Wiederentdeckte Avantgarde : Asmara : Afrikas - E

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Wiederentdeckte Avantgarde : Asmara : Afrikas
Hauptstadt der Moderne
Autor(en):
Tietz, Jürgen
Objekttyp:
Article
Zeitschrift:
Werk, Bauen + Wohnen
Band (Jahr): 94 (2007)
Heft 3:
Stahl und Raum = Acier et espace = Steel and space
PDF erstellt am:
22.08.2017
Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-130522
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Forum|Ausstellung
standen auf Initiative der Projektgruppe Asmara
der Übernahme Asmaras durch britische und
– eines Zusammenschlusses von
äthiopische Streitkräfte endete 1941 die italieni¬
Mit ihren weit gespannten Flügeln erinnert die
Eritreern sowie
äthiopischen und deutschen Architekten in Zu¬
sammenarbeit mit dem Verein Solidarisch Leben
Lernen e.V. – wurde die Ausstellung am Bauhaus
ehemalige Fiat-Tagliero-Werkstatt an ein Flug¬
in Dessau entwickelt. Zahlreiche Fotografien und
Eritreas 1993 andauerte. Heute präsentiert sich
zeug kurz vor dem Start. Fast dreissig Meter kra¬
die anschaulich geschriebenen Texte der Ausstel¬
Asmara als ein einzigartiges Freiluftmuseum mo¬
gen ihre stützenfreien Seitendächer aus, und auch
lungstafeln führen die Besucher in dieses weit¬
derner Architektur, dem bröckelnder Putz und
in der Seitenansicht sprüht das 1938 nach einem
gehend unbekannte Kapitel der Architekturge¬
verblichene Farben wenig von seinem Charme
Entwurf des italienischen Architekten Giuseppe
Pettazzi errichtete Gebäude nur so vor futuristi¬
scher Dynamik. In eleganten Schwüngen und Stu¬
fen türmt sich sein Mittelteil empor, um schliess¬
lich in zwei schlanken Fahnenmasten dem Himmel
entgegen zu streben. Nur der ausgeblichene rote
schichte ein. Dabei macht die Ausstellung mit
und seiner Einzigartigkeit rauben können.
Schriftzug des norditalienischen Automobilkon¬
zerns, der in grossen Lettern auf dem Turm prangt,
Architektur des Novecento, die den Rückbezug
zur Klassik suchte, bis zu Futurismus, Art Deco
und der bröckelnde weisse Putz erinnern daran,
und Razionalismo.
Wiederentdeckte Avantgarde
Asmara – Afrikas Hauptstadt der Moderne
Dornröschenschlaf, der bis zur Unabhängigkeit
Hälfte des 20. Jahrhunderts: Ihr weiter stilisti¬
die grosse Kathedrale von 1895, die Oreste Sca¬
scher Bogen spannte sich vom Jugendstil über die
navini entworfen hat. Die historisierende For¬
mensprache des Ziegelbaus erinnert an Vorbilder
aus der norditalienischen Lombardei. Bereits in
den 1920er Jahren wurde sie durch einen grösse¬
ren Neubau im gleichen Stil ersetzt und mit ei¬
nem Campanile versehen.
Doch es sind vor allem Gebäude wie das um
1938 entstandene rationalistische Tourismusmi¬
nisterium, die den Charakter Asmaras ausmachen.
Bereiche mit einer Lochfassade und Abschnitte,
die ein Raster aus rechteckigen Balkonen zeigen,
fügen sich zu einer abwechslungsreichen und dif¬
ferenzierten Gestaltung. Seine besondere Dyna¬
mik erhält das Ministerium jedoch durch die
abgerundete Ecksituation, die fast vollständig
verglast ist.
Das Selam Hotel, das Rinaldo Borgnino und
Ugo Rame 1937 entworfen haben, präsentiert sich
als ein reduzierter rationalistischer Baukörper,
eine pure zweigeschossige «Kiste» mit schlichter
vertikaler Gliederung. Weit stärker dem Art Deco
verpflichtet ist dagegen das Kino Impero mit sei¬
nen drei Reihen runder Lampen, die jeweils von
massiven Rahmen eingefasst sind und die der
dunkelbraunen Fassade eine zusätzliche Schwere
Italienische Eroberung
Asmara ist nicht nur ein
land oder Turin, sucht man diese noch heute be¬
schen Moderne. Zugleich ist die Stadt ein wichti¬
eindruckend avantgardistisch anmutende Werk¬
statt vergebens. Stattdessen gehört sie zu dem
reichen architektonischen Erbe der Moderne, das
ges Zeugnis für die aggressive
der eritreischen Hauptstadt Asmara ihren einzig¬
Italiener Eritrea, doch vor allem in den Jahren
zwischen 1934 und 1940 wurde Asmara von der
faschistischen Regierung mit hohem finanziellem
vergleichbar mit Tel Aviv. Kein Wunder also, dass
das rasante Wachs¬
fiel stattdessen in eine Art
Eine Vielfalt von Bauten
in den Zentren der italienischen Moderne, in Mai¬
ckung bedeutet.
