Lesen Sie hier die gesamte Rede von Bischof Overbeck

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Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck
Ethisches Investment als Ausdruckchristlicher Verantwortung
Festvortrag zum 50-jährigen Bestehen der Steyler Bank,
6. September 2014, Sankt Augustin
Sehr geehrter Herr Knieps, sehr geehrter Herr Wolf,
lieber Mitbruder Bischof Mudiso,
liebe Mitbrüder im priesterlichen Dienst,
sehr geehrte Damen und Herren,
für die freundliche Einladung, bei der Festveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der Steyler
Bank zu sprechen, danke ich Ihnen sehr herzlich. Als Vorsitzender der Kommission für
gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz bin ich dieser Einladung sehr gerne nachgekommen.
Auf den ersten Blick erscheint es durchaus mutig, in der heutigen Zeit ein Bankjubiläum zu
feiern. Schließlich haben Banken und ihre Mitarbeiter im Zuge der Finanzmarktkrise an
Ansehen und Vertrauen eingebüßt. Mit riskanten Geschäften haben Banken das
wirtschaftliche System fast zum Zusammenbruch gebracht. Viele Anleger haben um ihr
Erspartes gebangt, Kleinkunden haben durch schlechte Beratung ihr Geld verloren. Es war
schwer, für die Bankenrettung Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu gewinnen, während
Manager und Trader selbst bei großen Verlusten noch Boni einstrichen. Prozesse um
Absprachen und Manipulationen beschäftigen die Gerichte. Ein derart schlechtes Image der
Banken wird schließlich zum Selbstläufer und dringt in alle gesellschaftlichen Bereiche vor.
So hat auch Hollywood die kriminellen Geschäftsmodelle und die abgehobene Lebenswelt
mit dem Film „Wolf of Wall Street“ aufgegriffen, der zu Beginn dieses Jahres in den
deutschen Kinos lief.
Noch im Februar dieses Jahres ergab eine Studie der Ruhr-Universität Bochum und des
Deutschen Aktieninstituts, dass seit der Finanzkrise deutlich weniger Privatanleger ihren
Bankberatern vertrauen. Nur jeder vierte Anleger hält die Vertrauenswürdigkeit seines
Bankberaters für hoch oder sehr hoch, zwölf Prozentpunkte weniger als noch vor fünf Jahren.
Das Vertrauen in die Banken ist also verloren gegangen. Dabei ist doch Vertrauen das A und
O bei Geldgeschäften.
Diesem schlechten Image der großen Bankkonzerne steht allerdings ein Vertrauensgewinn
gerade der kleinen Banken gegenüber, die auf Sicherheit und Stabilität setzen. Dazu gehören
auch und vor allem die kirchlichen Banken. Sie haben in den vergangenen zehn Jahren einen
deutlichen Aufschwung genommen. Kirchliche Banken sind keine gewöhnlichen Banken.
Wer bei ihnen anlegt, geht davon aus, die gute Sache zu unterstützen. Im Einsatz für die gute
Sache liegt auch der Ursprung der Steyler Bank, die vor 50 Jahren gegründet wurde. Die Unterstützer der Steyler Missionare stellten Darlehen zu günstigen Zinsen zur Verfügung – und
zwar in einem solchen Maße, dass eine eigene Bank errichtet wurde, die seit nunmehr einem
halben Jahrhundert die Missionsarbeit fördert.
Noch heute unterstützt die Steyler Bank als eine der so genannten „Ethik-Banken“ von
Deutschland aus vor allem die Weltkirche. Spezialisiert hat sie sich im Bereich des ethischen
Investments. Bei dieser Form des Investments steht nicht nur die Rendite der Anlagen im
Mittelpunkt, sondern auch Ziele, die mit einem moralischen Anspruch verbunden sind. Letztlich geht es um den verantwortungsvollen Umgang mit Geld. Die Steyler Bank setzt damit ein
hoffnungsvolles Zeichen, einen Kontrapunkt zur herkömmlichen Profitgier und Eigennützigkeit. Doch kann man damit heute noch bestehen?
