Dermatophilose Dermatophilose

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AUF EINEN BLICK
Dermatophilose
■ VON K. H. BÖHM
D
Als Reservoir für D. c. gelten subklinisch infizierte Tiere, infizierte Hautkrusten sowie das Erdreich. Die Tenazität von D. c. ist
beachtlich: Aus abgefallenen Borken ließ sich der Erreger unter
Laborbedingungen noch nach neun Monaten anzüchten. Fliegenden Insekten, insbesondere den verschiedenen Fliegenarten wird eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Erkrankung zugeschrieben: Sie ernähren sich von dem Exsudat, das
sich um die erkrankten Hautbezirke bildet. Mit ihren Mundwerkzeugen verteilen sie die Zoosporen sowohl auf dem erkrankten Tier als auch von Tier zu Tier. Als weiterer wichtiger
Übertragungsweg gilt der Kontakt zwischen klinisch erkrankten und gesunden Tieren, obwohl selbst ein längerer Kontakt
nicht regelmäßig zu einer Erkrankung führt.
Erkrankung kommt. Während in den warmen Klimaten die
Resistenzschwächung durch Zecken in diesem Zusammenhang
eine wichtige Rolle spielt, kommen in den gemäßigten Zonen
andere prädisponierende Faktoren zum Tragen. Dies sind alle
Einflüsse, die den Talgfilm und das Stratum corneum schädigen, insbesondere die Durchnässung des Haarkleides durch
längere Zeit anhaltenden Regen bei verlängerter Weideperiode im Spätherbst, schlammige Ausläufe sowie Insektenstiche
und Verletzungen. Im Experiment ließ sich durch Entfetten der
Haut mit alkoholischen Lösungen oder Ether das Angehen einer Infektion mit D. c. begünstigen. Wir konnten ferner zeigen, dass das in vielen Ställen übliche Bandagieren über Nacht
dann zu einer Dermatophilose im Fessel- und Röhrbeinbereich
führen kann, wenn die Beine nach dem Abspritzen noch nass
sind.
Die ausgekeimten, nunmehr beweglichen Sporen, die sog.
Zoosporen, dringen in das aufgeweichte Stratum corneum
ein. Aus diesen Zoosporen entstehen Hyphen, die sich lateral
weiter in den oberen Epidermisschichten ausbreiten und jene
daraufhin verhornen lasssen. Das neu gebildete Keratin wird
wieder von Hyphen besiedelt, wobei auch die oberen Anteile
der Haarwurzelscheide, nicht jedoch die tieferen Bereiche der
Haarfollikel betroffen sind. Eine starke Granulozyteninfiltration
– Granulozyten stellen die stärkste Fraktion der Entzündungszellen – bewirkt die Trennung der Epidermis von der Dermis.
Durch diese neutrophile Entzündung soll es zum CO2-Anstieg
kommen, wodurch das Auskeimen weiterer Zoosporen begünstigt wird. Die Folge dieser sich mehrfach wiederholenden
Prozesse ist die Entstehung einer charakteristisch geschichteten Auflagerung.
Ätiopathogenese
Klinik
D. c. kann nach heutigem Wissen die normale keratinisierte
Epidermis nicht besiedeln. Von mehreren Autoren wird vermutet, dass D. c. als Opportunist auf der Haut klinisch gesunder
Tiere vorkommt und es erst durch Wirksamwerden prädisponierender Faktoren zur Entstehung einer klinisch manifesten
In den frühen Stadien erscheint das Haarkleid noch vollkommen unauffällig. Durch Palpation lassen sich jedoch die Läsionen unter dem Winterfell bereits lokalisieren: Es entstehen –
falls es nicht inzwischen zur Selbstheilung gekommen ist –
kleine, nicht juckende Knötchen, über denen die Haare leicht
ie durch das Bakterium Dermatophilus congolensis
(D. c.) hervorgerufene Dermatophilose („kutane Streptothrichose“) wurde bisher bei über 30 verschiedenen
Tierarten und des Menschen als Erreger von akuten oder chronisch verlaufenden Dermatitiden nachgewiesen. Sie gilt im
Weltmaßstab als die vierthäufigste bakterielle Erkrankung der
Tiere. Die wirtschaftlichen Schäden bei Rindern, Schafen, Kamelen, Pferden und Ziegen durch Minderung der Fleischqualität, Gewichtsverluste, Todesfälle und Häuteschäden in den
tropischen Regionen Afrikas und Australiens sind z. T. gravierend.
