rbb PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte! Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live-Diagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen. Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei. Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten. Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an: [email protected] oder schicken Sie uns alles per Post an: Redaktion rbb PRAXIS rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin am 07.06.2015, 20.15 - 21.00 Uhr Die Themen Fokus Rheuma Weizensensitivität Rückenschonend im Garten Fokus Rheuma Neue Medikamente ermöglichen vielen Rheuma-Kranken mittlerweile ein fast normales Leben. Auch für Menschen mit Lupus, eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, gibt es seit einigen Jahren endlich ein wirksames Mittel. Doch nach wie vor werden rheumatische Erkrankungen oft zu spät erkannt oder sogar jahrelang falsch behandelt – weil es zu wenige Rheumatologen gibt und weil Ärzte aus anderen Fachrichtungen zu selten ein Bewusstsein für diese Erkrankungen haben. Der Begriff „Rheuma“ umfasst mehr als hundert verschiedene rheumatische Krankheiten. Einige sind seltener, andere häufiger. Rheuma betrifft in erster Linie die Gelenke, die Gelenkinnenhaut entzündet sich. Mitunter sind auch Haut, Augen oder innere Organe betroffen. Das Immunsystem reagiert fälschlicherweise gegen körpereigene Strukturen, vor allem im Gelenk. Die Folge sind Funktionseinbußen und Schmerzen. Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste Form der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Experten schätzen, dass in Berlin und Brandenburg jeder zehnte Einwohner daran leidet. Die chronisch verlaufende Autoimmunerkrankung führt zu einer aggressiven Entzündung an den Gelenken. Typische Anzeichen der RA sind schmerzende, geschwollene Finger- und Handgelenke, die sich meist morgens bemerkbar machen. Im Verlaufe des Tages lassen die Qualen nach. Mit den Jahren treten meist auch Beschwerden in den Sehnen, Sehnenscheiden, Muskeln, Augen und den inneren Organen auf. Langfristig zerstört die chronische Entzündung Knorpel und Knochen, die Gelenke verformen sich. RA-Patienten sind zudem anfälliger für Erkrankungen wie Arterienverkalkung, Knochenschwund (Osteoporose) oder Lungenfibrose. 1 Deutschlandweit leidet etwa eine halbe Million Menschen an RA. Drei von vier Betroffenen erkranken zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr; Frauen sind drei Mal so oft betroffen wie Männer. Sie leiden zusätzlich eher an Osteoporose und Depressionen. Bei Männern treten gehäuft Herz-Krankheiten oder Altersdiabetes auf. Diagnose Nur eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Therapie können verhindern, dass die Gelenke unwiederbringlich zerstört werden. Doch viele Patienten laufen jahrelang erfolglos von Arzt zu Arzt. Das Problem: Rheumaerkrankungen können unspezifisch beginnen. Die Symptome gleichen dann nicht selten eher einem grippalen Infekt. Deshalb vergeht oft Zeit zwischen Symptombeginn und Erstdiagnose. Ein erstes Indiz kann die eigene Familie sein: Wenn Angehörige bereits an einer rheumatischen Erkrankung leiden, ist das persönliche Risiko auch daran zu erkranken erhöht. Erste Hinweise liefert bei Beschwerden eine Blutuntersuchung. Dabei wird unter anderem der sogenannte Rheumafaktor (RF) im Blut bestimmt. Der RF ist ein Antikörper gegen das körpereigene Immunglobulin G. Er ist bei etwa der Hälfte der Patienten erhöht. Aber auch wenn er zunächst negativ ist, schließt das eine RA nicht aus. Meist bestätigt sich die Diagnose erst zusammen mit weiteren Befunden. Therapie Im 19. und 20. Jahrhundert stellte vor allem die Acetylsalicylsäure (ASS) eine wichtige Säule in der RA-Therapie dar. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac und Ibuprofen dazu. Die Medikamente lindern zwar die Schmerzen, aufhalten können sie die Gelenkzerstörung jedoch nicht. Erst mit den sogenannten DMARDs (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) gelang es Ärzten, Schmerzen und Gelenkentzündungen zu lindern. Mit ihnen ließ sich erstmals verhindern, dass die Krankheit weiter fortschreitet. Zu den konventionellen DMARDs gehören: Methotrexat, kurz MTX, und Sulfasalazin. Bis heute sind diese Wirkstoffe Teil der langfristigen Basismedikation. Außerdem wird Kortison zur Eindämmung der akuten Entzündung eingesetzt. Patienten erhalten auch alternative Zusatztherapien wie Bewegung in der Kältekammer bei -100° Celsius, Ergotherapie, gezielte Bewegungstherapie oder eine Strombehandlung. Biologicals Zu den DMARDs der Moderne gehören die sogenannten Biologicals oder Biologika. Sie greifen gezielt in das fehlgesteuerte Immunsystem ein und hemmen es. Angriffsziel ist das sogenannte TNF-alpha, eine körpereigene Substanz. Sie lockt bei Rheumakranken irrtümlich Immunzellen zur Gelenkinnenhaut, die dann das eigene gesunde Gewebe attackieren und so die Entzündung verursachen. Die Biologika blockieren TNF-alpha und verhindern, dass er sich an den Rezeptor der Zelle anheften kann. Moderne DMARDs können bei unzureichender Ansprache auf konventionelle DMARDs eingesetzt werden. Häufig werden beide miteinander kombiniert. Die biopharmazeutischen Wirkstoffe stammen von organischen Zellen wie beispielweise Hefeoder Bakterienzellen, deren Gene für die Produktion der gewünschten Wirkstoffe verändert wurden. Die Biotherapeutika müssen in die Blutbahn gespritzt oder infundiert werden; es gibt sie als Spritzen, Infusionen und Pens. Nachteil der innovativen Medikamente: Sie sind teuer und haben Nebenwirkungen, weil sie direkt in die Abläufe der körpereigenen Abwehr eingreifen. 2 RABBIT – Biological-Register Gemeinsam mit den Herstellern haben das Deutsche Rheumaforschungszentrum und die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie deshalb ein Register angelegt, kurz RABBIT. Es soll Ärzten und Patienten mehr Sicherheit bei der Anwendung des neuen Medikaments geben und auch seltene, in klinischen Studien vielleicht übersehene Risiken aufdecken. Die Langzeitbeobachtung wird von den Herstellern der Biologika gemeinsam finanziert; sie haben aber keinen Einfluss auf die Durchführung oder die Ergebnisse von RABBIT. Eine erste Auswertung hat gezeigt, dass eine Behandlung mit den am längsten erprobten Biologika das Krebsrisiko nicht erhöht. Außerdem ergab die Auswertung der Daten, dass RA-Kranke mit einer normalen Lebenserwartung rechnen können, wenn es gelingt, die Krankheitsaktivität auf ein niedriges Niveau zu senken. Und: Die Sterblichkeit der behandelten Patienten ist den RABBITDaten im Vergleich zu konventioneller Therapie deutlich verringert. Das erklären sich Experten unter anderem durch die geringere Krankheitsaktivität und die Einsparung von Glukokortikoiden. Bewegung Bei entzündlichen Rheumaformen wie der RA oder Morbus Bechterew lassen unter wohldosierter Bewegung die krankheitstypische Steifigkeit des Bewegungsapparates und die Schmerzen nach. In der Regel ist körperliche Aktivität allerdings