It`s gettin` hot in here

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Igel
2.
Alarm im Kühlschrank
Weißt du was du isst? Über die Gefahren von Gentechnik und chemischen
Zutaten im Essen klären Julia Seeliger
und Katrin Schmidberger auf.
3.
Strahlende Aussichten
Die Entsorgung von Atommüll ist nach
wie vor ungeklärt, es gibt bisher kein
sicheres Endlager auf der Welt. Warum
der Ausstieg aus der Atomenergie die
einzige Lösung sein kann erklärt uns
Jan Philipp Albrecht.
3.
Ja, wo fahren sie denn hin?
Warum Autos überflüssig werden
müssen, damit die Mobilität aller
verbesser t wird und wie das
funktionieren kann, schildern Nicole
Maisch und Werner Graf.
4.
Abschalten und Entspannen
Beispiele wie einfach ihr Energie
einsparen könnt und dabei sogar euren
Geldbeutel schont, findet ihr in der
Infoline auf Seite 4.
#45
spontan politisch und natürlich kritisch
August 2005
www.gruene-jugend.de
Klimawandel
Der Begriff Klimawandel bezeichnet · allgemein eine
Klimaveränderung auf der Erde über einen längeren
Zeitraum · die zu unserer Lebzeit stattfindende Globale
Erwärmung. Die globale Erwärmung ist ein weltweites
Klimaphänomen, das den Anstieg der längerfristig und
global gemittelten bodennahen Lufttemperatur
während der letzten etwa 150 Jahre bezeichnet. Um
dieses Phänomen zu erklären, werden sowohl
natürliche als auch durch den Menschen verursachte
Gründe in Betracht gezogen. Die Bezeichnung wurde
im Verlauf der 1980er und 1990er Jahre geprägt. Vor
dieser Zeit war man in der Wissenschaft eher vom
umgekehrten Effekt überzeugt, nämlich einer
langsamen Abkühlung der Erdoberfläche in Richtung
einer allmählichen Klimaveränderung in Richtung einer
neuen Kaltzeit.
It’s gettin’ hot in here
Ozonloch
Da sitzen wir nun also auf unserem blauen Planeten, dem wir den Namen
„Erde“ gegeben haben, und fragen uns ganz ahnungslos, wie das alles
funktioniert. Wir lernen in der Chemie, der Physik und der Biologie die
Grundlagen über die Funktionsweisen der Stoffe und die Mechanismen
rund um uns herum. Dabei lernen wir nie aus, werfen immer wieder alles
übern Haufen, um neuen Theorien Raum zu geben, neue Modelle zu
erschaffen und wissen eigentlich nur, dass wir nichts wissen, oder wie
Newton es sagte: "Ich sehe mich als kleinen Jungen mit Muscheln und
Steinen spielen, am Ufer des Meeres der Erkenntnis." Alles was wir von
diesem Ufer aus sehen können ist, dass alle Vorgänge um uns herum
ineinander verzahnt zu sein scheinen, wie in einem riesengroßen, komplexen
Uhrwerk, in dem winzig kleine Zahnräder wie verrückt umeinander
rotieren. Das nennen wir Ökosystem; Ökosystem Erde.
Als Ozonloch wird die geographisch abgegrenzte
Abnahme der Ozonschicht bezeichnet, die seit Ende
der 1970er Jahre zunächst nur über der Südpolarregion,
später (1992) auch über der Nordpolarregion
beobachtet wird. Die Ozonschicht ist ein Teil der
Stratosphäre in 12 - 50 km Höhe, in der unter
Einwirkung der energiereichen ultravioletten Strahlung
der Sonne Sauerstoff (O2) in Ozon (O3) umgewandelt
wird. Der Grund für den Ozonabbau sind gasförmige
Halogenverbindungen, wie die als Treibgas oder
Gefriermittel eingesetzten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs), die in die Stratosphäre gelangen.
Desertifikation
Desertifikation bezeichnet einen Prozess, der in ariden,
semiariden und trockenen sub-humiden Gebieten eine
Degradation (Verschlechterung) des Bodens bewirkt
und damit zur Ausbreitung bzw. Entstehung von
wüstenähnlichen Verhältnissen führ t. Nach
Schätzungen der Vereinten Nationen sind weit über
eine Milliarde Menschen und ca. ein Drittel aller
landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Erde von
Bodendegradation und damit von Desertifikation
betroffen. Hauptbetroffen sind vor allem weite Teile
Nordafrikas (Sahel), aber auch Südafrika, Zentral- und
Südasien, Australien, Nord- und Südamerika und auch
Südeuropa.
Golfstrom
Der Golfstrom ist eine warme, rasch fließende
Meeresströmung im Atlantik. Durch seinen
Wärmetransport wirkt er wie eine große Heizung,
dank der große Teile West- und Nordeuropas, wie
Irland, Großbritannien und Skandinavien, ein wärmeres
Klima aufweisen, als aufgrund ihrer geographischen
Breite zu erwarten wäre. Der Golfstrom ist Teil eines
globalen, maritimen Strömungssystems, des globalen
Förderbands. Der Golfstrom befördert pro Sekunde
ungefähr 50 Kubikkilometer Wasser, 30 mal mehr als
alle Flüsse auf der Welt zusammen. Er transportiert
etwa 1,4 Petawatt Leistung. Das entspricht einer
Produktion von ungefähr einer Million
Kernkraftwerken.
Gletscherschmelze
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist ein deutlicher
Rückgang der Gebirgsgletscher zu beobachten. Dieser
Vorgang des Abschmelzen von Gletschern wird
Gletscherschmelze genannt. Die Alpengletscher
beispielsweise verloren in dieser Zeit etwa ein Drittel
ihrer Fläche. Zu erkennen ist dies an Gemälden,
Zeichnungen oder alten Fotografien. Sie zeigen
eindrucksvoll die unterschiedlichen Gletscherflächen
von damals im Vergleich zu heute.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings, so heißt es, kann am anderen Ende der
Welt einen Wirbelsturm auslösen. Ob das stimmt? Sicher ist, dass unser heutiges
Verhalten eine Menge zukünftiger Wirbelstürme auslösen wird; und noch viel
mehr. Darüber berichtet SPUNK-Redakteurin Kadda Rönicke.
Homo Sapiens wütet
Wie alle anderen Tiere auch sind wir ein sehr wesentlicher Teil dieses
komplexen Uhrwerkes, und wir sind auf dessen Funktionstüchtigkeit
angewiesen. Dazu zählen, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, der
Schutz vor den krebserregenden Strahlen der Sonne durch die Ozonschicht,
das Vorhandensein von genügend Sauerstoff und lebensnotwendigen
Mineralien, sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, und vieles mehr. Wir
haben nur diesen einen Planeten zur Verfügung. Und dennoch geht der
Mensch grob fahrlässig damit um. Es ist kaum möglich, alle folgeträchtigen
Interaktionen des Menschen mit seiner Umwelt aufzuzählen. Sei es der
hohe Treibhausgasausstoß; die Versiegelung von Flächen; die Zerstörung
der „Lungen der Erde“, durch Roden von fußballfeldgroßen Flächen
Regenwald – jeden Tag; das Spielen mit unseren Erbinformationen durch
Gentechniker – unsere Neugierde treibt uns dazu, alles auszuprobieren,
was wir entdecken, was in unserer Macht liegt. Die Folgen sind nicht zu
ignorieren. Wir sehen uns heute schon konfrontiert mit einem steigendem
Meeresspiegel, einer steigenden Erdtemperatur, aussterbenden Arten,
mutierten Bakterien, schmelzenden Gletschern, wachsenden Ozonlöchern,
sterbenden Wäldern, einer verstrahlten Nordsee rund um die
Wiederaufarbeitungsanlage Sellarfield, sich ausbreitenden Wüsten, einem
verrückt spielendem Klima, das von immer mehr Wirbelstürmen,
Flutkatastrophen und Trockenzeiten geprägt ist... die Liste ließe sich endlos
weiterführen. Von der CDU liebevoll „Ökostalinisten“ genannte Menschen
warnen vor schlimmen Folgen für kommende Generationen. Einige
Individuen wie der Autor Michael Crichton("Welt in Angst") reden derweil
von „Umwelthysterie“ und stellen die Theorie des Klimawandels in Frage.
