Donnerstag, 11. Mai 2017 (10h30 im Kulturhaus Helferei) 500 Jahre Zürcher Reformation: Programmvorschau Projekte Stand Mai 2017 Anpassungen vorbehalten Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» Vorsitz Geschäftsleitung: Dr. Stefan Grotefeld Präsident: Pfr. Michel Müller c/o Ev.-Ref. Landeskirche des Kantons Zürich Postfach, Hirschengraben 50 CH-8024 Zürich [email protected] Dr. Stefan Grotefeld T +41 43 258 91 52 [email protected] Pfr. Michel Müller T +41 43 258 92 52 [email protected] Mission Zwingli Vermittlungsprogramm Autoren: Juri Steiner, Plinio Bachmann Koproduktion mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) im Rahmen der Weltausstellung r2017, Wittenberg Mai bis September 2017 Im deutschen Reformationssommer – 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag an der Schlosskirche – treffen sich Kirchen aus aller Welt, internationale Institutionen und Initiativen zur Weltausstellung Reformation r2017 in Wittenberg, um ihre Sicht auf die Reformation zu präsentieren. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund ist mit einem eigenen Pavillon an diesem Grossanlass vertreten. Hier nistet sich die Mission Zwingli ein – als sympathischer Unruhestifter und als rollende Litfasssäule für Anliegen und Programm des Zürcher Reformationsjubiläums. Die Mission Zwingli macht dem Publikum in Wittenberg bewusst, dass es mit den Feierlichkeiten weitergeht. In Zürich, und im Blick auf eine Reformation, die in mancher Hinsicht ganz anders verlaufen ist als in Deutschland. Plinio Bachmann und Juri Steiner nutzen die Gelegenheit und stellen das Bild von Zwingli als strengem Puritaner und pedantischer Spassbremse genussvoll auf den Prüfstein. Huldrych Zwingli soll als pragmatischer Reformator verstanden werden, der von einem realistischen und ganzheitlichen Menschenbild ausging und der italienischen Renaissance zugetan war. Nach dem Salon Zwingli von 2016, in dem Plinio Bachmann in Zürich bereits grundlegende reformatorische Fragen aus heutiger Sicht verhandelt hatte, treibt die Mission Zwingli solch inspirierten und beweglichen Diskurs weiter. Sie will im Getriebe der Wittenberger Ausstellung deutlich machen, dass es sich lohnt, das Zürcher Jubiläum mit seinen vielfältigen Projekten zu verfolgen: als eine fantasievolle, kulturell motivierte Prüfung des Nachhalls und der Wirkungen des damaligen Umbruchs. Kern dieses Auftritts ist ein ebenso bescheidenes wie emsiges Gefährt: eine Piaggio-APE, zu deutsch «Biene». An drei der besucherintensivsten Wochenenden kurvt sie als mobiler Sender und Empfänger, als Ausstellungsort und Bühne zugleich durch Wittenberg und die Weltausstellung. Mit Hilfe ausgewählter Expert/innen aus Zürich bietet die Mission Zwingli Gelegenheit, das Publikum in rege Gespräche, Diskussionen und Austausch zu verwickeln. Dabei sammelt sie Impressionen, dokumentiert Statements und verweist aktiv auf das Zürcher Jubiläumsprogramm. Ausserhalb dieser Einsatzzeiten dient der Dreiräder, um passendes Infomaterial ergänzt, als öffentlich zugänglicher Werbeträger. Stadtführung auf den Spuren Zwinglis Eine historische Entdeckungsreise durch die Gassen der Zürcher Altstadt Konzept: Luca Zacchei Zürich Tourismus, Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» Ab Mai 2017 Die Zürcher Altstadt ist weit mehr als pittoreske Kulisse für Kneipengänge und Shoppingtouren. Sie bietet eine beinahe intakte Bühne, um Geschichte in ihren facettenreichen Überlagerungen und in ihrer Mehrdeutigkeit durch die Zeiten erfahrbar zu machen. Im Rahmen des Reformationsjubiläums wird auf geführten Stadtrundgängen Wissenswertes berichtet, Zerrbilder korrigiert und so die Vergangenheit mit der Gegenwart in eine spannungsreiche Beziehung gesetzt. Die Bürger und Bürgerinnen der Stadt und deren Besucher haben die Chance, die wichtigsten Orte der Reformation neu zu entdecken. Die städtischen Streifzüge reichen dabei von der Wasserkirche und dem Zwingli-Denkmal, über das Fraumünster wie das Grossmünster – als zentralen Ausgangspunkt der reformatorischen Bemühungen – bis hin zur Helferei und zur Froschaugasse, benannt nach Christoph Froschauer, der für Huldrych Zwingli so wichtige Drucker in Zürich. Wie sah das Zürich Zwinglis eigentlich aus? Wie lief der typische Tag eines Kindes vor 500 Jahren ab? Warum hat Zwingli ein Pestlied komponiert? Und wem schmeckte das legendäre Wurstessen – und wem nicht? Auf diese und weitere spannenden Fragen werden die Tour-Teilnehmenden Antworten erhalten. Infos und links zu den einzelnen Führungen: Zürich Tourismus: Ab Mai 2017 / https://www.zuerich.com/de/besuchen/touren-ausfluege/reformation bzw. https://tours.zuerich.com/Zurich/offer/detail/TDS00020011011260292?globalReset=1&persistentParameters= 1&portalRoleID=TDS00020011213565727&lang=de Fraumünster und Grossmünster: Ab September 2017 / https://www.grossmuenster.ch/de/besuchen/besuchen/ fuhrungen-und-nachtwege/ Bullinger-Führungen: Ab Juni 2017 / keine eigene Homepage, Verweis auf Zürich Tourismus https://www. zuerich.com/de/besuchen/theologe-heinrich-bullinger bzw.https://tours.zuerich.com/Zurich/offer/detail/ TDS00020011213566092?globalReset=1&persistentParameters=1&portalRoleID=TDS00020011213565727&la ng=de&profileVariant=0 Akte Zwingli – Ein Mysterienspiel Theater Verein «Mysterienspiel Huldrych Zwingli» Regie: Volker Hesse Libretto: Christoph Sigrist Komposition: Hans-Jürgen Hufeisen Musikalische Leitung: Davide Fior Grossmünster Zürich 16. Juni 2017 Uraufführung weitere Aufführungen: 17., 18., 22., 23., 24. und 25. Juni 2017, jeweils 20.45 Uhr www.aktezwingli.ch Sie war die Ehefrau des Reformators Huldrych Zwingli. Ansonsten ist über Anna Reinhard kaum etwas bekannt. Der renommierte Regisseur Volker Hesse und Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist machen die frühe Vertreterin eines neuen Frauenbildes nun zur Heldin ihres Mysterienspiels. Der Rollenwechsel der Frau in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich wird zu einer wichtigen Leistung der Reformation gezählt. Die Frau ist seither nicht mehr Unterworfene und potenzielle Verführerin zum Bösen, sondern selbstbewusstes und kritische Persönlichkeit. So zeigen Volker Hesse und Christoph Sigrist in der historischen Figur der Anna Reinhard eine durch und durch moderne Frau mit all ihren Zweifeln, Ängsten und Freuden. Als Protagonistin des Mysterienspiels lässt sie nach dem frühen Tod ihres Mannes auf dem Schlachtfeld ihr Leben mit ihm Revue passieren. Mit der Asche des Verbrannten ist seine Existenz nun zwar ausgelöscht, aber doch lebt er in der Erinnerung seiner Witwe weiter. «Er ist verstreut» wird so zum dramaturgischen Schlüssel des Schauspiels, das solistisch und chorisch von professionellen Schauspielern, Musikern und Laien uraufgeführt wird. Mit dem mittelalterlich-barocken Mysterienspiel erweckt Christoph Sigrist eine uralte Theaterform, die mit der Reformation im protestantischen Raum zunächst verschwand, zu neuem Leben. Mit dem Komponisten Hans-Jürgen Hufeisen fand er für seine Idee den idealen musikalischen Partner und in Volker Hesse den gestandenen Theatermann, um aus der «Akte Zwingli – Ein Mysterienspiel» einen packenden Theaterabend rund um das Leben der Anna Reinhard, Huldrych Zwinglis und die Reformation zu gestalten. Es brodelt im Volk Essmarkt mit szenischen Interventionen Verein Gesellschaft zu Fraumünster Regie: Volker Hesse Münsterhof 16. bis 18. Juni 2017 www.muenster-maert.ch www.muensterhof.org Neue Erkenntnisse, neue Einsichten, radikale Traditionsbrüche. Daneben Verunsicherung und Melancholie, vor allem aber dynamischer Aufbruch zu neuen Horizonten – so lässt sich die Stimmung in Zürich um 1517 beschreiben. 