1. Die Verantwortung der Anleger
Die herkömmliche Motivation eines Anlegers, der sein Geld zur Bank trägt, ist es, eine möglichst hohe Rendite für sein Investment zu erzielen. „Geld stinkt nicht“, sagt das Sprichwort,
das auf Kaiser Vespasian zurückgeht. Diesem Sprichwort zufolge ist es gleich, woher die
Einnahmen kommen.
Demgegenüber ist ein Anleger, der zusätzlich mit seiner Anlage auch ethische Ziele verfolgt,
darauf bedacht, dass die Erträge seines Investments nicht auf Kosten anderer Menschen oder
der Umwelt erzielt werden. Hier kommt also ein zusätzliches Kriterium bei der Entscheidung
für eine Anlage zum Tragen: Man möchte zwar Rendite erzielen, sie sollte aber nachhaltig
sein und aus verantwortungsvollem Investment entstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der
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Anleger – im Zielkonflikt zwischen Rendite und Ethik – unter Umständen auch bereit, eine
geringe Verzinsung seiner Anlage zu akzeptieren. Wer sich für ethisches Investment entscheidet, reflektiert in besonderer Weise die Konsequenzen des eigenen Handelns und versucht so, den eigenen moralischen Ansprüchen gerecht zu werden.
Gerade für uns Christen kommt mit dem Gebot der Nächstenliebe ein starkes Motiv hinzu,
dem eigenen Handeln eine moralische Qualität zu geben. Sie verpflichtet uns, über den Tellerrand der eigenen Existenz hinauszuschauen und auch die anderen bzw. die Umwelt in den
Blick zu nehmen. Die Frage, wie Christen verantwortlich mit ihrem Geld umgehen, bedeutet
auch, dass die Frage des Konsums einer ethischen Reflexion bedarf. Denn was beim Investment die vorrangige Ausrichtung auf eine maximale Rendite darstellt, ist beim Konsum das
Bestreben, Güter und Dienstleistungen möglichst billig zu erwerben. Beide Verhaltensweisen
ignorieren die Frage nach den Folgen des eigenen Handelns für andere und lassen somit ein
notwendiges Verantwortungsbewusstsein vermissen.
Wenn wir als Christen heute veränderte Lebensstile einfordern, dann gilt dies nicht nur für
den Konsum von nachhaltig und fair erzeugten und gehandelten Produkten, für ein ressourcenschonendes Wirtschaften, eine nachhaltige Energieerzeugung und einen sparsamen Verbrauch. Zu einem verantwortungsvollen Lebensstil gehört vielmehr auch, die Folgen des
eigenen Handelns auf dem Kapitalmarkt zu bedenken. Während die Konsequenzen unserer
Produktentscheidung beim Einkauf im Supermarkt oftmals auf der Hand liegen, sind die Folgen unseres Investments wesentlich anonymer und verborgener. Und trotzdem hat eine Kapitalanlage mindestens in gleichem, wenn nicht in höherem Maße Auswirkungen, sei es auf die
Umwelt oder die Arbeitsbedingungen von Menschen. Auch und gerade hier gilt es deshalb,
unserer Verantwortung für die Schöpfung und für unsere Mitmenschen gerecht zu werden.
Denn Gleichgültigkeit gegenüber den negativen Folgen, die aus einem bestimmten Investment
resultieren, widerspricht einer christlichen Haltung. Die Finanzmarktkrise sollte uns deutlich
vor Augen geführt haben, dass auch der Anleger verpflichtet ist, sich über die Quellen seiner
Gewinne zu informieren und in Finanzfragen Kompetenz zu erwerben.
Der Anspruch eines verantwortungsbewussten Umgangs mit bestehendem Vermögen beruht
letztlich auch auf der Gemeinwohlverpflichtung jeglichen Eigentums. Damit kommt eine
zentrale Forderung der katholischen Soziallehreins Spiel, die im Hinblick auf einen ethischen
Umgang mit Geld stets bedacht werden muss. Geld ist kein Selbstzweck. Wenn es richtig
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eingesetzt wird, können grundlegende Aufgaben für den Dienst am Menschen erfüllt werden.
