78 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung 9. Bei einem Jugendlichen führen Sie eine dynamische Skiaskopie mit einem Fixationsobjekt am Skiaskop durch und erhalten ein Neutral bei + 3,50. Sie verwenden kein Kompensationsglas. Wie lautet die wahrscheinlichste objektive Refraktion? Refraktion 4.2 4 a. b. c. d. + 3,50 + 4,25 + 4,75 + 2,75 10. Aufgrund einer Medientrübung entscheiden Sie, aus einer Arbeitsentfernung von nur 25 cm zu skiaskopieren und ein entsprechendes Kompensationsglas zu verwenden. Jedoch skiaskopieren Sie versehentlich aus einer Entfernung von nur 20 cm. Welcher Messfehler entsteht? a. 0,50 dpt zu positiv b. 0,25 dpt zu negativ c. 1,00 dpt zu positiv d. 1,00 dpt zu negativ Subjektive Refraktionsbestimmung Die subjektive Refraktionsbestimmung ist die Grundlage der Sehhilfenverordnung und vieler refraktionschirurgischer Eingriffe. Verschiedene psychologisch-physiologische Aspekte des Sehens sowie individuelle Anforderungen an die Sehhilfe fließen in die Umsetzung der Messwerte ein. Die Verträglichkeit einer Sehhilfe über das Maß rein physikalisch-optischer Messwerte hinaus ist deshalb stark vom Wissen und der Erfahrung des Untersuchers abhängig. Dieser bestimmt zunächst die Fernpunktrefraktion des Auges (Vollkorrektion) und führt dann verschiedene monokulare und binokulare Feinabgleiche durch. K. Krause, H. Dietze nen Komponenten des Auges kann durch die Brechung an der (Äquivalent-)Hauptebene des Auges vereinfacht werden. Von dieser wird die objekt(auch: ) und seitige Brennweite des Auges gemessen. die bildseitige Brennweite des Auges Befindet sich der bildseitige Augenbrennpunkt auf der Netzhaut, wird ein in Unendlich befindliches Objekt scharf auf der Netzhaut abgebildet. Dieser Zustand, bei dem das unendlich weit entfernte Objekt und die Netzhaut zueinander konjugiert sind, wird als Emmetropie (Rechtsichtigkeit) bezeichnet. Ametropie Hintergrund Begriffe Zum besseren Verständnis sollen zunächst einige Grundbegriffe aufgefrischt werden. Emmetropie Die Brechkraft eines Auges wird von den Hornhaut- und Linsenflächen sowie aus deren Abstand zueinander bestimmt. Die Brechung an den einzel- Eine Ametropie (Fehlsichtigkeit) entsteht, wenn die bildseitige Augenbrennweite nicht dem Abstand der Netzhaut von der Augenhauptebene entspricht. Liegt der Brennpunkt vor der Netzhaut, entsteht eine Myopie (Kurzsichtigkeit) (Abb. 4.11 Ia). Liegt er dagegen dahinter, entsteht eine Hyperopie (Übersichtigkeit, auch: Hypermetropie) (Abb. 4.11 IIa). Im Gegensatz zur Emmetropie muss ein Objekt jetzt in endlicher Entfernung vor dem Auge (Myopie) oder als virtuelles Objekt hinter dem Auge (Hyperopie) liegen, damit es scharf auf der Netzhaut abgebildet werden kann. Der zur Netz- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 8. Zur besseren Darstellung eines Astigmatismus schalten Sie Ihr Skiaskop in konvergente Beleuchtung. In den Hauptschnitten sehen Sie ein schnell gegenläufiges und ein langsam gegenläufiges Lichtband. Sie verwenden ein Kompensationsglas. Welche der folgenden Astigmatismusformen liegt vor? a. Astigmatismus myopicus compositus b. Astigmatismus hypermetropicus compositus c. Astigmatismus simplex myopicus d. Astigmatismus mixtus Hintergrund Die Brechkraft eines astigmatischen Auges ist meridional unterschiedlich. Die beiden Meridiane mit der jeweils stärksten und schwächsten optischen Wirkung werden dabei als Hauptschnitte bezeichnet, die zusammen stets einen Winkel von 90° bilden. Zu den beiden Hauptschnitten gehören 2 auf der optischen Achse zueinander versetzte Brennpunkte sowie 2 entsprechende Fernpunkte. Die Brechkraftdifferenz zwischen den Hauptschnitten wird auf einer Brillenverordnung als Zylinder angegeben. Die beiden Hauptschnitte lassen aus einem unendlich entfernten Objektpunkt 2 entlang der optischen Achse versetzte Bildlinien entstehen, die senkrecht zueinander und senkrecht zum erzeugenden Hauptschnitt angeordnet sind (Abb. 4.11 IIIa). Je nach Fehlsichtigkeit des erzeugenden Hauptschnittes kann eine Bildlinie vor (Myopie), hinter (Hyperopie) oder auf der Netzhaut (Emmetropie) liegen, woraus auch die nähere Bezeichnung des Astigmatimus abgeleitet wird. So zum Beispiel hat ein Astigmatismus simplex myopicus einen emmetropen und einen myopen Hauptschnitt. Das nach der Brechung im astigmatischen Auge entstehende, als Sturm-Konoid bezeichnete Lichtbündel hat einen lageabhängigen elliptischen Querschnitt. Während die Ellipse in den Brennpunkten zu je einer Linie verformt ist, weist sie in der dioptrischen Mitte zwischen den beiden Brennpunkten eine Kreisform und damit die geringste Verzeichnung oder „Verwirrung“ gegenüber dem idealen Punktbild auf. Liegt dieser Kreis der kleinsten Verwirrung auf der Netzhaut, ist die Akkommodation Sehdinge, die näher am Auge liegen als der Fernpunkt, erfordern eine Brechkrafterhöhung des Auges. Die Brechkrafterhöhung erfolgt vom Willen unabhängig durch die Akkommodation (Kap. 5). Die für scharfes Sehen in einer bestimmten Entfernung erforderliche Brechkrafterhöhung des Auges ist der Akkommodationsaufwand ΔD. Im emmetropen und im voll korrigierten Auge entspricht der Akkommodationsaufwand annähernd dem Kehrwert der in Metern gemessenen Objektentfernung. Der bei maximaler Akkommodation zur Netzhaut konjugierte Punkt wird als Nahpunkt P (Punctum proximum) und dessen Entfernung zum Auge bezeichnet. Der Kehrwert als Nahpunktabstand des in Metern gemessenen Nahpunktabstandes ist die Nahpunktrefraktion . Die Differenz zwischen Fernpunktrefraktion und Nahpunktrefraktion ergibt den (von der Brechkraft und der Entfernung der Korrektionslinse abhängigen) maximalen Akkommodationserfolg (auch: Akkommodationsbreite, Kap. 5). Scharfes Sehen ist nur im Akkommodationsgebiet, dem Entfernungsbereich zwischen Fern- und Nahpunkt, möglich. Presbyopie Mit zunehmendem Alter lässt die Akkommodationsfähigkeit des Auges nach, weshalb der Nahpunkt zunehmend vom Auge wegrückt. Deshalb liegen in gewohnter Entfernung befindliche Sehdinge ab einem bestimmten Alter nicht mehr innerhalb des Akkommodationsgebietes (Abb. 4.11 IVa). Die Brechkraft des Auges muss jetzt durch einen Nahzusatz positiver Brechkraft (Addition) künstlich verstärkt werden (Abb. 4.11 IVb). Optisches Prinzip der Korrektion einer Fehlsichtigkeit Das akkommodationslose Auge erzeugt nur dann ein scharfes Bild auf der Netzhaut, wenn sich das Objekt im Fernpunkt des Auges (s. o.) befindet. Das Brillenglas muss das Objekt von Interesse deshalb in den Fernpunkt des fehlsichtigen Auges abbilden. Refraktion Astigmatismus mit einem unkorrigierten Astigmatismus bestmögliche Sehschärfe erreicht. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. haut des akkommodationslosen Auges konjugierte Punkt wird als Fernpunkt R (Punctum remotum) bezeichnet. Der Abstand des Fernpunktes R von der Augenhauptebene ist der Fernpunktabstand (auch: Fernpunktweite), der bei Myopie mit einem negativen Vorzeichen versehen wird. Der Kehrwert des in Metern gemessenen Fernpunktabstandes ergibt die Fernpunktrefraktion AR. Das von manchen Autoren verwendete Refraktionsdefizit AR beschreibt den Mangel (Defizit) oder den Überschuss an Augenbrechkraft, der zu einer bestimmten Fehlsichtigkeit führt. Das RD entspricht der Fernpunktrefraktion AR mit umgekehrtem Vorzeichen. 79 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Bestandteile der subjektiven Refraktionsbestimmung Es erleichtert die Arbeit, wenn die Refraktionsbestimmung einem festen Ablauf folgt, z. B.: l Anamnese zur Sehhilfe (Kap. 2), l Bestimmung des freien Visus (VSC) und des Visus mit der bisherigen Korrektion (VCC), l objektive Refraktionsbestimmung (Kap. 4.1), l Justierung der Messbrille oder des Phoropters, l Bestimmung der sphärischen Komponente (bestes sphärisches Glas), l Bestimmung der astigmatischen Komponente (Zylinder), l monokularer Feinabgleich der Sphäre, l binokulare subjektive Refraktionsbestimmung (Kap. 4.1), – Prüfung auf Refraktionsgleichgewicht, – Bestimmung des Visus mit Korrektion, l Nahglasbestimmung (Kap. 5). Refraktion Für ein weit entferntes Objekt tritt dieser Zustand ein, wenn der bildseitige Brennpunkt des Brillenglases mit dem Fernpunkt des Auges zusammenfällt. Weil das Brillenglas um einige Millimeter vom Auge entfernt sitzt, sind die vom augenseitigen Scheitel des Glases gemessene Brennweite (Scheitelbrennweite ) und der Fernpunktabstand unterschiedlich (Abb. 4.11 Ib–IIIb). Befindet sich ein (Nah-)Objekt im dingseitigen Brennpunkt (auch: ) des Brillenglases, wird dieses vom Brillenglas nach Unendlich abgebildet. Ein emmetropes Auge kann ein solcherart angeordnetes Nahobjekt deshalb ohne Akkommodationsaufwand scharf sehen. Das Prinzip gilt auch für die Bestimmung des Nahzusatzes. Jedoch wird dieser in der Regel so verordnet, dass ein Teil der noch verbliebenen Akkommodationsfähigkeit des Auges zur Abbildung genutzt wird (Abb. 4.11 IVb). 4 Abb. 4.11 Optisches Prinzip der Korrektion einer Fehlsichtigkeit. Es sind verschiedene unkorrigierte (a) und korrigierte (b) Fehlsichtigkeiten paarweise dargestellt. Ia Myopie. Die von einem unendlich entfernten Achsenobjekt ausgehenden Strahlen schneiden sich im Augenbrennpunkt F’A vor der Netzhaut. Der Fernpunkt R liegt vor dem Auge. Ib Der bildseitige Brennpunkt F’A des negativen Brillenglases F’B fällt mit dem Augenfernpunkt R zusammen. Damit liegt der Systembrennpunkt Auge–Brillenglas F’A+B auf der Netzhaut. Der bildseitige Scheitel S des Brillenglases befindet sich im Abstand HSA (Hornhautscheitelabstand; auch: e oder d) vor dem Hornhautscheitel HS des Auges. IIa Hyperopie. Die von einem unendlich entfernten Achsenobjekt ausgehenden Strahlen schneiden sich im Augenbrennpunkt F’A hinter der Netzhaut. Der Fernpunkt R liegt hinter dem Auge. IIb Der bildseitige Brennpunkt des positiven Brillenglases F’B fällt mit dem Augenfernpunkt R zusammen. Damit liegt der Systembrennpunkt Auge–Brillenglas F’A+B auf der Netzhaut. IIIa Astigmatismus (hier: Astigmatismus myopicus compositus rectus). Der senkrechte Hauptschnitt hat eine stärkere Brechkraft als der waagerechte. Bei der Abbil- dung eines unendlich entfernten Achsenobjektes entstehen 2 zueinander senkrechte Bildlinien vor der Netzhaut. Beide Brennpunkte F’AI und F’AII liegen vor der Netzhaut, beide Fernpunkte RI und RII vor dem Auge. IIIb Korrektion des Astigmatismus mit einem astigmatischen Brillenglas. Die bildseitigen Brennpunkte des Brillenglases F’BI und F’BII fallen mit den Fernpunkten des Auges RI und RII zusammen. Damit liegen die Systembrennpunkte beider Hauptschnitte F’(AI+BI) und F’(AII+BII) auf der Netzhaut. IVa Presbyopie im emmetropen Auge. Das Objekt O liegt näher am Auge als der Nahpunkt P. O befindet sich damit außerhalb des Akkommodationsgebietes. Damit ist die Brechkraft des Auges selbst bei maximaler Akkommodation zu schwach, um ein scharfes Bild auf der Netzhaut zu erzeugen. IVb Ein positives Brillenglas bildet das Nahobjekt O in das Akkommodationsgebiet ab. Das vom Brillenglas erzeugte Bild O’ kann jetzt bei entsprechender Akkommodation scharf auf die Netzhaut abgebildet werden (= O’’ A+B). R: Fernpunkt, aR: Fernpunktabstand, P: Nahpunkt, aP: Nahpunktabstand, HSA: Hornhautscheitelabstand, s’F’: bildseitige Scheitelbrennweite, H: Hauptebene, : objektseitiger Brillenglasbrennpunkt, F’: bildseitiger Brillenbrennpunkt, O: Objekt, O’ bzw. O’’: Bild. ► Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 80 4 Abb. 4.11 (Legende gegenüber) Refraktion Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Hintergrund 81 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Durchführung Refraktion Anamnese