Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Merkblatt zur Roßkastanien-Miniermotte Einleitung Gemein-den ein prägendes Element des öffentlichen Grüns dar. Bedeutsame Schäden an Roßkastanien (Aesculus hippocastanum L.) wurden bisher in erster Linie durch die Blattbräune (Guignardia aesculi (Peck) Stew.) verursacht. An Straßen leiden Roßkastanien außerdem sehr häufig unter den Folgen der Anwendung von Streusalzen im Winter, Abgasen von Kraftfahrzeugen sowie Roßkastanien-Miniermotte großer Hitze besonders in den Innenstädten. Als weitaus gefährlicher muss aber die in den letzten Jahren zunehmend auftretende Roßkastanien-Miniermotte (Cameraria ohridella Deschka et Dimic) eingestuft werden. Larve der Roßkastanien-Miniermotte Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt F REISTAAT T HÜRINGEN Verbreitung Erstmalig wurde ein Befall von Roßkastanien durch C. ohridella 1984 in Mazedonien entdeckt. In den Folgejahren kam es in Europa zu einer sehr raschen Verbreitung dieses Schädlings. In Deutschland tritt die Kastanienminiermotte an vielen Stellen auf. In Thüringen wurde die Motte 1998 an Roßkastanien in Erfurt beobachtet. Im Jahr 1999 wurde ein Auftreten im Altenburger Land, Bad Köstritz, Weimar sowie in Dornburg verzeichnet. Die Ausbreitung von C. ohridella erfolgt überwiegend entlang von Autobahnoder Bahntrassen sowie der Flussläufe. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass sich der Schädling durch Verdriftung verbreitet. Weiterhin muss davon ausgegangen werden, dass neben dem aktiven Flug eine passive Verbreitung mit der Kleidung sowie durch Fahrzeuge geschieht. Schadbild Die 3 bis 5 mm großen, flachen Larven der Roßkastanien-Miniermotte fressen im Inneren der Blätter. Nach einem kurzen Miniergang entsteht zunächst eine Rundmine (Ø 3 mm). In der weiteren Entwicklung kommt es zur raschen Verbreiterung der Platzminen bis zu einer Größe von 2-4 cm. Die einzelnen Blattminen können ineinander fließen, so dass größere minierte Blattbereiche entstehen. In den Minen erkennt man im Gegenlicht die Larven sowie deren Kotablagerungen. Bei starkem Befall können bis zu 300 Minen pro Blatt auftreten. Durch derartige Schädigungen weisen die Bäume bereits frühzeitig im Jahr umfangreiche Laubverbräunungen auf und werfen ihr Laub ab. Weitere Folgeschäden sind die Verringerung der Blattgröße bei Wiederaustrieb (TOMICZEK), Notblüten (HEITLAND), Rückgang von Fruchtanzahl und Fruchtgewicht, verlangsamtes Wachstum sowie eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber anderen Schadfaktoren. Das Schadbild der Roßkastanien-Miniermotte kann mit den Symptomen des Blattfleckenerregers G. aesculi verwechselt werden. Dieser Pilz verursacht aber in der Regel Flecken, die einen gelben Rand haben, tritt besonders in feuchten Jahren und an nassen Standorten auf und hat ebenfalls eine zunehmende Bedeutung als Schadfaktor an Roßkastanien. Schädling Die zur Familie der Schmetterlinge (Gracillariidae) gehörende RoßkastanienMiniermotte weist eine Länge von ca. 5 mm und eine Flügelspannweite von etwa 7 mm auf. Die Vorderflügel zeigen eine metallisch schimmernde, ockerbis goldbraune Grundfärbung, die von einer weiß-schwarzen Querbänderung unterbrochen wird. Der Schädling befällt bevorzugt weißblühende Roßkastanien (A. hippocastanum), selten die rotblühenden A. hippocastanum carnea. Vereinzelt werden auch der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) und die Hainbuche (Carpinus betulus) befallen. Der Schlupf der Falter der ersten Generation aus dem Falllaub des Vorjahres erfolgt Ende April bis Mitte Mai, mit