2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung

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2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
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2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Dieses Kapitel behandelt den theoretischen Hintergrund, der für das Verständnis
der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen der Faser-ChipKopplung benötigt wird. Hierzu wird zunächst in Kapitel 2.1 die Wellenausbreitung in indexgeführten optischen Wellenleitern diskutiert und es werden die
zum Verständnis der weiteren Ausführungen notwendigen Begriffe eingeführt.
In Kapitel 2.2 schließt sich eine Betrachtung der bei der Kopplung zwischen einer optischen Faser und einem dielelektrischen Wellenleiter auftretenden optischen Verlust-Mechanismen an. Kapitel 2.3 behandelt mit dem faseroptischen
Modenfeld-Transformator (FMT) ein neuartiges, im Rahmen dieser Arbeit entwickeltes Konzept zur Realisierung einer verlustarmen Faser-Chip-Kopplung.
Zum Abschluss dieses Kapitels wird die Modenfeld-Transformation mittels sogenannter Faserlinsen diskutiert.
2.1 Wellenausbreitung in indexgeführten optischen Wellenleitern
Unabhängig von der geometrischen Form des Wellenleiters ist den in diesem
Kapitel betrachteten Wellenleitern gemeinsam, dass sich die optische Welle
entlang eines dielelektrischen Materials hoher optischer Transparenz ausbreitet,
welches in eine ebenfalls dielelektrische Umgebung mit geringerem Brechungsindex eingebettet ist. Der Bereich, in welchem die optische Welle geführt
wird und dessen Umgebung werden als Kern beziehungsweise als Mantel bezeichnet. Die auf diesem Prinzip der Wellenführung basierenden Wellenleiter
werden als indexgeführte Wellenleiter bezeichnet. Neben den indexgeführten
Wellenleitern sind auch andere Leitungsprinzipien möglich, auf die hier jedoch
nicht näher eingegangen wird.
Das bekannteste Beispiel eines indexgeführten Wellenleiters ist sicherlich die
Glasfaser. Sowohl der Kern als auch der Mantel bestehen aus Glaszylindern, die
konzentrisch zueinander angeordnet sind. Bei den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten optischen Fasern handelte es sich ausschließlich um sogenannte Stufenprofilfasern, bei denen der Brechungsindex sowohl im Kern als auch im
Mantel örtlich konstant ist. Auf diese Weise entsteht an der Grenze zwischen
Kern und Mantel die namensgebende Stufe im Brechzahlprofil. Für andere Bre-
8
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
chungsindexprofile sei auf die zitierte Literatur verwiesen [7, 77-78]. Der schematische Aufbau einer Stufenprofilfaser und deren charakteristischer
Brechungsindex-Verlauf sind in Abb. 2.1 dargestellt.
x
Mantelwelle
n0
nM
z
θein
Abb. 2.1:
r
Strahlungswelle
Kernwelle
n
nK
Schematischer Aufbau einer Stufenprofilfaser und deren BrechungsindexVerlauf.
Als einfachste Modellvorstellung der Lichtführung soll zunächst der strahlenoptische Ansatz herangezogen werden. Betrachtet wird ein Lichtstrahl, der unter
dem Winkel θ ein auf die Faser-Stirnfläche trifft (Abb. 2.1). Damit der Lichtstrahl
im Kern geführt wird, muss der Einfallswinkel θ ein kleiner sein als der Akzeptanzwinkel
θ ein ,c
 n K2 − nM2
= arcsin

n0





(2.1)
der optischen Faser. Der Sinus des Akzeptanzwinkels wird als numerische
Apertur
NA = sin θ ein , c = n K2 − n M2
(2.2)
der Faser bezeichnet, wobei in Gl. (2.2) Luft ( n 0 = 1) als umgebendes Material
angenommen wurde.
In Abb. 2.1 sind weiterhin drei verschiedene optische Wellen eingezeichnet, die
abhängig vom jeweiligen Einfallswinkel als Kernwellen, Mantelwellen oder als
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
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Strahlungswellen bezeichnet werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Strahlungswellen vollständig aus der Faser austreten ist hierfür auch die Bezeichnung
Leckwelle gebräuchlich. An der Grenzfläche zwischen Mantel und umgebendem Material werden die Mantelwellen wieder in die Faser zurück reflektiert
und breiten sich dort weiter aus. Weder die Mantelwellen noch die Strahlungswellen werden als Signalträger in der optischen Übertragungstechnik verwendet.
Diese Funktion erfüllen nur die Kernwellen. Bei allen drei betrachteten Wellen
handelt es sich um sogenannte meridionale Strahlen. Neben diesen Strahlen existieren noch optische Wellen, die sich auf einer Schraubenlinie um die Faserachse ausbreiten und folglich keinen Schnittpunkt mit der Faser-Achse besitzen.
Diese Form der Strahlung wird als Helixstrahlung bezeichnet.
Die Idee der Lichtführung auf einer geometrischen Bahn besitzt den Vorteil hoher Anschaulichkeit, ist aber letztlich nicht korrekt und führt dementsprechend
auch zu teilweise falschen Vorstellungen. So suggeriert beispielsweise die Wellenführung in der oben diskutierten Form, dass das geführte Licht auf der Endfläche der optischen Faser einen Lichtfleck erzeugt, dessen genaue Position von
der Länge der Faser abhängig ist. Weiterhin würde nach dieser Vorstellung
Licht, das auf mehrere Strahlen aufgeteilt und unter verschiedenen Winkeln in
die Faser eingekoppelt wird, zu mehreren Lichtpunkten auf der Faser-Endfläche
führen. Beide Erscheinungsbilder werden jedoch bei realen optischen Fasern
nicht beobachtet.
Bereits diese beiden Beispiele zeigen, das die Hypothese einer Lichtausbreitung
in Form von Strahlen zur Beschreibung der physikalischen Natur der Wellenführung nicht vollständig geeignet ist. Um eine exakte Beschreibung der optischen
Faser zu erreichen, muss zusätzlich die Wellennatur des Lichts berücksichtigt
werden. Hierdurch erhält man einen grundsätzlichen Einblick in viele Besonderheiten, die durch den strahlenoptischen Ansatz nicht mehr erklärt werden können. Hierzu gehören unter anderem das Konzept der geführten Moden, der
Übergang von der Vielmodigkeit in die Einmodigkeit und die Existenz evaneszenter Felder.
10
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Da die optische Faser aus einem nicht magnetischen, ladungsfreien Medium besteht, lässt sich aus den Maxwellschen Gleichungen unter Anwendung der
Vektoralgebra die sogenannte Wellengleichung herleiten:
r
r
n2 ∂ 2 r
∆E ( x, y, z , t ) − 2 2 E ( x, y, z , t ) = 0 .
c0 ∂t
(2.3)
r
Hierbei kennzeichnen E den elektrischen Feldvektor, c0 die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und n den Brechungsindex des betrachteten Mediums.
Zur Lösung von Gl. (2.3) wird eine ebene, in x-Richtung linear polarisierte harmonische Welle betrachtet, die sich in z-Richtung ausbreitet:
 E x ( x, y ) ⋅ cos(ωt − βz ) 
r


E ( x, y , z , t ) = 
0
.


Ez


(2.4)
Eine ebene Welle kann in verschiedenen Punkten einer Transversalebene, also
in Beobachtungspunkten mit gleichem z-Koordinatenwert unterschiedlich polarisiert sein. Bei den hier betrachteten Wellen wird stets ein einheitlicher Polarisationszustand vorausgesetzt, ohne das der Zusatz „einheitlich“ explizit Verwendung findet. In Gl. (2.4) bezeichnen ω die Kreisfrequenz der Welle sowie
β deren Ausbreitungskoeffizienten. Die vorgenommene Beschränkung auf eine
linear in x-Richtung polarisierte Welle stellt hierbei keine Einschränkung bezüglich des Polarisationszustands dar: findet man als Lösung von Gl. (2.3) eine
linear in x-Richtung polarisierte ebene harmonische Welle, so folgt aufgrund der
Rotationsymmetrie sofort, das auch eine linear in y-Richtung polarisierte ebene
harmonische Welle eine Lösung von Gl. (2.3) sein muss. Da jeder beliebige Polarisationszustand aus der Superposition zweier linear polarisierten Wellen dargestellt werden kann, existieren folglich dann auch einheitlich, aber ansonsten
beliebig polarisierte Wellen als Lösungen von Gl. (2.3).
Zunächst soll Gl. (2.4) dem Problem angepasst in Zylinderkoordinaten (siehe
Abb. 2.2) überführt werden:
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
11
 E x (r , ϕ ) ⋅ cos(ωt − βz ) 
r


E (r , ϕ , z, t ) = 
0
.


