Einführung Donnerstag, 20. August 2009, 19.00 Uhr Dienstag, 15. September 2009, 19.00 Uhr Donnerstag, 22. Oktober 2009, 19.00 Uhr Donnerstag, 12 November 2009, 19.00 Uhr Die Gedenkstätte Ahlem ist der zentrale Erinnerungsort in der Region Hannover. Christen jüdischer Herkunft im Nationalsozialismus Vortrag und Diskussion mit Uta Schäfer-Richter Gespräch mit dem Zeitzeugen Moshe Miedzinski Ein Überlebender aus dem KZ Ahlem „Wir wollen weiterleben…“ Die Briefe der jüdischen Familie Loeb. Lesung der Mendel-Grundmann-Gesellschaft e.V. Vlotho. Vor über 20 Jahren eingerichtet, befindet sich die Gedenkstätte auf dem historischen Gelände der 1893 gegründeten „Israelitischen Gartenbauschule Ahlem“, einst eine international anerkannte Ausbildungsstätte für jüdische Jungen und Mädchen im Bereich Gartenbau, Hauswirtschaft und Handwerk. Im Dritten Reich bemächtigten sich die Nationalsozialisten des Geländes und beendeten gewaltsam ein erfolgreiches Stück deutsch-jüdischer Kultur in der Region. So wurde Ahlem 1941 zur zentralen Sammelstelle für Deportationen in die Konzentrationslager, zum Gestapo-Gefängnis und gegen Ende des Krieges zur Hinrichtungsstätte. „Im Niemandsland“ lautet der Titel einer aktuellen wissenschaftlichen Untersuchung der Historikerin Uta Schäfer-Richter, die das Schicksal von Konvertiten und Dissidenten jüdischer oder teilweise jüdischer Herkunft im Bereich der hannoverschen Landeskirche zum Thema hat. Moshe Miedzinski, 1928 in Łódz´ geboren, wurde im Jahre 1940 mit seiner jüdischen Familie in das dortige Ghetto gezwungen und nach der Liquidierung des Ghettos im Juni 1944 nach Auschwitz deportiert. Nach einem Monat in Auschwitz wurden Moshe Miedzinski und sein Vater zum Arbeitseinsatz in Deutschland selektiert. Zusammen mit ca. 1000 jüdischen KZ-Häftlingen begannen sie eine tagelange Bahnfahrt, die in einem der Außenlager des KZ´s Neuengamme in Hannover endete. Nachdem Miedzinski und sein Vater zunächst in der Reifenproduktion der Continental Gummi-Werke Stöcken eingesetzt waren, wurden sie Ende November 1944 in das neu angelegte Lager Ahlem verlegt, um Asphaltstollen für die unterirdische Rüstungsproduktion auszubauen. Vater und Sohn überlebten, gesundheitlich schwer angeschlagen, sowohl unmenschliche Arbeitsbedingungen in den nassen Stollen als auch ständige Misshandlungen durch SS und ‚Kapos’. Als nicht mehr transportfähig eingestuft, entkamen sie auch den Todesmärschen zum KZ Bergen-Belsen und erlebten so die Befreiung Hannovers durch die Amerikaner am 10. April 1945. Moshe Miedzinski lebt heute mit seiner Familie in Haifa und berichtet auf Einladung der Region Hannover über sein Schicksal als Überlebender des NS-Regimes. Euthanasie im NS-Staat - Opfer der NS-Psychiatrie in der Region Hannover Vortrag und Diskussion mit Prof. em. Dr. Peter Brokmeier und Dr. Raimond Reiter. Die Mendel-Grundmann-Gesellschaft e.V. Vlotho widmet sich seit über 40 Jahren der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte ihrer Heimatstadt und hält mit zahlreichen Aktivitäten die Erinnerung an ihre jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wach. Besondere Beachtung fand deutschlandweit die Veröffentlichung von Briefen der jüdischen Kaufmannsfamilie Loeb an ihren nach Amerika ausgewanderten Sohn. Die Briefe als bewegendes historisches Zeugnis dokumentieren in beispielhafter Weise das