Dies verdeutlicht zudem, dass sich die Notwendigkeit eines verantwortlichen Umgangs mit
Geld nicht nur von Seiten der Folgenabschätzung begründen lässt, sondern auch aus dem Verständnis des Eigentums selbst. Nach den Grundsätzen der Katholischen Soziallehre steht der
Mensch im Mittelpunkt, nicht das Geld. Ethisches Investment sollte also nicht nur der Absicht
entspringen, mögliche negative Folgen zu vermeiden, sondern gründet bereits in der Verpflichtung, Eigentum gemeinwohlförderlich einzusetzen.
Dass heute eine wachsende Zahl von Menschen sensibel ist für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld, ist fraglos auch ein Ergebnis der Globalisierungserfahrung. Indem wir
die Welt immer stärker als eine Einheit wahrnehmen, wird auch immer deutlicher, dass die
ökonomischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Auswirkungen der Globalisierung in
anderen Teilen der Erde nicht nur Chancen eröffnen, sondern häufig auch auf Kosten von
Menschen gehen.
Immer öfter konfrontiert uns die Berichterstattung in den Medien mit den negativen Konsequenzen, die unsere Art zu Wirtschaften anderenorts auf der Welt hat. Angesichts von Hungersnöten und Lebensmittelskandalen, Umweltkatastrophen und menschenunwürdigen
Arbeitsbedingungen treten Fehlentwicklungen und Entgleisungen unseres wirtschaftlichen
Handelns zu Tage, die uns unmissverständlich unsere eigene Verantwortung etwa als Konsument vor Augen führen. Es wird deutlich: Unsere Art zu wirtschaften und zu leben hat Auswirkungen auch dort, wo wir sie nicht sehen oder vermuten. So hat der Einsturz eines Fabrikhochhauses in Bangladesch im Frühjahr 2013 mit mehr als 1.100 Toten eine breite Diskussion
über die Produktionsweise von Bekleidung und unsere Einflussnahme über das Einkaufsverhalten entfacht. Bekanntlich haben auch deutsche Handelsunternehmen in dieser Textilfabrik arbeiten lassen, so dass auch wir in Deutschland – sei es als Konsument oder als
Investor – nicht davor gefeit sind, uns der Frage nach einer Mitverantwortung an diesen
untragbaren Zuständen zu stellen.
Jede Entscheidung für ein ethisches Investment bedeutet für den Anleger, dass er sich intensiv
mit seiner Geldanlage auseinandersetzen muss. Konkret betrachtet, muss sich der Anleger
zuerst über seine Absichten klar werden, und zwar nicht nur, was die ökonomischen Ziele
betrifft, sondern auch in Bezug auf die Wertvorstellungen, die er mit seinem Investment
realisieren will. Da viele Anleger, seien es Privatpersonen und Institutionen, überfordert sind,
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selbst geeignete Anlagen zu finden, ist es umso wichtiger, hier Partner auf Seiten der Banken
zu haben, die nicht nur fachlich kompetent sind, sondern denen man auch vertrauen kann.
Dass sich in Deutschland die christlichen Banken auf dem Feld des ethischen Investments so
stark etablieren konnten, ist sicher auch ein Ausweis ihrer Glaubwürdigkeit, die sie bei vielen
Menschen genießen.
Erlauben Sie mir, an dieser Stelle ein Wort des Dankes für Ihre Mitwirkung in einer Arbeitsgruppe des Verbandes der Diözesen Deutschlands zu sagen. Denn auch die Kirchen sind
gefordert, ihr Geld ethischen Wertvorstellungen entsprechend anzulegen. Wir sind dankbar,
dass Sie uns hierbei mit Ihrer Erfahrung und Kompetenz zur Seite stehen.
2. Die Verantwortung der Banken
Es ist unbestritten, dass die Nachfrage an Angeboten ethischen Investments wächst. Diese
Anlageform hat sich etabliert. Geldanlagen, bei denen auf Sozial- und Umweltstandards
geachtet wird, sind längst nicht mehr Nischenprodukte für notorische Weltverbesserer und
Gutmenschen. Zunehmend engagieren sich auch Großbanken und herkömmliche Finanzdienstleister auf diesem Feld.