22 junge Artisten und KünstlerInnen machen im Rahmen des diesjährigen Münster-Märt jene Dramatik mit Körper und Sprache, Musik und Tanz aus heutiger Sicht erlebbar. Die Gesellschaft zu Fraumünster organisiert alle drei Jahre den Münster-Märt. 2017 findet unter dem Motto «Wandel in der Ernährung um 1517» und «Es brodelt im Volk» ein zusätzliches Spectaculum in Verbindung mit dem Mysterienspiel Akte Zwingli, das am selben Wochenende uraufgeführt wird, statt. Ein recht gemischtes Völkchen trifft sich rund um den Münsterhof: Weltliches und Geistliches, vom Kaufmann, Ritter, Bischof bis hin zum Narr. Unter die neugierigen Zuschauer mischen sich klagende Nonnen, die den Verlust ihrer klösterlichen Heimat beweinen. Prophetische Gestalten verkünden vom Balkon des Zunfthauses zur Meisen radikale Systeme des Denkens und revolutionäre Ideen- von Thomas Morus «Utopia» bis zu Erasmus von Rotterdams «Lob der Torheit». Alchimisten, Kosmologen, treten in Ladengeschäften auf, geben Einblick in die arabische und persische Medizin des Zürcher Apothekers Christoph Clauser und Kurtisanen locken mit verführerischen Angeboten körperlicher Lust und Liebeskunst. Rund um den Markt fährt ein Wagen mit einer Bühne. Darin spielen und erzählen Artisten von exotischen Tieren, fremden Völern und von der gerade erst entdeckten Neuen Welt. Sie zeigen den mythischen Liebesapfel. Rund um den Brunnen wiederum beten weise Priester mit Inbrunst um Erlösung und um den Erlass ihrer Sünden, von Zwingli höchstpersönlich streng beäugt. Willkommen, Gross und Klein, tretet in das alte Zürich ein, entdeckt Herrenbrötli, Bücklinge, Chriesitotsch, Liebesapfel und Wermuth, und lasst euch verführen, wenn es heisst: Weg frei für Thalias Gefährt zu Kurzweil und Sensation auf dem Zürcher Münster-Märt. Reformation (re)visited Drei Jugend-Schreibprojekte JULL Junges Literaturlabor Konzeption: Richard Reich, Gerda Wurzenberger Begleitung: Regula Bochsler, Lorenz Langenegger, Johanna Lier, Ruth Schweikert u.a. Sommer 2017 bis Weihnachten 2018 www.jull.ch Reformation (re)visited konfrontiert Jugendliche aus Stadt und Kanton Zürich mit den Ereignissen, Ideen und Nachwirkungen der Reformation. In enger Zusammenarbeit mit AutorInnen und HistorikerInnen reagieren die Jugendlichen lesend und schreibend auch auf das Jubiläum selber. So entsteht zwischen jungen Menschen in einer von Sinnsuche, Aufbegehren, Verunsicherung und Neuanfang bestimmten Lebensphase und den Aufbrechenden von damals ein persönlicher, literarischer Dialog. Reformation (re)visited ist in drei Projekte mit verschiedenen Zielgruppen, Themen und Vorgehensweisen gegliedert: Zürcher Reformationsnovellen werden von dazu eingeladenen SchriftstellerInnen ausgehend von fünf reformationshistorischen Ereignissen aus der Zürcher Landschaft verfasst. Auf dieser Basis erarbeiten dieselben AutorInnen mit fünf Landschulklassen der Sekundarstufe fünf neue kollektive Nacherzählungen und erkunden so gemeinsam schreibend die komplexen Verbindungen zwischen Religion und Region. Am Ende werden alle Texte publiziert und öffentlich präsentiert. Der Junge Reformationsjubiläums-Beobachtungsdienst bewegt sich ganz in der Gegenwart: Jugendliche besuchen in Gruppen ausgewählte Veranstaltungen des Jubiläums. Sie entwickeln aus ihren Beobachtungen und Erkenntnissen Texte aller Art und experimentieren mit verschiedensten Erzählweisen und Zugängen. Die entstandenen Texte werden den Medien zum freien Abdruck angeboten. Eine Gruppe von MittelschülerInnen geht ad fontes und rezipiert nach dem Motto Am Anfang war… die Dichtung klassische Bibeltexte. In Nachdichtungen einzelner Passagen, also über die intensive Beschäftigung mit dem «Wort» treten sie in die Fussstapfen der protestantischen Bibelübersetzer, zwischen Texttreue und persönlicher Interpretation. Auch hier machen Lesungen und eine gedruckte Veröffentlichung die Resultate der poetologischen Werkstatt dem Publikum zugänglich. The Song of Roland: The Arabic Version Musikperformance Konzept, Regie & Design: Wael Shawky Assistenz Bühne Giorgio Benotto Mit 20 Fidjeri-Sängern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten Produktion: Kampnagel Hamburg Koproduktion: Theater der Welt 2017, Holland Festival, Onassis Cultural Centre Athen, Sharjah Art Foundation und Zürcher Theater Spektakel Unterstützung: Bundeszentrale für politische Bildung Premiere: Hamburg, Kampnagel, Mai 2017 Zürcher Theater Spektakel, Zürich Wollishofen, Werft ZSG 22. und 23. August 2017, 19 Uhr www.theaterspektakel.ch Bereits in seiner Film-Trilogie Cabaret Crusades (2010-2015) hinterfragte der ägyptische Künstler Wael Shawky traditionelle abendländische Erzähl- und Bildwelten aus einer arabischen Perspektive. In seiner ersten Bühnenarbeit The Song of Roland: The Arabic Version setzt er sich mit einem der populärsten Heldenlieder des französischen Mittelalters auseinander. Wael Shawky gilt als eine der bekanntesten künstlerischen Stimmen der arabischen Welt. Er beschäftigt sich intensiv mit Fragen zur Deutungshoheit über Geschichte und Geschichten sowie mit der Möglichkeit einer künstlerischen Verständigung zwischen den Kulturen. Dafür bearbeitet er tradierte Stoffe mit ungewöhnlichen künstlerischen Mitteln. Das «Rolandlied», ein Versepos aus dem 11. Jahrhundert, handelt von der Befreiung Spaniens von den islamischen Sarazenen unter der Führung Karls des Grossen und seines Neffen Roland. Als Dokument mittelalterlicher Kreuzzugspropaganda imaginierte es die islamische Kultur als negatives Spiegelbild der christlichen Gesellschaft und erzeugte in einer Mischung aus Halbwissen und Missverständnissen ein über Jahrhunderte wirkmächtiges Feindbild. Ins klassische Arabisch übertragene Passagen aus dem «Rolandslied» bilden die Grundlage von The Song of Roland: The Arabic Version. Sie werden von einem zwanzigköpfigen Fidjeri-Chor vorgetragen. Die rhythmischen Fidjeri-Gesänge mit ihren expressiven Solostimmen und Chor sind über 800 Jahre alt und werden traditionell von den Perlentauchern in Bahrain gesungen. Indem Shawky diese genuin arabische Tradition mit einem der bekanntesten mittelalterlichen Epen der europäischen Kulturgeschichte verbindet, führt er die Auseinandersetzung über die in der Kultur gespiegelten Geschichte menschlicher Eskalation und Dekonstruktion weiter und ermöglicht einen anderen Blick auf vermeintliche historische «Wahrheiten» und Bilder. Künstlergespräch: Religion und Macht Der ägyptische Künstler Wael Shawky hat mit seinen Puppentheater-Nacherzählungen der Kreuzzüge aus arabischer Sicht international für Aufsehen gesorgt und war u.a. an der documenta, im MoMa New York und mit einer grossen Einzelausstellung 2016 im Kunsthaus Bregenz präsent. Mit «The Song of Roland: The Arabic Version», das er am Theater Spektakel 2017 zeigt, setzt er sich mit dem «Rolandslied», einem der bekanntesten mittelalterlichen Epen der europäischen Kultur- und Religionsgeschichte, auseinander. Thomas D. Trummer, Direktor des Kunsthaus Bregenz, wird sich mit Wael Shawky über seine Arbeit unterhalten. (In Englisch) Zürcher Theater Spektakel, Werft ZSG Dienstag, 22. August, 20.15–20.45 Uhr (im Anschluss an die Vorstellung) Erasmus von Basel – Eine humanistische Theaterserie in vier Folgen 1. Folge: Zurück zu den Quellen. 2. Folge: Es geht um die Wurst! 3. Folge: Der Sturm. 4. Folge: In Ewigkeit. Amen. Theater Basel zu Gast in Zürich in Zusammenarbeit mit dem Theater Neumarkt Text: Gesine Danckwart Leitung und Inszenierung: Daniela Kranz Theater Neumarkt Herbst 2017 www.theater-basel.ch www.theaterneumarkt.ch In Basel hat die Reformation schon früher begonnen: Mit der kritischen Edition des Neuen Testaments durch Erasmus von Rotterdam 1516. Der Basler Theologe übersetzte die Bibel neu und machte damit die Reformation überhaupt erst möglich. Am Rheinknie lieferte er die Basis für den Durchbruch von Zwingli und Luther. 1514 kam der Humanist erstmals nach Basel, zwischen 1522 und 1529 wohnte er hier, um seine Schriften in der Werkstatt seines Freundes Johann Froben drucken zu lassen. Damit hat er in Basel, damals ein Zentrum der Buchdruckkunst, länger gelebt als in irgendeiner anderen Stadt Europas. In Basel ist er auch gestorben, im Münster liegt er begraben – obwohl er zeitlebens katholischer Priester blieb. 