zur Sehhilfe 4 Aus der Anamnese (Kap. 2) ergibt sich der Bedarf für eine Sehhilfe oder für eine Änderung der bisherigen Korrektion. Verschiedene Symptome deuten auf die Art einer Ametropie sowie auf die mögliche Vorgehensweise bei der subjektiven Refraktionsbestimmung hin. So können Probleme beim Sehen in der Ferne (Schultafel, Autofahren u. ä.) von einer Myopie verursacht worden sein. Probleme in der Nähe zeigen je nach Alter eine un- oder unterkorrigierte Hyperopie oder eine Presbyopie auf. Verschwommenes Sehen in Ferne und Nähe kann auf einen Astigmatismus hinweisen. Ferner gibt es verschiedene Symptome, die bei Vorliegen von Störungen des Binokularsehens (Kap. 6) und bei Störungen der Akkommodation (Kap. 5) charakteristisch sind. Ametropien gehen meist mit einer langsamen Verschlechterung der Sehleistung in beiden Augen einher. Eine kurzfristige oder eine einseitige Verschlechterung lässt eine krankhafte Ursache wahrscheinlicher werden. Deshalb sollte in jedem Falle erfragt werden, seit wann die Probleme bestehen und ob sie nur in einem oder in beiden Augen vorliegen. Auch das aus vorangegangenen Untersuchungen oder aus der Familiengeschichte bezogene Wissen über das Fortschreiten einer Ametropie gibt Hinweise für eine mögliche Veränderung. Während der Anamnese sollte auch geklärt werden, welche Beschwerden mit der bisherigen Sehhilfe vorliegen und welchem Zweck die neue Sehhilfe dienen soll. Die hier gesammelte Information entscheidet nicht nur über die Anpassung der Refraktionswerte an spezielle Wünsche und Erfordernisse, sondern auch über den zu verwendenden Typ der Sehhilfe. Bestimmung des freien Visus (VSC) und des Visus mit der bisherigen Korrektion (VCC) Die zentrale Sehschärfe (Visus) liefert neben der peripheren Kontrastempfindlichkeit (Kap. 3.3) ein wichtiges Maß für die Funktionstüchtigkeit des Auges. Zudem verringern Fehlsichtigkeiten die Sehschärfe in charakteristischer Weise, sodass sich diese als Kontrollkriterium für die Refraktionsbestimmung eignet. Vor der Refraktionsbestimmung sollte daher die Bestimmung zumindest des monokularen Visus ohne Korrektion (VSC) und des monokularen Visus mit der bisherigen Korrektion erfolgen. Nach der subjektiven Refraktionsbestimmung sollte in jedem Falle der monokulare und binokulare Visus mit Korrektion (VCC) bestimmt und dokumentiert werden. Im gesunden Auge gibt der VSC Hinweise auf die Stärke der Korrektionsgläser. Der Vergleich des VCC nach der subjektiven Refraktion mit dem VCC der bisherigen Sehhilfe zeigt an, ob eine Neuverordnung tatsächlich einen visuellen Nutzen bringt. Der Vergleich des nach der subjektiven Refraktionsbestimmung ermittelten VCC mit dem bei vorangegangenen Sitzungen dokumentierten VCC gibt dagegen wertvolle Hinweise auf den Gesundheitszustand des Auges und tendenzielle Entwicklungen. Als Richtmaß für die Interpretation des VSC gilt, dass der Visus pro 0,50 dpt sphärische Fehlsichtigkeit um etwa die Hälfte im Vergleich zu seinem Ausgangswert sinkt. Erreicht ein Auge mit einer Myopie von 0,50 dpt einen VCC von 1,2, so wird der VSC etwa 0,6 betragen. Hätte dasselbe Auge eine Myopie von 1,0, so würde der VSC etwa nur 0,3 betragen. Der jüngere hyperope Patient kann seine Fehlsichtigkeit jedoch ganz oder teilweise durch Akkommodation kompensieren, weshalb diese Regel bestenfalls für den älteren (akkommodationslosen) hyperopen Patienten anwendbar ist. Astigmatische Fehlsichtigkeit reduziert die Qualität des Netzhautbildes etwa nur halb so stark wie eine sphärische Fehlsichtigkeit. Ein Astigmatismus von ± 1,00 dpt reduziert den Visus demnach etwa um die Hälfte seines Ausgangswertes. Die Regel setzt jedoch voraus, dass der Kreis der kleinsten Verwirrung bereits auf der Netzhaut liegt oder durch die Bestimmung des besten sphärischen Glases dorthin verlegt wurde. Durch die von der Pupillengröße und von der Leuchtdichte abhängige Tiefenschärfe sowie durch neuronale Anpassungsvorgänge kann die tatsächliche Sehschärfe von den Schätzwerten jedoch nach oben abweichen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 82 Durchführung Wegen des einprägsamen, runden Wertes wird der Visus 1,0 oft als ideale Sehschärfe angesehen. Besonders jüngere Augen erreichen durchschnittlich jedoch wesentlich höhere Werte, weshalb die (monokulare) Refraktionsbestimmung auf den Maximalvisus und nicht auf einen Visus von 1,0 abzielen sollte. Zur Bestimmung des Fernvisus werden beleuchtete, durchleuchtete oder projizierte Optotypen verwendet, wobei die Vergleichbarkeit und die Reproduzierbarkeit der Messwerte von vielen Faktoren beeinflusst wird (Kap. 3.1 sowie DIN 58220, EN ISO). Der Nahvisus wird mit Nahprüfgeräten oder mit Sehprobentafeln gemessen, die meist auf einen Leseabstand von 40 cm ausgelegt sind. Im Gegensatz zu den Optotypentafeln für die Ferne zeigen diese häufig zusammenhängenden Text in verschiedenen Größen. Weil das Lesen eine komplexere Anforderung an das visuelle System darstellt, können die so gemessenen Visuswerte jedoch nicht unmittelbar mit dem Fernvisus verglichen werden (Kap. 3.1). Gründe für den subjektiven Feinabgleich Für den subjektiven Abgleich nach der objektiven Refraktion sprechen eine Reihe von Gründen: So können die objektiv bestimmten Werte mit kleinen Messfehlern behaftet sein. Vor allem bei der Refraktometrie im jüngeren Auge ist die Akkommodation oft nicht vollständig auszuschließen. Auch die selbst im gesunden Auge zu findenden optischen Aberrationen (höherer Ordnung), die einer feinen Variation der Brechwerte über der gesamten Pupille entsprechen (Abb. 4.12), können das Ergebnis der objektiven Refraktionsbestimmung je nach Messverfahren negativ beeinflussen. Erst der monokulare Feinabgleich kann diese feinen Brechwertdifferenzen „ausbalancieren“, sodass ein scharfes Bild empfunden wird. Der binokular durchzuführende Feinabgleich dient nicht nur der Herstellung des Refraktionsgleichgewichtes, sondern auch der Beachtung etwaiger Sehgewohnheiten (z. B. bevorzugen myope Patienten häufig eine leichte Unterkorrektion). Auch prismatisch un- oder unterkorrigierte Heterophorien können eine binokulare Änderung der Glasstärke erforderlich machen (Kap. 6). Objektive Refraktion Wichtigste Voraussetzung für eine rationelle und sichere subjektive Refraktionsbestimmung ist die objektive Refraktionsbestimmung mittels Skiaskopie (Kap. 4.1) oder mittels automatischer Refraktometrie. Einen Anhaltspunkt liefern auch die Werte der derzeit getragenen Brille, die vor Beginn der Untersuchung ermittelt werden sollten. Objektive Refraktionswerte müssen sowohl monokular als auch binokular subjektiv abgeglichen werden (s. u.). In Fällen von schlechter verbaler Verständigung oder bei schwierig zu interpretierenden Angaben des Patienten müssen die objektiv Zentrieren der Messbrille oder des Phoropters Messen und Einstellen des Mittenabstandes (MA) Vor Beginn der Augenglasbestimmung muss der Phoropter bzw. die Messbrille justiert werden. Exakt eingestellt sind beide Instrumente, wenn die Sehachsen beider Augen durch die optischen Mitten der vorgeschalteten Messgläser verlaufen und der Hornhautscheitelabstand (HSA) dem vom Hersteller der Messeinrichtung vorgegebenen Wert entspricht. Refraktion freie Visus einen Richtwert für die Höhe der Fehlsichtigkeit. Der freie Visus VSC entspricht etwa der Hälfte seines Maximalwertes, wenn die sphärische Fehlsichtigkeit –0,50 dpt oder wenn die astigmatische Fehlsichtigkeit ± 1,00 dpt beträgt. ermittelten Werte jedoch notgedrungen verordnet werden. Unter Umständen kann das auch bei sehschwachen Augen erforderlich sein, weil die Ergebnisse einer subjektiven Befragung hier wegen der geringen Sehschärfe oft mit einem größeren Fehler behaftet sind als die objektiv gemessenen Werte. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ! Unter bestimmten Voraussetzungen liefert der 83 4 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Abb. 4.12 Aberration Map für ein gesundes Auge (Zywave-Aberrometer, Bausch & Lomb). Im Original ist die Wellenfrontaberration (= Abweichungen der vermessenen Wellenfront von einer Idealwelle in µm; siehe Skala rechts im Bild) über dem Bereich der Pupille farblich kodiert. In der Abbildung links sind die Orte gleicher Prismatische Nebenwirkung bei Dezentration der Messgläser Bei einem dezentrierten Blick durch eine Sammel- oder Zerstreuungslinse wird eine (meist ungewollte) prismatische Wirkung induziert, welche die Fusion bei der binokularen Messung beeinflussen und den prismatischen Messwert verfälschen kann. Die durch Dezentration um die Strecke d induzierte prismatische Wirkung P lässt sich mit der sog. Prentice-Gleichung für einen gegebenen Brechwert D näherungsweise berechnen: P=d×D Formel 1 (Prentice-Gleichung). P entspricht dem induzierten Prisma in pdpt; d der Dezentration in mm und D der Brechkraft des Brillenglases in dpt. Wellenfrontaberration zur besseren Anschauung zusätzlich mit refraktiven Werten hinterlegt (Simulation). Die Korrektion für ein solches Auge ist dann optimal, wenn die Summe aller (quadrierten) refraktiven Werte eine kleinstmögliche Abweichung von Null ergibt (vereinfachte Modellvorstellung). Die Basis des induzierten Prismas zeigt vom Durchblickpunkt aus in Richtung zunehmender Glasdicke. Eine einfache Methode zur exakten Zentrierung der Messbrille ist die Verwendung von Fadenkreuzen, die in den meisten Messgläserkästen vorhanden sind. Dabei sitzt der Untersucher dem Patienten in Armlängenabstand frontal gegenüber und bittet diesen, zunächst in das geöffnete rechte Auge des Untersuchers zu blicken (das linke Auge wird geschlossen). Weil die Sehachsen des linken Patienten- und des rechten Untersuchersucherauges somit übereinstimmen, kann das Fadenkreuz nun meist nahezu parallaxenfrei zur Pupillenmitte des linken Patientenauges zentriert werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion 84 Durchführung Wegen des Hornhautscheitelabstandes (HSA) (s. Abb. 4.11 Ib) muss sich die Brennweite eines Mess- oder Brillenglases vom Fernpunktabstand des Auges unterscheiden, wenn bildseitiger Brennpunkt des Glases und Fernpunkt des Auges zusammen fallen sollen (S. 79f). Ebenso müssen sich die Scheitelbrechwerte von Mess- und Korrektionsgläsern unterscheiden, wenn diese in unterschiedlichem HSA angeordnet sind. Für die Umrechnung muss die Differenz des HSA (in Metern) zunächst zur Scheitelbrennweite (in Metern) addiert werden. Der Kehrwert des Ergebnisses ergibt den neuen Scheitelbrechwert: Formel 2. Umrechnung des Scheitelbrechwertes bei Änderung des HSA. ΔHSA wird mit negativem Vorzeichen eingesetzt, wenn der HSA kleiner wird. Bei der Messbrille lässt sich der Hornhautscheitelabstand an Skalen, die seitlich in der Nähe der Brillenbügel angebracht sind, durch einen Blick von der Seite ablesen. Bei Phoroptern kann der Hornhautscheitel des Patienten durch ein Umlenkprisma beobachtet werden. Mithilfe einer Stellschraube für die Stirnstütze wird der Kopf des Patienten so justiert, dass der Hornhautscheitel einer vom Hersteller vorgegebenen Position entspricht (HSA zwischen 12 und 18 mm). Messbrille oder Phoropter Für jeden Praktiker erhebt sich die Frage, ob besser eine Messbrille oder ein Phoropter zur Refraktionsbestimmung verwendet werden sollte. Während ein Phoropter einen besonders schnellen Glaswechsel erlaubt, kann die Reaktion auf einen Glaswechsel hinter einer Messbrille besser beobachtet werden. In der Tab. 4.1 sind die wesentlichsten Vorteile beider Instrumente aufgeführt. Zwei Beispiele sollen die Wichtigkeit der Voreinstellung des richtigen HSA am Phoropter bzw. die Messung des HSA an der Messbrille verdeutlichen: