Einführung in Ad Hoc und Sensor-Netzwerke Seminar über Algorithmen Ivo Köhler SS2006 Abstract Die Technologien der Sensornetzwerke haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Aus dem militärischen Bereich, für den sie ursprünglich entwickelt wurden, werden sie zunehmend in den verschiedensten zivilen Anwendungsszenarien wie: Umweltbeobachtungen, im medizinischen Umfeld oder in der Robotik eingesetzt. Welche verschiedenen Anforderungen an solche Netze gestellt werden, und welche Probleme daraus resultieren soll diese Beschreibung zum Vortrag kurz schildern. 1.1 Was sind Ad Hoc und Sensor-Netzwerke Als Ad Hoc Netz bezeichnet man spontan entstehende drahtlose Netzwerke zwischen zwei oder mehreren Endgeräten. Die Kommunikation zwischen diesen kommt dabei völlig ohne feste Infrastruktur aus. Das bedeutet dass es keiner festen Routing-Knoten bedarf, wie es in herkömmlichen drahtlos Netzwerken erforderlich ist. Die ersten Ad Hoc Netzwerke wurden durch das amerikanische Militär Anfang der 70iger entwickelt und sind bis heute auch in den zivilen Teil vorgedrungen . Durch die immer kleiner werden Endgeräte und preiswerte Verfahren sie herzustellen entwickeln sich immer mehr Anwendungen von denen wir heutzutage profitieren. Sensor-Netzwerke sind eine spezielle Form von Ad Hoc Netzen. Die verbundenen Endgeräte sind kleinste Recheneinheiten die der Überwachung spezieller Faktoren dienen. Dazu haben sie je nach Anwendungsgebiet ein oder mehrere Sensoren. Mit denen sie äußere Einflüsse wie: Temperatur, Lichteinfall oder Strahlung messen können. Mithilfe dieses Netzwerkes aus kleinen Sensoren können große Gebiete überwacht werden in denen es unmöglich wäre herkömmliche Netzwerke zu installieren. Denkbare Szenarien wären die Überwachung von Flüssen oder Meeresbuchten in Bezug auf Ihre Temperatur oder ihren Verschmutzungsgrad, um mögliche Katastrophen oder andere Ereignisse frühzeitig erkennen zu können. 1.2 Anforderungen an Sensornetzwerke Die Anforderungen an Sensornetzwerke unterscheiden sich meist stark zu denen von herkömmlichen Netzwerken. Diese Anforderungen müssen durch spezielle Kommunikationsprotokolle und Algorithmen behandelt werden und können nicht einfach übernommen werden. So müssen alle Knoten ein hohes Maß an Selbstorganisation aufbringen, um eine funktionierende Netzwerkstruktur aufzubauen. Dabei können Knoten des Netzwerkes ausfallen und andere hinzukommen, ohne das die gesamte Kommunikation des Netzwerkes zusammenbrechen darf. Herkömmliche Kommunikationsprinzipien wie ein Client-Server Modell sind hierfür ungeeignet. Um die Überwachung durch solche Sensoren zu gewährleisten sind Ereignisbasierte Lösungen besser geeignet. Hierbei wird eine Nachricht durch einen Sensor verschickt, sobald ein bestimmter Grenzwert eines Sensors überschritten ist. Um die Informationen über diese Ereignisse durch das Netz an selbst organisierenden Knoten zu leiten sind spezielle kooperative Algorithmen erforderlich. Teilweise werden die gesammelten Informationen in den Knoten schon vorverarbeitet um so mit einem Minimum an Informationen über die gesamt Topologie des Netzes bekannt geben zu müssen. Den neben diesen dynamischen Anforderungen unterliegen Sensornetzwerke der Restriktion das die einzelnen Sensoren nur begrenzte Energieressourcen haben, und diese möglichst sparsam zu verwenden ist. So sollten die Knoten effektiv Arbeiten und mit einem Minimum an Kontrollpaketen auskommen. So könnten z.B. Teile des Knotens oder der Knoten selbst in einen Ruhemodus versetzt werden wenn es keine Aktivitäten in der überwachten Umgebung zu verzeichnen sind und nur dann aufwachen wenn eine Kommunikation nötig wird. 1.3 Anwendungsgebiete für Sensornetzwerke Aufgrund ihrer Charakteristik gibt es viele militärische Anwendungsgebiete, die hier aber nicht weiter berücksichtigt werden sollen. In den letzen Jahren sind auch eine Vielzahl von zivil genutzten Anwendungen entstanden. So werden mittels Sensoren wie eingangs schon erwähnt gewisse Bereiche der Umwelt überwacht um auf mögliche Veränderungen in geologischen Systemen angemessen reagieren zu können. Durch die immer kleineren Sensoren ist es der Medizin nun auch möglich den menschlichen Körper und dessen vitale Parameter zu überwachen. Zukünftige Sensoren könnten hierbei auch in den menschlichen Körper aufgenommen werden, um so Praktiken der minimal-invasiven Chirurgie unterstützen. Ein weiterer Bereich in den Sensornetzwerke Einzug halten ist die Maschinenund Geräteüberwachung. So könnten Sensoren an komplexen Gebäuden installiert werden, die sonst nur schwer zugänglich wären. Diese Sensoren könnten jederzeit Auskunft über den Zustand oder mögliche Ermüdungserscheinungen geben, um so Unglücke in Folge von Stressoder Materialermüdung vorzubeugen. 