1516 gab Erasmus das Neue Testament in seinem griechischen Urtext heraus und setzte damit den entscheidenden Grundstein zur Erforschung der Bibel. Alle sollten Zugang zu den biblischen Texten haben, jeder sollte sie lesen und auslegen können. Sowohl Katholiken wie Reformierte sahen in ihm einen Verbündeten und buhlten um ihn, Rom wollte ihn sogar zum Kardinal küren. Erasmus jedoch schlug sich auf keine Seite. Sein Interesse war es, die Gegensätze zu überwinden. Bereits während seines Studiums begeisterte sich Huldrych Zwingli für das humanistische Denken, das Erasmus von Rotterdam ins Leben gerufen hatten. Der grosse Philosoph habe ihm die Augen geöffnet, sich direkt an Christus zu wenden und von ihm das Gute zu erwarten, statt den erfundenen Lehren und Bräuchen der Menschen zu glauben, so Zwingli selbst. «Solus Christus» – wurde in der Konsequenz zum Leitwort seiner Reformen. Grund genug, Erasmus’ Leben in einer Theaterproduktion zu inszenieren, die noch dazu wie eine TV-Mini-Serie aufgebaut ist: In vier Episoden mit jeweils einer Stunde Laufzeit, hier exklusiv zu Gast in Zürich. Jede Folge hat einen thematischen Schwerpunkt und beginnt mit einem Trailer, der in einer kurzen Zusammenfassung – nach dem Motto «Was bisher geschah» – das Publikum in die vergangenen Geschehnisse einführt, während der Cliffhanger am Ende der Episode die Neugier auf die nächste Folge weckt. Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny Oper Oper von Kurt Weill und Bertolt Brecht Musikalische Leitung: Fabio Luisi Inszenierung: Sebastian Baumgarten Philharmonia Zürich, Chor der Oper Zürich Opernhaus Zürich Premiere: 5. September 2017 Weitere Vorstellungen: 9., 12., 14., 17., 19., 22., 24. November 2017 www.opernhaus.ch Die Kunstform Oper gab es noch nicht, als Huldrych Zwingli 1519 sein Amt im Zürcher Grossmünster antrat. Sie entstand knapp hundert Jahre später an den reichen Fürstenhöfen im katholischen Italien, und es ist schwer vorstellbar, dass der strenge Zürcher Reformator sie gutgeheissen hätte. Die Oper ist bild- und prunksüchtig, von zweifelhafter Moral, ausschweifend, verschwenderisch, eitel, dem Genuss und der Sinnenlust des Diesseits mehr zugetan als den Versprechen auf das Jenseits. Gibt es Anti-Zwinglianerisches? Denkbar quer steht die Oper zu einer Bewegung, in deren Zuge Orgeln und Bilder aus den Kirchen entfernt wurden. Der einzig angemessene Beitrag des Opernhauses Zürich zum fünfhundertjährigen Jubiläum der Zürcher Reformation wäre also – im Sinne Zwinglis – eine vorübergehende Schliessung des sündigen Hauses. Eine Möglichkeit ist aber auch, das Geniesserische und Ausschweifende zum Thema machen. In Bertolt Brecht und Kurt Weills Oper «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny» entdeckt der einfache Holzfäller Paul Ackermann im Moment einer grossen Krise das Gesetz der menschlichen Glückseligkeit, und das lautet: Du darfst! «Im Interesse der Ordnung, zum Besten des Staates, für die Zukunft der Menschheit» ist in der Paradiesstadt Mahagonny alles erlaubt. Die Menschen frönen dem Genuss und der Ausschweifung. Sie fressen, saufen und huren und erteilen der christlichen Moral und dem Jenseitsglaube – in einem von Kurt Weill streng gesetzten Kirchenchoral – eine radikale Absage: »Lasst euch nicht verführen, es gibt keine Wiederkehr», singen sie. «Lasst euch nicht betrügen, dass Leben wenig ist. Schlürft es in vollen Zügen. Es kann euch nicht genügen, wenn ihr es lassen müsst.» Während die Reformation auf den Tugenden des Fleisses, der Bescheidenheit und des Masshaltens aufbaut, propagiert die «Mahagonny»-Oper von Brecht und Weill die totale Entfesselung der Gelüste. Eines ist allerdings in diesem Mahagonny streng verboten: Am Ende nicht zahlen zu können! Diese Erfahrung macht Paul Ackermann, und er kommt dafür auf den elektrischen Stuhl. Brecht und Weill spielen in ihrem grossformatigen Sittengemäldes den Exzess des Genusses mit einem antichristlichen und, wenn man so will, gegenreformatorischen Furor lustvoll durch. Aber sie wenden den Spass auch gegen sich selbst: Er erstickt an seiner eigenen Zügellosigkeit. Die «Mahagonny»-Autoren statten die geniesserische Kunstform Oper mit all den Theatermitteln der Verausgabung aus, die ihr von jeher zu eigen sind, aber sie üben gleichzeitig scharfe Kritik an ihr. Die Oper sei kulinarisch, schrieb Brecht, aber sie stelle das Kulinarische auch zur Diskussion. Sie greife die Gesellschaft an, die solche Opern benötige. Steht diese Kritik, die dem Du-darfst-Paradies Mahagonny tief eingeschrieben ist, dann nicht auch in der Tradition des strengen reformatorischen Einspruchs? Wohnt der Oper «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny», die sich als anarchisch rumorender und spektakulär ausgekosteter Befreiungsschlag gegen jegliche Moral zu erkennen gibt, nicht dennoch etwas Zwinglianisches inne, nämlich der Stachel einer Fundamentalkritik? Die Neuproduktion des Opernhauses Zürich, die am 5.11. 2017 Premiere hat, wird von dem Brecht-erfahrenen Regisseur Sebastian Baumgarten in Szene gesetzt und von Generalmusikdirektor Fabio Luisi dirigiert. In der schillernden Charakterrolle der Witwe Begbick debütiert der finnische Sopranstar Karita Mattila, die deutsche Sopranistin Anette Dasch gibt die Jenny, und der britische Tenor Christopher Ventris singt den Paul Ackermann. Musikalische Leitung: Fabio Luisi Inszenierung: Sebastian Baumgarten Bühnenbild: Barbara Ehnes Kostüme: Joki Tewes, Jana Findeklee Lichtgestaltung: Elfried Roller Video-Design: Chris Kondek Choreografische Mitarbeit: Kinsun Chan Choreinstudierung: Janko Kastelic Dramaturgie: Claus Spahn Leokadja Begbick: Karita Mattila Willy, der Prokurist: Michael Laurenz Dreieinigkeitsmoses: Christopher Purves Jenny Hill: Annette Dasch Paul Ackermann: Christopher Ventris Jakob Schmidt: Iain Milne Heinrich, genannt Sparbüchsenbill: Cheyne Davidson Josef, genannt Alaskawolfjoe: Ruben Drole Philharmonia Zürich, Chor der Oper Zürich Die Reformation – das kulturelle Fundament Zürichs Ringvorlesungen, Exkursionen, Prophezeiungen, Lesegruppen und mehr Konzept: Tobias Holzer, Pius Knüsel Volkshochschule Zürich Wintersemester 2017/18 (Teil 1), Sommersemester 2018 (Teil 2) www.vhszh.ch Die Volkshochschule Zürich bietet einer bildungsinteressierten Bevölkerung die Gelegenheit, mehr über die historischen und geistesgeschichtlichen Ereignisse der Reformation im lokalen und regionalen Kontext zu erfahren. Das Programm geht über herkömmliche Vorlesungen hinaus und umfasst zahlreiche spezifische Lern- und Vermittlungsangebote. Das Herzstück der Veranstaltungsreihe bilden zwei Ringvorlesungen. Der Zyklus Grundlagen und Folgen der Schweizer Reformation nimmt eine historische Perspektive ein und zeichnet etwa den Einfluss nach, den die Schweizer (und darin wesentlich die Zürcher!) Reformationsbewegungen auf verschiedene Regionen der Welt ausübte. Die Religionskonflikte der Alten Eidgenossenschaft und ihre Folgen für die heutige Schweiz bilden einen weiteren Schwerpunkt. Reformation und Religion heute verhandelt anschliessend die Fragen nach der aktuellen gesellschaftlichen Rolle der Reformation und deren Lage zwischen Krise und Chance. Wo positioniert sich die reformierte Kirche in Zeiten von Säkularisierungstendenzen und wachsender Kritik am Protestantismus? Worin bestehen die Potentiale der Institution Landeskirche? Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in Lesegruppen selber mit Texten rund um Themen der Reformation zu arbeiten. Auch wird ein urzürcherisches Bildungsformat eingerichtet, das die von Zwingli eingerichtete «Prophezei» aufnimmt: Verschiedene Personen rezitieren eine Bibelpassage auf Hebräisch, Griechisch und Latein, bevor das Gehörte auf Deutsch ausgelegt und diskutiert wird. Philologische Veranstaltungen zur Zürcher Bibel und zu Bibelübersetzungen überhaupt sowie Führungen und Exkursionen zu den Schauplätzen der Reformation, etwa in Kooperation mit dem Teilprojekt Schattenseiten der Reformation runden das Programm ab. Auch Huldrych Zwingli als Musiker wird Thema einer Veranstaltung sein. Renewal Mobile Game Konzept, Produzent: Moritz Zumbühl Konzept, Game Design: Jeremy Spillmann Konzept, Game Design und technische Projektleitung, 3D Modeling: Frederic Hein Projektleitung: Moritz Gerber Programmierung und UI: Michael Müller 3D Modeling: Sophie Walker Text: Dominik Wolfinger Game Design: Tabea Iseli Music und SFX: Pocket Universe Productions Download: 1. November 2017 Wir schreiben das Jahr 2117: Sechshundert Jahre nach den Anfängen der Reformation wird Zürich erneut von äusseren Mächten kontrolliert und in Unwissenheit gehalten. Nur ein neuer Zwingli kann die Stadt noch retten: Die SpielerInnen des Mobile Games Renewal folgen ihrem historischen Vorbild und schlüpfen im Kampf für ein freies Zürich selbst in die Rolle von ReformatorInnen. Vom Haus zur Sul über die Prophezey bis in die Froschaugasse und an andere Schauplätze der Zürcher Reformation kämpft sich die Heldin entlang der Stationen des Lebens und Wirkens Zwinglis. Wendig überlistet sie martialische Wachen, springt von Gebäude zu Gebäude der noch vorhandenen Zürcher Altstadt und gewinnt schliesslich den Kampf – nun entgegen seinem historischen Vorbild – ganz ohne Gewalt. Denn der Gegner wird hier nicht ausgelöscht, sondern nur ausgetrickst. Das vielfach ausgezeichnete Züricher Games Studio Blindflug kennt die nötigen kreativen Kniffe, um der Geschichte Leben einzuhauchen. Ihre Computerspiele machen komplexe Inhalte verständlich und fördern gewaltfreie Verhaltensweisen. Bei Renewal haben Theologen und Historiker das künstlerische Team inhaltlich beraten. Mit Renewal entsteht ein Spiel, das nicht nur junge Menschen, die intelligente Computerspiele lieben, in seinen Bann zieht, sondern auch Erwachsene mit einem Flair für kluges, digitales Abenteuer. Denkfest Symposium Vier Tage Wissenschaft, kritisches Denken und intelligente Unterhaltung Freidenker-Vereinigung der Schweiz, Skeptiker Schweiz, Research and Technology Switzerland, Zurich Salon, Volkshochschule Zürich Gedächtnisforscherin: Julia Shaw Historiker: Bernd Roeck Philosoph und Autor: Michael Schmidt-Salomon, u.a. Gesamtleitung und Programmverantwortlicher: Andreas Kyriacou Volkshaus Zürich 2. bis 5. November 2017 www.denkfest.ch Partizipation ist gefragt, wenn es beim Denkfest heisst, Brücken zwischen der Sphäre des Akademischen und der Gesellschaft als Ganzes zu schlagen: Das schweizweit bedeutendste zivilgesellschaftliche Wissenschaftsfestival widmet sich 2017 in seiner dritten Ausgabe ganz dem Gedanken der Reformation. Das Zürcher Denkfest will Wissenschaft über kulturell-künstlerische Beiträge erlebbar machen und bestehende Hemmschwellen überwinden. Bilderausstellungen, Filmvorführungen, Science Slams, Wissenschafts-Kabarett, Lesungen sowie ein mit Chor und Orchester aufgeführtes Oratorium gehörten schon zum Programm. Das Motto lautet: Raus aus der Uni, hinein in die Stadt! Die aktuelle Ausgabe ist ganz den «Reformationen des Denkens» gewidmet. Das Denkfest blickt auf das epochale Ereignis der religiösen Reformation zurück, aber es widmet sich auch Paradigmenwechseln in der Wissenschaft und anderen Umbrüchen. Und es schaut nach vorn und stellt die Frage, welche Reformationen des Denkens uns wohl noch bevorstehen. So vermittelt das Fest viel Lust am Sinnieren und am Gebrauch des eigenen Verstandes. War die Reformation ein zwingender Vorläufer der Aufklärung? Vollziehen sich Veränderungen des Denkens und Handels immer in Brüchen? Kommt auch auf den Islam eine Reformation zu oder steckt er gar schon mittendrin? Und wie sieht’s mit dem Humanismus aus? Macht auch er einen Wandel durch? Historiker, Soziologen, Ethnographen, Neurologen und Philosophen und nicht zuletzt Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionen kommen so mit einem ebenso bunten wie interessierten Publikum zusammen. Rob Pruitt: The Church Ausstellung Künstler: Rob Pruitt Kurator: Daniel Baumann Kunsthalle Zürich 16. Dezember 2017 bis 13. Mai 2018 Eröffnung: 15. Dezember 2017 www.kunsthallezurich.ch Die Kirche war bis zur Reformation die entscheidende Schnittstelle zwischen Mensch und Gott im Himmel – oder wo auch immer der jeweilige Heiland vermutet wurde. Sie ist ein öffentlicher Ort der Versammlung, der Vergebung aber auch der privaten Sehnsüchte und Trauer. Mit dem Projekt The Church des Amerikaners Rob Pruitt (*1964) versucht die Kunsthalle Zürich konfessionelle Grenzen zu überwinden. Zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation richtet sie in Zusammenarbeit mit dem bekannten Künstler einen eigenen, neuen Kirchenraum in ihren Räumlichkeiten im Löwenbräu-Kunstareal ein. Das Projekt ist Ausstellung und Kirche in einem: The Church öffnet sich allen Konfessionen und steht ganz im Zeichen der Selbstorganisation der Gemeinde, wie sie von der Reformation und dem Protestantismus – in ihrer Abkehr von Rom und der päpstlichen Autorität – erfunden wurde. Oft genug war die Abhängigkeit vom Bild und Abbild ein Streitpunkt der Konfessionen. Die Kunsthalle – eigentlich der Idee des Bildes gewidmet – überwindet diesen Streit und definiert sich neu als Ort der Begegnung. Gespräche führen, Reden schwingen, Musik hören und Feste feiern: Während der sechs Monate ist in Rob Pruits The Church Platz für Konzerte, Aufführungen und Performances, für Workshops und Diskussionen. Aber auch für Lehrgänge von unten, für gesellschaftliche Experimente, und natürlich auch für Feste wie Weihnachten, Ostern und andere Anlässe, die gemeinsam laut und fröhlich aber auch still und heimlich begangen werden. The Church bietet sich als Ort des kollektiven Aktivismus an, wie auch der persönlichen Kontemplation. Die alte Idee des Gotteshaues wird so zu einem Ort der Selbstermächtigung. Dazu ist jeder und jede herzlich eingeladen. Denn es sind die BesucherInnen, die The Church beleben und bestimmen. Zürich-Orakel Klangintervention Autor: Michael Schindhelm Mitarbeit: Claudio Bucher im öffentlichen Raum Januar/Februar 2018 «Solange nicht geschieht, was wir wollen, müssen wir wollen, was wir können.» (Calvin) Pünktlich zur Erscheinung des Herrn, dem Dreikönigtag 2018, gleich nach der hemmungslos hedonistischen Weihnachtszeit, wenden sich die kindlichen Stimmen des Zürich-Orakels an die erschöpften, vorsatzgeplagten Menschen. Während zwei Monaten bringen sie das Wort in die Stadt und reden im Halbdunkel der Winterzeit von dem, was protestantische Ethik ausmacht. Wer in die an öffentlichen Plätzen installierten Klanginseln gerät, muss sich einiges anhören. Denn mit Maximen haben sie alle nicht gespart. Die Reformatoren der ersten Stunde und ihre Nachfolger im Geiste legten in puncto eingängige Imperative eine unglaubliche Produktivität an den Tag. Michael Schindhelms Intervention schöpft aus dem reichen Gedankenfundus protestantischer Denker und nähert sich darin ironisch dem Zeitgeist von heute an. Die beiden zentralen Aspekte seiner Montage sind die Fixierung auf das Wort und die spezifisch protestantische Ethik. Das Zürich-Orakel setzt sich mit der für die Herausbildung einer Schriftsprache und die Entwicklung eines breiten internationalen Kommunikationssystems wesentlichen Forderung nach der Verbreitung des (Gottes-)Wortes auseinander und beschäftigt sich mit der progressiven, wertschöpfenden und ethisch motivierten Form eines protestantisch geprägten Kapitalismus. So kreist diese Klangintervention um Geld und Geist, Konsumverzicht, die schweizerische Nationalethik und die «Arbeit im Weingarten des Herren». Sie kommt selbst nie zur Ruhe und wandert unermüdlich durch die Stadt, wird vorbereitet und gespiegelt über eine eigene Website und bringt ihre Botschaften mit einem Orakelkarten-Set auch analog unter die Leute. Denn: «Man arbeitet nicht allein, dass man lebt, sondern man lebt um der Arbeit willen, und wenn man nichts mehr zu arbeiten hat, so leidet man oder entschläft.» (Zinzendorf) Meet Your Enemy Ein Disputations-Marathon zum Zwingli-Jahr Konzept: Karolin Trachte, Bettina Meyer, Andreas Karlaganis Raum: Bettina Meyer Schaupielhaus Zürich, Schiffbau/Halle Vorgesehene Veranstaltungstermine: Samstag, 20. und Sonntag, 21. Januar 2018 www.schauspielhaus.ch Die beiden Disputationen des Jahres 1523 gelten als Kristallisationspunkte der Zürcher Reformation. Meet Your Enemy greift das Format auf und widmet sich in Gestalt einer grossen Disputationsplattform den aktuellen gesellschaftlichen Fragen Zürichs. 