Was aber kann wirklich passieren? Was ist der Stand der Wissenschaft?
Werden wir im Jahre 2030 oder 2040 in einer Welt leben, die wie im Film
„The Day After Tomorrow“ aussieht?
Erwärmung oder Eiszeit?
„Ist doch klasse, wenn es endlich auch bei uns etwas wärmer wird,“ unken
einige Spaßkanonen. Doch eine Studie des Pentagons und auch andere
hochrangige WissenschaftlerInnen gehen heute eher vom gegenteiligen
Szenario aus: Kurzfristig erwärmt sich zwar die Erde, man geht von 1-5°C
in den nächsten 50 Jahren aus, eine Erwärmung auch in unseren Breiten
wäre die Folge, doch damit einher geht ein unangenehmer Dominoeffekt.
Man kann sich das so vorstellen, wie in einem Uhrwerk, in dem auch ganz
viele andere Zahnräder stehen bleiben und blockieren, sobald nur ein
einziges, kleines Zahnrad seinen Geist aufgibt. Durch die Erwärmung
schmelzen Gletscher und Pole. Der Meeresspiegel wird steigen, ganz
nebenbei wird sich die Menschheit von geliebten kleinen
Urlaubsparadiesinseln verabschieden müssen und das geschmolzene
Süßwasser der Pole und Gletscher „verdünnt“ das Salzwasser der Meere.
Mit gravierenden Folgen, denn das Salz treibt sozusagen die „Pumpe“ des
Golfstromes und der anderen ozeanischen Ströme an, welche für unser
gemäßigtes Klima verantwortlich sind. Fallen diese aus, dann kühlen
Nord- und Westeuropa blitzschnell so stark aus, dass es einer kleinen
Eiszeit gleichkommt. Zugleich würden sich durch das Abflauen der
Meeresströme die oberirdischen Luftströme verstärken, heftige Stürme
und Unwetter wären die Folge.
Kriege um Wasser, Land und Nahrung
In Afrika wird die Erwärmung zu einer Ausbreitung der Wüsten um bis
zu drei Prozent führen, das entspricht einer Zunahme von 282450 km2
allein auf diesem Kontinent. Die dort schon heute knappe Ressource Wasser
wird immer knapper, ganze Regionen werden verlassen werden.
Menschenwanderungen auf der Suche nach einem letzten kleinen Rest
fruchtbarem Land werden an der Tagesordnung sein. Die ärmsten der
Armen werden noch ärmer, Millionen Menschen werden verdursten und
in den sich immer weiter ausbreitenden Kriegen um Land, Wasser und
Nahrung sterben. In anderen Regionen der Welt, wie zum Beispiel in Asien
und Süd- und Nordamerika werden sich ähnlich dramatische
Veränderungen abspielen, wie starke Dürren im Süden der USA und
Überschwemmungen in China. Der Planet, der jetzt schon zu klein für 6
Milliarden Menschen ist, wird keinen Raum bieten für weiteres
Bevölkerungswachstum, im Gegenteil, seine Fruchtbarkeit und die
natürlichen Ressourcen, an denen sich der Mensch seit Jahrtausenden
bedient hat, versiegen zunehmend. Dies wird zu einer weltweiten
Destabilisierung der Märkte führen, denn immer wieder werden ganze
Ernten und Existenzen durch Unwetter oder Hitzewellen zerstört. Der
Andrang in die Reichen und noch fruchtbaren Länder der Erde wäre
unvorstellbar groß – hier liegt ein riesiges Konfliktpotential, das auch in
der vom US- Verteidigungsministerium, dem Pentagon, erstellten Studie
bestätigt wird. Die Autoren dieser Studie befürchten, dass Länder, die im
Besitz von Atomwaffen seien, diese im Kampf um Nahrung und Rohstoffe
einsetzen könnten, sie kommen zum Schluss, dass der Klimawandel für
die Menschheit eine größere Bedrohung sein könnte, als der internationale
Terrorismus!
Gute Zukunft. Schlechte Zukunft.
„Alle beschriebenen Szenarien sind für Klimatologen nichts Neues – und
sie sind selbstverständlich möglich,“ sagt Ernest Rudel, Chef der Abteilung
für Klimaforschung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
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ÖKOLOGIE
Fortsetzung von Seite 1
Intergovernmental Panel on
Climate Change
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimafragen,
englisch Intergovernmental Panel on Climate Change,
(IPCC), wurde 1988 vom Umweltprogramm der
Vereinten Nationen UNEP und der Weltorganisation
für Meteorologie WMO ins Leben gerufen. Diese UNSpezialorganisation hat die Hauptaufgabe, Risiken des
durch die Menschheit induzierten Klimawandels zu
b e u r t e i l e n u n d Ve r m e i d u n g s s t r a t e g i e n
zusammenzutragen. Sitz des IPCC Sekretariats ist Genf.
Kyoto-Protokoll
Das Kyoto-Protokoll (benannt nach dem Ort der
Konferenz Kyo¯to in Japan) ist ein Zusatzprotokoll zur
Ausgestaltung der Klima-Rahmenkonvention (UNFCCC)
der Vereinten Nationen für den Klimaschutz. Es schreibt
verbindliche Ziele für die Verringerung des Ausstoßes
von Treibhausgasen fest, welche als Auslöser der
globalen Erwärmung gelten. Die Zunahme dieser
Treibhausgase wird großteils auf menschliche
Aktivitäten zurückgeführt, nämlich durch das
Verbrennen fossiler Brennstoffe. Die reglementierten
Gase sind: Kohlendioxid (CO2, dient als Referenzwert),
Methan (CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O),
Teilhalogenier te Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW/HFCs), Perfluorierte Kohlenwasserstoffe
(FKW/PFCs) und Schwefelhexafluorid (SF6).
Teste deinen eigenen
ökologischen Fußabdruck
Die Ressourcenströme der Erde sind begrenzt.
Wie kann mensch nachhaltig leben? Was
verbrauchst DU?
Auf der vom WWF Schweiz betriebenen Seite
http://www.footprint.ch werden Informationen
über eure Lebensgewohnheiten und dessen
Einfluss auf das ökologische Sys tem
ausgewertet. Heraus kommt ein persönlicher
ökologischer 'Fußabdruck'. Die Einheit sind
'Planeten' - also: wie viele Planeten wären
notwendig, um die Ressourcenströme zu
decken, wenn alle Menschen so wie du leben
würden? Diese Seite zeigt aber auch, wie einfach
es sein kann, seinen Anteil am Umweltschutz
zu steigern.
Fair fliegen
Nicht jedeR kann oder will auf einen Flug
verzichten - auch wenn sie/ er weiß, dass sie/
er damit zur Klimaerwärmung beiträgt. Wer
die Folgen seines Tuns nicht einfach anderen
aufhalsen will, für die/ den gibt es jetzt ein
Angebot: ein Emssionsrechner ermittelt den
anfallenden Energieverbrauch und CO2-Ausstoß
auf http:// www.atmosfair.de. Dabei wird aber
vor allem errechnet, wie viel Geld benötigt wird,
um den Verbrauch der Treibhausgase mit zum
Beispiel Solar-, Wasserkraft-, Biomasse- oder
Energiesparprojekten wieder wett zu machen.
Dann steht es jeder/m frei, diese Summe an
den Verein zu spenden. Finanziert werden
Projekte in Entwicklungsländern. Man erhält
anschließend sogar ein Zertifikat dafür. Also,
schnell Gewissen frei kaufen!
