Schulfernsehen Schulfernsehen Meine Geschichte 2. Frauen im Widerstand: Freya von Moltke Ein Film von Henric L. Wuermeling & Karola von Raven Beitrag: Volker Eklkofer & Simon Demmelhuber Inhalt Pläne für ein Deutschland nach den Nationalsozialisten Einer der wichtigsten Vertreter des bürgerlichen Widerstands gegen den Nationalsozialismus war Helmuth James Graf von Moltke (19071945), der Urgroßneffe des legendären Feldmarschalls, der 1870/71 als preußischer Generalstabschef die Kriegsführung gegen Frankreich geleitet hatte. dorff, der Pädagoge Adolf Reichwein, der Jesuitenpater Alfred Delp und der Gewerkschafter Wilhelm Leuschner. Moltke wurde im Januar 1944 verhaftet. Obwohl Moltke wie viele andere Kreisauer Gesprächsteilnehmer nicht an der Planung des Attentats vom 20. Juli 1944 beteiligt war, verurteilte ihn der Volksgerichtshof nach dem Bombenanschlag auf Adolf Hitler zum Tode. Am 23. Januar 1945 wurde er in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee erhängt. Moltkes Frau gibt das Erbe des Widerstands weiter Zusammen mit seinem Freund Peter Graf Yorck von Wartenburg organisierte Moltke Treffen von Oppositionellen auf seinem Gut Kreisau in Schlesien. In der Sendung berichtet Freya von Moltke (1911-2010), die seit 1931 mit dem Grafen verheiratet war, von der Entstehung des Kreisauer Kreises. Sie erzählt von Moltkes Vorstellungen, die von einer christlich-humanistischen Ethik ausgingen, von seiner Haftzeit und von den Briefen, die er an sie schrieb und die sie später veröffentlichte. Im Kreisauer Kreis sammelten sich 1942/43 Personen aus fast allen Lagern des Widerstands, um grundsätzliche Fragen der Nachkriegsgestaltung Deutschlands und Europas zu besprechen. Zu den Treffen kamen u. a. der ehemalige Abgeordnete der SPD im Reichstag Carlo Mieren- In der Nachkriegszeit war Freya von Moltke eine der "vergessenen Frauen des Widerstands", doch sie wollte sich damit nicht abfinden. Ihrem Bemühen ist es zu verdanken, dass Kreisau nach dem Zerfall des Ostblocks als Ort der europäischen Verständigung wiederbelebt wurde. © Bayerischer Rundfunk 1 Schulfernsehen Schulfernsehen Fakten Eine große Frau des Widerstands: Freya von Moltke Freya von Moltke, geb. Deichmann, wurde 1911 in Köln als Tochter eines Bankiers geboren. 1931 heiratete die Jura-Studentin den vier Jahre älteren Helmuth James Graf von Moltke, der zwei Jahre zuvor seine juristische Ausbildung abgeschlossen hatte. 1935 wurde Freya von Moltke an der Berliner Humboldt-Universität zum Dr. jur. promoviert. 1937 kam der erste Sohn Helmuth Caspar zur Welt. Helmuth von Moltke, der Urgroßneffe des legendären "Siegers von Sedan" und Enkel des Obersten Richters Südafrikas, Sir James Rose Innes, arbeitete in den 30er Jahren als Anwalt für internationales Recht in Berlin. Zugleich bewirtschaftete er das Gut Kreisau in Schlesien. Der Graf hatte den hoch verschuldeten Familienbesitz 1929 übernommen und vor der Zwangsversteigerung bewahrt. Das adelstypische "herrschaftliche" Auftreten war ihm fremd. Er arbeitete eng mit den Bauern der Umgebung zusammen, das Dorf und das Gut bildeten eine Art Lebensgemeinschaft. 