29. Januar 1523, 6 Uhr früh: Im Ratssaal der Stadt drängen sich 600 Menschen. Neben der zweihundertköpfigen Regierung sind Pfarrer aus dem gesamten Herrschaftsbereich zur ersten der drei Zürcher Disputationes zusammengekommen. Nachdem anfänglich vor allem Zwingli selbst die Bühne nutzt, entbrennt bei der zweiten Disputation ein hitziger, mehrtägiger Diskussionsmarathon. Meet Your Enemy ist ein Boxkampf mit Argumenten: Zürcherinnen und Zürcher, die zu einem Thema gegenteiliger Meinung sind, begegnen sich und treten miteinander in einen argumentativen Schlagabtausch. Für einen Tag verlassen sie die Filterblase, die im analogen wie im digitalen Leben dafür sorgt, dass sie ausschliesslich Gleichgesinnten begegnen. Ausgangspunkt des Schlagabtauschs sind, in Anspielung auf Zwinglis 29 Artikel umfassendes Positionspapier, 29 brisante «Zürcher Fragen». Fragen, die unseren Alltag betreffen und hinter denen teils komplexe gesellschaftliche Themen stehen: Die Vielsprachigkeit in Kindergärten, der Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt, die Schnäppchen im Ausland, die Erdbeeren im Winter, das Adoptionsrecht für Schwule … Bereits vor der Veranstaltung können online Disputationsplätze zu den 29 Fragen reserviert werden. Die Begegnungen der Duellanten finden an «Disputationsinseln» statt, an denen rund zehn weitere Zuhörer Platz finden. Über einen ganzen Tag schwillt die Halle im Schiffbau zu einem Marktplatz der Meinungen und Argumente an, einem weiten, vielgestaltigen Disputations-Feld darüber, wie wir zusammenleben wollen. Gott und die Bilder Streitfragen der Reformation Ausstellung Kuratorin: Erika Hebeisen Landesmuseum Zürich 2. Februar bis 15. April 2018 Eröffnung: 1. Februar 2018 www.nationalmuseum.ch/d/zuerich/ Wenn eine Geschichte anhand von Bildern und Gegenständen erzählt wird, gewinnt sie eine besondere Lebendigkeit. Das Landesmuseum Zürich wählt diese Form. Es inszeniert Objekte aus eigenem Bestand sowie bedeutende Leihgaben als intensive Erzählung über die Geschichte und das Wesen der Reformation. Hinterlassenschaften rund um die Zürcher Reformation bilden die thematische Klammer. Sie stecken das historische Geschehen ab. Gemälde und andere ikonische Artefakte erlauben einen Einblick in die sich formierende Reformationskultur. Als Schlaglichter eröffnen sie einen Blick auf das, was die Reformation in Abgrenzung von der Römischen Kirche kulturell und gesellschaftlich in Gang setzte. Im Zentrum stehen deshalb die religiösen Streitfragen, die zur Ausbildung einer neuen Konfession führten. Wie veränderte sich die Rolle von Ehe und Familie? Was bedeutete die Abschaffung des Zölibats? Was geschah mit den traditionell verehrten Heiligen? Wie ist Gott beim Abendmahl präsent? Und wie konkret soll der reformierte Glaube praktiziert werden? Von der Zürcher Bibel bis zu Cranachs Urszene der Taufe: Anhand von rund dreissig hochwertigen Exponaten vermittelt die Ausstellung historische Entwicklungen und Ereignisse. Ausgewählte Highlights werden dabei mittels Zeichentrickfilmen in eine leicht verständliche Bildsprache übersetzt. Sie rekonstruieren für einige Gemälde die Vorhaben und die Vorgaben der Künstler, für andere Exponate den historischen Kontext – eine Einladung an alle, die hochkomplexen Quellen und Dokumente besser zu verstehen. Die Ausstellung, die sich auch an Schulklassen richtet, zielt so auf die Entschlüsselung reformierter Kultur für die Besucherinnen und Besucher des 21. Jahrhunderts – ein Publikum, das zwar mit religiöser Vielfalt vertraut ist, jedoch über wenig religiöses Wissen verfügt. Das Wort Ausstellung Konzept: Rémi Jaccard, Gesa Schneider, Philip Sippel Szenografie: Simon Husslein Grafische Interventionen: Eric Andersen Museum Strauhof 9. Februar bis 26. Mai 2018 Vernissage: 8. Februar www.strauhof.ch Am Anfang war das Wort. Kaum eine Setzung kann entschiedener sein. Für Huldrych Zwingli war «das Wort» sowohl Inspiration als auch Instrument in der Auseinandersetzung mit Gott und den Menschen. Der Strauhof als einziges Schweizer Ausstellungshaus für Literatur widmet daher sein Reformationsprojekt der Macht des Wortes. Huldrych Zwingli war nicht nur Reformator. Zunächst war er vor allem Prediger, Schreiber, Übersetzer und Publizist. Deshalb stehen das gesprochene und das geschriebene literarische Wort wie das der Theologinnen und Theologen gleichermassen im Fokus dieser Ausstellung. Erarbeitet werden die Inhalte gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Literatur und Theologie. Ihre Auseinandersetzungen werden für die nötige Reibung sorgen und die Reise bestimmen. Sie werden Paradoxien und Evidenzen zum Wort aufzeigen und der Frage nachgehen, wie sehr die Vorstellung des Wortes als Tat noch heute zu wirken vermag. Zudem: Wie stark ist unsere Kultur bis heute von der reformatorischen Prägung des Wortes beeinflusst? Wie bedeutsam sind Auslegung und Auslegungen nach wie vor? Und schliesslich: Welche Rolle spielt das Bild – gerade auch durch seine Abwesenheit? Das geht vom Logos bis zum Golem, von der Predigt zur Performance. Ganz am Anfang die Genesis («Am Anfang war das Wort»), dann das lebendige Wort bei Paulus («Der Buchstabe tötet»), schliesslich die sprechende Schöpfung bei Johann Georg Hamann («Rede, dass ich dich sehe!») und zu guter Letzt die Auflösung des Wortes durch Hugo Ball («Flumbasch»): Der Strauhof folgt einer imaginären Spur zwischen Bibel und Dichtung und gelangt damit bis zum Hacker, der sich gegen geschlossene Systeme wendet, und bis zum «Master of Ceremonies» (MC) als zeitgenössische Version des Prediges. Urban Prayers Zürich Theater Theaterproduktion des Theater Neumarkt Autor: Björn Bicker Regie: Malte Jelden Theater Neumarkt 28. Februar 2018 bis 24. März 2018 www.theaterneumarkt.ch Sind Gott und Allah derselbe oder nicht? Ist Jesus eine Erfindung der Christen? Kann man Sünden abstreifen wie ein T-Shirt? Und ist das Abendmahl wirklich der Leib Christi? Nicht nur verschiedene Konfessionen, auch unterschiedliche Religionen prägen heute das Zusammenleben in der modernen Grossstadt. Und verlangen Toleranz und Verständigung in ihren Grundsatzfragen. Urban Prayers unternimmt eine Reise durch die vielfältigen Glaubensorte Zürichs. In umfangreicher Recherche und auf der Grundlage von Interviews befragt der Autor Björn Bicker sieben religiöse Gemeinschaften nach individuellen Traditionen, nach ihrer alltäglichen Realität und nach ihrer Sicht auf Zürich. Die einzelnen Bausteine trägt er zu einer Textfläche zusammen, die sich in den Aufführungen unter der Regie von Malte Jelden zu einem Gesamtszenario fügen. Die Gemeinden sind dabei Gastgeber und ihre Mitglieder – zusammen mit den Schauspielerinnen und Schauspielern des Theater Neumarkt – auch Akteure. Ausgehend vom Theater Neumarkt entstehen so sieben Orte der Begegnung zwischen Menschen unterschiedlichster Religionen. So unterschiedlich die Religionen und Religionsgemeinschaften sind, so unterschiedlich werden sich auch die Aufführungen zeigen. Über den Ausgangstext von Urban Prayers entsteht an jedem Spielort gemeinsam mit den Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern ein eigenes Stück. PfarrerInnen, Priester, Imame, Gemeindevorstände, Chöre, Jugendgruppen – sie alle wirken mit. Sie beteiligen sich an Führungen, Performances und Lectures, bei Musik und Diskussionen geben sie jedem Ort und jeder Veranstaltung ihr eigenes Gesicht. Glauben geht auch durch den Magen; gemeinsames Essen und Trinken gehören selbstverständlich dazu. Ebenso wie Gesang und Musik. Zum Abschluss lädt das Theater Neumarkt zur Urban Prayers Convention. Die festliche Zusammenkunft ist Ausdruck des Austausches zwischen dem Theater, dem Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» und allen Partnern. Vorträge, Diskussionen, Erlebnisberichte oder auch ein Redemarathon bilden den konzertierten Schlusspunkt einer Reise durch die Glaubensorte der Stadt. Ganz allein für mich Ulrich Zwingli, das Toggenburg und die Musik der einfachen Leute Volksmusik Eine Annäherung an Zwingli den Musiker – Sieben Konzerte und ein Thementag. Kuratiert: Johannes Rühl in Zusammenarbeit mit moods, KunstKlangKirche, Roothuus Gonten Mit: Jürg Kienberger, Claudia Carigiet, Töbi Tobler, Ensemble Baptiste Romain, Bahur Ghazi, Yang Jing Pipa, Sardor Mirzakhojaev, Marc Lewon, Sam Chapman, Andreas Gabriel, Hannely Musig, Helvetic Fiddlers, Tritonus, Ensemble Doppelbock, Landstreichmusik, Brandhölzler Streichmusik, Toggenburger Jodelchörli, u.a. Volksmusig im Volkshaus, Forum Alte Musik Zürich und Hochschule Luzern – Musik im März 2018 Zum Auftakt dieser ambitionierten Reihe berichtet Jürg Kienberger in der Rolle des Zwingli aus einem fiktiven Briefwechsel, in dem er mit seiner Kindheit in Wildhaus und seiner Jugend in Wien, Bern und Basel aufräumt. Die weiteren Programmpunkte unterstellen Zwingli einen persönlichen Bezug zur Volksmusik seiner Zeit. Das provoziert reizvolle Gedankenspiele über das Verhältnis des Reformators zur Musik und richtet zugleich den Blick auf unser heutiges Verständnis von Musik als Tradition und im kirchlichen Zusammenhang. Die Themen Eine Kindheit in Wildhaus von und mit Jürg Kienberger und Claudia Carigiet Alte Musik / alte Volksmusik – eine spekulative Begegnung Ganz für mich allein – Fünf Soli für Laute, Theorbe, Pipa, Oud und Tanpur Musik aus dem oberen Toggenburg – Alte und neue Volksmusik aus Zwinglis Heimat Lupfige Töne aus der Firstkammer – Die Hausorgel in der KunstKlangKirche Volksmusik & Spiritualität – Ein Thementag zur Volksmusik in der Liturgie Zwingli im Alpstein – Ein Konzert im Grossmünster mit Töbi Tobler und 30 Hackbrettern Volksmusik ohne Tradition? – Eine Spurensuche über die Volksmusik in Zwinglis Zeit Tatsache ist, dass Huldrych Zwingli ein engagierter Musiker war und dass er im oberen Toggenburg aufgewachsen ist. Da drängt sich die Vermutung auf, dass er auch eine starke Affinität zur Musik seiner Heimat gehabt hat. Diese Unterstellung ist der Grundgedanke, der dieser Veranstaltungsreihe zugrunde liegt. Das anspruchsvolle Programm befasst sich mit einer breiten Palette an Themen, die immer wieder mit biographischen Bezügen zu Zwingli spielt. Seine Musikalität mag bereits während seiner Kindheit in Wildhaus geprägt worden sein. Ob die heute so gepflegte naturtönige Musik seiner Heimat damals schon existierte, wissen wir nicht. Viele heutige Instrumente gab es zu Zwinglis Zeiten aber bereits, etwa die verschiedenen Streichinstrumente und das Hackbrett. Die Laute war Zwinglis bevorzugtes Instrument. Er spielte sie gerne ganz für sich allein, allenfalls im Zwiegespräch mit Gott. Diese humanistische Hausmusik war alles andere als Volksmusik. Das von Zwingli verhängte Musikverbot in den Kirchen hielt sich lange. Doch in den Firstkammern der Bauernhäuser im Toggenburg begleiteten schliesslich Hausorgeln das häusliche Beten und Singen. Zunehmend wurden die Instrumente auch bei Festen zum Tanz eingesetzt. So sorgte Zwingli dafür, dass die Musik als Volksmusik in die Kirche zurückkam. Immer diese Zwinglis! Animationsfilm Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich, Abteilung Kirchenentwicklung/Lehrmittel Projektleitung, Story, Arbeitshilfe: Dorothea Meyer-Liedholz Illustrationen, Story: Kati Rickenbach Animationen: Brunner&Meyer Ab April 2018 Seit Huldrych Zwingli auf dem Kappeler Schlachtfeld im Kampf für die Reformation starb, sind sieben Jahre vergangen. Regula, Wilhelm und der kleine Ueli, die drei Zwingli-Kinder, sind in Zürich unterwegs. Sie treffen auf Menschen, die direkt oder indirekt vom Wirken ihres Vaters betroffen waren. Wer aber war ihr Vater? Was war ihm wichtig? Warum starb er ausgerechnet in einem Glaubenskrieg, wo er doch gegen die Ausübung von Gewalt gepredigt hatte? Kein Zweifel: Zwingli hat viel bewegt. In der Rückblende des zehnminütigen Animationsfilms wird dies deutlich: Die Zürcher Kirche wurde auf der Grundlage der Bibel umgestaltet, das Sozial- und Bildungswesen in Zürich neu geformt. Mehr Freiheiten für die Lebensgestaltung des Einzelnen wurden erkämpft. Gleichzeitig tauchten aber auch neue religiöse Konflikte am Horizont auf. Vom Söldnerwesen bis zum Fastenbruch und zum legendären Wurstessen, von der Bibelübersetzung bis zum Armenwesen – die Filmerzählung nimmt alle wichtigen Stationen und Geschehnisse von Zwinglis Leben und Schaffen auf. Ihm vorausgegangen ist bereits ein biografischer Comic zu Huldrych Zwingli, Mit vollem Einsatz, den dasselbe Kernteam 2011 herausgebracht hat. Wie der Comic ist auch das Medium Animationsfilm für ein breites Publikum ideal. Es vermag eine Geschichte unterhaltsam und berührend zu erzählen, ohne zu belehren. Der Film eignet sich deshalb besonders zur Ansprache von jüngeren Menschen und den Einsatz in Schulen – eine Arbeitshilfe für den Schulunterricht begleitet ihn. Humorvoll und alltagsnah wird Basiswissen über die Reformation in Zürich vermittelt. Zugleich fördert, ja fordert der Film eine kritische Auseinandersetzung zum Verständnis von Zwingli als charismatische Ausnahmepersönlichkeit. Bullinger News Ausstellung Kurator: Luca Beeler Eine Ausstellung im Kollegiengebäude der Universität Zürich 17. Mai bis 24. Juni 2018 War Heinrich Bullinger der bestinformierte Mensch seiner Zeit? Seine weitreichende Korrespondenz von über zwölftausend Briefen lässt es vermuten. Gewiss ist, dass der Nachfolger Zwinglis früh um das Potenzial von Informationen wusste. Die Ausstellung gibt Einblicke in die Briefe Bullingers, in einen einmaligen reformationsgeschichtlichen Schatz, der grösstenteils erhalten ist und an der Universität Zürich seit über vierzig Jahren fortlaufend aufgearbeitet wird. Der Briefwechsel bezeugt den persönlichen Austausch mit Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten und zeigt einen umtriebigen Networker, der die Reformation im damaligen Kleinstaat festigte und weit darüber hinaus wirkte. Als newe Zeytungen trafen Nachrichten über Kriegsgeschehen, Wunderzeichen oder Naturkatastrophen aus der Welt in der Limmatstadt ein. In diesen unsicheren Zeiten stillten sie die Sensationslust, waren Bestätigung der eigenen «trübseligen Zyth» oder eine Möglichkeit, politisches Geschehen aus der Ferne zu verfolgen. Schon damals war die Verlässlichkeit von News keine Selbstverständlichkeit. Meist blieben es Gerüchte, die dennoch, mit mehr oder weniger Skepsis, ein neues medialisiertes Weltbild vermittelten. Bullingers Korrespondenz war ein Umschlagplatz solcher Zeytungen und versorgte das wissensdurstige Umfeld mit Neuigkeiten. Der Erfolg der Reformation resultierte nicht zuletzt aus ihrer engen Allianz mit den zeitgenössischen Medien. Die Ausstellung gibt Einblicke in die Medienlandschaft des 16. Jahrhunderts und zeigt Bullinger im Kontext des Wissens- und Nachrichtentransfers seiner Zeit. Im Kollegiengebäude konfrontiert ein Display das vormoderne Informationsnetzwerk mit der gleichfalls durch mediale Umwälzungen geprägten Gegenwart und zeigt damit die Aktualität von Bullingers Korrespondenz. Die Ausstellung findet im Foyer West des Kollegiengebäudes der Universität Zürich statt und wird kuratiert von Luca Beeler. Begleitend erscheint eine Publikation in Zusammenarbeit mit dem Verlag Scheidegger & Spiess. Die ungeliebte Kunst? Musik und Reformation in Zürich Symposium, Konzert und Orgelspaziergang Konzeption: Michael Meyer, Roland Wächter Forum Alte Musik Zürich und Musikwissenschaftliches Institut der Universität Zürich Musikwissenschaftliches Institut der Universität Zürich (Symposium), Kulturhaus Helferei (Abendanlass Zwinglis Instrumente), Vier Stadtkirchen (Orgelspaziergang). 