Ez


(2.5)
Setzt man in Gl. (2.5) das Produkt
E x (r , ϕ ) = A ⋅ R (r ) ⋅ F (ϕ )
(2.6)
einer Funktion R(r), die ausschließlich von r abhängt, einer Funktion F (ϕ ) , die
ausschließlich von ϕ abhängt sowie eines Vorfaktors A ein, so erhält man unter
Verwendung von Gl. (2.3) in Zylinderkoordinaten folgende Gleichung:
 2 n2
 r 2 ∂2
r ∂
1 ∂2
2 2
+
F (ϕ ) .

 R(r ) + ω 2 − β  r = −
2
R(r ) ∂r 
F (ϕ ) ∂ϕ 2
 R(r ) ∂r
 c0

x
(2.7)
z
r
ϕ
y
nK
nM
2a
Abb. 2.2:
Schematische Darstellung einer Stufenprofilfaser.
Da die linke Seite von Gl. (2.7) nur von r und die rechte Seite nur von ϕ abhängt, kann Gl. (2.7) für beliebige Werte von r und ϕ nur dann gültig sein,
wenn beide Seiten der Gleichung eine Konstante ζ 2 bilden. Hierdurch kann
Gl. (2.7) in die folgenden beiden Gleichungen überführt werden:
12
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
1 ∂2
−
F (ϕ ) = ζ
F (ϕ ) ∂ϕ 2
2
 2 n2
 r 2 ∂2
r ∂
2 2
2
+

