- 26.1 >>> Kettengetriebe – Inhaltsübersicht (ME-26-01) Kettenarten und Anwendungen Aufbau von Kettengetrieben Antriebsketten Kettenräder Mechanik des Kettengetriebes Ungleichförmigkeit / Polygoneffekt Kraftübertragung Fliehkräfte Dynamische Zusatzkräfte Kräfteverteilung Gestaltung von Kettengetrieben Trumlagen Spannelemente Schmierung Auslegung und Berechnung von Kettengetrieben b d Rundstahlkette p Stahlgelenkkette p p p p - 26.2 - Kettengetriebe - Allgemeines >>> Kettengetriebe – Merkmale (ME-26-02) Anwendungen: Übertragung großer Kräfte bei geringen Geschwindigkeiten (Hubschlitten am Gabelstapler, Schiffshebewerke) Tragen großer Lasten mit Lastketten Leistungsübertragung bei Geschwindigkeiten bis 1 m/s mit Förderketten (Rolltreppen, Transferförderer) Übertragung hoher Leistungen Kettengetriebe mit Antriebsketten - 26.3 - Kettenarten und Anwendungen Arten: Lastketten Förderketten Antriebsketten Bauformen: i Rundstahlketten i Stahlgelenkketten i Spezialketten in der Fördertechnik, wie Kreuzgelenkkette, Steckkette und Gliederbandkette i Fahrwerksraupen i Antriebsketten: Rollen- u. Hülsenketten Anwendungen: ∆ Lastanschlagketten ∆ Ankerketten ∆ Kettenhubgeräte ∆ Kreiskettenförderer (v < 1 m/s) - 26.4 - Stahlgelenkketten Definition: Gelenkketten sind solche Ketten, die in jeder Teilung ein Gelenk besitzen. Stahlgelenkketten sind Gelenkketten aus Stahl. Bauformen: i i i i i i i i >>> Gallkette Flyerkette Blockkette Ziehbankkette Buchsenkette Hülsenkette Rollenkette Zahnketten Stahlgelenkketten (Beispiele) (ME-26-04) Gallkette: Gallkette (Erfinder französischer Ingenieur) Als Antriebskette entwickelt, hierfür heute nicht mehr verwendet > Lastkette (hohe Bruchlast) > Förderkette - 26.5 Spezialketten in der Fördertechnik (ME-26-05) Flyer-Kette Aufbau: Bolzen-Laschenpakete (Schnittigkeit) Eigenschaften: > > > > Sehr hohe Bruchlast geringe Geschwindigkeit kein Zahneingriff möglich kleiner Umlenkradius Anwendung Reine Lastkette, z. B.: Hubschlitten am Gabelstapler Rotary-Kette Bei der Rotary-Kette sind alle Laschen gekröpft. Vorteile: - Gliederzahl der geschlossenen Kette beliebig (gerade und ungerade). Die Kette ist elastisch und stoßdämpfend. Anwendung: - Tiefbohranlagen nach dem Rotary-System Raupenantriebe von Baumaschinen. - 26.6 Spezialketten in der Fördertechnik (ME-26-05) Gabelkette Aufbau: Je Glied ein Gabelkopf mit Bolzengelenk und ein einfaches Gliedende. Eigenschaften/Anwendungen: Sehr robust und unempfindlich gegen abrasiven Schmutz. In zweisträngiger Form mit Stegen stellt sie die Grundform des Trogketten oder Kratzerförderer dar. Kreuzgelenkkette Aufbau: Jedes Teil besitzt ein Kreuzgelenk, das Schwenk- (Knick-) Bewegungen in zwei ineinander senkrechten Ebenen ermöglicht. Anwendungen: Räumliche Transferfördereinrichtungen - 26.7 - Aufbau von Kettengetrieben (ME-26-07) Zweiwellengetriebe Im einfachsten Fall besteht ein Kettengetriebe (Beispiel Fahrrad) aus 2 parallelen Wellen im Abstand a mit Antriebskettenrad und Kette. Es können ein- und mehrsträngige Ketten auch in paralleler Anordung (bis zu 6 Strängen) eingesetzt werden. >>> Aufbau von Kettengetrieben – Zweiwellengetriebe (ME-26-07) Bei stoßfreiem Betrieb wird ein ruhiger Lauf erreicht, wenn der Neigungswinkel der Zentralen etwa 30° beträgt und das Lasttrum oben liegt. Bei einem relativen Kettendurchhang von f/a = 0,01 .... 