Geophysikalische Ursachen der Nachthelligkeit - Userpage

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Freie Universität Berlin
Fachbereich für Geowissenschaften
Institut für Meteorologie und
Weltraumwissenschaften
DIPLOMARBEIT
Geophysikalische Ursachen der
Nachthelligkeit
Autor:
Paul Becherer
[email protected]
Gutachter:
Prof. Dr. Jürgen
Fischer
Zweitgutachter:
Dr. Christopher Kyba
14. April 2013
ii
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
3
1 Einleitung
9
2 Helligkeitswahrnehmung und Helligkeitsstufen
11
2.1 Die nächtliche Helligkeitswahrnehmung . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Helligkeitswahrnehmung bei anderen Lebewesen . . . . . . . . 11
2.3 Helligkeitsskala und photometrische Einheiten . . . . . . . . . 12
3 Lichtquellen am Nachthimmel
3.1 Natürliche Lichtquellen am Nachthimmel . . . . . . .
3.1.1 Das Nachtleuchten . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.2 Das Zodiakallicht . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.3 Integriertes Sternenlicht . . . . . . . . . . . .
3.1.4 Gesamthelligkeit des mondlosen Nachthimmels
3.1.5 Das Mondlicht . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Anthropogener Lichtsmog und Lichtsmogmodelle . .
3.2.1 Situation in Berlin . . . . . . . . . . . . . . .
4 Lichtausbreitung in der Atmosphäre
4.1 Streuung an Luftmolekülen . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Lichtschwächung . . . . . . . . . . . . .
4.1.2 Helligkeitsfunktion für die nicht bewölkte
4.2 Einfache Funktion der Mondhelligkeit . . . . . .
4.3 Streuung an Wolkentröpfchen, Regentropfen . .
4.4 Streuung an der Erdoberfläche . . . . . . . . . .
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Atmosphäre .
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5 Nachthelligkeitsmessungen in Berlin
39
5.1 Das Sky Quality Meter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
5.2 Der Ort der Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
5.3 Die synoptischen Beobachtungen an der Wetterstation 10381 . 42
1
2
INHALTSVERZEICHNIS
5.4
Die Albedomessung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.1 Die Satellitenorbits von Terra und Aqua . .
5.4.2 Die Instrumente MODIS und MISR . . . . .
5.4.3 Das Albedoprodukt MODIS BRDF/Albedo
6 Datenanalyse
6.1 Lichtstreuung an Luftmolekülen und Aerosolen .
6.1.1 Der mondlose Himmel . . . . . . . . . .
6.2 Lichtstreuung an Wolken . . . . . . . . . . . . .
6.3 Lichtstreuung an fallenden Hydrometeoren . . .
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7 Diskussion der Ergebnisse
73
7.1 Der unbewölkte Himmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
7.2 Einfluß von Bodenalbedo und Bewölkung . . . . . . . . . . . . 76
8 Ausblick
79
Literatur und Quellenangaben
81
Abbildungsverzeichnis
2.1
Vergleich unterschiedlicher Helligkeitseinheiten mit den entsprechenden astronomischen Sichtverhältnissen für das bloße
Auge. Außerdem eine Skala des Vielfachen der natürlichen
Nachthelligkeit. Mit freundlicher Genehmigung von Henk Spoelstra (Spoelstra (2012)). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.1
Natürliche Lichtquellen des Nachthimmels: Zodiakallicht (Z), Integriertes Sternlicht (S), diffuses galaktisches Licht
(G), Luftleuchten (A), Kosmisches Hintergrundlicht (C) und
Gesamtlicht (T) in S10 -Einheiten. In der rechten Hälfte die
zeitliche Abhängigkeit der verschiedenen Komponenten. Aus:
Roach u. Gordon (1973, Fig. 1-6.) . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.2
Spektrale Verteilung der Emissionen des Nachtleuchten in Rayleigh. Der sichtbare Bereich befindet sich innerhalb
der roten Markierungen. Aus: Roach u. Gordon (1973, Fig. 4-6.) 17
3.3
Jahresmittel der Zodiakallichthelligkeit am Teide-Observatorium
(Kanarische Inseln) in ekliptikalen Koordinaten relativ zur
Sonne. Der Ekliptikpol liegt im Zentrum, der Umkreis stellt
die Ekliptik dar. In der unteren Hälfte ist der Polarisationsgrad des Zodiakallichtes dargestellt. Aus: Leinert u. a. (1998,
Fig. 37) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.4
(kumulative) Anzahl der Sterne pro Magnituden-Intervall Am (Nm )
und integriertes Sternenlicht pro Magnituden-Intervall (Jm );
aus: Roach u. Gordon (1973, S. 11) . . . . . . . . . . . . . . . 21
3
4
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
3.5
Schematische Darstellung eines typischen Berliner Straßenquerschnitts mit eingezeichneter Lichtsmogquelle aus einem
Privathaushalt oder auch einer Reklametafel. Die Berliner Traufhöhe beträgt 22 Meter, die Straßenbreite wird mit 30 Metern
angenommen. Der Winkel β beträgt etwa 63-81◦ für hb zwischen eins und drei. Der nach oben gerichtete Anteil beträgt
dann durchschnittlich: 12 · (1 + 0, 15) · (1 − cos β2 ) ≈ 0, 1; mit
β = arctan( 2·b
) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
h
4.1
Skizze des Lichtweges von einer Quelle bei L zum Zenit des
Beobachters bei O ohne vorhandene Bewölkung. Die Entfernung der Lichtquelle zum Beobachter beträgt r. . . . . . . . 32
4.2
Die Wolkenreflektion als Funktion der optischen Dicke und
des effektiven Radius der Wolkentröpfchen für Licht der Wellenlänge 0,65 µm. Aus: King u. a. (1997, Figure 5a) . . . . . . 34
4.3
Gemessene (Punkte) und theoretisch ermittelter Reflexionsgrad (Linien für verschiedene Korngrößen in mm) von Schnee
im Sichtbaren und Infraroten. Aus: Craig F. Bohren (2006, S.
272). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4.4
Skizze des möglichen Lichtweges von einer Lichtquelle bei L
zum Zenit bei O unter Berücksichtigung der Bodenalbedo α und des Reflektionsgrades der Wolke R. . . . . . . . . . 36
4.5
Über 16 Tage gemitteltes Rückstrahlvermögen des Erdbodens
in der Umgebung des Meteorologischen Instituts der Freien
Universität Berlin in den Jahren 2010 und 2011. Dargestellt
sind Albedomedianwerte von Kreisflächen mit Radien von
3km, 10km, 30km und 300km, fehlende Werte sind auf der
Abszisse rot markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
5.1
Gemessene (Quadrate) und berechnete spektrale Empfindlichkeitskurve (gestrichelte Linie) der TAOS-Photodiode hinter dem Hoya-Filter im Sky-Quality-Meter. Aus: Cinzano (2005,
Fig. 9). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5.2
Karte der Einwohnerdichte Berlins des Jahres 2010, der
Messstandort ist mit einem Kreis markiert. Aus: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2010) . . . . . . . 42
5.3
Berechnung der Einwohnerdichte pro Quadratkilometer für im
Text genannte Bezirke und Ortsteile Berlins. Von: Amt für
Statistik Berlin-Brandenburg (2012) . . . . . . . . . . . . . . . 43
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
5
5.4
Ausschnitt einer Fotografie Berlins bei Nacht vom Orbit
der ISS aus, aufgenommen von Andre Kuipers am 5. April
2012, das Bild wurde genordet. Im unteren Bildausschnitt ist
der Standort des SQM durch einen weißen Kreis angedeutet.
Von: Kuipers (2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5.5
Die Bestandteile des MODIS-Instruments. Aus: N.A.S.A.
(b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
5.6
Darstellung der verwendeten Pixel zur Ermittlung des
mittleren Albedowertes. Die Fläche entspricht einem Kleinkreis mit etwa 20 km Radius. Dargestellt ist die Stadtgrenze
Berlins (durchgezogene Linie) und der äußere Berliner Autobahnring (gepunktete Linie). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
6.1
Übersicht über die Anzahl der Stunden pro Tag, die in der
Datenauswertung verwendet wurden, im Verlauf des Untersuchungszeitraumes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
6.2
Gesamtaufkommen der verschiedenen meteorologischen
und astronomischen Bedingungen während des Messzeitraumes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
6.3
Häufigkeitsverteilung der Nachthelligkeit für den wolkenlosen Nachthimmel (Null Achtel Bedeckungsgrad) ohne eine
vorhandene Schneedecke (oben) und bei vorhandener Schneedecke (unten). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
6.4
Häufigkeitsverteilung der Nachthelligkeit ohne Mondeinfluß
(oben), die Extremwerte sind durch Linien markiert. Falls kein
signifikantes Wetter vorhanden war, wird weiter unterteilt, ob
keine, mittlere Bewölkung oder bedeckter Himmel vorhanden
war (Mitte). In der unteren Grafik die Helligkeitsverteilung bei
signifikantem Wetter (WMO-Wetterschlüssel aus dem Bereich
4-12 oder 30-99). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
6.5
Häufigkeitverteilung der Zenithelligkeit bei aufgegangenem
Mond und klarem Himmel ohne eine vorhandene Schneedecke. Der Median und das 90%-Konfidenzintervall sind durch
Linien markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
6.6
Auswirkung von Mondphase und Mondhöhe auf die Himmelshelligkeit bei klarem Himmel (Null Achtel Bedeckungsgrad) und ohne eine vorhandene Schneedecke. Die Kreisradien
sind proportional zum Helligkeitswert in cd m−2 , zum Vergleich die maximale Helligkeit des mondlosen Himmels (in rot). 58
6
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
6.7
6.8
6.9
6.10
6.11
6.12
6.13
6.14
6.15
Zenithelligkeit bei aufgegangenem Mond als Funktion des in
Gleichung 4.5 beschriebenen Faktors ΨM . Die Zeitpunkte, an denen Schnee an der Station lag, sind als rote Sterne
markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Häufigkeitsverteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem Himmel ohne vorhandenem Schnee an der Station.
Das 90%-Konfidenzintervall und der Median sind durch blaue
Linien markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abhängigkeit der Zenithelligkeit von Bedeckungsgrad und
Wolkenuntergrenze (logarithmische Darstellung). Verwendet wurden die Zeitpunkte, an denen die jeweilig dargestellte
Wolkengattung mit dem angegebenen Bewölkungsgrad in einer Schicht den Himmel bedeckte. Vertreten sind bis auf Cirrocumulus alle Wolkengattungen: Stratocumulus (Sc), Stratus (St), Cumulus (Cu), Altocumulus (Ac), Altostratus (As),
Nimbostratus (Ns), Cirrus (Ci) und Cirrostratus (Cs). . . . . .
Häufigkeitsverteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem Himmel, jedoch fehlenden tiefen Wolken und fehlender Schneedecke. Der 90%-Vertrauensbereich und der Median sind durch Linien markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . .
Verteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem
Himmel mit einer Wolkenschicht (keine Schneedecke) in
Abhängigkeit von der Wolkenhöhe (logarithmische Darstellung) und verschiedenen Wolkengattungen: Stratus (St), Stratocumuls (Sc), Altostratus (As) und Cirrostratus (Cs). . . . .
Häufigkeitsverteilung der Bodenalbedo während des untersuchten Messzeitraumes im Gebiet um den Standort innerhalb der angegebenen Radien. Die jeweiligen Extremwerte sind
durch Linien markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einfluß der Bodenalbedo auf die Himmelshelligkeit bei
verschiedener Bewölkung und Anwendung einer linearen Regression. Für die Albedowerte wurden von den Satelliten Terra
und Aqua gemessene, über 16 Tage gemittelte Daten verwendet (im Gebiet mit 20 Kilometern Radius). . . . . . . . . . . .
Verlauf der Zenithelligkeit nach einem Schneefallereignis bei bedecktem (oben) und bei klarem Himmel (unten). In
der mittleren Grafik die lineare Regression der exponentiellen
Abnahme der Helligkeit bei bedecktem Himmel. . . . . . . . .
Häufigkeitsverteilung der Himmelshelligkeit während Regenfalls. Die Vertikale Linien markiert die Position des Median
der Verteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
7
6.16 Häufigkeitsverteilung der Himmelshelligkeit bei Schneefall.
Die Vertikale Linien markiert die Position des Median der Verteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
7.1
7.2
7.3
Nächtlicher Helligkeitsverlauf des wolkenlosen Himmels. Die Linien markiert den Median, die gestrichelten Linien den 90%-Konfidenzbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Gleiche Grafik wie 7.1, eingetragen sind die Schätzwerte für
die von öffentlicher Beleuchtung allein (78 Lumen pro
Einwohner), und die von öffentlicher Beleuchtung und von den
Privathaushalten verursachte Helligkeit. . . . . . . . . . . . 75
Ausschnitt aus der Einwohnerdichtekarte Berlins des Gebietes innerhalb einer Entfernung von 6 Kilometern
um den Messstandort. Die Karte diente zur Ermittlung
der Einwohnerzahl in dem betreffenden Gebiet. Aus: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2010) . . . . . 78
Abbildungsverzeichnis
8
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Einleitung
Jeder, der sich schon einmal bei Nacht vom dunklen Land einer Siedlung
genähert hat, kennt die Erscheinung der ”Lichtglocke”, dem weit sichtbaren
hell erleuchteten Nachthimmel. Besonders weit ist dieser über einer nächtlich
illuminierten Stadt zu sehen, er vermittelt das attraktive Bild von der Stadt,
die niemals schläft.
Die ökologischen Konsequenzen eines solchen unnatürlich hell erleuchteten Nachthimmels sind allerdings vielen Menschen nicht oder kaum bewusst.
Nicht nur werden im Sommerhalbjahr Milliarden von nachtaktiven Insekten
dezimiert, auch der Mensch selbst ist direkt betroffen.
Bei zuviel Helligkeit wird beispielsweise die Produktion von Melatonin,
einem Hormon, das den Tag-und-Nacht-Rhythmus steuert, verhindert. Für
ein gesundes Leben ist daher eine Ruhephase in ausreichender Dunkelheit
ebenso wichtig wie etwa genügend Helligkeit für den Straßenverkehr.
Für diesen auch circadianisch genannten Rhythmus fungiert auch bei anderen Lebewesen das Licht als Signalgeber. So wurde beispielsweise entdeckt,
dass die Dichte an Zooplankton in Seen mit dem Mondzyklus (gesteuert durch
das Licht) schwankt und damit auch die übrigen Lebewesen der Nahrungskette bis hinauf zum Menschen davon beeinflusst werden (Gliwicz (1986)).
Durch die zunehmende Verwendung von LED-Lampen mit höherer Lichtausbeute wird das Problem sogar weiter verschärft (Kuechly u. a. (2012)).
Gesundheitliche wie ökologische Aspekte der Nachthelligkeit bieten bereits ausreichenden Anlass für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem
Phänomen. Neben diesen beiden Motivationsfaktoren kann darüber hinaus
ein besseres Verständnis der Nachthelligkeit einen effizienteren Energieeinsatz bei der künstlichen Beleuchtung der Stadt fördern und ist somit auch
von ökonomischen Interesse.