nur dann möglich, wenn die Krankheit und damit auch die Schmerzen durch geeignete Medikamente kontrolliert sind. Empfohlen wird eine kontinuierliche körperliche Aktivität beispielsweise durch gezieltes Gerätetraining, Ausdauersportarten oder weiche Bewegungsübungen wie im Yoga, Tai Chi, Qigong und auch Feldenkrais. Für Rheumatiker gibt es ein umfangreiches Trainingsangebot in deutschlandweit über 12.000 Bewegungsgruppen. Allerdings wird hierzulande immer noch zu wenig Bewegungstherapie verordnet; derzeit bekommt sie nur jeder fünfte RA-Patient. Das ist bedauerlich, denn Bewegungstherapie kann die Entzündungsprozesse bei rheumatischen Erkrankungen nachweislich günstig beeinflussen und den Spiegel an Entzündungsfaktoren wie TNF-alpha und RANKL senken. Bei einigen rheumatischen Erkrankungen ist es inzwischen erwiesen, dass durch eine intensivierte Bewegungstherapie die Rheumamedikamente reduziert werden können. Lupus erythematodes (LE) Lupus erythematodes gehört zu den Rheumaformen, bei denen das Immunsystem neben den Gelenken auch die Haut angreift. Zusätzlich können noch andere Organsysteme in Mitleidenschaft gezogen werden. Das auffälligste Symptom des Lupus ist das SchmetterlingsErythem, ein schmetterlingsförmiger rötlicher Ausschlag im Gesicht. Er tritt bei etwa der Hälfte der Patienten auf. Weitere Symptome sind rote Flecken auch an anderen Körperstellen, Gelenkschmerzen und wiederkehrende Bindehautentzündungen. Die Krankheit trifft vor allem junge Frauen. Oft wird ein Lupus nicht richtig oder gar nicht diagnostiziert und dadurch nicht behandelt. Ein Problem für die Betroffenen, denn je nach Ausprägung ihrer Beschwerden kann die Krankheit sie so beeinträchtigen, dass sie ohne Therapie nicht mehr in der Lage sind, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Lange standen für die Behandlung nur wenige, nebenwirkungsreiche Medikamente ® zur Verfügung. Seit einigen Jahren gibt es den Wirkstoff Belimumab (Benlysta ), ein humaner monoklonaler IgG-Antikörper aus der Gruppe der Biologicals. Belimumab bindet an das humane B-Lymphozyten-Stimulator-Protein (BLyS). BlyS ist ein natürlich vorkommendes Protein, das für die Reifung von B-Lymphozyten zu 3 antikörperproduzierenden Plasmazellen erforderlich ist. Wahrscheinlich trägt bei Lupus und bestimmten anderen Autoimmunerkrankungen ein erhöhter BLyS-Spiegel zur Produktion von Autoantikörpern bei, die das körpereigene gesunde Gewebe attackieren und zerstören. Belimumab blockiert die Bindung von BLyS an seinen Rezeptor auf den B-Zellen. Dadurch verhindert der Wirkstoff das Überleben dieser Zellen – und reduziert so die Entzündungsaktivität. Belimumab hat allerdings zahlreiche Nebenwirkungen. Häufig treten Kopf- und Gelenkschmerzen, Juckreiz und Magen-Darmbeschwerden auf. Bei etwa einem Prozent der Patienten kam es in der Vergangenheit zu schweren Infusions- und Überempfindlichkeitsreaktionen. Weil er das Immunsystem unterdrückt, kann der Wirkstoff kann das Risiko für Infektionen und Krebserkrankungen erhöhen. Deshalb ist eine Therapie mit Belimumab genau abzuwägen und den Patienten vorbehalten, die unter besonders schweren Formen von LE leiden. Das Biological ist kein Firstline-Medikament, das heißt, Rheumatologen setzen zunächst andere Mittel ein. Erst wenn Glukokortikoide, Immunsuppressiva und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) nicht mehr weiterhelfen, darf Belimumab eingesetzt werden. Morbus Bechterew Ein typisches Symptom der nach dem russischen Neurologen