2. Nachfrage

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2. Nachfrage
Georg Nöldeke
WWZ, Universität Basel
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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1. Einleitung
1.1. Worum geht es?
In mikroökonomischen Modellen werden Entscheidungen als
Konsequenz von Möglichkeiten und Zielen interpretiert.
In dieser Interpretation lautet die Antwort auf die Frage “Warum
beobachten wir eine bestimmte Entscheidung?” wie folgt:
Es wurde die beste Alternative aus den zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten ausgewählt!
Inhalt gewinnt diese Interpretation (erst) dadurch, dass Annahmen
an die Ziele formuliert werden:
Annahmen an die Ziele bestimmen, welche Entscheidungen bei
gegebenen Möglichkeiten als “beste” in Frage kommen.
Annahmen an die Ziele bestimmen, wie sich Entscheidungen
ändern, wenn sich die Möglichkeiten ändern (komparative Statik).
In diesem Abschnitt werden wir diese Grundgedanken im Kontext
eines (wichtigen) Beispieles illustrieren.
Mikroökonomie (FS 10)
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1. Einleitung
1.1. Das Konsumentenproblem
Wir betrachten das sogenannte Konsumentenproblem, welches
die Grundlage für die Herleitung von Nachfragefunktionen liefert.
Hier werden die Möglichkeiten durch die sogenannte
Budgetbeschränkung beschrieben, die angibt, welche
Güterbündel ein Konsument sich leisten kann.
In anderen Kontexten - aber auch in der Entscheidungssituation,
die durch das Konsumentenproblem beschrieben werden soll - sind
(auch) andere Beschränkungen relevant (Zeitbeschränkungen,
technologische Möglichkeiten, . . . ).
Die Ziele des Entscheiders werden durch eine sogenannte
Präferenzrelation beschrieben, die angibt, wie der Entscheider
die verschiedenen Alternativen ordnet.
Präferenzrelationen werden ganz allgemein zur Beschreibung der
Ziele verwendet. Speziell an dem Beispiel ist nur, dass der Kontext
spezielle Annahmen an die Präferenzrelationen motiviert.
Mikroökonomie (FS 10)
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1. Einleitung
1.2 Das Konsumentenproblem
Im Rahmen der Konsumentenproblems lautet unsere
Verhaltenshypothese:
Ein Konsument wählt das beste Güterbündel,
welches er sich leisten kann.
Um diese Aussage mit Inhalt zu füllen, muss beschrieben werden:
Was ist überhaupt ein “Güterbündel”?
Was heisst “sich leisten kann”?
Was heisst “das beste”?
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2. Die Budgetbeschränkung
2.1 Definitionen
Wir betrachten durchweg eine Situation, in der es nur zwei Güter
gibt, die im allgemeinen mit 1 und 2 bezeichnet werden.
Ein Güterbündel x ist durch die Angabe von Mengen der beiden
Güter beschrieben: x = (x1 , x2 ) mit x1 ≥ 0 und x2 ≥ 0.
Der Konsument verfügt über ein Budget in Höhe von m > 0
Geldeinheiten, welches ihm zum Kauf der beiden Güter zur
Verfügung steht.
Die Preise der beiden Güter sind durch p = (p1 , p2 ) mit p1 > 0 und
p2 > 0 gegeben.
Das Budget m und die Preise p1 , p2 werden als vorgegeben
betrachtet: m und p sind exogen.
Die Entscheidung des Konsumenten besteht in der Auswahl eines
Güterbündels: x ist endogen.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.1 Definitionen
Preise und Budget bestimmen die Möglichkeiten des
Konsumenten: Er kann sich diejenigen Güterbündel leisten, die in
der Budgetmenge
B(p, m) = {(x = (x1 , x2 ) | p1 x1 + p2 x2 ≤ m}
liegen.
Man nennt diese Güterbündel auch erschwinglich.
Die Ungleichung p1 x1 + p2 x2 ≤ m besagt, dass die Ausgaben für
ein Güterbündel x bei Güterpreisen p das Budget m nicht
übersteigen. Sie wird als Budgetbeschränkung bezeichnet.
Die Budgetgerade beschreibt diejenigen Güterbündel, die
gerade erschwinglich sind
p1 x1 + p2 x2 = m,
d.h. die Ausgaben entsprechen dem Budget.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.2 Anmerkungen
Statt mit zwei Gütern kann man das Modell entsprechend auch
mit vielen Gütern formulieren.
Ausser der Notation ändert sich dabei in der Modellbeschreibung
wenig.
Viele (aber keineswegs alle) der im folgenden erzielten
Schlussfolgerungen gelten auch im Fall, in dem mehr als zwei
Güter betrachtet werden.
Zur Interpretation des Modells mit nur zwei Gütern geht man
oftmals davon aus, dass es sich bei dem zweiten Gut um die
Ausgaben für einen Warenkorb handelt, der alle Güter bis auf
Gut 1 enthält.
In diesem Fall setzt man den Preis des zweiten Gutes auf p2 = 1
fest.
Mengen, Preise und Budget sind durchweg als reele Zahlen
aufzufassen.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.3 Die Budgetgerade
Die Budgetgerade
m p1
− x1
p1 x1 + p2 x2 = m ⇔ x2 =
p2 p2
beschreibt tatsächlich eine Gerade mit
Steigung: −p1 /p2 < 0.
Horizontaler Achsenabschnitt: m/p1 > 0.
Vertikaler Achsenabschnit: m/p2 > 0.
Beachte:
Der Konsument kann sich alle Güterbündel leisten, die “links
unterhalb” der Budgetgeraden liegen.
Die Budgetgerade ist durch die Angabe von
zwei auf ihr liegenden Punkten oder aber
die Angabe eines auf ihr liegenden Punktes und ihre Steigung
bestimmt.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.3 Die Budgetgerade
Ökonomische Interpretation der Steigung der Budgetgerade:
Die Steigung −p1 /p2 ist negativ, da der Konsument bei einer
Bewegung entlang der Budgetgeraden etwas von Gut 2 aufgeben
muss, um zusätzliche Einheiten von Gut 1 zu erlangen.
Der Absolutwert der Steigung, p1 /p2 gibt an, wieviele Einheiten von
Gut 2 der Konsument aufgeben muss, um eine zusätzliche Einheit
von Gut 1 zu erhalten. Dieser sogenannte relative Preis stellt also
die Opportunitätskosten einer zusätzlichen Einheit von Gut 1 dar.
Ökonomische Interpretation der Achsenabschnitte der
Budgetgerade:
Die Achsenabschnitte geben an, wieviele Einheiten des jeweiligen
Gutes sich der Konsument maximal leisten kann, wenn er auf den
Konsum des anderen Gutes verzichtet.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.4 Komparative Statik der Budgetgeraden
Eine Veränderung des Budgets führt zu einer
Parallelverschiebung der Budgetgeraden.
Beispiel: Budget steigt ⇒ beide Achsenabschnitt steigen um den
Prozentsatz der Budgeterhöhung an.
Eine Veränderung eines Preises führt zu einer Drehung der
Budgetgeraden um den Achsenabschnitt des Gutes, dessen Preis
unverändert bleibt.
Beispiel: Preis von Gut 1 steigt ⇒ horizontaler Achsenabschnitt
wird kleiner; vertikaler Achsenabschnitt bleibt unverändert.
Eine Veränderung aller Preise und des Budgets um den gleichen
Prozentsatz lässt die Budgetgerade und damit die Budgetmenge
unverändert.
Beispiel: Werden alle Preise und das Budget in Rappen statt in
Franken gemessen, so ändert sich nichts an den Güterbündeln, die
der Konsument sich leisten kann.
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2. Die Budgetbeschränkung
2.5 Numeraire-Gut
Anstatt Budget und Preise in einer fixen Geldeinheit zu messen,
kann man auch den Preis von Gut 2 als Recheneinheit für die
Geldgrössen wählen.
Tut man dieses, so bezeichnet man Gut 2 als Numeraire und setzt
p2 = 1.
Das Budget m gibt dann an, wieviele Einheiten des Numeraire sich
der Konsument maximal leisten kann.
Der Preis p1 von Gut 1 gibt dann den relativen Preis von Gut 1 an;
er entspricht der Anzahl der Einheiten des Numeraires, auf welche
der Konsument für eine zusätzliche Einheit von Gut 1 verzichten
muss.
Beachte: Die Budgetgerade bleibt unverändert, wenn man statt
(p1 , p2 , m) die Werte (p1 /p2 , 1, m/p2 ) einsetzt.
Es ist also stets möglich, Gut 2 als Numeraire zu wählen, ohne
etwas daran zu ändern, welche Güterbündel erschwinglich sind.
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3. Präferenzen
3.1 Präferenzrelationen
Ausgangspunkt der folgenden Modellierung ist die Vorstellung,
dass wir für einen Konsumenten, die zwischen zwei Güterbündeln
x und y auszuwählen hat, beobachten können, ob er
1
2
3
das Güterbündel x als besser erachtet.
das Güterbündel y als besser erachtet.
die beiden Güterbündel für gleich gut erachtet.
Wir schreiben in den jeweiligen Fällen:
1
2
3
x y (“x wird y streng vorgezogen.”)
y x (“y wird x streng vorgezogen.”)
x ∼ y (“x und y sind indifferent”)
und nehmen an, dass für gegebene Güterbündel x und y
höchstens eine dieser Aussagen zutreffend ist.
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3. Präferenzen
3.1 Präferenzrelationen
Man definiert
x y ⇔ x y oder x ∼ y,
und liest die Beziehung als “x wird y vorgezogen.”
Eine Präferenzrelation, die ebenfalls mit bezeichnet wird, ist
dadurch beschrieben, dass sie für jedes Paar von Güterbündeln x
und y angibt, ob die Beziehung x y gilt oder nicht.
Beachte: Aus Kenntnis der Präferenzrelation kann man die
Indifferenzrelation ∼ und die strenge Präferenzrelation rekonstruieren.
Gilt z.B. x y während die Beziehung y x nicht gilt, so folgt x y.
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3. Präferenzen
3.2 Rationale Präferenzrelationen und rationales Verhalten
Definition (Vollständigkeit)
Eine Präferenzrelation heisst vollständig, wenn für alle Güterbündel
x und y gilt:
x y oder y x (oder beides).