Buchtipp:
Felix Ekardt: Das Prinzip Nachhaltigkeit Generationengerechtigkeit und globale
Gerechtigkeit
Die westlichen Gesellschaften pflegen ein
Wohlstandsmodell, welches weder globalisierbar
noch dauerhaft durchzuhalten ist. Es muß
zusammenbrechen, sobald es sich z.B. auch in
Ländern wie Indien und China etabliert. Ohne
eine neue, in das Prinzip Nachhaltigkeit
mündende Lehre von der gerechten
Grundordnung, ohne ein neues Freiheitskonzept
und ohne mehr Generationengerechtigkeit und
Gerechtigkeit zwischen den Völkern dieser Erde
können wir nicht länger sagen, daß unser
Zusammenleben gerecht ist - sei es in
Deutschland, in Europa oder auch global. Felix
Ekardt liefert eine Fülle von Argumenten, die
umreißen, was man zu Gerechtigkeit und
Nachhaltigkeit in einer globalisierten Welt sagen
kann und muß.
C. H. Beck Verlag, München 2005 ISBN 3406527981,
Paperback, 238 Seiten, 12,90 EUR
2
in Wien. So viel zum Thema
„Umwelthysterie“. Es gibt zwar
viele KritikerInnen der These vom
Klimawandel, interessanterweise ist
es aber so, dass KlimaforscherInnen
weltweit fast ausnahmslos
„UmwelthysterikerInnen“ und
„ÖkostalinistInnen“ sind. Natürlich
lässt sich nicht voraussagen, wann
welcher Effekt wie stark auftreten
wird. Die Wetter-Frösche schaffen
es ja kaum, verlässliche Prognosen
für das Wetter von übermorgen zu
liefern, geschweige denn, in einem
Jahr oder in 40 Jahren. Wir kommen
nicht umhin, mit Modellen zu
arbeiten, uns weiter wie der kleine
Junge oder das kleine Mädchen am
Ufer des Meeres der Erkenntnis,
dessen Pegel unaufhaltsam steigt,
zu fühlen und irgendwie ahnungslos
darauf zu warten, was die Zukunft
bringen wird. Wir könnten uns wie
Michael Crichton benehmen und
einem Gänseblümchen mit den
Worten „Gute Zukunft. Schlechte
Zukunft. Gute Zukunft...“ die
Kronblätter abrupfen und darauf
warten, welches am Ende übrig
bleibt. Wir könnten aber auch die
Augen öffnen, nachdenken und
bemerken, dass Vorgänge, die schon
jetzt sicht- und messbar sind, nicht
plötzlich abbrechen. Vielleicht reicht
unser Vorstellungsvermögen sogar
so weit, dass wir einsehen, etwas
an unserem Handeln ändern zu
müssen. Nicht von heute auf
morgen, vielleicht. Aber
mittelfristig. Die Reduzierung des
CO2 im Rahmen des Kyotoprotokolls zur Eindämmung des
Treibhauseffektes; die Nutzung
alternativer und regenerativer
Energieformen; ein stärkeres
Augenmaß auf Effizienz und
Suffizienz; Arten-, Umwelt- und
Naturschutzprogramme – es
mangelt nicht an Ansätzen, Ideen
und Möglichkeiten, allein es fehlt
der nötige weltweite Wille. Wir
wollen! Und du?
Kadda Rönicke
(22) studiert an
der Berliner HU
Biologie und
Chemie und
weiß, dass sie nix
weiß.
Halleluja!
Gerhard Schröder hat uns den Sommer versaut. Anstelle eines erholsamen
Strandurlaubs heißt es nun wahlkämpfen. Wir kämpfen für mehr soziale
Gerechtigkeit und für Chancengerechtigkeit im Bildungssystem, gegen den
Raubbau an der Umwelt sowie gegen weitere Atomkraftwerke..
Schwarz-Gelb wird – wenn sie es überhaupt schaffen, die Wahl zu gewinnen
- keinesfalls handlungsfähiger sein als Rot-Grün. Der SPUNK schlägt deswegen
ein Alternativ-Schattenkabinett vor: Bundessprecher Stephan Schilling wird
Superminister für Arbeit, Wirtschaft und Soziales. Über sein Programm
informiert er euch im Interview auf Seite 2 (Soziales). SPUNK- Redakteurin
Katrin Schmidberger wird Ministerin für Unwelt, Tierrechte und
VerbraucherInnenschutz, sie hat mit ihrem Artikel auf Seite 2 (Ökologie)
bewiesen, dass sie für dieses Amt mehr als geeignet ist.
Als Innenminister schlagen wir euch SPUNK-Redakteur Werner gRAF, vor.
gRAFs Motto “Es gibt für jeden Zustand die richtige Droge” hat der Redaktion
für die richtige Themenauswahl die Augen geöffnet.
Auch die restlichen SPUNK-RedakteurInnen werden ihren Platz im Kabinett
finden, aus wahltaktischen Gründen können wir aber zur genauen Besetzung
keine weiteren, öffentlichen Angaben machen.
EDITORIAL
Amen
Julia Seeliger, Gregor Simon, Luise Neumann-Cosel, Katrin Rönicke, Jan Philipp Albrecht,
Katrin Schmidberger und Werner Graf
ALARM IM KÜHLSCHRANK
Weißt Du, was Du isst?
SPUNK-RedakteurInnen Julia Seeliger und Katrin Schmidberger gehen dieser
Frage auf den Grund und zeigen auf, wie einfach Tranzparenz und Schutz für
VerbraucherInnen wäre.
Auch uns blüht die Gen-Gefahr!
Gentechnik schadet dem
Menschen unmittelbar!
http://www.optipage.de/zucker.html
Aber nicht nur in den ärmsten Ländern der Welt, sondern auch in
Deutschland wird Gentechnik großflächig angebaut. In Bayern, SachsenAnhalt oder in NRW blüht die Gen-Gefahr. Dank Renate Künast sind die
Wissen wir wirklich, was wir essen? Die Lebensmittelindustrie listet die
Standorte im Internet zu finden (http://www.bvl.bund.de/ gentechnik/
Inhaltsstoffe auf – und lässt uns doch im Ungewissen. Kryptische E-Stoffe
). Bio-BäuerInnen sind durch das "Verursacher- Prinzip" wenigstens etwas
sind das bekannteste Beispiel der kulinarischen Verschlüsselungskunst.
geschützt, da Gentech-LandwirtAber auch wenn`s im Klartext auf
Innen für Verunreinigungen z.B.
der Packung steht, wird es knifflig:
durch Pollenflug haften müssen.
Wer von uns weiß denn genau, um
Für die heute noch nicht absehbaren
Anzahl enthaltener Würfel Zucker
was es sich bei Natriumglutamat
Schäden an der Natur haftet der
oder Lecithin handelt und welche
Staat - also wir alle.
Folgen der ständige Genuss hat? Die
1 Tüte Gummibärchen (200g) - 49
auf den Produkten veröffentlichten
Biocent für fairen
Listen geben zudem nur ein
Wettbewerb!
"Ranking" wieder, das zum Tricksen
1 Flasche Ketchup (300ml) - 23
einlädt: Zucker erscheint als
“Saccharose”, "Maltodextrin" oder
Auch die Kosten für die konvent“Glucose-Sirup”, Ei wird dividiert
ionelle Tiermast werden auf die
1 Glas Cola (0,33l) - 12
in “Eigelb” und “Eiweiß”. Auch die
Allgemeinheit abgewälzt. Würden
absoluten Zahlen fehlen. Hier wäre
alle ökologischen Folgekosten
mit wenig Aufwand ein großes
eingerechnet, wäre das Kilo Bio2 Kugeln Eiscreme - 6
Stück mehr Schutz für die
Schnitzel fast genauso preiswert
Ve r b r a u c h e r- I n n e n m ö g l i c h .
wie das in konventioneller
Landwirtschaft herange-züchtete
Billigfleisch. Das hat die
Verbraucherschutzorganisation
Mehr Freiheit, mehr
foodwatch in einer Studie
Transparenz!
herausgefunden. Das Bio-Schnitzel
benötigt in der Produktion unter
Wenig Freiheit für die Verbraucheranderem weniger Energie und
Innen besteht auch bei der Gentechverursacht eine vielfach geringere
nik: In einer Tonne “gentec-freiem”
Grundwasser-Verschmutzung. Auf
Saatgut dürfen sich bis zu neun
der anderen Seite ist es arbeits- und
Kilogramm Gentech-Samen
flächenintensiver, und deswegen
verstecken (Grenzwert: 0,9 Prozent).
für die EndverbraucherInnen teurer
Milch oder Fleisch von einer mit
- die ökologischen Folgekosten für
Gentechnik-Mais gefütterten Kuh
die konventionelle Tiermast
müssen überhaupt nicht gekennbezahlen alle mit. Ein Biocent, also
zeichnet sein. Dabei wäre es doch
eine Art Ökosteuer auf Lebensso einfach: Italien und Großmittel, würde diese Marktbritannien labeln ihre Lebensmittel
verzerrung beseitigen.
mit einem klar verständlichen
"Gentechnisch verändert" bzw.