Beispiel 1. HSA von Messglas und Brillenglas sind unterschiedlich (torische Verordnung). Das Ergebnis der mit einer Messbrille bei einem HSA = 14 mm bestimmten subjektiven Refraktion lautet: sph –8,00 cyl –3,00 A180°. Der HSA für die Korrektionsbrille beträgt jedoch nur 10 mm. Hier müssen die Scheitelbrechwerte der einzuschleifenden Brillengläser hauptschnittweise umgerechnet werden: Das Brillenglas muss daher einen Scheitelbrechwert von sph –7,75 cyl –2,75 A180° aufweisen. Beispiel 2. Die mit einem Phoropter in einem HSA von 12 mm bestimmte Ametropie von + 9,00 soll mit einer Kontaktlinse korrigiert werden: Refraktion Berücksichtigung des Hornhautscheitelabstandes (HSA) Fallbeispiel: Berücksichtigung des HSA 4 Bestimmung der sphärischen Komponente (bestes sphärisches Glas) Die subjektive Refraktionsbestimmung beginnt immer mit der monokularen Bestimmung des sphärischen Vollkorrektionsglases (sphärische Fehlsichtigkeit) oder des besten sphärischen Glases (astigmatische Fehlsichtigkeit). Für beide ist die Vorgehensweise gleich. Das Vollkorrektionsglas ist das Glas, dessen Brennpunkt mit dem Fernpunkt des sphärisch fehlsichtigen Auges zusammenfällt. Es muss gegebenenfalls in der anschließenden binokularen Refraktionsbestimmung modifiziert werden. Das beste sphärische Glas ist das Glas, das (im Idealfalle) den Kreis der kleinsten Verwirrung eines astigmatischen Auges (S. 79) auf die Netzhaut verlegt. Es dient als Ausgangspunkt für die weitere Vorgehensweise bei der Refraktionsbestimmung astigmatischer Augen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ebenso wird anschließend mit dem anderen Auge verfahren. Bei konstanter Kopfhaltung blickt der Patient dabei stets mit beiden Augen auf das gerade geöffnete Auge des Untersuchers. 85 86 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Tabelle 4.1 Wesentliche Vorteile von Phoropter und Messbrille im Überblick Phoropter Messbrille schneller Glaswechsel Reaktion des Patienten beim Glaswechsel besser beobachtbar schnelle und sichere Handhabung des Kreuzzylinders bei der Astigmatismusbestimmung Brille besser an die Anatomie des Kopfes anpassbar. Justierung bleibt bei Kopfbewegungen erhalten kein Gewichtsdruck auf Nase und Ohren Abdeck- und Aufdecktest bei Verwendung von Messgläsern mit großer Öffnung (Metallrand) durch die Messbrille durchführbar kein Verschmieren der Messgläser Nachmessen der Glaskombination mit Scheitelbrechwertmesser möglich 4 stufenloser Abgleich der prismatischen Wirkung mobil einsetzbar (z. B. bei Hausbesuchen oder für ein Probetragen der Verordnung) computergestützte Steuerung und/oder Messwerterfassung möglich (je nach Modell) Vorsetzen von Messgläsern und Kreuzzylinder in größeren Schritten möglich (wichtig bei hohen Ametropien oder bei geringer Sehleistung) ! Ziel der monokularen subjektiven Refraktionsbestimmung ist das stärkste Plusglas, das den Visus gerade nicht mindert, oder das schwächste Minusglas, dessen Verstärkung den Visus nicht mehr ansteigen lässt. Man unterscheidet zwischen der Donders-Methode und der Nebelmethode: l Die Donders-Methode verlangt eine visusabhängige, allmähliche Erhöhung der sphärischen Messgläser (s. Tab. 4.2) solange, bis das stärkste Plusglas oder das schwächste Minusglas für bestmögliches Sehen gefunden ist. Wegen der Vorgehensweise in kleinen Schritten (± 0,50 oder gar ± 0,25 dpt) ist die Methode zeitaufwendig. Gerade deswegen wird ihr aber nachgesagt, dass sie bei jungen hyperopen Patienten eine gute, weil allmähliche Entspannung der Akkommodation zur Folge hat. l Die Nebelmethode beginnt immer mit der Myopie, die im Falle einer Hyperopie durch Vorschalten eines überkorrigierenden Plusglases künstlich erzeugt werden muss („Nebeln“). Sie setzt sich fort mit der schrittweisen Erhöhung der negativen Wirkung bzw. der schrittweisen Verringerung der positiven Wirkung des Messglases („Entnebeln“) solange, bis sich keine Visusverbesserung mehr einstellt. Durch die Nebelung soll die Akkommodation von Beginn an ausgeschaltet werden. Nach dem Einsetzen der bisherigen Korrektion oder besser dem Ergebnis der objektiven Refraktion beginnt die Prüfung gewöhnlich mit dem Vorsetzen eines positiven sphärischen Messglases. Die Höhe dieses sowie aller weiteren sphärischen Messgläser richtet sich nach dem augenblicklichen Visus. So ist es wenig sinnvoll, bei einer Sehschärfe von 0,1 mit sphärischen Gläsern von ± 0,25 dpt zu arbeiten oder bei einem Visus von 1,0 mit ± 3,00 dpt. Anhaltspunkte für die zu wählende Gläserstärke bietet die Stufungstabelle (s. Tab. 4.2). Stufung der Vorschaltgläser (s. a. Tab. 4.2) Es gibt eine Reihe von Einflussfaktoren auf den Visus, die ein Abweichen von den Richtwerten in Tab. 4.2 erforderlich machen. So bietet die Tabelle keine Hilfe für Hyperopie im vorpresbyopen Alter. Bei sehr engen Pupillen kann die Tiefenschärfe so hoch sein, dass trotz eines hohen erreichten Visus eine recht grobe Stufung gewählt werden muss, um überhaupt eine spürbare Veränderung zu erzeugen. Im Gegenzug ist bei manchen pathologisch bedingten Visusminderungen eine feine Abstufung auch dann spürbar, wenn der Ausgangsvisus niedrig ist. Auch bei erheblichen Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion kein Einsortieren der benutzten Messgläser notwendig spezielle Messbrillen für Kinder verfügbar Durchführung brille sollte zuerst das neue Glas eingesetzt und dann erst das alte Glas herausgenommen werden, um Akkommodation zu vermeiden. In einem akkommodationsfähigen Auge kann der Seheindruck mit einem vorgeschalteten Plusglas nur schlechter (Nebelung) oder gleich (Entspannung der Akkommodation) sein. Die Fragestellung beim Einsetzen der ersten positiven Sphäre sollte daher lauten: „Sehen Sie mit dem folgenden Glas schlechter oder bleibt es gleich?“. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, immer zwischen 2 Seheindrücken vergleichen zu lassen. Das geschieht, indem man ein positives Messglas vorhält und wieder wegnimmt. „Vergleichen Sie bitte Bild 1 (Glas vorgehalten) mit Bild 2 (Glas wegnehmen)!“ Diese beinahe universelle Fragestellung kann auch für den sphärischen Feinabgleich sowie für die Astigmatismuskorrektion mit dem Kreuzzylinder verwendet werden. Eine Befragung ist auch möglich, indem man ein Plus- und ein Minusglas im Wechsel vorhält (z. B. mit Wendevorhalter) und fragt: „Vergleichen Sie bitte Bild 1 (erstes Glas vorhalten) mit Bild 2 (Vorhalter wenden)!“ Das weitere Vorgehen richtet sich nach dem Visus mit dem ersten Plusglas: Lässt sich keine eindeutige Visusverschlechterung feststellen, muss das Glas nach der Donders-Methode in die Korrektion übernommen und mit dem Vorschalten von Tabelle 4.2 Stufung der sphärischen und zylindrischen Vorschaltgläser in Abhängigkeit vom Visus Visus Sphäre (dpt) (Astigmatismus liegt nicht vor) Zylinder (dpt) (nach Korrektion mit dem BSG) Visus > 1,0 0,25 0,50 1,0 > Visus > 0,5 0,25–0,50 0,50–1,00 0,5 > Visus > 0,3 0,50–1,00 1,00–2,00 0,3 > Visus > 0,1 1,00–2,00 2,00–3,00 Visus ≤ 0,1 > 2,00 > 3,00 ! Bei einer latenten Hyperopie dauert es u. U. eine Weile, bis die kompensierende Akkommodation nachlässt. Im Zweifelsfalle sollte das letzte Plusglas für einige Zeit in der Messbrille verbleiben und eine weitere Verstärkung der positiven Wirkung versucht werden. Nach der Nebelmethode erhöht man die positive Wirkung zunächst in groben Schritten, bis der Visus des Patienten im Vergleich zum Ausgangswert eindeutig abfällt. Man erhält somit ein Nebelglas, das nun in einer feineren Stufung (z. B. 0,25 dpt) allmählich reduziert wird (= „Entnebeln“). Die Entnebelung ist beendet, wenn sich keine Visusverbesserung mehr einstellt. Die letzte Erhöhung der negativen Wirkung hat dann bereits eine künstliche Hyperopie erzeugt und wird nicht gegeben. Eine Erhöhung der negativen Wirkung ist sowohl bei der Donders- als auch bei der Nebelmethode geboten, wenn das Vorsetzen des ersten Plusglases (s. o.) eine Visusverschlechterung ergab. Bei der schrittweisen Erhöhung der negativen Wirkung ist zu beachten, dass der Visus im akkommodationsfähigen Auge nur besser werden oder gleich bleiben kann, weshalb die Fragestellung lauten muss: „Wird es mit diesem Glas besser oder bleibt es gleich?“. Alternativ kann auch hier die universelle Frage gestellt werden: „Vergleichen Sie bitte Bild 1 (Glas vorgehalten) mit Bild 2 (Glas weggenommen)!“ ! Um eine Überkorrektion zu vermeiden, darf ein Minusglas nur dann in die Verordnung übernommen werden, wenn sich damit eine eindeutige Visusverbesserung erzielen lässt. Pro –0,25 dpt bis –0,50 dpt sollte der Visus um etwa eine Zeile steigen. Der erfahrene Untersucher wird die negative Wirkung allerdings gelegentlich auch dann erhöhen, wenn sich mit dem Glas „nur“ eine spürbare Kontrast- und/oder Schwärzeverbes- Refraktion ! Beim Wechsel positiver Messgläser in der Mess- weiteren Plusgläsern fortgefahren werden. Die schrittweise Erhöhung der positiven Wirkung wird erst beendet, wenn der Visus eindeutig sinkt. Die letzte Erhöhung der positiven Wirkung hat dann bereits eine künstliche Myopie erzeugt und wird nicht gegeben. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ametropien (z. B. Aphakie, hohe Myopie) nützt geübtes Beobachten, eine gute Anamnese und einen beherzter Griff in den Gläserkasten oft mehr als die Tabelle. 87 88 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung 4 serung erzielen lässt, weil auch diese Kriterien für eine Verbesserung der Netzhautbildqualität sprechen. Eine Überprüfung kann durch nochmaliges Vorschalten von sphärischen Messgläsern erfolgen (S. 97ff). Dabei gilt die Regel, dass ein zusätzliches Glas + 0,50 (auch: + 0,25) eine eindeutige Visusverschlechterung ergeben muss, ein zusätzliches –0,25 dpt dagegen keine weitere Visusverbesserung ergeben darf. Das endgültige Ergebnis liefert allerdings die binokulare subjektive Refraktion (S.100) und der binokular durchzuführende Feinabgleich (S.100ff) (Abb. 4.13). ! Weil sich die HSA-Skale bei den meisten Messbrillen (z. b. Oculus) auf die vordere der beiden hinteren Glasaufnahmen bezieht, sollte das sphärische Glas auch dort eingesetzt werden. Die vorderen Glasaufnahmen stehen dann für die anschließend einzusetzenden astigmatischen und ggf. prismatischen Messgläser zur Verfügung. Bestimmung der astigmatischen Komponente (Zylinder) Ausgangspunkt ist das subjektiv bestimmte beste sphärische Glas (BSG) oder ein mit den objektiv gefundenen Werten korrigiertes Auge. Für das Auffinden und die Korrektion von mittleren und kleineren Astigmatismen eignet sich die Kreuzzylindermethode. Für das Auffinden und die Korrektion von höheren Astigmatismen eignet sich auch das weniger gebräuchliche Zylindernebelverfahren. Einen Richtwert für die Höhe des Zylinders bieten das Ergebnis der objektiven Refraktionsbestimmung sowie der VCC mit dem besten sphärischen Glas (s. a. Tab. 4.2). Eine Überprüfung des Astigmatismus sollte auch dann erfolgen, wenn der Visus mit dem BSG größer als 1,0 ist. Es kann entweder mit Plus- oder Minusplanzylindergläsern gearbeitet werden. Weil Phoropter mit Minuszylindern arbeiten, beziehen sich die folgenden Abschnitte immer auf die Verwendung von Minuszylindern. Wenn Minus durch Plus und umgekehrt ersetzt und wenn die Gradangaben für Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion Abb. 4.13 Flussdiagramm zur subjektiven Bestimmung der sphärischen Refraktionswerte. Im Ergebnis liegt Emmetropie oder ein symmetrischer Astigmatismus mixtus vor. Durchführung 89 Achsenlagen um 90° verändert werden, gilt alles analog für die Verwendung von Pluszylindern. Kreuzzylindermethode Kreuzzylinder Abb. 4.14 Kreuzzylinder. Er