1.4 Medienzugriffsschicht Besondere Herausforderungen im Umfeld von spontan entstehenden Sensornetzwerken werden an die Medienzugriffsschicht gestellt. Genau wie in anderen drahtlosen Netzwerken greifen alle Knoten auf die gemeinsam genutzte Luftschnittstelle zu. Deshalb kommt es natürlich immer wieder zu Kollisionen und der Notwendigkeit zerstörte Pakete erneut zu senden. In Sensornetzwerken kommt erschwerend hinzu, das feste Routing Knoten wie Access Points oder Gateways nicht exisiteren und das Netz nur aus gleichberechtigten Knoten besteht. Weitere Merkmale die Sensornetzwerke von herkömmlichen drahtlos Netzwerken unterscheiden sind die typische Verkehrscharakteristik. Der Datenverkehr korreliert oft sehr stark und ist äußerst variabel. Es treten weniger gleichmäßige Phasen auf als in normalen Netzwerken. In Sensornetzwerken schlagen bei einem beobachtetet Ereignis oft sehr viele Sensoren gleichzeitig aus und es kommt so zu sehr intensiven und kurzen Phasen in denen sehr viel Traffic durch das Netz fließt. Die verwendeten MAC-Protokolle haben sich für diese Anforderungen oft als sehr ungeeignet erwiesen. So müssen alle Knoten die über den 802.11 Standart kommunizieren das Medium Luft ständig abhören um zu wissen ob ein anderer Knoten gerade Daten überträgt. Dieses Problem wird als Idle Listening bezeichnet. Hierbei hören alle Knoten ständig das Medium ab, auch wenn eigentlich keine Ereignisse geschehen und auch keine Übertragungen nötig wären. Aus den sehr knappen Energiereserven wird schnell klar dass dieses Protokoll für Sensornetzwerke nur bedingt geeignet ist. TDMA basierte Ansätze lassen sich auch nur schwer in die Welt der Sensoren integrieren. Der Grund dafür liegt in der festaufgeteilten Slot-Belegung. Diese teilt jedem Knoten einen festen Zeitschlitz zu in dem er seinen Daten Senden kann. Die Einteilung bedarf aber einer höher geordneten Administrationsschicht und jeder Knoten muss mittels eines komplexen Synchronisationsprozesses seine Daten in dem ihm zugeteilten Zeitschlitz verschicken. Neben diesen komplexen Verfahren ist ein TDMA basierter Ansatz auch nur bedingt geeignet sehr große Netze mit sehr vielen Sensoren zu verwalten. Durch die fest eingeteilten Zeitschlitze kann dieses Protokoll nicht beliebig skalieren für große Knotenmengen. Neben diesen nur sehr eingeschränkt erfüllten Anforderungen an Sensornetzwerke durch herkömmliche Protokolle sind auch oft die falschen Aspekte optimiert. So sind in normalen Netzwerken Quality-of-Service Kenngrößen wie Latenz, Durchsatz oder die Fairness im Mittelpunkt der Optimierungsversuche. Diese sind aber in Bezug auf Sensoranwendungen eher sekundär. Aus diesen Gründen heraus gibt es verschiedene Ansätze MAC-Protokolle speziell für Sensornetzwerke und dessen Applikationen zu implementieren. Die meisten dieser Projekte werden durch das Militär gestützt und gefördert, da immer noch ein Großteil der Anwendungen aus diesem Bereich kommt. Mit S-Mac und Berkley-Mac werden gleich zwei Protokolle in Zusammenarbeit mit dem Militär und der University of California entwickelt, die beide speziell auf bestimmte Anforderungen zugeschnitten sind. Alle MAC-Protokolle für Sensornetzwerke haben dies gemein, sie gehen von speziellen Voraussetzungen über das Netz und den zu erwartenden Netzwerkverkehr aus. Darauf aufbauend wird ein Protokoll entwickelt welches dem Szenario am ehesten gerecht wird. Es existieren mit CSMA-PS (Carrier Sense Medium Access – Preamble Sampling) auch Ansätze die einem herkömmlichen Protokoll für Drahtlosnetzwerke ähnlich sind, allerdings steht hier der limitierende Faktor Energie im