1939 wurde Moltke, der die NS-Herrschaft von Beginn an ablehnte, als Sachverständiger für Völkerrechtsfragen in das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) kriegsdienstverpflichtet. Seine Frau übernahm neben der Erziehung der beiden Söhne die Verwaltung des Gutes, die Kontrolle der Finanzen und die Ernteplanung. Im OKW erlebte Moltke den "Blitzkrieg" gegen Polen hautnah mit. Entsetzt schrieb er im Oktober 1939 nach Hause: "Die Katastrophe rast auf uns zu. Jetzt bin ich so weit, dass ich nicht mehr sehe, was denn zwischen uns und dieser Katastrophe steht". Der Graf entschloss sich zum Widerstand. In den Jahren 1942/43 veranstaltete Helmuth von Moltke auf seinem Gut Tagungen von HitlerGegnern. Die feste Verwurzelung Moltkes in Kreisau schützte den Grafen vor Denunziationen. Moltke wurde zum Kopf und "Antreiber" des Kreisauer Kreises. Freya unterstützte die Widerstandsarbeit ihres Mannes und leistete Briefbotendienste, wohl wissend, dass sie sich in ständiger Lebensgefahr befand. © Bayerischer Rundfunk Helmuth von Moltke wurde im Januar 1944 verhaftet, als er befreundete Widerständler des Solf-Kreises vor einem Gestapo-Spitzel warnte. Der Solf-Kreis Hanna Solf, die Witwe des 1936 verstorbenen Diplomaten Wilhelm Solf, scharte eine Gruppe bürgerlicher Oppositioneller um sich. Dazu gehörten u.a. die christliche Pädagogin Elisabeth v. Thadden und der katholische Priester Max Josef Metzger. Mehreren politisch und rassisch Verfolgten verhalf die Solf-Gruppe zur Flucht ins Ausland. Als die Gestapo einen Spitzel in den Solf-Kreis einschleuste, wollte Helmuth James Graf v. Moltke einen der Freude Hanna Solfs im Januar 1944 warnen. Dabei wurde er verhaftet. Nach der Verhaftung ihres Mannes blieb Freya von Moltke in Kreisau und versuchte den Besitz zu halten. Das Gut und die dort lebenden Menschen – auch die Frau des nach dem 20. Juli 1944 hingerichteten Adolf Reichwein war in Kreisau untergekommen - halfen ihr, die NS-Zeit durchzustehen. Sie ging zu Roland Freisler, dem Präsidenten des Volksgerichtshofs, und traf sich mit dem Gestapo-Chef Heinrich Müller, um sie von der Unschuld ihres Mannes zu überzeugen. Aber das NS-Regime kannte keine Gnade, es wollte seine Gegner vernichten. Müller erklärte der jungen Frau: "Nach 1914/18 haben wir unsere Feinde am Leben gelassen, das passiert uns nicht noch mal". Helmuth von Moltke wurde wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee erhängt. 1945 erlebte die Gräfin die russische und die polnische Besetzung Kreisaus. Versuche, sich mit den neuen Herren zu arrangieren, scheiterten. Im Oktober 1945 verließ sie mit den Söhnen Hel2 Schulfernsehen muth Caspar und Konrad das Gut. Es gelang ihr mehr als 1.600 Briefe ihres Mannes und die schriftlichen Dokumente des Kreisauer Kreises in Sicherheit zu bringen. Aus Kreisau wurde das polnische Krzyzowa, auf dem Gutsgelände entstand ein staatlicher Landwirtschaftsbetrieb. Nach der Flucht aus Schlesien zog Freya von Moltke nach Südafrika. Sie arbeitete in der Behindertenbetreuung und wurde Sozialarbeiterin. 1956 kehrte sie Südafrika den Rücken, im Apartheid-Staat wollte sie nicht mehr leben. Zurück in Berlin, begann sie über den Kreisauer Kreis zu publizieren. Unterstützung erhielt sie dabei u. a. von Bundestagspräsident Eugen Gerstenmeier. 1960 zog die Gräfin in die USA, nach Vermont in Neuengland. Wie viele Witwen des Widerstands hat sie nicht wieder geheiratet. Nach dem Ende des Ostblocks half Freya von Moltke in den 90er Jahren, das Gut Kreisau zu einem Ort der Verständigung umzuwandeln. Polen und Deutschland investierten knapp 30 Millionen D-Mark in die Renovierung des Anwesens. 