Definition (Transitivität)
Eine Präferenzrelation heisst transitiv, wenn für alle Alternativen x,
y und z gilt:
x y und y z ⇒ x z.
Definition (Rationalität)
Eine Präferenzrelation heisst rational, wenn sie vollständig und
transitiv ist.
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3. Präferenzen
3.2 Rationale Präferenzrelationen und rationales Verhalten
Eine rationale Präferenzrelation kann als die Beschreibung der
Ziele eines Konsumentens interpretiert werden.
Gegeben eine solche Beschreibung der Ziele, kann man
definieren, was mit einem “besten” Güterbündel gemeint ist:
Definition (Optimales Güterbündel)
Sei eine rationale Präferenzrelation. Ein Güterbündel x∗ ∈ B(p, m) ist
optimal in der Budgetmenge B(p, m), wenn es allen anderen
Güterbündeln in der Budgetmenge vorgezogen wird:
x ∈ B(p, m) ⇒ x∗ x.
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3. Präferenzen
3.2 Rationale Präferenzrelationen und rationales Verhalten
Rationales Verhalten
Bei allen Preisen p1 , p2 und Budgets m wählt ein Konsument mit
rationaler Präferenzrelation ein Güterbündel x∗ , welches optimal in
der Budgetmenge B(p, m) ist.
Fragen:
Wie bestimmt man das zu einer gegebenen rationalen
Präferenzrelation dazugehörige rationale Verhalten?
Kann man auch ohne (genaue) Kenntnis der Präferenzrelation aus der Annahme, dass das Verhalten rational ist,
Verhaltensimplikationen ableiten?
Kann man aus der Beobachtung von Verhalten die zu Grunde
liegenden Ziele identifizieren?
Um diesen Fragen nachzugehen, benötigen wir weitere
Instrumente.
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3. Präferenzen
3.3 Indifferenzkurven und Bessermengen
Gegeben eine rationale Präferenzrelation und ein Güterbündel
x = (x1 , x2 ) definiert man:
Die Indifferenzkurve zu x als die Menge aller Güterbündel, die
indifferent zu x sind:
I(x) = {y = (y1 , y2 ) | y ∼ x}
Indifferenzmenge wäre ein besserer Name . . .
Die Bessermenge zu x als die Menge aller Güterbündel, die x
vorgezogen werden:
P(x) = {y = (y1 , y2 ) | y x}
Eine rationale Präferenzrelation ist durch Angabe ihrer
Indifferenzkurven und Bessermengen vollständig beschrieben.
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3. Präferenzen
3.3 Indifferenzkurven und Bessermengen
Mit der Annahme der Rationalität sind nahezu beliebige
Indifferenzkurven vereinbar.
Siehe die Beispiele zu “schlechten Gütern”, “neutralen Gütern” und
“gesättigten Präferenzen” in Abschnitt 3.4 des Lehrbuches.
Beachte: In einer Grafik lassen sich immer nur einige
Indifferenzkurven und Bessermengen einer Präferenzrelation
darstellen.
Eine grafische Darstellung kann also nur dazu dienen, gewisse
Eigenschaften einer Präferenzrelation zu illustrieren
. . . und genau zu diesem Zweck werden wir die grafische
Darstellung im folgenden verwenden.
Wir werden daher im folgenden weitere Annahmen an und
Beispiele für rationale Präferenzrelationen auch mathematisch
formulieren.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Um die Analyse zu vereinfachen, wird im Regelfalle unterstellt,
dass Präferenzrelationen nicht nur rational sind, sondern weitere
Eigenschaften aufweisen.
Wir werden solche Präferenzrelationen als artig bezeichnen.
In Bezug auf die Indifferenzkurven besagt Artigkeit im
wesentlichen, dass sich Indifferenzkurven als differenzierbare,
streng fallend und streng konvex verlaufende Funktionen von x1
darstellen lassen. Hinzu kommt noch, dass die Bessermengen
“rechts oberhalb” der jeweiligen Indifferenzkurve liegen.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Abbildung: Eine Indifferenzkurve einer artigen Präferenzrelation. Strenge
Konvexität der Indifferenzkurve bedeutet, dass die Verbindungslinie zwischen
zwei beliebigen Güterbündeln auf der Indifferenzkurve, hier y und z, streng
oberhalb der Indifferenzkurve liegt.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Hinter einem solchen Verlauf der Indifferenzkurven stecken drei
verschiedene Annahmen an die Präferenzrelation:
1
2
3
Stetigkeit und Differenzierbarkeit der Präferenzrelation:
Indifferenzkurven haben keine “Sprünge” und keine “Knicke.”
Strenge Monotonie der Präferenzrelation: Mehr ist besser.
Strenge Konvexität der Präferenzrelation: Mischungen sind
besser als Extreme.
Definition (Artigkeit)
Eine Präferenzrelation heisst artig, wenn sie stetig, differenzierbar,
streng monoton und streng konvex ist.
Stetigkeit und Differenzierbarkeit ist eine “technische” Annahme,
die wir nicht weiter formalisieren werden.
Alle Präferenzrelationen, die wir im folgenden betrachten, sind
stetig und – mit der Ausnahme der perfekten Komplemente – auch
differenzierbar.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Zur Vereinfachung verwenden wir die folgende Notation und
Terminologie:
x ≥ y bedeutet, dass x1 ≥ y1 und x2 ≥ y2 gilt: x ist grösser als y.
x > y bedeutet, dass x1 > y1 und x2 > y2 gilt: x ist streng grösser als
y.
Ein Güterbündel mit x > 0 bezeichnen wir als inneres
Güterbündel.
Definition (Monotonie und strenge Monotonie)
Sei x 6= y. Eine rationale Präferenzrelation heisst monoton, wenn
aus x ≥ y folgt, dass x y gilt. Folgt für innere Güterbündel zudem
x y, so heisst die Präferenzrelation streng monoton.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Abbildung: Ist eine Präferenzrelation streng monoton, so verlaufen ihre
Indifferenzkurven durch Güterbündel x > 0 streng fallend.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Die Güterbündel z, die auf der Verbindungslinie zwischen zwei
Güterbündeln x und y liegen, lassen sich mathematisch als
sogenannte konvexe Kombinationen von x und y beschreiben.
Für alle Güterbündel x, y und reele Zahlen 0 ≤ α ≤ 1 definiert man
αx + (1 − α)y = (αx1 + (1 − α)y1 , αx2 + (1 − α)y2 ).
Gilt z = αx + (1 − α)y für 0 < α < 1, so bezeichnet man z als eine
konvexe Kombination von x und y.
Definition (Konvexität und strenge Konvexität)
Eine Präferenzrelation heisst konvex, wenn für alle Güterbündel
x 6= y und konvexen Kombinationen z dieser beiden Güterbündel aus
x y folgt, dass auch z y gilt. Gilt für innere Güterbündel zudem
z y, so heisst die Präferenzrelation streng konvex.
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Beachte: Ist die Präferenzrelation (streng) konvex, so gilt auch
x ∼ y ⇒ z = αx + (1 − α)y x.
bzw.
x ∼ y ⇒ z = αx + (1 − α)y x.
In Abschnitt 3.5 des Lehrbuches werden diese Implikation als
Definition verwendet.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Abbildung: Eine Indifferenzkurve einer streng konvexen Präferenzrelation.
Alle Güterbündel auf der Verbindungslinie zwischen den indifferenten
Güerbündeln x und y werden diesen Güterbündeln streng vorgezogen. Hier
für das Güterbündel z = 0.5x + 0.5y dargestellt.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.4 Artige Präferenzrelationen
Abbildung: Indifferenzkurve einer nicht-konvexe, aber streng monotonen
Präferenzrelation. Das Güterbündel z liegt auf der Verbindungslinie zwischen
x und y, so dass bei Konvexität z y gelten müsste. Es gilt aber y z.
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3. Präferenzen
3.5 Zwei unartige Beispiele
Zwei Güter sind perfekte Komplemente, wenn der Konsument sie in
einem fixen Verhältnis konsumieren will.
Perfekte Komplemente werden durch eine monotone
Präferenzrelation beschrieben, für die es eine Konstante a > 0
gibt, so dass x und y genau dann indifferent sind, wenn die
folgende Bedingung gilt: min{ax1 , x2 } = min{ay1 , y2 }.
Merke: a gibt an, wieviele Einheiten von Gut 2 der Konsument pro
Einheit von Gut 1 konsumieren will.
Die Indifferenzkurven im Fall perfekter Komplemente sind
“L-förmig,” wobei die Knickpunkte der Indifferenzkurve auf der
Geraden x2 = ax1 liegen.
Im Lehrbuch wird der Fall a = 1 diskutiert und dargestellt.
Eine solche Präferenzrelation ist stetig, monoton und konvex, aber
nicht differenzierbar, nicht streng monoton und nicht streng
konvex.
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3. Präferenzen
3.5 Zwei unartige Beispiele
Zwei Güter sind perfekte Substitute, wenn der Konsument bereit ist,
sie in einem fixen Verhältnis gegeneinander auszutauschen.
Perfekte Substitute werden durch eine monotone
Präferenzrelation beschrieben, für die es eine Konstante a > 0
gibt, so dass x und y genau dann indifferent sind, wenn die
folgende Bedingung gilt ax1 + x2 = ay1 + y2 .
Merke: a gibt an, auf wieviele Einheiten von Gut 2 der Konsument
pro Einheit von Gut 1 verzichten mag.
Die Indifferenzkurven im Fall perfekter Substitute sind parallele
Geraden mit Steigung −a.
Im Lehrbuch wird der Fall a = 1 diskutiert und dargestellt.
Eine solche Präferenzrelatinon ist stetig, differenzierbar, streng
monoton und konvex, aber nicht streng konvex.
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3. Präferenzen
3.6 Grenzrate der Substitution und marginale Zahlungsbereitschaft
Definition (Grenzrate der Substitution)
Die Steigung der Indifferenzkurve I(x) an der Stelle x heisst die
Grenzrate der Substitution an der Stelle x. Sie wird mit GRS(x)
bezeichnet.
Die Grenzrate der Substitution misst (im Sinne eines
Grenzwertes) das Verhältnis, ∆x2 /∆x1 , in dem die Mengen der
beiden Güter gegeneinander ausgetauscht werden können, so
dass der Konsument indifferent bleibt.