wirkt wie ein Planminuszylinder mit einem senkrecht dazu angeordneten Planpluszylinder gleicher Brechkraft. Refraktionsbestimmung ist, immer nur den kleinen KRZ zu verwenden und damit beim Achsenoder Wirkungsabgleich häufig einen zu geringen und damit nicht interpretierbaren Visusunterschied zu erzeugen. Bei einer unsicheren Antwort sollte man deshalb zusätzlich den großen KRZ verwenden. Man kann sich sogar einen „ganz großen“ KRZ bauen, indem man den kleinen und den großen KRZ Achse auf Achse übereinander vor das Auge hält. Es entsteht somit ein Glas der Wirkung sph + 0,75 cyl –1,50. Damit stehen die Zylinderabstufungen 0,50 (kleiner KRZ), 1,00 (großer KRZ) und 1,50 (ganz großer KRZ) zur Verfügung. Prinzip der Astigmatismuskorrektion mit dem Kreuzzylinderverfahren Abb. 4.15 zeigt das Prinzip der Astigmatismuskorrektion mit dem Kreuzzylinderverfahren. Der KRZ dient dabei der Überprüfung, ob und in welcher Richtung ein Planzylinderglas vorgesetzt oder verstärkt werden muss. Ausgangspunkt ist das beste sphärische Glas für das akkommodationslose Auge (S. 85ff und Abb. 4.15), bei dem beide Bildlinien im gleichen dioptrischen Abstand zur Netzhaut liegen. Durch Vorsetzen von Planzylindergläsern ansteigender Wirkung und eine gleichzeitig Änderung der Sphäre wird die Wirkungsdifferenz zwischen den Hauptschnitten schrittweise abgebaut (Abb. 4.15c–f), bis beide Bildlinien auf der Netzhaut zur Deckung kommen (Abb. 4.15f). Mit der Verringerung der Wirkungsdifferenz geht ein allmählicher Refraktion ! Ein häufig gemachter Fehler bei der subjektiven 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Der Kreuzzylinder (KRZ) besteht aus einem eingefassten Glas sph + 0,25 cyl –0,50 („kleiner“ KRZ) oder einem Glas sph + 0,50 cyl –1,00 („großer“ KRZ). Der Name rührt daher, dass ein Plusplanzylinderglas (sph 0,00 cyl + 0,25 bzw. sph 0,00 cyl + 0,50) und ein Minusplanzylinderglas (sph 0,00 cyl –0,25 bzw. sph 0,00 cyl –0,50) mit ihren Zylinderachsen „gekreuzt“ übereinander gelegt werden können, um eine solche Wirkung zu erzeugen. Gegenüber einem Planzylinder (z. B. zylindrisches Glas aus dem Messgläserkasten) hat der Kreuzzylinder den entscheidenden Vorteil, dass er in der richtigen Achslage (Achse des Augenzylinders, Achse des Korrektionszylinders und Achse des Kreuzzylinders stimmen überein) immer beide Bildlinien um den gleichen (dioptrischen) Betrag aufeinander zu oder voneinander weg bewegt. Damit bleibt die Position des Kreises kleinster Verwirrung relativ zur Netzhaut gleich und somit die sphärische Komponente der Korrektion unverändert. Am Rand der eingefassten Linse sind 2 gegenüber liegende Markierungen („–“) für den Verlauf der Minuszylinderachse und 2 gegenüber liegende Markierungen („+“) für den Verlauf der Pluszylinderachse angebracht. Der Stiel des handgehaltenen Kreuzzylinders ist immer genau zwischen der Minus- und der Pluszylinderachse angeordnet (Abb. 4.14). Indem man den Stiel zwischen Daumen und Zeigefinger dreht, können so die Achslagen von Plus- und Minuszylinder gegeneinander vertauscht („gewendet“) werden. Eine spezielle Mechanik ersetzt den Stiel am Kreuzzylinder des Phoropters. Genau wie die sphärische Abstufung (Tab. 4.2) ist die Stärke („Größe“) des zu wählenden Kreuzzylinders von der momentanen Sehleistung abhängig: Bei einem guten Visus mit dem BSG genügt der kleine KRZ, bei einen weniger guten Visus (< ca. 0,50) sollte dagegen der große KRZ verwendet werden. 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Visusanstieg einher, ausgehend vom Visus mit dem besten sphärischen Glas. Betrag und Richtung des einzusetzenden/zu erhöhenden Planzylinders ergeben sich aus der subjektiven Befragung mit dem Kreuzzylinder; der Betrag der einzusetzenden bzw. zu ändernden Sphäre ergibt sich aus folgender Regel: ! Nach jeder Änderung des Zylinderglases muss Refraktion die sphärische Komponente um die Hälfte des eingesetzten Zylinders, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen geändert werden. 4 Aufgrund der Stufung der Messgläser im Phoropter oder im Gläserkasten ergeben sich jedoch folgende Abweichungen von dieser Regel: Wird ein Zylinderglas von cyl ± 0,25 dpt vorgeschaltet, bleibt die Sphäre unverändert. Wird ein Zylinderglas von cyl ± 0,75 dpt, ± 1,25 dpt, ± 1,75 dpt usw. vorgeschaltet, wird die Sphäre gewöhnlich um etwas weniger als die Hälfte des Zylinders (sph ± 0,25, ± 0,50, ± 0,75 dpt usw.) geändert. Eine zusätzliche Entscheidungshilfe liefert der monokulare Feinabgleich (S. 97ff). Fallbeispiel: Astigmatismuskorrektion mit dem Kreuzzylinderverfahren Beispiel 1. Für ein fehlsichtiges Auge wurde ein BSG von sph + 1,00 dpt ermittelt. In einem weiteren Korrektionsschritt wird ein Planzylinderglas der Wirkung cyl –1,00 dpt A180° vorgeschaltet. Die sphärische Komponente muss daher von sph + 1,00 dpt auf sph + 1,50 dpt erhöht werden. Beispiel 2. In der Messbrille befindet sich eine sphärozylindrische Kombination von sph –3,25 cyl –1,00 A90°. Während der Refraktionsbestimmung mit dem Kreuzzylinder wird festgestellt, dass der Zylinder um weitere cyl –0,75 dpt erhöht werden muss. Deshalb wird die Sphäre auf sph –3,00 dpt geändert. Es ergibt sich eine neue sphärozylindrische Kombination von sph –3,00 cyl –1,75 A90°. Vorgehensweise bei der Kreuzzylindermethode Die Vorgehensweise bei der Korrektion eines Astigmatismus mit dem Kreuzzylinder setzt sich aus 4 Schritten zusammen, die unten näher erläutert werden: 1. Prüfen auf Astigmatismus und ggf. Einsetzen eines vorläufigen Korrektionszylinders, 2. Abgleich der Zylinderachse, 3. Abgleich der Zylinderwirkung, 4. Feinabgleich. Liegt bereits ein objektives Messergebnis vor, entfällt der erste Schritt. Während der Prüfung mit dem KRZ sollte dem Patienten eine annähernd runde Optotype (z. B. C oder O oder 3 oder Landoltring, in manchen Projektoren auch spezielle Optotypen) zur Beurteilung dargeboten werden. Sie sollte 1–2 Visusstufen größer sein als der BSG-Visus. Man unterscheidet zwischen 2 Befragungsmethoden: l Bei der Befragung erster Art wird zwischen dem Seheindruck mit und dem Seheindruck ohne dem in einer bestimmten Richtung vorgehaltenem KRZ verglichen. l Bei der Befragung zweiter Art wird zwischen den in 2 verschiedenen Orientierungen (Wendelagen) des KRZ vorliegenden Seheindrücken verglichen. Prüfen auf Astigmatismus und ggf. Einsetzen eines vorläufigen Korrektionszylinders. Um ohne eine vorausgegangene objektive Refraktion festzustellen, ob überhaupt ein Astigmatismus vorliegt, kann sowohl die Befragung erster als auch die Befragung zweiter Art eingesetzt werden. Weil die meisten Astigmatismen einen Korrektionszylinder mit einer horizontalen Minuszylinderachse benötigen (Astigmatismus mit der Regel = Astigmatismus rectus), hält man zuerst einen KRZ mit der Minusachse in 180° vor, dann in 90° und anschließend in den beiden schrägen Lagen 45° und 135°. Wird ein hoher Astigmatismus vermutet, kann die Wirkung des vorläufigen Korrektionszylinders anhand des mit dem BSG ermittelten Visus geschätzt werden (s. Tab. 4.2). Bei kleineren Astigmatismen ergibt sich der vorläufige Korrektionszylinder aus der Zylinderwirkung des vorgeschalteten KRZ (S. 89). Bei der häufiger angewendeten Befragung zweiter Art fragt der Untersucher nach dem subjektiven Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 90 Refraktion 91 Abb. 4.15a–f Prinzip der Astigmatismuskorrektion mit dem Kreuzzylinderverfahren an einem Beispiel. a Ausgangssituation für einen Astigmatismus myopicus compositus rectus (z. B. AR = sph –3,00 cyl –1,50 A180°). b Situation nach Einsetzen des BSG (für das Beispiel ein sphärisches Glas –3,75). Beide Bildlinien sind jetzt um den gleichen dioptrischen Betrag (± 0,75 dpt) von der Netzhaut entfernt. Jetzt liegt ein Astigmatismus mixtus mit einem myopen und einem hyperopen Hauptschnitt vor. c Situation nach Einsetzen des ersten Zylinderglases (Z1) (z. B. sph 0,00 cyl –1,00 A180°). Damit wird die Wirkung des stärker brechenden Hauptschnittes (hier: des senkrechten HS) abgeschwächt. Im Beispiel hat sich die waagerechte Bildlinie der senkrechten angenähert. d Um den Zustand des besten Sehens ohne Akkommodation beizubehalten, muss zusätzlich zum Schritt c ein positives sphärisches Glas (Sph1) zum BSG addiert werden. Dieses entspricht dem halben Zylinder mit umge- kehrtem Vorzeichen (im Beispiel muss sph + 0,50 zum BSG von sph –3,75 addiert werden). e Situation nach Verstärkung des Zylinderglases Z1 um den Zylinder Z2. Die Wirkung des waagerechten Hauptschnittes wird noch weiter abgeschwächt. Im Beispiel liegen beide Bildlinien nach einer Verstärkung des Zylinders um weitere cyl –0,50 A180° (auf cyl –1,50 A180°) übereinander. f Situation nach Addition einer weiteren Sphäre (Sph2). Diese entspricht dem halben Betrag des Zylinders Z2 mit umgekehrtem Vorzeichen (im Beispiel weitere Sph + 0,25. BSG + Sph1 + Sph2 = –3,75 + 0,50 + 0,25 = –3,00). Damit liegen beide Bildlinien auf der Netzhaut (in Wirklichkeit wird nach der Korrektion des Astigmatismus (e und f) aus den Bildlinien ein Bildpunkt). Hinweis: Um selbst kurzzeitige Akkommodation während der Messung zu vermeiden, kann zuerst die positivere Sphäre (Schritt d bzw. f) und danach der höhere Minuszylinder (Schritt c bzw. e) eingesetzt werden. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Durchführung 4 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Abb. 4.16 Mögliche Ergebnisse für die Prüfung auf Astigmatismus mit dem Kreuzzylinder (Befragung zweiter Art). Zuerst wird ein Kreuzzylinder in den Wendelagen 180° und 90° und anschließend in den Wendelagen 45° und 135° vorgehalten. Der Seheindruck kann in keiner, in nur einer oder in 2 der 4 Wendelagen Unterschied zwischen „Bild 1“ (Wendelage 1, Minusachse in 180°) und „Bild 2“ (Wendelage 2, Minusachse in 90°), danach zwischen „Bild 3“ (Wendelage 3, Minusachse in 45°) und „Bild 4“ (Wendelage 4, Minusachse in 135°). Im Ergebnis kann keine der Wendelagen (kein Astigmatismus vorhanden), nur eine der Wendelagen (Korrektionszylinderachse etwa in Richtung der Wendelage) oder 2 Wendelagen (Korrektionszylinderachse zwischen den Wendelagen) als besser empfunden werden. Abb. 4.16 zeigt die möglichen Ergebnisse. ! Für ein effektives Vorgehen kann die Befragung zweiter Art mit der Befragung erster Art kombiniert werden. Wird beispielsweise eine der 4 Wendelagen bei der Befragung zweiter Art als besser empfunden, gibt die anschließende Befragung erster Art Auskunft über die Höhe des ersten einzusetzenden Korrektionszylinders (Abb. 4.17). besser werden. Die Achse des vorläufigen Korrektionszylinders muss deshalb entweder genau in einer oder zwischen 2 der 4 Wendelagen eingesetzt werden. Die Höhe des vorläufigen Korrektionszylinders richtet sich nach der Höhe des Visus mit dem BSG oder nach der Wirkung des vorgehaltenen Kreuzzylinders. Fallbeispiel: Prüfung auf Astigmatismus mit dem Kreuzzylinder Bei der Befragung zweiter Art wird die Wendelage mit der Minusachse in 90° als besser empfunden. Damit ist offensichtlich, dass es sich um ein astigmatisches Auge mit einer inversen Achslage handelt. Die Antwort auf die anschließende Befragung erster Art: „Ist jetzt Bild 1 (kleiner KRZ, Minusachse in 90° davor) oder Bild 2 (kleiner KRZ weg) besser oder sind beide gleich?“ sagt aus, ob ein Korrektionszylinder A90° in Höhe von cyl –0,50 (Bild 1 besser), cyl –0,25 (mit und ohne KRZ gleich) oder gar kein Korrektionszylinder (Bild 2 besser) eingesetzt werden soll. Der Seheindruck „ohne Glas am besten“ entsteht trotz eines offensichtlich vorhandenen Astigmatismus, wenn der tatsächlich benötigte Zylinder kleiner als die Hälfte des vorgehaltenen Kreuzzylinders ist (im Beispiel < 0,25 dpt). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion 92 Abb. 4.17a–d 4 Wendelagen des Kreuzzylinders an einem Auge mit einem Astigmatismus rectus. Die Strichlinien entsprechen den Hauptschnittlagen des Augenzylinders. Der gerade Pfeil symbolisiert die Befragung erster Art (B1), bei der der Kreuzzylinder vorgehalten und wieder weggenommen wird. Der gekrümmte Pfeil symbolisiert die Befragung zweiter Art (B2), bei der die Zylinderachsen des Kreuzzylinders durch Drehung am Stiel vertauscht werden. a und b sowie c und d ergeben jeweils ein Wendelagenpaar für eine bestimmte Stielposition. a Vorhalten des Kreuzzylinders mit der Minusachse in 180° reduziert den Astigmatismus. Bei der Befragung erster Art wird der Seheindruck besser. b Vorhalten des Kreuzzylinders mit der Plusachse in 180° erhöht den Astigmatismus. Bei der Befragung erster Art wird der Seheindruck schlechter. Bei der Befragung zweiter Art wird der Seheindruck im Vergleich zu a schlechter. c Vorhalten des Kreuzzylinders mit der Minusachse in 45° induziert einen neuen Astigmatismus (Augenzylinder und Kreuzylinder schief gekreuzt). Bei der Befragung erster Art wird der Seheindruck schlechter. d Vorhalten des Kreuzzylinders mit der Minusachse in 135° induziert einen neuen Astigmatismus. Bei der Befragung erster Art wird der Seheindruck schlechter. Weil der Achsenunterschied zwischen Augenzylinder und Kreuzzylinder genauso hoch ist wie bei c, sind die Seheindrücke zwischen c und d bei der Befragung zweiter Art gleich. Im Anschluss an das Einsetzen eines vorläufigen Korrektionsglases folgt der Achsenabgleich, bei dem eine Befragung zweiter Art durchgeführt wird (s. u.). Der Unterschied zwischen den beiden Wendelagen beim Achsenabgleich lässt sich aber nur dann gut bewerten, wenn bereits ein Großteil des Astigmatismus korrigiert ist. Gegebenfalls muss daher vor dem Achsenabgleich ein weiterer grober Wirkungsabgleich erfolgen. Abgleich der Zylinderachse. Bei schräg zur Achse des Augenastigmatismus eingesetztem Korrektionszylinder (sog. „schief gekreuzte Zylinder“) ergibt sich ein neuer Gesamtastigmatismus mit neuer Wirkung und Achslage. Deshalb ist die Justierung der Achslage bereits unmittelbar nach Einsetzen des vorläufigen Korrektionszylinders angezeigt. Durch einen mehrfachen Glaswechsel während der Messung können sich jedoch kleinere Messfehler addieren, sodass die Achsenlage des Korrektionszylinders zu einem späteren Zeitpunkt gelegentlich nachjustiert werden muss. Für den Achsenabgleich wird der KRZ mit dem Stiel stets parallel zur Achse des bereits eingesetzten Korrektionszylinders gehalten („Stiel auf Achse“) und eine Befragung zweiter Art durchgeführt. Die Achse wird nachjustiert, indem diese schrittweise in Richtung der als besser wahrge- ! Automatische Refraktometer zeigen manchmal einen geringen Astigmatismus an, der subjektiv jedoch nicht angenommen wird. Bevor dieser in die Messbrille oder in den Phoropter oder gar in eine Verordnung übernommen wird, sollte dessen Existenz daher mit dem Kreuzzylinder überprüft werden. Refraktion 93 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Durchführung 94 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung 4 nommenen Wendelage gedreht und die Befragung zweiter Art mit der neuen Achslage wiederholt wird. Dabei empfiehlt es sich, die Achse des Korrektionszylinders zunächst in größeren (z. B. 10°) und dann in immer kleiner werdenden Schritten (z. B. 5°, 2°, 1°) zu ändern. Nach jeder Achsänderung des Korrektionszylinders muss der KRZ vor der neuerlichen Befragung nachgeführt werden, sodass wieder die Situation „Stiel auf Achse“ besteht. Die Achse des Korrektionszylinders ist korrekt justiert, wenn die Seheindrücke in beiden Wendelagen als gleich empfunden werden (Abb. 4.18). Fallbeispiel: Abgleich der Zylinderachse Der erste eingesetzte Korrektionszylinder sitzt mit der Minusachse in 0°. Der KRZ wird mit dem Stiel waagerecht vor das Auge gehalten und eine Befragung zweiter Art in den Wendelagen durchgeführt (KRZ-Minusachse in 45° und 135°). Im Ergebnis wird die Wendelage mit der Minusachse in 45° als besser empfunden. Der Korrektionszylinder muss deshalb (z. B. um 10°) in Richtung 45° verdreht werden (z. B. von 0° auf 10°). Jetzt muss der Stiel des KRZ in 10° (oder in 190°) gehalten und die Befragung zweiter Art wiederholt werden usw. ! Beim Achsenabgleich erzeugt der KRZ aufgrund seiner schräg zum Korrektionszylinder angeordneten Achsen in beiden Wendelagen einen neuen „falschen“ Gesamtastigmatismus (schief gekreuzte Zylinder). Deshalb ist der Seheindruck in beiden Wendelagen schlechter als ohne davor gehaltenem KRZ. In der Fragestellung kann diese Tatsache Berücksichtigung finden, indem man fragt: „Ich möchte von Ihnen jetzt nur wissen, ob es einen Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Eindruck gibt. Beide Eindrücke werden dabei schlechter als ohne Glas sein.“ Abgleich der Zylinderwirkung (Abb. 4.19). Der Wirkungsabgleich erfolgt, indem der KRZ mit einer der beiden Achsen parallel zur Achse des eingesetzten Korrektionszylinders („Achse auf Achse“) gehalten und eine Befragung zweiter Art durchgeführt wird. ! Wird die Wendelage mit der Minusachse parallel zur Achse eines eingesetzten Minusplanzylinders als besser empfunden, muss die Minuszylinderwirkung erhöht werden. Wird die Wendelage mit der Plusachse parallel zur Achse eines eingesetzten Minusplanzylinders als besser empfunden, muss die Minuszylinderwirkung abgeschwächt werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion Abb. 4.18 Flussdiagramm zum Achsenfeinabgleich. Durchführung 95 Refraktion Es gilt der Grundsatz, dass die sphärische Komponente nach jeder Änderung des Zylinderglases um die Hälfte des eingesetzten Zylinders, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen, geändert werden muss (S. 90). Der Wirkungsabgleich ist beendet, wenn beide Wendelagen gleiche (gleich schlechte) Seheindrücke liefern. Diese Situation tritt ein, wenn der KRZ den Astigmatismus in beiden Wendelagen um den gleichen Betrag über- bzw. unterkorrigiert. Weil sich durch mehrfache Glaswechsel Fehler in der Achslage einschleichen können, empfiehlt sich ein abschließender Achsenabgleich (S. 93). ! Wegen der Eigenschaft des KRZ, die sphärische Komponente einer Korrektion nicht zu verändern, kann die ungefähre Wirkung des benötig- ten Zylinders noch vor einem zeitraubenden Glaswechsel abgeschätzt werden. Beim Wirkungsabgleich folgt der Befragung zweiter Art eine Befragung erster Art mit dem kleinen und bei Bedarf mit dem großen oder sogar mit dem „ganz großen“ KRZ (S. 89): Ist der Seheindruck mit dem vorgehaltenen KRZ besser als ohne, muss die Wirkung des Korrektionszylinders um mehr als die Hälfte der Wirkung des KRZ erhöht werden. Erzeugt der vorgehaltene KRZ keine Änderung des Seheindrucks, muss die Wirkung des Korrektionszylinders um genau die Hälfte der Wirkung des KRZ erhöht werden. Ergibt der vorgehaltene KRZ eine Verschlechterung, muss die Wirkung des Korrektionszylinders um weniger als die Hälfte der Wirkung des KRZ erhöht werden. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 4.19 Flussdiagramm zum Wirkungsabgleich. 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Fallbeispiel: Abgleich der Zylinderstärke Durch die Befragung zweiter Art während des Wirkungsabgleiches ist bekannt, dass ein bereits eingesetzter Korrektionszylinder von cyl –1,00 A180° noch verstärkt werden muss. Wird der große KRZ bei der anschließenden Befragung erster Art mit der Minusachse in 180° vorgehalten, ergibt sich eine Verbesserung. Wird der ganz große KRZ (großer und kleiner KRZ Achse auf Achse übereinander) mit der Minusachse in 180° vorgehalten und wieder weggenommen, bleibt der Seheindruck gleich. Ergebnis: Der Korrektionszylinder muss um –0,75 dpt erhöht werden. Refraktion Hinweise zum Kreuzzylinder am Phoropter 4 Vorgeschaltete Minuszylindergläser lassen sich durch ein Handrad auf eine beliebige Achsenlage einstellen. Der Achsen- und Wirkungsabgleich erfolgt durch Vorschalten eines (kleinen) KRZ, der wahlweise „Achse auf Achse“ oder „Stiel auf Achse“ vor dem Korrektionszylinder einrastet. Bei Änderungen der Korrektionsachse dreht sich der KRZ synchron mit, sodass sich das Nachführen des KRZ beim Achsenabgleich erübrigt. Feinabgleich. Beim Feinabgleich geht es um die Feinabstimmung zwischen der sphärischen und der zylindrischen Komponente sowie um eine letzte Kontrolle der Achslage. Beide sind in umso feineren Abstufungen möglich, je höher der Visus im Verlaufe der Refraktionsbestimmung geworden ist. Für den Feinabgleich der Zylinderwirkung wird der kleine KRZ, wie auf S. 94 beschrieben, „Achse auf Achse“ gehalten und gewendet (= Befragung zweiter Art). Die Verstärkung oder Abschwächung der Zylinderwirkung führt in den Wendelagen zu einer Änderung des Seheindruckes. Weil eine solch feine Abstufung aber nicht unbedingt eine Visusverbesserung ergibt, entscheidet die Zunahme der Schwärze, des Kontrastes oder einfach nur der bessere Seheindruck über einen weiteren Glaswechsel. Weil die Verstärkung oder Abschwächung der Zylinderwirkung um ± 0,25 eine nicht zu bewerkstelligende Änderung der Sphäre um ± 0,125 erfordert, muss die Sphäre zunächst belassen und später separat abgeglichen werden (S. 97ff) (Abb. 4.20). Beim Achsenfeinabgleich ist besonders bei höheren Zylindern größtmögliche Sorgfalt aufzuwenden, da der negative Einfluss einer falschen Zylinderachse auf die Qualität des Netzhautbildes mit zunehmender Zylinderwirkung steigt. Einen Anhaltswert liefert die Faustformel, dass der zu erwartende Restastigmatismus pro 3° Achsenfehler etwa 10% des Korrektionszylinders beträgt. Aus diesem Grunde sollte die Achsenlage bei höheren Korrektionszylindern auch nicht auf ± 5° gerundet, sondern bestmöglich an der Skale des Phoropters bzw. der Messbrille abgelesen werden. Weil die tatsächlichen Achslagen der Messgläser im Vergleich zu ihrer Markierung auf dem Fassungsrand einer gewissen Toleranz unterliegen, sollte die Achsenlage höherer Korrektionszylinder im Anschluss an die subjektive Refraktion am besten mit dem Scheitelbrechwertmesser überprüft werden. Das ist jedoch nur bei der Refraktionsbestimmung mit der Messbrille möglich. Zylindernebelverfahren Dieses Verfahren wird vor allem zum Screening für das Vorhandensein eines Astigmatismus und zur Refraktionsbestimmung bei höheren Zylindern eingesetzt. Der Patient beobachtet eine fest stehende Strahlenfigur oder eine drehbare Astigmatismusprüfscheibe mit zwei zueinander rechtwinklig angeordneten Blöcken paralleler Linien (s. Abb. 4.21). Ist ein Astigmatismus vorhanden, erscheinen die Linien der Strahlenfigur oder der Prüfscheibe in einer Vorzugsrichtung schwärzer und schärfer. Diese Vorzugsrichtung wird durch Befragung des Patienten (Strahlenfigur) oder durch eine langsame Drehung der Prüfscheibe und eine gleichzeitige Befragung ermittelt. Vorgehensweise. l Ausgangspunkt für die Korrektion des Astigmatismus mit dem Zylindernebelverfahren ist das beste sphärische Glas (BSG). l Durch Vorsetzen eines zusätzlichen sphärischen Plusglases (Nebelzusatz) wird zunächst ein Astigmatismus myopicus compositus erzeugt (beide Hauptschnitte zu stark brechend, bzw. beide Bildlinien vor der Netzhaut; Abb. 4.22). Der Nebelzusatz ist die Summe aus der (positiven) Hälfte des zu erwartenden Zylinders sowie weiteren + 0,50 dpt. Der zu erwartende Zylinder Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 96 Durchführung 97 Refraktion l l ergibt sich aus dem Visus mit dem BSG (s. Tab. 4.2). Mit dem BSG und dem Nebelzusatz in der