1998 wurde die Internationale Jugendbegegnungsstätte Kreisau eröffnet. Die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen war Freya von Molkte sehr wichtig. Als die umstrittene "Preußische Treuhand" 2004 ankündigte, die Rückgabe von Immobilien juristisch erzwingen zu wollen, unterschrieb die Familie von Moltke sofort eine Verzichtserklärung. Freya von Moltke starb am 1. Januar 2010 in Norwich, Vermont. Schulfernsehen Nach der Niederlage der deutschen Wehrmacht vor Moskau im Winter 1941 wurde jedoch vielen Menschen, die die Nationalsozialisten zunächst unterstützt und die Siege über Polen und Frankreich bejubelt hatten klar, dass die Zeit der "Blitzkriege" vorbei war und Hitler Deutschland an den Rand des Abgrunds führte. Im deutschen Bürgertum begann sich Widerstand zu regen. Ein bekanntes Beispiel ist die Münchner Gruppe Weiße Rose um Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Willi Graf und Professor Kurt Huber. Die Weiße Rose produzierte, verteilte und verschickte ab 1942 Flugblätter gegen den Krieg und die Verbrechen der Nazis. Nach der Vernichtung der 6. Armee bei Stalingrad durch die Truppen Stalins rief die Weiße Rose auch zum Sturz Hitlers auf. Im Anschluss an einen Versuch der Geschwister Scholl, Flugblätter in der Münchner Universität zu verteilen, wurde die Gruppe im Februar 1943 verhaftet. Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst wurden am 22. Februar 1943 hingerichtet, Alexander Schmorell und Prof. Huber am 13. Juli, Willi Graf am 12. Oktober. Zur sich allmählich formierenden bürgerlichen Opposition zählte auch ein Kreis von Juristen, Wirtschaftsfachleuten, Theologen, Politikern und Offizieren, die sich ab 1942 auf dem schlesischen Landgut Kreisau trafen und Pläne für den demokratischen Wiederaufbau eines befreiten Deutschlands entwarfen. Kopf des Kreisauer Kreises war der Jurist Helmuth James Graf von Moltke, Kriegsverwaltungsrat und Leiter des Völkerrechtsreferats der Abteilung Ausland im Oberkommando der Wehrmacht. Unterstützt wurde er von seinem Freund, dem Beamten Peter Graf Yorck von Wartenburg. Zum Namen "Kreisauer Kreis" Der Kreisauer Kreis Die bürgerlichen Parteien und Organisationen in Deutschland nahmen die Machtübernahme der Nationalsozialisten ohne Auflehnung hin. Nur Einzelpersonen leisteten Widerstand, organisierte Gruppen der bürgerlichen Opposition entstanden in den 1930er Jahren kaum. Eine Ausnahme bildete der Kreis um den Versicherungsangestellten Peter Göttgens in München, dessen Mitglieder Flugblätter verfassten und verbreiteten. Einige Mutige versuchten Juden zu verstecken und versorgten die Familien von Inhaftierten mit Lebensmitteln. Anwälte verteidigten Nazigegner vor Gericht. Handlungsgrundlage dieser Menschen war aber kein politisches Programm. © Bayerischer Rundfunk Die Widerstandsgruppe um den Grafen Moltke gab sich selbst keinen Namen. Die historische Bezeichnung erhielt sie vom Sicherheitsdienst der SS. Nach den Verhören im Anschluss an das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 fassten die SD-Ermittler die Mitglieder der Moltke-Gruppe unter dem Begriff "Kreisauer Kreis" zusammen. Zu den Treffen des Kreisauer Kreises kamen u.a. Carlo Mierendorf, ein ehemaliger Reichstagsabgeordneter der SPD, der Pädagoge Adolf Reichwein, der Jesuitenpater Alfred Delp und der Berliner Staatsrechtsprofessor Hans Peters. Auch der Gewerkschafter Wilhelm Leuschner, der von 1929 bis 1933 SPD-Innenminister in Hessen gewesen war, erschien zu den Ge3 Schulfernsehen sprächsrunden. Daneben pflegte der Kreisauer Kreis Beziehungen zu Theologen der Bekennenden Kirche und führenden Katholiken wie dem Berliner Bischof Graf Preysing. Einige Kreisauer plädierten für eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten, was Molke, wie