Der erste Fall von Dermatophilose beim Pferd in Deutschland wurde 1976 von WEISS, BÖHM und WITZMANN in Hannover nachgewiesen.
Epidemiologie
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Professor Böhm als Spezialist für die
equine Dermatophilose beschreibt in
seinem Artikel detailliert das Krankheitsbild und erläutert den aufwendigen diagnostischen Nachweis. Nur das
spezialisierte Labor kann über Hautgeschabsel den Erregernachweis führen.
Die Verwechslung mit Pilzinfektionen
kann fehlerhafte bzw. kontraindizierte
Therapieversuche bedeuten.
auszupfbar sind, Papeln, Pusteln oder superfizielle Ulzera auf
konfluierenden Hautpartien. Exsudation führt zur Verklebung
der Haare zu Büscheln (Abb. 1). Es kommt zu dicken, grauen fest anhaftenden Krusten und Borken, die auch konfluieren können. Darunter befindet sich ein grau-grünliches Exsudat (Abb. 2) über entzündlich geröteten, kraterförmig vertieften Erosionen. Bei der akuten Dermatophilose kommt es
frühestens nach etwa 3 Wochen zur Selbstheilung, bei chronischen Verlaufsformen oft erst nach mehreren Monaten. Die
trockener gewordenen Krusten fallen ab, die darunter befindliche Haut beginnt sich wieder zu behaaren. Kleinere Krusten
lösen sich in Form von Spangen (engl. „clips“), manschettenartig mit Haaren verbackenem Schorf, ab. Prädilektionsstellen
sind die gesamte Rückenpartie und der Kruppenbereich (Abb.
3). Erkrankungen im Bereich von Kopf (um Nüstern und Augen), Rumpf, Lende, Röhrbein, Fesselbein bzw. Fesselbeuge
(Abb. 4) und Kronsaum sind hingegen seltener.
Mischinfektionen mit Staphylokokken und Streptokokken
sind im distalen Extremitätenbereich nicht selten. Wiederholt
fanden wir im Rückenbereich Mischinfektionen von D. c. mit
Trichphyton equinum bzw. mit Microsporum equinum. Auch
Mischinfektionen mit D. c. und Ektoparasiten kommen vor.
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Abb. 1: Durch Exudation verklebte Haarbüschel infolge Dermatophilose.
Stallenzootien
Nachdem es zunächst schien, als ob die Dermatophilose beim
Pferd in Deutschland so gut wie nicht vorkommt, wurden im
Jahr 1993 von uns in einem Vollblutgestüt, einem kleineren
Reitstall, sowie einem größeren Dressurstall seit Monaten bestehende, therapieresistente D. c.-Stallenzootien nachgewiesen. Daraufhin wurden von OTTO während eines dreijährigen
Zeitraumes mit dankenswerter Unterstützung von 32 Tierarztpraxen systematische Untersuchungen in 57 Betrieben mit unterschiedlichen Haltungsformen an insgesamt 1.200 Pferden
durchgeführt. Bei 149 von 312 Tieren (47,5 %) mit verdächtigen Hautveränderungen wurde Dermatophilose diagnostiziert, wobei haltungsbedingt vorwiegend Jungtiere betroffen
waren. Die Erkrankungsrate in den einzelnen Beständen variierte zwischen 2 % und 20 %. In Zucht- und Robusthaltungsbetrieben trat die Erkrankung häufiger auf als in Reitbetrieben. In einem weiteren Fall erwiesen sich sogar sämtliche 24
Tiere als erkrankt.
Während eines 10-jährigen Zeitraumes wurde an der Tierärztlichen Hochschule im Rahmen der Routinediagnostik in
287 von 4.328 (6,6 %) Proben von Pferden D. c. nachgewiesen.