 R(r ) + ω 2 − β  r = ζ .
2
R(r ) ∂r 
 R(r ) ∂r
 c0

(2.8a)
(2.8b)
Die mathematische Lösung von Gl. (2.8a) kann ohne Schwierigkeiten angegeben werden:
cos(νϕ )
.
F (ϕ ) = 
 sin(νϕ )
(2.9)
Das Lösungssystem Gl. (2.9), das sowohl für den Kern als auch für den Mantel
Gültigkeit besitzt, beschreibt das Winkelverhalten des elektrischen Feldes. Aufgrund der Rotationssymmetrie muß ν eine ganze Zahl sein. Da weiterhin negative Zahlen kein neues Ergebnis liefern, kann ν auf ν = 0, 1, 2, ... eingeschränkt
werden.
Das radiale Verhalten des elektrischen Feldes ergibt sich aus der Lösung von
Gl. (2.8b). Da in dieser Gleichung im Gegensatz zu Gl. (2.8a) der Brechungsindex explizit enthalten ist, muss zur Lösung dieser Gleichung zwischen Kern und
Mantel unterschieden werden. Die sich hierbei ergebenden Differenzialgleichungen sind in der Mathematik unter den Namen „Bessel’sche Differenzialgleichung“ (Kernbereich) beziehungsweise „modifizierte Bessel’sche Differenzialgleichung“ (Mantelbereich) bekannt, deren Lösungen die Besselfunktion beziehungsweise die modifizierte Besselfunktion sind. Nach Auswahl der physikalisch sinnvollen Lösungen aus der Schar der mathematisch möglichen Lösungen erhält man hiermit:
 r ⋅u
 J ν  a 
 für 0 ≤ r ≤ a
R(r ) =  
r≥a .
 K ν  r ⋅ w 
  a 
(2.10)
Hierbei wurden die Abkürzungen
ω2 2
u := a 2 nK − β 2
c0
(2.11a)
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
13
ω2 2
w := a β − 2 nM .
c0
2
(2.11b)
verwendet. Bevor Gl. (2.10) genutzt werden kann, muss noch der bisher unbekannte Ausbreitungskoeffizient β , der in den sogenannten Phasenkoeffizienten
u und w enthalten ist, bestimmt werden. Hierbei wird die Tatsache ausgenutzt,
dass die Felder an der Kern-Mantel-Grenze ( r = a ) stetig differenzierbar aneinander grenzen müssen. Aus dieser Forderung ergibt sich die Eigenwertgleichung
u
Jν −1 (u )
K ( w)
= − w ν −1
,
Jν (u )
Kν
(2.12)
deren Lösungen die Eigenwerte β sind. Ob zu einem vorgegebenen ν ein passendes β existiert, hängt neben den Faser-Parametern (a, nK, nM) auch von der
Frequenz des zu übertragenden Lichts ab. Hierbei kann die Eigenwertgleichung
1
SimulationsParameter
nK = 1,532
nM = 1,527
LP01-Modus
normierte Intensität
0,8
Gaußkurve
0,6
2a = 8,3µm
0,4
e-2
0,2
0
-20
Abb. 2.3:
MFD = 10,5µm
-10
2a
0
Position (µm)
10
20
Radiales Intensitätsprofil des LP01-Modus sowie approximierte Gaußkurve.
sowohl keine als auch eine oder mehrere Lösungen besitzen. Aus diesem Grund
wird neben dem Index ν noch ein weiterer Index µ ≥ 1 eingeführt, mit dem die
einzelnen, als LPνµ -Moden bezeichneten Lösungen nummeriert werden können.
14
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Die Tatsache, dass die diskutierte Herleitung der in der optischen Faser ausbreitungsfähigen Moden zu einer geschlossenen analytischen Lösung geführt
hat, war für das grundlegende Verständnis der Wellenführung wichtig. Eine derartige Lösung ist jedoch bei der Mehrzahl der optischen Wellenleiter nicht existent sondern muss mittels numerischer Verfahren bestimmt werden. Eine Möglichkeit zur numerischen Ermittlung dieser Lösungen stellt die Anwendung der
sogenannten Strahlverfolgungsmethode (engl. Beam Propagation Method, kurz
BPM) dar. Mit der BPM steht ein geeignetes Simulationswerkzeug zur Modellierung und Analyse optischer Wellenleiter zur Verfügung. In Abb. 2.3 ist das
unter Einsatz eines kommerziellen BPM-Programms (BPMCAD, Firma Optiwave, Kanada) bestimmte radiale Intensitätsprofil des LP01-Modus dargestellt.
Dieses Intensitätsprofil kann durch die ebenfalls in Abb. 2.3 dargestellte Gaußkurve gemäß der folgenden Gleichung approximiert werden:
 2r 2 
I LP 01 (r ) ≅ I 0 ⋅ exp − 2  .
 w0 
(2.13)
Die Breite dieser Kurve wird durch den sogenannten Modenfelddurchmesser
(MFD) 2w0 charakterisiert.
Wie dieser Abbildung entnommen werden kann, erstreckt sich die optische Intensität über den Kern hinaus bis in den Mantel. Das zugeordnete elektrische
Feld wird als evaneszentes Feld bezeichnet. Seine Existenz kann mit Hilfe des
strahlenoptischen Ansatzes nicht mehr erklärt werden sondern wird erst durch
die Wellentheorie verständlich. In Abb. 2.4 ist der mittels BPM bestimmte Modenfelddurchmesser des LP01-Modus in Abhängigkeit des Kernradius für zwei
optische Fasern mit unterschiedlichen Brechungsindizes von Kern und Mantel
dargestellt. Wie dieser Abbildung entnommen werden kann, erfolgt ausgehend
von einem Kernradius von 5 µm in beiden Fällen zunächst eine Reduzierung des
Modenfelddurchmessers. Wird hierbei ein für die jeweiligen Brechungsindizes
typischer Grenz-Kernradius rG unterschritten, erfolgt wieder eine Vergrößerung
des Modenfelddurchmessers. Somit kann für eine bestimmte Kombination der
Brechungsindizes von Kern und Mantel stets nur ein bestimmter minimaler Modenfelddurchmesser erreicht werden. Weiterhin kann anhand von Abb. 2.4. erkannt werden, dass der Grenz-Kernradius bei geringem Brechungsindex-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
15
Unterschied zwischen Kern- und Mantel-Medium (schwache Führung) wesentlich größer ist als bei großem Brechungsindex-Unterschied (starke Führung).
Diese Ergebnisse werden bei der Diskussion der faseroptischen ModenfeldTransformatoren in Kapitel 2.3.1 noch von Bedeutung sein.
20
nM = 1,527
nK = 1,532
MFD (µm)
16
12
nM = 1
nK = 1,527
8
4
rG = 0,3µm
0
Abb. 2.4:
0
1
2
3
Kernradius (µm)
rG = 3,45 µm
4
5
Modenfelddurchmesser des LP01-Modus in Abhängigkeit des Kernradius für
zwei optische Fasern mit unterschiedlichen Brechungsindizes von Kern und
Mantel.
Der Modus LP01 ist unabhängig von den Faser-Parametern und der Lichtfrequenz immer ausbreitungsfähig und wird deshalb auch als Grundmodus bezeichnet. Einmodenfasern sind derart dimensioniert, das nur der Grundmodus
ausbreitungsfähig ist. In diesem Fall darf der Faserparameter
V=
2π
⋅ a ⋅NA
λ
(2.14)
den Grenzwert V = 2,405 , der das Argument der Besselfunktion an ihrer ersten
Nullstelle repräsentiert, nicht überschreiten. Wird V vergrößert, existieren weite-
16
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
re ausbreitungsfähige Moden, die Faser wird als Mehrmodenfaser bezeichnet.
Die Anzahl der in einer Mehrmodenfaser ausbreitungsfähigen Moden N ist abzählbar:
N≅
V2
.
2
(2.15)
Da die für linear in x-Richtung polarisiertes Licht durchgeführte Rechnung aufgrund der Rotationssymmetrie zu dem gleichen Ergebnis führt, wenn a priori
linear in y-Richtung polarisiertes Licht verlangt wird, tritt ein Modus immer in
zwei orthogonalen Polarisationsformen auf. Diese sogenannten Polarisationsmoden, deren Einfluss auf die Übertragungseigenschaften optischer Fasern aktueller Forschungsgegenstand in der optischen Glasfaser-Übertragungstechnik
[79-81] ist, sind in Gl. (2.15) bereits berücksichtigt.
L
x
n0
dMo
nMo
dK
nK
dMu
nMu
dS
Abb. 2.5:
Mantel
z
Kern
y
Mantel
Substrat
Prinzipieller Aufbau des verwendeten Rippenwellenleiters.
Gemäß Gl. (2.9) kommt weiterhin jeder Modus in zwei Winkelorientierungsvarianten sin (να ) und cos(να ) vor. Durch Linearkombination dieser beiden Varianten kann die Winkellage des Intensitätsmusters verändert werden. Aufgrund
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
17
der einleitend erwähnten Tatsache, dass sich jede beliebige Polarisationsform
aus der Überlagerung zweier orthogonaler, linearer Polarisationsformen darstellen lässt, kann die Faser in jeder Orientierungsvariante auch jede Polarisationsform übertragen.
Damit sind alle zum weiteren Verständnis wesentlichen Eigenschaften und Begriffe der optischen Glasfaser diskutiert. Aufgrund der Tatsache, dass der wellenleitende Bereich des für die Untersuchungen zur Faser-Chip-Kopplung verwendeten EA-Modulators als Rippenwellenleiter ausgeführt ist, wird im weiteren noch die Wellenführung in diesem Wellenleiter-Typ diskutiert. Der prinzipielle Aufbau eines Rippenwellenleiters kann Abb. 2.5 entnommen werden. Im
Gegensatz zur optischen Faser ist der Kern des Rippenwellenleiters rechteckig
ausgeführt. Gemäß der Indexführung ist auch hier der Kern von einem Mantel
mit geringerem Brechungsindex umgeben, wobei zwischen unterem und oberem
Mantel sowie rechtem und linkem Mantel unterschieden werden muss. Oberer
und unterer Mantel werden von einem dielektrischen Material mit dem Brechungsindex nM gebildet. Der rechte sowie der linke Mantel bestehen typischerweise aus Luft.
Die analytische Bestimmung der ausbreitungsfähigen Moden ist für den Rippenwellenleiter nur nach Einführung zahlreicher Vereinfachungen möglich. Insbesondere existiert eine analytische Lösung nur für schwach führende Wellenleiter, eine Voraussetzung die im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Aus den genannten Gründen wurde daher auf die Herleitung einer analytischen Lösung
[35, 39, 77] verzichtet und der Grundmodus des verwendeten Rippenwellenleiters unter Einsatz des bereits erwähnten kommerziellen BPM-Programms bestimmt. Das Ergebnis dieser Berechnung ist in Abb. 2.6 wiedergegeben. Die in
Abb. 2.6 ebenfalls angegebenen Simulationsparameter wurden experimentell
ermittelt (siehe Kapitel 3.3.2) und werden für alle weiteren Berechnungen verwendet. Neben dem elektrischen Feld kann mittels BPM auch der so genannte
effektive Brechungsindex ermittelt werden:
neff =
λ
⋅β .
2π
(2.16)
18
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Hierin kennzeichnen λ die Wellenlänge der betrachteten Strahlung sowie β