seine Frau Freya im Film berichtet, jedoch wegen deren antidemokratischer Grundhaltung lange Zeit ablehnte. Bei den Kreisauer Zusammenkünften überwanden Gewerkschafter, Sozialisten und Konservative jene ideologischen Gräben, die sie in der Weimarer Republik getrennt hatten. Es gelang ihnen, sich auf konkrete Pläne für ein Nachkriegsdeutschland zu verständigen, die sich an Demokratie, Föderalismus, Gewissensfreiheit und Gleichberechtigung der Völker orientierten. Die Visionen der Kreisauer basierten auf einer christlich-humanistisch geprägten Ethik. In ihrer "Weisung an die Landesverweser" nannten sie als Bedingungen für den Wiederaufbau Deutschlands geordnete Rechtsverhältnisse, eine christliche Erziehung und die Beteiligung einer "deutschen Gewerkschaft" an Verwaltung und Wirtschaft. In den "Grundsätzen für die Neuordnung" hieß es: "Die Existenzsicherung der Werktätigen ist um ihrer Menschenwürde willen Aufgabe der Wirtschaftsführung. (…) Die Reichsregierung sieht die Grundlage des Wiederaufbaus der Wirtschaft in einem geordneten Leistungswettbewerb, der sich im Rahmen staatlicher Wirtschaftsführung und hinsichtlich seiner Methoden unter ständiger Aufsicht vollzieht. Wo die vorhandenen Bindungen und Verflechtungen der Wirtschaft (Monopole, Kartelle, Konzerne) diesen Leistungswettbewerb ausschließen, ist es Aufgabe der Wirtschaftsführung, die Grundsätze des geordneten Leistungswettbewerbs zur Geltung zu bringen und die Interessen der Gesamtheit zu wahren. (…) Schlüsselunternehmen des Bergbaus, der eisen- und metallschaffenden Industrie, der Grundchemie und Energiewirtschaft werden in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden" (zit. nach Gottschaldt, Eva. Antifaschismus und Widerstand, Heilbronn, 1985, S. 142). Die Arbeiterschaft spielte in den Überlegungen der Kreisauer eine wichtige Rolle. So meinte der Graf v. Wartenburg: "Die durch den Nationalsozialismus Betrogenen sind nämlich primär die Arbeiter. Und wenn wir uns einbilden, etwas Ähnliches wie eine Elite zu sein oder eine Führungsaufgabe zu haben, dann haben wir versagt, und zwar dem einfachen Manne, dem Arbeiter ge- © Bayerischer Rundfunk Schulfernsehen genüber. Sonst hätte das Dritte Reich nicht passieren dürfen. Wir haben eine Schuld gutzumachen am deutschen Arbeiter, deshalb müssen wir dieses Regime beseitigen. Dazu brauchen wir Echo und Rückhalt in das arbeitende Volk hinein" (Ibid.). Christentum und Arbeiterorganisationen sahen die Kreisauer denn auch als wichtigste Säulen eines neuen Deutschlands. In diese Richtung gingen die Personalvorschläge für das Amt des Reichskanzlers. Als mögliche Regierungschefs fasste man die Sozialdemokraten Wilhelm Leuschner und Julius Leber sowie den evangelischen Pfarrer Martin Niemöller, eine der profiliertesten Gestalten der Bekennenden Kirche ins Auge. Die Mehrheit der Kreisauer war dafür, den Krieg schnellstmöglich zu beenden und an allen Fronten Frieden zu schließen. Die Kreisauer standen damit im Gegensatz zu anderen Vertretern der bürgerlichen und militärischen Opposition, die den Krieg mit den Westmächten abbrechen, aber gegen Sowjetrussland weiterkämpfen wollten. Der Kreisauer Kreis strebte stattdessen eine gute Nachbarschaft auch mit der Sowjetunion an. Der Kreisauer Kreis entwarf eine christlich-sozialistische Ordnung für ein Deutschland nach dem Nationalsozialismus. Ein eigener aktiver Beitrag zur Beseitigung der NS-Führung war in den Planungen Moltkes und seiner Freunde nicht vorgesehen. Nach der Verhaftung Moltkes im