Zu wissen, was wir essen: Das ist
Links:
"Gentechnik-frei" und sorgen so für
nicht immer angenehm. Aber kann
Transparenz und Schutz. Nebenbei
http://www.foodwatch.de
es uns deshalb egal sein? Sollten
bemerkt: Fast die gesamte Bewir einfach unbedarft alles in uns
http://www.saveourseeds.org/
völkerung Europas lehnt Gentechnik
hinein stopfen? Nicht immer
im Essen ab. Nur durch den Kauf
http://www.bvl.bund.de/gentechnik
politisch korrekt zu essen, ist kein
von “Bio” ist es noch möglich,
Problem. Aber unser Körper sollte
http://www.greenpeace.de/themen/
Gentechnik sicher auszuschließen.
uns schon etwas wert sein. Und mit
gentechnik/
Öko leben einfach alle besser.
Ratten, die mit dem Gen-Mais MON 863 der Firma Monsanto gefüttert
wurden, erlitten Schädigungen der inneren Organe, sowie eine negative
Veränderung des Blutbildes. Das Beispiel macht deutlich: Gentechnik
schadet Säugetieren, also auch uns Menschen, ganz direkt! Diese
Risikotechnologie beseitigt nicht den Hunger auf der Welt, sondern nützt
nur den Saatgut-Konzernen: Die BäuerInnen - vor allem in den armen
Staaten – werden “abhängig” vom Saatgut und den dazu passenden
Pestiziden gemacht. Und warum werden die Erträge wenigstens nicht
größer, sondern oft sogar kleiner? Warum sinkt die Artenvielfalt und die
Böden verarmen? Monsanto, Syngenta und BayerCropScience wollen diese
Fragen nicht beantworten.
Julia Seeliger
(26) ist
Schatzmeisterin
der GRÜNEN
JUGEND, studiert
Technikjournalis
mus und macht
um Fertiggerichte
einen RiesenBogen - sie kocht
lieber selbst.
SPUNK-Redakteurin
Katrin
Schmidberger
(22) ist Studentin
der Sozialwissenschaften in Berlin
und glaubt nicht,
dass eine friedliche
Koexistenz
zwischen Gentechnik und Bioanbau möglich ist.
ÖKOLOGIE
Strahlende Aussichten
Wie AtombefürworterInnen die bestehenden Realitäten einfach ignorieren
Sechs Zitate und ihre Fakten
zur Atomkraft
Während Union und FDP sich zur Freude der Atomlobby lautstark für längere
Laufzeiten von deutschen Kernkraftwerken stark machen, hat SPUNK-Redakteur
Jan Philipp Albrecht die wahren Fakten ergründet.
Wir schreiben das Jahr 1988. Im ehemaligen Salzbergwerk Asse II werden
mysteriöse Wasserzuflüsse registriert. Etwa 12,5 Kubikmeter Lauge pro
Tag fließen seither in die Abbaukammern des Salzstocks. Dies führt in der
Regel zu einer Lösung des Milchsalzgesteins. Das Bergwerk säuft ab. Bei
einem normalen Salzbergwerk nichts Ungewöhnliches. Hier aber handelte
es sich um das einzige bisher bestehende Atommülllager in der
Bundesrepublik. Von 1967 bis 1978 wurde in dieses als „Versuchsendlager“
bezeichnete Loch bei Wolfenbüttel der gesamte deutsche Atommüll in 500
bis 750 Metern Tiefe vergraben. Zum Teil hatte man die 125.000 Fässer mit
schwach- und mittelradioaktivem Müll einfach in die Gruben herabgekippt.
Darunter auch 23 Kilogramm hochgiftiges Plutonium. Zum Vergleich:
Etwa ein millionstel Gramm Plutonium löst in jedem Fall Krebs aus. Um
das von den niedersächsischen Behörden seit 1994 offiziell befürchtete
Absaufen des Lagers zu verhindern, wurden die verbliebenen Hohlräume
mit Salz aufgefüllt. Erfolg wird dies auf Dauer nicht bringen – wo Wasser
reinkommt, kommt es auch wieder raus.
Etwa 30 Kilometer östlich bei Helmstedt liegt die Saline Morsleben. Direkt
hinter der ehemaligen innerdeutschen Grenze wurde sie in der DDR zum
Atommülllager umgewidmet. Etwa 14.000 Kubikmeter mittelradioaktiver
Müll wurde dort bis zur Wende eingelagert. Eineinhalb mal soviel folgte
danach durch die gesamtdeutsche Regierung. Bis sich im November 2002
ein tonnenschwerer Salzbrocken von der Decke löste. Hätte dieser den
Atommüll getroffen, wäre Radioaktivität ausgetreten. Auch das zweite
deutsche Atommülllager wurde daraufhin geschlossen. Asse II und
Morsleben: Zwei Salzstöcke, die nie als Endlager geeignet, geschweige
denn genehmigt waren. Eine Rückholbarkeit des Mülls ist unmöglich.
Um den Bau von Atomkraftwerken zu rechtfertigen, wurde endlich ein
Endlager benötigt. Ein Beispiel ist die wenige Kilometer westlich bei
Salzgitter liegende Eisenerzgrube Konrad. Hier begannen die
Erkundungsarbeiten 1975. Zur Förderung der Akzeptanz in der Bevölkerung
wurden vom Bund etwa 20 Millionen Euro an die Stadt Salzgitter geleistet.
Außerdem, aber „völlig unabhängig davon“, wurde das Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) dort angesiedelt. Es wurde versucht, vollendete
Tatsachen für das viel versprechende Bergwerg zu schaffen, dessen
Kapazitäten auf etwa 650.000 Kubikmeter geschätzt werden. Doch
WissenschaftlerInnen zufolge hätte ein Endlager Schacht Konrad, mal von
der Sicherheit ausgegangen, im Routinebetrieb eine höhere
Strahlungsbelastung als jedes deutsche Atomkraftwerk.
Ende der siebziger Jahre wird auch noch der Salzstock im etwas entfernten
wendländischen Gorleben inspiziert. Hier war vor allem die strukturelle
Lage (wenig Einwohner und nah an der DDR gelegen) ausschlaggebend.
Doch auch über 25 Jahre und 1,3 Milliarden(!) Euro Untersuchungskosten
für die Erforschung des Bergwerkes auf seine Eignung als Endlagerstätte
später ist klar: Gorleben hat Kontakt zum Grundwasser und die Eignung
des Salzes auf seine Lagerfähigkeit ist äußerst umstritten. Auch hier wäre
eine Wiederöffnung nicht möglich. Eine deutliche Absage kommt vom
Hannoveraner Geologen Dr. Detlef Appel: „Die Spätfolgen des Salzabbaus
s i n d u n t e r s c h ä t z t w o rd e n . E s s o l l t e n k e i n e e h e m a l i g e n
Gewinnungsbergwerke für die Endlagerung genutzt werden.“ Im Herbst
2002 erklärt Jürgen Trittin die Erkundungen aus Sicherheitsgründen für
beendet.