den Ausbreitungskoeffizienten des betrachteten Modus. Der effektive Brechungsindex, der als ein virtueller Materialparameter des jeweiligen Wellenleiter-Modus angesehen werden kann, wird bei der Diskussion der Streuverluste im
zweiten Teil dieses Kapitels noch von Bedeutung sein. Der für den vorliegenden
Wellenleiter mittels BPM bestimmte effektive Brechungsindex ist ebenfalls in
Abb. 2.6 angegeben.
1
SimulationsParameter
neff = 3,25
normierte Intensität
0,8
0,6
nK = 3,38
nMo = 3,16
vertikal
nMu = 3,16
0,4
dK = 421 nm
lateral
dMo = 600 nm
0,2
dMu = 600 nm
b = 12µm
0
-20
Abb. 2.6:
-10
0
Position (µm)
10
20
Mittels BPM berechneter Grundmodus des verwendeten Rippenwellenleiters.
Aufgrund des nicht symmetrischen geometrischen Aufbaus des Rippenwellenleiters ergeben sich verschiedene Intensitätsprofile in lateraler und in vertikaler
Ausdehnung. Für den verwendeten Wellenleiter ist in vertikaler Richtung nur
der Grundmodus ausbreitungsfähig, während in lateraler Richtung gemäß der
durchgeführten Berechnungen mittels BPMCAD noch fünf Moden höherer Ordnung geführt werden können. Weiterhin kann Abb. 2.6 entnommen werden, dass
sich die laterale Symmetrie des Wellenleiters auch in einer symmetrischen lateralen Feldverteilung wiederspiegelt. Entsprechend resultiert aus dem unsymmetrischen Aufbau des Wellenleiters in vertikaler Richtung eine entsprechend
asymmetrische Feldverteilung in vertikaler Richtung.
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
19
2.2 Optische Verlust-Mechanismen
Den optischen Verlusten, die bei der Faser-Chip-Kopplung auftreten, liegen im
wesentlichen vier physikalische Mechanismen zugrunde. Diese optischen Verlust-Mechanismen sind Gegenstand der folgenden Diskussion.
2.2.1 Streuung und Absorption
Bei der Propagation der Welle entlang der Wellenleiter treten optischen Verluste
auf, die sich additiv aus drei Anteilen zusammensetzen und aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Länge der betrachteten Wellenleiter als Ausbreitungsverluste
bezeichnet werden. Bei handelsüblichen optischen Faser kann dieser Verlust mit
etwa 0,2 dB/km [90] angegeben werden, so dass im Weiteren die Ausbreitungsverluste noch für den Rippenwellenleiter ermittelt werden müssen.
Ein erster Verlustanteil resultiert aus Streuverlusten durch Grenzflächenrauigkeiten zwischen den einzelnen epitaktisch aufgewachsenen Schichten des Wellenleiters sowie durch Störstellen des Wellenleitermaterials. Epitaxieschichten,
die mit der Molekularstrahlepitaxie hergestellt werden weisen typischerweise
Verluste von etwa 0,3 dB/cm [37] auf.
Neben den diskutierten Streuverlusten sind bei Rippenwellenleitern Streuverluste durch Rauigkeiten der nasschemisch geätzten Wellenleiterflanken zu berücksichtigen. Unter Verwendung entsprechender, auf das jeweilige Material gut abgestimmter Ätzlösungen variiert die Flanken-Rauigkeit nasschemisch geätzter
Stege typischerweise zwischen 10 und 100 nm [37]. Erfolgt der Materialabtrag
während des nasschemischen Ätzprosseses zu schnell, kann die FlankenRauigkeit ∆b auf Werte von 1000 nm und darüber hinaus ansteigen [45]. In der
Literatur finden sich unterschiedliche Ansätze um diese Streuverluste analytisch
zu bestimmen [37-39]. Hierbei werden die realen Grenzflächen durch periodisch
fortgesetzte, sinusförmige Störungen modelliert. Für mehrmodige Rippenwellenleiter kann der Streuverlust infolge von Flanken-Rauhigkeiten gemäß dieser
Modellbildung durch folgende Gleichung berechnet werden [37]:
λ∆b 2
LStreu [dB] = 8,7 ⋅ π ⋅
⋅L.
n efff b 4
2
(2.17)
20
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Hierin kennzeichnen λ die Wellenlänge der propagierenden Welle, n eff den
Mittelwert der effektiven Brechungsindizes aller propagierenden WellenleiterModen (siehe Kapitel 2.1), ∆b die Rauigkeit der Wellenleiter-Flanke, b die
Stegbreite und L die Länge des Rippenwellenleiters. Die gemäß Gl. (2.17) er-
Streuverlust (dB/100 µm)
5
∆b5
4
∆b4
SimulationsParameter
neff = 3,25
λ = 1,55µm
3
∆b1 = 10nm
∆b2 = 50nm
∆b3
∆b2
∆b3 = 100nm
∆b4 = 500nm
∆b1
∆b5 = 1000nm
2
1
0
0
2
4
6
8
10
12
14
Stegbreite (µm)
Abb. 2.7:
Streuverlust in Abhängigkeit der Stegbreite für unterschiedliche FlankenRauigkeiten.
mittelten Streuverluste in Abhängigkeit der Stegbreite sind in Abb. 2.7 für unterschiedliche Rauigkeiten dargestellt. Wie dieser Abbildung entnommen werden kann, steigt der Streuverlust nach unterschreiten einer spezifischen Stegbreite sehr schnell an. Setzt man eine typische Wellenleiter-Länge von 200 µm
sowie eine minimale Stegbreite von 10 µm voraus, so liegen die zu erwartenden
Streuverluste für die in Abb. 2.7 verwendeten Flanken-Rauigkeiten zwischen
8 ⋅ 10 −5 und 8 ⋅ 10 −1 dB.
Als letzter Verlustmechanismus trägt die Absorption an freien Ladungsträgern
in den dotierten Mantelbereichen des Wellenleiters (siehe Abb. 2.5) zu den Aus-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
21
breitungsverlusten bei. Hierbei wird die Energie eines Photons durch Intrabandabsorption auf den Ladungsträger übertragen. Laut Literaturangabe [75-76]
weisen EA-Modulatoren im verwendeten Materialsystem typischerweise Absorptionsverluste von etwa 0,02 dB/µm bei einer Wellenlänge von 1,55 µm auf,
so dass sich für einen 200 µm langen EA-Modulator ein Absorptionsverlust von
etwa 4 dB ergibt. Diese hohen Ladungsträgerverluste lassen sich durch eine Verringerung der Ausdehnung der Wellenleiter-Moden in den dotierten Mantelbereich reduzieren. Für den verwendeten EA-Modulator wird somit der Ausbreitungsverlust maßgeblich durch die Absorptionsverluste bestimmt, während der
Verlust durch Streuung an Störstellen bei entsprechender Güte der epitaktisch
gewachsenen Schichten vernachlässigbar gering ist. Der durch Rauigkeiten der
Wellenleiter-Flanken bedingte Streuverlust beträgt entsprechend der durchgeführten Abschätzung maximal etwa 1 dB, so dass insgesamt ein Ausbreitungsverlust von etwa 5 dB erwartet werden kann.
2.2.2 Modenfehlanpassung
Aus den unterschiedlichen Intensitätsprofilen der in der optischen Faser beziehungsweise im dielelektrischen Wellenleiter geführten Moden (vgl. Kapitel 2.1)
resultieren bei der direkten Kopplung beider Komponenten optische Verluste,
die im Weiteren diskutiert werden. Der diesen Verlusten zu Grunde liegende
physikalische Mechanismus wird als Modenfehlanpassung bezeichnet. Die optische Leistung, die aufgrund der Modenfehlanpassung nicht von der optischen
Faser in die ausbreitungsfähigen Moden des dielelektrischen Wellenleiters eingekoppelt werden kann, wird in Form von Strahlungs-Moden (siehe Kapitel 2.1)
aus dem Bauelement transportiert. Aufgrund der in Kapitel 2.1 diskutierten Problematik kann für das vorliegende Problem der Faser-Chip-Kopplung keine geschlossenen analytische Lösung der ausbreitungsfähigen Bauelement-Moden
angegeben werden. Aus diesem Grund kann auch die Aufteilung der in den
Wellenleiter eingestrahlten Leistung auf die geführten Moden sowie auf die
Strahlungsmoden nur mit Hilfe entsprechender numerischer Simulationsprogramme ermittelt werden. Die mittels BPM berechnete Verteilung der Intensität
auf geführte Moden sowie auf Strahlungsmoden entlang des Wellenleiters für
den Fall der Einkopplung mit einer optischen Einmodenfaser ( MFD = 10,5 µm)
22
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
ist in Abb. 2.8 dargestellt. Bei der Bezeichnung der beiden Schnittebenen wurde
das Koordinatensystem gemäß Abb. 2.5 zu Grunde gelegt. Zur besseren Orientierung wurden weiterhin die Grenzen des Wellenleiter-Kerns eingezeichnet.
Wie Abb. 2.8(a) entnommen werden kann, wird aufgrund der hohen Modenfehlanpassung zwischen dem Grundmodus der optischen Faser und dem verti-
10
Strahlungs-Moden
Höhe (µ m)
geführte Moden
0
(a)
-10
0
50
100
150
200
Aubreitungsrichtung (µm)
10
Breite (µ m)
Strahlungs-Moden
0
geführte Moden
(b)
-10
0
50
100
150
200
Aubreitungsrichtung (µm)
Abb. 2.8:
Intensitätsverteilung im Wellenleiter in der xz-Ebene (a) sowie der yz-Ebene
(b) bei der Einkopplung mit einer Einmodenfaser ( MFD = 10,5 µm).
kalen Wellenleiter-Modus der weitaus größte Anteil der am WellenleiterEingang verfügbaren optischen Intensität in Form von Strahlungs-Moden aus
dem Bauelement heraus transportiert (siehe Kapitel 2.1). Im Vergleich hierzu ist
dieser Anteil im Fall des lateralen Wellenleiter-Modus bedingt durch die geringere Modenfehlanpassung deutlich geringer.
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
23
Neben dieser qualitativen Betrachtung wurden weiterhin die sogenannten Einkoppelverluste bei der Kopplung zwischen einer optischen Faser und dem Wellenleiter in Abhängigkeit des Faser-Modenfelddurchmessers unter Verwendung
BPM-CAD
6
BPM-Programm
Kaiserslautern
4
50
2
Einkoppeleffizienz (%)
Einkoppelverlust (dB)
20
100
0
0
2
4
6
8
10
Modenfelddurchmesser (µm)
Abb. 2.9:
Durch Modenfehlanpassung bedingter Einkoppelverlust zwischen optischer
Faser und EA-Modulator als Funktion des Modenfelddurchmessers.
des kommerziellen BPM-Programms numerisch ermittelt. Als Einkoppelverlust
wird das logarithmische Verhältnis von der in den geführten Moden des Wellenleiters transportierten optischen Leistung am Ausgang des Wellenleiters PW
und der am Ausgang der optischen Faser verfügbaren Leistung P0 gemäß der
folgenden Gleichung bezeichnet:
P
Lein = −10 ⋅ log W
 P0