Bevor jedoch auf die Nachthelligkeit reagiert und vermindernd eingewirkt
werden kann bedarf es ihrer genauen Untersuchung. Aus diesem Grund sollen
9
10
KAPITEL 1. EINLEITUNG
in dieser Arbeit die verschiedenen geophysikalischen Einflussfaktoren auf die
Nachthelligkeit erforscht und in ihrer Bedeutung abgeschätzt werden. Für
den Rahmen einer Diplomarbeit schien die Beschränkung auf einen geographisch definierten Raum sinnvoll. Da im Gegensatz zu anderen Städten (siehe
etwa für Hongkong Pun u. So (2012)) für den Stadtraum Berlin eine solche
Untersuchung bisher noch nicht vorlag, wird sich diese Arbeit speziell mit
den Gegebenheiten der deutschen Hauptstadt auseinandersetzen.
Im Einzelnen sollen zunächst in den folgenden beiden Kapiteln (2 und
3) die Grundfaktoren der Lichtrezeption sowie die natürlichen Lichtquellen,
die für Helligkeit am von menschlichen Einflüssen ungestörten Nachthimmel
ursächlich sind, bestimmt werden. Es folgt ein Kapitel über die Lichtausbreitung in der Atmosphäre, und anschließend kann dann der Fokus auf Berlin
gerichtet werden, beginnend im vierten Kapitel mit einer Beschreibung der
unterschiedlichen Messinstrumente zur Datenerhebung für die Nachthelligkeit. Maßgeblich für die Ergebnisse dieser Arbeit waren hierbei neben dem
Albedo-Datenprodukt der EOS-Satelliten Terra und Aqua und den synoptischen Beobachtungen der Universitäts-Wetterwarte das Datenmaterial vom
Institut für Weltraumwissenschaften, welches dankenswerter Weise von Dr.
Christopher Kyba zur Verfügung gestellt wurde.
Kapitel 2
Helligkeitswahrnehmung und
Helligkeitsstufen
2.1
Die nächtliche Helligkeitswahrnehmung
Das menschliche Auge ist empfindlich für elektromagnetische Strahlung aus
dem Wellenlängenbereich von 380 nm bis 780 nm. Drei verschiedene Sehzapfenarten sind für Licht aus drei verschiedenen Wellenlängenbereichen empfindlich. Bei Tageslicht liegt das gemeinsame Maximum der Helligkeitsempfindlichkeit der Zapfen bei 550 nm im gelb-grünen Farbbereich. Tritt die
Umgebungshelligkeit unter etwa 30 cd · m−2 , beginnt das Dämmerungssehen, dessen Gültigkeitsbereich in der Lichttechnik bis 0,01 cd · m−2 (17,6
Mag ArcSec−2 ) definiert wird (Baer u. Gall, 2006, S. 18). Wird es noch dunkler (skotopischer Bereich), werden die Sehstäbchen im Auge aktiv und das
Helligkeitsempfinden kann innerhalb von etwa 30 Minuten um das etwa 1000fache gesteigert werden (Roach u. Gordon, 1973, S. 4). Das spektrale Helligkeitsempfinden der Sehstäbchen ist gegenüber den Sehzäpfchen des Tagsehens um etwa 50 nm in den kurzwelligen Bereich des Spektrums verschoben,
das Maximum liegt nun bei 507 nm (blau-grün). Licht ab einer Wellenlänge von etwa 600 nm (Farbbereich Orange bis Rot) wird beim skotopischen
Sehen quasi nicht mehr wahrgenommen.
2.2
Helligkeitswahrnehmung bei anderen Lebewesen
Viele Lebewesen (beispielsweise Vögel) sind auch für weiter im kurzwelligeren
Bereich liegendes Licht, das der Mensch nicht mehr wahr nimmt, empfindlich.
11
12KAPITEL 2. HELLIGKEITSWAHRNEHMUNG UND HELLIGKEITSSTUFEN
Dazu gehören Insekten, Vögel, Eidechsen, Schildkröten und Fische (Goldsmith (2007)). Dies muss bei der Entwicklung von ökologisch weniger beeinträchtigenden Lampen beachtet werden. Auch reagieren Insekten viel stärker
auf blaues Licht als auf rotes. Kurzwelligeres blaues Licht dringt tiefer in
Gewässer ein und stört dort lebende Tiere.
2.3
Helligkeitsskala und photometrische Einheiten
In dieser Arbeit werden verschiedene Einheiten der Helligkeit erwähnt, die
kurz veranschaulicht werden sollen, um zu einem besseren Verständnis gelangen zu können. Eine Übersicht ist in Abbildung 2.1 dargestellt, wobei die
Helligkeit von unten nach oben zunimmt. In der zweiten Spalte von rechts
sind die klassischen scheinbaren Helligkeiten zu sehen, die zur Klassifizierung
der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne dient. Diese seit der Antike verwendete Skala reichte ursprünglich bis zur 6. Größe, da dunklere Sterne mit
bloßem Auge nicht gesehen werden können. Diese Skala konnte später mit
dem Aufkommen der Photometrie genauer definiert und erweitert werden,
wobei die Proportionen beibehalten wurden. So entspricht ein Abstand von
2,5 Größenklassen einem Helligkeitsverhältnis von eins zu zehn, ein Abstand
von 5 Größen einem von 1:100, wobei die kleinere Größe jeweils die hellere
ist. Bezieht man die Helligkeiten dieser Skala auf einen Raumwinkel (Fläche
geteilt durch Abstand im Quadrat) erhält man die Einheit ”Magnituden pro
Quadratgrad” oder ”Magnituden pro Quadratbogensekunde”, je nach dem
welche Basis man wählt.
Für die Berechnung der Flächenhelligkeit eines kleinen Ausschnitts um
ein Himmelsobjekt kann folgende Formel benutzt werden:
Lv = m + 2, 5 · Log10 (Ω)
mit Ω, dem Raumwinkel in Quadratbogensekunden gemessen (Clark, 1990,
Appendix E).
Die physikalische Einheit der Flächenhelligkeit ist das Candela pro Quadratmeter (cd m−2 ). Für die Umrechnung nach Mag ArcSec−2 gilt:
[Wert in cd m−2 ]
108.000
Eine andere astronomische Einheit der Flächenhelligkeit ist die Größe S10 :
Sie entspricht der Anzahl an Sternen 10. Größe pro Quadratgrad Himmelsfläche. Für die Umrechnung nach cd m−2 gilt:
[Wert in Mag ArcSec−2 ] = −2, 5 · Log10
[Wert in S10 ] = 7, 1 · 10−7 [Wert in cd m−2 ]
2.3. HELLIGKEITSSKALA UND PHOTOMETRISCHE EINHEITEN 13
Abbildung 2.1: Vergleich unterschiedlicher Helligkeitseinheiten mit den
entsprechenden astronomischen Sichtverhältnissen für das bloße Auge. Außerdem eine Skala des Vielfachen der natürlichen Nachthelligkeit. Mit freundlicher Genehmigung von Henk Spoelstra (Spoelstra (2012)).
Vergleicht man gemessene Helligkeiten des nächtlichen Himmels im Zenit
mit der Helligkeit eines mondlosen Himmels ohne den Einfluss von Lichtsmog,
erhält man einen Faktor, der angibt, wie hoch die aktuelle Lichtverschmutzung ist. Sie wird hier als Vielfaches der natürlichen, mondlosen Helligkeit
bezeichnet.
Sein Wert berechnet sich (abgekürzt als LP für ”Light Pollution”):
LP = 10
21,6−[Wert in Mag ArcSec−2 ]
2,5
Für Linienemissionen wird das Rayleigh verwendet:
1 Rayleigh = 106 cm−2 s−1 Photonen = 1, 95 · 10−7 cd m−2
für Licht einer Wellenlänge von 550 nm.
(2.1)
14KAPITEL 2. HELLIGKEITSWAHRNEHMUNG UND HELLIGKEITSSTUFEN
Kapitel 3
Lichtquellen am Nachthimmel
3.1
Natürliche Lichtquellen am Nachthimmel
Die wichtigsten natürlichen Lichtquellen eines mondlosen Nachthimmels sind
das Nachtleuchten (”Night Airglow”), Zodiakallicht und troposphärisch gestreutes Licht (Leinert, 1975, S. 13). Zum troposphärisch gestreuten Licht
trägt neben den bereits erwähnten Quellen das integrierte Sternenlicht bei
und der anthropogene Lichtsmog. Alle Komponenten werden dabei durch die
atmosphärische Extinktion geschwächt. Diese ist abhängig von der Wellenlänge des Lichtes, der Zenitdistanz, der Beobachtungshöhe und dem Zustand
der Atmosphäre.
In Abbildung 3.1 ist eine Übersicht der Lichtquellen, die an einem nicht
durch künstliches Licht oder eher seltenen natürlichen Erscheinungen wie
Gewitter oder Polarlichter gestörten Nachthimmel auftreten. Dargestellt sind
ihre typischen Helligkeitswerte wie sie im Zenit auftreten, ihre Minima und
der typische Verlauf während einer Nacht. Zusammengenommen haben diese
eine Helligkeit von etwa 167 bis 300 S10 (22,2 - 21,6 Mag ArcSec−2 ). Die drei
wichtigsten natürlichen Lichtquellen werden im Weiteren kurz dargestellt.
3.1.1
Das Nachtleuchten
Das Luftleuchten ist definiert als nicht-thermische Strahlung der Atome und
Moleküle der Atmosphäre der Erde. Das Auge kann es farblich nicht wahrnehmen, da es zu schwach für die Farbempfindung ist. ”Störfälle” wie das
Polarlicht oder etwa durch Meteorschauer und Blitze ausgelöste Emissionen
werden aus der Definition des Nachtleuchtens ausgeschlossen (Chamberlain
(1961)). Das Phänomen ist nicht auf die Erde beschränkt: Von Raumsonden wurde es auch auf anderen Planeten des Sonnensystems, die über eine
Atmosphäre verfügen, nachgewiesen.
15
16
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
Abbildung 3.1: Natürliche Lichtquellen des Nachthimmels: Zodiakallicht (Z), Integriertes Sternlicht (S), diffuses galaktisches Licht (G), Luftleuchten (A), Kosmisches Hintergrundlicht (C) und Gesamtlicht (T) in S10 Einheiten. In der rechten Hälfte die zeitliche Abhängigkeit der verschiedenen
Komponenten. Aus: Roach u. Gordon (1973, Fig. 1-6.)
Erzeugt wird es aufgrund von verschiedenen chemischen Reaktionen einerseits zwischen neutralen Luftmolekülen und andererseits zwischen Luftionen unter Einwirkung durch die UV-Strahlung der Sonne in der oberen
Atmosphäre (untere und mittlere Ionosphäre). In diesem Höhenbereich erreicht die UV-Strahlung genügend Intensität, um die Hauptbestandteile der
Atmosphäre, molekularen Stickstoff und Sauerstoff in ihre atomare Form zu
zerlegen, welche im oberen Teil nur noch einatomig vorkommen. Daher finden
die das Nachtleuchten verursachenden ionischen Reaktionen (in etwa 250-300
km Höhe) über den Reaktionen der neutralen Moleküle (in 90-100 km Höhe)
statt ((Roach u. Gordon, 1973, 52)).
Der wichtigste Emittent des Nachtleuchtens ist das Hydroxyl-Radikal
(OH), das aus einem Wasserstoff-Atom und einem Ozon-Molekül beim Auftreffen von UV-Licht unter Bildung eines Sauerstoff-Moleküls und Emission
von Strahlung entsteht. Aufgrund der vielfältigen Anregbarkeit der RotationVibrations-Banden der beteiligten Reaktionspartner wird dabei elektromagnetische Strahlung im Wellenlängenbereich von 381,7 nm bis 4,4702 µm
abgegeben, wobei das Strahlungsmaximum im nicht sichtbaren Nahinfrarotbereich (NIR) liegt. Die Intensität dieser OH-Emission liegt bei 4,5 Millionen
Rayleigh und hätte auf einen Beobachter am Boden - läge sie im visuellen
Bereich - die Wirkung einer starken Aurora (siehe Abbildung 3.2).
3.1. NATÜRLICHE LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
17
Abbildung 3.2: Spektrale Verteilung der Emissionen des Nachtleuchten in Rayleigh. Der sichtbare Bereich befindet sich innerhalb der roten Markierungen. Aus: Roach u. Gordon (1973, Fig. 4-6.)
Weitere starke Emittenten sind das Sauerstoff-Molekül und das StickstoffdioxidMolekül, deren Emissionen allerdings kaum wahrnehmbar sind. Die nächsten
wichtigen Emittenten sind daher der atomare Sauerstoff, dessen Emissionslinie bei 557,7 nm auch während dem Erscheinen von Polarlichtern zu sehen
ist, und der atomare Stickstoff (Emissionslinie bei 519,8 nm). Deutlich schwächer sind ihre weiteren Linien und auch die von Natrium und OH im rötlichen
Bereich.
Die Helligkeit des Nachtleuchtens beträgt 30 S10 (24,1 Mag ArcSec−2 )
im Zenith ((Cox, 2000, S. 279)). Am Boden äußert es sich für das bloße
Auge durch eine Zunahme der Himmelshelligkeit von Zenit zu Horizont, die
durch die perspektivische Stauchung der emittierenden Luftschichten erklärt
werden kann. Diese Abhängigkeit vom Zenitdistanzwinkel ζ wird durch die
18
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
van-Rhijn-Gleichung beschrieben, die die relative Zunahme der Weglänge im
Vergleich zur Senkrechten beschreibt:
V =q
1−
1
r 2
r+h
,
(3.1)
· sin2 (ζ)
mit r dem Erdradius und h der Höhe der emittierenden Schicht. Gemäß
dieser Gleichung beträgt die Intensität des Luftleuchtens am Horizont etwa
22,3 Mag ArcSec−2 , das ist etwa das Fünffache des Wertes im Zenit.
Seine Stärke ist vom Breitengrad des Beobachters abhängig und zeitlich
in den Größenordnungen von 10 Minuten bis zu mehreren Stunden variabel
und korreliert mit der Sonnenaktivität: Aus langjährigen Messungen an verschiedenen Observatorien auf der Welt wurde geschlossen, dass es während
des Sonnenzyklusmaximums um 0,5 Mag ArcSec−2 höher ist (Patat (2003)).
3.1.2
Das Zodiakallicht
Das Zodiakallicht ist für das unbewaffnete Auge eine Lichterscheinung der
Dämmerung, die in der Nähe des Sonnenauf- oder -untergangspunktes bei
guten bis sehr guten Sichtbedingungen zu sehen ist. Die besten Sichtbedingungen sind in unseren mittleren Breiten in der Zeit der Tagundnachtgleichen
anzutreffen, wenn die Ekliptik bei Sonnenauf- oder -untergang am steilsten
steht und der Himmel schon sehr dunkel ist. Aus dem gleichen Grund soll es
ganzjährig von höher gelegenen Orten in den Tropen am besten beobachtbar
sein.