Dennoch galten Schacht Konrad und Gorleben trotz fehlenden
Eignungsnachweises als gesetzlich vorgeschriebene Entsorgungsgarantien
für den Bau und Betrieb der deutschen Atomkraftwerke. Und entgegen
aller Warnungen von WissenschaftlerInen wollen Union und FDP sie nun
endlich zu den beiden ersten (offiziellen) deutschen – nein, besser noch:
europäischen – Atommüllendlagern machen. Na dann, gute Nacht.
Links:
www.greenpeace.de/the
men/atomenergie/
www.bund.net/lab/reddo
t2/energiepolitik.htm
www.x1000malquer.de/
Jan Philipp Albrecht
SPUNK-Redakteur und
Jura-Student aus Bremen
hat 15 seiner 22
Lebensjahre zwischen
Asse, Konrad und
Morsleben verbracht und
wird auch diesen Herbst in
Gorleben sein.
Ja, wo fahren sie denn hin?
Oder: Warum Autos einfach nerven.
Immer mehr Autos verstopfen unsere
Straßen, immer mehr Städte werden
von Feinstaub heimgesucht und immer
mehr Auto-Abgase verpesten unsere
Atmosphäre bis zum erwartbaren
Klimakollaps. Nicoel Maisch,
Sprecherin der GRÜNEN JUGEND
Hessen und SPUNK-Redakteur
Werner Graf erklären, warum es zu
einer grünen Verkehrspolitik keine
Alternative gibt.
OECD (Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung), Bundesverkehrsministerium und
Verkehrsverbände sind sich einig:
Die Fortschreibung der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte hat
dramatische Folgen für unser
Klima, für die Gesundheit der
Menschen und für die Strukturen
von Städten und Gemeinden. Mit
erheblichen ökologischen
Belastungen und ökonomischen
Folgekosten muss gerechnet
werden. Prognosen zeigen: Bis zum
Jahr 2015 wird der Personenverkehr
um 22 Prozent und der Güterverkehr um 64 Prozent zunehmen.
Bereits zwischen 1990 und 2000 sind
die verkehrs-bedingten CO2Emissionen um 15 Prozent
gestiegen.
Viele Menschen werden auch durch
die enorme Zunahme des Straßenverkehrslärms in ihrer Lebensqualität dauerhaft und krankmachend eingeschränkt. Dazu
kommen Belastungen durch
Feinstaub und andere Gifte. Eine
Folge des Autoverkehrs ist
außerdem die fortschreitende
Zersiedelung von Landschaft und
N a t u r. E u r o p a w e i t – u n d
Deutschland war dabei Spitzenreiter im Straßenausbau – wurde
das Straßennetz seit 1980 um mehr
als 70 Prozent ausgebaut. Die
Situation ist also katastrophal.
Betroffen sind das Klima, aber auch
Gesundheit und Wohlbefinden der
Menschen. Ein Umdenken in der
Verkehrspolitik ist daher mehr als
nötig.
Durch kostenlosen
ÖPNV Geld sparen
Hierfür gibt es sinnvolle
Möglichkeiten: Eine davon ist, den
öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV) kostenlos bzw. über eine
Umlage, ähnlich wie bei den
Semestertickets der Studierenden
anzubieten. Auf den ersten Blick
mag dies teuer, ja unbezahlbar
wirken, auf den zweiten ist aber
das genaue Gegenteil der Fall: So
sparte bisher jede Gemeinde, die
ein solches Projekt durchführte,
Unmengen an Geldern für neue
Straßen; KontrolleurInnen und
KassiererInnen wurden eingespart.
Ein solches BürgerInnenticket ist
eine klassische win-win Situation:
Die Verkehrsverbünde erweitern
ihren Kundenkreis und können ihr
Angebot ausweiten, die Kommunen sparen Geld und die
BürgerInnen genießen den Komfort
eines gut ausgebauten ÖPNVNetzes zu einem günstigen Preis
und smogfreie Luft in ihren
Innenstädten.
Autofrei ist keine
Träumerei
Doch nicht nur ein kostenloser
ÖPNV wäre eine Alternative, auch
autofreie Innenstädte sind geeignet,
um das Verkehrsproblem zu lösen.
Dass es nicht notwendig ist, mit
dem Auto vors Geschäft fahren zu
können – wie uns manche AutolobbyistInnen weismachen wollen
- zeigt jede Fußgängerzone. In allen
Städten werden in diesen Bereichen
die höchsten Ladenmieten erzielt.
Heute weiß mensch, dass damit die
Innenstadt, und somit auch die dort
ansässigen Läden, aufgewertet
werden. Schaden nimmt der
Einzelhandel nur dort, wo öffentlicher Nahverkehr eingeschränkt
wird.
Natürlich müssen auch weiterhin
Güter angeliefert werden. Natürlich
muss einE KrankeR weiterhin mit
dem Krankenwagen zum Krankenhaus gebracht werden, natürlich
muss es Ausnahmeregelungen für
Behinderte geben. Und natürlich
kann mensch auch nicht erwarten,
dass Waschmaschinen nach Hause
getragen werden. Autos komplett
abzuschaffen, ist nicht möglich.
Aber unnötigem Verkehr muss
endlich Einhalt geboten und Autos
effizienter werden. Wer weiß, dass
69 Prozent aller in Heidelberg mit
dem Auto zurückgelegten Wege
nicht länger als fünf Kilometer sind,
dem wird klar, dass endlich etwas
getan werden muss.
Außerdem gibt es auch ganz
einfache Lösungen: Bei der
anzuliefernden Waschmaschine
wäre es verkehrsvermeidend, wenn
sich die Geschäftsleute zu einer
„Auslieferungsgemeinschaft“
zusammenschlössen und
„konzentriert“ die Waren an die
KäuferInnen ausliefern würden. In
der Schweizer Stadt Bühlach
schlossen sich EinzelhändlerInnen
zusammen und beauftragten ein
Busunternehmen, um potenzielle
KundInnen kostenlos von ihrer
Siedlung in die Einkaufsmeilen zu
kutschieren. Auf das Auto zu
verzichten ist möglich und ist
meistens sogar bequemer.
CDU-Energiepolitiker Kurt-Dieter Grill, in
dessen Bundestagswahlkreis der Salzstock
Gorleben liegt: „Wer den bestmöglichen
Endlagerstandort will, sucht keinen, weil es ihn
nicht gibt.“ Genau, nur dass dies kein Grund
für, sondern gegen Atomkraft sein kann!
Sowohl Schacht Konrad, als auch Gorleben sind
nach Ansicht von WissenschaftlerInnen nicht
geeignet.
FDP-Umweltminister Niedersachsens HansHeinrich Sander: „Wir müssen Gorleben so
schnell wie möglich zu Ende erkunden und
Salzgitter so früh wie möglich in Betrieb
nehmen.“ Fakt ist: Seit fast 30 Jahren werden
diese beiden Bergwerke erkundet. Gorleben
wurde nach 1,3 Milliarden Erkundungskosten
als ungeeignet bezeichnet. Schacht Konrad ist
bis heute von Klagen der AnwohnerInnen
blockiert, die ihr Recht auf Gesundheit geltend
machen wollen.
Derselbe auf die Frage, ob Schacht Konrad auch
für europäischen Atommüll geöffnet werden
soll: „Wir können die Schotten nicht einfach
dicht
machen.“
Indem
der
Umweltzerstörungsminister Sander
Niedersachsen zum Atomklo Europas machen
will, verletzt er seinen Amtseid, der ihn
verpflichtet, Schaden vom Land abzuwenden.
Und noch mal Sander: „In Salzgitter und
Gorleben müssen alle Institutionen hin, die mit
Kernenergie zu tun haben.“ Von einer
Vorfestlegung ist aber überhaupt keine Rede!
Falls sich völlig überraschender Weise nach all
dieser Zeit die beiden Stätten als ungeeignet
erweisen, müssen wir eben wieder wo anders
hin, nicht wahr? Wer’s glaubt, wird selig!