Schicksal einer alteingesessenen jüdischen Familie, die unaufhaltsam in den Sog der NS-Verfolgungspolitik gerät und der letztlich die Verbundenheit zu ihrer deutschen Heimat zum Verhängnis geworden ist. Helene und Gustav Loeb, die 1939 von Vlotho nach Hannover gezogen waren, lebten bis zu ihrer Deportation im Dezember 1941 im Judenhaus in der Blumenauer Straße. Ihre Namen finden sich auf dem Mahnmal am hannoverschen Opernplatz wieder. Der Politikwissenschaftler Prof. em. Dr. Peter Brokmeier beginnt seinen Vortrag mit einem kursorischen Überblick über Umfang und Verlauf der als „Euthanasie“ getarnten Tötungsaktionen im Dritten Reich. Dabei geht es auch um eine Einordnung des Geschehens in die NS-Genozidpolitik und in den ideengeschichtlichen Kontext des Rassismus. Im Zentrum seiner Betrachtung steht aber die Frage nach den spezifischen Ursachen der Euthanasiemorde. Kern seiner These ist, dass Eugenik und Euthanasie mit einer umfassenden und tiefen Krise der Moderne einhergehen – sie sind Ausdruck dieser Krise und zeichenhaft für die fortschreitende Selbst- und Weltentfremdung des Menschen. Die Region Hannover als Trägerin der Gedenkstätte fühlt sich der besonderen, wechselhaften Geschichte der Israelitischen Gartenbauschule verpflichtet. Das neue Veranstaltungsprogramm nimmt sich im Kern der Themen Holocaust, Aufarbeitung der NS-Zeit, Menschenrechte und Antifaschismus an. Kooperationspartner ist der Förderverein der Gedenkstätte Ahlem. Dabei geht die Autorin besonders der Frage nach, in welchem Ausmaß Christen in die antisemitische Verfolgung der Nationalsozialisten einbezogen waren, und wie sich die hannoversche Kirchenleitung und einzelne Pastoren zu der bedrängten Situation ihrer „nichtarischen“ Kirchenmitglieder verhielten. Uta Schäfer-Richter legt die spannungsreiche Zwitterstellung der Christen jüdischer Herkunft dar, die sich aufgrund ihrer verwandtschaftlichen Verflechtung mit der „arischen“ sowie der „nichtarischen“ Bevölkerung zwischen der verfemten jüdischen Minderheit und der verherrlichten deutschen „Volksgemeinschaft“ befanden. Alle Veranstaltungen finden statt in der „Galerie“, Haus der Region, Hildesheimer Str. 18, 30169 Hannover. Literatur: Uta Schäfer-Richter: Im Niemandsland. Christen jüdischer Herkunft im Nationalsozialismus – Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen und Aktualisierungen unter www.gedenkstaette-ahlem.de. Mitglieder der Mendel-Grundmann-Gesellschaft werden mit verteilten Rollen aus den Briefen der Familie Loeb lesen. Das Beispiel der hannoverschen Landeskirche. Göttingen 2009. Durch das Zeitzeugengespräch führt die Historikerin Janet Anschütz vom Verein „Gegen das Vergessen/NSZwangsarbeit e. V.“ Der Politologe Dr. Raimond Reiter widmet seinen Vortrag vor allem den Opfern der NS-“Euthanasie“ aus Hannover. Dazu gehören über 50 Kinder, die im II. Weltkrieg in der „Kinderfachabteilung“ Lüneburg gestorben sind und ebenso viele Patienten aus Hannover, die über die Anstalten Langenhagen, Lüneburg, Hildesheim und Wunstorf 1941 im Rahmen der „T4-Aktion“ einer der sechs zentralen Tötungsanstalten zugeführt wurden. Die Erforschung des Schicksals dieser Opfer steht noch weitgehend aus, ebenso eine Diskussion um ein angemessenes Gedenken. Literatur: Manfred Kluge (Hg.): „Wir wollen weiterleben…“ Das Schicksal der jüdischen Familie Loeb – Literatur: dokumentiert in Briefen und Selbstzeugnissen. Bielefeld 2003. Brokmeier, Peter: Die Vorstufe der Endlösung. Zum Frankfurter Euthanasieprozess 1967/68. In: Gewerkschaftliche Monatshefte, 21. Jg., Heft 1 (Januar 1970), S. 28-37. Reiter, Raimond: Patiententö- Literatur: tungen im II. Weltkrieg - Opfer aus Hannover und der Nervenklinik Ahlem. Die Geschichte einer jüdischen Gartenbauschule Langenhagen. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Band Hrsg. Hans-Dieter Schmid. Bremen 2008. 60/2006. Hg.: Landeshauptstadt Hannover. Hannover 2006: 151-162. Führungen in Ahlem Einmal im Monat bietet die Gedenkstätte Ahlem öffentliche Führungen durch die Ausstellungsräume und über das Gelände der ehemaligen Israelitischen Gartenbauschule an. In Kooperation mit dem „Neuen Land e. V.“ ist auch das historische Gebäude des einstigen Mädchenhauses zu besichtigen. Öffnungszeit: 3. Sonntag im Monat 14.00 – 17.00 Uhr Beginn der Führung: 15.00 Uhr Termine 2009: 16. August/20. September/18. Oktober/15. November Führungen für Schulklassen und andere Gruppen nach Vereinbarung. Weitere Informationen/Anfragen: Tel.: (0511) 6 16-2 22 56 E-Mail: [email protected] Adresse: Gedenkstätte Ahlem der Region Hannover Heisterbergallee 8 30453 Hannover Sonntag, 15. November 2009, 14.00 Uhr Anfahrt Sonderführung in Ahlem Anfahrt zum Haupthaus der Region Hannover Anlässlich des Volkstrauertages bietet die Gedenkstätte Ahlem eine Sonderführung mit Fachvortrag an. Die Geschichte der Israelitischen Gartenbauschule wird im Mittelpunkt der Betrachtung von Dr. Marlis Buchholz stehen. Die Historikerin wird besonders die Zeit zwischen 1933 bis 1938 und die mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verbundenen Veränderungen in der schulischen Arbeit und in der Gärtnerausbildung in den Fokus rücken. Im Rahmen des Vortrages werden teils noch unbekannte Fotografien aus dem jüdischen Schul- und Lehrlingsalltag zu sehen sein. Anschließend wird Dr. Marlis Buchholz über das historische Gelände der Gartenbauschule führen und geschichtsträchtige Orte wie das ehemalige Judenhaus vorstellen. Die Sonderführung endet im einstigen Mädchenhaus mit einem Rundgang und abschließenden Kaffeetrinken. Der Vortrag beginnt um 15.00 Uhr im Martin-GersonRaum der Gedenkstätte Ahlem. Vorher besteht ab 14.00 Uhr die Möglichkeit, die Dauerausstellung in den Kellerräumen der Gedenkstätte zu besichtigen. Das Ende der Veranstaltung ist für 17.00 Uhr angesetzt. Die Teilnahme ist kostenlos. Literatur: Marlis Buchholz: Die hannoverschen Judenhäuser. Zur Situation der Juden in der Zeit der Ghettoisierung und Verfolgung 1941 bis 1945. Hildesheim 1987. Kontakt Gedenkstätte Ahlem Herausgeber Region Hannover Der Regionspräsident Team Kultur Redaktion und Koordination Stefanie Burmeister Layout: Team Gestaltung, Christina Larek Druck: Region Hannover, Team Druck Foto: Team Gestaltung, Christian Stahl Anfahrt zur Gedenkstätte Ahlem Karten: Team Gestaltung, Matthias Rößler Weitere Informationen Team Kultur der Region Hannover Hildesheimer Str. 20 30169 Hannover Tel.: (0511) 6 16-2 22 56 E-Mail: [email protected] www.hannover.de In Kooperation mit Förderverein Gedenkstätte Ahlem e.V. Ahlem. Die Geschichte einer jüdischen Gartenbauschule. Hrsg. Hans-Dieter Schmid. Bremen 2008. Veranstaltungsprogramm August – November 2009 Vorträge • Diskussionen • Zeitzeugengespräche • LESUNGEN