Wladimir Bechterew benannten Krankheit ist der tiefliegende Kreuzschmerz. Heute spricht man häufiger von einer „Spondylitis ankylosans“ (übersetzt in etwa: „Verbiegende, versteifende Wirbelentzündung“). Der Kreuzschmerz strahlt häufig in Gesäß und Oberschenkel aus. Meist sind bei den Patienten die Kreuz-Darmbein-Gelenke entzündet, aber auch Hüfte, Knie und Schulter können schmerzen. Die Krankheit verläuft in Schüben, im Laufe der Jahre kann die Entzündung die gesamte Wirbelsäule erfassen. Durch die Entzündungen bilden sich allmählich Knochenwucherungen. Dieser Prozess kann 20 bis 40 Jahre dauern, nach und nach blockieren die Wucherungen die Wirbel. Das gefürchtete Endstadium ist eine stark gekrümmte und versteifte Wirbelsäule. Betroffene Patienten können weder aufrecht gehen noch gut durchatmen. Vom Beginn der Erkrankung bis zur Diagnosestellung dauert es bei den entzündlichen Rückenschmerzen häufig sehr lange. Mitunter vergehen fünf bis zehn Jahre bis zur korrekten Diagnose. Bei vielen Patienten mit Morbus Bechterew tritt als eines der Symptome im Laufe der Erkrankung eine Iritis (Regenbogenhautentzündung) der Augen auf. Etwa vier von zehn Patienten haben dieses Symptom. Die Augenerkrankung kann aber auch –wie bei vielen anderen rheumatischen Erkrankungen auch – das erste klinische Zeichen eines Morbus Bechterew sein. Anzeichen für eine Iritis sind eine gerötete Bindehaut, eine Sehverschlechterung und Schmerzen (beispielsweise bei starken Hell/Dunkel-Kontrasten). Augenschmerzen sind häufig ein frühes Symptom, das der Patient manchmal schon Tage vor dem Beginn der eigentlichen Entzündung bemerkt. Mit der Zunahme der Entzündung steigern sich in der Regel auch die Schmerzen. Bei der Therapie der Iritis ist man zur Bekämpfung der Entzündung auf Kortison angewiesen. In aller Regel reichen Augentropfen aus. Experte im Beitrag Dr. med. Helmut Sörensen Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie Argentinische Allee 42 14163 Berlin-Zehlendorf Tel.: 030 - 8866 9842 4 Expertin im Studio Dr. med. Silke Zinke Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Hauptstraße 9 (im Storchenhof) 13055 Berlin Tel.: 030 - 98 69 52 30 E-Mail: [email protected] Internet: https://rheuma-praxis-zinke.de/ Dr. Gudrun Paul Referentin für Freizeit- und Gesundheitssport des DTB Grimma / Sachsen E-Mail: [email protected] Weiterführende Adressen Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V. Maximilianstr. 14 53111 Bonn Tel.: 0228 – 76 60 60 Infohotline: 01804 – 60 00 00 E-Mail: bv(at)rheuma-liga.de Internet: http://www.rheuma-liga.de Deutsche Rheuma-Liga Landesverband Berlin e.V. Therapie-, Selbsthilfe- und Begegnungszentrum Mariendorfer Damm 161a 12107 Berlin Tel.: 030 - 32 290 290 E-Mail: [email protected] Internet: https://rheuma-liga-berlin.de Deutsche Rheuma-Liga Landesverband Brandenburg e.V. Friedrich-Ludwig-Jahn-Str. 19 03044 Cottbus Tel.: 0800 - 2650 8039 151/-152 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.rheuma-liga-brandenburg.de Weiterführende Links Das Biologika-Register „RABBIT - Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie“ erfasst Krankheits- und Therapieverläufe von mehr als 15.000 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis. www.biologika-register.de Lupus Selbsthilfe im Internet http://www.lupus-selbsthilfe.de 5 Patientenorganisation Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. (DVMB) http://www.bechterew.de/ Regionale Rheumazentrum Berlin e. V., ein Zusammenschluss von Ärzten, Therapeuten