CDU-Bundestagsfraktionsfize Klaus
Lippold: „Die Verlängerung der Laufzeiten der
deutschen Atomkraftwerke führt dazu, dass
Strom weiterhin preiswert produziert werden
kann.“ Klar, wenn der Staat Forschungs- und
Entsorgungskosten tragen muss! Atomkraft hat
of fensichtlich nichts mit niedrigen
Energiepreisen zu tun. Sehr wohl haben aber
die hohen Gewinne von RWE und Co. etwas
mit hohen Energiepreisen zu tun.
FDP-Energiepolitikerin im Bundestag
Gudrun Kopp: „Wer für erneuerbare Energien
plädiert, muss auch sagen, dass dafür im
Hintergrund konventionelle Kraf twerke
erforderlich sind, die einen höheren CO2Ausstoß haben.“ Natürlich schwankt das
Energieaufkommen von Windkraft. Aber auf
die Idee, mit erneuerbaren Energien auch
andere Technologien, wie Wasser-, Geo-, und
Biokraftwerke zu verbinden, kommt die FDP
nicht.
Deshalb darf Schwarz-Gelb auf keinen
Fall an die Macht kommen!
Nicole Maisch ist Landesvorsitzende der Grünen Jugend
Hessen und als Direktkandidatin im Wahlkreis Waldeck
und Platz sieben der hessischen Landesliste im
Dauerwahlkampf. Nicole hat aus Prinzip weder Auto noch
Führerschein und zahlt gerne für Ihr Semesterticket.
SPUNK-Redakteur Werner Graf wohnt in Berlin und ist
derzeit Wahlkampfkoordinator der GRÜNEN JUGEND. Mit
viel Engagement setzte er sich für einen bundesweiten
Aktionstag „Reclaim your Kreuzung“ ein und fährt aus
Prinzip schwarz.
3
ABSCHALTEN UND
ENTSPANNEN
Energie einfach einsparen - Klima und
Geldbeutel schonen
Mit diesen Tipps könnt ihr jährlich bis zu 30
Euro einsparen!
1. Energiesparsame Geräte kaufen! Liste energiesparender Geräte: www.spargeraete.de und
www.energy-plus.de und www.energielabel.de
2. Kühlschrank an einen kalten Platz stellen!
Denn pro Grad höherer Raumtemperatur zieht
er etwa vier Prozent mehr Strom. Wenn man
länger nicht da ist, Kühlschrank abschalten (dabei
Gefrierfach abtauen).
3. Geräte bei Nichtbenutzung immer
ausstecken! Alternativ könnt ihr Steckdosen mit
Netzschaltern kaufen. Wegen Stand-by-Geräten
laufen in Deutschland zwei AKWs mehr.
4. Energiesparlampen nutzen! Sie sparen ca.
80 Prozent Strom und sind vor allem für
langanhaltendes Licht geeignet. Für häufiges
An- und Ausschalten sind normale Birnen besser.
5 . B e s s e r ku r z d u s c h e n a l s b a d e n !
Sparduschköpfe können den Wasserverbrauch
sogar um 50 Prozent verringern.
6. Computer ausschalten! Wenn ihr nicht am
Computer arbeitet, verbraucht er trotzdem 70
Prozent der benötigten Energie. Flachbildschirme
sind übrigens sparsamer als Bildröhren.
7. Mikrowelle muss nicht sein! Bereits zwei
Portionen in der Mikro verbrauchen mehr Strom
als im Herd. Statt Gefrorenes damit aufzutauen,
einfach früher rauslegen.
8. Kochtipps: - Eine fingerdicke Menge Wasser
im Topf reicht, im Wasserdampf werden Eier
und Kartoffeln super. - Den Ofen nicht vorheizen.
Ofen früher ausschalten und die Nachwärme
nutzen! - Deckel immer auf den Topf! Senkt den
Energieverbrauch um ein Viertel. - Nudelwasser
da schneller vorher im Wasserkocher heiß
machen!
9. Der letzte macht immer das Licht aus! 10
Prozent des Stromverbrauchs macht die
Beleuchtung aus.
Noch mehr Geiz beim Energieverbrauch
entwickelt? Hier stehen noch mehr Tipps:
www.vzbv.de/go/themen/9/quickclick/8/index.html
www.treibhauseffekt.com/tipps/
www.greenpeace-magazin.de/spezial/spartipps/
4
AKTUELLES
Interview mit Daniel Köbler, Kandidat der GRÜNEN JUGEND und auf Listenplatz vier in Rheinland-Pfalz für den Bundestag
Du bist für die Bündnisgrünen in
Rheinland-Pfalz auf dem vierten
Platz der Liste für den Bundestag.
Welches politische Problem willst
du persönlich als erstes anpacken?
Zum einen würde ich eine solide
Finanzierung des Tagesbetreuungsausbaugesetzes entwickeln, damit
alle Kinder unter drei Jahren einen
Krippenplatz bekommen. Zweitens
würde ich dafür kämpfen, dass alle
Sanktionsregelungen der HartzGesetze, die Menschen unter 25
Jahren einseitig benachteiligen,
zurück genommen werden. Und
ganz wichtig: Gegen die Krise in
der Region Dafour im Sudan
müssen von der Internationalen
Gemeinschaft endlich Maßnahmen
einer friedlichen Konfliktbewältigung ergriffen werden.
haben zum Beispiel bei den Grünen
– als einzige Partei im Bundestag
–einen konsequent antirassistischen
Grundkonsens. Grüne haben es
geschafft, dass sich diese Republik
endlich als Einwanderungsland
begreift. Zwar sind noch rechtes
Gedankengut und fremdenfeindliche Ressentiments in allen
Bevölkerungsgruppen verbreitet,
wogegen wir aber viele Projekte
initiiert haben.
Immer mehr Menschen gehen nicht
wählen oder interessieren sich
nicht mehr für Politik. Was hältst
du von dieser angeblichen
Politikverdrossenheit vor allem
junger Leute?
Viele junge Menschen engagieren
sich politisch. Nur dem Parteiensystem gegenüber sind sie
skeptisch, zu Recht. Attac oder
dass im „Raumschiff Berlin“
Entscheidungen getroffen werden,
die keineR versteht, viele nicht
wollen und die, Beispiel Hartz IV,
sozial unausgewogen und, Beispiel
MEADS, gegen die Positionen der
eigenen Parteien sind. Das macht
Politik unverständlich, ja fast
abstoßend.
Das Thema „Soziale Sicherungssysteme“ dominiert den Wahlkampf. Die Grünen schreiben in
ihrem Wahlprogramm: „Wir wollen
Sie davon überzeugen, dass das
wichtige Thema der Ökologie auf
der Tagesordnung bleibt. Ohne
Ökologie ist kein Leben möglich,
kein Arbeiten und keine
wirtschaftliche Entwicklung, keine
Gerechtigkeit und keine Freiheit.“
Was sagst du dazu?
Wir haben nur diese eine Welt"
Es gibt besonders viele junge
Menschen, die von der grünen
Regierungsbeteiligung enttäuscht
sind: Kosovo, das Ausbleiben der
Cannabislegalisierung oder der
Atomkonsens sind nur einige
Beispiele. Warum rätst du ihnen
trotzdem grün zu wählen?
In unserem Wahlprogramm zeigen
wir, dass wir selbstkritisch Bilanz
gezogen haben: Wir haben nicht
alles erreicht, was wir wollten. Das
lag sicherlich daran, dass einige
Fehler gemacht wurden. Die
schlimmsten Beispiele sind die
Kriege gegen den Kosovo und
Afghanistan. Aber die ständige
Blockade unserer Gesetzesvorhaben
durch den Bundesrat oder ein Otto
Schily haben das Mitregieren nicht
leicht gemacht.
Dennoch: Viele Errungenschaften
im Bereich der Ökologie und im
VerbraucherInnenschutz sind einzig
auf Grüne zurück zuführen. Wir
Daniel Köbler (24) ist seit
2003 Landesvorstandssprecher der GRÜNEN
JUGEND Rheinland-Pfalz. Er
spielt erfolgreicher Fußball als
Nils Wiechmann, MdL, rappt
tighter als Omid Nouripour
(und besticht vor allem durch
seine Bescheidenheit,
Anm.d.Red.)