25. und 26. Mai 2018 www.altemusik.ch www.musik.uzh.ch Ein interdisziplinäres Symposium widmet sich dem gespaltenen Verhältnis des reformierten Zürich zur Musik. Es liefert Einblicke in die lokale Geschichte der Musikanschauung und Musizierpraxis und begibt sich damit auf noch weitestgehend unerforschtes Terrain. Neben Vorträgen und Diskussionen kommt auch die Musik selbst nicht zu kurz. Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen sich mit Zwinglis berüchtigtem liturgischen Musikverbot und dessen Nachwirkungen auseinander. Sie beleuchten unter anderem das Schaffen kaum gewürdigter Komponisten, den Import und die Integration von (mitunter katholischer) Musik in das Zürcher Musikleben, die verborgene Existenz der Orgel als Hausmusikinstrument und die Allianz von Musik und reformiertem Bürgertum im Vereinswesen des 19. Jahrhunderts. Der erste Tag des Symposiums findet seinen Abschluss im musikalischen Abendanlass Zwinglis Instrumente – ein Haus voller Musik. Hier kann das Publikum gleichsam in die Klangwelt Zwinglis eintauchen. Das Ensemble Leones bespielt unter der Leitung von Marc Lewon verschiedene Räume der Helferei mit geistlichen und weltlichen Werken aus der Reformationszeit und verwandelt das historische Gebäude in einen vielstimmigen Klangkörper. Am Nachmittag des zweiten Tages laden die Organistinnen und Organisten von vier Zürcher Stadtkirchen (Grossmünster, St. Peter u.a.) zum Orgelspaziergang. Auf dem Programm stehen selten gespielte Werke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sowie aus der Zeit der Wiedereinführung der liturgischen Orgelmusik in den 1840er Jahren. Das Ensemble Cantissimo unter der Leitung von Markus Utz und Studierende der Zürcher Hochschule der Künste bereichern das Repertoire mit vokalen und instrumentalen Interludien. Verschwundene Orte der Reformation Begegnung mit Zürichs Klöstern und Kapellen Ausstellung Idee, Konzept: Dölf Wild, Sebastian Lenggenhager Amt für Städtebau der Stadt Zürich Ausstellung im Haus zum Rech Juni bis Oktober 2018 Sakrale Orte der grossen reformatorischen Aufbruchszeit, längst verschwunden, feiern ihre digitale Auferstehung im heutigen Zürich. Bizarre Szenarien sind vorstellbar: ein schwebendes Kloster, ein Siechenhaus an der Tramhaltestelle oder eine Kapelle im Supermarkt. Der Entwurf dessen, was war, schärft den Blick für das städtische Ganze. Die Reformation zog nicht nur geistige und soziale Umbauprojekte nach sich, sondern auch handfeste. Verglichen mit den «altgläubigen» Städten wie Luzern, Fribourg oder Solothurn weist Zürich eine auffällig niedrige Kirchendichte auf. Der Grund: Viele Sakralgebäude wurden unmittelbar nach der Reformation zweckentfremdet oder abgebrochen. Ihre Inszenierung und ihr Prunk hatten in einer Konfession, die jede Mittlerfunktion zu Gott ablehnte, nichts mehr zu suchen. Andere Kirchen fielen der städtebaulichen Umgestaltung im 19. und frühen 20. Jahrhundert zum Opfer; höchstens Quartier- und Strassennamen verweisen noch auf ihre Existenz. In der Ausstellung sollen sechs dieser Bauwerke visualisiert und mit den Hintergründen und Entwicklungen der Zürcher Reformation in Verbindung gebracht werden. Auch im Stadtraum selbst wird auf sie verwiesen. Ein besseres Wissen um diese verschwundenen Orte macht die historische Dimension von Innenstadt und Aussenquartieren verständlich. Die damit verbundenen Bilder stärken die Identität einer durch rege Bautätigkeit und globale Mobilität herausgeforderten städtischen Gesellschaft. Ohnehin wird in der Diskussion um die schwindende Zahl der Kirchgänger und die abnehmenden Finanzen der Kirchgemeinden die Frage nach der Zukunft überzähliger Kirchen wieder aktuell. Tröstlich dabei, dass auch Kirchen vergängliche Objekte sind, obwohl sie wohl jede Generation „für die Ewigkeit“ gebaut hat. Elias Philharmonisches Konzert Felix Mendelssohn-Bartholdy: Elias Oratorium op.70 Dirigent: Fabio Luisi Choreinstudierung: Janko Kastelic Elias: Christof Fischesser Die Witwe: Golda Schultz Die Königin: Mihoko Fujimura, Philharmonia Zürich, Chor der Oper Zürich Opernhaus Zürich 15. Juli 2O18, 11.15 Uhr www.opernhaus.ch Felix Mendelssohn-Bartholdys «Elias» für fünf Sängersolisten, grossen Chor und Orchester gehört zu den zentralen Werken im Oratorien-Repertoire des 19. Jahrhunderts und steht in der grossen Tradition protestantischer Kirchenmusik, zu der der Komponist neben seinen eigenen Werken auch mit der Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion im Jahr 1829 einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Felix Mendelssohn-Bartholdy entstammt einer traditionsreichen jüdischen Familie, die zum Protestantismus konvertierte. Gleich nach seiner Geburt wurde er christlich getauft, das war der Weg der Assimiliation und Emanzipation, den im 19. Jahrhundert viele Juden nahmen. Felix Mendelssohn-Bartholdy war ein überzeugter Christ und blieb trotzdem in seiner jüdischen Identität vewurzelt. Als Enkel des bedeutenden jüdischen Philosophen und Aufklärers Moses Mendelssohn wuchs er in einem familiären Milieu auf, in dem berühmte Künstler und Wissenschaftler ein- und ausgingen. Mendelssohn-Bartholdy war bekannt mit den intellektuellen Grössen seiner Zeit von Alexander von Humboldt bis Johann Wolfgang von Goethe und komponierte seine sakralen Werke weniger aus der Perspektive eines untertänigen Diener Gottes, als aus der eines unfassbar begabten und intellektuell hellwachen, hochreflektierten Künstlers. Über zehn Jahre beschäftigte ihn der alttestamentarische Stoff um den Propheten Elias, eine Figur, die ihn als Wegbereiter von Christus faszinierte. Das 1946 uraufgeführte Oratorium bewegt sich im Spannungsfeld seiner doppelten religiösen Identität. Anhand dieses Werkes ist viel darüber diskutiert worden, ob und wie sehr ihm ein Bekenntnis zu seiner jüdischen Herkunft einkomponiert ist. Eine offene Diskussion über Mendelssohn-Bartholdys Glaubens-Identität wurden lange von der antisemitischen Rezeption seiner Musik überlagert, die von Richard Wagners Pamphlet «Über das Judentum in der Musik» bis zur Mendelssohn-Ächtung im Dritten Reich reichte. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Mendelssohn-Bartholdys «Elias»-Oratorium in Birmingham seine Uraufführung erlebte und dort auf begeisternde Resonanz stiess. Im viktorianischen England mit seiner, den Frühkapitalismus befeuernden protestantischen Arbeitsmoral aus Fleiss, Demut und harter Arbeit sah man den Leipziger Komponisten als einen der ihren an. Auch die Schweiz hat ein inniges Verhältnis zu Mendelssohn-Bartholdy, was wohl nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass der Komponist zu seinen Lebzeiten vier ausgedehnte Reisen in die Schweiz unternahm und seine Eindrücke in vielen Briefen und Bildern festhielt. Die Zürcher Aufführung von Felix Mendelssohn-Bartholdys Oratorium «Elias» in Zusammenarbeit mit dem Jubiläum «500 Jahre Zürcher Reformation» wird vom Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich, Fabio Luisi, geleitet. Es spielt die Philharmonia Zürich und es singt der Chor der Oper Zürich. Der international renommierte Bass Christof Fischesser ist in der zentralen Partie des Elias zu erleben. Zwingli.Wars Theater/Musical Autor: Joël László Regie: Silvio Wey Miller’s Studio Premiere im September 2018 – Uraufführung