und Patientenorganisationen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die Betreuung von Menschen, die an Rheuma erkrankt sind, zu verbessern. Mit Mitgliederliste. http://www.rheumazentrumberlin.de Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Kooperativen Rheumazentren (AGRZ) http://dgrh.de/rheumazentren.html Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) http://dgrh.de/ Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. (BDRh) http://www.bdrh.de/ Reizdarm – Erkrankung oder Einbildung? Unterleibsschmerzen, Durchfall, Mangelerscheinungen – das sind nur einige Symptome eines Reizdarms. Gelegentlich sind dafür bestimmte Lebensmittel verantwortlich. Aber welche genau? Das wollen Forscher an der Charité herausfinden. Mit einem Mikroskop im Darm erkennen sie, welche Nahrungsmittel die Patienten nicht vertragen. Endlich eine sichere Diagnose für Reizdarm-Patienten? Die rbb Praxis schaut genau hin. Jeder fünfte bis zehnte Deutsche ist vom so genannten Reizdarmsyndrom (RDS) betroffen, Frauen zwei- bis dreimal so oft wie Männer. Das Spektrum der Beschwerden ist vielfältig: Den einen plagen ständig wechselnde Verstopfung und Durchfälle, der andere leidet unter permanent krampfartigen Schmerzen im gesamten Bauch. Oft behindern die Betroffenen ein Druckgefühl oder ein aufgeblähter Bauch. Übelkeit, Erbrechen und Schluckstörungen sind nur eine weitere kleine Auswahl an möglichen, typischen Begleitsymptomen. Die Beschwerden sind mal stärker, mal schwächer, bei vielen Patienten verschwinden sie nie ganz. Mit Hilfe von Laboruntersuchungen, Ultraschall und Magen- oder Darmspiegelung schließen die Ärzte für die Diagnose andere in Frage kommenden Krankheiten aus, wie Darmkrebs, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Magenentleerungsstörungen oder eine Fruktose- oder Milchzuckerunverträglichkeit. Sie prüfen, wie der Magen- und Darminhalt transportiert wird, wie Nährstoffe aufgenommen werden oder wie empfindlich die Eingeweideorgane sind. Neue, nichtinvasive Verfahren wie das funktionelle Magnetresonanztomogramm (MRT) ermöglichen es den Ärzten, Störungen spezifischer Verdauungsfunktionen zu untersuchen, ohne dass der Patienten wie bei der Magenspiegelung einen Schlauch schlucken muss. Die Schmerzen beginnen häufig in jungen Jahren und bleiben dann – mit Unterbrechungen – bis ins hohe Alter bestehen. Die Ursache für das Reizdarmsyndrom ist unbekannt. Bereits in den 50er Jahren vermutete man, dass der Darm von RDS-Patienten mehr oder weniger beweglich als bei Gesunden ist. Heute gehen Forscher davon aus, dass die Interaktion zwischen Gehirn und Verdauungssystem gestört ist. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass unter anderem eine Überempfindlichkeit gegen bestimmte Nahrungsbestandteile, beispielsweise Gluten, eine Rolle spielen könnte. 6 Zöliakie – Unverträglichkeit von Gluten Gluten oder Klebereiweiß ist ein in fast allen einheimischen Getreidesorten wie Dinkel, Roggen, Gerste und Hafer, vor allem aber in Weizen vorkommendes Eiweiß. Gluten macht den Teig in allen Weizenbackwaren knetbar und hält Brot, Kekse oder Pizza locker zusammen. Eine bekannte ausgeprägte Überempfindlichkeit gegen Gluten wird als Zöliakie bezeichnet, beim Erwachsenen auch Sprue genannt. Bei dieser chronischen Autoimmunerkrankung wird infolge von Entzündungsreaktionen nach Glutenaufnahme die Darmschleimhaut geschädigt. Die Dünndarmzotten bilden sich zurück. Die Darmoberfläche schrumpft, so dass die Betroffenen nicht