Die steigende Nachfrage nach ethischem Investment stellt die Banken vor neue Herausforderungen. Denn es ist für eine Bank doch fraglos einfacher, den Kunden Geldanlagen anzubieten, die den wirtschaftlichen Anlagezielen wie Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit genügen, anstatt auch noch ethischen Wertvorstellungen gerecht zu werden. Ethisches Investment
stellt hohe Ansprüche an die verschiedenen Finanzinstitute. Um sich nicht des Vorwurfs des
Etikettenschwindels schuldig zumachen, ist bei der praktischen Umsetzung alles zu tun, damit
der ethischen Zielsetzung entsprochen und diese Ziele tatsächlich erreicht werden.
Der erste Schritt eines ethischen Investments ist die Festlegung von Kriterien und Prinzipien,
die näher bestimmen, in welchen Bereichen die Bank die Gelder ihrer Kunden investieren soll
bzw. in welchen Bereichen ein Investment nicht erwünscht ist. In der Praxis bedeutet dies,
einerseits eine Auswahl zu treffen, welche Wirtschafts- und Produktionsweisen, Prozesse oder
Produkte vermieden werden sollen. So kann beispielsweise generell die Finanzierung von
Unternehmen oder staatlichen Einrichtungen, die mit Menschenrechtsverletzungen oder Kor5
ruption in Verbindung gebracht werden, für Geldanlagen oder Kooperationen nicht infrage
kommen.
Andererseits dienen mögliche Positivkriterien dazu, bestimmte Wirtschaftsweisen gezielt zu
fördern, etwa die Herstellung umweltfreundlicher Güter, die Integration von Mitarbeitern ethnischer Minderheiten und die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards in Unternehmen.
Darüber hinaus kann aber auch die Herkunft der Produkte eine Rolle spielen. So kann in
Volkswirtschaften mit fragwürdigem politischem System ein Investment nicht vertretbar sein,
während in Systemen, die sich um soziale Gerechtigkeit und die Bekämpfung von Armut und
Hunger sowie um eine aktive Klimaschutzpolitik bemühen, ein finanzielles Engagement
angebracht ist.
Es gibt also sozusagen Positiv- und Negativlisten, an denen sich die Banken bei der Festlegung ihrer Kriterienkataloge ausrichten. Die Steyler Bank hat sich dabei an den Handlungszielen der Steyler Missionare orientiert, die da lauten:
• Gerechtigkeit
• Frieden
• Bewahrung der Schöpfung.
Mit diesen Zielen werden Kriterien benannt, die Leitideen christlichen Handelns in der Welt
sind. Wenn sich die Steyler Bank diesen Zielen verpflichtet, unterstreicht sie ihr Selbstverständnis als kirchliche Bank.
Neben der Anwendung bestimmter Kriterien hat sich der „Best-in-class-Ansatz“ im Bereich
des ethischen Investments bewährt; d. h. aus jeder Branche werden die besten Unternehmen
im Sinne der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit ausgewählt. Damit verbunden ist die
Intention, einen qualitativen Wettbewerb um die beste Einstufung anzuregen.
Nach der Erstellung von Kriterienkatalogen bzw. der Festlegung von Rating-Notenim „Bestin-class-Verfahren“ steht als nächster Schritt die Umsetzung der Recherchen im Sinne der
Intention der Anleger an. Dieser Schritt ist im Grunde der Prüfstein für eine vertrauensvolle
Beziehung zwischen dem Anleger und der gewählten Bank. Grundsätzlich lebt jede Bank
vom Vertrauen und der Glaubwürdigkeit, die ihr entgegengebracht wird. Dies gilt im besonderen Maße mit Blick auf das ethische Investment. Denn gerade in Bereichen, in denen hohe
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ethische Standards gesetzt werden, muss besonders verantwortungsbewusst agiert werden. Es
herrschen hohe Ansprüche an das Produkt und den Anbieter. Zu Recht lautete der Werbeslogan einer großen deutschen Bank „Vertrauen ist der Anfang von allem“.