Zwar konzentriert es sich entlang der gesamten Ekliptik, jedoch nimmt
es zur Sonnenposition hin stark zu und ist daher vor allem während der
astronomischen Dämmerung von Bedeutung. Es entsteht durch Mie-Streuung
des Sonnenlichts an 1 bis 300 µm großen und weit auseinander liegenden
Staubpartikeln außerhalb der Erdatmosphäre und hat eine ähnliche Helligkeit
wie das Licht der Milchstraße. Da die Mie-Streuung polarisierend wirkt, kann
es gut von anderen Lichtquellen unterschieden werden. Sein Spektrum ist
fast identisch mit dem des Tageslicht, im Ultravioletten gibt es einen Anstieg
unterhalb von 250 nm, welcher mit einem Halo verursacht durch GraphitPartikel erklärt wird (Leinert (1975)).
Ab einer Winkelentfernung zur Sonne von etwa 30◦ (Ingham (1971)) wird
es sichtbar (in Berlin zur Tagundnachtgleichen etwa 2,75 Stunden vor Sonnenaufgang) und beträgt dort an die 2000 S10 (19,5 Mag ArcSec−2 ). Entlang
der Ekliptik fällt es ab und erreicht in 140◦ Abstand zur Sonne sein Minimum
von etwa 139 S10 (22,4 Mag ArcSec−2 ).
3.1. NATÜRLICHE LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
19
Im Gegenschein, das ist die Stelle im Zodiak genau der Sonne gegenüber,
gibt es ein lokales Helligkeitsmaximum von maximal 200 S10 entsprechend
22,0 Mag ArcSec−2 . Zu höheren ekliptikalen Breiten hin fällt der Wert jedoch
rasch ab und erreicht im Ekliptikpol nur noch 70 S10 (23,2 Mag ArcSec−2 ).
Aus Bodenbeobachtungen konnte man bereits schließen, dass die Ebene
des Zodiakallichtes wenige Grad gegen die Ekliptik geneigt ist, weshalb seine
Helligkeit im Laufe des Jahres um 15 % schwankt (Reach (1997)). Da der
Erdschatten kaum Auswirkungen (nur etwa 1% Variation) auf die Helligkeit
des Gegenscheins hat, konnte man schließen, dass er von Partikeln verursacht
wird, die mindestens 100 Erdradien entfernt sind.
Dank den Raumsonden Pioneer 10 und 11 konnten die das Zodiakallicht
verursachenden Partikel schließlich auf den Bereich innerhalb der Jupiterumlaufbahn, die sie im Dezember 1973 und Dezember 1974 erreichten, eingeschränkt werden (Leinert (1975)).
Da die ekliptikale Breite des Zenits auf dem Breitengrad von Berlin zwischen 29◦ und 76◦ schwankt, liegt die vom Zodiakallicht verursachte Helligkeit im Zenit etwa zwischen 80 und 125 S10 (zwischen 23,0 und 22,5
Mag ArcSec−2 ) ((Leinert, 1975, S. 294)), siehe auch Abbildung 3.3.
3.1.3
Integriertes Sternenlicht
Unter dem integrierten Sternlicht wird das die Erde und den Beobachter
erreichende Licht aller einzelnen Sterne verstanden, also auch das der Sterne,
die für das Auge zu schwach sind, um noch als einzelne wahr genommen zu
werden.
Gemäß der klassischen Einteilung der scheinbaren Helligkeit der Sterne
kann das unbewaffnete Auge nur Sterne bis zur 6. Größenklasse als solche
erkennen. Mithilfe eines Fernrohres kann man - vorausgesetzt die Atmosphäre
ist dunkel genug - auch die lichtschwächeren Sterne erkennen. Wäre man dann
in der Lage stufenweise, etwa mithilfe einer Reihe Teleskope mit ansteigender
Lichtstärke, immer schwächere Objekte zu sehen, würde man feststellen, dass
die Anzahl der Sterne pro Größenklasse immer weiter zunimmt. So kann man
mit bloßem Auge global etwa 6000 Sterne erkennen, jedoch gibt es etwa eine
Millionen, die heller als 11,2 Magnitude sind und etwa eine Milliarde Sterne,
die heller als 20 Magnituden sind.
Die Sterne, welche am meisten zum Sternlicht beitragen, stammen dabei
aus dem Bereich 10. bis 13. Größenordnung (siehe Grafik 3.4). Sie konzentrieren sich in der Ebene der Milchstraße, die je nach Jahres- und Uhrzeit
eine andere Position am Himmel einnimmt. Dieser galaktische Äquator hat
über Berlin zum Zenit einen maximalen Abstand von etwa -7,5◦ bis +67,5◦
und befindet sich von Ende Juli bis Ende Dezember an Mitternacht in einem
20
38
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
Ch. Leinert et al.: The 1997 reference of diffuse night sky brightness
Fig. 37. Annually averaged distribution of the zodiacal light over the sky in differential ecliptic coordinates. Upper half: zodiacal
light brightness IZL (S10⊙ ), lower half: degree of polarisation of zodiacal light. The circumference represents the ecliptic, the
ecliptic pole is in the center, and the coordinates λ − λ⊙ and β are drawn in intervals of 10◦ . The “*” indicates a line of lower
reliability. From Dumont & Sanchéz (1976)
Abbildung 3.3: Jahresmittel der Zodiakallichthelligkeit am TeideObservatorium (Kanarische Inseln) in ekliptikalen Koordinaten relativ zur
Sonne. Der Ekliptikpol liegt im Zentrum, der Umkreis stellt die Ekliptik dar.
connection to two measurements closer to the sun: the re- 8.4. Wavelength dependence and colour with respect to the
In der
unteren
Hälfte
ist der
Polarisationsgrad
sults
obtained
by Helios
A/B (Leinert
et al.
1982) and
sun des Zodiakallichtes dargestellt.
those of a precursor rocket flight (Leinert et al. 1976)
Aus: Leinert u. a. (1998, Fig. 37)
for small elongations (� < 30◦ ). For interpolation, if the
smaller 5◦ spacing is needed, still the table in LevasseurRegourd & Dumont (1980) can be used. In addition, Table
18 gives a map of zodiacal light polarisation, structured
in the same way as Tables 16 and 17.
For these maps, the errors in polarisation are about 1%.
The errors in brightness are 10 − 15 S10⊙ for low values
and 5% − 10% for the higher brightnesses.
The wavelength dependence of the zodiacal light generally follows the solar spectrum from 0.2 µm to ≈ 2 µm.
However, detailed study shows a reddening of the zodiacal
light with respect to the sun. The thermal emission longward of 3 µm, as mentioned already in Sect. 8.2, can be
approximated by a diluted blackbody radiation. This will
bediscussed in more detail in Sect. 8.5. A recent determination of the temperature of this radiation gives the value
of 261.5 ± 1.5 K (Reach et al. 1996b).
3.1. NATÜRLICHE LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
21
Abbildung 3.4: (kumulative) Anzahl der Sterne pro Magnituden-Intervall
Am (Nm ) und integriertes Sternenlicht pro Magnituden-Intervall (Jm );
aus: Roach u. Gordon (1973, S. 11)
sehr geringen Abstand zu ihm. Am galaktischen Äquator kann die Flächenhelligkeit bis knapp unter 300 S10 betragen (21,6 Mag ArcSec−2 ), auf der galaktischen Breite von 70◦ jedoch nur noch etwa 40 S10 (23,8 Mag ArcSec−2 ).
Die über den gesamten Himmel gemittelte integrierte Sternhelligkeit beträgt
105 S10 bzw. 22,7 Mag ArcSec−2 (Roach u. Gordon, 1973, S. 20).
3.1.4
Gesamthelligkeit des mondlosen Nachthimmels
Die gesamte durchschnittliche Helligkeit des natürlichen Hintergrundlichts
wird als 21,6 Mag ArcSec−2 betragend angenommen, siehe auch Narisada u.
Schreuder (2004).
22
3.1.5
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
Das Mondlicht
Der Begleiter der Erde im Weltall ist die stärkste natürliche Lichtquelle am
Nachthimmel: Wird der Mond nicht von dichten Wolken verhüllt, kann er
sogar in einer modernen Stadt von der Größe Berlins immer noch den Nachthimmel dominieren.
Dabei ist die Helligkeit des Mondlichtes - vom Zustand der Atmosphäre
einmal abgesehen - vor allem von seiner im Laufe eines Monats sich ändernden Mondphase und seiner im Jahreslauf sich verstellenden Höhe über dem
Horizont abhängig. Geringe Variationen ergeben sich durch die im Monatsund Jahresrhythmus schwankende Entfernung des Mondes zur Erde und zur
Sonne: Für den Beobachter auf der Erde erscheint der genäherte Mond größer
und eine geringere Sonnenentfernung bewirkt eine etwas stärkere Anstrahlung des Mondes. Die scheinbare Größe der Mondscheibe beträgt im Durchschnitt 31 Winkelminuten und reichte im Untersuchungszeitraum von 29 bis
34 Winkelminuten.
Für die Berechnung seiner Flächenhelligkeit ist die in Quadratgrad ausgedrückte scheinbare Raumwinkelgröße von Bedeutung, diese schwankte vom
0,9- bis zum 1,1-fachem des Mittelwertes. Die Variation der Sonnenentfernung
bewirkt eine Schwankung der auf die der Sonne zugewandten Mondoberfläche
eintreffenden Strahlung von 0,98 bis 1,02 des Mittelwertes.
Die Mondoberfläche
Der Mond ist kein reiner Lambert-Strahler: die Helligkeit der angestrahlten
Mondscheibe nimmt zu ihrem Rand hin nämlich nur wenig ab. Auch ist der
subsolare Punkt auf dem Mond, also die Stelle an der ein glatte Kugel die
Sonne reflektieren würde, nicht zu erkennen. Das liegt daran, dass die Materie
der Mondoberfläche durch die ständige Bombardierung von Mikrometeoriten
pulverisiert ist und eine ähnliche Konsistenz besitzt wie Staub oder etwa
Puderzucker.
Diese Staubschicht ist in den Maria (den dunklen Gebieten des Mondes)
4-5 m und in den Terrae (den Hochländer des Mondes) etwa 10 m dick und
besitzt eine Porösität von etwa 50%. Die Albedo der Mondoberfläche liegt
in den Maria bei 5-10 % und in den Terrae bei 12-18 % (Taylor (2007)), die
mittlere Albedo der der Erde zugewandten Seite wird mit 11 % angegeben
(Pater u. Lissauer (2010)).
Seit Langem wird in der Astronomie versucht, die Mondphasenfunktion
theoretisch zu erklären. Die Helligkeit des Mondes nimmt nämlich in der Nähe
des Vollmondes nicht-linear mit dem Phasenwinkel zu: So ist der Vollmond
mehr als 10-mal so hell wie der Halbmond (Hapke (1996)), und an Vollmond
3.2. ANTHROPOGENER LICHTSMOG UND LICHTSMOGMODELLE23
scheint der Mond 40% heller als noch in der Nacht vorher (Hapke (1998)).
Zum Teil lässt sich dies mit dem Oppositionseffekt erklären: Die Schattenwürfe der Mondoberfläche werden innerhalb eines Phasenwinkels unter
7◦ minimiert. Außerdem wird positive Interferenz durch Mehrfachstreuung
(”coherent backscatter”) innerhalb der porösen Mondschicht als Modell hinzugenommen, um die starke Helligkeitszunahme zu erklären. Die bei der Untersuchung der Mondreflektivität gewonnenen Erkenntnisse konnten bereits
erfolgreich bei der Untersuchung anderer Himmelskörper (wie Jupitermonde,
Asteroiden etc.) übertragen werden.
Die Helligkeit des Mondes
Die maximale direkte Helligkeit des Mondes auf der Erde wird mit 0,2 Lux
(16,3 Mag ArcSec−2 ) angegeben (Foster u. Hall (1991)). Das ist das 130-fache
der Helligkeit des natürlichen, mondlosen Himmels.
3.2
Anthropogener Lichtsmog und Lichtsmogmodelle
Durch Streuung an Luftmolekülen, Aerosolen, Wolkentröpfchen und an der
Erdoberfläche kann das von Menschen erzeugte Licht sehr weit transportiert
werden. Diese Lichtstreuung wurde bereits in den 1960er Jahren von Astronomen untersucht, die - obwohl sie ihre Observatorien weit entfernt errichtet
hatten - dennoch den Einfluß der wachsenden Städte auf die Himmelshelligkeit feststellen mussten. Beispielsweise fand man 1966 heraus, dass das etwa
148 Kilometer entfernte Los Angeles am Mount-Palomar-Observatorium in
45◦ Höhe für eine Aufhellung des Himmels um 0,2 Magnituden verantwortlich
sei (Walker (1977)).
Aus solchen von Astronomen gesammelten Daten entwickelte man Modelle, die eine logarithmische Abnahme der Zenithelligkeit sowohl mit der
Entfernung zur Stadt als auch mit ihrer Einwohnerzahl beschreiben. Für
den Einfluß einer typischen nordamerikanischen Stadt hat sich dabei die Annahme eines Lichtstroms von 1000 Lumen pro Einwohner (die sogenannte
”Walker-Zahl”) für eine erste Abschätzung etabliert (Narisada u. Schreuder,
2004, Kapitel 5). Dies muss nach dem Standardmodell von Garstang abhängig von der Bevölkerungszahl P einer Stadt um einen Faktor korrigiert
werden, sodass der Lichtstrom der Stadt gegeben ist durch (Garstang (1986)):
IStadt (P ) = 1000 lm ·
P 0.1
·P
100.000
(3.2)
24
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
In dem Garstangschen Modell wird 10% des Lichtes einer Stadt direkt
nach oben abgegeben, 90% wird über den Boden gemäß einer Lambertscher
Abstrahlung (proportional zu cos(ζ), ζ: Zenitwinkel) reflektiert, wobei eine
durchschnittliche Albedo von 0,15 (typischer Wert für Asphalt und gealterten Beton) angenommen wird. Für die senkrechte Ausstrahlungskomponente wird eine Verteilung gemäß ζ 4 (ζ in rad) angenommen (Luginbuhl u. a.
(2009)). Die winkelabhängige Abstrahlfunktion ΨStadt lautet dann:
ΨStadt (ζ) =
1
· (2 · α · 0, 9 · cos(ζ) + 0, 554 · 0, 1 · ζ 4 ),
2·π
(3.3)
mit der Reflektivität des Bodens (Albedo) α = 0, 15 und Faktoren zur Normalisation.