Messbrille wird die Vorzugsrichtung ermittelt (s. o.). Die am schärfsten gesehenen Linien der Strahlenfigur oder der Prüfscheibe liegen in der Achse des schwächer brechenden Hauptschnitts (d. h. senkrecht zur Wirkung des Hauptschnitts). Die Korrektion des Astigmatismus erfolgt durch die Abschwächung der Wirkung des stärker brechenden Hauptschnittes mit einem Minusplanzylinderglas. Dieses muss mit der Achse senkrecht zu den am schärfsten erscheinenden Linien in die Prüfbrille eingesetzt werden. Die Wirkung des Minusplanzylinderglases wird solange erhöht, bis alle Linien der Strahlenfigur bzw. die zueinander rechtwinklig angeordneten Linienblöcke der Prüfscheibe gleich schwarz erscheinen. Im Ergebnis haben beide Hauptschnitte einen gemeinsamen Brennpunkt kurz vor der Netzhaut (= schwache sphärische Myopie; Abb. 4.22). l Im letzten Schritt erfolgt die „Entnebelung“. Jetzt blickt der Patient auf eine Optotypentafel, während die positive Wirkung der sphärischen Komponente in kleinen Schritten so lange abgeschwächt bzw. deren negative Wirkung so lange erhöht wird, bis eine subjektive Verbesserung ausbleibt (Abb. 4.22). Monokularer Feinabgleich der Sphäre Nach der Bestimmung der astigmatischen Komponente erfolgt eine letzte monokulare Kontrolle der Sphäre. Neben einem nochmaligen Vorhalten von ± 0,25 (z. B. mit einem Wendevorhalter) an der Optotypentafel ist dafür auch der monokulare RotGrün-Test bedingt geeignet (S. 99). Dieser basiert auf der chromatischen Aberration des Auges, die zu einer unterschiedlich starken Brechung von Licht unterschiedlicher Wellenlängen (Farben) führt. Der Test besteht aus einer roten und einer grünen Hälfte, auf denen jeweils gleich große Sehzeichen angeordnet sind. Die Wellenlängen (Far- 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 4.20 Flussdiagramm zum Wirkungsfeinabgleich. 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung setzenden Korrektionszylinders ohne Umrechnung abgelesen werden kann) (nach Methling 1996). b Drehbare Prüfscheibe mit 2 zueinander senkrecht angeordneten Linien (nach Methling 1996). Abb. 4.22a–d Prinzip der Astigmatismuskorrektion mit dem Zylindernebelverfahren an einem Beispiel. a Ausgangssituation für einen Astigmatismus rectus mit dem besten sphärischen Glas. Beide Bildlinien sind jetzt um den gleichen dioptrischen Betrag von der Netzhaut entfernt. b Situation nach Einsetzen des positiven Nebelzusatzes (NZ = halber geschätzter Zylinder + 0,50 dpt). Die vom schwächer brechenden waagerechten Hauptschnitt erzeugte senkrechte Bildlinie liegt damit kurz vor der Netzhaut. c Situation nach Einsetzen des korrigierenden Zylinders (KZ). Damit wird die Wirkung des stärker brechenden senkrechten Hauptschnittes soweit abgeschwächt, bis beide Bildlinien übereinander liegen. Alle Striche der Prüffigur erscheinen damit gleich schwarz. d Durch Abschwächung des Nebelzusatzes (z. B. um –0,50 dpt) liegen beide Bildlinien auf der Netzhaut (in Wirklichkeit wird nach der Korrektion des Astigmatismus aus den Bildlinien ein Bildpunkt). ben) beider Testfeldhälften weichen jeweils um den gleichen Betrag vom Maximum der spektralen Empfindlichkeit (mittlere Einstellwellenlänge) des durchschnittlichen Auges ab, sodass das rote (langwellige) Licht für ein emmetropes Auge zu schwach, das grüne (kurzwellige) Licht dagegen zu stark gebrochen wird. Der Patient gibt an, auf welcher der beiden Hälften die Sehzeichen schwärzer erscheinen. Liegt eine optimale Korrektion vor, erscheinen die Optotypen auf beiden Testfeldhälften gleich schwarz. Erscheint die rote Testfeldhälfte deutlicher, muss die Korrektion negativer werden (Eselsbrücke: Rot deutlicher erfordert ein rotes Messglas). Erscheint die grüne Testfeldhälfte schwärzer, muss die Kor- Refraktion Abb. 4.21a u. b Prüffiguren für das Zylindernebelverfahren. a Die klassische Strahlenfigur nach Snellen (häufig sind die Achsen so angegeben, dass die Achslage des einzu- 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 98 Durchführung 99 rektion positiver werden. Die Richtigkeit eines eventuellen Glaswechsels sollte jedoch an einer normalen Optotypentafel bestätigt werden. Abb. 4.23 zeigt das Prinzip des Rot-Grün-Abgleichs. Refraktion Abb. 4.23a–c Prinzip des Rot-Grün-Tests (Zeichnung in Rot und Grau). a Bei Emmetropie wird grünes Licht (G) zu stark, rotes Licht (R) um den gleich Betrag zu schwach gebrochen. Die Zerstreuungskreise auf der Netzhaut sind für grünes und rotes Licht gleich groß. Die Optotypen auf der roten und grünen Testfeldhälfte erscheinen gleich schwarz. b Bei Hyperopie liegt der Brennpunkt für grünes Licht näher an der Netzhaut. Die Optotypen im grünen Feld erscheinen schwärzer; Schwärzungsgleichheit erreicht man durch Erhöhung der Brechkraft. c Bei Myopie liegt der Brennpunkt für rotes Licht näher an der Netzhaut. Die Optotypen im roten Feld erscheinen schwärzer; Schwärzungsgleichheit erreicht man durch Reduktion der Brechkraft. 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Rot-Grün-Test Jüngere Personen akkommodieren mitunter auf das rote Feld. Die Sehzeichen im roten Feld erscheinen deshalb selbst mit der Vollkorrektion häufig etwas schwärzer als die im grünen Feld. Eine Möglichkeit zur Vermeidung der Akkommodation besteht darin, den Patienten vor allem auf das grüne Feld schauen zu lassen. Weil die grünen Strahlen bei Emmetropie oder Vollkorrektion ohnehin zu stark gebrochen werden, bleibt der Akkommodationsreiz aus. Die Schwärzebeurteilung der (großen) Sehzeichen auf der roten Testfeldhälfte ist auch bei ständigem Blick auf die grüne Hälfte noch gut möglich. Medientrübungen im älteren Auge absorbieren vor allem kurzwelligeres Licht, weshalb auch ältere emmetrope Patienten mitunter die rote Testfeldhälfte bevorzugen. Weil eine negative Überbzw. eine positive Unterkorrektion vermieden werden soll, kann deshalb neben der Schwärzegleichheit altersunabhängig auch eine leichte Rotdominanz als Prüfkriterium akzeptiert werden. Eine nochmalige Überprüfung der Sphäre an der Optotypentafel sollte also besonders bei einer Gründominanz erfolgen. Liegt eine Rot-Grün-Farbsinnstörung vor, wird der Farbton einer der beiden Testfeldhälften möglicherweise weniger kräftig wahrgenommen. Das Prinzip der chromatischen Aberration ist jedoch nicht physiologischer, sondern physikalischer Natur, weshalb der Test auch bei einer Rot-Grün-Schwäche (Kap. 3.2) funktioniert. Die Zuverlässigkeit des monokularen Rot-GrünTests ist nicht zuletzt deshalb umstritten, weil die mittlere Einstellwellenlänge gesunder Augen streut und sich zudem in Abhängigkeit von der Leuchtdichte ändert (Messungen sollten daher immer im hellen Prüfraum vorgenommen werden). Auch sind die Wellenlängen der roten und der grünen Farbfolien in den Sehzeichenprojektoren nicht standardisiert. Es ist zudem fraglich, ob der Test nach dem ohnehin erforderlichen Feinabgleich an der Optotypentafel überhaupt noch verwertbare Zusatzinformationen liefern kann. 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Refraktion ! Ältere Personen können aufgrund der altersbe- 4 dingten Miosis (Pupillenverkleinerung) oder einer beginnenden Katarakt eine deutlich erhöhte Schärfentiefe aufweisen. Bei der subjektiven Refraktionsbestimmung bleibt deshalb die Reaktion auf eine geringere Glasstärkenänderung (z. B. ± 0,25 dpt) aus oder ist zumindest unsicher. Deshalb sollte der subjektiven Brillenglasbestimmung immer eine sorgfältige objektive Refraktion vorausgehen. Der subjektive Feinabgleich sollte mit Methoden vorgenommen werden, die nicht oder weniger von der Schärfentiefe beeinflusst werden (z. B. Abgleich mit RotGrün-Verfahren) bzw. eine ausreichend große Stufung aufweisen (z.B. Messgläser in Schritten von ± 0,50 dpt). Personen mit erhöhter Schärfentiefe können im Nahbereich oft mit einer (für das Alter des Patienten) zu niedrigen Addition noch gut sehen. Eine Vorstellung von der zur Verfügung stehenden Schärfentiefe lässt sich gewinnen, wenn neben dem Nahvisus auch die Größe des Arbeitsbereiches (kürzeste und weiteste Entfernung, in der mit einer Nahaddition deutlich gesehen werden kann) bzw. der maximale Akkommodationserfolg (Kap. 4.3) bestimmt wird. Binokulare subjektive Refraktionsbestimmung Während ein Auge bei der monokularen subjektiven Prüfung nahezu immer mit der Foveola fixiert (Ausnahme: exzentrische Fixation bei Strabismus, Kap. 6), kann es im Binokularsehen zu einer geringfügigen Abweichung von der zentralen Fixation kommen (= Fixationsdisparation, Kap. 6). Die monokularen und binokularen refraktiven Werte sind nach Auffassung verschiedener Autoren jedoch nur vergleichbar, wenn stets die gleiche Netzhautstelle zur Fixation benutzt wird. Daher empfiehlt es sich, die Prüfung auf Refraktionsgleichgewicht (s. u.) erst nach der prismatischen Korrektion einer eventuell vorhandenen Heterophorie durchzuführen (Goersch 1989). Es ist jedoch nicht gesichert, ob die bei einer Fixationsdisparation vorliegende disparate Abbildung tatsächlich zu einer Änderung des monokular ermittelten sphärozylindrischen Refraktionswertes führt. Die Beschreibung der binokularen subjektiven Refraktionsbestimmung wird hier mit einem Verweis auf Kap. 6 übersprungen. Prüfung auf Refraktionsgleichgewicht Für ein komfortables Sehen sollte der Akkommodationaufwand beider Augen für jede beliebige Objektentfernung gleich sein. Dieser als Refraktionsgleichgewicht bezeichnete Zustand liegt vor, wenn die Fernpunkte des rechten und linken Auges gleich weit vom Augenpaar entfernt sind. Ferner muss der Refraktionsfehler eines Brillenträgers im rechten und im linken Auge gleich sein (Kap. 5). Ein Refraktionsungleichgewicht kann trotz sorgfältiger monokularer Prüfung entstehen, weil Refraktion und subjektiver Seheindruck immer kleinen Schwankungen unterliegen und weil die Stufung der verwendeten Messgläser zwangsläufig zu kleinen Über- oder Unterkorrektionen führen kann. Beispielsweise kann im rechten Auge eine Überkorrektion von + 0,25 dpt und im linken Auge gleichzeitig eine Unterkorrektion von – 0,25 dpt vorliegen. Zur Beseitigung eines Refraktionsungleichgewichts in der Ferne muss die Sphäre bei binokularem Sehen monokular geringfügig geändert werden. Eine solche geringfügige Änderung (meist ± 0,25 dpt) hat aber nur einen geringen oder keinen Einfluss auf die binokulare Sehschärfe. Deshalb basieren die meisten Tests zur Überprüfung des Refraktionsgleichgewichtes auf einem gleichzeitigen Vergleich der Seheindrücke von rechtem und linkem Auge. Dazu müssen vergleichbare Optotypen unter binokularen Bedingungen für rechtes und linkes Auge getrennt dargestellt werden. Damit die getrennten Optotypen für den Betrachter vergleichbar bleiben, dürfen sie nur um einen geringen Betrag zueinander versetzt sein. Prüfung auf Refraktionsgleichgewicht Störungen des Binokularsehens können unterschiedliche Seheindrücke hervorrufen und damit ein Refraktionsungleichgewicht vortäuschen. Lässt sich mit den hier aufgeführten Mitteln kein Refraktionsgleichgewicht herstellen, sollte bei der anschließenden Prüfung des Binokularsehens zumindest an die Möglichkeit einer Fixationsdisparation oder eines kleinwinkligen Strabismus Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 100 Durchführung 101 gedacht werden (Kap. 6). Strabismen mit größerem Winkel können dagegen bereits vor der Refraktionsbestimmung mit dem Abdecktest ausgeschlossen werden (Kap. 6). Größere, von pathologischen Defekten erzeugte Visusunterschiede können ebenfalls ein Refraktionsungleichgewicht vortäuschen. ! Bei unkorrigierten Heterophorien werden u. U. die Testhälften ineinander geschoben, was deren Beurteilung erschwert. Vertauschen