Am einfachsten ist das zu merken, wenn man sich vorstellt, dass
man die Indifferenzkurve durch x durch eine Gerade mit Steigung
GRS(x) ersetzt.
Wie im Fall perfekter Substitute ist −GRS(x) dann die Anzahl von
Einheiten von Gut 2, auf die der Konsument pro Einheit von Gut 1
verzichten mag.
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3. Präferenzen
3.6 Grenzrate der Substitution und marginale Zahlungsbereitschaft
Satz
Für eine artige Präferenzrelation ist die Grenzrate der Substitution
für alle x > 0 streng negativ: GRS(x) < 0.
streng steigend entlang einer Indifferenzkurve: x ∼ y und x1 > y1
impliziert GRS(x) > GRS(y).
Strenge Monotonie sichert, dass die Grenzrate der Substitut
streng negativ ist.
Strenge Konvexität sichert, dass sie entlang einer Indifferenzkurve
steigt.
Beachte: Da die Grenzrate der Substitution streng negativ ist,
bedeutet ein Anstieg hier, dass ihr Absolutwert kleiner wird.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.6 Grenzrate der Substitution und marginale Zahlungsbereitschaft
Abbildung: Indifferenzkurve einer artigen Präferenzrelation. Die
Indifferenzkurve verläuft streng fallend, so dass GRS(x) < 0 gilt. Strenge
Konvexität der Indifferenzkurve bedeutet, dass die Indifferenzkurve um so
flacher wird, je grösser x1 ist – die Grenzrate der Substitution also steigt.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.6 Grenzrate der Substitution und marginale Zahlungsbereitschaft
Abbildung: Indifferenzkurve einer nicht-konvexen Präferenzrelation. Die
Grenzrate der Substitution ist entlang der Indifferenzkurve nicht steigend.
Mikroökonomie (FS 10)
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3. Präferenzen
3.6 Grenzrate der Substitution und marginale Zahlungsbereitschaft
Definition (Marginale Zahlungsbereitschaft)
Der Absolutwert der Grenzrate der Substitution heisst marginale
Zahlungsbereitschaft.
Für artige Präferenzrelationen ist die marginale
Zahlungsbereitschaft streng positiv und bei einer Bewegung
entlang einer Indifferenzkurve streng fallend.
Gilt p2 = 1, so kann die marginale Zahlungsbereitschaft als
Geldbetrag interpretiert werden.
Beachte: Die marginale Zahlungsbereitschaft hängt im
allgemeinen nicht nur von x1 , sondern auch von x2 ab.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.1 Einleitung
Rationale Präferenzrelationen lassen sich durch eine sogenannte
Nutzenfunktion darstellen.
Die Verwendung von Nutzenfunktionen erleichtert es, Beispiele für
Präferenzrelationen zu konstruieren, deren Eigenschaften exakt
zu beschreiben und das resultierende Verhalten zu bestimmen.
Insbesondere kann das Problem der Bestimmung optimaler
Güterbündel als Lösung eines Maximierungsproblems unter
Nebenbedingungen dargestellt werden, welches die Anwendung
der hierfür entwickelten mathematischen Methoden und
Ergebnisse erlaubt.
Hinweis: Nutzenfunktion werden nicht nur im Kontext des
Konsumentenproblems sondern in fast allen ökonomischer
Problemen zur Beschreibung von Präferenzrelationen verwendet.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.2 Nutzenfunktionen
Definition (Nutzenfunktion)
Eine Nutzenfunktion u ordnet jedem Güterbündel x eine reele Zahl
u(x), die sogenannte Nutzenbewertung des Güterbündels x zu.
Definition (Nutzendarstellung)
Eine Nutzenfunktion u : X → R stellt eine Präferenzrelation dar, falls
für alle Güterbündel x und y gilt:
x y ⇔ u(x) ≥ u(y)
Die Nutzendarstellung einer Präferenzrelation erfolgt also
dadurch, dass besseren Alternativen ein höherer Wert der
Nutzenfunktion zugeordnet wird.
Insbesondere gilt (als Implikation der Definition)
x y ⇔ u(x) ≥ u(y).
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.2 Nutzenfunktionen
Bei der Nutzendarstellung kommt er nur darauf an, dass die
Nutzenfunktion die Güterbündel genauso ordnet, wie die
Präferenzrelation. Insbesondere gilt:
Satz (Ordinalität der Nutzendarstellung)
Wenn u eine Nutzendarstellung der Präferenzrelation ist, dann stellt
auch jede streng monotone Transformation v von u die
Präferenzrelation dar.
Definition (Streng monotone Transformation)
Eine Nutzenfunktion v heisst eine streng monotone Transformation
einer Nutzenfunktion u, wenn es eine streng steigende Funktion
f : R → R gibt, so dass für alle Güterbündel x
v(x) = f (u(x))
gilt.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.2 Nutzenfunktionen
Beachte: Die Ordinalität der Nutzendarstellung impliziert, dass es
keinen Sinn macht, Eigenschaften der Nutzenfunktion, die durch
eine streng monotone Transformation verändert werden, mit Blick
auf die Ziele eines Entscheiders zu interpretieren.
Z.B. bedeutet u(y) = 5u(x) > 0 nicht, dass y “5-mal so gut” wie x ist
- sondern lediglich, dass das Güterbündel y dem Güterbündel x
vorgezogen wird.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.3 Nutzenfunktion und Indifferenzkurven
Aus der Angabe einer Nutzenfunktion u lassen sich die
Indifferenzkurven und Bessermengen der dargestellten
Präferenzrelation bestimmen.
Die Indifferenzkurve zu x ist:
I(x) = {y = (y1 , y2 ) | u(y) = u(x)}
Die Bessermenge zu x ist:
P(x) = {y = (y1 , y2 ) | u(y) ≥ u(x)}
Insbesondere entsprechen die Indifferenzkurven von den
Niveaulinien von u.
Eine beliebige Indifferenzkurve ist durch die Gleichung u(x) = k
bestimmt.
Unterschiedliche Indifferenzkurven korrespondieren zu
unterschiedlichen Werten der Konstanten k.
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Perfekte Substitute:
Die Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = a · x1 + x2 mit a > 0
stellt perfekte Substitute dar.
Begründung:
Die Gleichung für eine Niveaulinie dieser Nutzenfunktion ist
a · x1 + x2 = k ⇒ x2 = k−ax1 .
Also sind alle Indifferenzkurven der durch u dargestellten
Präferenzrelation parallele Geraden mit Steigung −a.
Zudem gilt u(x) ≥ u(y) für x ≥ y, so dass die durch u dargestellte
Präferenzrelation monoton ist.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Perfekte Substitute: Die Niveaulinien der Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = x1 + x2 ensprechen den Indifferenzkurven von perfekten
Substituten mit a = 1.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Perfekte Komplemente:
Die Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = min{ax1 , x2 }, mit a > 0
stellt perfekte Komplemente mit dem Parameter a dar.
Begründung:
x und y liegen genau dann auf einer Niveaulinie der Nutzenfunktion,
wenn min{ax1 , x2 } = min{ay1 , y2 } gilt – was gerade der
Indifferenzbedingung im Fall perfekter Komplemente entspricht.
Zudem gilt u(x) ≥ u(y) für x ≥ y, so dass die durch u dargestellte
Präferenzrelation monoton ist.
Beachte: Für gegebenes a stellt die Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = min{x1 , x2 /a} ebenfalls perfekte Komplemente dar.
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42 / 136
4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Perfekte Komplemente: Die Niveaulinien der Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = min{x1 , x2 } entsprechen den Indifferenzkurven von perfekten
Komplementen mit a = 1.
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Definition (Quasilineare Präferenzen)
Eine Präferenzrelation heisst quasilinear (im zweiten Gut), wenn
sie durch eine sogenannte quasilineare Nutzenfunktion der Form
u(x1 , x2 ) = v(x1 ) + x2
dargestellt werden kann.
Die Niveaulinien einer quasilinearen Nutzenfunktion sind durch
v(x1 ) + x2 = k ⇔ x2 = k − v(x1 )
gegeben.
Dies bedeutet, dass sich die verschiedenen Indifferenzkurven der
dargestellten Präferenzrelation nur durch die Höhe des vertikalen
Achsenabschnitts k − v(0) voneinander unterscheiden.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Quasilineare Präferenzrelation: Die Indifferenzkurven ergeben sich
aus der vertikalen Verschiebung einer einzigen Indifferenzkurve.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Um eine quasilineare Präferenzrelation zu beschreiben, genügt
es, die Funktion v anzugeben, welche jeder Menge von Gut 1 eine
reele Zahl zuordnet.
Gilt v(0) = 0, so hat diese Funktion eine einfache Interpretation:
v(x1 ) ist die Zahlungsbereitschaft des Konsumenten dafür, die
Menge x1 anstatt die Menge 0 von Gut 1 zu erhalten.
Diese Zahlungsbereitschaft wird in Einheiten von Gut 2 gemessen.
Gilt p2 = 1, so entspricht dieses einem Geldbetrag.
Beachte:
Die Zahlungsbereitschaft ist unabhängig davon, wieviele Einheiten
x2 in einem Güterbündel enthalten sind.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Definition (Cobb-Douglas-Präferenzrelation)
Eine Präferenzrelation heisst Cobb-Douglas, wenn sie durch eine
sogenannte Cobb-Douglas-Nutzenfunktion der Form
u(x1 , x2 ) = x1c · x2d mit c > 0 und d > 0
dargestellt werden kann.
Die Bedeutung von Cobb-Douglas-Präferenzen liegt darin, dass
Cobb-Douglas-Nutzenfunktionen recht leicht zu handhaben sind
und daher zur Illustration vieler der folgenden Überlegungen und
Definitionen verwendet werden können.
Das einfachste Beispiel für eine Cobb-Douglas-Nutzenfunktion ist
u(x1 , x2 ) = x1 · x2 .