3.2.1
Situation in Berlin
Setzt man in Gleichung 3.2 die Zahlen für Berlin (3,5 Millionen Einwohner
laut Berlin.de (2012)) ein, müsste man demzufolge mit 5 Milliarden Lumen
rechnen bzw. 1427 Lumen pro Einwohner. Zunächst muss überprüft werden,
ob dieser Wert für Berlin anwendbar ist, daher wird eine Schätzung des wahrscheinlichen Gesamtlichtstroms der Stadt vorgenommen. Als die Hauptverursacher des Lichtsmog kann man grundsätzlich zwischen privaten und öffentlichen Verursachern unterscheiden. Von den Öffentlichen wird die Straßenund Gebäudebeleuchtung betrieben, die Privaten verursachen beim Betrieb
(Ladengeschäfte und Reklametafeln, Flughäfen, Sportstätten), im Privathaushalt und durch den Straßenverkehr Lichtsmog. In einer aktuellen Arbeit
(Kuechly u. a. (2012)) wurden nächtliche Luftaufnahmen des zentralen Teils
Berlins (etwa 44% von Gesamtberlin) nach Landnutzungskategorien klassifiziert. Dabei konnte der relative Anteil des durch den Flughafen Tegel und
diversen Sportstätten verursachten Lichtsmogs auf etwa 10% eingeschränkt
werden. Im Folgenden wird versucht, den Lichtsmog von Privathaushalten
und der Öffentlichen Hand absolut abzuschätzen. Als Unsicherheit bleibt
dann noch der von Privatbetrieben (Ladengeschäften, Reklametafeln etc.)
und dem Straßenverkehr ausgehende Lichtsmog.
Quantitative Abschätzung des Lichtsmogs der Privathaushalte
Die Anzahl der Privathaushalte in Berlin betrug im Jahr 2011 1.990.000, davon waren eine Millionen Single-Haushalte. Geht man davon aus, dass pro
Single-Haushalt im Schnitt eine Lampe von 100 Watt Leistung und 100 Lumen W −1 Effizienz betrieben wird in der aktiven Zeit am Abend und für
3.2. ANTHROPOGENER LICHTSMOG UND LICHTSMOGMODELLE25
die anderen Haushalte 2,5 solcher Lampen, gelangt man auf ca. 34,75 Milliarden Lumen, wovon jedoch nur ein Teil nach draußen gelangt. Bei einem
durchschnittlichem Abstand der Lampe von drei Metern zu einem drei Qua1
dratmeter großem Fenster, würden davon ca. 4·π
nach Außen gestrahlt. Alle
Privathaushalte würden somit zusammen 2,765 Milliarden Lumen Lichtsmog
erzeugen. Diese Schätzung dürfte eher eine Obergrenze sein da nicht jeder
Haushalt gardinenlose Fenster besitzt. Berücksichtigt man dies, indem man
annimmt, dass 50% aller Haushalte Gardinen verwenden, die 50% des Lichts
transmittieren, entfallen noch 2,074 Milliarden Lumen Lichtsmog auf die Privathaushalte zurück (593 Lumen pro Kopf). Davon gelangt wiederum nur ein
Bruchteil nach oben, da die horizontale Komponente typischerweise von der
gegenüber liegenden Hauswand reflektiert wird (siehe Abbildung 3.5). Daher
ist mit einem nach oben gerichteten Lichtstrom von ca. 10% davon zu rechnen, das heißt 207 Millionen Lumen oder 59 Lumen pro Einwohner. Man
kann auch die Abbildung 3.5 als Lichtsmogmodell für eine außen angebrachte
Reklametafel betrachten. Von ihrem Lichtstrom gelangt auch etwa 10% nach
1
weg, d.h. pro angebrachtes Watt wird
oben, jedoch fällt bei ihr der Faktor 4·π
von ihr etwa 13-mal mehr Lichtsmog erzeugt als von einer innen betriebenen
Lampe.
Quantitative Abschätzung der öffentlichen Beleuchtung Berlins
Für die öffentliche Straßenbeleuchtung Berlins werden im Ostteil der Stadt
vorwiegend Natriumdampflampen, im Westteil dagegen Leuchtstofflampen
eingesetzt wobei durchgehend Dreibandenlampen verwendet werden. Die verwendeten Lampen haben größtenteils Lichtausbeuten, die zwischen 70 und
150 Lumen W−1 liegen (Jungk (2012)).
Der Energiebedarf der Öffentlichen Beleuchtung Berlins beträgt etwa 75
GWh a−1 (alles-ausschreibungen.de KHI GmbH (2009)), was einer durchschnittlichen Leistung von 17,1 MW für die Zeit der Nacht (12 Stunden pro
Tag) entspricht. Laut Auskunft des Energiekonzerns Vattenfall, der als „Manager der Öffentlichen Beleuchtung“von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bau und Umwelt mit der Betriebsführung der Straßenbeleuchtung
Berlins beauftragt ist, beträgt die (vorgegebene) durchschnittliche Beleuchtungsstärke der öffentlichen Straßen Berlins 5-6 Lux. Das beleuchtete Straßennetz hat dabei eine Ausdehnung von 5500 Kilometern Länge mit einer
durchschnittlichen Breite von 9 Metern (ebenfalls Jungk (2012)). Der Bruttolichtstrom der Öffentlichen Straßenbeleuchtung Berlins beläuft sich dann
bei Annahme eines durchschnittlichen Rückstrahlvermögens der Straßen von
0,15 auf 1,815 Milliarden Lumen, wofür bei einer Lichtausbeute von (110±40)
lm W−1 etwa 16,5 MW benötigt würden. Die übrig gebliebenen 0,6 MW (4%
26
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
20 °
70 °
22 m
Fenster
70°
α = 0.15
30 m
Abbildung 3.5: Schematische Darstellung eines typischen Berliner Straßenquerschnitts mit eingezeichneter Lichtsmogquelle aus einem Privathaushalt
oder auch einer Reklametafel. Die Berliner Traufhöhe beträgt 22 Meter, die
Straßenbreite wird mit 30 Metern angenommen. Der Winkel β beträgt etwa
63-81◦ für hb zwischen eins und drei. Der nach oben gerichtete Anteil beträgt
dann durchschnittlich: 21 · (1 + 0, 15) · (1 − cos β2 ) ≈ 0, 1; mit β = arctan( 2·b
)
h
3.2. ANTHROPOGENER LICHTSMOG UND LICHTSMOGMODELLE27
des Energiebedarfs der öffentlichen Beleuchtung) dürften für die öffentliche
Gebäudeillumination verwendet werden. Der von den öffentlichen Haushalten
verursachte, nach oben gerichtete Lichtsmog würde somit in der Größenordnung von (479 ± 66) Millionen Lumen liegen, was etwa 137 Lumen pro
Einwohner entspricht.
Insgesamt beträgt somit der nach oben gerichtete Gesamtlichtstrom verursacht von privaten und öffentlichen Haushalten in Berlin in etwa 686 Millionen Lumen oder 196 Lumen pro Einwohner. Dieser stimmt erstaunlich
gut mit dem aus der Garstangzahl erhaltenen Wert überein.
28
KAPITEL 3. LICHTQUELLEN AM NACHTHIMMEL
Kapitel 4
Lichtausbreitung in der
Atmosphäre
Das Leben der Photonen in der Atmosphäre ist bestimmt von ständigen
Streuprozessen. Die Stärke der Streuung ist dabei abhängig von der optischen Dicke der Atmosphäre in dem betreffenden Wellenlängenbereich. Diese
ist proportional zum Streuquerschnitt (der Effizienz der Streuung) und der
Teilchenzahl des Streumaterials in der betrachteten Luftschicht. Prinzipiell
wird zwischen zwei Hauptarten der Lichtstreuung unterschieden: Streuung an
Teilchen, die klein sind, und Streuung an Teilchen, die groß sind im Vergleich
zur Wellenlänge des Lichtes.
4.1
Streuung an Luftmolekülen
Da Luftmoleküle typische Abmessungen in der Größenordnung von 10−10
m haben, sind die Wellenlängen des sichtbaren Lichts etwa Tausend mal so
groß, und es kann inkohärente Streuung angenommen werden. Die Hauptbestandteile der Troposphäre stellen die zweiatomigen, symmetrischen Moleküle Stickstoff und Sauerstoff. Durch einfallende elektromagnetische Strahlung
(Licht) entsteht in einem Molekül ein elektrisches Dipolmoment p, das intern dadurch ausgeglichen wird, so dass sich die atomaren Ladungen um
etwa einen Moleküldurchmesser voneinander entfernen. Die Polarisierbarkeit
des Moleküls ist daher durch sein Volumen V bestimmt. Das Dipolmoment
schwingt mit der gleichen Frequenz ω wie das eintreffende Licht und strahlt
nach Heinrich Hertz die Leistung Pem ab:
Pem =
ω 4 · p2
6 · π · 0 · c3
29
30
KAPITEL 4. LICHTAUSBREITUNG IN DER ATMOSPHÄRE
Das Verhältnis der Abstrahlungsleistung zur Intensität I der einfallenden
Lichtwelle (I = c·0 E 2 ) wird als Streuquerschnitt σ bezeichnet und berechnet
sich angenähert:
V2
P
=
σstreu =
(4.1)
I
6 · π · c4 · λ4
Dass das Licht je nach seiner Frequenz unterschiedlich stark gestreut wird,
kann man an der Farbe des sonnenbeschienen Himmels erkennen: Blaues
Licht wird etwa 16-mal so stark gestreut wie rotes.
Die Winkelabhängigkeit der Rayleigh-Streuung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Dipol bevorzugt in seiner Äquatorebene abstrahlt, die parallel
zur Richtung des einfallenden Lichtes liegt. Dabei wird in die Vorwärts- wie
Rückwärtsrichtung gleichermaßen Licht gesendet. Für die Winkelabhängigkeit der Rayleigh-Streuung gilt dann die Phasenfunktion:
Prayleigh (θ) =
3
· (1 + cos(θ)2 ),
16 · π
(4.2)
wobei θ den Winkel zwischen einfallender und ausgehender Strahlung bezeichnet.
Mit Hilfe des Streu- und des Absorptionsquerschnitts kann man nun die
Schwächung des Lichtes bei seinem Weg durch die Atmosphäre berechnen.
4.1.1
Lichtschwächung
Die Abschwächung eines Lichtstrahles einer bestimmten Wellenlänge beim
Durchstrahlen eines absorbierenden und streuenden Mediums (wie der Luft)
ist proportional zur durchstrahlten Masse und zur Intensität der Strahlung:
dIλ = −Iλ · σλ · N · ds,
mit σλ = σstreu + σabs dem spektralen Massenextinktionskoeffizienten, N der
Teilchenzahldichte, und ds der Weglänge.
Für die Strahlungsintensität gilt dann nach dem Durchlaufen einer Schicht
der Dicke l:
Iλ = I0 · e−σλ ·N ·l = I0 · e−τ
(4.3)
Die Größe τ = σλ · N wird optische Dicke der Extinktion genannt. Vernachlässigt man die Absorption der Luft und nimmt einen mittleren Streuquerschnitt für den gesamten Wellenlängenbereich an, dann ist σλ = σstreu =
σR = 4, 6 · 10−31 m2 für Licht der Wellenlänge 550 nm (Garstang (1986)).
4.1. STREUUNG AN LUFTMOLEKÜLEN
4.1.2
31
Helligkeitsfunktion für die nicht bewölkte Atmosphäre
Bei Annahme einer konstanten Mitteltemperatur der Atmosphäre nimmt die
Luftdichte wie der Luftdruck exponentiell mit der Höhe z ab. Das gleiche
gilt für die Anzahl der Moleküle pro Kubikmeter, für die nach der idealen
Gasgleichung gilt:
−
z
p(z) · V
p0 · e H 0 · V
− z
N (z) =
=
= N0 · e H0 ,
k·T
k·T
mit H0 = 8431 m der Skalenhöhe der Atmosphäre (bei einer Mitteltemperatur T von 288 K), k =1,3807·10−23 J K−1 der Boltzmann-Konstante und
N0 =2,55 ·1025 m−3 .
Für die optische Dicke der Strecke bis zur Höhe h (siehe Abbildung 4.1)
gilt dann:
Z r
x
−
− h
τ↑ (r, ζ) = σR · N0 ·
e H0 ·tan(ζ) dx = κ · r · (1 − e H0 )
0
mit κ = σR · N0 , r dem Abstand der Lichtquelle vom Beobachter und h
der Höhe über ihm. Die optische Dicke der Strecke des im Zenit nach unten
gestreuten Lichts beträgt:
− Hh
τ↓ (h) = κ · H0 · (1 − e
0
)
Die Skizze in Abbildung 4.1 soll ein einfaches Modell der Lichtausbreitung
veranschaulichen, wenn keine Bewölkung vorhanden ist und nur molekulare
Lichtstreuung erfolgt. Ein Lichtquelle in der Entfernung x bei L sendet unter
einem Zenitwinkel von ζ gemäß ihrer Abstrahlcharakteristik Ψ(ζ) einen Teil
ihres Lichtes aus. Entlang des Weges l wird es durch Rayleigh-Streuung geschwächt und im Zenit des Beobachters bei O in der Höhe h senkrecht nach
unten gestreut.
Der Streuwinkel beträgt dabei π − ζ, mit ζ = arctan( hr ). Die Leuchtdichte
im Zenit des Betrachters beträgt dann (vergleiche mit Glg. 17 in Garstang
(1986)):
Z ∞
H
I0
Ψ(ζ) 3 · (1 + cos2 (π − ζ)) −(τ↑ (r,ζ)+tau↓ (h))
− Hobs
b(I0 , r) =
·κ·e 0 ·
·
·e
dh,
2·π
(r2 + h2 )
16 · π
0
(4.4)
wobei I0 der Lichtstrom der Quelle in Lumen ist, H0bs die Höhe des Beobachters und b die Flächenhelligkeit in cd m−2 .
32
KAPITEL 4. LICHTAUSBREITUNG IN DER ATMOSPHÄRE
z
x
π-ζ
ζ
l
h
ζ
O
r
L
Abbildung 4.1: Skizze des Lichtweges von einer Quelle bei L zum Zenit
des Beobachters bei O ohne vorhandene Bewölkung. Die Entfernung der
Lichtquelle zum Beobachter beträgt r.
4.2. EINFACHE FUNKTION DER MONDHELLIGKEIT
4.2
33
Einfache Funktion der Mondhelligkeit
Erklären lässt sich die Helligkeit des Mondlichtes als Produkt aus der Schwächung des Mondlichtes entlang seines Weges durch die Atmosphäre und
Rayleigh-Streuung im Zenitbereich zum Beobachtungsort.
1
ΨM (ζ) ≈ PR (ζ) ∗ e1− cos(ζ) ,
(4.5)
mit dem Zenitwinkel des Mondes ζ und der Phasenfunktion der RayleighStreuung PR (ζ).
4.3
Streuung an Wolkentröpfchen, Regentropfen
Obwohl das Volumen des Wasseranteils von Wolken am Gesamtvolumen in
der Größenordnung von 10−6 liegt, erscheinen sie von außen betrachtet quasi
undurchdringlich. Dennoch sind Wolken perfekte Lichtstreuer: Der Anteil der
Streuung an der Extinktion (die Einfachstreualbedo) ist vom Ultravioletten
bis zum nahen Infrarotbereich sehr nahe an eins, quasi alles auf sie eintreffende Licht wird gestreut. Erklären lässt sich dies damit, dass das Wasser
in den Tröpfchen, aus denen die Wolke besteht, das Licht kohärent streut.
Der Durchmesser eines typischen Wolkentröpfchens liegt in der Größenordnung von einigen Mikrometern, ist also mehr als zehn Mal so groß wie eine
Lichtwellenlänge.