Es gilt, fair mit den Anlegern umzugehen und nur Angebote zu offerieren, die wirklich den
von den Kunden präferierten Kriterien entsprechen. Jeder Vertrauensverlust, beispielsweise
ein von den Medien offengelegtes Investment, das ethischen Kriterien zuwiderläuft, hat gravierende Folgen, und zwar sowohl für die Glaubwürdigkeit der involvierten Banken als auch
für das ethische Investment selbst. Es bedarf besonderer Sorgfalt, und so verwundert es nicht,
dass ethische Geldanlagen mit einem höheren Aufwand verbunden sind. Dies gilt vor allem
für Investments im internationalen Kontext, wobei hier die Steyler Bank über einen besonderen Vorteil verfügt, kann sie doch die rund 10.000 weltweit im Einsatz befindlichen Steyler
Missionare als „Ethik-Scouts“ vor Ort kontaktieren und so zusätzliche Informationen erhalten.
Zum Anspruch einer verantwortungsbewussten Investitionsberatung gehört, dass die Bank
durch entsprechende Informationen die Anleger vor übertriebenen – sprich unrealistischen –
Erwartungen bewahrt. Hier sind nicht nur unrealistische Gewinnerwartungen, sondern auch
unrealistische Erwartung an die Nachhaltigkeit eines Investments gemeint. Aufgrund der
komplexen und international vernetzten Wirtschaftsbeziehungen, selbst innerhalb von Großkonzernen, ist es in der Regel so gut wie unmöglich, ein absolut nachhaltiges Investment
anzubieten. Wie vielfach im Leben sind es auch hier eher die Grautöne, die die Realität abbilden, und nicht eine ideal gedachte Entweder-oder-Option. Dies bedeutet allerdings nicht, in
Bezug auf etwaige Ausschlusskriterien Kompromisse zu akzeptieren.
Vielleicht kommt es heute nach den Erfahrungen der Finanzmarktkrise noch viel stärker auf
die Mitarbeiter in den Banken an. Gerade in Zeiten, in denen die Finanzprodukte und
-geschäfte so komplex sind, braucht es vertrauenswürdige und sachkundige Ansprechpartner – Bankmitarbeiter, denen vor allem die bestmögliche Beratung und Aufklärung der Kunden am Herzen liegt.
3.Wo Geld Gutes schafft
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Geldanlagen, die sich ethischen Zielen verpflichtet wissen, werden vielfach auch als Investitionen in eine gerechtere Welt betrachtet. „Wo Geld Gutes schafft“ lautet dementsprechend
der Slogan der Steyler Bank. Mit dieser Form der Geldanlage wird versucht, in Ergänzung zu
den rechtlichen Regelungen Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu gewinnen, um
so zu ethisch besseren Ergebnissen zu gelangen.
Praktisch betrachtet geht es darum, Impulse zu setzen und eine Steuerungswirkung zu erzielen. Beides ist natürlich umso höher, je größer das in die Waagschale geworfene Anlagevolumen ist. Denn je mehr ethisch motivierte Investoren sich für bestimmte Unternehmen oder
Geschäftsfelder entscheiden, umso stärker ist hier ihre Machtposition, um erwünschte Entwicklungen zu fördern.
Ungeachtet der Hoffnung, mit ethischen Investments nachhaltige Wirkungen erzielen zu können, darf dennoch nicht übersehen werden, dass derartigen Geldanlagen auch Grenzen gesetzt
sind. Die Erwartung, die geschäftliche Ausrichtung von Unternehmen über die Finanzmärkte
kurzfristig verändern zu können, ist illusionär; unter anderem auch, weil die Anlagevolumina
ethischer Investments – trotz ihres erfreulichen Wachstums –derzeit insgesamt betrachtet
noch zu gering sind, um derartigen Einfluss auszuüben.