mehr genügend Nährstoffe aufnehmen. Im Laufe der Erkrankung erleiden sie Nährstoffdefizite, die eine Reihe der Beschwerden auslösen. Die Therapie ist einfach: Wer eine Glutenunverträglichkeit hat, der muss auf die Lebensmittel verzichten, die den entzündlichen Stoff enthalten. Unter zweihundert Menschen ist schätzungsweise eine Person an Zöliakie erkrankt. Nur bei jedem fünftem bis zehntem liegt tatsächlich das Vollbild der Zöliakie/Sprue vor, bei dem die Betroffenen selbst auf Spuren des Stoffes mit heftigen Beschwerden reagieren. Der Großteil hat untypische oder keine Symptome und weiß daher oft nichts von seiner Erkrankung. In zwei Altersphasen erkranken Menschen besonders oft: zwischen dem ersten und achten Lebensjahr und dem 20. bis 50. Lebensjahr. Charité-Studie auf Weizenempfindlichkeit Es gibt eine Vielzahl von Menschen, bei denen weder eine Weizenallergie noch eine Glutenempfindlichkeit nachgewiesen werden konnte, die aber trotzdem kein Gluten vertragen. Bis vor wenigen Jahren wurde dieses Phänomen von den meisten Ärzten abgestritten und die Patienten als „Spinner“ abgetan. Diese Einschätzung hat sich jedoch grundlegend verändert. Die Mehrzahl der Fachwelt ist sich heute darüber einig, dass es eine sogenannte Glutensensitivität gibt, die nichts mit der Zöliakie zu tun hat. Die Wissenschaftler der Charité Berlin vermuten, dass bis zu 20 Prozent der Reizdarmpatienten in Wirklichkeit unter einer Glutenempfindlichkeit leiden. Diese Patienten könnten beschwerdefrei werden, wenn sie sich glutenfrei ernährten. Deshalb suchten die Wissenschaftler ein Verfahren zur Diagnose der Weizensensitivität. Eine aussichtsreiche Methode ist die direkte Mikroskopie der Dünndarmschleimhaut. Sie wird aktuell in einer doppelblinden Pilotstudie untersucht und getestet. Die teilnehmenden Patienten werden zunächst zu ihren Symptomen befragt. Dann bekommen sie während einer Spiegelung eine Weizensuspension auf die Darmschleimhaut aufgetragen. Um die Darmschleimhaut genau zu untersuchen schiebt der untersuchende Arzt ein Endoskop durch Mundhöhle, Speiseröhre und den Magen bis zum Zwölffingerdarm. Im Schlauch: auch ein spezielles Lasermikroskop. Damit können die Forscher Veränderungen der Darmzellen direkt im Körper sichtbar machen. Dafür bekommt der Patient einen Farbstoff in die Vene injiziert. Der Farbstoff erreicht über die Blutbahn die Wand der Darmschleimhaut. Wenn ein Patient Weizen nicht gut verträgt, entstehen winzige Öffnungen – kleine Lecks – in der Schleimhaut, durch die der Farbstoff in den Darm tritt. Und die zeigt das Mikroskop. Wer nicht reagiert, bekommt eine Sojasuspension aufgetragen. Ruft auch die keine Reaktion hervor, bekommen die Patienten eine Hefesuspension. Die Spiegelung dauert etwa eine Stunde, die Probanden bekommen als Narkosemittel Propofol. Das Ergebnis dieses Tests der Teilnehmer wird – egal, ob und worauf sie allergisch reagiert haben – verglichen mit dem Ansprechen der Reizdarmbeschwerden auf eine zweimonatige glutenfreie 7 Diät (GFD). Zudem tragen die Teilnehmer der Studie in ein Tagebuch sämtliche Beschwerden und Befindlichkeiten ein. Ein Ansprechen auf die Diät wird bei folgenden Kriterien angenommen: Die Patienten geben bei wöchentlicher Befragung in mindestens der Hälfte der Zeit (während der zweimonatigen GFD) entweder Beschwerdefreiheit an oder eine deutliche Besserung. Der mittels Beschwerdetagebuch erhobene Bauchschmerzenscore geht um mindestens 30 Prozent zurück. Aktuell werden noch Teilnehmer in den Studienzentren