Die Reflektanz einer Wolke ist vor allem abhängig von ihrer optischen Dicke und von ihrem effektiven Tröpfchenradius (von der Häufigkeitsverteilung
der Tröpfchenradien). Eine berechnete Funktion der Wolkenreflektanz ist in
Abbildung 4.2 zu sehen: Man erkennt eine anfangs steile, dann asymptotische
Zunahme der Reflektivität mit der optischen Dicke und eine relativ geringe
Variation mit dem effektiven Tröpfchenradius. Dabei nimmt die Reflektivität mit größerem Tröpfchenradius ab, Tröpfchen unter 4 µm streuen dabei
besonders effektiv.
Bei optischen Dicken, die unter fünf liegen, spricht man von dünnen Wolken.
Regentropfen haben eine Größe in der Ordnung von einem Millimeter,
sind also etwa 10.000 mal größer als eine Lichtwellenlänge. Auch sie streuen
Licht wie man aus der Beobachtung von Regenbogen sehen kann. Jedoch ist
die Effizienz ihrer Streuung nicht so hoch wie bei den kleinen Wolkentröpfchen.
34
KAPITEL 4. LICHTAUSBREITUNG IN DER ATMOSPHÄRE
ALGORITHM THEORETICAL BASIS DOCUMENT, OCTOBER 1996
16
1.0
b) 1.62 µm band
Reflection Function
a) 0.65 µm band
0.8
0.6
= 1 µm
0.4
= 4 µm
= 6 µm
0.2
=10 µm
=20 µm
0.0
1.0
Reflection Function
d) 3.72
c) 2.14
band Dicke und
Abbildung
4.2: µm
Dieband
Wolkenreflektion als Funktion
der µm
optischen
des effektiven
Radius der Wolkentröpfchen für Licht der Wellenlänge 0,65 µm.
0.8
Aus: King u. a. (1997, Figure 5a)
0.6
4.4
0.4
Streuung an der Erdoberfläche
Eine stark erhöhte Bodenalbedo kann sich ergeben, wenn nach Schneefall
eine0.2
geschlossene Schneedecke liegen geblieben ist. Die aus Messungen und
theoretischen Untersuchungen ermittelte Reflektion von (frischem) Schnee
liegt0.0
im Sichtbaren
sehr nahe an eins (siehe Abbildung 4.3).
0
5 10 15 20 25 30 35 40
0
5 10 15 20 25 30 35 40
In Abbildung
ist einThickness
eindimensionales Modell
dargestellt,
beEffective4.4
Optical
Effective
Opticaldas
Thickness
schreibt wie sich Licht durch Mehrfachreflexion zwischen einem bewölktem
Figure 5. Reflection function as a function of effective optical thickness at a visible
Himmel und einem
Boden mit nicht zu vernachlässigender Albedo fortpflanwavelength for (a) 0.65 µm, (b) 1.62 µm, (c) 2.14 µm, and (d) 3.72 µm.
zen kann.
is important
around 4.3
µmLicht
and von
at wavelengths
component).
CO2 absorption
Bei Vorhandensein
einer geschlossenen
Wolkendecke
wird
der
Quelle an die Wolkenunterseite (mit Reflektionsgrad R) in den Zenit des Begreater than about 13 µm; the MODIS bands in these spectral regions can indicate
obachters gestrahlt, dort reflektiert, und gelangt so nach zweimaliger Transmission
die of
Atmosphäre
wieder nach unten. Je nach Höhe der Albedo
verticaldurch
changes
temperature.
α wird ein Teil davon erneut nach oben an die Wolke gestreut, wo wiederFigure
shows
thenach
reflection
function
as a function
of optical
thickness and
um ein
Teil 5davon
(R)
erneuter
zweimaliger
Transmission
nach unten
gelangt, etc. Somit erhält man für die gesamte nach unten gelangende Straheffective radius for the MODIS Airborne Simulator bands used in cloud retrieval
lung, wenn die Stärke der Lichtquelle als Einheit genommen wird:
validation studies. Calculations were performed using the optical constants of
k
,
F↓ (α) = R · T 2 + α · R2 · T 4 + α2 · R3 · T 6 + ... =
liquid water compiled by Irvine and Pollack (1968), together
1 − α with
· k the assumption
that the
reflectance
Ag = (α
0.0.= 0)
Asnach
previously
noted, the optiwobei
k =underlying
R · T 2 der surface
Teil ist, der
ohne Albedo
unten gelangen
würde.
cal thickness of a cloud depends on wavelength as well as the cloud particle size
distribution ( ), as reflected in the effective radius [see King et al. (1990) for an
illustration of the spectral dependence of ! , , and ! "]. In order to compare the
4.4. STREUUNG AN DER ERDOBERFLÄCHE
35
Abbildung 4.3: Gemessene (Punkte) und theoretisch ermittelter Reflexionsgrad (Linien für verschiedene Korngrößen in mm) von Schnee im Sichtbaren und Infraroten. Aus: Craig F. Bohren (2006, S. 272).
Die verstärkende Wirkung der Rückstreuung durch einen Boden mit einer
höheren Albedo α im Vergleich zu einem der Albedo β erhält man aus dem
Verhältnis:
k
1−β·k
F↓ (α)
= 1−α·k
=
δ=
k
F↓ (β)
1−α·k
1−β·k
Die maximal mögliche Verstärkung ergibt sich, wenn man für α = 1 und
β = 0 setzt:
1
δ=
(4.6)
1−k
Die für kreisförmige Gebiete verschiedener Radien gemittelte Bodenreflektivität in der Umgebung des Instituts für Meteorologie in achttägiger Auflösung für die Jahre 2010 und 2011 ist in Abbildung 4.4 dargestellt. Deutlich
zu erkennen ist die erhöhte Albedo in den Wintern 2010 und 2010/2011, im
Gegensatz zu den niedrigen Werten im übrigen Jahr. Während dieses Zeitraumes schwankte die gemessene Albedo zwischen minimal 0,02 und maximal
0,39. Da es in Berlin im Winter Perioden gibt, in denen der Himmel über ein
Zeitraum von mehr als acht Tagen durchgehend bedeckt bleibt, gibt es Zeiten,
an denen die Albedomessung fehlt. Diese sind in der Grafik eingetragen.
36
KAPITEL 4. LICHTAUSBREITUNG IN DER ATMOSPHÄRE
R
z
x
h
ζ
O
α
L
Abbildung 4.4: Skizze des möglichen Lichtweges von einer Lichtquelle bei L
zum Zenit bei O unter Berücksichtigung der Bodenalbedo α und des
Reflektionsgrades der Wolke R.
4.4. STREUUNG AN DER ERDOBERFLÄCHE
37
0.4
2010
0.2
0.0
0.1
Albedo
0.3
3 km
5 km
10 km
20 km
fehlt
−30
30
90
150
210
270
330
390
450
270
330
390
450
0.2
0.0
0.1
Albedo
0.3
0.4
2011
−30
30
90
150
210
Tag im Jahr
Abbildung 4.5: Über 16 Tage gemitteltes Rückstrahlvermögen des Erdbodens
in der Umgebung des Meteorologischen Instituts der Freien Universität Berlin
in den Jahren 2010 und 2011. Dargestellt sind Albedomedianwerte von
Kreisflächen mit Radien von 3km, 10km, 30km und 300km, fehlende Werte
sind auf der Abszisse rot markiert.
38
KAPITEL 4. LICHTAUSBREITUNG IN DER ATMOSPHÄRE
Kapitel 5
Nachthelligkeitsmessungen in
Berlin
In dieser Arbeit wird der in der Astronomie definierte Begriff der Nacht
verwendet, das heißt, es ist Nacht, wenn sich die Sonne am Beobachtungsstandort mindestens 18 Grad unter dem Horizont befindet.
5.1
Das Sky Quality Meter
Im Rahmen der MILIEU-Studie des Fachbereichs für Geowissenschaften der
Freien Universität Berlin und des vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung geförderten Projekts "Verlust der Nacht"wurde im Dezember 2009
damit begonnen, die Flächenhelligkeit des nächtlichen Himmels über Berlin
zu dokumentieren.
Bei den dafür verwendeten Geräten handelt es sich um ”Sky Quality Meter” der Firma Unihedron, ein bereits häufig benutztes Instrument zur Untersuchung der Nachthelligkeit (Biggs u. a. (2012), Kyba u. a. (2012), Lolkema
u. a. (2010), Pun u. So (2012), Kyba u. a. (2011)). Auch sind die Instrumente
bei Astronomen beliebt, da sich aus der gemessenen Himmelshelligkeit bzw.
-dunkelheit präzise abschätzen lässt, welche Sterne oder Deep-Sky-Obkekte
voraussichtlich beobachtbar sein werden, oder auch wie hoch der Beobachtungsaufwand dafür sein würde.
Das Sky Quality Meter besteht aus einer 0,9 mm2 großen hochempfindlichen Siliziumphotodiode, deren Ausgabestromstärke in eine Wechselspannung gewandelt wird. Die Frequenz der Wechselspannung ist proportional
zur Intensität der einfallenden Lichtmenge und ist gegeben durch:
f0 = fD + Re ∗ Ee ,
39
(5.1)
40
KAPITEL 5. NACHTHELLIGKEITSMESSUNGEN IN BERLIN
f0 : die Ausgabefrequenz, fD : die Dunkelstromfrequenz
Re : die Empfindlichkeit in kHz µW−1 cm2
Ee : die einfallende Strahlung in µW cm−2
Die Empfindlichkeit des Sensors ist im Einsatzbereich (-25◦ C bis +70◦ C)
nahezu temperaturunabhängig, der Temperaturkoeffizient beträgt laut Herstellerangabe 200 ppm ◦ C−1 . Die geringe Temperaturabhängigkeit der Messwerte wird mit Hilfe eines Temperatursensors und eines Mikrocontrollers im
Gerät kompensiert.
Re beträgt im Sensitivitätsmaximum (bei grün-gelbem Licht einer Wellenlänge von 524 nm) 2,3 kHz µW−1 cm2 TAOS Inc..
Der erwähnte Microcontroller integriert die Messwerte (die Schwingungen) eine Sekunde lang, die Integrationszeit kann bis auf 8 Sekunden erhöht
werden. Diese Werte können über ein Ethernetkabel auf einen Rechner übertragen, zu minütlichen Werten gemittelt und gespeichert werden.
Das Spektrum des Lichts, auf das die Photodiode empfindlich reagiert,
erstreckt sich über die Wellenlängen-Bandbreite von 320 nm (ultraviolett)
bis 1050 nm (nahes Infrarot).
Damit das Gerät nur das vom Menschen wahrnehmbare Licht misst und
um die spektrale Empfindlichkeit des Sensors dem menschlichen Farbempfinden anzupassen, ist zusätzlich ein Filter (Hoya CM-500) angebracht. Die
resultierende gemessene Empfindlichkeitskurve ist in Abbildung 5.1 zusehen.
Der Halbwertswinkel des SQM beträgt 10◦ . Bei klarem Himmel werden
Lichtquellen (zum Beispiel Sterne), die sich in einem Winkelabstand von
10◦ , 20◦ und 40◦ von der optischen Achse (also der Senkrechten im Operationsbetrieb) befinden, vom SQM 0,75 Magnituden, 3,0 Magnituden bzw. 5,0
Magnituden schwächer registriert gegenüber ihrem Wert direkt auf der Achse
Unihedron.
5.2
Der Ort der Messung
Das Sky Quality Meter befindet sich auf dem Dach des Neubaus des Meteorologischen Instituts im Carl-Heinrich-Becker-Weg 6-10 im Ortsteil Steglitz im
Bezirks Steglitz-Zehlendorf im Südwesten Berlins. Der Flächenschwerpunkt
Berlins liegt in 8 km Entfernung im Nordosten, Potsdams Zentrum liegt in
etwa 18 km im Südwesten. Die Distanz zum Berliner S-Bahnring, innerhalb
dem sich die Einwohnerdichte konzentriert, beträgt zwischen 2,5 km und 13
km. Die kürzeste Entfernung zur Stadtgrenze beträgt nach Süden 6 km, nach
Nordosten dagegen 22 km.
In einem Gesichtskreis von Nordnordwest bis Ost liegt in unmittelba-
00
5.2. DER ORT DER MESSUNG
800
sponsivity
d line) and
Fig. 9.— Measured SQM responsivity (squares)
Abbildung
Gemessene
und berechnete spektrale Empfindand
calculated5.1:
SQM
responsivity(Quadrate)
(line).
lichkeitskurve (gestrichelte Linie) der TAOS-Photodiode hinter dem HoyaFilter im Sky-Quality-Meter. Aus: Cinzano (2005, Fig. 9).
sponsivity
rays in reclined rays
he normal-
rer Entfernung eine hohe Einwohnerdichte vor, die etwa dem Durchschnitt
innerhalb des Berliner S-Bahnringes entspricht. In den Blickrichtungen von
Nordnordwest bis Südsüdwest dagegen ist die Einwohnerdichte in nächster
Umgebung gering bis sehr gering, und es ist daher aus diesen Richtungen
mit sehr geringem Lichtsmog zu rechnen. So beginnt in westlicher Richtung
bereits nach 3 km der Grunewald, ein rund 3000 ha großer Stadtforst. Erst
jenseits des Grunewalds in über 8,5 km Entfernung befinden sich die Berliner
Ortsteile Gatow und Kladow, die zusammen gerade 17.768 Einwohner haben
(siehe Tabelle in 5.2). Im Nordwesten liegt in etwa 10,5 km Entfernung Spandau, dessen Einwohnerdichte ungefähr der des Bezirks Steglitz-Zehlendorf
ungefähr entspricht.
Fig. 10.— Response of the LPLAB’s Low-LightDie durchschnittliche Einwohnerdichte der den Standort des Messgerätes
Level Spectral Responsivity Calibration Standard.
umgebenden Bezirke Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und
Tempelhof-Schöneberg beträgt nur etwa 46% des Durchschnitts der zentralen
Gebiete Berlins.
In Abbildung 5.2 ist eine Karte der Einwohnerdichte Berlins aus dem
Jahr 2010 zu sehen. Man erkennt deutlich die Bevölkerungskonzentration innerhalb des S-Bahn-Ringes: Diese ist dort etwa 3,8 mal so hoch wie außerhalb
davon.
Die Verteilung der Lichtquellen bei Nacht in Berlin und Brandenburg ist
auf einer digitalen Fotografie (siehe 5.4), die 2012 von der Internationalen
(2)
(3)
the glass
(FWHM)
decreases
uently, the
lized spechere Sλ is
large field
ith a wide
ve spectral
pectral re) weighted
g.3 and by
l radiance
θ, φ):
dθ dφ
dφ
41
. (4)
5
42
KAPITEL 5. NACHTHELLIGKEITSMESSUNGEN IN BERLIN
Abbildung 5.2: Karte der Einwohnerdichte Berlins des Jahres 2010,
der Messstandort ist mit einem Kreis markiert. Aus: Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt (2010)
Weltraumstation (ISS) aus gemacht wurde, gut zu erkennen. Die zentralen
Gebiete Berlins sind dabei deutlich heller erleuchtet als die Randgebiete.