0,03 reicht die Stützkraft aus dem Eigengewicht der Kette für ein ordnungsgemäßes Eingreifen der Kettenräder. Ansonsten sind Führungs- und Spanneinrichtungen notwendig. Nachspannmöglichkeiten für die Längung infolge Verschleiß in den Gelenken sind allemal erforderlich. Die Anordnung erfolgt im Leertrum, möglichst von außen nach innen durch eine Feder mit flacher Kennlinie oder hydraulisch belastet. Das von außen angesetzte Spannrad wird im Abstand von 1/3 der Trumlänge vom Antriebsrad angesetzt. Bei der Anordnung von innen nach außen wird das Spannrad etwa in der Mitte angesetzt. Der Spannweg ist so zu bemessen, daß 3 % Kettenlängung kompensiert werden können. - 26.8 >>> Nockenwellenantrieb eines Verbrennungsmotors (ME-26-08) Anwendungsbeispiel BMW VANOS - 26.9 - Mehrwellengetriebe Der Umschlingungswinkel von 120° reicht aus, um die Nutzkraft zwischen Rad und Kette zu übertragen (etwa 10 bis maximal 14 Zähne im Eingriff). Daher eignen sich Kettengetriebe ganz besonders gut zur Gestaltung von Mehrwellengetrieben. Bei Umlenk- und Spannrädern genügen 3 Zähne im Eingriff. >>> Aufbau von Kettengetrieben (ME-26-09) - Mehrwellengetriebe - Bei Längenzunahme der Kette infolge von Gelenkverschleiß wird durch Spanneinrichtungen, die ständig mit einer Vorspannkraft auf die Kette wirken, ausgeglichen. Mit Spanneinrichtungen können Trumschwingungen und damit einhergehende Störeingriffe verhindert werden. Die Zähnezahlen für Spannräder richten sich nach der Kettengeschwindigkeit: Zs < 9 für handbetriebene Einrichtungen Zs = 9 ... 13 für v ≤ 4 m/s Zs = 14 - 16 für 4 m/s ≤ ∨ ≤ 7 m/s Zs = 17 für ∨ > 7 m/s Je größer die Zähnezahl des Spannrades ist, desto ruhiger wird der Lauf der Kette. Häufig wird Zs = Z1 gewählt. Zur Vermeidung/Verminderung von Kettenschwingungen werden Leiträder, Führungsschienen beim Nockenwellenantrieb, Stützräder in Obertrum oder auch Stützschienen bei Kettenfahrzeugen eingesetzt. Grundsätzlich sollen Ketten gut geschmiert sein, wozu Schmiereinrichtungen eingesetzt werden. - 26.10 - Antriebsketten Definition: Antriebsketten sind Zugmittel, mit denen Bewegungen und Kräfte zwischen Kettenrädern übertragen werden. >>> Antriebsketten I – Bauformen (ME-25-10) Aufbau: Innenglied / Außenglied Ein- oder mehrsträngig Innenglied: 2 Laschen mit eingenieteten Buchsen Außenglied: Lasche mit eingenieteten Bolzen und Verschlußlasche In Verbindung mit dickwandigen Rollen ergibt sich die Rollenkette. Die Gleitbewegung der Buchse beim Einlauf in das Kettenrad wird in eine Drehbewegung umgesetzt. - Verschleiß wird geringer höhere zulässige Kettengeschwindigkeit Hülsenketten: v ≤ 12 m/s Rollenketten: v bis 35 m/s, bei besonderen Maßnahmen - 26.11 >>> Antriebsketten II – Gelenkverschleiß (ME-26-11) 26-11 Folie ME-26-11.dsf - 26.12 >>> Antriebsketten III (ME-26-12) - Kettenkonstruktionen für höhere Geschwindigkeiten und Leistungen - Verminderung der Kettenmasse Rollenkette mit Hohlbolzen Verminderung der Gelenkreibung Rollenkette mit Kunststoffhülse außerdem z. B. durch Zahnketten mit Wälzgelenk Verminderung der Teilung und Erhöhung der Belastbarkeit durch Mehrstrangketten (bis zu 6 Stränge) Zweifachrollenketten mit Hohlbolzen Dreifachrollenketten - 26.13 Verschlußglieder >>> Antriebsketten IV (ME-26-13) - Verschlußglieder - Verschlußglieder sind für alle Kettenkonstruktionen erhältlich: - Einfache Verschlußglieder für gerade Gliedzahlen der geschlossenen Kette - gekröpfte Doppelglieder für ungerade Gliedzahlen. Hinweis: Gerade Gliedzahlen bevorzugen ! (Biegespannung im gekröpften Doppelglied; allerdings treten Laschenbrüche selten auf.) - 26.14 >>> Antriebsketten für höhere