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Cobb-Douglas-Präferenzen: Niveaulinien u(x1 , x2 ) = k der
Nutzenfunktion u(x1 , x2 ) = x1 x2 . Beachte: Für alle k > 0 verlaufen die
Indifferenzkurven streng fallend und streng konvex.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.4 Beispiele für Nutzenfunktionen
Eine Cobb-Douglas-Präferenzrelation mit der Nutzendarstellung
u(x1 , x2 ) = x1c · x2d mitc > 0 und d > 0
wird ebenfalls durch die folgenden Nutzenfunktionen dargestellt:
u(x1 , x2 ) = x1a x21−a
u(x1 , x2 ) = a ln(x1 ) + (1 − a) ln(x2 ),
wobei
c
a=
.
c+d
Wir wir noch sehen werden, besitzt der Parameter a in diesen
Darstellungen eine unmittelbare ökonomische Interpretation.
Streng genommen, ist die zweite Darstellung, die für
Berechnungen nützlich ist, nur für Güterbündel mit x > 0 korrekt.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.5 Nutzendarstellung artiger Präferenzrelationen
Definition ((Strenge) Quasikonkavität)
Eine Nutzenfunktion heisst quasikonkav, wenn für alle Güterbündel
x 6= y und konvexe Kombinationen z dieser beiden Güterbündel aus
u(x) ≥ u(y) folgt, dass auch u(z) ≥ u(y) gilt. Gilt für innere Güterbündel
zudem u(z) > u(y), so heisst die Nutzenfunktion streng quasikonkav.
Diese Definition sagt nichts anderes, als dass die durch u
dargestellte Präferenzrelation konvex, bzw. streng konvex ist.
Eine hinreichende Bedingung für die (strenge) Quasikonkavität
einer Funktion ist ihre (strenge) Konkavität.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.5 Nutzendarstellung artiger Präferenzrelationen
Definition (Artige Nutzenfunktion)
Eine differenzierbare Nutzenfunktion u heisst artig, wenn sie streng
quasikonkav ist und ihre partiellen Ableitungen
∂ u(x)
, i = 1, 2
∂ xi
für alle x > 0 streng positiv sind.
Satz (Nutzendarstellung artiger Präferenzrelationen)
Jede artige Nutzenfunktion stellt eine artige Präferenzrelationen
dar.
Jede artige Präferenzrelation kann durch eine artige
Nutzenfunktion dargestellt werden.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.5 Nutzendarstellung artiger Präferenzrelationen
Cobb-Douglas Präferenzrelationen sind artig.
Begründung:
Für x > 0 sind die partiellen Ableitungen der Nutzendarstellung
u(x1 , x2 ) = a ln(x1 ) + (1 − a) ln(x2 ):
∂ u(x)
a
∂ u(x) 1 − a
=
> 0,
=
> 0.
∂ x1
x1
∂ x2
x2
Die Nutzendarstellung u(x1 , x2 ) = a ln(x1 ) + (1 − a) ln(x2 ) ist streng
konkav und somit streng quasikonkav.
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.5 Nutzendarstellung artiger Präferenzrelationen
Quasilineare Nutzenfunktionen u(x1 , x2 ) = v(x1 ) + x2 sind artig,
wenn die erste Ableitung v0 von v streng positiv und die zweite
Ableitung v00 streng negativ ist.
Begründung:
Die partiellen Ableitungen der quasilinearen Nutzenfunktion sind:
∂ u(x)
∂ u(x)
= v0 (x1 ) > 0,
= 1 > 0.
∂ x1
∂ x2
Gilt v00 (x1 ) < 0, so ist die quasilineare Nutzenfunktion streng konkav
und somit streng quasikonkav.
Unter den genannten Voraussetzungen an v sind entsprechend
auch die dargestellten quasilinearen Präferenzrelationen artig.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.6 Grenznutzen und Grenzrate der Substitution
Definition (Grenznutzen)
Die partielle Ableitung ∂∂u(x)
xi einer differenzierbaren Nutzenfunktion
bezeichnet man als den Grenznutzen des i-ten Gutes (an der Stelle
x).
Beachte: Der Grenznutzen ist kein ordinales Konzept, d.h.
unterschiedliche Nutzendarstellungen der gleichen
Präferenzrelation führen zu unterschiedlichen Grenznutzen.
Dennoch ist der Grenznutzen ein hilfreiches Konzept, da er zur
Bestimmung der Grenzrate der Substitution der durch u
dargestellten Präferenzordnung verwendet werden kann.
Mikroökonomie (FS 10)
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4. Nutzendarstellung von Präferenzrelationen
4.6 Grenznutzen und Grenzrate der Substitution
Satz
Sei u eine differenzierbare Nutzenfunktion mit streng positiven
Grenznutzen ∂ u(x)/∂ xi > 0. Dann gilt für die Grenzrate der Substitution
der durch u dargestellten Präferenzrelation :
∂ u(x)/∂ x1
GRS(x) = −
.
∂ u(x)/∂ x2
Die marginale Zahlungsbereitschaft ist also gleich dem
Verhältnis der Grenznutzen der beiden Güter.
Anmerkung: Um dieses Ergebnis zu beweisen, bestimmt man die
Steigung der, durch die Gleichung u(x) = k beschriebenen
Indifferenzkurve durch den Satz über implizite Funktionen.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.1 Einleitung
Zur Erinnerung: Wir gehen davon aus, dass der Konsument bei
gegebenen Preisen p = (p1 , p2 ) > 0 und gegebenem Budget m > 0
ein Güterbündel wählt, welches optimal im Sinne der folgenden
Definition ist.
Definition (Optimales Güterbündel)
Sei eine rationale Präferenzrelation. Ein Güterbündel x∗ ∈ B(p, m) ist
optimal in der Budgetmenge B(p, m), wenn es allen anderen
Güterbündeln in der Budgetmenge vorgezogen wird:
x ∈ B(p, m) ⇒ x∗ x.
Ein solches Güterbündel bezeichnet man auch als Lösung des
Konsumentenproblems (bei Preisen p und Budget m).
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.1 Einleitung
Woher wissen wir eigentlich, dass es optimale Güterbündel gibt?
Gibt es sie nicht, so macht das ganze Modell keinen Sinn . . .
Können wir davon ausgehen, dass es nur ein optimales
Güterbündel in einer gegebenen Budgetmenge gibt?
. . . so dass es tatsächlich Sinn macht, davon zu sprechen, dass ein
Konsument das beste Güterbündel wählt, welches er sich leisten
kann.
Welche Eigenschaften charakterisieren ein optimales
Güterbündel?
Wie kann man optimale Güterbündel bestimmen?
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.2 Existenz, Eindeutigkeit und Ausschöpfung des Budgets
Satz
Ist eine Präferenzrelation artig, so gibt es in jeder Budgetmente
B(p, m) mit p > 0 und m > 0 genau ein optimales Güterbündel. Dieses
liegt auf der Budgetgeraden, d.h. es gilt
p1 x1∗ + p2 x2∗ = m.
Die Existenz eines optimalen Güterbündels wird durch die
Annahme der Stetigkeit der Präferenzrelation gesichert.
Eindeutigkeit folgt aus der Annahme der strengen Konvexität der
Präferenzrelation.
Die Annahme der strengen Monotonie sichert, dass das optimale
Güterbündel auf der Budgetgeraden liegen muss.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.2 Existenz, Eindeutigkeit und Ausschöpfung des Budgets
Abbildung: Die Lösung eines Konsumentenproblems bei einer artigen
Präferenzrelation. In der dargestellten Budgetmenge ist x∗ das einzige
optimale Güterbündel. Es wird allen anderen Güterbündeln in der
Budgetmenge, wie z.B. dem mit x markierten Güterbündel, streng
vorgezogen.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.2 Existenz, Eindeutigkeit und Ausschöpfung des Budgets
Abbildung: Ein Beispiel mit zwei optimalen Güterbündeln. Beachten Sie, dass
die Präferenzrelation nicht konvex ist, da ansonsten das als “nicht optimal”
markierte Güterbündel vorgezogen sein müsste.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.3 Grenzrate der Substitution und Preisverhältnis
Satz
Ist eine Präferenzrelation artig, so ist ein Güterbündel x∗ > 0, welches
auf der Budgetgeraden liegt, genau dann optimal, wenn die Grenzrate
der Substitution bei diesem Güterbündel mit der Steigung der
Budgetgeraden übereinstimmt:
p1
GRS(x ) = −
p2
∗
Ökonomischer formuliert, besagt die Optimalitätsbedingung aus
diesem Satz, dass die marginale Zahlungsbereitschaft für Gut 1
mit dem relativen Preis von Gut 1 übereinstimmt.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.3 Grenzrate der Substitution und Preisverhältnis
Die Notwendigkeit der Optimalitätsbedingung GRS(x∗ ) = −p1 /p2
wird durch die folgende Abbildung veranschaulicht.
Die vorhergehende Abbildung zeigt, dass die
Optimalitätsbedingung ohne die Annahme der strengen
Konvexität nicht hinreichend ist.
Beachte die Annahme x∗ > 0 in der Formulierung des Satzes – es
handelt sich um eine Charakterisierung sogenannter innerer
Lösungen des Konsumentenproblems.
Gibt es kein Güterbündel, welches die Optimalitätsbedingung
erfüllt, so muss es sich bei der Lösung des Konsumentenproblems
um eine sogenannte Randlösung handeln: entweder x∗ = (m/p1 , 0)
oder x∗ = (0, m/p2 ) ist optimal.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.3 Grenzrate der Substitution und Preisverhältnis
Abbildung: Das innere Güterbündel x liegt auf der Budgetgeraden. Es ist nicht
optimal, da die Indifferenzkurve durch x die Budgetgeraden schneidet und es
somit Güterbündel in der Budgetmenge gibt, die x streng vorgezogen werden.
Hier liegen diese Güterbündel in dem grün markierten Bereich.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.4 Das Nutzenmaximierungsproblem
Satz (Nutzenmaximierung)
Sei u eine Nutzendarstellung der Präferenzrelation . Dann ist x∗
genau dann ein optimales Güterbündel in der Budgetmenge B(p, m),
wenn es das folgende Nutzenmaximierungsproblems löst:
max u(x) unter der Nebenbedingung p1 x1 + p2 x2 ≤ m.
x≥0
Für eine gegebene Nutzenfunktion u kann man optimale
Güterbündel also explizit durch Lösung des
Nutzenmaximierungsproblems bestimmen.