Berlin, Jena und Leipzig gesucht. (https://reizdarmstudie.charite.de/) Konfokale Laserendomikroskopie Das dabei genutzte Verfahren heißt konfokale Laserendomikroskopie. Damit lässt sich ein virtueller histologischer Befund in Echtzeit erheben. Die Einsatzmöglichkeiten der bisher verwendeten konventionellen Endoskope sind limitiert: Die zu betrachtenden Strukturen stellen sich selbst mit einem Zoom-Endoskop in „nur“ 100-facher Vergrößerung dar; auch in der Tiefe ist kaum etwas zu erkennen. Deshalb müssen viele Gewebeproben entnommen und histologisch untersucht werden, will man bösartige Veränderungen mit hinreichender Genauigkeit diagnostizieren. Anders bei der konfokalen Laserendomikroskopie: Dafür verwenden die Ärzte ein spezielles Endoskop mit einem Miniaturmikroskop (kleine Kamera). Das macht die Darmzellen in 1.000facher Vergrößerung sichtbar. Den Patienten wird vor der Untersuchung das Kontrastmittel Fluoreszin injiziert. Wie bei einer Magenspiegelung wird nun das Endoskop eingeführt. Die Darmschleimhaut wird mit den wichtigsten Allergenen kontaktiert, um eine mögliche Abwehrreaktion auszulösen. Dabei entstehen kraterförmige Zwischenräume, durch die Abwehrzellen und das Kontrastmittel ausströmen. Experten im Beitrag Dr. med. Reiner Ullrich Internist, Gastroenterologe Leiter der Arbeitsgruppe „Physiologie und Pathophysiologie des mukosalen Immunsystems des Darms“ Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie (einschl. Arbeitsbereich Ernährungsmedizin) Charité - Universitätsmedizin Berlin Hindenburgdamm 30 12203 Berlin Internet: https://gastro.charite.de/forschung/ag_ullrich/ PD Dr. med. Christian Bojarski Internist, Gastroenterologe Oberarzt Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie (einschl. Arbeitsbereich Ernährungsmedizin) Charité - Universitätsmedizin Berlin Hindenburgdamm 30 8 12203 Berlin Internet: https://gastro.charite.de/metas/person/person/address_detail/bojarski/ Expertin im Studio Vera Spellerberg Dipl.-Ökotrophologin Stolbergstr. 5 R 12103 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.veraspellerberg.de Weiterführende Adressen Cornelia Krohn Studienkoordinatorin/Ernährungsberaterin für die Charité-Studie zur Weizen/Glutensensitivität Charité Campus Benjamin Franklin Medizinische Klinik mit Schwerpunkt für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie Hindenburgdamm 30 12203 Berlin Tel.: 030-450 514 415 E-Mail: [email protected] Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung (Gastro-Liga) e.V. Friedrich-List-Straße 13 35398 Gießen Tel.: 0641 / 97481-0 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.gastro-liga.de/ Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Godesberger Allee 18 53175 Bonn Tel.: 0228 / 3776-600 Internet: http://www.dge.de/ Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. (DZG) Kupferstr. 36 70565 Stuttgart E-Mail: [email protected] Internet: www.dzg-online.de Tel.: 0711 / 45 99 81 – 0 Fax: 0711 / 45 99 81 – 50 Telefonische Erreichbarkeit: Montag – Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr 9 Weiterführende Links im Internet Glutenfrei, laktosefrei und Co.: Welche Versprechen relevant sind – Special der Stiftung Warentest zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten in Deutschland (kostenfreier Download, erschienen 08/2014) https://www.test.de/Glutenfrei-laktosefrei-und-Co-Welche-Versprechen-relevant-sind-47333260/ Link zur Charité-Studie mit Kontaktformular https://reizdarmstudie.charite.de/ Soja-Allergie