www.millers-studio.ch Zwingli.Wars nimmt die historischen Tatsachen der Zürcher Reformation ernst. Gleichzeitig verdichtet es sie so, dass die Gegenwärtigkeit und Explosivität der Ereignisse sichtbar wird. In der Konfrontation des Täufers Felix Mantz mit Ulrich Zwingli blitzt der utopische Glutkern der Zürcher Reformation jäh auf. Am 5. Januar 1527 wird Felix Mantz mit gebundenen Händen und Beinen in die Limmat geworfen. Ulrich Zwingli steht in der Menge und sieht zu, wie der einstige Freund und Weggefährte ertrinkt. Felix Mantz ist der erste Märtyrer der Täuferbewegung. Wenige Tage zuvor haben Anna und Ulrich Zwingli und Felix Mantz sich in ein Haus am Zürichsee zurückgezogen. Anna verlangt von ihrem Mann, dass er sich mit Mantz versöhnt. Zwingli ist bereit, den Kompromiss zu suchen. Bald stehen sich der sozialrevolutionäre Impetus des Täufers und die staatstragende Funktion des Zürcher Reformators unversöhnlich gegenüber. Aber Anna Zwingli lässt sich nicht mehr stoppen: Sie besteht darauf, die Differenzen auszuagieren, sodass sich am Ende alle bis auf die Knochen entblösst gegenüberstehen. Das Theaterstück Zwingli.Wars ist eine für das Reformationsjubiläum geschriebene Uraufführung des Autors Joël László, die er in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur Silvio Wey erarbeitet. Joël László, in der Spielzeit 2017/18 Hausautor am Theater Basel, hat Geschichte und Nahoststudien studiert und setzt sich immer wieder mit historischen Stoffen auseinander. Der Text ist angelegt als modernes Kammerspiel. Und öffnet sich gleichzeitig, augenzwinkernd und frei nach dem Kalauer Zwingli = Swingli, für die Mittel von Musiktheater und Musical. Autor: Joël László Regie: Silvio Wey Dramaturgie Stückentwicklung: Heike Dürscheid Projektleitung: Ingo «Jo» Jonas Prozessbegleitung: Barbara Ellenberger Choreografie/Solistin: Cecilia Wretemark Co-Choreografie: Jasmin Hauck Musik: Michell Gsell und Patrik Zosso «Moving Target» Bühnenbild: Simeon Meier Lichtdesign: Markus Güdel Tondesign und Mix: Lars Dölle Die Zwingli-Roadshow Theater Text: Brigitte Helbling Regie: Niklaus Helbling Theater Kanton Zürich Premiere: September 2018 www.theaterkantonzuerich.ch Die Zwingli-Roadshow ist Lehrstück und Spektakel, Doku-Predigt und Aufruf zum Aufstand. Das Team um Brigitte und Niklaus Helbling nimmt die Reformation als Jugendbewegung in den Blick und fragt nach den wirklichen Gewinnern und Verlierern dieses grossen Aufbruchs. Eine «Revolution der Gefühle» nannte der Historiker Lucien Lefebvre die Reformation in Europa. Lange bevor Werther den jugendlichen Stürmern und Drängern Europas zur Identifikationsfigur wurde, entstand ein regelrechter Hype um die exponierten Kämpfer gegen päpstliche Willkür und blinden Gehorsam. In einem gleichermassen religiös-politischen wie emotionalen Aufruhr befinden sich auch die Protagonisten der Zwingli-Roadshow: Ein abtrünniger Bettelmönch, der unablässig den Tod Zwinglis beklagt, und eine geschäftstüchtige Ex-Nonne und Näherin touren mit einer Handvoll Aussenseiter als «Evas Sing- und Thatspiel» durch die Zürcher Landschaft. Während sie ihre Stücke über den «Helden Zwingli» auf Dorf- und Weinfesten zum Besten geben, beginnt dessen Bild intern allmählich zu bröckeln. Liebesgeschichten und die an der Tagesordnung stehenden Umbrüche machen auch vor der Truppe nicht Halt. Am Ende steht die Frage im Raum, wer hier wen verkauft hat – und zu welchem Preis. Auf eine spielerische und leichte Weise werden Geschichten über das Abenteuer, aber auch über die Schmerzen und Schwierigkeiten in Szene gesetzt, welche die reformatorischen Bewegungen gerade für Heranwachsende auf dem Land mit sich brachten. Damit wendet sich die Produktion speziell an ein junges Publikum, das in die Show eingebunden, in Ansprachen, Fragen und eine nachgestellte Disputation verwickelt wird. Schatten der Reformation Ausstellungen und Publikation Verein «Schatten der Reformation» Konzept: Ueli Greminger, Peter Niederhäuser, Sebastian Lenggenhager Publikation: erscheint im Mai 2018 Ausstellung Stadthaus und Installation Kirche St. Peter: 21. September 2018 bis Februar 2019 Eröffnung: 20. September 2018 Eine Reformation ist mehr als die kleine und brave Schwester der Revolution. Sie setzt unterschiedlichste Kräfte frei, deren oft widersprüchliche Wirkungen im Rahmen eines Jubiläums ebenfalls zu bedenken und zu thematisieren sind. Dafür steht Schatten der Reformation; drei unterschiedliche Formen und Orte der Veranschaulichung fügen sich zum Versuch einer lichterfüllten Reise ins Dunkle. Eine Ausstellung im Stadthaus konfrontiert Reformation und Gegenwart auf einer überraschend persönlichen Ebene. Zwölf Paare, je eine historische und eine lebende Person, stehen sich direkt gegenüber und vermitteln eine ambivalente Sicht des religiösen Umbruchs. Denn die keineswegs nur positive Gesinnung der gefeierten Reformatoren – etwa gegenüber Frauen, Täufer, Juden – wirft lange Schatten bis in die Gegenwart. Verdrängte Schicksale und prekäre Existenzen von gestern und heute erhalten ein Gesicht und eine Stimme. Eine wesentliche Grundlage für diese Konfrontationen liefert die geplante Publikation. Hier stehen soziale Gruppen im Mittelpunkt, die auf unterschiedliche Weise von den reformatorischen Neuerungen betroffen waren. Von der jähen Verdrängung jener Menschen, die in Zürich als Nonkonformisten gehandelt wurden, über die offene Verfolgung von Andersgesinnten spannt sich ein Bogen wiederum bis in die Gegenwart. Der reformatorische Elan stand sich oft selbst im Wege und verhinderte die Umsetzung seiner Ideale. Eine künstlerische Installation in der Kirche St. Peter ist der dritte Baustein. Sie soll um die Grenzen der menschlichen Freiheit kreisen und um die Fähigkeit, mit dieser Freiheit überhaupt umzugehen – letztlich um die Verheissungen des von Huldrych Zwingli und seinem Weggefährten Leo Jud gepriesenen «sanften Jochs». Revolution 4.0 Theater/Soziokultur Eine Koproduktion mit TRIAD Theatercompany Konzept: Wolfgang Beuschel, Eleni Haupt, Eveline Ratering, Dieter Sinniger, Myriam Zdini Regie: Eveline Ratering Kulturmarkt Zürich 24. Oktober bis 3. November 2018 Premiere: 24. Oktober www.kulturmarkt.ch, www.triad-theater.ch Fahrerlose Busse kurven durch die Strassen. Digitale Programme statt Ärzte stellen Patientendiagnosen. Lernfähige E-Discoveries durchforsten Prozessakten und Smart Factories lassen Maschinen miteinander kommunizieren. Da stört der Mensch am Ende nur noch. Seine Arbeit ist nicht mehr gefragt. Wie geht er mit der neuen Freizeit um? Wie bestreitet er seinen Lebensunterhalt? Willkommen bei der Revolution 4.0! Die vierte industrielle Revolution krempelt unsere Arbeitswelt unaufhaltsam um. Mit der Reformation hatte sich der moderne Mensch ein neues Arbeitsethos geschaffen. Die Arbeit und ihr Lohn wurden zum Gradmesser des Auserwähltseins vor Gott, das Individuum identifizierte sich mit seiner Profession, der Beruf wurde zur Berufung. Doch ist dieses Ideal nicht bereits hinfällig? Und wenn ja, mit welchen Folgen? An dieser Frage setzt Revolution 4.0 an. Der Kulturmarkt Zürich ist ein nationales Qualifizierungsprogramm für Stellensuchende aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Gemeinsam mit der TRIAD Theatercompany haben die Verantwortlichen ein Projekt aufgelegt, das zur künstlerischen Besetzung des Kulturmarkts einlädt. Dabei entsteht gemeinsam mit den Stellensuchenden ein Theaterabend, der das Publikum durch verschiedene Stationen des Kulturmarkt-Gebäudes führt. Denn dort findet – nach einem Beginn mit Mini-Szenen zur Evolutionsgeschichte der Arbeit – ein Kongress über Veränderungen in der Arbeitswelt statt. Er sollte die Chancen einer Zukunft ohne Vollbeschäftigung aufzeigen, wird jedoch immer wieder gestört, kommentiert und herausgefordert vom «Chor der Ausgesteuerten», der das Publikum zur Partizipation und Komplizenschaft aufruft.