 .

(2.18)
Neben der Bestimmung der Einkoppelverluste mit Hilfe des kommerziellen
BPM-Programms wurde zur Verifikation der ermittelten Ergebnisse in Kooperation mit der Universität Kaiserslautern ein eigenes BPM-Programm zur Ermittlung der Einkoppelverluste entwickelt. Die Ergebnisse beider Berechnungen
zeigt Abb. 2.9. Um ausschließlich die durch die Modenfehlanpassung bedingten
Einkoppelverluste zu ermitteln, wurde hierbei kein Übergangsmedium zwischen
24
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
optischer Faser und Wellenleiter verwendet. Bei Benutzung einer handelsüblichen Einmodenfaser mit einem Modenfelddurchmesser von 10,5 µm beträgt der
Einkoppelverlust etwa 6,4 dB. Durch sukzessive Reduzierung des Modenfelddurchmessers kann dieser Wert gemäß der durchgeführten Berechnungen zunächst bis auf etwa 0,2 dB bei einem Modenfelddurchmesser von 1,5 µm verringert werden. Bei weiterer Reduzierung des Modenfelddurchmessers steigt der
Einkoppelverlust wieder an, so dass gemäß der durchgeführten Berechnungen
der für die Faser-Chip-Kopplung ideale Modenfelddurchmesser 1,5 µm beträgt.
Nachdem in der bisherigen Diskussion der Modenfehlanpassung ausschließlich
auf die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehende Problematik der effizienten Einkopplung optischer Leistung in den Wellenleiter eingegangen wurde, soll abschließend noch kurz auf die Auskopplung eingegangen werden. Hierzu wurde
analog zu den ermittelten Einkoppelverlusten mittels BPM die Auskopplung
optischer Leistung aus dem Wellenleiter zurück in eine Einmodenfaser
( MFD = 10,5 µm) bestimmt. Hierbei konnte festgestellt werden, dass der Auskoppelverlust mit 7,1 dB um 0,7 dB über dem entsprechenden Wert des Einkoppelverlusts liegt. Der ermittelte Unterschied kann anschaulich in der Begriffswelt der Strahlenoptik unter Berücksichtigung der numerischen Apertur der entsprechenden Wellenleiter erklärt werden: Ist die numerische Apertur des Wellenleiters, der die Leistung abstrahlt kleiner ist als die numerische Apertur des
Wellenleiters, in den die optische Leistung eingekoppelt werden soll, so kann
die gesamte eingekoppelte optische Leistung im Wellenleiter geführt werden, da
der Einkoppelwinkel kleiner ist als der Grenzwinkel der Totalreflexion. Diese
Situation liegt bei der Kopplung optischer Leistung von der Faser in das Wellenleiterbauelement vor. Ist andererseits die numerische Apertur des Wellenleiters, der die Leistung abstrahlt größer ist als die numerische Apertur des Wellenleiters, in den die optische Leistung eingekoppelt werden soll, so wird für
einen Teil der optischen Strahlung der Grenzwinkel für Totalreflexion überschritten. Dieser Anteil kann entsprechend Kapitel 2.1 nicht im betrachteten
Wellenleiter geführt werden und wird in Form der diskutierten Strahlungswellen
aus dem Wellenleiter heraus transportiert. Diese Situation ist bei der Auskopplung optischer Leistung aus dem Wellenleiter zurück in die Glasfaser gegeben.
Entsprechend der durchgeführten Betrachtungen ist neben der Modenfehlanpas-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
25
sung noch ein zusätzlicher Verlustmechanismus zu berücksichtigen, der von der
numerische Apertur der betrachteten Wellenleiter bestimmt wird.
2.2.3 Reflexion
Aufgrund der unterschiedlichen Brechungsindizes der für die Faser-ChipKopplung relevanten Materialien ergeben sich optische Reflexionsverluste, die
im Folgenden berechnet werden. Betrachtet wird hierzu die in Abb. 2.10 dargestellte Anordnung, in der nF , nÜ und nW die Brechungsindizes der entsprechenden Materialien kennzeichnen. Den Ausgangspunkt der weiteren Betrachtungen
L
E0
t1 t2 E0(r,L) e-jβL
t1 E0
t1 r2 E0(r,L) e-jβL
t1 r1 r2 E0(r,2L) e-j2βL
t1 t2 r1 r2 E0(r,3L) e-j3βL
t1 r1 r2 E0(r3L) e-j3βL
optische Faser
nF
Abb. 2.10:
Übergangsmedium
nÜ
Wellenleiter
nW
Modell zur Bestimmung der auftretenden Reflexionsverluste.
bildet eine sich in der optischen Faser ausbreitende ebene, elektromagnetische
Welle. An den Grenzflächen zwischen der optischen Faser und dem Übergangsmedium sowie zwischen dem Übergangsmedium und dem Wellenleiter
wird jeweils ein Teil der elektromagnetischen Welle reflektiert sowie ein Teil
transmittiert. Der Zusammenhang zwischen den entsprechenden Größen wird
durch den sogenannten Amplitudenreflexionsfaktor beziehungsweise den Amplitudentransmissionsfaktor [35]
26
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
r=
E r n1 − n 2
=
E 0 n1 + n 2
(2.19a)
t=
Et
2n1
=
E 0 n1 + n 2
(2.19b)
für den Fall nicht leitfähiger Medien bei senkrechtem Auftreffen der elektromagnetischen Welle auf die Grenzfläche hergestellt. Hierin kennzeichnen n1 beziehungsweise n 2 die Brechungsindizes der betrachteten Medien. Aufgrund der in
Abb. 2.10 dargestellten, wiederholten Reflexionen an den Grenzflächen des
Übergangsmediums setzt sich die resultierende, in den Wellenleiter transmittierte elektromagnetische Welle E t ,W aus der Überlagerung der transmittierten
Teilwellen E tn ,W wie folgt zusammen:
∞
E t ,W = ∑ E tn ,W .
(2.20)
n =1
Bedingt durch die Länge des Übertragungsmediums kommt es neben der Phasenverschiebung der einzelnen Teilwellen untereinander aufgrund der Divergenz
der aus der Faser austretenden optischen Strahlung zu einer sukzessiven Verbreiterung des Modenfelddurchmessers mit zunehmender Anzahl der Reflexionen (siehe Kapitel 2.1). Aufgrund der Tatsache, dass aus der Verbreiterung des
Modenfelddurchmessers wiederum eine mit der Anzahl der Reflexionen sinkende Einkoppeleffizienz η nL (siehe Kapitel 2.2.2) resultiert, sind neben den Reflexionsverlusten zunächst noch die Einkoppelverluste zu berücksichtigen. Aus den
genannten Gründen wurde mittels BPM die Feldverteilung E 0 (r , (2n + 1) L) sowie die entsprechende Einkoppeleffizienz bestimmt. Entsprechend der durchgeführten Diskussion kann die durch die Grenzfläche zwischen dem Übergangsmedium und dem Wellenleiter transmittierte und in den Grundmodus einkoppelbare optische Welle wie folgt bestimmt werden:
∞
E t ,W = t1 ⋅ t 2 ⋅ e − jβL ⋅ ∑ η nL ⋅ E 0 (r , (2n + 1) ⋅ L) ⋅ (r1 ⋅ r2 ⋅ e − j 2 βL ) n .
(2.21)
n =0
Hierin kennzeichnet r1 den Amplitudenreflexionsfaktor sowie t 1 den Amplitudentransmissionsfaktor des Übergangs zwischen der optischen Faser und dem
Übergangsmedium. Analog kennzeichnen r2 und t 2 die entsprechenden Fakto-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
27
ren des Übergangs zwischen dem Übergangsmedium und dem Wellenleiter. Die
in den Wellenleiter transmittierte und in den Grundmodus einkoppelbare optische Leistung kann anschließend unter Anwendung der folgenden Gleichung
berechnet werden:
Pt ,W =
ε 0 2π ∞
2
1
nW ⋅
⋅ ∫ ∫ E t ,W rdrdϕ .
2
µ 0 0 −∞
(2.22)
Hierin kennzeichnet ε 0 die Dielektrizitätskonstante sowie µ 0 die Permeabilitätskonstante. Basierend auf Gl. (2.21) sowie Gl. (2.22) kann damit der Reflexionsverlust wie folgt berechnet werden:
2π ∞
2
 