Wir setzen der Politik der neoliberalen Kälte a la Merkel und
Westerwelle einen Gesellschaftsentwurf entgegen, der ökologisch,
solidarisch, emanzipatorisch und
weltoffen ist. Es geht darum
Zukunftsaussichten und Alternativen aufzuzeigen, was wir
Grüne mit dem Wahlprogramm
tun. Ein „Weiter so!“ wird es nicht
geben.
Greenpeace, aber auch die GRÜNE
JUGEND erfreuen sich steigender
Mitgliederzahlen.
Als Mainzer Stadtrat oder auch als
Mitglied in der Nachwuchskommission der Bundespartei habe
ich erkannt, dass es ein grundsätzliches Problem in der Politik
gibt: mangelnde Rückkopplung an
die Menschen. Es kann nicht sein,
Es ist entscheidend für unsere
Zukunft, dass wir den Grundsatz
„Wir haben nur diese eine Welt“
auf jegliches politische Handeln
anwenden. Allerdings gibt es auch
eine große soziale Verunsicherung
in der Gesellschaft. Wir nehmen die
Sorgen der Menschen ernst und
zeigen Wege auf, wie wir Grüne
hier politisch handeln können, ohne
unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören: durch die
Grundsicherung, bessere Bildungschancen und Investitionen in die
Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze, vor allem im ökologischen,
im Bildungs- und sozialen Bereich.
Vielen Dank für das Gespräch
Daniel und dir alles Gute!
Das Interview führte SPUNKKoordinatorin Katrin Schmidberger.
AKTUELLES
Stell’ Dir vor, es ist Wahlkampf und alle zeigen Stacheln...
Ein differenzierter Blick lohnt!
Wir befinden uns im Jahre 2005 n. Chr.: Ganz Deutschland glaubt an den schwarzgelben Wahlsieg... Ganz Deutschland? Nein! Ein kleiner Haufen unermüdlicher
HeldInnen hört nicht auf, die Stacheln zu zeigen. Und das Leben ist nicht leicht
für alle, die für Ökologie und Soziale Gerechtigkeit kämpfen. Wiebke Herding und
Malte Spitz erklären, wie die GRÜNE JUGEND im Wahlkampf punkten will.
Sie nennen sich SEK – Sondereinsatzkommando Wahlkampf der GRÜNEN
JUGEND, sie arbeiten gemeinsam mit
dem Bundesvorstand. Ihr Auftrag: Mehr
Prozente für die Grünen bei der Wahl
am 18. September und möglichst viele
junge Grüne im Bundestag. Der erste
Schritt: Mobilisierung junger WählerInnen. Und so wagten sich am
Hochschulaktionstag am 5. Juli gleich
vierzig Teams ans Tageslicht, erklärten
geduldig, wie Briefwahl funktioniert
und warum Bildung nicht unter die
Räder kommen darf.
Die Mission ist nun noch größer, gegen
Ausbeutung zu kämpfen, den Zugang
zu Bildung für alle zu öffnen, das Klima
zu schützen und ökologische Lebensstile
zu fördern. Denn das sind die
Schwerpunktthemen des Wahlkampfes
der GRÜNEN JUGEND, diese tauchen
in allen Materialien und Aktionen auf.
Übergreifender Slogan: „Stacheln
zeigen“. Zwei Aktionstage markieren
die Höhepunkte des Wahlkampfs:
Unter dem Pflaster liegt der Strand –
am 12. August macht die GRÜNE
JUGEND bundesweit Kreuzungen zu
Badeinseln und zeigt damit, dass der
Autoverkehr einer der Hauptverursacher des Klimawandels ist – und zudem viel lebenswerten Raum in
den Städten nimmt. Drei Wochen später, am 6. September klagt sie
Ausbeutung in Praktikum und Ausbildung an. Vor mindestens zwanzig
Betrieben protestieren Gruppen der GRÜNEN JUGEND gegen unbezahlte
Praktika und fordern einen Mindestlohn.
Wichtig vor allem: Der Wahlkampf kommt nicht nur dahin, wo grüne
Ideen ohnehin verstanden werden. Das Projekt „Hochtouren“ geht mit
mehr als 150 kreativen Aktionen und viel Elan bundesweit auch aufs Land
und in die Kleinstadt. Zehn Kleinbusse mit insgesamt siebzig jungen
Leuten fahren von Glücksburg in Schleswig- Holstein bis Mittenwald in
Bayern, von Kleve in Nordrhein-Westfalen bis Guben in Brandenburg.
Am 26. August geben Claudia Roth und Jürgen Trittin in Göttingen den
Startschuss, danach unterstützen die Teams den Wahlkampf beim Endspurt:
Ein Pinguin zieht durch die Innenstädte und macht eindringlich darauf
aufmerksam, dass endlich gegen den Klimawandel gehandelt werden
muss, denn „sein Eis schmilzt“. An anderen Orten öffnen „mobile
Ausbeutungsstellen“, in denen arme PraktikantInnen im Sträflingsanzug
PassantInnen kostenlose Dienstleistungen anbieten. Abends gibt es
ErstwählerInnenparties und Diskussionen. Und natürlich gibt es noch
viele weitere Ideen…
Wer nicht vor Ort dabei sein kann, kann
den Wahlkampf im Internet verfolgen.
Auf www.gruene-jugend.de werdet ihr
alles - und noch viel mehr - erfahren,
was die GRÜNE JUGEND im
Wahlkampf so treibt. Ihr könnt in den
Blogs Eindrücke von den Hochtouren,
den bundesweiten Aktionstagen oder
von unserer Kampagnen finden.
Desweiteren gibt es für die Schwerpunkte Beratungsangebote online. So
ist eine Broschüre mit den Rechten und
Pflichten von PraktikantInnen und
Azubis online oder eine Auswahl der
besten Radtouren geplant.
WIE WÄHLT MENSCH
RICHTIG?
Die GRÜNE JUGEND wird also wie
gewohnt in diesem Wahlkampf Stacheln
zeigen. Denn wer sie kennt, die/der
weiß, dass wir traditionell unbequem
sind und engagiert für eine gerechte,
ökologische, gewaltfreie und
emanzipatorische Welt kämpfen. Auch
wenn es schwer ist, es lohnt sich, diese
Welt ein bisschen besser zu machen.
Und solltest du auch einE
WeltverbesserIn sein, dann gibt es bei
der GRÜNEN JUGEND sicher genug
M ö g l i c h k e i t , d e i n e Vi s i o n e n
umzusetzen.
Erststimme:
Malte Spitz ist 21 Jahre alt, lebt auch in Berlin und ist
Politischer Geschäftsführer der GRÜNEN JUGEND. Er vertritt
die GRÜNE JUGEND im Wahlkampfstab der Grünen und
ist für die Kommunikation mitverantwortlich.
Wiebke Herding ist 26 Jahre alt, lebt in Berlin und ist
Wahlkampfkoordinatorin der GRÜNEN JUGEND. Sie war
Bundesjugendsprecherin der BUNDjugend und
Projektleiterin für den Kongress McPlanet.com.
Rot-Grün war die Hoffnung - Eine Bilanz grüner Regierungsarbeit
Mit dem Wahlsieg von Rot-Grün 1998
endete die Ära Kohl – ein Zeitpunkt
großer Hoffnungen: die Bundesrepublik
sollte fortan offener, ökologischer und
sozialer werden, die Außenpolitik an
den Menschenrechten und nicht an
den egoistischen Interessen
Deutschlands ausgerichtet sein. Hat
Rot-Grün diese Erwartungen erfüllt?
Oder liegt das Rot-Grüne Projekt, nun
nach der Distanzierung seitens der
SPD, gescheitert in Scherben? Macht
es Sinn für eine Fortsetzung zu
kämpfen? Antworten suchen Anne
Spiegel, aussichtsreiche Landtagskandidatin in Rheinland-Pfalz und
Stephan Schilling, Bundesvorstandssprecher der GRÜNEN JUGEND.