5.3
Die synoptischen Beobachtungen an der Wetterstation 10381
Zur Verifizierung des herrschenden Wetters zu den Messzeitpunkten wurden die Beobachtungseinträge der von Studenten betriebenen und sich in
unmittelbarer Nähe zum Standort des SQM befindlichen Wetterstation herangezogen. Neben den kontinuierlichen physikalischen Messungen des Luftdrucks, der Temperatur, des Wind etc. werden dort stündlich rund um die
Uhr Wolkenart, -höhe und -bedeckungsgrad, Sichtweite und der Wetterzustand festgestellt. Um die Gleichzeitigkeit zu gewährleisten, wurden nur die
während des routinemäßig stattfindenden Beobachtungstermins (stündlich
von hh:40 bis hh:50) gemessenen Helligkeitswerte ausgewählt und als 10Minuten-Mittelwert verwendet.
5.3. DIE SYNOPTISCHEN BEOBACHTUNGEN AN DER WETTERSTATION 1038143
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Abbildung 5.3: Berechnung der Einwohnerdichte pro Quadratkilometer für im
Text genannte Bezirke und Ortsteile Berlins. Von: Amt für Statistik BerlinBrandenburg (2012)
44
KAPITEL 5. NACHTHELLIGKEITSMESSUNGEN IN BERLIN
Abbildung 5.4: Ausschnitt einer Fotografie Berlins bei Nacht vom Orbit
der ISS aus, aufgenommen von Andre Kuipers am 5. April 2012, das Bild
wurde genordet. Im unteren Bildausschnitt ist der Standort des SQM durch
einen weißen Kreis angedeutet. Von: Kuipers (2012)
5.4
5.4.1
Die Albedomessung
Die Satellitenorbits von Terra und Aqua
Um zu untersuchen, ob und wie sehr das Rückstrahlvermögen des Bodens
Auswirkungen auf die nächtliche Himmelshelligkeit hat, wurden Satellitendaten des Erdbeobachtungssystems (EOS) der NASA verwendet. Dabei handelt es sich um Daten der Spektroradiometer MODIS und MISR, die sich auf
den Erdbeobachtungssatelliten Terra und Aqua befinden. Diese wurden am
18. Dezember 1999 bzw. am 4. Mai 2002 gestartet und auf polare, sonnensynchrone und kreisförmige Umlaufbahnen mit gleicher Inklination (98◦ ) in
eine relativ niedrige Höhe von ca. 700 km (”Low Earth Orbit”) gebracht.
Dadurch dass die Rektaszension der aufsteigenden Knoten der Orbits der
beiden Satelliten etwa drei Achtel Umdrehungen Abstand voneinander haben
(133,5◦ ) und die Umlaufszeit ca. 1,5 h (98,88 min) beträgt, überqueren sie den
gleichen Punkt am Äquator in einem zeitlichen Abstand von etwa 3 Stunden
und das in entgegengesetzter Flugrichtung.
So überquert Satellit Terra den Äquator von Nord nach Süd täglich um
10:30 Uhr Weltzeit vormittags (N.A.S.A. (a)), Aqua dagegen von Süd nach
Nord um 13:30 Uhr nachmittags.
5.4. DIE ALBEDOMESSUNG
45
Mit dieser Bahnkonstellation wurde sicher gestellt, dass mithilfe beider
Satelliten die Erdoberfläche unter verschiedenen Beleuchtungsszenarien betrachtet werden kann: Einmal beleuchtet die Sonne von Osten und einmal
von Westen her das Sichtfeld. An einem Tag umlaufen die beiden Satelliten
14,5625 Mal die Erde, das sind nach 16 Tagen 233 ganze Umläufe. Nach dieser Zeit wiederholen sich die Satellitenorbits relativ zu einem Punkt auf der
Erde wieder.
5.4.2
Die Instrumente MODIS und MISR
Beide Instrumente sind reine Passivsensoren; jeweils eine Ausführung von
MODIS befindet sich auf beiden Satelliten, das ergänzende MISR-Gerät ist
jedoch nur auf Terra vorhanden. Das MODIS-Instrument besteht aus einem
afokalen Gregory-Teleskop mit schiefem Strahlengang und hat eine Öffnungbreite von 17,8 cm. Mit Hilfe eines sich drehenden Abtastspiegels (20,3 Umdrehungen pro Minute) wird ein vom Satelliten im Orbit 110◦ (die Zenitwinkel
von -55◦ bis +55◦ abdeckend) lang erscheinender Streifen quer zur Flugbahn
erfasst, der auf der Erde 2300 km misst.
Der Spiegel hat eine Größe von 60 cm mal 20 cm und ist auf beiden
Seiten verspiegelt. Da sich nach einer halben Spiegeldrehung (1,477 Sekunden) der Satellit (vom Erdmittelpunkt aus gesehen) um 5,4 Winkelminuten,
entsprechend 10 km auf der Erdoberfläche, weiterbewegt hat, muss dieser
Entfernung auch gerade die gescannte Streifenbreite entsprechen, um keine
Lücken im Abbild zu bekommen. (Barnes u. a. (1998)).
Die eintretende elektromagnetische Strahlung wird auf ein Objektiv für
sichtbares Licht (”VIS” von 0,4 bis 0,6 µm) und auf drei Objektive für infrarotes Licht aus den Bereichen von nahem (”NIR” von 0,6 bis 1,0 µm) über
mittleres (”SWIR/MWIR” von 1,0 bis 5,0 µm) bis zu langwelligem Infrarot
(”LWIR” von 5,0 bis 15,0 µm) (Schaaf u. a. (2002)) verteilt. Der gesamte
von MODIS erfasste Spektralbereich umfasst 36 Spektralbänder, die radiometrische Empfindlichkeit beträgt 12 Bit. Die räumliche Auflösung beträgt
nominell je nach Sensor 250 m, 500 m und 1000 m. Um den 10 km breiten
Scanstreifen abzudecken, gibt es dementsprechend entweder 40, 20 oder 10
Kanäle pro Sensor. Für die hier interessierende Albedoerfassung werden die
Bänder 1, 3 und 4 aus dem VIS-Bereich benutzt, die den Farben Rot (620 670 nm), Blau (459 - 479 nm) und Grün-Gelb (545 - 565 nm) entsprechen.
Ihre räumliche Auflösung beträgt 250 m, 500 m und 500 m.
Bei dem sich auf Aqua befindlichen MISR-Instrument handelt es sich um 9
digitale CCD-Kameras gleicher Bauart, die entlang der Flugbahn unter neun
unterschiedlichen Zenitwinkeln auf die Erdoberfläche blicken. Eine Kamera
ist auf den Nadir ausgerichtet und jeweils zwei Kameras auf die Nadirdi-
46
KAPITEL 5. NACHTHELLIGKEITSMESSUNGEN IN BERLIN
Abbildung 5.5: Die Bestandteile des MODIS-Instruments. Aus:
N.A.S.A. (b)
stanzwinkel 19,5◦ , 30◦ , 44.4◦ und 63,9◦ nach vorne bzw. nach hinten. Durch
stetiges Fotografieren wird so jeder Punkt auf der auf die Erde projizierten
Flugbahn im Sichtbereich der Kameras von ihm aus betrachtet unter den Zenitdistanzwinkeln 85,3◦ , 50,9◦ , 33,7◦ , 21,7◦ und 0◦ (senkrecht) aufgenommen.
Es dauert etwa 7 Minuten bis ein Pixel von allen neun Kameras erfasst wurde; damit können nahezu konstante Beleuchtungsverhältnisse angenommen
werden.
5.4.3
Das Albedoprodukt MODIS BRDF/Albedo
Die verwendeten Daten (Produktbezeichnung ”MOD43”) sind im Internet
nach vorheriger Registrierung frei zugänglich und können heruntergeladen
werden, vorausgesetzt man verfügt über den benötigen Speicherplatz (U.
S. Geological Survey (2012)). Da der Datensatz die gesamte Erde abdeckt
und als Ganzes für eine sinnvolle Weiterverarbeitung zu groß ist, wird er in
460 einzelne ”Kacheln” ( englisch: ”Tiles”) geografisch gleich großer Gebiete
unterteilt. Für 289 von ihnen ist eine Albedobestimmung sinnvoll, da sie
Landgebiete zumindest zum Teil beinhalten (Schaaf u. a., 2002, S. 136).
Um die Albedo, also das Lichtrückstrahlvermögen, eines Punktes der Erdoberfläche vom Satellitenorbit aus zu bestimmen, ist es nötig, seine Helligkeit
aus möglichst vielen unterschiedlichen Blickwinkeln in Abhängigkeit vom je-
5.4. DIE ALBEDOMESSUNG
47
weiligen Sonnenstand zu untersuchen. Um den genauen Weg der Strahlung
an der Oberfläche zu simulieren, werden drei verschiedene Modelle herangezogen, die zusammen das wahre ”Streuregime” ergeben sollen. Diese berücksichtigen folgende drei Fälle: Gleichförmige Streuung (”isometric scattering”), Streuung verursacht von homogener Bodenbedeckung wie etwa von
den Blättern der Baumkronen (”volumetric scattering”) und schließlich die
Schattenwirkung, wie sie von vereinzelt stehenden Objekten wie Bäumen etc.
verursacht werden können. Die Gewichte der verschiedenen Modelle werden
mittels Inversionen aus den gemessenen Strahlungswerten bestimmt. Außerdem muss der Einfluss der Atmosphäre (Aerosolbelastung) berücksichtigt
werden. Dies wird dadurch erreicht, dass zuerst die Reflektivitätsmessungen
eines Punktes (Pixels) bei festem Sonnenstand über die verschiedenen Blickrichtungen integriert werden, um eine ”Black-Sky”-Albedo zu erhalten. Diese
wird dann über alle Sonnenstandwinkel zur ”White-Sky”-Albedo integriert.
Der vom Sonnenstand und der optischen Dicke der Aerosole abhängige Anteil der diffusen Himmelsstrahlung wird als Gewicht benutzt, um die gesuchte
Albedo a als Summe aus ”White-Sky”- (aws ) und ”Black-Sky”-Albedo (abs )
zu erhalten:
a(θ, λ) = S(θ, τ (λ)) ∗ abs (θ, λ) + S(θ, τ (λ)) ∗ aws (λ)
(5.2)
mit θ der Sonnenzenitwinkel, τ die spektrale optische Dicke und S dem
Anteil des diffusen Himmelslichtes.
Für die Auswertung wurden 5027 Albedowerte aus einem Umkreis von
20 km Radius um den Standort des SQM gemittelt (siehe Abbildung 5.6).
KAPITEL 5. NACHTHELLIGKEITSMESSUNGEN IN BERLIN
52.2
52.3
52.4
Breitengrad
52.5
52.6
52.7
48
13 595067304906
12.8
13.0
13.2
13.4
13.6
13.8
Längengrad
Abbildung 5.6: Darstellung der verwendeten Pixel zur Ermittlung des
mittleren Albedowertes. Die Fläche entspricht einem Kleinkreis mit etwa
20 km Radius. Dargestellt ist die Stadtgrenze Berlins (durchgezogene Linie)
und der äußere Berliner Autobahnring (gepunktete Linie).
Kapitel 6
Datenanalyse
Im Folgenden sollen am Beispiel einer 27-monatigen nächtlichen Helligkeitsmessung die geophysikalischen Ursachen der nächtlichen Himmelshelligkeit
untersucht werden. Die Messungen umfassen den Zeitraum vom 17. Dezember 2009 bis zum 29. Februar 2012, also insgesamt 805 Nächte.
In Abbildung 6.2 ist eine Übersicht der verschiedenen astronomischen
und meteorologischen Bedingungen in dieser Zeit dargestellt. Der Zeitraum
der Nacht umfasst dabei 5465 Stunden, insgesamt wurden etwa 56 % davon
genauer ausgewertet.
Analysiert wurden alle Fälle an denen der Mond nicht aufgegangen war
und, um den Einfluss des Mondlichtes zu untersuchen, die Zeiten, an denen
keine Bewölkung gemeldet wurde, während der Mond sich über dem Horizont
befand.
Bis auf die nur im wöchentlichen Intervall vorliegenden Albedodaten wurden die minütlich vorhandenen Daten (Helligkeitsmessung, Ephemeriden von
Sonne und Mond) zu einem 10-Minuten-Mittelwert pro Stunde zusammen
gefasst. Dies ist nötig, um die Daten mit den Beobachtungen der Wetterwarte synchronisieren zu können, die immer (rund um die Uhr) zwischen 40
Minuten und 50 Minuten nach der vollen Stunde statt finden.
49
50
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Abbildung 6.1: Übersicht über die Anzahl der Stunden pro Tag, die in der
Datenauswertung verwendet wurden, im Verlauf des Untersuchungszeitraumes.
51
Für die obere Kreishälfte gilt: Mond ist aufgegangen
bedeckt: 3.8 %
mittlere Bewoelkung: 18.6 %
signifikantes Wetter: 21.6 %
Mond
aufgegangen
ïïïïïïïïïïïï
unterm
Horizont
keine Bewoelkung: 8.2 %
keine Bewoelkung: 5.2 %
signifikantes Wetter: 22.8 %
mittlere Bewoelkung: 15.8 %
bedeckt: 3.9 %
Abbildung 6.2: Gesamtaufkommen der verschiedenen meteorologischen und astronomischen Bedingungen während des Messzeitraumes.
52
6.1
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Lichtstreuung an Luftmolekülen und Aerosolen
Befinden sich keine Wolken am Himmel, wird Licht in der Atmosphäre an
Luftmolekülen und Aerosolen gestreut. In Abbildung 6.3 ist die Helligkeitsverteilung dargestellt für Zeiten, an denen weder Wolken gemeldet wurden,
noch an denen Schnee an der Station lag.
Die mittlere Helligkeit beträgt zu diesen Zeiten 19,2 M ag · ArcSec−2 ,
90% der Werte liegen im Intervall 18,9 - 19.4 Mag ArcSec−2 .
Eine Analyse des Einflußes einer Schneedecke auf die Himmelshelligkeit
bei nicht vorhandener Bewölkung ist schwierig, da zuwenig Daten vorhanden
sind: Nur an drei Zeitpunkten lag Schnee bei klarem Himmel. Die Werte sind
im unteren Teil von Abbildung 6.3 eingetragen.
6.1. LICHTSTREUUNG AN LUFTMOLEKÜLEN UND AEROSOLEN 53
Vielfaches der natürlichen Nachthelligkeit
19
18
17
16
15
14
30
60
90
MagArcSec−2
0
absolute Häufigkeit
20
10
100
1000
1
10
100
1000
1
0
absolute Häufigkeit
2
1
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.3: Häufigkeitsverteilung der Nachthelligkeit für den wolkenlosen Nachthimmel (Null Achtel Bedeckungsgrad) ohne eine vorhandene
Schneedecke (oben) und bei vorhandener Schneedecke (unten).