Geschwindigkeiten - Ablegereife – (ME-26-14) Antriebsketten - Ablegereife Die Kette ist, wie auch alle anderen Zugmittel, ein Verschleißteil mit begrenzter Lebensdauer. Unter günstigen Betriebsbedingungen wird eine Volllastlebensdauer von 15 000 Betriebsstunden erreicht. Hauptsächlich tritt Verschleiß an den Gelenken auf, wodurch Teilung und Kettenlänge zunehmen. Deswegen steigt die Kette auf. Aufsteigen der Kette Mit zunehmender Längung der Kette wächst die Gefahr des Überspringens. Die Teilungsfehler addieren sich bei sehr großen Zähnezahlen. Deswegen wird die Zähnezahl bei Großrädern beschränkt. max z2 = 120 Wegen der Mindestzähnezahl beim Ritzel und der maximalen Zähnezahl beim Rad ist das Übersetzungsverhältnis bei Leistungsgetrieben beschränkt: i = z2 / z1 < - 7 Ablegereife der Kette Die Ablegereife der Kette ist erreicht, wenn die relative Kettenlängung ∆ l / l = 0,03 beträgt. Bei hohen Anforderungen werden die Ketten bereits bei relativen Kettenlängungen von 1% erneuert. - 26.15 >>> Kettenräder (ME-26-15) Kettenräder p d0 = p. z p = sin ( 180°/ z ) π k rk Kettenräder für Rollenkettengetriebe 1 da = Kopfkreis- / p = Teilung d 0 = Teilkreis- / γ do du rc hm f φ Hi lfs d da γ es se r γ = 1/2 Teilungswinkel = Flankenwinkel r1 = Radius- Fußausrundung rK = Zahnkopfradius ds k = Kopfhöhe B3 bz e zweifach ds einfach ds e bz bz bz bz bz e dreifach ds B2 B1 Werkstoffe: GG: St 60; St 70; St gehärtet Zähnezahlen : Primzahlen bevorzugen ! Für geringe Ansprüche an die Laufruhe z 1-< 17; für Leistungsgetriebe und höhere Ansprüche z1 =19...25...(30) Wegen geringer Geschwindigkeiten werden in der Fördertechnik größere Ungleichförmigkeiten in Kauf genommen: Polygonrad eines Plattenbandförderers mit z= 6; Kettennuss eines Kettenhebezeuges mit z=5. p - 26.16 Mechanik des Kettentriebes Bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit des treibenden Kettenrades wird die Trumgeschwindigkeit ungleichmäßig Polygoneffekt. >>> Mechanik des Kettentriebes I (ME-26-16) Das Trum wird von demjenigen Gelenk der Kette geführt, das als letztes in den Eingriff mit dem Kettenrad gelangt ist: - Das Trum wird gehoben und gesenkt. > Transversalschwingungen - Das Trum wird in Längsrichtung ungleichförmig bewegt. > Longitudinalschwingungen - Die Vorgänge wiederholen sich mit der Zahneingriffsfrequenz. - 26.17 Geschwindigkeitsbetrachtung Die Umfangsgeschwindigkeit des Trumführungspunktes ist konstant: v u = r0 ⋅ ω = const Die Tangentialkomponente, die der Längsgeschwindigkeit (vl) des Trums entspricht, ergibt sich aus dem aktuellen Stellungswinkel α des Trumführungspunktes: v l = vu ⋅ cos α Der Maximalwert der tangentialen Trumgeschwindigkeit (vl) liegt vor, wenn α = 0 ist, also: v l max = v u = r0 ⋅ ω Die Radialkomponente (vq) der Trumgeschwindigkeit hängt ebenfalls vom aktuellen Stellungswinkel des Trumführungspunktes ab: v q = v u ⋅ sin α ; Maximalwert bei α = −φ Null bei α=0 Minimalwert bei α = + φ( v r < 0 ) - 26.18 - Umgleichförmigkeit der Kraft- und Bewegungsübertragung >>> Mechanik des Kettentriebes II (ME-26-18) Die Geschwindigkeitsänderungen in tangentialer und radialer Richtung verlaufen periodisch. Periodenwinkel: α = − φ bis α = + φ Der Periodenwinkel ist der Zentriwinkel des treibenden Kettenrades zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zähnen, also 2 φ. Im weiteren wird nur noch die Trumgeschwindigkeit in Längsrichtung betrachtet. - 26.19 Auswirkung der Ungleichförmigkeit im Lasttrum auf die Drehbewegung der Welle 2 Bei einem