Wir befassen uns daher im folgenden mit der Frage, wie man ein
Nutzenmaximierungsproblem löst.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.4 Das Nutzenmaximierungsproblem
Satz
Ist u eine artige Nutzenfunktion. Erfüllt das Güterbündel x∗ die
Bedingungen
p1 x1∗ + p2 x2∗ = m
und
p1
∂ u(x1∗ , x2∗ )/∂ x1
= ,
∗
∗
∂ u(x1 , x2 )/∂ x2
p2
(1)
(2)
so ist es die einzige Lösung des Nutzenmaximierungsproblems.
Formal folgt dieses Ergebnis aus der Anwendung des
Lagrangeansatzes auf das Nutzenmaximierungsproblem.
Da das Verhältnis der Grenznutzen der marginalen
Zahlungsbereitschaft entspricht, liefert dieses Ergebnis auch die
formale Rechtfertigung für unsere vorhergehende
Charakterisierung optimaler Güterbündel.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.4 Das Nutzenmaximierungsproblem
Für artige Nutzenfunktionen kann man zur Lösung des
Nutzenmaximierungsproblems also wie folgt verfahren:
1
2
Suche ein Güterbündel, welches Gleichungen (1) und (2) erfüllt. Ist
die Suche erfolgreich, so ist die Lösung des
Nutzenmaximierungsproblems bestimmt.
Gibt es kein solches Güterbündel, so muss eine Randlösung
vorliegen. Vergleiche u(m/p1 , 0) und u(0, m/p2 ), um zu bestimmen,
welches dieser beiden Güterbündel den grösseren Nutzen liefert –
dieses ist die Lösung des Nutzenmaximierungsproblems.
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.5 Zwei artige Beispiele
Cobb-Douglas-Nutzenfunktion: u(x1 , x2 ) = x1a x21−a mit 0 < a < 1
Die Gleichungen
p1 x1∗ + p2 x2∗ = m
und
GRS(x1∗ , x2∗ )
ax2∗
p1
=−
=−
∗
(1 − a)x1
p2
besitzen die eindeutige Lösung
x1∗ = am/p1 > 0, x2∗ = (1 − a)m/p2 > 0.
Dieses Güterbündel ist also die eindeutige Lösung des
Nugtzenmaximierungsproblems.
Beachte: Der Parameter a stellt den Anteil des Budgets dar, den
der Konsument füt Gut 1 ausgibt.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.5 Zwei artige Beispiele
Quasilineare Nutzenfunktion u(x1 , x2 ) = v(x1 ) + x2 mit v0 (x1 ) > 0 und
v00 (x1 ) < 0.
Gibt es ein Güterbündel x∗ ≥ 0, welches die Bedingungen
v0 (x1∗ ) = p1 /p2 und p1 x1∗ + p2 x2∗ = m
(3)
erfüllt, so ist dieses die einzige Lösung des
Nutzenmaximierungsproblems.
Die genannten Bedingungen sind äquivalent zu
v0 (x1∗ ) = p1 /p2 , x2∗ = (m − p1 x1∗ )/p2
Besitzt (3) keine positive Lösung, so tritt eine (ebenfalls
eindeutige) Randlösung auf:
1
2
Gilt v0 (0) ≤ p1 /p2 , so ist (x1∗ , x2∗ ) = (0, m/p2 ) die einzige Lösung des
Nutzenmaximierungsproblems.
Gilt v0 (m/p1 ) ≥ p1 /p2 , so ist (x1∗ , x2∗ ) = (m/p1 , 0) die einzige Lösung
des Nutzenmaximierungsproblems.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.5 Zwei artige Beispiele
Abbildung: Optimale Güterbündel für eine artige, quasilineare
Präferenzrelation: Für die rote Budgetgerade ist das innere Güterbündel x0
optimal. Hier gilt v0 (x10 ) = p1 /p2 . Für die schwarze und die grüne
Budgetgerade resultiert die Randlösung x∗ = (0, m/p2 ).
Mikroökonomie (FS 10)
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.5 Zwei artige Beispiele
Nutzenmaximierungsprobleme mit quasilinearen
Nutzenfunktionen löst man einfacher mit der
Reduktionsmethode als mit dem Lagrangeverfahren:
Löse die Nebenbedingung p1 x1 + p2 x2 = m nach x2 auf:
x2 =
m
p1
− x1
p2 p2
und setze für x2 in die Zielfunktion ein.
Löse das resultierende Problem
p1
m
max v(x1 ) − x1 +
p2
p2
0≤x1 ≤m/p1
(4)
Setze das Ergebnis x1∗ wieder in die Formel für x2 ein, um x2∗ zu
erhalten.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.6 Zwei unartige Beispiele
Perfekte Substitute: u(x1 , x2 ) = ax1 + x2
Ist a = p1 /p2 , so ist jedes Güterbündel auf der Budgetgeraden
optimal
In diesem Fall haben die Indifferenzkurven die gleiche Steigung wie
die Budgetgerade. Der Konsument ist also zwischen alle
Güterbündeln auf der Budgetgerade indifferent: Das Verhältnis, in
dem er die Güter austauschen kann, entspricht gerade dem
Verhältnis, in dem er bereit ist, die Güter auszutauschen.
Ist a > p1 /p2 , so ist einzig das Güterbündel (m/p1 , 0) optimal.
Die Indifferenzkurven verlaufen steiler als die Budgetgerade. Die
marginale Zahlungsbereitschaft des Konsumenten für Gut 1 ist a,
die Opportunitätskosten betragen aber nur p1 /p2 < a, so dass der
Konsument so viel wie möglich von Gut 1 konsumieren möchte.
Ist a < p1 /p2 , so ist einzig das Güterbündel (0, m/p2 ) optimal.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.6 Zwei unartige Beispiele
Perfekte Substitute mit a < p1 /p2 : Das optimale Güterbündel ist die
Randlösung m/p2 , da die Indifferenzkurven flacher als die
Budgetgerade verlaufen.
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.6 Zwei unartige Beispiele
Perfekte Komplemente: u(x1 , x2 ) = min{ax1 , x2 } sind unartig, aber
dennoch besitzt das Nutzenmaximierungsproblem eine eindeutige
Lösung auf der Budgetgeraden.
Die Nutzenfunktion ist monoton ⇒ Optimale Güterbündel liegen
auf der Budgetgeraden.
Es kann keine Randlösung geben. Wieso?
Es kann keine Lösung geben, in der die Bedingung erster
Ordnung gilt. Wieso?
Also liegt das optimale Güterbündel x∗ im Schnittpunkt der
Budgetgeraden mit der Verbindungslinie der “Knickpunkte” der
Indifferenzkurven:
p1 x1∗ + p2 x2∗ = m, x2∗ = ax1∗ .
Löst man diese Gleichungen, erhält man:
m
am
∗
∗
, x2 =
.
x1 =
p1 + ap2
p1 + ap2
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5. Optimale Güterbündel und Nutzenmaximierung
5.6 Zwei unartige Beispiele
Perfekte Komplemente: Das optimale Güterbündel liegt im
Schnittpunkt der Budgetgeraden mit der Geraden x2 = ax1 , welche die
Knickpunkte der Indifferenzkurven miteinander verbindet.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.1. Einleitung
Die Nachfragefunktion eines Konsumentens beschreibt, welches
Güterbündel x der Konsument in Abhängigkeit von den
Güterpreisen p > 0 und seinem Budget m > 0 wählt.
Formal ist die Nachfragefunktion eines Konsumenten also eine
Abbildung f , die jedem (p, m) > 0 das nachgefragte Güterbündel
x = f (p, m) zuordnet.
Wir schreiben
x1 = f1 (p1 , p2 , m), x2 = f2 (p1 , p2 , m)
für die nachgefragte Menge des ersten, bzw. des zweiten Gutes
und bezeichnen die entsprechend definierte Funktion als die
Nachfragefunktion von Gut i.
Beachte: Im Lehrbuch wird die Nachfragefunktion ebenso wie das
nachgefragte Güterbündel mit x∗ bezeichnet. Das macht es
schwierig zwischen diesen beiden Konzepten sauber zu
unterscheiden, so dass wir die obige Notation verwenden werden.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.1. Einleitung
Die Nachfragefunktion eines Konsumenten liefert eine
Beschreibung des Konsumentenverhaltens.
Das zuvor betrachtete Modell des Konsumentenverhaltens liefert
eine mögliche Erklärung für die Nachfragefunktion, deren
Konsequenzen wir nun untersuchen wollen.
Dabei unterstellen wir – ausser in Beispielen – dass die
betrachteten Präferenzrelationen artig sind.
Definition (Artige Nachfragefunktion)
Eine Nachfragefunktion f heisst artig, wenn für alle p > 0 und m > 0
das Güterbündel f (p, m) das eindeutige optimale Güterbündel in der
Budgetmenge B(p, m) eines Konsumentens mit artiger
Präferenzrelation (bzw. Nutzenfunktion) ist.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.1. Einleitung
Beispiele für Nachfragefunktionen
Die Nachfragefunktion eines Konsumenten mit Nutzenfunktion
u(x1 , x2 ) = min{x1 , x2 } ist:
m
m
f1 (p1 , p2 , m) =
und f2 (p1 , p2 , m) =
.
p1 + p2
p1 + p2
Die Nachfragefunktion eines Konsumenten mit Nutzenfunktion
(1−a)
u(x1 , x2 ) = x1a x2
ist:
m
m
f1 (p1 , p2 , m) = a und f2 (p1 , p2 , m) = (1 − a) .
p1
p2
Mikroökonomie (FS 10)
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Satz (Stetigkeit und Differenzierbarkeit der Nachfragefunktion)
Eine artige Nachfragefunktion ist stetig und für alle (p, m), so dass
f (p, m) > 0 gilt, differenzierbar.
Im folgenden werden wir stets unterstellen, dass die betrachteten
Nachfragefunktionen stetig und differenzierbar sind.
Die partiellen Ableitungen der Nachfragefunktion bezeichnen wir
mit
∂ fi (p,m)
∂ pj :
Änderung der nachgefragten Menge von Gut i bei
Erhöhung des Preises von Gut j für i = 1, 2 und j = 1, 2.