Um den Wandel der Wirtschaft in Richtung eines stärkeren sozialen und ökologischen Engagements zu forcieren, bedarf es im Grunde der Unterstützung durch die Politik. Sie könnte
einerseits die Voraussetzungen für ethisches Investment durch Gesetze verbessern, beispielsweise durch eine rechtliche Verpflichtung, im größeren Umfang Zugang zu qualitativen
Unternehmensdaten zu ermöglichen. Andererseits kann ein entsprechender politischer Wille
auch das Grundanliegen jeglichen ethischen Investments, nämlich die Veränderung der Welt
in Richtung von mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, fördern.
4.Verantwortung der Christen
Als vor 50 Jahren die Steyler Bank ins Leben gerufen wurde, war in Rom die Konzilsversammlung damit beschäftigt, das Verhältnis der Kirche zur modernen Welt zu klären. Das
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Ergebnis dieser Überlegungen, die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“, wurde dann im
Dezember 1965 veröffentlicht. In diesem eindrucksvollem Dokument geht es im Kern um die
Verantwortung der Christen in einer Welt, die man bereits damals – lange bevor das Schlagwort der Globalisierung zur Beschreibung der gegenwärtigen Verhältnisse gebräuchlich
wurde – zunehmend als eine Einheit wahrnahm.
Dies spiegeln auch die Abschnitte des Konzilstextes zum Wirtschaftsleben (GS Nr. 63-72)
wider. Dort werden mit Blick auf Investitionen sowohl soziale als auch Nachhaltigkeitskriterien benannt, wenn es heißt: „Investitionen ihrerseits müssen dahin zielen, in ausreichendem
Maße Arbeits- und Verdienstgelegenheiten zu schaffen nicht allein für die gegenwärtige, sondern auch für die künftige Bevölkerung. Alle, die über diese Investitionen und über die Ausrichtung der Wirtschaft zu entscheiden haben, seien es Einzelne, Gruppen oder öffentliche
Gewalten, sind gehalten, diese Zielsetzung vor Augen zu haben und ihrer strengen Verpflichtung eingedenk zu sein, einerseits den derzeitigen Bedarf menschenwürdiger Lebenshaltung sowohl der Einzelnen als auch des gesellschaftlichen Ganzen zu decken, andererseits
den Blick auf die Zukunft zu richten und für ein ausgewogenes Verhältnis zu sorgen zwischen
dem, was zur Deckung der derzeitigen privaten und öffentlichen Verbrauchsbedürfnisse
bereitgestellt wird, und den notwendigen Investitionen zugunsten der nachfolgenden Generation. Auch die dringenden Bedürfnisse der wirtschaftlich weniger fortgeschrittenen Völker
und Länder sind ständig im Auge zu halten“ (GS Nr. 70).
Es gehört zu den dringlichen Aufgaben des Christen, verantwortungsvoll auf die Welt zu blicken und für globale und intergenerationelle Gerechtigkeit Sorge zu tragen. Wie und wo dies
geschieht, diesbezüglich gibt es die unterschiedlichsten Optionen und Handlungsfelder. Dazu
kann auch die Herausforderung gehören, als Christ Verantwortung für seine Geldanlage zu
übernehmen, um auf diese Weise dem Geld eine Macht zur Veränderung zu geben, die über
kurz oder lang einmündet in eine Welt, die sich den Zielen der Gerechtigkeit, des Friedens
und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet weiß, um nochmals exemplarisch die ethischen Leitkriterien der Steyler Bank anzuführen. Diesbezüglich hat auch Papst Benedikt XVI.
in seiner Sozialenzyklika „Caritas in veritate“ die positiven Auswirkungen „ethischer“ Konten
und Fonds gewürdigt (vgl. Nr. 45).„Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen“, fordert
auch Papst Franziskus in seinem 2013 veröffentlichten Apostolischen Schreiben
„Evangeliigaudium“. Er weist darauf hin, dass es nicht nur um die Nutzenmaximierung geht,
sondern dass wir auch beim Geld die Folgen unseres Handelns im Blick haben müssen: „Die
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Gier nach Macht und Besitz kennt keine Grenzen. In diesem System, das dazu neigt, alles
aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache wie die Umwelt wehrlos
gegenüber den Interessen des vergöttlichten Marktes, die zur absoluten Regel werden. Hinter
dieser Haltung verbergen sich die Ablehnung der Ethik und die Ablehnung Gottes. Die Ethik
wird gewöhnlich mit einer gewissen spöttischen Verachtung betrachtet. Sie wird als
kontraproduktiv und zu menschlich angesehen, weil sie das Geld und die Macht relativiert.