Vordergrund. Knoten sind nicht die ganze Zeit Sende und Empfangsbereit sondern unterliegen einem periodischen Wach-Schlaf-Zyklus, um so ein möglichst lange Lebenszeit zu gewährleisten. Und auch Lösungen die aus der Mobilkommunikation kommen werden für bestimmte Anwendungen adaptiert. So wird der aus der GSM-Welt bekannte TDMA Ansatz (Time division multiple access) in abgewandelter Form unter dem Namen DE-Mac entwickelt. Hierbei wird der bekannte Mechanismus zur Verwendung fester Zeitschlitze implementiert um so die Kollisionen und die damit verbundene Neusendung von Paketen auf ein Minimum reduziert. Der große Nachteil dieser Technik liegt in der schleckten Skalierbarkeit für große Knotenmengen. Da die Anzahl der fest zugeteilten Zeitschlitze nicht künstlich erhöht werden kann und auch genügend Sicherheitsabstand zwischen den einzelnen Übertragungen gewährleistet werden muss, können die Sensornetze nicht beliebig groß werden. Viele der Protokolle sind noch nicht reif für wirkliche industrielle Anwendungen, allerdings wird mit Hochdruck an neuen Mechanismen gearbeitet um den besonderen Anforderungen von Sensornetzwerken gerecht zu werden. 1.5 Routing Neben den Problemen die auf bei der Entwicklung von MAC-Protokollen zu beachten sind, sind auch Fragen des Routings von großer Bedeutung. Auch hier können herkömmliche Technologien und Algorithmen nicht ohne weiteres übernommen werden. Das Hauptproblem mit denen die Forscher kämpfen ist die starke Dynamik die typischerweise in Sensornetzwerken vorzufinden ist. Konten können permanent ihre Position ändern und ein Entstehen stabiler Routing-Pfade so unmöglich machen. Alle Knoten haben nur begrenzte Engergieressourcen und können plötzlich ausfallen. Und trotzdem darf der Datenverkehr der von Konten zu Knoten geroutet wird nicht zum erliegen kommen. Obwohl die RoutingProtokolle eine Reihe von schwierigen Problemen zu lösen haben, müssen sie dennoch relativ einfach und leicht implementierbar sein, damit keiner der Knoten viel Energie für die Wegewahl aufbringen muss. Trotz all der veränderten Bedingungen zu herkömmlichen Netzen wurden auch bewährte Mechanismen übernommen. So kann jeder Knoten im Fehlerfall auf ein Fluten seiner Daten zurückgreifen. Hierbei wird das betreffende Paket einfach an alle in Reichweite befindlichen Knoten geschickt mit der Hoffnung so das Ziel zu erreichen. Natürlich ist das keineswegs eine optimale Lösung, da zu viel Netzwerkverkehr erzeugt wird und damit auch enorm viel Energie verschwendet wird. Neben sehr einfach Verfahren wie Shortest-Hop-First, bei dem das Paket an denjenigen Knoten geschickt wird das einem in Richtung Ziel am nächsten liegt, oder hierarchischen Verfahren, bei denen baumartige Strukturen aufgebaut werden, versucht man auch völlig neue Wege zu gehen. So werden oft probalistische Verfahren eingesetzt, um den Routing-Aufwand in jedem einzelnen Knoten gering zu halten. Ähnlich wie bei den MAC Protokollen bleibt festzustellen, das sich kein Routing Protokoll komplett durchsetzen wird, weil der Kontext der Anwendung das am besten geeignete Protokoll bestimmt. Neben der Eigentlichen Applikation wird oft die Charakteristik des Netzwerkverkehrs analysiert und auf dessen Grundlage Designentscheidungen für das Routing Protokoll getroffen. 1.6 Ausblick Wie in dem Paper erwähnt ist die Entwicklung der Sensornetzwerke in großer Bewegung und es wird sich noch einiges verändern, bis kleine Sensoren unser Leben vereinfachen indem sie überwachend und steuernd in die verschiedensten Prozesse eingreifen. In Zukunft werden Sensoren viel kleiner und effizienter, werden ihre Energie aus Temperaturschwankungen oder kinetischen Bewegung beziehen, um so völlig neue ungeahnte Anwendungen möglich machen. Keinem Gebiet der Informationselektronik werden in den nächsten Jahren vergleichbare Fortschritte vorhergesagt, und so bleibt es abzuwarten welche neuen wichtigen Entwicklungen dieser Bewegung entspringen. Obwohl Sensornetzwerke militärische Wurzeln haben und heutzutage immer noch stark durch militärische Anwendungen vorangetrieben werden, hat die Technik längst Einzug in das zivile Leben gehalten aus dem sie in einigen Jahren nicht mehr wegzudenken sein werden.