen Gesellschaft Rechnung zu tragen, können die Bewohner in dem eingeschobenen Parkhaus direkt neben ihren Wohnungseingängen und Treppenaufgängen parken, ohne dass die angehobenen Gemeinschaftsflächen durch den Verkehr tangiert werden. Die Maisonetten erhielten einen unmittelbaren Zugang zwischen parkendem Auto und Wohnungen nach amerikanischem Prinzip. 1.Obergeschoss Teil des Konzeptes war die Kombination von Arbeiten und Wohnen. Zwei Gewerbeeinheiten an den großen öffentlichen Treppenaufgängen ermöglichen eine offene Fassade an den Gebäudeenden und könnten als wohnungsnaher Arbeitsplatz oder auch als kleiner Laden für die Nahversorgung genutzt werden. Auf dem angehobenen Innenhof, der Piazza, entstand ein geschützter Platz, an dem sich tagsüber sowohl die Bewohner und deren Kinder, als auch die Angestellten und Nutzer der Läden und Büros treffen. Konstruktion Das Gebäude möchte ein klassisches Leitmotiv der modernen Architektur aufgreifen: das Bauen mit Systemen. Heutige Baustellen sind geprägt durch relativ lange Bauzeiten mit hoher Belastung des Umfeldes. Um diese zu reduzieren wurden vorgefertigten Hohlkammerwänden aus Stahlbeton verwendet die vor Ort zügig zusammengefügt werden können und dem Wunsch des Bauherrn nach Robustheit der Baukonstruktion und Wertigkeit des Gesamtgebäudes entsprachen. Hierbei werden zwei dünne Stahlbetonplatten mit Gitterträgern zu einem Wandfertigteil mit Hohlraum verbunden. Dieser wird vor Ort mit Ortbeton ausgefüllt. Vorteil ist das geringere Transportgewicht, die einfache Verlegung der Elektroinstallation, der schnelle Baufortschritt und vor allem die glatte Betonoberfläche die nicht verputzt werden muss. Erdgeschoss Energiekonzept Als experimenteller Schwerpunkt wurde ein für den geförderten Wohnungsbau spezielles Energiekonzept definiert. Der Energieverbrauch wurde durch mehrere Maßnahmen optimiert. Die terrassierte Südorientierung gewährleistet eine angenehme Besonnung im Frühjahr, Herbst und Winter, die starke Sonneneinstrahlung im Sommer wird durch Decken- oder Gebäudevorsprünge reduziert. Zur passiven Solarnutzung sind die Südfassaden großzügig aufgeglast, die geschlossenen Oberflächen erhielten eine erhöhte Wärmedämmung. Jede Wohnung wurde mit einer dezentralen, wartungsfreien Wärmerückgewinnung mit kontrollierter Lüftung ausgerüstet. Das Warmwasser für Küchen und Bäder wird in Solarkollektoren auf dem Dach des Nordhauses erhitzt. Gebäudekonzept Oberflächen und Fassade Um den seriellen Charakter des Gebäudes zu unterstreichen, wurde die vorgehängte Fassade mit liegenden Formaten aus silbernen und weissen HPL-Platten versehen. Die reduzierten, hellen, leicht reflektierenden Oberflächen erzeugen eine heitere, fast südländische Stimmung. Die Farbigkeit entsteht durch die Bepflanzung und vor allem durch die individuellen Lebens-gewohnheiten der Bewohner. Wie in einem Setzkasten können im vorgegebenen Raster die unterschiedlichsten Einrichtungsvorstellungen umgesetzt werden, ohne dass das Gesamtbild der Architektur gestört wird. Freiflächenplan Die vorgehängte hinterlüftete Fassade mit 16 cm Dämmung ermöglichte eine Kombination aus verschiedenen Plattenwerkstoffen. In den unteren Geschossen zur Strasse hin wurde Trespa Meteon mit einer silbernen Oberfläche verwendet. Bei den übrigen Oberflächen wurde Eternit Pelicolor in weiß eingesetzt. Um bei den Erschliessungsseiten eine gute Belichtung mit aussreichender Privatheit zu verbinden zu können wurde ein System aus raumbreiten liegenden Fensterformaten entwickelt. Vor den Essplätzen sind die Fenster niedrig so das man sitzend einen guten Ausblick hat, ein Passant sich jedoch bücken müsste um hereinzusehen. In den Küchen sind die Fenster stehend auf Augenhöhe angebracht um guten Kontakt mit den Nachbarn zu ermöglichen. Wohnungen BLAUWERK ARCHITEKTENPARTNERSCHAFT Das Wohnungsangebot reicht von Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen, mit Wohnflächen von 55 bis 100 Quadratmetern. Die Wohnungen der Obergeschosse sind teilweise rollstuhlgerecht. Sie können über einen nahe gelegenen Fahrstuhl erreicht werden. Für ungestörtes Wohnen an der stark befahrenen Richard – Wagner Strasse sorgt die Grundrisskonzeption mit einer Nebenraumzone und einer zweiten Gebäudehaut. Zusätzlich schaffen eine spezielle Anordnung der raumbreiten und niedrige Fenster bildhafte Ausblicke für die Bewohner. Gleichzeitig werden aber auch die Einblicke seitens der Passanten auf den Erschließungswegen reduziert. Im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus, konnten Grundrisse mit Galerien, Oberlichtern, raumhohen Schiebetüren und durchgesteckten Wohnräumen realisiert werden. Erdgeschoss