⋅
n
E

W
∫0 −∫∞ t ,W rdrdϕ  ∞


 + ∑ log(η ) .
L R = −10 ⋅ log
nL
2π ∞
 n =0
2
 n ⋅

E (r , o) rdrdϕ 
  F ∫0 −∫∞ 0


(2.23)
Der zweite Term in Gl. (2.23) berücksichtigt entsprechend der durchgeführten
Diskussion die Einkoppelverluste infolge der Modenfehlanpassung, so dass
mittels Gl. (2.23) ausschließlich die durch die Reflexionen bedingten Verluste
ermittelt werden. Abb. 2.11(a) zeigt den unter Einsatz eines kommerziellen ma-
Reflexionsverlust (dB)
2,5
(b)
2,0
(c)
(a)
1,5
1,0
0,5
0
0,5
1,0
1,5
2,0
Länge des Luftspalts (µm)
Abb. 2.11:
Reflexionsverlust in Abhängigkeit des Brechungsindexes des Übergangsmediums.
28
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
thematischen Programms (Mathcad Plus, Version 5.0) gemäß Gl. (2.23) bestimmten Reflexionsverlust als Funktion der Länge des Übergangsmediums für
die in Kapitel 2.1 behandelten Wellenleiter.
Als Übergangsmedium wurde hierbei Luft gewählt. Wie dieser Abbildung entnommen werden kann, ergibt sich in Abhängigkeit der Länge des Übergangsmediums ein oszillierender Verlauf des Reflexionsverlustes mit Werten zwischen 1,72 und 1,78 dB. Vernachlässigt man in Gl. (2.23) die Divergenz der optischen Strahlung ( r = 0 ) sowie die Einkoppelverluste (η nL = 1 ), so geht
Gl. (2.23) in die folgende Gleichung über:
nW ⋅ t12 ⋅ t 22


.
L R = −10 ⋅ log
2
2
 n F ⋅ (1 + r1 ⋅ r2 − 2r1 ⋅ r2 ⋅ cos(2 βL )) 
(2.24)
Der gemäß dieser Gleichung bestimmte Reflexionsverlust ist in Abb. 2.11(b)
dargestellt. Wie erkannt werden kann, ergibt sich wiederum ein oszilierender
Verlauf des Reflexionsverlustes in Abhängigkeit der Länge des Übergangsmediums. Der Unterschied zwischen dem maximalen und dem minimalen Reflexionsverlust beträgt in diesem Fall jedoch etwa 2 dB und ist damit deutlich höher als im ersten Fall (0,06 dB). Das in Abb. 2.11(b) dargestellte Verhalten ist
typisch für sogenannte Fabry-Perot-Resonatoren [85], bei denen durch Vielfachreflexionen der elektromagnetischen Welle zwischen zwei planparallelen
Spiegel durch geeignete Wahl des Spiegelabstands eine Resonanz erreicht wird.
Bei der Faser-Chip-Kopplung sind derartige Resonanzen im allgemeinen nicht
zu beobachten. Aus diesem Grund kann bei der Berechnung der Reflexionsverluste nicht auf die diskutierte Berücksichtigung der mit der Anzahl der Reflexionen zunehmenden Einkoppelverluste infolge der Divergenz der Strahlung
verzichtet werden.
Wie anhand von Gl. (2.23) erkannt werden kann, ist der zur Bestimmung der
Reflexionsverluste notwendige mathematische Aufwand für das vorliegende
Problem bereist beachtlich, da neben den jeweiligen Feldverteilungen auch die
entsprechenden Einkoppeleffizienzen zu ermitteln sind. Weiterhin ist die Auswertung von Gl. (2.23) nur mittels mathematischer Programme in vertretbarer
Zeit möglich ist. Aus diesem Grund wird im Weiteren versucht, den mathemati-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
29
schen Aufwand zur Bestimmung der Reflexionsverluste zu reduzieren. Betrachtet wird hierzu lediglich das erste Glied ( n = 0 ) der Reihe in Gl. (2.21). Auf
diese Weise so erhält man die folgende Gleichung zur Bestimmung der Reflexionsverluste:
 n ⋅t2 ⋅t2 
LR = −10 ⋅ log W 1 2  .
nF