54
6.1.1
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Der mondlose Himmel
In Abbildung 6.4 ist die relative Häufigkeitsverteilung der mitternächtlichen
Himmelshelligkeit des mondlosen Himmels zu sehen, wobei unterschieden
wird, ob zur Beobachtungszeit Wettertätigkeit vorhanden war oder nicht.
Zwei deutlich getrennte Häufigkeitsspitzen sind zu erkennen, eine Spitze bei 16,5 Mag ArcSec−2 (12,5-Fache natürliche Helligkeit) und ein bei 19
Mag ArcSec−2 (125-Faches der natürlichen Helligkeit). Die Flanke zu den
dunkleren Werten fällt deutlich steiler ab als die zu den helleren.
Betrachtet man die die Häufigkeitsverteilung getrennt (die unteren beiden
Grafiken in 6.4), kann man die zugrunde liegende Verteilung verschiedenen
Bewölkungszuständen des Himmels bzw. Wetteraktivität zuordnen.
6.1. LICHTSTREUUNG AN LUFTMOLEKÜLEN UND AEROSOLEN 55
MagArcSec−2
19
18
17
16
15
14
100
300
alle Daten
ohne Wettertätigkeit
0
absolute Häufigkeit
500
20
1
10
100
1000
40
80 120
octa = 0
octa = 8
1 <= octa <= 7
0
absolute Häufigkeit
200
Kein signifikantes Wetter
1
10
100
1000
200
50 100
0
absolute Häufigkeit
Signifikantes Wetter
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.4: Häufigkeitsverteilung der Nachthelligkeit ohne Mondeinfluß (oben), die Extremwerte sind durch Linien markiert. Falls kein signifikantes Wetter vorhanden war, wird weiter unterteilt, ob keine, mittlere Bewölkung oder bedeckter Himmel vorhanden war (Mitte). In der unteren Grafik die Helligkeitsverteilung bei signifikantem Wetter (WMO-Wetterschlüssel
aus dem Bereich 4-12 oder 30-99).
56
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Der Mond als Lichtquelle in klaren Nächten
In Abbildung 6.5 ist die Häufigkeitsverteilung der Zenithelligkeit bei aufgegangenem Mond und klarem Himmel dargestellt. Der Median liegt bei
18,7 Mag ArcSec−2 , das 90%-Konfidenzintervall reicht von 19,3 bis 17,1
Mag ArcSec−2 . Das entspricht dem bis zu 63-Fachen der Helligkeit des natürlichen Sternenhimmels.
In Abbildung 6.6 ist die Helligkeit des Himmels bei aufgegegangenem
Mond in Abhängigkeit von Mondphase und -höhe dargestellt. Die Radien der
Kreise in der Grafik sind dabei proportional zum Vielfachen der natürlichen
Helligkeit. Zu erkennen ist der Anstieg der Helligkeit zur Vollmondphase hin,
besonders wenn der Mond dabei hoch stand. Es lässt sich eine nicht nur aus
der Mondphase und -höhe erklärbare besonders helle Mondnacht erkennen.
Dies war die Nacht vom 12. auf den 13.11.2011, in der durch Absinken von
Luftmassen polaren Ursprungs wahrscheinlich eine geringe Aerosolbelastung
vorherrschte.
In Abbildung 6.1.1 ist die Zenithelligkeit in Abhängigkeit von dem im
Kapitel Lichtausbreitung definierten Faktor zu sehen.
6.1. LICHTSTREUUNG AN LUFTMOLEKÜLEN UND AEROSOLEN 57
MagArcSec−2
19
18
17
16
15
14
70
60
50
40
0
10
20
30
absolute Häufigkeit
80
90
100
20
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.5: Häufigkeitverteilung der Zenithelligkeit bei aufgegangenem
Mond und klarem Himmel ohne eine vorhandene Schneedecke. Der Median und das 90%-Konfidenzintervall sind durch Linien markiert.
KAPITEL 6. DATENANALYSE
60
58
50
●
40
●
30
●●
●
●
20
Höhe (°)
●
●
●
●
●
●
●
10
●
●
●
●
●
●
0
30
60
90
●
●
●
120
150
Winkelabstand zum Vollmond (°)
Abbildung 6.6: Auswirkung von Mondphase und Mondhöhe auf die Himmelshelligkeit bei klarem Himmel (Null Achtel Bedeckungsgrad) und ohne
eine vorhandene Schneedecke. Die Kreisradien sind proportional zum Helligkeitswert in cd m−2 , zum Vergleich die maximale Helligkeit des mondlosen
Himmels (in rot).
17
MagArcSec−2
100
●
●
50
●
●
●
1 10
0.00
●
●
●
18
●
●
●
●●
●●
●
●
●
●●
●
●
●
19
Vielfaches der natürlichen Nachthelligkeit
150
6.1. LICHTSTREUUNG AN LUFTMOLEKÜLEN UND AEROSOLEN 59
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
Faktor
Abbildung 6.7: Zenithelligkeit bei aufgegangenem Mond als Funktion des
in Gleichung 4.5 beschriebenen Faktors ΨM . Die Zeitpunkte, an denen
Schnee an der Station lag, sind als rote Sterne markiert.
60
6.2
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Lichtstreuung an Wolken
Bei vollständig bewölktem Himmel und ohne eine vorhandene Schneedecke liegt die Zenithelligkeit zu 90% im Bereich von 17,2 bis 15,0 Mag ArcSec−2
(58- bis 437-Fache natürliche Helligkeit), der Median beträgt 16,2 Mag ArcSec−2
(166-Fache natürliche Helligkeit), siehe Abbildung 6.8. Dies ist etwa 11 Mal
so hell wie eine durchschnittliche Mondnacht.
Die Abhängigkeit der Himmelshelligkeit des Standortes vom Bedeckungsgrad und von der Wolkenhöhe (logarithmische Darstellung) ist in Abbildung
6.9 zu erkennen: Der angegebe Bedeckungsgrad bezieht sich dabei sowohl auf
die Gesamtbedeckung als auch auf den Bedeckungsgrad der jeweiligen Wolkengattung, welche zum ausgewählten Zeitpunkt daher die einzige Wolkenschicht war. Ein Abfallen der Helligkeit mit dem Bedeckungsgrad ist klar zu
erkennen. Zu beachten ist, dass die Höhenangaben auf subjektiven Schätzungen beruhen und dafür keine Ceilometer oder dergleichen eingesetzt wurden.
In Abbildung 6.10 ist die Helligkeitsverteilung bei vollständig bedecktem
Himmel und nur anwesenden mittelhohen Wolken dargestellt. Der Median der Verteilung liegt bei 17,1 Mag ArcSec−2 , das 90%-Konfidenzintervall
liegt zwischen 17,9 und 16,1 Mag ArcSec−2 . Fehlen die tiefen Wolken, ist der
Himmel im Mittel also etwa nur noch ein Viertel so hell.
Die Helligkeit des bewölkten Himmels ist also in erster Linie vom Vorhandensein von tiefen Wolken abhängig, wobei die Definition tiefe Wolken auf
die unteren 2 km der Atmosphäre beschränkt. Die verringerte Rückstrahleffizienz der höheren Wolken liegt einerseits an ihrer geringeren optischen Dicke,
die proportional zu ihrem Flüssigwassergehalt ist. Mittelhohe und hohe Wolken enthalten durchschnittlich geringere Mengen flüssigen Wassers als tiefe,
gleichzeitig nimmt ihr Eisanteil zu. Die Rückstreuung von Eis ist schwächer,
wodurch diese insgesamt somit auch dunkler erscheinen. So bestehen die mittelhohen Altocumulus-Wolken aus einer Mischung von unterkühlten Wassertröpfchen und gefrorenen Anteilen und die hohen Cirrus-Wolken schon ganz
aus Eiskristallen. Der andere bestimmende Parameter für die Reflektanz ist
der effektive Tröpfchenradius. Dabei streuen die kleinsten Tröpfchen (unter
4 µm Größe) das Licht am effizientesten. Stratus-Wolken, aus denen meist
nur Sprühregen fällt, bestehen aus diesen kleinsten Tröpfchen. Sie sind daher
effektive Rückstrahler, wie dies auch aus Abbildung 6.2 zu erkennen ist.
6.2. LICHTSTREUUNG AN WOLKEN
61
MagArcSec−2
19
18
17
16
15
14
60
0
30
absolute Häufigkeit
90
120
20
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.8: Häufigkeitsverteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem Himmel ohne vorhandenem Schnee an der Station. Das 90%Konfidenzintervall und der Median sind durch blaue Linien markiert.
62
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Abbildung 6.9: Abhängigkeit der Zenithelligkeit von Bedeckungsgrad und
Wolkenuntergrenze (logarithmische Darstellung). Verwendet wurden die
Zeitpunkte, an denen die jeweilig dargestellte Wolkengattung mit dem angegebenen Bewölkungsgrad in einer Schicht den Himmel bedeckte. Vertreten
sind bis auf Cirrocumulus alle Wolkengattungen: Stratocumulus (Sc), Stratus (St), Cumulus (Cu), Altocumulus (Ac), Altostratus (As), Nimbostratus
(Ns), Cirrus (Ci) und Cirrostratus (Cs).
6.2. LICHTSTREUUNG AN WOLKEN
63
MagArcSec−2
19
18
17
16
15
14
10
0
5
absolute Häufigkeit
15
20
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.10: Häufigkeitsverteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem Himmel, jedoch fehlenden tiefen Wolken und fehlender Schneedecke. Der 90%-Vertrauensbereich und der Median sind durch Linien markiert.
KAPITEL 6. DATENANALYSE
550
●
Cs
As
Sc
St
●
MagArcSec−2
15
450
●
●
●
250
●
●
●
●● ●
●● ●
●●
● ●
●●
●
●
●
●
●
●
●
●●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
● ● ●
● ●
●
●
●
●
●
1
19
50
16
●●
17
350
●
●
●
150
Vielfachesder natürlichen Helligkeit
650
64
10
100
300
1000
3000 6000
Wolkenuntergrenze (m)
Abbildung 6.11: Verteilung der Zenithelligkeit bei vollständig bedecktem
Himmel mit einer Wolkenschicht (keine Schneedecke) in Abhängigkeit
von der Wolkenhöhe (logarithmische Darstellung) und verschiedenen Wolkengattungen: Stratus (St), Stratocumuls (Sc), Altostratus (As) und Cirrostratus (Cs).
6.2. LICHTSTREUUNG AN WOLKEN
65
Lichtstreuung an Wolken und an der Erdoberfläche
In Abbildung 6.12 ist die Häufigkeitsverteilung der aus Reflektivitätsmessungen durch die Satelliten Terra und Aqua abgeleiteten Albedowerte des Erdbodens während des Untersuchungszeitraumes dargestellt. Zu erkennen ist eine
zweigipfelige Verteilung, wobei das Maximum zwischen 0 und 0,05 und ein
lokales Maximum zwischen 0,25 und 0,3 liegt. Die Extremwerte reichen von
0,02 bis 0,39 mit einer Standardabweichung von 0,005 bzw. 0,04. Die Messgenauigkeit wird mit einem Fehler von 1-22 % angegeben, je nach Sonnenrelativ zum Satellitenzenitstand und Bewölkungsgrad ((Strahler u. a., 1999,
S. 22)).
In Abbildung 6.13 wurden die von Satelliten des EOS-Systems bestimmten 16-tägigen Mittelwerte der Erdalbedo verwendet, um zu einem numerischen Wert für ihren Einfluss auf die Helligkeit zu gelangen. Eine lineare
Regression der Daten ergab für den vollständig von Wolken bedeckten Himmel eine zusätzliche Aufhellung durch die Bodenalbedo um das 3,9-Fache.
Das heißt bei einem perfekt zurück strahlenden Boden (Albedo von 1) wären
die Wolken rund fünf mal so hell wie bei einem dunklem Boden. Die tatsächliche Albedo lag während des untersuchten Messzeitraumes (gemittelt über
ein Gebiet mit unterschiedlich großen Radien, siehe Abbildung 5.6) maximal
zwischen 0,3 und 0,4 und minimal bei 0,05.
Ist der Himmel klar (untere Abbildung in 6.13), so liegt die zusätzliche
Aufhellung des Himmels noch bei dem 1,8-Fachen.
Die unmittelbaren Auswirkungen von frisch gefallenen Schnee auf die Helligkeit sind in Abbildung 6.14 auszumachen. Dargestellt ist der Verlauf der
Zenithelligkeit bis zum 10. Tag nach einem Schneefallereignis. Man kann
einen logarithmischen Abfall erkennen (siehe mittlere Grafik). Durch Regression erhält man die Formel:
t
b(t) = Log(5, 6) · e−0.005·t = 270 · e− 200 ,
mit b der Zenithelligkeit in Vielfachen der natürlichen Helligkeit und t der
Zeit in Stunden.
Die ”Abklingdauer", also die Zeit bis die Helligkeit nach dem Schneefall
wieder auf ihren 1e -ten Wert gesunken ist, beträgt etwa 200 Stunden, rund 8
Tage. Der Grund für das Matter-Werden des Schnees liegt daran, dass frisch
gefallener Schnee anfangs sehr viel Luft umschließt, sich jedoch unter seinem
eigenen Gewicht mit der Zeit verfestigt, teilweise schmilzt und wieder gefriert
und so seine Struktur ändert. Dies wirkt sich auf seine Reflektivität aus, die
sich allmählich der von Eis annähert.
KAPITEL 6. DATENANALYSE
450
66
300
250
200
150
0
50
100
absolute Häufigkeit
350
400
20 km
10 km
05 km
0.00
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40
Albedo
Abbildung 6.12: Häufigkeitsverteilung der Bodenalbedo während des
untersuchten Messzeitraumes im Gebiet um den Standort innerhalb der angegebenen Radien. Die jeweiligen Extremwerte sind durch Linien markiert.