Abb. 2: Krustenbildung mit grau-grünlichem Exudat.
Therapie
Lokal: Da D. c. in den beschriebenen Krusten relativ gut gegen
äußere Einflüsse, z. B. Chemotherapeutika, geschützt ist, empfiehlt sich – vor allem bei großflächiger Erkrankung – eine täglich wiederholte Anwendung von Lösungen, Salben oder Suspensionen, die zugleich auch eine aufweichende Wirkung besitzen. Hierfür wurden uns aus der Praxis sehr unterschiedliche
Mittel und Methoden als erfolgreich mitgeteilt: z. B. PVP-Jodhaltige Salben und Lösungen oder Paraffinöl, vermischt mit
sulfonamidhaltigem Puder. Diese Behandlungen werden so
lange fortgesetzt, bis sich die Krusten leicht ablösen lassen.
Die manuelle Entfernung noch fest anhaftender Krusten ist für
die Tiere sehr schmerzhaft und sollte daher unterbleiben. Bei
der Dermatophylose sind Antimykotika unwirksam.
Systemisch: Aus der Praxis wurde uns über gute Erfolge nach
parenteraler Verabreichung von Penicillin G, Penicilin-Streptomycin oder Ampicillin berichtet. Die Häufigkeit der Applikationen schwankte dabei zwischen einmalig (Langzeitformulierung) bis fünfmalig (5 Tage hintereinander). Dies bestätigt
Abb. 3: Haarkleidveränderung im Rücken- und Kruppenbereich (OTTO).
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unsere Untersuchungen zur Resistenzlage bei D. c.: Alle von
KRÜGER geprüften Isolate hatten sich als sensibel gegenüber
Penicillin G, Ampicillin, Streptomycin, Gentamycin, Ceftiofur
und 5 weiteren Chemotherapeutika erwiesen.
Alle therapeutischen Maßnahmen werden durch Aufstallung der Tiere wirksam unterstützt.
Abb. 4: Dermatophilose im Bereich der Fessel (OTTO).
Die wichtigste prophylaktische Maßnahme ist die Ausschaltung
prädisponierender Umstände.
Hierzu gehören die Aufstallung der Tiere während längerer Regenperioden im Spätherbst und die Vermeidung verschlammter Ausläufe. Bei Reitpferden sollten die Beine nach dem Abspritzen erst nach vollständigem Abtrocknen bandagiert werden. Gegebenenfalls sollte an Fliegenfallen gedacht werden.
Prophylaktische Impfungen gegen Dermatophylose existieren meines Wissens nicht.
Zur Stalldesinfektion eignen sich die nach DVG-Richtlinien
geprüften antibakteriellen Desinfektionsmittel sowie Natronlauge 2 %ig, Chlorkalk 10 %ig und Chloramin 2 %ig.
Menschliche Dermatophytose
Obwohl Fälle von menschlicher Dermatophilose nach Kontakt
mit erkrankten Tieren wiederholt beschrieben wurden, ist die
Ansteckungsgefahr als relativ gering anzusehen. Es kommt
einige Tagen nach der Infektion zur Entwicklung von Pusteln
von 2 bis 5 mm Durchmesser, die i. d. R. nach 2 bis 3 Wochen
abheilen. Dennoch sollten bei den lokalen Behandlungen
Schutzhandschuhe getragen werden.
Labordiagnostik und Erregereigenschaften
Abb. 5: Quetschpräparat (Gram-Färbung): Dermatophilose-Sporen in
Geldrollenform.
Abb. 6: Fluoreszenzmikroskopie bei Dermatophilose: hyphenartige Strukturen
(Blankophorfärbung).
Die Diagnose „Dermatophilose“ kann nicht allein aufgrund
des klinischen Bildes gestellt werden, da Dermatomykosen
ähnliche Krankheitsbilder zeigen können. Lediglich eine Verdachtsdiagnose läßt sich stellen, die dem Labor auch mitgeteilt werden sollte.