Beginn der Roßkastanienblüte. Die Weibchen legen bis zu 100 transparente, flache, rundovale und 0,3-0,4 mm große Eier stets blattoberseitig ab. Nach 2-3 Wochen schlüpfen die Larven dieser Generation und minieren ab Mitte Mai bis Mitte Juni in den Blättern. Nach der zwei- bis dreiwöchigen Puppenruhe in einem Kokon in der Blattmine schlüpfen die Falter der 2. Generation im Juli/August. Sie besiedeln vorrangig die Oberkrone der Bäume und ihre Larven fressen im August. Die Falter der dritten Generation erscheinen Ende August bis Ende September, der Larvenfraß dieser Generation erfolgt bis in den Oktober. In Deutschland ist mit drei bis vier Generationen pro Jahr zu rechnen. Daraus ergibt sich das Problem der Überlappung der Generationen. Der Befall ist sehr witterungsabhängig. Starke Niederschläge spülen die Eier von den Blattoberflächen ab. Außerdem sind Larven und Falter sehr kälteempfindlich und sterben bereits bei geringem Frost . Minen bzw. jagen die Falter. Des weiteren konnten Parasitierungen durch natürlich vorkommende Schlupfwespenarten nachgewiesen werden (BERLING, SCHNEE, WULF). Der Parasitierungsgrad schwankt stark zwischen 5 und max. 20% und reicht nicht aus, um auf die hohe Vermehrungsrate der RoßkastanienMiniermotte spürbar einzuwirken. Darüber hinaus ist für optimale Entwicklungsbedingungen besonders in der Anwachsphase der Bäume sowie in Trockenperioden durch ausreichende Wasser- und Nährstoffzufuhr zu sorgen. Bekämpfungsmaßnahmen Es liegen unterschiedliche Ansätze zur Kontrolle, Befallsminderung und Bekämpfung der Roßkastanien-Miniermotte vor. Das konsequente Entfernen des Falllaubes wird als wichtigste Maßnahme angesehen, um den Befall einzudämmen, da die Masse der Puppen im Blatt überwintert. Aus einem Kilogramm trockenen Laubes schlüpfen bis zu 4 500 Tiere. Bei der Kompostierung im Hausgarten kann die Zersetzung des Falllaubes durch Zugabe von Holzasche, Kalkstickstoff oder Branntkalk gefördert werden. Die Komposthaufen sollten sorgfältig mit einer ca. 15 bis 20 cm starken Schicht aus Erde oder anderen Materialien abgedeckt werden, um den Schlupf von Faltern aus nicht abgetöteten Puppen zu verhindern. Biotechnische Verfahren des Pflanzenschutzes, z.B. Pheromonfallen, können zur direkten Bekämpfung in Form von Massenfängen sowie zur Befallsfeststellung und Beobachtung der Flugaktivität genutzt werden. Ein Einsatz von Insektiziden im öffentlichen Grün mittels Spritzverfahren ist vor allem aus technischen Gründen nicht durchführbar. Lediglich ihr Einsatz zum Schutz von Jungbäumen und die Anwendung in Baumschulen wäre denkbar. Im Bereich Baumschule ist das Präparat Neem Azal TS zum Einsatz im Junglarvenstadium der R0ßkastanien-Miniermotte zugelassen. Für das Anwendungsgebiet Haus- und Kleingarten stehen keine chemischen Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Beobachtungen zeigen, dass sich die einheimische Tierwelt auf die neuen Schädlinge einstellt. Blau- und Kohlmeisen picken Raupen und Puppen aus den Beginnender Minierfraß Fortgeschrittener Minierfraß Literaturhinweise: zu erfragen bei Dr. R. Schmatz Abbildungsverzeichnis: H. Schnee, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft Dr. Rüdiger Schmatz Adresse: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Referat Pflanzenschutz Kühnhäuser Straße 101, 99189 Erfurt-Kühnhausen Ansprechpartner: Herr Dr. Rüdiger Schmatz Telefon: (0361)-550681-20, Telefax: (0361)-550681-40 e-Mail: [email protected] Jena, im September 2004 Abteilung Pflanzenproduktion Referat Pflanzenschutz Besuchen Sie uns auch im Internet: www.tll.de/ainfo