Man empfindet sie als eine Bedrohung, denn sie verurteilt die Manipulierung und die
Degradierung der Person. Schließlich verweist die Ethik auf einen Gott, der eine verbindliche
Antwort erwartet, die außerhalb der Kategorien des Marktes steht.“ Deshalb ermahnt der Papst
zu uneigennütziger Solidarität und zu einer Rückkehr von Wirtschaft und Finanzleben zu einer
Ethik zugunsten des Menschen. „Alle Christen, auch die Hirten“, so Papst Franziskus „sind
berufen, sich um den Aufbau einer besseren Welt zu kümmern.“
Warum fordert der Papst den Aufbau einer besseren Welt in einen Dokument, das sich vorrangig der „Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute“ widmet? Weil die Christen mit der Übernahme von Verantwortung für den Zustand der Welt Zeugnis geben können
von ihrem Glauben. Sich als Christ mit ungerechten Verhältnissen, mit der Zerstörung der
Schöpfung, mit der Gefährdung des Friedens etc. abzufinden, widerspricht unserem Verständnis einer Welt, die von Jesus Christus erlöst wurde.
Insofern wird nochmals deutlich, dass die Art und Weise, wie ein Christ mit seinem Geld umgeht – einschließlich der Frage, wie er sein Geld anlegt –, sich keineswegs auf eine rein private Handlungsebene beschränkt, sondern auch im größeren Zusammenhang einer christlichen Weltverantwortung gesehen werden muss. Außerdem ist die Intention, unsere Welt zu
verbessern, dazu geeignet, wiederum die Gemeinwohlverpflichtung des Geldes sichtbar werden zu lassen.
5. Schlussworte
Sehr geehrte Damen und Herren, zum Schluss des Vortrags möchte ich noch einige Worte
sagen zur charakteristischen Eigenart der Steyler Bank sagen, die auf der engen Verbindung
zum Orden der Steyler Missionare gründet: Während bei den an der Börse notierten
Großbanken die Gewinne in Form von Dividenden an die Aktionäre fließen bzw. bei den
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Genossenschaftsbanken an die Mitglieder ausbezahlt werden, unterstützt die Steyler Bank mit
ihren Überschüssen ausschließlich die weltweite soziale und pastorale Arbeit der Steyler
Missionare.
In der Wertschätzung und Förderung der weltweiten Steyler Missionsarbeit liegt der Ursprung
dieser Bank; eine Wertschätzung, die auch die heutigen Kunden teilen, verzichten sie doch
aus christlicher Mitverantwortung teilweise oder ganz auf ihre Zinserträge. Ihre Entscheidung,
Geld bei der Steyler Bank anzulegen, ist eine Entscheidung zugunsten der Armen – eine Entscheidung zugunsten des Gemeinwohls.
Die Steyler Bank hat fraglos ein Modell geprägt, das inzwischen auch schon Nachahmer
gefunden hat. Indem die Geschäfte Ihrer Bank der Arbeit der Steyler Missionare zugutekommen, wird eine Perspektive der Solidarität sichtbar, die Ihre Bank von den herkömmlichen
Geldinstituten unterscheidet. Hier wird auf ganz konkrete Weise deutlich, wie Geld dienen
kann.
Aufgrund dieser Besonderheit kann man der Steyler Bank von Herzen gute Erträge wünschen,
ohne mit diesem Ansinnengleich als unverbesserlicher Kapitalist zu gelten. Denn je mehr
Gewinne Ihre Bank macht, umso mehr Projekte der Steyler Missionare zugunsten von Menschen in Not lassen sich verwirklichen. Und da diese Gewinne auch noch verantwortungsbewusst erzielt werden, kann ich diesen Wunsch anlässlich Ihres Jubiläums umso stärker
kundtun.
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