Hautgeschabsel, die vor allem auch Krustenmaterial enthalten sollten, werden nicht anders entnommen und verschickt
als bei Verdacht auf Dermatophyten oder Ektoparasiten. Das
Labor sollte grundsätzlich jede derartige Probe von Equiden
auch auf Dermatophyten, Ektoparasiten und alle üblichen bakteriellen Hautinfektionserrege untersuchen. Für den mikroskopischen Nachweis von D. c. eignen sich Quetschpräparate,
die nach Gram gefärbt werden (Abb. 5) und die Fluoreszenzmikroskopie (Abb. 6) mit optischen Aufhellern (z. B. Blankophor). Letztere erwies sich bei uns im Vergleich zur Gramfärbung als unterlegen. Es finden sich hyphenartige Strukturen,
häufig sieht man in Geldrollenform angeordneten Sporen. Der
Kulturversuch ist unverzichtbar. D. c. wächst nicht auf den gebräuchlichen Pilznährböden und unter aeroben Bedingungen
nur sehr verzögert. Das homogenisierte Krustenmaterial wird
auf bluthaltigen Nährböden angelegt und für 48 Stunden unter
anaeroben Bedingungen oder in CO2-angereicherter Atmosphäre bebrütet, während parallel dazu die aeroben Kulturen mit
unterschiedlichen Nährmedien zum Nachweis aerober Hautinfektionerreger, Hefen und Dermatophyten bebrütet werden.
Die 1 bis 2 mm großen, grau-weiß bis gelblichen D. c.-Kolonien können rau oder viskös wachsen. Innerhalb der 48-stündigen Bebrütungszeit kommt es zu einer vollständigen Hämolyse. D. c.-Kolonien können leicht übersehen werden, da sie
sich häufig nur als wenig auffällige Vertiefungen darstellen.
Die in den Nährboden eingesunkenen und ihm häufig sehr
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aufgrund einer Verdachtsdiagnose sind kontraindiziert, weil
bakterielle Infektionen wie die Dermatophilose und Pilzinfektionen mit unterschiedlichen Wirkstoffen behandelt werden
müssen. ■
■ Literatur beim Verfasser:
Zusammenfassung
Die equine Dermatophilose ist nicht selten Ursache langwieriger Stallenzootien. Die entscheidende Rolle spielen prädisponierende Faktoren, in erster Linie Durchnässung des Haarkleides. Eine eindeutige Abgrenzung zu anderen Hauterkrankungen wie z. B. Dermatophytosen ist ohne Untersuchung im
spezialisierten Labor nicht möglich. Behandlungsversuche nur
Praxisabgabe/-übergabe
Unser Kooperationspartner
Prof. Dr. K. H. Böhm
(vorm. Tierärztliche Hochschule Hannover)
Labor Prof. Böhm (vorm. Konsiliarlabor für
Dermatophyten u. Dermatophilus congolensis)
Röpkestr. 12, 30173 Hannover
[email protected]
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fest anhaftenden, trockenen Kolonien werden später schleimig
und fadenziehend (sog. Phasenwechsel) mit z. T. gelb-orangener Pigmentierung. Die Weiterzüchtung erfolgt problemlos unter aeroben Bedingungen in flüssigen oder auf festen
Medien. Hier bilden sich größere und erhabenere Kolonien als
in der Originalkultur. Im Gegensatz zu anderen Aktinomyzeten
handelt es sich bei D. c. um bewegliche Keime. KRÜGER konnte an 120 equinen Feldisolaten mit dem von ihr optimierten
API-ZYM-Test zeigen, dass das Enzymbildungsvermögen sehr
ähnlich ist. In der Bunten Reihe erwies sich das biochemische
Reaktionsvermögen sogar als identisch. Die Untersuchung der
Zellwand- und Membranproteine mittels SDS-PAGE und Western-Blot mit polyklonalen Antikörpern gestattete keine Hinweise auf die geographische Herkunft der Isolate. Die Untersuchungen von Zellwand- und Membranproteinen bei einer
großen Zahl von D. c.-Stämmen ergaben keine Beziehungen
zu deren regionalen Herkunft.
Serologische Verfahren zum Dermatophilosenachweis haben
keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden.
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