Januar 1944 zerfiel der Kreisauer Kreis. Einige Mitglieder schlossen sich dem militärischen Widerstand um Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg an. Andere wussten nichts von den Attentatsplänen, sie gerieten nach dem 20. Juli 1944 dennoch in den Todesstrudel von Roland Freislers Volksgerichtshof. "Wir werden gehenkt, weil wir zusammen gedacht haben", schrieb Moltke kurz vor seiner Hinrichtung am 23. Januar 1945 an seine Frau Freya. Das NS-Justizwesen "Recht ist, was dem Volke nützt” - unter diesem Schlagwort instrumentalisierte das NS-Regime das gesamte Recht als Mittel zur Durchsetzung seiner Ideologie. Nach 1933 stellte sich die Mehrheit der deutschen Richter der Reichsregierung unter Hitler zur Verfügung. Bereitwillig legten die Juristen sämtliche Rechtsvorschriften im Sinne des Na- 4 Schulfernsehen Schulfernsehen tionalsozialismus aus. Schnell fand die Rassenlehre Einzug in das "deutsche Recht”. Richtschnur der Rechtsprechung wurden das Parteiprogramm der NSDAP und der Wille des "Führers”. So konnte der Gleichheitsgrundsatz außer Kraft gesetzt und die Diskriminierung Andersdenkender geltendes Recht werden. Zur Bekämpfung politischer Gegner entstanden bereits 1933 Sondergerichte, die mit drei Berufsrichtern besetzt wurden. Schöffen oder Geschworene gab es nicht. 1934 wurde der Volksgerichtshof gegründet, um die Delikte "Hoch- und Landesverrat” zu verfolgen. Nicht Recht zu sprechen war seine Aufgabe, sondern die Gegner des Nationalsozialismus zu vernichten. Der Volksgerichtshof hatte erste und letzte Instanz zu sein, Berufung und Revision waren nicht vorgesehen. Beweisanträge der Verteidigung durfte das Gericht ohne Begründung ablehnen und ab 1940 hatte ein Angeklag- ter nicht einmal mehr das Recht auf einen Verteidiger. Zu einem Senat des Volksgerichtshofs gehörten zwei Berufs- und drei Laienrichter - verdiente SS-Angehörige oder linientreue Parteifunktionäre. Um die Verurteilung politischer Gegner sicherzustellen, wurden die Straftatbestände bewusst unklar formuliert: • Wehrkraftzersetzung • Feindbegünstigung • Hochverrat • Landesverrat • Heimtücke • Rassenschande Bei solchen Anschuldigungen stand einer Verurteilung, in mehreren tausenden Fällen zum Tode, nichts mehr im Wege. Didaktische Hinweise Die Sendung kann im GSE- und Geschichtsunterricht ab der 8. Jahrgangsstufe eingesetzt werden. Lehrplanbezüge (Bayern) Mittelschule GSE 8. Jahrgangsstufe 8.6 Demokratie und NS-Diktatur Realschule Geschichte 9.5 Totalitäre Herrschaft, Zweiter Weltkrieg und die Folgen Gymnasium Geschichte 9. Jahrgangsstufe 9.2 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Lernziele Die Schülerinnen und Schüler sollen • Helmuth James Graf von Moltke als Motor des Kreisauer Kreises kennen lernen; • erfahren, dass der Graf, seine Frau Freya und ihre Freunde vom Kreisauer Kreis darüber nachdachten, wie Deutschland nach Hitler aussehen sollte; • wissen, dass Freya v. Moltke die Widerstandtätigkeit ihres Mannes aktiv unterstützte; • Einblick erhalten in die Pläne des Kreisauer Kreises; • die Zivilcourage von Menschen, die Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, würdigen. © Bayerischer Rundfunk 5 Schulfernsehen Schulfernsehen Anregungen Wer sich mit dem Widerstand gegen das NS-Regime beschäftigt, muss bedenken, dass der totale Staat mit seinem Polizei- und Überwachungsapparat keine offene Gruppenbildung gestattete. Landes- oder Hochverrat wurde von der Gestapo zuweilen schon dort vermutet, wo sich zwei oder drei Personen trafen, um