∂ fi (p,m)
∂ m : Änderung der nachgefragten Menge von Gut i bei
Erhöhung des Budgets für i = 1, 2.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Satz (Homogenität vom Grad Null)
Eine artige Nachfragefunktion ist homogen vom Grad Null in Preisen
und Budget. Dies bedeutet:
f (t p,tm) = f (p, m) für alle (p, m) > 0 und t > 0.
Dieser Satz gilt, da die Budgetmenge - und somit auch die Lösung
des Konsumentenproblems - unverändert bleibt, wenn alle Preise
und das Budget mit dem Faktor t multipliziert werden.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Satz (Budgetidentität)
Eine artige Nachfragefunktion erfüllt die Budgetidentität. Dies
bedeutet:
p1 f1 (p, m) + p2 f2 (p, m) = m gilt für alle (p, m).
Dieses folgt unmittelbar aus der Tatsache, dass das optimale
Güterbündel bei einer monotoner Präferenzrelation stets auf der
Budgetgeraden liegt.
Mikroökonomie (FS 10)
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Satz (Schwaches Axiom der offenbarten Präferenzen)
Eine artige Nachfragefunktion erfüllt das schwache Axiom der
offenbarten Präferenzen. Dies bedeutet: Für alle (p, m) und (p0 , m0 )
mit f (p, m) 6= f (p0 , m0 ) gilt:
p01 f1 (p, m) + p02 f2 (p, m) ≤ m0 impliziert p1 f1 (p0 , m0 ) + p2 f2 (p0 , m0 ) > m.
Was soll das bedeuten? Und warum stimmt es?
Wenn bei Preisen p0 und Budget m0 das Güterbündel x := f (p, m)
erschwinglich ist, aber stattdessen ein anderen Güterbündel,
nämlich y := f (p0 , m0 ), gewählt wird, . . . dann muss y x gelten.
Wenn y x gilt, aber bei Preisen p und Budget m das Güterbündel
x gewählt wird, . . . dann kann y bei Preisen p und Budget m nicht
erschwinglich sein.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Das schwache Axioms ist verletzt: Das Güterbündel x = f (p, m) ist
erschwinglich, wenn y = f (p0 , m0 ) nachgefragt wird. Zugleich ist y
erschwinglich, wenn x nachgefragt wird.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
82 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Keine Verletzung des schwachen Axioms: Das Güterbündel
x = f (p, m) ist erschwinglich, wenn y = f (p0 , m0 ) nachgefragt wird. Das
Güterbündel y ist nicht erschwinglich, wenn x nachgefragt wird.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.2 Eigenschaften artiger Nachfragefunktionen
Implikationen des schwachen Axioms und der Bugetidentität für
das Nachfrageverhalten: Wenn x = f (p, m) gilt, dann muss
y = f (p0 , m0 ) auf dem fett markierten Abschnitt der Budgetgeraden zu
Preisen p0 und Budget m0 liegen.
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Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Definition (Normale und inferiore Güter)
Ein Gut i heisst normal, wenn die nachgefragte Menge des Gutes
mit steigendem Einkommen zunimmt.
Ein Gut i heisst inferior, wenn die nachgefragte Menge des Gutes
mit steigendem Einkommen abnimmt:
Ob ein Gut normal oder inferior ist, hängt im allgemeinen von der
betrachteten Ausgangssituation (Budget und Preise) und auch der
Grösse der betrachteten Einkommensänderung ab. Für
hinreichend kleine Änderungen gilt:
∂ fi (p,m)
∂m
∂ fi (p,m)
∂m
> 0: Gut i ist normal.
< 0: Gut i ist inferior.
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Für artige Nachfragefunktionen gilt, dass
für jede Einkommensänderung mindestens ein Gut normal sein
muss.
kein Gut bei gegebenen Preisen für alle
Einkommensänderungen inferior sein kann.
Fraglich ist, welche Eigenschaft einer zu Grunde liegenden artigen
Präferenzrelation bestimmen, ob ein Gut normal oder inferior ist.
Wir fokussieren auf Gut 1 und
betrachten kleine Einkommensänderungen ausgehend von einer
Situation mit f (p, m) > 0.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Satz
Gilt f (p, m) > 0, so ist für eine artige quasilineare Präferenzrelation Gut
1 einkommensunabhängig, d.h.
∂ f1 (p, m)
= 0.
∂m
Wird ein zusätzliches Einkommen vollständig für Gut 2
ausgegeben, so gilt für das resultierende Güterbündel:
Es liegt auf der Budgetgeraden nach der Einkommenserhöhung.
Es erfüllt die Bedingung erster Ordnung für ein optimales
Güterbündel, da die marginale Zahlungsbereitschaft für eine
quasilineare Präferenzrelation nicht von x2 abhängt.
Dieses zeigt, dass ein optimales Güterbündel resultiert, wenn das
zusätzliches Einkommen vollständig für Gut 2 ausgegeben wird.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Quasilineare Präferenzrelation: Die nachgefragte Menge von Gut 1
bleibt bei einer Einkommenserhöhung unverändert, da die Steigung
der Indifferenzkurve unabhängig von x2 ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Ist - im Unterschied zum Fall der quasilinearen Präferenzrelation die marginale Zahlungsbereitschaft streng steigend in x2 , so ist es
nicht optimal das zusätzliches Einkommen vollständig für eine
grössere Menge von Gut 2 auszugeben, da in dem resultierenden
Güterbündel die marginale Zahlungsbereitschaft streng grösser
als der relative Preis p1 /p2 ist.
Für artige Präfenzrelationen bedeutet dies, dass es optimal ist, bei
einem Einkommensanstieg die Ausgaben für Gut 1 zu erhöhen.
Satz
Für eine artige Präferenzrelation gilt: Ist f (p, m) > 0 und gilt
∂ GRS( f (p, m))
< 0,
∂ x2
so ist Gut 1 normal.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Gut 1 ist normal: Bei einem Anstieg von x2 steigt die marginale
Zahlungsbereitschaft. Dies führt dazu, dass die nachgefrage Menge
von Gut 1 mit steigendem Einkommen zunimmt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Ist die marginale Zahlungsbereitschaft streng fallend in x2 , ist es
nicht optimal lediglich das zusätzliche Einkommen für Gut 2
auszugeben, da in dem resultierenden Güterbündel die marginale
Zahlungsbereitschaft streng kleiner als der relative Preis p1 /p2
wäre.
Für artige Präferenzrelationen bedeutet dies, dass es optimal ist,
bei einem Einkommensanstieg die Ausgaben für Gut 1 zu
reduzieren.
Satz
Für eine artige Präferenzrelation gilt: Ist f (p, m) > 0 und gilt
∂ GRS( f (p, m))
> 0,
∂ x2
so ist Gut 1 inferior.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Gut 1 ist inferior: Bei einem Anstieg von x2 fällt die marginale
Zahlungsbereitschaft. Dieses führt dazu, dass die nachgefragte
Menge von Gut 1 mit steigendem Einkommen fällt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
92 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Die Engelkurve eines Gutes stellt die nachgefragte Menge eines
Gutes in Abhängigkeit von dem Einkommen für gegebene
Güterpreise dar.
Eigentlich gibt es also viele Engelkurven eines Gutes, die sich
dadurch unterscheiden, welche Güterpreise als gegeben betrachtet
werden.
Achtung: Bei der grafischen Darstellung von Engelkurven ist es
üblich, das Einkommen auf der vertikalen Achse und die
nachgefragte Menge auf der horizontalen Achse darzustellen.
Die Einkommens-Konsumkurve stellt die zu unterschiedlichen
Einkommen nachgefragten Güterbündel für gegebene
Güterpreise im Güterraum dar.
Im Lehrbuch wird die Einkommens-Konsumkurve als “income
offer curve” bezeichnet.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
93 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Einkommens-Konsumkurve und Engelkurve von Gut 1: Für
gegebene Güterpreise p können die Güterbündel x0 = f (p, m0 ), x00 = f (p, m00 )
und x000 = f (p, m000 ) als Punkte auf der Einkommens-Konsumkurve identifiziert
werden. Die Engelkurve von Gut 1 identifiziert die entsprechenden
nachgefragten Menge von Gut 1 in Abhängigkeit von m.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Beispiele:
Perfekte Komplemente: Beide Güter sind normal. Die
Engelkurven und Einkommens-Konsum-Kurven verlaufen linear.
Cobb-Douglas-Präferenzrelation: Beide Güter sind normal. Die
Engelkurven und Einkommens-Konsum-Kurven verlaufen linear.
Beachte: Die Eigenschaft, dass die Engelkurven der Güter linear
sind, ist weder sonderlich plausibel noch empirisch haltbar . . .
. . . spielt in vielen ökonomischen Analysen aber dennoch eine
zentrale Rolle.
Frage: Welche Eigenschaft der perfekten Komplemente und
Cobb-Douglas-Präferenzrelation ist dafür verantwortlich, dass die
Einkommens-Konsum-Kurven und Engelkurven linear verlaufen?
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.3. Die Auswirkung von Einkommensänderungen
Definition (Homothetische Präferenzrelationen)
Eine Präferenzrelation heisst homothetisch, wenn für alle
Güterbündel x, y ∈ X und t > 0 gilt:
x y ⇒ tx ty
Perfekte Komplemente und Cobb-Douglas-Präferenzrelationen
sind Beispiele für homothetische Präferenzrelationen. Deswegen
verlaufen die Einkommens-Konsumkurven und Engelkurven ihrer
Nachfragefunktionen linear:
Satz
Ist f die Nachfragefunktion eines rationalen Konsumenten mit einer
artigen, homothetischen Präferenzrelation, so verlaufen alle
Einkommens-Konsumkurven und Engelkurven linear.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Definition (Gewöhnliche Güter und Giffen-Güter)
Ein Gut i heisst gewöhnlich, wenn die nachgefragte Menge des
Gutes mit steigendem Preis des betrachteten Gutes abnimmt.
Ein Gut i heisst Giffen, wenn die nachgefragte Menge des Gutes
mit steigendem Preis des betrachteten Gutes zunimmt.
Für kleine Änderungen gilt:
∂ fi (p,m)
∂ pi
∂ fi (p,m)
∂ pi
< 0: Gut i ist gewöhnlich.