Weder durch den Zweiten Weltkrieg noch durch
die Auseinandersetzungen während des eritre¬
ischen Befreiungskrieges gegen Äthiopien be¬
schädigt, gilt Asmara heute als eines der am voll¬
ständigsten erhaltenen Ensembles der Moderne –
Sie
eröffnet zugleich einen Einblick in die Vielfalt
der italienischen Moderne während der ersten
schon einmal bessere Zeiten gesehen hat. Doch
selbst für viele Architekturhistoriker eine Entde¬
Kolonialzeit und mit ihr
tum der Stadt.
der Entstehungsgeschichte Asmaras vertraut und
dass das heute als Tankstelle genutzte Gebäude
artigen Charakter verleiht. Eine Metropole, die
sche
Ort der architektoni¬
italienische Koloni¬
alpolitik in Afrika, die ihren Höhepunkt unter
Benito Mussolini erlebte. Bereits 1889 besetzten
Engagement systematisch ausgebaut, um als Brü¬
ckenkopf für die italienische Eroberung Äthio¬
piens 1935 zu dienen. So entstand mit Asmara
ein «Piccolo Roma » dessen italienische Bevöl¬
kerung innerhalb weniger Jahre von 4000 auf
70000 Einwohner wuchs. Dem entsprach eine
Verdoppelung der einheimischen Bevölkerung
Zu den beherrschenden Bauten der Stadt zählt
die Hauptstadt Eritreas Teil des Weltkulturerbes
werden soll, in dem die Architektur des 20. Jahr¬
hunderts derzeit deutlich unterrepräsentiert ist.
Einblicke in die faszinierende Architekturwelt
auf 200000 Einwohner.
der ostafrikanischen Stadt bietet die Wanderaus¬
errichtet wurde. Doch zugleich spiegelte sich in
der Architektur auch die faschistische Politik der
verleihen.
stellung «Asmara – Afrikas heimliche Hauptstadt
der Moderne» die bis zum 15. April 2007 im
Rassentrennung wider. Das zeigte sich an den
kragende Vordächer und langestreckte Fenster¬
Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt a. M.
niedrigeren Wohnstandards für die einheimische
bänder fügen sich in Asmara allerorten zu einem
zu sehen ist und im Juli 2008 auch in Turin auf
dem UIA Weltkongress gezeigt werden soll. Ent-
Bevölkerung, der die enorme Bautätigkeit wäh¬
Festival modernistischer Formen. So auch bei
rend der dreissiger Jahre kaum zu gute kam. Mit
«Mai Jah Jah» einer
64
werk, bauen + wohnen
3|2007
Bis heute ist das ostafrikanische Asmara auf
den ersten Blick als eine Stadt zu erkennen, die
nach den Konzepen der europäischen Moderne
Abgerundete Ecken, runde Fenster, mutig aus¬
ursprünglich lediglich als
Forum|Ausstellung
1
2
3
4
1 Fiat-Tagliero-Werkstatt
2 Tourismusministerium
3 Hotel Selam
4 Kino Impero
5 Foyer Cinema Odeon
5
3|2007
werk, bauen + wohnen
65
Forum|Ausstellung
Zu
und Dynamik der Entwürfe unmittelbar zu spü¬
rung als Afrikas heimlicher Hauptstadt der Mo¬
beiden Seiten von einer Treppe flankiert, bildet
ihre Kaskade als abstrakte Plastik das Zentrum ei¬
ren und unterstreichen erneut, welches hoch¬
derne schwerlich allein auf Eritrea abgewälzt wer¬
rangige bauliche Erbe Asmara besitzt. Darüber
ner städtischen Platzanlage.
hinaus wirft das chronologisch aufgebaute Buch
den kann. Zudem gilt es, der Stadt auch bei an¬
deren Problemen Hilfestellung zu leisten, wie der
«La Fontana» bezeichneten Brunnenanlage.
mit
einen kurzen Blick auf die Architektur nach dem
Versorgung der Bevölkerung
Zwei Bücher als Aufruf zum Engagement
Ende der italienischen Kolonialzeit 1941. An die
Die Wiederentdeckung
Zusätzlich zur Ausstellung ist neben dem kleinen
Stelle der Moderne trat ein malerischer Traditio¬
bes Asmaras ist also gleichbedeutend mit der Auf¬
Buch aus dem Berliner Jovis-Verlag die Veröf¬
fentlichung von Edward Denison, Guang Yu Ren
und Naigzy Gebremedhin zu Asmara empfeh¬
lenswert. Sie bietet neben einer Einführung in
die Planungs- und Baugeschichte der Stadt auch
zahlreiche ausgezeichnete Abbildungen. Hinzu
kommt eine Auswahl historischer Fotografien,
nalismus. Die Architekten freilich blieben diesel¬
forderung, sich für Erforschung und Schutz die¬
ben, die bereits während der faschistischen Epo¬
ses
ergänzt um Entwurfszeichnungen einiger Bauten
Asmaras. In diesen Zeichnungen sind Radikalität
che gebaut hatten. So etwa
Capellano:
In seinen
Frischwasser.
des architektonischen Er¬
Denkmals zu engagieren.
Jürgen Tietz
im Fall von Roberto
rustikalen Villen setzte er
nach 1941 an die Stelle der futuristischen Dyna¬
mik einen heimeligen Rundbogentraditionalismus.
Abschliessend blicken Denison, Yu Ren und
Gebremedhin zudem auf die Zukunft Asmaras,
dessen kostenintensive Erhaltung und Restaurie-
Jochen Visscher Hg.), Stefan Boness Fotografien): Asmara,
The frozen city, Jovis Verlag Berlin 2006, dt, engl., ital.
Fr. 28.–/¤ 16.–, ISBN 3-936314-61-6.
96 S.,
Edward Denison, Guang Yu Ren, Naigzy Gebremedhin: Asmara,
Africa’s Secret Modernist City, London Merrell 2003, Paperback,
240
S., Fr. 67.50/£
24.95, ISBN 1-8589-4382-4 1-8589-4209-8
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