über politische oder militärische Fragen zu sprechen. So entstanden weitgehend geschlossene kirchliche, sozialistisch-gewerkschaftliche, bürgerliche und militärische Widerstandskreise, die sich kaum überschnitten. Eine Ausnahme bildete der Kreisauer Kreis, benannt nach dem schlesischen Gut des Grafen Helmuth James von Moltke. Moltke formierte eine Gruppe, der Politiker unterschiedlicher Couleur, Offiziere, Theologen und Juristen angehörten. Auch Gewerkschafter kamen zu den Treffen, bei denen über die Schaffung einer neuen Ordnung für ein Deutschland nach dem Nationalsozialismus debattiert wurde. Im Interview gibt Freya von Moltke, die Frau des im Januar 1945 hingerichteten Grafen, interessante Einblicke in das Innenleben des Kreisauer Kreises. Sie erzählt u.a., wie in den frühen 40er Jahren stetig neue Mitglieder gewonnen wurden, wie ihr Mann die Treffen plante, welche "Hausaufgaben" er vergab und wie er versuchte, Kontakt zu den Alliierten aufzunehmen. Es lohnt sich, den Film im Unterricht zu zeigen. Den Schülerinnen und Schülern, die in einem demo kratischen Staat aufwachsen, in dem es ungefährlich ist, gegen die Regierung aufzubegehren, wird klar, was Widerstand gegen ein totalitäres Regime tatsächlich bedeutete. Arbeitsaufträge Beobachtungsaufträge Wie wurden die Treffen des Kreisauer Kreises organisiert? Wer nahm daran teil? Wie gelang es Helmuth von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg so unterschiedliche Personen zusammen zu bekommen? Warum wurden keine Kommunisten zu den Gesprächsrunden eingeladen? Was meint Freya von Moltke, wenn sie erzählt, die "Gruppe lebte vom gegenseitigen Vertrauen"? Warum waren die Treffen der Kreisauer für Helmuth und Freya von Molke eine "Erlösung"? Was bedeutete ihnen das "Gefühl, etwas zu tun"? Welche Vorstellungen für den demokratischen Aufbau eines befreiten Deutschlands entwickelten die Kreisauer? Welche Hoffnungen setzte Moltke in den Weltrat der Kirchen? Warum versuchte er zuerst mit den westlichen Alliierten, dann sogar mit der Sowjetunion in Kontakt zu kommen? Warum verachtete Moltke die deutsche Militärführung? Warum sagte er zu seiner Frau: "Die Generäle sind hoffnungslos?" Warum zerfiel der Kreisauer Kreis nach der Verhaftung des Grafen von Moltke im Januar 1944? Literatur- und Internettipps Geyken, Frauke. Ein Jahrhundertleben 1911-2010. München: C. H. Beck, 2011. Moltke, Freya v. Erinnerungen an Kreisau 1930 - 1945. München: C.H. Beck, 2003. Köhler, Jochen. Helmuth James von Moltke. Eine Biographie. Reinbek: Rowohlt, 2007. © Bayerischer Rundfunk 6 Schulfernsehen Schulfernsehen Ruhm von Oppen, Beate. Hg. Helmuth James von Moltke, Briefe an Freya 1939-1945. München: C.H. Beck, 2007. Tempel, Sylke. Ein Leben. Ein Jahrhundert. Berlin: Rowohlt, 2011. Links http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/widerstand/kreisauer/ Information des Deutschen Historischen Museums zum Kreisauer Kreis http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MoltkeHelmuthJames/index.html Biografie Helmuth v. Moltkes http://www.bpb.de/publikationen/IDN9WE,1,0,Widerstand_traditioneller_Eliten.html Widerstand traditioneller Eliten - Informationen zur politischen Bildung (Heft 243) http://www.stiftung-adam-von-trott.de/ Seite der Stiftung Adam von Trott http://www.gdw-berlin.de/ Gedenkstätte Deutscher Widerstand http://www.kreisau.de/ Kreisau Initiative Berlin http://www.fvms.de/ Freya von Moltke-Stiftung http://www.gdw-berlin.de/ Gedenkstätte Deutscher Widerstand © Bayerischer Rundfunk 7