(2.25)
In diesem Fall ist der Reflexionsverlust von der Länge des Übergangsmediums
unabhängig (siehe Abb. 2.11(c)). Die Abweichung zwischen dem mittels
Gl. (2.23) und dem mittels Gl. (2.25) ermittelten Reflexionsverlust beträgt hier-
Reflexionsverlust (dB)
2,0
1,6
1,2
0,8
0,4
0
Abb. 2.12:
1
2
3
Brechungsindex des Übergangsmediums
4
Reflexionsverlust in Abhängigkeit des Brechungsindex des Übergangsmediums.
bei lediglich ± 0,04 dB. Damit kann für das vorliegende Problem der Reflexionsverlust mit hoher Genauigkeit und geringem mathematischen Aufwand
unter Anwendung von Gl.(2.25) bestimmt werden kann.
30
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Der unter Anwendung von Gl. 2.25 ermittelte Reflexionsverlust in Abhängigkeit
des Brechungsindexes des Übergangsmediums ist in Abb. 2.12 aufgetragen. Wie
dieser Abbildung zu entnehmen ist, kann der Reflexionsverlust von 1,74 dB im
Fall eines Luftspaltes ( nÜ = 1) zwischen optischer Faser und Wellenleiter durch
Verwendung eines Übergangsmediums mit dem Brechungsindex nÜ = 2,2 auf
0,34 dB reduziert werden. Diese Tatsache wird bei so genannten Antireflexschichten [36] ausgenutzt, bei denen ein Dielektrikum mit dem entsprechenden
Brechungsindex auf die Ein- und Auskoppelfläche aufgebracht wird.
2.2.4 Fehl-Positionierung
Neben den bisher genannten optischen Verlusten ergeben sich Verluste bei einer
Fehl-Positionierung von optischer Faser und Wellenleiter-Bauelement.
Abb. 2.13 zeigt eine schematische Darstellung der Faser-Chip-Kopplung in der
x
Faser-Kern
Wellenleiter-Kern
z
x
optische Faser
Abb. 2.13:
y
y
z
Wellenleiter-Bauelement
Schematische Darstellung der Faser-Chip-Kopplung in der yz-Ebene sowie
Faserkern und Kern des Wellenleiter-Bauelements zur Definition der FehlPositionierung.
yz-Ebene sowie den Kern des Wellenleiter-Bauelements zur Definition der FehlPositionierung. Betrachtet man die Position des Wellenleiter-Bauelementes als
fest, so wird im Weiteren von einer Fehl-Positionierung geprochen, wenn sich
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
31
der Mittelpunkt des Faserkerns nicht im Ursprung des in Abb. 2.13 definierten
Koordinatensystem befindet.
Um Aussagen über die Toleranz bei der Positionierung der optischen Faser zu
gewinnen, wurde zunächst die Auswirkung einer lateralen Fehlpositionierung
der Faser bei einem Modenfelddurchmesser von 1,5 µm mittels BPM bestimmt.
Das Ergebnis dieser Berechnung ist in Abb. 2.14 dargestellt. Zur Simulation
wurden wiederum die in Abb. 2.3 beziehungsweise Abb. 2.6 definierten Daten
Einkoppelverlust (dB)
3
2
1
0
-15
-10
-5
0
5
10
15
laterale Fehl-Positionierung (µm)
Abb. 2.14:
Einkoppelverlust als Funktion einer lateralen Fehl-Positionierung.
verwendet. Aufgrund der Symmetrie des Rippenwellenleiters in lateraler Richtung ist auch der Einkoppelverlust als Funktion der lateralen Verschiebung
symmetrisch. In beiden Richtungen kann selbst bei einer Fehl-Positionierung der
Faser von 12,5 µm noch der angestrebte Einkoppelverlust (siehe Kapitel 1) von
maximal 3 dB, der typischerweise mit Linsensystemen [13-16] realisiert werden
kann, erreicht werden. Auf die gleiche Weise wie der Einfluß der lateralen FehlPositionierung wurde auch der Einfluss einer vertikalen Fehl-Positionierung ermittelt. Das Ergebnis dieser Berechnung zeigt Abb. 2.15. Aufgrund der geringen
32
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Dicke des Wellenleiters ist die Positionier-Toleranz der Faser in vertikaler
Richtung deutlich geringer als in lateraler Richtung. Bedingt durch den unterschiedlichen Aufbau des Rippenwellenleiters oberhalb beziehungsweise unterhalb des Kerns ist auch der Einkoppelverlust infolge einer vertikalen Fehl-
Einkoppelverlust (dB)
12
8
4
0
0
-500
500
vertikale Fehl-Positionierung (nm)
Abb. 2.15:
Einkoppelverlust als Funktion einer vertikalen Fehl-Positionierung.
Positionierung abhängig von der Richtung der Fehl-Positionierung: Während der
Einkoppelverlust von 3 dB in positiver x-Richtung bei einer Fehl-Positionierung
von etwa 400 nm überschritten wird, erfolgt diese Überschreitung in negativer
x-Richtung erst bei etwa 460 nm.
Damit sind alle potenziellen Verluste, die bei der Faser-Chip-Kopplung berücksichtigt werden müssen, diskutiert. Der sich hierbei ergebende Gesamtverlust
kann unter Verwendung der folgenden Gleichung bestimmt werden:
L F −C − F = Lein + 2 ⋅ L R + L prop + Laus .
(2.26)
Hierin kennzeichnen Lein die Einkoppelverluste, LR die durch Reflexionen an der
Ein- und Auskoppelfläche entstehenden Verluste, Lprop die Ausbreitungsverluste
sowie Laus die bei der Kopplung zwischen dem Wellenleiter und der Faser ent-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
33
stehenden Verluste. Verwendet man sowohl für die Einkopplung als auch für die
Auskopplung eine Einmodenfaser mit einem Modenfelddurchmesser von
10,5 µm so ergibt sich gemäß der theoretisch ermittelten Werte im Feld freien
Fall ein Gesamtverlust von etwa 21 dB.
Dieser Verlust kann gemäß den theoretischen Betrachtungen bei Verwendung
einer optischen Faser mit einem Modenfelddurchmesser von 1,5 µm um etwa
11 dB auf 10 dB reduziert werden. Hierbei wurde der ermittelte zusätzliche
Verlust bei der Auskopplung der optischen Leistung aus dem Wellenleiter als
konstant angenommen. Werden zusätzlich noch die Reflexionsverluste durch
Verwendung der in Kapitel 2.2.1 diskutierten Antireflexschichten reduziert, so
kann ein minimaler Faser-Chip-Kopplungsverlust von weniger als 7 dB erwartet
werden. Die Hälfte dieser Verluste wird hierbei durch die Absorptionverluste
bestimmt, deren Optimierung nicht zu den Zielen dieser Arbeit zählt.
2.3 Transformation des Modenfeldes optischer Fasern
Wie in Kapitel 2.2.3 gezeigt wurde, kann durch eine Verringerung des Modenfelddurchmessers der optischen Faser von 10,5 µm auf 1,5 µm eine drastische
Reduzierung der Koppelverluste erreicht werden. Aus diesem Grund lag ein
Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der Entwicklung geeigneter Komponenten zur verlustarmen Transformation des Modenfeldes. Die hierbei entwikkelten Konzepte werden im Weiteren vorgestellt.
2.3.1 Verlustarme faseroptische Modenfeld-Transformatoren (FMT)
Wie in Kapitel 2.1 diskutiert wurde, wird der minimal erreichbare Modenfelddurchmesser einer optischen Faser in Abhängigkeit des Kernradius durch die
Brechungsindizes von Kern- und Mantel-Medium bestimmt. Ein Modenfelddurchmesser von 1,5 µm, der entsprechend den in Kapitel 2.2.3 durchgeführten
Berechnungen zu den geringsten optischen Verlusten bei der Faser-ChipKopplung führt, kann mit der bisher diskutierten Standard-Einmodenfaser nicht
erreicht werden (siehe Abb. 2.4). Weiterhin kann Abb. 2.4 entnommen werden,
dass eine optische Faser mit einem Kern-Brechungsindex von n = 1,527 sowie
einem Mantel-Brechungsindex von n = 1 den angestrebten Modenfelddurchmesser von 1,5 µm bei einem Kernradius von 0,7 µm aufweist. Der für das Kern-
34
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Medium benötigte Brechungsindexes von n = 1,527 ist hierbei identisch mit
dem Mantel-Brechungsindex der Standard-Einmodenfaser (siehe Abb. 2.3). Da
weiterhin der für das Mantel-Medium benötigte Brechungsindex von n = 1
identisch mit dem Brehungsindex von Luft ist, kann gemäß den durchgeführten
Überlegungen die Transformation des Modenfeldes optischer Einmodenfasern
folgendermaßen erreicht werden: Reduziert man den Mantelradius einer Standard-Einmodenfaser von 62,5 µm auf 0,7 µm, so resultiert hieraus eine Reduzierung des Kernradius auf etwa 0,05 µm. Hierbei wurde eine Reduzierung beider
Radien in gleichem Verhältnis angenommen. Das Verhältnis von Kernradius zu
Modenfelddurchmesser wird während dieser Reduzierung des Kernradius sukzessive kleiner und konvergiert letztlich gegen Null (Abb. 2.4). In diesem Fall
wird die Wellenführung nicht mehr durch die schwache Führung innerhalb der
ursprünglichen Einmodenfaser sondern durch die starke Führung innerhalb der
neuen Faser bestimmt [41], wobei der ursprüngliche Mantel der Einmodenfaser
als neuer Kern und die umgebende Luft als neuer Mantel dient. Diese neue optische Faser ist aufgrund der hohen Brechungindex-Differenz von Kernund Mantel-Medium und dem hieraus resultierenden großen Faserparameter
eine Mehrmodenfaser. Wie numerische Untersuchungen mittels BPM gezeigt
haben, erfolgt erst bei einem Kernradius von etwa 0,5 µm der Übergang zur
Einmodigkeit.
Nachdem im bisherigen Verlauf dieses Kapitels gezeigt werden konnte, dass die
Transformation des Modenfeldes durch Reduzierung des Faserradius erreicht
werden kann, muss abschliessend noch diskutiert werden, wie diese Transformation des Grundmodus der Einmodenfaser in den Grundmodus der neuen optischen Faser mit möglichst geringen optischen Verlusten erreicht werden kann.
Mit der Ausdehnung des Grundmodus in den Fasermantel erfolgt ein Austausch
optischer Leistung zwischen dem Grundmodus und den ausbreitungsfähigen
Mantelmoden [41, 84]. Dieser physikalische Mechanismus wird als ModenKopplung [35, 85] bezeichnet. Für eine ausführliche Abhandlung dieser Theorie
sei auf die zitierte Literatur [35, 85] verwiesen. Ziel der verlustarmen Modenfeld-Transformation ist es, diese Kopplung optischer Leistung in die Mantelmoden möglichst gering zu halten. Der aus der Moden-Kopplung resultierende
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
35
Verlust optischer Leistung aus dem Grundmodus wird neben der Existenz von
Störstellen innerhalb des Faser-Mediums entscheidend von dem Profilverlauf
des Faser-Übergangs bestimmt. Unter Verwendung der folgenden Gleichung
[40-41]
r
dr
a r ( β1 − β 2 )
z (r ) = −2π ∫
(2.27)
kann der Verlauf des Faserradius r als Funktion der Ausbreitungsrichtung z derart bestimmt werden, das der Transfer der optischen Leistung zwischen den Moden mit den Ausbreitungskoeffizienten β 1 beziehungsweise β 2 möglichst gering ist. Eine vollständig verlustlose Modenfeld-Transformation kann nur bei
Faserradius (µ m)
60
40
20
0
0
500
1000
1500
2000
2500
Ausbreitungsrichtung (µm)
Abb.2.16:
Faserradius als Funktion der Ausbreitungsrichtung zur Realisierung einer verlustarmen Modenfeld-Transformation.
einer idealen, störungsfreien optischen Faser erreicht werden. Der unter Verwendung von Gl. (2.27) numerisch berechnete Verlauf des Faser-Radius in Abhängigkeit der Ausbreitungsrichtung ist in Abb. 2.16 dargestellt. Wie aus
Abb. 2.16 erkannt werden kann, benötigt die verlustarme Transformation des
36
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Modenfeldes eine Gesamtlänge des Übergangs von 2680 µm. Hierbei handelt es
sich um die geringste Länge des Übergangs, innerhalb der eine verlustarme
Transformation des Modenfeldes erreicht werden kann. In der Begriffswelt der
Strahlenoptik bedeutet ein Unterschreiten dieser Länge, dass die maximal zulässige Steigung, die noch zur Totalreflexion an der Kern-Mantel-Grenze führt, an
mindestens einem Punkt entlang des faseroptischen Modenfeld-Transformators
überschritten wurde und dementsprechend ein Transfer optischer Leistung in die
Mantelwellen erfolgt.
Aus technologischer Sicht sind Probleme bei der exakten Realisierung des in
Abb. 2.16 dargestellten Profil-Verlaufs zu erwarten. Insbesondere wird die Realisierung des deutlichen Wechsels der Steigung ab etwa 2500 µm nur mit hohem
Aufwand möglich sein. Wie jedoch bereits erwähnt wurde, wird unter Anwendung von Gl. (2.27) der Verlauf des faseroptischen Modenfeld-Transformators
ermittelt, für den die verlustarme Modenfeld-Transformation bei minimaler
Übergangs-Länge erfolgt. Folglich kann durch eine Erhöhung der ÜbergangsLänge bei gleichzeitiger Reduzierung der Steigung des faseroptischen Modenfeld-Transformators wiederum eine verlustarme Transformation des Modenfeldes erreicht werden.
Ungeachtet des technologischen Aufwands bei der Herstellung der faseroptischen Modenfeld-Transformatoren sind jedoch bereits bei der minimalen Länge
von 2680 µm Probleme mit der mechanischen Stabilität und dem benötigten
Platzbedarf zu erwarten. Aufgrund dieser Problematik wurde im Rahmen der
vorliegenden Arbeit ein neuartiger verlustarmer Modenfeld-Transformator mit
dem Ziel entwickelt, die Länge des Übergangs von der Einmodenfaser auf den
gewünschten Endradius drastisch zu reduzieren. Dieser faseroptische Modenfeld-Transformator wird im Folgenden vorgestellt.
Wie Untersuchungen mittels BPM gezeigt haben, kann der Faserradius der
Standard-Einmodenfaser auf etwa 10 µm reduziert werden, ohne dass die Ausbreitung der optischen Welle hierdurch gestört wird. Reduziert man anschließend den Faserradius unter Beachtung von Gl. (2.27) sukzessive auf einen gewünschten Endwert, so kann analog zu dem bereits diskutierten faseroptischen
Modenfeld-Transformator
wiederum
eine
verlustarme
Modenfeld-
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
37
Transformation erreicht werden. Im einfachsten Fall erfolgt hierbei der
Übergang von dem Radius der ursprünglichen optischen Faser auf den gewünschten Endradius linear (siehe Abb. 2.17). Im Sinne der Strahlenoptik bedeutet dies, dass die kleinste Steigung aller Punkte entlang des faseroptischen
Modenfeld-Transformators als Steigung des linearen faseroptischen Modenfeld-
r
rM0
n0
nM
rK0
rKE
nK
z
z2
z1
Abb. 2.17:
Faseroptischer Modenfeld-Transformator mit linearer Reduzierung des Faserradius in Abhängigkeit der Ausbreitungsrichtung im schematischen Längsschnitt.
Transformators zu wählen ist. Unter Anwendung von Gl. (2.27) konnte die für
eine verlustarme Transformation notwendige Minimal-Länge des linearen Übergangs zu z 2 = 468 µm bestimmt werden. Wird diese Länge unterschritten, so ist
Gl. (2.27) nicht mehr für jeden Punkt entlang des faseroptischen ModenfeldTransformator erfüllt und es erfolgt eine Abstrahlung optischer Leistung in
Form von Strahlungsmoden. Vergleicht man die für eine verlustarme Modenfeld-Transformation notwendige minimale Länge des linearen faseroptischen
Modenfeld-Transformators mit der minimalen Länge des faseroptischen Modenfeld-Transformators gemäß Abb. 2.16 so kann erkannt werden, dass durch das
beschriebene neuartige lineare Design die Länge des faseroptischen ModenfeldTransformators von 2680 µm auf 468 µm reduziert werden kann. Diese drastischen Reduzierung ermöglicht erst den Einsatz des faseroptischen Modenfeld-
38
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
Transformators für die Faser-Chip-Kopplung, da weder hinsichtlich der mechanischen Stabilität noch hinsichtlich des Platzbedarfs Probleme zu erwarten sind.
2.3.2 Faserlinsen
Neben der im letzten Kapitel diskutierten Reduzierung des Modenfelddurchmesser durch faseroptische Modenfeld-Transformatoren, wird im Folgenden untersucht, ob diese Reduzierung auch durch die Fokussierung des in der optischen
Faser geführten Lichts durch Anschmelzen einer sogenannten Faserlinse an die
Faser-Stirnfläche erreicht werden kann. Da bei diesem Verfahren keine Transformation sondern eine Fokussierung des Modenfeldes durchgeführt wird, bleibt
auch bei Herstellungs bedingten Abweichungen der realisierten Linsenform von
der berechneten idealen Form stets die Einmodigkeit des Lichts erhalten. Dieser
Aspekt ist vor dem Hintergrund, das in dem im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Bauelement in vertikaler Richtung nur der Grundmodus ausbreitungsfähig
ist (siehe Kapitel 2.1) und somit angeregte Moden höherer Ordnung im Bauelement abgestrahlt werden von besonderem Interesse.
Der Modenfelddurchmesser 2ω L am Brennpunkt f einer sphärischen Linse wird
bei zu Grunde legen der sich in der Faser ausbreitenden ebenen Welle (siehe
Kapitel 2.1 ) durch die folgende Gleichung
2ω L =
2ω 0
 πω
1 + 
 λf
2
0