500
Vollständig bedeckter Himmel
300
●
●
●
16
●
●
●
●
●
●
18
100
●
●●
●
●
●
●
●●
● ● ●●
●●●
●
● ●
●
●
●●
●
●
●
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
0.40
0.35
0.40
Keine Bewölkung vorhanden
Bestimmtheitsmaß: 0.11
Geradenglg: y= 9.4 + 7.8 * x
●
●
15
●
●
●
●●
●
●
●●
● ● ●
●
●●
●
19
●
●
●
1
20
5
10
●
●
●
●
●
●
●
●● ●
●●
●
●
●
●
●●●●●
●
MagArcSec−2
25
20
0.05
MagArcSec−2
●
Geradenglg: y= 93.6 + 366 * x
15
Bestimmtheitsmaß: 0.28
0.00
Vielfaches der nat. Helligkeit
67
1
Vielfaches der nat. Helligkeit
6.2. LICHTSTREUUNG AN WOLKEN
0.00
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
Albedo
Abbildung 6.13: Einfluß der Bodenalbedo auf die Himmelshelligkeit
bei verschiedener Bewölkung und Anwendung einer linearen Regression. Für
die Albedowerte wurden von den Satelliten Terra und Aqua gemessene, über
16 Tage gemittelte Daten verwendet (im Gebiet mit 20 Kilometern Radius).
KAPITEL 6. DATENANALYSE
●●
●
●
●●
●●●● ●●
●● ●●
●● ●
●
●●●●
●●
● ●
●
●
● ● ● ●●
●●●●
●
●●
●
●
●
●
●
●
●●●●●●●● ● ● ●
●
●● ●● ●
●● ● ●●●●● ● ●
●● ● ● ●● ● ●
●●
● ● ●●
●●
●
0
24
15
●
●●●
● ●
●●
●●
●●
●
●●
●
●● ●
●●
●
●
●
●
48
72
96
120
●
●
●
17
●
●
144
168
192
216
MagArcSec−2
●
●
1
200 400 600 800
Vollständig bedeckter Himmel
240
7
6
5
4
●
●
●●●
● ●
●●●
●●●● ●● ●
●
●
●●
●●●●
●●●
●
●
●●●●● ●●●
●●●●
●
●
●●●●●●●● ●● ● ●
●● ●● ●
●●●●● ●
●● ● ●●●
●● ● ● ●●
●
●●
● ●
●●
●
●
Geradengleichung: y= 5.6 −0.005 * x
●
●
●●
● ●
●●
●●●
●
●
●●
●
●
●
●
●● ●
●●
●
●
●
●
●
3
Log( Helligkeitsfaktor )
8
Vielfalches der natürlichen Helligkeit
68
24
48
72
96
120
144
168
192
216
240
●●
●
●●
●●●
● ●●
●●●●●
●
●
●
●
●●●●●
●●●●
●● ●●
●
●
●
●
●●
● ●
●●●
●
●
●
●●●
●● ●● ●
●
●
●● ●●●
●●●●●● ●
●●
●
●
●
●● ●●
●
●
●●
●
●
●
●●●●
●
●
●
●●●
●●●
●●●
●●
●●●●
●
●
●
●
●●
●●●●
●
●
●
●
●●
●●●●●
MagArcSec
−2
●●
●
18
●
20
10
20
30
40
Keine Bewölkung vorhanden
1
Vielfalches der natürlichen Helligkeit
0
0
24
48
72
96
120
144
168
192
216
240
Zeit seit letztem Schneefall (h)
Abbildung 6.14: Verlauf der Zenithelligkeit nach einem Schneefallereignis bei bedecktem (oben) und bei klarem Himmel (unten). In der mittleren
Grafik die lineare Regression der exponentiellen Abnahme der Helligkeit bei
bedecktem Himmel.
6.3. LICHTSTREUUNG AN FALLENDEN HYDROMETEOREN
6.3
69
Lichtstreuung an fallenden Hydrometeoren
In dem über zweijährigen Messzeitraum wurde an der synoptischen Wetterstation 622 mal Regen oder Sprühregen (Wetter aus dem Schlüsselbereich
50-70, 80-82, 91 und 92) gemeldet. 473 Mal gab es Meldungen, die gefrorenen Niederschlag (Wetter aus dem Schlüsselbereich 70-80, 83-86, 95 oder 97)
betrafen.
In Abbildung 6.15 ist die Häufigkeitsverteilungen der Himmelshelligkeit
dargestellt, die während Regen- bzw. Sprühregenfall gemessen wurde. Der
Median liegt bei 16,2 Mag ArcSec−2 (das 156-Fache der natürlichen Helligkeit), das 95%-Konfidenzintervall reicht von 16,8 bis 15,3 Mag ArcSec−2 (das
91- bis 353-Fache der natürlichen Helligkeit).
In Abbildung 6.16 ist die Häufigkeitsverteilungen der Himmelshelligkeit
dargestellt, die bei Schnee- oder Graupelfall oder bei Schneeregen gemessen wurde. Der Median liegt bei 15,3 Mag ArcSec−2 (das 367-Fache der
natürlichen Helligkeit), das 95%-Konfidenzintervall reicht von 16,8 bis 14,4
Mag ArcSec−2 (das 88- bis 817-Fache der natürlichen Helligkeit).
70
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Regen oder Sprühregen
19
180
20
18
17
16
15
14
120
90
0
30
60
absolute Häufigkeit
150
MagArcSec−2
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.15: Häufigkeitsverteilung der Himmelshelligkeit während Regenfalls. Die Vertikale Linien markiert die Position des Median der Verteilung.
6.3. LICHTSTREUUNG AN FALLENDEN HYDROMETEOREN
71
Schnee, Graupel oder Schneeregen
19
18
17
16
15
14
150
20
120
90
60
0
30
absolute Häufigkeit
MagArcSec−2
1
10
100
1000
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
Abbildung 6.16: Häufigkeitsverteilung der Himmelshelligkeit bei Schneefall.
Die Vertikale Linien markiert die Position des Median der Verteilung.
72
KAPITEL 6. DATENANALYSE
Kapitel 7
Diskussion der Ergebnisse
7.1
Der unbewölkte Himmel
Abbildung 7.1 zeigt den durchschnittlichen Verlauf der Zenithelligkeit in
Dahlem bei wolkenlosem Nachthimmel. Zu erkennen ist, dass im Laufe des
Abends und der Nacht die Helligkeit etwa auf die Hälfte zurück geht, was
offensichtlich auf die Aktivität der Bevölkerung zurück geht. Dies würde bedeuten, dass etwa 50 % des die Zenithelligkeit des Standorts beeinflussenden
Lichtsmogs von Geschäften, Privathaushalten und dem Straßenverkehr ausgehen und nicht der öffentlichen Straßenbeleuchtung geschuldet ist.
Benutzt man Gleichung 4.4, um die Zenithelligkeit zu berechnen, erhält
mit der Annahme eines nach oben gerichteten Lichtsmogs von 250 Lumen bzw. 120 Lumen pro Einwohner die Helligkeitswerte 18,5 bzw. 19,2
Mag ArcSec−2 . Diese entsprechen der durchschnittlichen Zenithelligkeit am
Beginn und am Ende der Nacht in Abbildung 7.1. Vergleicht man diese Werte
mit den im Kapitel Lichtquellen abgeschätzten Werten für den Lichtsmog von
öffentlichen und Privathaushalten, kann man auf den von Ladengeschäften,
Einkaufszentren und Straßenverkehr verursachten Anteil schließen.
Das Maximum zu Beginn der Nacht, das bis vier Stunden vor Mitternacht besteht, dürfte der Beleuchtung von Geschäften und Einkaufszentren
geschuldet sein. Nimmt man an, dass in der dunkelsten Zeit der Nacht kaum
noch Privathaushalte etwas zur Helligkeit beitragen dann sollte die Differenz
zur Linie, welche die von der öffentlichen Beleuchtung verursachte Helligkeit
markiert hauptsächlich von der Lichtreklame stammen. Diese Differenz kann
anschaulich in Abbildung 7.1 betrachtet werden.
73
KAPITEL 7. DISKUSSION DER ERGEBNISSE
●
MagArcSec−2
20
●
15
●
●
●
10
●
●
●
●
●
●
2
3
4
5
1
20
19
●
5
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
25
18
30
74
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
6
Stunden nach Mitternacht (gesetzlicher Zeit)
Abbildung 7.1: Nächtlicher Helligkeitsverlauf des wolkenlosen Himmels. Die Linien markiert den Median, die gestrichelten Linien den 90%Konfidenzbereich.
7.1. DER UNBEWÖLKTE HIMMEL
75
18
−2
25
●
MagArcSec
20
●
15
●
●
●
10
●
●
●
●
●
●
2
3
4
5
1
20
19
●
5
Vielfaches der natürlichen Helligkeit
30
Zenithelligkeit
öffentliche Beleuchtung
Privathaushalte
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
6
Stunden nach Mitternacht (gesetzlicher Zeit)
Abbildung 7.2: Gleiche Grafik wie 7.1, eingetragen sind die Schätzwerte für
die von öffentlicher Beleuchtung allein (78 Lumen pro Einwohner), und
die von öffentlicher Beleuchtung und von den Privathaushalten verursachte
Helligkeit.
76
7.2
KAPITEL 7. DISKUSSION DER ERGEBNISSE
Einfluß von Bodenalbedo und Bewölkung
Die Gleichung der linearen Regression für die Zenithelligkeit in Abhängigkeit
von der Albedo lautet (siehe Abbildung 6.13) in Vielfachen der natürlichen
Helligkeit:
LP = 93, 6 + 366 · α
mit α dem Wert der Bodenalbedo. Daraus ergibt sich für den bedeckten
Himmel eine maximale Verstärkung der Helligkeit durch die erhöhte Rückstrahlung des Bodens um den Faktor δ =4,9.
Setzt man diesen Wert in die Formel 4.6 ein, erhält man für k, dem Produkt aus der Reflektion der Wolken und der Transmission der Atmosphäre,
den Wert k = 0,74. Daraus kann man versuchen die durchschnittliche Flächenhelligkeit des Stadtgebietes, das die Anstrahlung der Wolken verursacht,
abzuschätzen.
Bei einer zu vernachlässigenden Bodenalbedo ist die Zenithelligkeit gerade das k-Fache der effektiven Flächenhelligkeit des emittierenden Stadt-Fache. Begebietes, bei einer perfekt zurückstreuenden Oberfläche das 1−k
k
nutzt man die extrapolierten Werte der Regressionsgleichung (jeweils für eine Albedo von 0 und 1), erhält man einen Wert von b0 = 16,3 bzw. 16,1
Mag ArcSec−2 für die durchschnittliche effektive Helligkeit der betreffenden
emittierenden Stadtfläche.
Nimmt man an, dass in einem Stadtgebiet eine Lichtquelle mindestens
unter einem Winkel von 10◦ über den Horizont Licht abstrahlen muss, um
nicht von Hindernissen zurück geworfen zu werden, so kann man bei gegebener Wolkenhöhe einen Einflusskreis angeben, innerhalb dem sich etwa alle
Lichtquellen befinden, die im Augenblick die im Zenit befindliche Wolke anstrahlen. Sein Radius beträgt:
RLichtquellen = h · tan(80◦ ) ≈ 5, 7 · h
Für Wolken in 450 bis 1000 Metern Höhe (diese erzeugten die höchsten Helligkeitswerte) liegt ein solcher Radius bei 3 bis 6 Kilometern. Diese Kreisflächen
hätten, würden sie mit der oben erhaltenen Flächenhelligkeit b0 strahlen, eine Gesamtlichtstärke von 881.000 bis 1.108.637 bzw. 3.689.235 bis 4.434.547
Candela.
Laut der Karte der Einwohnerdichte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (siehe Abbildung 7.3) wohnen rund 207.453 bzw.
734.000 Personen innerhalb einer Entfernung von 3 bzw. 6 Kilometern um
den Standort. Pauschal ergibt sich dann pro Einwohner der Wert von 4-5
bzw. 5-6 Candela.
Die Schwierigkeit besteht nun darin, diese effektive Lichtstärke weiter den
Verursachern zuzuordnen, da unterschiedlichste Lichtwege genommen werden
7.2. EINFLUß VON BODENALBEDO UND BEWÖLKUNG
77
können. Nimmt man als Verursacher den Privathaushalt oder die Reklametafel an (siehe Abbildung 3.5), müsste man die Candela-pro-Kopf-Zahl zumindest verzehnfachen, um auf den Lumen-pro-Kopf-Wert zu gelangen. Je
nachdem ob die Lichtquelle innen oder außen angebracht und welche „Geländerauhigkeit “es in der Umgebung gibt, z.B. ob etwa Balkone an der Fassade
angebracht sind oder Vegetation das Licht streut, müssen weitere Faktoren
angenommen werden.
78
KAPITEL 7. DISKUSSION DER ERGEBNISSE
Abbildung 7.3: Ausschnitt aus der Einwohnerdichtekarte Berlins des
Gebietes innerhalb einer Entfernung von 6 Kilometern um den
Messstandort. Die Karte diente zur Ermittlung der Einwohnerzahl in dem
betreffenden Gebiet. Aus: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2010)
Kapitel 8
Ausblick
Die Untersuchung hat ergeben, dass die verschiedenen Umweltbedingungen
starke Auswirkungen auf die Helligkeit des nächtlichen Himmels haben. So
werden die höchsten Helligkeitswerte erst durch das Vorhandensein einer
Schnee- und einer Wolkendecke möglich, da diese das Licht sehr effektiv streuen können. Besonders das kombinierte Auftreten einer hohen Bodenalbedo
und starker Bewölkung wirkt sich dabei verstärkend aus. Bemerkenswert ist
die Erkenntnis, dass die natürlichen Umweltbedingungen als Faktoren der
Nachthelligkeit mit einer weit größeren Dynamik auftreten als der relativ
konstante antropogene Faktor Lichtsmog.
Es wurde der Versuch unternommen, die effektive Helligkeit der Stadtfläche aus den Helligkeitsmessungen der Wolkenunterseite bei verschiedenem
Bodenrückstrahlvermögen abzuleiten. Dabei wurde ein lineares Modell benutz, das sicherlich nur sehr eingeschränkt gültig ist, jedoch für eine erste
Abschätzung zumindest hilfreich sein kann. Weitere Untersuchungen könnten versuchen, den "Blockadefakor"der Lichtquellen zu bestimmen, also den
Anteil der emittierenden Flächen, der nach oben hin blockiert wird. Dies jedenfalls schlägt Luginbuhl vor, der die allgemeine Abstrahlcharakteristik für
städtische Lichtquellen um diesen Faktor erweitern möchte (siehe Luginbuhl
u. a. (2009)):
Ψ(ζ, Eb ) = ΨStadt (ζ) · 10−0,4·Eb ·sec(ζ) ,
mit Eb dem Blockadefaktor, der aus Luftaufnahmen bestimmt werden soll.
Selbst in einer Stadt von der Größe Berlins kann der nächtliche Lichtsmog zeitlich nicht als konstant angesehen werden, wie der durchschnittliche
Verlauf der Nachthelligkeit gezeigt hat (siehe Abbildung 7.1). Vielmehr ist
eine exponentielle Abnahme bis auf die Hälfte ihres anfänglichen Wertes zu
Beginn der Nacht zu erkennen, die auf die Aktivität der individuellen Verursacher des Lichtsmogs hinweist. Berücksichtigt man diesen "Nachtgang"der
Helligkeit, so kann man daraus eventuell bei bestimmten Bedingungen (wie
79
80
KAPITEL 8. AUSBLICK
etwa einer häufig auftretenden Stratocumulus-Bewölkung) auf die Reflektionseigenschaften der anwesenden Wolken schließen, wenn gleichzeitig die
Albedo des Bodens bekannt ist.
Weitere Forschung könnte sich außerdem mit einer Untersuchung der
Auswirkung der Aerosolbelastung auf die Nachthelligkeit beschäftigen, die
in dieser Arbeit nicht beachtet werden konnte. Dabei könnte der Mond als
Referenzlicht dienen, dessen Helligkeitsphasenfunktion bereits gut erforscht
ist.
Abschließend möchte ich mich erneut bei Dr. Christopher Kyba für die
Bereitstellung der Messdaten und bei Herrn Professor Jürgen Fischer für das
entgegengebrachte Vertrauen bedanken.
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Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit
selbstständig ohne fremde Hilfe und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln
verfasst habe.
Datum
Unterschrift
85
86
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