der Polarisationsfolien vor den Augen entfernt beide Testhälften voneinander und der Test kann nun beurteilt werden. In anderen Projektoren sowie in computergesteuerten Prüfanordnungen gibt es zumindest die Möglichkeit, eine einzelne Optotypenzeile zu isolieren und die Trennung der Seheindrücke durch ein Höhenprisma (z. B. 6 pdpt) zu erzeugen. Wegen des Einflusses auf die Abbildungsqualität (und damit auf die Schwärzeempfindung) sollte dieses jedoch gleichmäßig auf beide Augen verteilt werden (z. B. 3 pdpt rechts B.o. und 3 pdpt links B.u.). Das Prüfkriterium ist nicht die Sehschärfegleichheit, sondern die Schwärze- bzw. Kontrastgleichheit der Sehzeichen. Deshalb funktioniert der Test auch dann noch, wenn geringere oder mäßige Visusunterschiede vorliegen. Zudem eignen sich auch größere Sehzeichen (z. B. Visus 0,5 oder geringer). ! Auch die subjektiv empfundene Schwärze von positiv polarisierten Kreuzbalken des Kreuztests (schwarze Balken auf weißem Grund) ist ein äußerst empfindliches Kriterium für das Refraktionsgleichgewicht. Wegen der fehlenden Rot- Abb. 4.24 Prüfung des Refraktionsgleichgewichtes mit einer getrennten Optotypenzeile. Die Seheindrücke beider Augen werden durch Polarisation getrennt; die Polarisationsrichtungen für beide Augen sind durch verschiedene Schraffuren auf der Sehprobentafel und in den vorgeschalteten Gläsern symbolisiert. Im Beispiel sieht das rechte Auge nur die obere Zeile, das linke dagegen nur die untere. Damit die Seheindrücke auch zugeordnet werden können, enthalten beide Zeilen unterschiedliche Optotypen gleicher Größe. Grün-Anteile kann bei Schwärzeungleichheit jedoch schwerer unterschieden werden, ob es sich um ein Refraktionsungleichgewicht oder aber um eine binokulare Störung (Hemmung) handelt. Im Gegenzug kann bei Schwärzegleichheit davon ausgegangen werden, dass ein Refraktionsgleichgewicht besteht. Das Vorschalten eines Trenners (z. B. Polarisationsfilter) mindert die Abbildungsqualität, weshalb beim Binokularabgleich größere Optotypen gezeigt werden. Der Binokularabgleich erfolgt nach folgendem Schema: 1. Patient binokular auf den Test schauen lassen. Trennung herstellen. 2. Zuordnung der Seheindrücke zu rechtem und linkem Auge herstellen. Dabei z. B. zuerst auf die Sehzeichen hinweisen, die nur mit dem rechten Auge gesehen werden können. 3. Nacheinander beide Seheindrücke mit sphärischen Gläsern geringer Stufung (± 0,25 dpt) so angleichen, dass sie mit dem größtmöglichen positiven und der geringstmöglichen negativen Refraktion Im einfachsten Falle werden dem rechten und dem linken Auge gleichzeitig je eine Optotypenzeile gleicher Größe dargeboten. In Sehzeichenprojektoren finden sich dazu oft 2 entgegengesetzt polarisierte Optotypenzeilen übereinander, von denen die eine durch einen Polarisationsvorhalter nur mit dem linken und die andere nur mit dem rechten Auge gesehen werden kann (Abb. 4.24). 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Optotypenzeile 4 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Abb. 4.25 Bichrom-Balance-Test (Zeichnung in Rot und Grau). Über Polarisationsfilter getrennt, wird jedem Auge ein separater Rot-Grün-Test (s. Abb. 4.23), angeboten, z. B. dem rechten Auge 9/rot und 6/grün, dem linken 5/rot und 3/grün. Der Schwärzungsvergleich anhand der Ziffern aller 4 Felder zeigt an, in welche Richtung die Refraktion welchen Auges verändert werden muss. 9/rot schwärzer als 6/grün, 5/rot gleich schwarz wie 3/grün deutet darauf hin, dass der sphärische Korrektionswert des rechten Auges (in Richtung „Minus“) abgeschwächt werden muss. Der mit beiden Augen gesehene periphere Ring dient als Fusionsreiz, damit die Testfelder auch bei einer eventuellen Heterophorie eng neben- bzw. übereinander angeordnet bleiben. Wirkung gleich scharf und gleich schwarz wahrgenommen werden. 4. Sind Veränderungen > ± 0,25 dpt oder ein mehrfacher Glaswechsel erforderlich, sollte eine erneute Überprüfung der monokularen Refraktion an einem monokularen Test stattfinden. Nach dem binokularen Feinabgleich liegt eine sphärozylindrische Vollkorrektion für die Prüfentfernung (= Raumkorrektion) sowie ein Refraktionsgleichgewicht vor. Noch keine Berücksichtigung haben Störungen des Binokularsehens gefunden. Diese erfordern u. U. eine Modifikation des Refraktionsergebnisses (Kap. 6). ! Je nach Prüfentfernung ist der Patient mit der Raumkorrektion um einen kleinen Betrag myop. Für die endgültige Fernkorrektion müsste daher der Kehrwert der in Metern gemessenen Prüfentfernung vom Ergebnis abgezogen werden (z. B. 0,25 dpt bei 4 m Prüfentfernung). Eine einfache Möglichkeit für einen zusätzlichen binokularen Feinabgleich ist, den Patienten mit der aufgesetzten Messbrille aus dem Fenster schauen zu lassen und den Seheindruck mit einem binokularen Vorhalter mit bds. + 0,25 dpt oder bds. –0,25 dpt beurteilen zu lassen. Neben der Schärfe sollte hier nach dem angenehmeren Seheindruck gefragt werden. Besonders über einen langen Zeitraum un- oder unterkorrigierte Myope aber auch Esophore finden eine etwas zu positive Korrektion (zu wenig Minus bzw. zu viel Plus) häufig angenehm. Auch Personen, die sich vorwiegend im Raum aufhalten, sind häufig mit der Raumkorrektion zufrieden. Für eine Autofahrbrille sollte die Korrektion verordnet werden, die den bestmöglichen binokularen Fernvisus ergibt. Bichrom-Balance-Test Der Bichrom-Balance-Test (Abb. 4.25) kombiniert den von der monokularen Refraktionsbestimmung bekannten Rot-Grün-Test (S. 99) mit der binokularen Darstellung getrennter Sehzeichen. Neben dem Vorhandensein eines Refraktionsungleichgewichts zeigt der Test an, welches Auge unter- bzw. überkorrigiert ist. Das Prüfkriterium ist ebenfalls die Schwärze- bzw. Kontrastgleichheit der Sehzeichen. Ein ähnliches Prinzip verfolgt der Cowen-Test, der zur Testabfolge der Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase (MKH) gehört (Kap. 6). Nebeltechnik Bei dieser in der englischen Optometrie häufig benutzten Methode gibt es 2 Varianten: l Bei der binokularen Nebeltechnik wird eine Buchstabenzeile für den Visus 0,5 isoliert und durch beidseitiges Vorsetzen von Höhenprismen (3 pdpt pro Seite mit entgegengesetzter Basislage) getrennt. Nach Vorschalten von beidseits + 1,00 wird gefragt, ob obere und untere Zeile gleich unscharf erscheinen. Bei Verneinung wird solange Plus vor das bessere Auge gesetzt, bis Unschärfegleichheit eintritt. Anschließend wird binokular entnebelt. l Bei der monokularen Nebeltechnik handelt es sich um einen monokularen Feinabgleich unter binokularen Bedingungen. Dazu wird immer nur ein Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Refraktion 102 Nahglasbestimmung Eine Nahbrille oder ein Nahzusatz wird erforderlich, wenn die Akkommodationsfähigkeit der Augenlinse für ein bequemes Sehen im bevorzugten Arbeitsabstand nicht mehr ausreicht (Kap. 5, S.112). Für die Nahglasbestimmung müssen 3 Größen bekannt sein: l die Fernpunktrefraktion, l der maximale Akkommodationserfolg ΔAmax (gleichbedeutend mit Akkommodationsbreite), l Abstand und Größe des individuellen Arbeitsbereiches. Nahzusätze werden häufig so verordnet, dass der bevorzugte Arbeitsabstand etwa in der (dioptrischen) Hälfte des Akkommodationsgebietes (Bereich, innerhalb dessen scharfes Sehen möglich ist) liegt. Möchte eine Person mit einem Akkommodationserfolg von 3 dpt in 33 cm bequem lesen können, so wird der Nahzusatz z. B. + 1,5 dpt betragen. Mit einer solchen Verordnung kann die Akkommodation um weitere + 1,5 dpt erhöht bzw. um –1,50 dpt entspannt werden, sodass Nahobjekte nicht nur im bevorzugten Arbeitsabstand, sondern auch in einem Bereich davor und dahinter scharf gesehen werden können. Wegen der hohen Streuung sollte ΔAmax nicht nur geschätzt, sondern für jedes Augenpaar individuell ermittelt werden. Dazu eignen sich die Nahpunktmethode (Kap. 5, S.115) sowie das Vorschal- ten von Zerstreuungslinsen (Kap. 5, S. 115). Des Weiteren gibt es zahlreiche Instrumente, wie das Handoptometer oder das Akkommodometer. Einen Anhaltswert für das zu erwartende Ergebnis liefert die sog. Alterstabelle (Kap. 5, Tab. 5.1) sowie die Hofstetter-Formel (Kap. 5, S.116). Weil die Messung des max. Akkommodationserfolges in Kap. 5 ausführlich besprochen wird, soll hier nur eine probate Methode zur subjektiven Bestimmung des Akkommodationserfolges und des Nahzusatzes vorgestellt werden. Die Methode eignet sich besonders zur Nahglasermittlung am Phoropter, weil die erforderlichen Glaswechsel hier vergleichsweise schnell durchgeführt werden können: 1. Nach Beendigung der Refraktionsbestimmung für die Ferne wird eine Duane-Strichfigur (s. Kap. 5, Abb. 5.5) im gewünschten Arbeitsabstand binokular durch die Fernkorrektion betrachtet. (Am Phoropter muss die zugehörige Konvergenz der Durchblicköffnungen eingestellt werden.) 2. Falls nötig, wird ein anhand der Alterstabelle (s. Kap. 5, Tab. 5.1) geschätzter, vorläufiger Nahzusatz gegeben (Abb. 4.26a). 3. Der Nahzusatz wird nun fortwährend verstärkt, bis der Patient eine Unschärfe der Strichfigur angibt. Damit ist der stärkste, vom Abstand des Sehzeichens abhängige Nahzusatz NZmax gefunden (Abb. 4.26b). 4. Danach schwächt man den Nahzusatz in kleinen Schritten solange ab, bis der Patient erneut eine Unschärfe der Strichfigur angibt. Es liegt jetzt der für den gegebenen Arbeitsabstand schwächste Nahzusatz NZmin vor (Abb. 4.26c). 5. Berechnung des Nahzusatzes: Die Differenz zwischen stärkstem und schwächstem Nahzusatz ergibt den maximalen Akkommodationserfolg ΔAmax: ΔAmax = NZmax - NZmin Formel 3. Ermittlung des (relativen) Akkommodationserfolges aus dem größtmöglichen Nahzusatz (NZmax) und dem geringstmöglichen Nahzusatz (NZmin) für einen konstanten Arbeitsabstand. Für ein bequemes Sehen im gewünschten Arbeitsabstand sollte der Patient nur die Hälfte seines Akkommodationserfolges aufwenden müssen Refraktion Auge durch einen Zusatz von + 0,75 oder + 1,00 genebelt, bis es einen um 3 oder 4 Zeilen schlechteren Visus als das andere Auge hat. An der kleinsten binokular noch erkennbaren Visuszeile wird ein monokularer Feinabgleich am jeweils nichtgenebelten Auge durchgeführt. Das kann zum Beispiel geschehen, indem ein monokularer Wendevorhalter mit ± 0,25 dpt vor das nichtgenebelte Auge gehalten wird. Die Korrektion des nicht genebelten Auges wird um + 0,25 dpt erhöht, wenn keine binokulare Verschlechterung oder sogar eine binokulare Verbesserung oder mit einem monokular vorgehaltenen + 0,25 angegeben wird. Die Korrektion des nichtgenebelten Auges wird um –0,25 dpt erhöht, wenn spontan eine binokulare Verbesserung mit einem monokular vorgehaltenen –0,25 angegeben wird. 103 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Durchführung 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung (Abb. 4.26d). Der entsprechende Nahzusatz berechnet sich wie folgt: NZ = NZmin + 1⁄2 ΔAmax oder: NZ = 1⁄2 (NZmin + NZmax) Formeln 4a und 4b. Ermittlung des Nahzusatzes am Phoropter. Refraktion Fallbeispiel: Nahglasbestimmung 4 Ein presbyoper Patient wünscht, in 40 cm bequem lesen zu können. Um die in einer Entfernung von 40 cm vorgeschaltete Duane-Strichfigur scharf sehen zu können, wird ein vorläufiger Nahzusatz von + 1,00 dpt gegeben. Wenn dieser auf + 2,50 verstärkt wird, erscheint die Strichfigur zum ersten Mal unscharf. Anschließend kann der Nahzusatz auf + 0,50 dpt abgeschwächt werden, bis die Strichfigur wiederum unscharf erscheint. Damit beträgt ΔA max = + 2,50 dpt – 0,50 dpt = + 2,00 dpt. Der Nahzusatz berechnet sich aus NZ 1 = NZmin + ⁄ 2 ΔAmax = + 0,50 dpt + 1,00 dpt = 1 1 + 1,50 dpt oder aus NZ = ⁄ 2 (NZmin + NZmax) = ⁄ 2 (+ 0,50 dpt + 2,50 dpt) = + 1,50 dpt Beim Blick durch die monofokale Nahbrille, durch die Nahteile einer Bifokalbrille oder die Nahbezugspunkte einer Gleitsichtbrille legt der Nahzusatz die weiteste Entfernung fest, in der unter Vermeidung jeglicher Akkommodation scharf gesehen werden kann. Davon ausgehend ergibt sich ein Akkkommodationsbereich, innerhalb dessen durch Akkommodationsänderung scharf gesehen werden kann. Je stärker der Nahzusatz gewählt wird, desto schmaler wird der Akkkommodationsbereich und desto näher rückt er an das Auge heran. Die oberste Grenze für den Nahzusatz wird somit durch den Kehrwert des bevorzugten Arbeitsabstandes aE festgelegt (Abb. 4.26b). Dokumentation Die Dokumentation des Messergebnisses für die monokulare subjektive Refraktionsprüfung soll hier stellvertretend an einem Beispiel erläutert werden: Nach Abschluss der Messungen befinde sich rechts ein sphärisches Glas –5,25 dpt und ein zylindrisches Glas cyl –2,75 in einer Achslage von 173° in der Messbrille. Weil die Skalenstriche für die Achse nur in 5°-Schritten angezeigt werden, wurde die Achslage so gut wie möglich geschätzt. Für das linke Auge ergab die Messung ein rein sphärisches Glas der Wirkung –4,50 dpt. Die sphärischen Gläser für beide Augen befinden sich dabei in einer dem Auge möglichst nahen Glasaufnahme der Messbrille. Der Abstand zwischen dem augenseitigen Glasscheitel des sphärischen Glases und der Hornhaut beträgt 13 mm, der Abstand der geometrischen Mitten (Mittenabstand MA) 67 mm. Das rechte Auge erreichte einen korrigierten Visus VCC von 1,0, das linke Auge einen korrigierten Visus VCC von 1,2. Binokular wurden zusätzlich zur Visuszeile 1,2 3 Buchstaben aus der nächstkleineren Zeile gelesen. Das Ergebnis kann wie folgt notiert werden (für die Angabe des Visus s. a. Kap. 3.1): R sph –5,25 cyl –2,75 A173 : V = 1,0 Vbin = 1,2+ 3; MA = 67 mm; HSA = 13 mm L sph –4,50 : V = 1,2 Weil die Angabe des Zylinders in einer Verordnung lediglich den Wirkungsunterschied zwischen den beiden Hauptschnitten beschreibt, kann ebenso gut die Pluszylinderschreibweise verwendet werden. Dazu muss die Sphäre um den Betrag des Zylinders erhöht und der Zylinder mit positivem Vorzeichen angegeben werden. Die Achslage des Zylinders ist im Vergleich zur Minuszylinderschreibweise um 90° versetzt: R sph –8,00 cyl + 2,75 A83 : V = 1,0 Vbin = 1,2+ 3; MA = 67 mm; HSA = 13 mm L sph –4,50 : V = 1,2 Die Angabe des Mittenabstandes und des Hornhautscheitelabstandes sollte besonders bei höheren Glasstärken (außerhalb des Intervalls ± 4,00 dpt) auf der Verordnung für die Sehhilfe vermerkt sein. In jedem Falle sollte der korrigierte Visus VCC für jedes Auge auf der Verordnung und auf der Kartei angegeben werden. Der HSA wird häufig auch mit dem Symbol d oder e angegeben. Für die Dokumentation von Visusangaben s. a. Kap. 3.1). Das Gradzeichen (°) sollte so angegeben werden, dass es nicht mit einer 0 verwechselt werden kann. Gegebenenfalls sollte es besser weggelassen werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 104 Abb. 4.26a–d Nahbrillenbestimmung durch Messung der (relativen) Akkommodationbreite am Phoropter. Auf der Abszisse ist der Abstand aE abgetragen. Auf der Ordinate ist der relative Visus V/Vmax aufgetragen. Das Plateau für die Sehschärfe symbolisiert das Akkommodationsgebiet. Die Sehschärfe fällt steil ab, wenn der Arbeitsabstand außerhalb des Akkommodationsgebietes liegt. a Zustand nach Einsetzen eines vorläufigen Nahzusatzes (NZvorl). Der Arbeitsabstand aA liegt irgendwo innerhalb des Akkommodationsgebietes. b Zustand nach Erreichen des maximalen Nahzusatzes NZmax. Die äußere Grenze des Akkommodationsgebietes fällt jetzt mit dem Arbeitsabstand aA zusammen. Scharfes Sehen ist jetzt nur noch für Objekte innerhalb des Arbeitsabstandes möglich. Der NZmax entspricht damit dem Kehrwert des in Metern gemessenen Arbeitsabstandes aA. c Zustand nach Erreichen des minimalen Nahzusatzes NZmin. Jetzt fällt die innere Grenze des Akkommodationsgebietes mit dem Arbeitsabstand aA zusammen. Scharfes Sehen ist jetzt nur noch in einem Bereich jenseits des Arbeitsabstandes möglich. d Zustand nach Erreichen des endgültigen Nahzusatzes NZ. Damit liegt der Arbeitsabstand aA in der dioptrischen Mitte des Akkommodationsgebietes (wegen der dioptrischen Mitte ergibt sich die asymmetrische Anordnung). Zusammenfassung Die hier beschriebene monokulare subjektive Refraktionsbestimmung optimiert die Qualität des Netzhautbildes im Einzelauge. Sie leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Bestimmung und zur Verträglichkeit einer verordneten Sehhilfe. Auch die Visusmessung zur Prüfung der Funktionsfähigkeit der zentralen Netzhaut kann erst nach Abschluss der subjektiven Refraktionsbestimmung erfolgen. Der subjektiven Refraktionsbestimmung sollten eine Anamnese sowie eine objektive Refraktionsbestimmung vorausgehen, damit individuelle An- forderungen bestmöglich berücksichtigt werden können. Die monokulare subjektive Refraktionsbestimmung für die Ferne setzt sich zusammen aus der Bestimmung der sphärischen und der astigmatischen Komponente sowie einem monokularen Feinabgleich. Sie wird gefolgt von der binokularen Refraktionsbestimmung, einem binokularen Feinabgleich und von der Refraktionsbestimmung für die Nähe. Auf einer Sehhilfenverordnung sollten neben den refraktiven Werten der monokular gemessene, korrigierte Visus (VCC), der Mittenabstand der Messgläser (MA) sowie der Hornhautscheitelabstand (HSA) vermerkt sein. Refraktion 105 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zusammenfassung 4.2 Subjektive Refraktionsbestimmung Quellenangaben DIN. Deutsches Institut für Normung e. V. Optik – Augenoptik und Augenschutz. DIN-Taschenbuch 177. Berlin: Beuth Verlag Berlin DIN-Taschenbuch; 1991. Goersch H. Wörterbuch der Optometrie. Stuttgart: Enke Verlag; 1996. Goersch H. Ein prinzipieller Fehler beim binokularen Abgleich. Deutsche Optikerzeitung. 1989;6:37–8. Weiterführende Literatur Diepes H. Refraktionsbestimmung. Heidelberg: DOZ Verlag; 2004. Krause K, Friedburg D. Objektive Refraktionsbestimmung. In: Kampik A, Grehn F, Hrsg. Augenärztliche Diagnostik. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2004: 1–10. Kroll P, Küchle M, Küchle HJ, Hrsg. Augenärztliche Untersuchungsmethoden. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2008. Lachenmayr B, Friedburg D, Hartmann E, Buser A. Auge – Brille – Refraktion. Stuttgart: Enke Verlag; 2005. Methling D. Bestimmen von Sehhilfen. 2. Aufl. Stuttgart: Enke Verlag; 1996. Refraktion Testfragen 4 1. Welche Antwort ist falsch im Bezug auf einen Kreuzzylinder? a. Vor ein emmetropes Auge gehalten erzeugt er einen Astigmatismus mixtus. b. Mit der Minusachse senkrecht vor ein Auge mit einem Astigmatismus rectus gehalten kann er einen den Seheindruck verschlechtern. c. Mit dem Stiel in der Achslage des Korrektionszylinders gehalten erzeugt er einen schief gekreuzten Zylinder. d. Vor ein astigmatisches Auge gehalten verschiebt er nur eine der beiden Bildlinien. 2. Welche Aussage zum Astigmatismus simplex hyperopicus inversus ist richtig? a. Ein Hauptschnitt wird mit einer schwach positiven und ein Hauptschnitt wird mit einer stärker positiven Wirkung korrigiert. b. Die waagerechte Bildlinie liegt hinter der Netzhaut. c. Ein Kreuzzylinder mit der Minusachse in 180° wird als besser empfunden als mit der Minusachse in 90°. d. Die senkrechten Linien auf dem Strahlenkranz für das Zylindernebelverfahren er- scheinen schwärzer (nach korrekter Nebelung). 3. Welche der folgenden Antworten ist falsch, wenn 2 große Kreuzzylinder (je ± 0,50 dpt) Minusachse auf Minusachse übereinander vor ein Auge gehalten werden? a. Bei der Befragung zweiter Art liegt zwischen den beiden Wendelagen ein astigmatischer Wirkungsunterschied von 2,00 dpt vor. b. Diese Kombination kann zum Achsen- und Wirkungsabgleich von Augen mit einem sehr hohen erwarteten Astigmatismus verwendet werden. c. Die Wirkungen der beiden Kreuzzylinder heben sich gegenseitig auf, sodass sich keinerlei Effekt ergibt. d. Wenn die Stiele der beiden KRZ beim Achsenabgleich versehentlich nicht exakt auf die Achse des Korrektionszylinders gehalten werden, ergibt sich eine größerer schief gekreuzter Zylinder als mit einem kleinen KRZ. 4. Sie refraktionieren einen Kunden mit einer sphärischen Fehlsichtigkeit. Der Visus mit dem gefundenen Korrektionsglas beträgt 1,2. Welche der nachfolgend angeführten Aussagen über den Feinabgleich spricht dafür, Plus zu erhöhen bzw. Minus abzuschwächen? a. Vorhalten eines weiteren sphärischen Glases –0,25 dpt verbessert den subjektiven Seheindruck nicht. b. Bei der binokularen Nebeltechnik erscheint der Seheindruck besser als im Partnerauge. c. Der (korrigierte) Visus ist knapp eine Zeile niedriger als im Partnerauge. d. Bei Vorhalten von weiteren + 0,25 dpt gibt der Patient eine Verschlechterung an. 5. Welche der folgenden Aussagen trifft für den Nebelzusatz beim Zylindernebelverfahren zu? a. Der Nebelzusatz verlagert beide Bildlinien vor die Netzhaut. b. Der Nebelzusatz erzeugt einen Astigmatismus mixtus. c. Der Nebelzusatz verlegt die vom stärker brechenden Hauptschnitt erzeugte Bildlinie hinter die Netzhaut. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 106 6. Ein Patient hat eine Fehlsichtigkeit von + 1,00 bds. und einen maximalen Akkommodationserfolg von 3 dpt. Er möchte seine Briefmarkensammlung mit einer Nahbrille aus 25 cm Entfernung bequem anschauen können. Wie lautet der durch Akkommodationsbreitenmessung am Phoropter bestimmte Nahzusatz, wenn der Patient keinerlei Fernbrille tragen möchte? a. + 2,50 dpt b. + 3,50 dpt c. + 4,50 dpt d. + 5,50 dpt 7. Welche der folgenden Antworten ist für den Rot-Grün-Test falsch? a. Der Test beruht auf der Dispersion des Lichtes. b. Bei Emmetropie oder bei Vollkorrektion wird häufig die rote Testfeldhälfte deutlicher gesehen. c. Das von der roten Testfeldhälfte reflektierte Licht wird stärker gebrochen als das von der grünen Testfeldhälfte. d. Bei Gründominanz muss die positive Wirkung erhöht werden. 8. Eine subjektive Refraktionsbestimmung mit dem Phoropter ergab ein Glas von –11,00 dpt für einen HSA von 14 mm. Wie stark muss das in die Korrektionsbrille einzuarbeitende Glas sein, wenn diese mit einem HSA von 10 mm vor dem Auge sitzt? a. –11,50 b. –11,25 c. –10,75 d. –10,50 9. Welche der nachfolgend aufgeführten Fakten zur Verwendung des Phoropters ist richtig? a. Der Astigmatismus muss über das Zylindernebelverfahren bestimmt werden. b. Im Gegensatz zur Messbrille kann die Vergenzstellung der Messgläser bei der Nahprüfung verändert werden. c. Wegen des geringeren Druckes auf die Nase ist der Phoropter bei Kleinkindern besser zur Refraktionbestimmung geeignet als die Messbrille. d. Prismatische Gläser können beim Phoropter nur in Stufungen von ±1,00 pdpt vorgeschaltet werden. 10. Welche der folgenden Aussagen ist richtig in Bezug auf die Beurteilung des Refraktionsgleichgewichtes? a. Das Refraktionsgleichgewicht kann nur bestimmt werden, wenn der Astigmatismus in beiden Augen voll auskorrigiert ist. b. Refraktionsgleichgewicht besteht, wenn ein sphärisches Glas von +0,50 dpt in jedem Auge eine Sehverschlechterung erzeugt. c. Bei der Trennung einer Optotypenzeile zur Prüfung auf Refraktionsgleichgewicht muss das bessere Auge ein Höhenprisma von 6 pdpt erhalten. d. Refraktionsgleichgewicht besteht dann, wenn der Visus im rechten und im linken Auge gleich ist. Refraktion d. Der Nebelzusatz verlegt die vom schwächer brechenden Hauptschnitt erzeugte Bildlinie auf die Netzhaut. 107 4 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zusammenfassung