> 0: Gut i ist Giffen.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Gut 1 ist gewöhnlich: Fällt der Preis von Gut 1, so dreht sich die
Budgetgerade gegen den Uhrzeigersinn (blauer Pfeil). Die
nachgefragte Menge von Gut 1 nimmt zu (roter Pfeil). Steigt der Preis
von Gut 1, so würde entsprechend gelten, dass die nachgefragte
Menge abnimmt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
98 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Gut 1 ist Giffen: Fällt der Preis von Gut 1, so dreht sich die
Budgetgerade gegen den Uhrzeigersinn (blauer Pfeil). Die
nachgefragte Menge von Gut 1 nimmt ab (roter Pfeil). Steigt der Preis
von Gut 1, so würde entsprechend gelten, dass die nachgefragte
Menge zunimmt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Definition (Substitute und Komplemente)
Ein Gut i heisst ein Substitut für Gut j, wenn die nachgefragte
Menge von Gut i bei einem Anstieg des Preises von Gut j
zunimmt.
Ein Gut i heisst ein Komplement für Gut j, wenn die
nachgefragte Menge von Gut i bei einem Anstieg des Preises von
Gut j abnimmt.
Für kleine Änderungen gilt:
∂ fi (p,m)
∂ pj
∂ fi (p,m)
∂ pj
> 0: Gut i ist Substitut für Gut j.
< 0: Gut i ist Komplement für Gut j.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Eine Nachfragekurve eines Gutes stellt die nachgefragte Menge
des Gutes in Abhängigkeit von dem eigenen Preis des Gutes bei
gegebenem Preis des anderen Gutes und gegebenes
Einkommen dar.
Es gibt also viele Nachfragekurven eines Gutes
Sie kennen das aus der VWL I: Bewegung auf einer
Nachfragekurve vs.Verschiebung der Nachfragekurve.
Nachfragekurven werden auch als partielle Nachfragefunktion
bezeichnet.
In der grafischen Darstellung von Nachfragekurven ist es üblich, die
Menge des Gutes auf der horizontalen Achse abzutragen.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Eine Preis-Konsumkurve stellt die zu unterschiedlichen Preisen
eines Gutes nachgefragten Güterbündel bei gegebenem Preis
des anderen Güter und gegebenes Einkommen im Güterraum
dar.
Im Lehrbuch wird die Preis-Konsumkurve als “price offer curve”
bezeichnet.
Ob ein Gut ein Komplement oder Substitut für ein anderes Gut ist,
kann grafisch an dem Verlauf der Preis-Konsumkurve abgelesen
werden.
Da z.B. eine Preis-Konsumkurve bei Änderung des Preis von Gut 1
darstellt, wie sich die nachgefragte Menge von Gut 2 bei
Veränderung des Preises von Gut 1 verhält.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
102 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Preis-Konsumkurve und Nachfragekurve von Gut 1: Für gegebenes p2
und m können die Güterbündel x∗ (p01 ) = f (p01 , p2 , m), x∗ (p001 ) = f (p001 , p2 , m) und
000
x∗ (p000
1 ) = f (p1 , p2 , m) als Punkte auf der Preis-Konsumkurve identifiziert
werden. Die Nachfragekurve stellt die entsprechenden nachgefragten
Mengen von Gut 1 in Abhängigkeit von p1 dar.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Beispiele:
Perfekte Komplemente: Beide Güter sind gewöhnlich und
Komplemente für einander.
Cobb-Douglas-Präferenzrelation: Beide Güter sind gewöhnlich.
Die Güter sind weder Komplemente noch Substitute für einander,
da die nachgefragte Menge von Gut i nicht von dem Preis von Gut
j abhängt:
∂ fi (p, m)
= 0.
∂ pj
Artige quasilineare Präferenzrelation: In einer inneren Lösung
sind beide Güter gewöhnlich und Gut 1 ist Substitut für Gut 2 . . .
. . . aber Gut 2 ist nicht unbedingt auch ein Substitut für Gut 1.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
104 / 136
6. Die Nachfragefunktion eines Konsumentens
6.4 Die Auswirkung von Preisänderungen
Im Gegensatz zu der Diskussion normaler und inferiorer Güter
lässt sich nicht ohne weiteres angeben, welche Eigenschaften
einer Präferenzrelation dafür sorgen, dass ein Gut gewöhnlich
oder Giffen, bzw. ein Komplement oder ein Substitut für ein
anderes Gut ist.
Auch passen Intuition und formale Analyse nicht richtig
zusammen:
Die Möglichkeit von Giffen-Gütern erscheint wenig plausibel.
Für artige Nachfragefunktionen kann es geschehen, dass Gut i ein
Substitut für Gut j ist, während Gut j ein Komplement für Gut i ist.
Ursache für diese Schwierigkeiten ist, dass bei einer
Preisänderung zwei Effekte auftreten: Substitutionseffekt und
Einkommenseffekt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
105 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.1 Einleitung
Ausgangspunkt unserer Analyse ist die Beobachtung, dass sich
zwei verschiedene Auswirkungen einer Preisänderung auf die
Budgetgerade unterscheiden lassen:
Die Verhältnisse, in denen man ein Gut gegen ein anderes
austauschen kann, die relativen Preise, ändert sich.
Die Kaufkraft des Einkommens ändert sich.
Entsprechend lassen sich auch zwei Auswirkungen einer
Preisänderung auf die Nachfrage unterscheiden
Der Substitutionseffekt: Auswirkung auf die Nachfrage auf Grund
der Änderung der relativen Preise bei unveränderter Kaufkraft.
Der Einkommenseffekt: Auswirkung auf die Nachfrage auf Grund
der Änderung der Kaufkraft des Einkommens.
Diese beiden Effekte auf die Nachfrage werden durch die
sogenannte Slutsky-Zerlegung beschrieben, die Grundlage der
weiteren Analyse ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
106 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.1 Einleitung
Die gesamte folgende Analyse bezieht sich auf eine artige
Nachfragefunktion f .
Wir betrachten die Auswirkung einer Preisänderung von p auf p0
bei gegebenem Einkommen m auf das nachgefragte Güterbündel.
Wir bezeichnen (p, m) als die Ausgangssituation und das in der
Ausgangssituation nachgefragte Güterbündel mit x = f (p, m) und
unterstellen x > 0.
Wir bezeichnen (p0 , m) als die neue Situation und das in dieser
Situation nachgefragte Güterbündel mit x0 = f (p0 , m).
Die Preisänderung bezeichnen wir mit ∆p = p0 − p und
die Nachfrageänderung mit ∆x = x0 − x.
Ändert sich – wie im Lehrbuch unterstellt – nur der Preis von Gut
1, so gilt p02 = p2 , also ∆p2 = 0.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
107 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Definiere
m0 := p01 x1 + p02 x2 = p01 f1 (p, m) + p02 f2 (p, m) und ∆m := m0 − m.
Das Einkommen m0 ist so definiert, dass bei den Preisen p0 das
Güterbündel x = f (p, m) gerade erschwinglich ist.
Da die Nachfragefunktion per Annahme die Budgetidentität erfüllt,
ist ∆m die Einkommensänderung, die erforderlich ist, damit x in
der neuen Situation gerade erschwinglich bleibt. In diesem Sinne
sorgt die Einkommenänderung ∆m dafür, dass die Kaufkraft
unverändert bleibt.
Die Einkommensänderung ∆m nennt man die
Einkommenskompensation der Preisänderung ∆p.
Das Güterbündel
xS := f (p0 , m0 )
wird als die kompensierte Nachfrage bezeichnet.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
108 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Definition (Substitutionseffekt)
Der Substitutionseffekt ∆xS ist die Nachfrageänderung, die sich bei
einer einkommenskompensierten Preisänderung ergibt:
∆xS := xS − x = f (p0 , m0 ) − f (p, m)
Definition (Einkommenseffekt)
Der Einkommenseffekt ∆xI ist die Nachfrageänderung, die sich
ergibt, da tatsächlich keine Einkommenskompensation der
Preisänderung vorgenommen wird:
∆xI := x0 − xS = f (p0 , m) − f (p0 , m0 )
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
109 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Da der Einkommenseffekt ∆xI als die Differenz zwischen der
Nachfrageänderung ∆x und dem Substitutionseffekt ∆xS definiert
ist, gilt:
∆x = ∆xS + ∆xI .
Diese Gleichung ist die Slutsky-Identität, welche die Zerlegung
der Auswirkung einer Preisänderung in den Substitutionseffekt
und den Einkommenseffekt darstellt.
Der Witz an der Slutsky-Identität ist nicht, dass sie gilt
. . . das ist per Definition so . . .
sondern, der Gedanke, die Auswirkung einer Preisänderung in die
beiden hier erfassten Effekte zu zerlegen.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
110 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Ausgangssituation: Bei Preisen (p1 , p2 ) und Einkommen m wird das
Güterbündel x = f (p, m) nachgefragt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
111 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Preisänderung: Der Preis von Gut 1 fällt auf p01 während der Preis von
Gut 2 unverändert bleibt. Die Bugetgerade dreht sich um den
vertikalen Achsenabschnitt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
112 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Einkommenskompensation: Da in der neuen Situation der Preis von
Gut 1 auf p01 gefallen ist, wird nur noch ein Einkommen von m0 < m
benötigt, damit x gerade erschwinglich ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
113 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Neue Situation: Bei den Preisen (p01 , p2 ) und Einkommen m wird das
Güterbündel x0 = f (p0 , m) nachgefragt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
114 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Kompensierte Nachfrage: Bei den Preisen (p01 , p2 ) und dem
Einkommen m0 wird das Güterbündel xS = f (p0 , m0 ) nachgefragt.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
115 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Nachfrageänderung: Die Nachfrageänderung ∆x = x0 − x entspricht
der Bewegung von x nach x0 .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
116 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Substitutionseffekt: Der Substitutionseffekt ∆xS = xS − x entspricht
der Bewegung von x nach xS .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
117 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Einkommenseffekt: Der Einkommenseffekt ∆xI = x0 − xS entspricht
der Bewegung von xS nach x0 .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
118 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.2 Die Slutsky-Zerlegung
Slutsky-Zerlegung: Die Nachfrageänderung ∆x ist gleich der Summe
aus Substitutionseffekt ∆xS und Einkommenseffekt ∆xI .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
119 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.3 Der Substitutionseffekt
Satz (Das Vorzeichen des Substitutionseffekts)
Das Vorzeichen des Substitutionseffekt ist durch die Veränderung des
relativen Preises bestimmt:
Aus p01 /p02 > p1 /p2 folgt ∆x1S < 0 und ∆x2S > 0.