Kettentrieb mit i = 1, also z1 = z2 und gerader ganzzahliger Gliedzahl im ziehenden Trum ist die Drehbewegung der Welle 2 genauso gleichförmig wie die der Welle 1: δ=0 Die Ungleichförmigkeit im Trum hebt sich am Rad 2 auf. Ist die Gliederzahl im Lasttrum ungerade, so nimmt die Ungleichförmigkeit zu: >>> Mechanik des Kettentriebes III (ME-26-19) - Ungleichförmigkeitsgrad - Mit zunehmender Zähnezahl z1 wird die Ungleichförmigkeit der Welle 2 erheblich besser. - 26.20 Die Ableitung der Trumgeschwindigkeit nach der Zeit ergibt die Kettenbeschleunigung. al = dv l in Trumlängsrichtung dt > > > Mechanik des Kettentriebes IV (ME-26-20) - Kettenbeschleunigung - Die maximale Beschleunigung ergibt sich zu: max al = p ⋅ ω2 2 Diese hängt ab von: Maßnahmen zur Erzielung geringer Kettenbeschleunigung. d0 groß, damit ω klein wird. z groß, damit p klein wird. Die Beschleunigungen führen zu Trägheitskräften. Diese Kräfte sind wegen der Längselastizität der Kette und dem Schmierstoff in den Gelenken tatsächlich geringer als die rechnerischen Werte. Sie führen aber zur Erregung von Kettenschwingungen. Die Erregerfrequenz ist die Zahneingriffsfrequenz. - 26.21 - Fliehkraft Die Fliehkraft ist Zugkraft, die sich über der gesamten Kettenlänge auswirkt. Sie entsteht infolge des Umlaufs der Kette an den Kettenrädern. > > > Herleitung der Fliehkraft (ME-26-21) Die Fliehkraft ist eine Blindkraft, die mit v2 ansteigt. Die Fliehkraft belastet die Kette insbesondere die Kettenglenke, wodurch die optimale Kettengeschwindigkeit gering wird. vopt = 5 ... 8 ... 10 m/s je nach Kettenkonstruktion. - 26.22 - Kräfte am Kettenrad Umfangskraft über den Drehwinkel (ME-26-22) Bei konstantem Drehmoment ändert sich die Umfangskraft mit der wirksamen Hebellänge r am Kettenrad: rmin ≤ r ≤ rmax = r0 Die Umfangskraft schwingt periodisch zwischen Fu,max und Fu,min Der Mittelwert der Umfangskraft Fu ergibt ein flächengleiches Rechteck über dem Periodenwinkel 2 ϕ : ) +ϕ 1 ) ) ⋅ ∫) Fu (α )dα Fu = 2 ⋅ ϕ −ϕ Bei praktischen Berechnungen genügt der Nennwert: Fu ≈ 2 ⋅ Md d0 mit einem Fehler < 1,4 % bei z1 = 19. - 26.23 - Kraftübertragung zwischen Kette und Kettenrad Die nachfolgende Herleitung berücksichtigt nicht etwaige Fliehkräfte, ferner wird Kraft im ziehenden Trum gleich der Nutzkraft gesetzt F1 ≈ Fu . > > > Kraftübertragung zwischen Kettenrad und Kette (Rollenkette) (ME-26-23) Betrachtet wird zunächst das erste Kettenglied im Zahneingriff am Lasttrum. Die Änderung der Zugkraft, zwischen beiden Gelenken ergibt sich für Gleichgewicht: r ausrdem Kräfteplan r Fu1 = FN1 + Fu2 Nach dem Sinussatz ergibt sich: Fu2 = Fu1 ⋅ sin(ϕ + γ − α ) sin(2ϕ + γ ) An allen davorliegenden Gelenken spielt der Winkel α keine Rolle mehr: sin γ Fu,i+1 = Fu,i ⋅ sin(2ϕ + γ ) 1424 3 const Ergebnis: Die Zugkräfte in den einzelnen Gliedern werden nach einer geometrischen Reihe von Zahn zu Zahn abgebaut (5 Eingriffszähne genügen!). Über dem Umfang des Rades in radialer Richtung dargestellt, ergibt sich eine Spirale (ähnlich dem Trumkraftabbau auf dem Wirkbogen einer Treibriemenscheibe). - 26.24 - Trumkraftverteilung beim Kettenantrieb > > > Kräfte am Kettentrieb (ME-26-24) Vorstellung: Hinterradantrieb am Fahrrad Nutzkraft: Bewegungswiderstände des Fahrrades: - Rollwiderstand - Steigungswiderstand - Beschleunigungswiderstand Kräfte im Leertrum, F2: - Stützkraft - Fliehkraft Kräfte im Lasttrum, F1: - Kraft im Leertrum + - Umfangskraft + Vorspannkraft + - dynamische Zusatzkräfte ∑ = Fres , schwellend } ∑ Fw = Fu