http://www.ecarf.org/info-portal/allergien/sojaallergie/ Rückenschonendes Gärtnern Der Sommer kommt, alle Pflanzen sprießen, der Garten erblüht. Was alljährlich eine Freude für den Gartenfreund bedeutet, kann schnell zu medizinischen Problemen führen. Denn die Gartenarbeit ist nicht nur für die Hände mit ungewohnter verbunden. Meist ist der gesamte Körper involviert – und meldet sich schnell, wenn die Belastung zu groß wird. Ergonomische Gartengeräte schonen Rücken und Gelenke. Variable Einstellungsmöglichkeiten sorgen beispielsweise dafür, dass ein Gerät sich flexibel an unterschiedliche Benutzer anpasst. Für richtiges Rasenmähen stellt man am besten den Griff ein bisschen höher, so dass man den Rasenmäher mit rechts angewinkelten Armen angenehm vor sich herschieben kann. Der Rasenmäher sollte sich dem Gärtner anpassen, nicht umgekehrt. Das gilt auch bei allen anderen Arbeitsgeräten – von der Schaufel bis zur Heckenschere. Der Rücken dankt es, wenn man sich weder bückt noch kniet, sondern beim Arbeiten in die Hocke geht. Bewegungsexperten empfehlen hier auch den „Kanadier“: Ein Knie ist am Boden, das andere im 90 Grad-Winkel aufgestützt. Damit die Knie mit der Zeit nicht schmerzen, gibt es spezielle Matten. Sie kosten ein paar Euro im Baumarkt. Eine Decke oder ein Kissen tun es aber auch. Weiterhin sind abwechslungsreiche Tätigkeiten empfohlen statt stundenlang die gleichen Bewegungen auszuführen. Das steigert nicht nur die gute Laune, sondern verhindert übermäßige Belastungen in den Gelenken. Gartenfreunde graben oft zu lange in gleicher Körperhaltung oder belasten den Körper einseitig. Wer Gartenutensilien wie Blumenerde, eine volle Gießkanne oder ein Baumsetzling tragen muss, sollte das eng am Körper tun. Dabei wirkt weniger schädliche Hebelkraft auf den Rücken. Dünger kauft man am besten in kleineren Packungsgrößen – dann ist die Last von vornherein geringer. Für schwere Blumenkübel eignet sich ein Rollbrett. Und absetzen wie hochheben geht am gesündesten mit der Gewichtheber-Technik: Die Knie breit auseinander, das Gesäß geht dabei tief nach unten. Arbeiten über Kopf dürften bei jedem Hobbygärtner Schmerzen in Schulter oder Nacken zur Folge haben. Wenn die Schultern anfangen zu ziehen, sollte man eine Pause machen oder einfach eine andere Tätigkeit machen. Man kann auch auf gleiche Höhe mit der Arbeit gehen, Schulter 10 und Nacken werden dankbar sein. Eine Baumschere mit verstellbarem Teleskopstiel kann helfen, damit der Kopf beim Schneiden der Äste nicht so stark in den Nacken gelegt werden muss. Wer körperlich nicht trainiert ist, sollte die Muskulatur zudem vor der Gartenarbeit ein wenig erwärmen – und die Gefahr von Verspannungen, Zerrungen oder Muskelkater so mindern. Denn schon eine ruckartige Bewegung kann ausreichen, untrainierte Muskeln zu überfordern und zu verhärten. Ihnen tun trotz der Tipps abends mal die Knochen weh? In vielen Fällen helfen ein heißes Bad oder eine Wärmflasche. Weiterführende Links: https://www.special-rueckenschmerz.de/tipps-praevention/hausarbeit/gartenarbeit-ohnerueckenschmerzen-geht-das-id132011.html https://www.agr-ev.de/de/start/291-gaertnern-ohne-rueckenschmerzen-geht-das http://www.schoenkliniken.de/ptp/medizin/ruecken/verschleiss/rueckenschmerzen/alltag/art/04943/ RBB „rbb Praxis“ Masurenallee 8 –14 14057 Berlin www.rbb-praxis.de Redaktion: Redaktionsassistenz: Moderation: Infotext: Stand der Information: Jörg Simon, B. Kaiser Manuela Grimm Raiko Thal Constanze Löffler 07.06.2017 11