Aus p01 /p02 < p1 /p2 folgt ∆x1S > 0 und ∆x2S < 0.
Aus p01 /p02 = p1 /p2 folgt ∆x1S = 0 und ∆x2S = 0.
Dieses Ergebnis folgt aus dem schwachen Axiom der offenbarten
Präferenzen.
Beachte: Erhöht sich nur der Preis von Gut 1, so besagt das
Ergebnis insbesondere, dass der Substitutionseffekt auf Gut 1
negativ ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
120 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.3 Der Substitutionseffekt
Substitutionseffekt, wenn nur der Preis von Gut 1 steigt: In der
Ausgangssituation wird x nachgefragt. Steigt der Preis von Gut 1, so muss
x1S ≤ x1 gelten: Ansonsten würde xS in dem fett markierten Bereich der
einkommenskompensierten Budgetgeraden liegen und das schwache Axiom
wäre verletzt. Also gilt hier: ∆p1 > 0 ⇒ ∆x1S ≤ 0.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
121 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.3 Der Substitutionseffekt
Beachte:
Ignoriert man den Einkommenseffekt, so sind beide Güter
gewöhnlich: Bei einem Anstieg des Preises von Gut i fällt die
einkommenskompensierte Nachfrage von Gut i
Also muss es an dem Einkommenseffekt liegen, dass die
Möglichkeit von Giffen-Gütern nicht ausgeschlossen werden kann.
Ignoriert man den Einkommenseffekt, so sind beide Güter
Substitute für einander: Bei einem Anstieg des Preises von Gut j
steigt die einkommenskompensierte Nachfrage von Gut i
Also muss es an dem Einkommenseffekt liegen, dass die
Möglichkeit von Komplementen nicht ausgeschlossen werden kann.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
122 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.4 Der Einkommenseffekt
Das Vorzeichen des Einkommenseffekt
∆xiI = xi0 − xiS = fi (p0 , m) − fi (p0 , m0 ) wird durch zwei Faktoren
bestimmt:
1
2
Das Vorzeichen der Einkommenskompensation ∆m = m0 − m
Die Reaktion der nachgefragten Menge von Gut i auf eine
Einkommensänderung.
Beachte:
∆m > 0 gilt, wenn das in der Ausgangssituation nachgefragte
Güterbündel nach der Preisänderung nicht mehr erschwinglich ist,
also z.B. wenn nur der Preis von Gut 1 um ∆p1 > 0 ansteigt und
x1 > 0 gilt. Hier ist ∆m = ∆pi · xi > 0.
Gilt ∆m > 0, dann fällt durch die Preisänderung die Kaufkraft des
Konsumenten; der Einkommenseffekt stellt die Auswirkung einer
Absenkung des Einkommens von m0 = m + ∆m auf m dar:
xiI = fi (p0 , m) − fi (p0 , m + ∆m)
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
123 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.4 Der Einkommenseffekt
Satz (Vorzeichen des Einkommenseffekts)
Sei ∆m 6= 0. Dann gilt
Ist Gut i für die betrachtete Einkommensänderung normal, so gilt
∆m · ∆xiI < 0.
Ist Gut i für die betrachtete Einkommensänderung inferior, so gilt
∆m · ∆xiI > 0.
Ist Gut i für die betrachte Einkommensänderung
einkommensunabhängig, so gilt ∆xiI = 0.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
124 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.4 Der Einkommenseffekt
Beachte: Im Unterschied zum Substitutionseffekt ist das
Vorzeichen des Einkommenseffekt auch in dem einfachen Fall,
dass nur der Preis von Gut i erhöht wird, nicht eindeutig
festgelegt:
Ist Gut i normal, so ist bei einer Preiserhöhung von Gut i der
Einkommenseffekt ∆xiI streng negativ.
Ist Gut i inferior, so ist bei einer Preiserhöhung von Gut i der
Einkommenseffekt ∆xiI streng positiv.
Ist Gut i einkommensunabhängig, so ist bei einer Preiserhöhung
von Gut i der Einkommenseffekt ∆xiI gleich Null.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
125 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Einkommens- und Substitutionseffekt: Der Preis von Gut 1 fällt:
∆p1 < 0 und ∆p2 = 0 . . .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
126 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Einkommens- und Substitutionseffekt: . . . die
Einkommenskompensation ist streng negativ: ∆m < 0 . . .
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
127 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Einkommens- und Substitutionseffekt: . . . Da ∆p1 < 0 ist, ist der
Substitutionseffekt auf die nachgefragte Menge von Gut 1 positiv: ∆x1S > 0.
Für Gut 2 gilt ∆x2S < 0.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
128 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Einkommens- und Substitutionseffekt: Im hier dargestellten Fall sind
beide Güter normal. Da ∆m < 0 gilt, ist der Einkommenseffekt für beide Güter
daher streng positiv.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
129 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
In dem soeben betrachteten Beispiel gilt in Bezug auf die
betrachtete Preisänderung von Gut 1:
Gut 1 ist gewöhnlich: der Preis von Gut 1 fällt, die Nachfrage von
Gut 1 steigt.
Gut 2 ist ein Substitut für Gut 1: Der Preis von Gut 1 fällt, die
Nachfrage von Gut 2 fällt.
Die Slutsky-Zerlegung erlaubt es, diese Eigenschaften der Güter
als Ergebnis der Kombination von Substitutions- und
Einkommenseffekt zu interpretieren:
Die Nachfrage von Gut 1 steigt, da sowohl Substitutions- als auch
Einkommenseffekt für dieses Gut positiv sind.
Die Nachfrage von Gut 2 fällt, da der positive Einkommenseffekt
geringer als der negative Substitutionseffekt ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
130 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Die Bedeutung des Einkommenseffekts: Ausgangssituation,
Preisänderung und Substitutionseffekt sind identisch zu der vorhergehenden
Abbildung. Hier ist aber nun Gut 1 inferior, so dass der Einkommenseffekt auf
dieses Gut das Vorzeichen wechselt. Zugleich ist der Einkommenseffekt auf
Gut 2 hinreichend gross, dass dieses Gut nun Komplement für Gut 1 ist.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
131 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Satz (Implikationen der Slutsky-Zerlegung I)
Sei f (p, m) > 0 und f artig. Dann gilt:
Jedes normale Gut ist gewöhnlich.
Jedes Giffen-Gut ist inferior.
Wieso?
Steigt der Preis von Gut i, so ist der Substitutionseffekt für Gut i
negativ. Ist Gut i normal, so ist der Einkommenseffekt für Gut i
streng negativ. Also ist die Summe der beiden Effekte - und damit
die Nachfrageänderung für Gut i - streng negativ.
Steigt der Preis von Gut 1, so ist der Substitutionseffekt für Gut i
negativ. Ist Gut 1 Giffen, so muss der Einkommenseffekt für Gut i
streng positiv sein. Also muss Gut i inferior sein.
Beachte: Die Umkehrung dieser Aussagen gilt nicht, da ein
inferiores Gut sehr wohl gewöhnlich sein kann.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
132 / 136
7. Einkommens- und Substitutionseffekt
7.5 Das Zusammenspiel der Effekte
Satz (Implikationen der Slutsky-Zerlegung II)
Sei f (p, m) > 0 und f artig. Dann gilt für i 6= j:
Ist Gut i inferior, so ist Gut i ein Substitut für Gut j.
Ist Gut i ein Komplement für Gut j, so ist Gut i normal.
Beachte: Die Umkehrung der Aussagen gilt nicht.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
133 / 136
8. Marktnachfrage
8.1 Einleitung
Bislang haben wir uns nur mit der Nachfrage eines einzelnen
Konsumenten beschäftigt, einer individuellen
Nachfragefunktion.
Nun betrachten wir die aggregierte Nachfrage- oder
Marktnachfragefunktion einer Gruppe von Konsumenten
a = 1, . . . , A mit individuellen Nachfragefunktionen f a (p1 , p2 , ma ),
wobei ma das Einkommen von Konsument a bezeichnet.
Beachten Sie die folgenden Notationsunterschiede zu Kapitel 15
des Lehrbuchs:
Wir verwenden hier den Index a für den Namen eines Konsumenten,
da wir den Index i schon für die Namen der Güter “verbraucht” haben.
Wie zuvor bezeichnen tiefgestellte Indizes die unterschiedlichen
Güter. Hochgestelle Indizes bezeichnen die Konsumenten.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
134 / 136
8. Marktnachfrage
8.2 Definition
Definition (Marktnachfragefunktion)
Die Marktnachfragefunktion (für eine Gruppe von Konsumenten) ist
A
1
A
F(p1 , p2 , m , . . . , m ) =
∑
f a (p1 , p2 , ma ).
a=1
Die Marktnachfragefunktion von Gut i ist
A
Fi (p1 , p2 , m1 , . . . , mA ) =
∑
fia (p1 , p2 , ma )
a=1
Eine partielle Marktnachfragefunktion (oder Marktnachfragekurve)
von Gut i ist die Marktnachfragefunktion von Gut i in Abhängigkeit von
pi bei gegebenem Preis des anderen Gutes und gegebenen
individuellen Einkommen.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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8. Marktnachfrage
8.3 Der repräsentative Konsument
Beachte:
Die Marktnachfragefunktion ergibt sich aus Addition der individuell
nachgefragten Mengen.
Die Marktnachfragefunktion eines Gutes hängt im allgemeinen von
den Preisen aller Güter und von den individuellen Einkommen
der Konsumenten ab.
Frage: Kann man die Marktnachfragefunktion als die
Nachfragefunktion eines rationalen repräsentativen
Konsumenten aufzufassen, der über das aggregierte
Einkommen M = ∑Aa=1 ma verfügt?
Antwort: Dieses geht nur in den folgenden Spezialfällen:
1
2
Alle Konsumenten besitzen quasilineare Präferenzrelationen und
es werden nur solche Preise und Einkommen betrachtet, bei denen
alle Konsumentenprobleme innere Lösungen haben.
Alle Konsumenten besitzen identische und homothetische
Präferenzrelationen.
Mikroökonomie (FS 10)
Nachfrage
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