2
(2.28)
beschrieben [43]. Hierin bezeichnet 2ω 0 den Modenfelddurchmesser der optischen Faser, λ die Wellenlänge der Strahlung und n den Brechungsindex der
Faserlinse. Weiterhin besteht zwischen der Brennweite f und dem Durchmesser
dL einer sphärischen Linse der folgenden Zusammenhang [43]:
f =
dL
.
2(n − 1)
Durch Substitution von Gl. (2.29) in Gl. (2.28) erhält man somit:
(2.29)
2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
2ω L =
39
2ω 0
 2πω (n − 1) 

1 + 
λ
d
L


2
0
2
(2.30)
.
Die in Gl. (2.30) verwendete Annahme eines konstanten Modenfelddurchmessers 2ω 0 ist nur zulässig, solange es durch die Reduzierung des Fasermantels
nicht zu einer Störung der optischen Welle kommt. Wie aus der im letzten Kapitel geführten Diskussion bekannt ist, ist diese Voraussetzung nur bis zu einem
Faser-Durchmesser von etwa 20µm erfüllt. Für Faser-Durchmesser unterhalb
von 20 µm wurde daher der entsprechende Modenfelddurchmesser mittels BPM
10
MFD (µm)
8
Simulations-Parameter
dL > 20 µm
6
2ω0 = 10,5µm
n = 1,53
4
λ = 1,55µm
dL < 20 µm
2
n = 1,527
0
0
Abb. 2.18:
40
80
Linsen-Durchmesser (µm)
120
Modenfelddurchmesser in Abhängigkeit des Linsen-Durchmessers.
berechnet und in Gl. (2.30) verwendet. In Abb. 2.18 ist der Zusammenhang zwischen dem Modenfelddurchmesser am Brennpunkt der sphärischen Linse und
dem Linsenradius gemäß Gl. (2.30) aufgetragen. Als Brechungsindex der Faserlinse wurde hierbei der Mittelwert aus dem Brechungsindex von Kern und
Mantels verwendet. Nach vollständiger Entfernung der Mantelschicht wurde
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2 Prinzip der Faser-Chip-Kopplung
dieser Brechungsindex entsprechend durch den Brechungsindex des Faserkerns
ersetzt (n = 1,532). Wie anhand von Abb. 2.18 erkannt werden kann, liegt der
mit Hilfe einer sphärischen Faserlinse realisierbare Modenfelddurchmesser zwischen 9,8 µm und nahezu 0 µm. Insbesondere kann gemäß Abb. 2.18 der für eine optimierte Kopplung zwischen optischer Faser und EA-Modulator notwendige Modenfelddurchmesser von 1,5 µm realisiert werden.
Die Herstellung von Faserlinsen auf der Basis der vorgestellten Theorie wird in
Kapitel 3.2 diskutiert. Die optische Charakterisierung der hergestellten Faserlinsen erfolgt in Kapitel 5.2.
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