Schwule und Lesben dürfen
heiraten. Bei der Fahrt übers Land
kommt mensch an Windrädern,
Dächern mit Solarzellen und BioBauernhöfen vorbei. Zwei deutsche
Atomkraftwerke sind vom Netz
gegangen, die Einbürgerungsraten
bei MigrantInnen steigen, deutsche
SoldatInnen sind am Irak-Krieg
nach wie vor nicht beteiligt. Frauen
dürfen auch in der Ehe nicht mehr
geschlagen werden – eine kleine
Kulturrevolution im bayrischen
Hinterland. Rot-Grün hat dieses
Land definitiv verändert.
Doch die Schattenseite ist ebenfalls
unübersehbar: an zwei Kriegen hat
sich Deutschland in den letzten
sieben Jahren beteiligt, die
Massenarbeitslosigkeit blieb
ungelöst, die Staatsverschuldung
ist weiter gewachsen, es gab
massive Einschnitte in die
BürgerInnenrechte, Hartz IV hat
trotz des berechtigten Grundanliegens die soziale Lage eher
verschlechtert. Wie also sind diese
sieben Jahre Rot-Grün zu bewerten?
„Das strukturelle Dilemma von RotGrün ist, dass es reine linke
Mehrheiten in der Bundesrepublik
nicht gibt, sondern zur Mehrheitsbildung immer Teile der rechten
Mitte mit eingebunden werden
müssen, die auch ihren Preis
verlangen", analysierte
Ludger Volmer, ehemaliger
Partei- und Fraktionssprecher am Wahlabend
1998. Und hat damit
in der Realität
vielfach Recht
behalten: RotGrün sah sich
über sechs
der sieben
Jahre einer
schwarz-gelben
Bundesrats-Mehrheit
gegenüber, die immer wieder
Reformen blockiert oder
verschlimmert hat, und auch
gesellschaftlich hatte Rot-Grün oft
keine Mehrheit für progressive
Reformen hinter sich: mensch
denke nur an die Auseinandersetzung um die doppelte StaatsbürgerInnenschaft oder das
Zuwanderungsgesetz. Vielfach
offenbarten sich zudem Teile oder
gar die gesamte Sozialdemokratie
als Teil einer Blockade gegen
ökologische Modernisierung und
gesellschaftliche Öffnung.
Doch wäre es zu einfach, alle Fehler
und Unzulänglichkeiten auf diesen
Fakt abzuwälzen. Oft stand sich
Rot-Grün
auch selbst
im Weg. In
d e r Wi r t schafts- und
Sozialpolitik
haben SPD und
Grüne selber
falsche Antworten
gegeben. So sind dem
neoliberalen Mythos,
Steuersenkungen für
Unternehmen auch viele
Grüne und SPDlerInnen
aufgesessen – die Körperschaftssteuersenkung hat
jedoch alles in allem außer
neuen Haushalts-löchern nicht
viel gebracht. Hier war es
sicherlich auch nicht hilfreich, dass
mit Oskar Lafontaine 1999 einer
der Taufpaten des Rot-Grünen
Projekts das Handtuch geschmissen
hat und die SPD danach völlig
unter dem Joch von Autokanzler
Schröder stand. Oft auch bewiesen
die Grünen innerhalb der Koalition
zuwenig Kampfesmut und ließen
sich durch das Kanzlermachtwort
disziplinieren. Sei es bei der Debatte
um den Atomkonsens oder das
unsinnige und von den Grünen
heftig bekämpfte Rüstungsprojekt
MEADS.
Also: alle Hoffnungen gestorben?
Nein! Wer das Wahlprogramm der
Grünen liest, merkt, dass diese aus
vergangenen Fehlern gelernt haben.
Und noch viel vorhaben – die
Einführung einer BürgerInnenversicherung oder die Fortsetzung
der Energiewende zum Beispiel.
Für starke Grüne lohnt es sich also
zu kämpfen, ebenso für linke
gesellschaftliche Mehrheiten. Wenn
es dann erneut für eine Rot-Grüne
Koalition reicht, muss mensch
schauen, was bei rauskommt. Es
könnte definitiv Schlimmeres
geben...
Das Wahlsystem in Deutschland ist eine Mischung
aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht, deshab hat man zwei Stimmen zur
Verfügung. Man spricht auch von einer
personalisierten Verhältniswahl. Die Erststimme
geht an eine der KandidatInnen im eigenen
Wahlkreis. Die Zweitstimme bestimmt die
Sitzverteilung der Parteien im Parlament.
In jedem Wahlkreis (es gibt 299 Wahlkreise)
stellen sich KandidatInnen persönlich zur Wahl.
Wer die meisten Stimmen bekommt, zieht direkt
in das Parlament ein.
Zweitstimme:
Die Zweitstimme ist die wichtigere Stimme. Sie
bestimmt über die Stärke der Parteien im
Bundestag. Die 598 Sitze werden im Verhältnis
aller deutschlandweit abgegebenen
Zweitstimmen auf die Parteien aufgeteilt. Davon
werden die Sitze abgezogen, die die Parteien
durch die Erststimmen schon bekommen haben.
Zum Beispiel: Die Grünen bekamen bei der
Bundestagswahl 2002 gut 4,1 Millionen
Zweitstimmen, das waren 8,6 Prozent aller
Stimmen. Entsprechend bekamen sie 55 Sitze
im Bundestag. Aber ein Grüner hat auch einen
Wahlkreis gewonnen (Hans-Christian Ströbele
in Berlin), daher kamen neben ihm noch 54
Grüne ins Parlament, und zwar über die Listen,
die die Landesverbände aufgestellt haben.
Sperrklausel: Wer weniger als fünf Prozent
der Zweitstimmen oder wenier als drei
Direktmandate bekommt, erhält neben den
Direktmandaten keine weiteren Sitze im
Bundestag.
Überhangmandate: Ziehen von einer Partei
mehr DirektkandidatInnen in den Bundestag
ein als dieser laut Zweitstimmenergebnis
zustehen, spricht man von Überhangmandaten.
Durch diese Überhangmandate vergrößert sich
der Bundestag.
Stimmenverleih:
Häufig hört man, dass Wähler der Grünen ihre
Er s ts timme lieber an den möglichen
Koalitionspartner SPD vergeben wollen, weil
der oder die Grünen-KandidatIn eh keine
Chancen auf ein Direktmandat hat. Das führt
aber nicht dazu, dass die SPD mehr Sitze im
Bundestag hat - denn dafür ist ist ja nur die
Zweitstimme wichtig. Daher sollte man die
Erststimme der KandidatIn geben, durch die
man seine eigenen Inhalte am besten vertreten
fühlt. Erst- und Zweitstimme für Grün!
Sechs Wochen vor der Bundestagswahl am 18.
September bekommen alle Wahlberechtigten
ihre Wahlbenachrichtigung. Wer am 18.
September nicht kann, kann damit auch
Briefwahl beantragen.
Mehr Infos zum richtigen Wählen
und zur Bundestagswahl 2005:
http://www.bundeswahlleiter.de
Anne Spiegel (24) studiert Politik, Philosophie und Psychologie und hat sich gegenüber Rot-Grün immer kritisch
gezeigt.
Bundesvorstandssprecher Stephan Schilling (22) ist
VWL-Student und hat sich bei aller Sympathie insgesamt
immer wieder auch gegen rot-grüne Irrwege wie bei
MEADS eingesetzt.
5
3.
Igel
Schweden – Vorbild in der Wirtschaftspolitik? Stabile Staatsfinanzen,
geringe Arbeitslosigkeit - dass
schwedische Wirtschaftssystem scheint
ideal. Bundestagskandidat Gerhard
Schick wirft für den SPUNK einen
kritischen Blick auf das hochgelobte
System.
2.
Interview mit Stephan Schilling
BürgerInnenversicherung, Hartz IV und
die neue Linkspartei! Stephan Schilling,
Sprecher der GRÜNEN JUGEND,
bezieht Stellung zu den essentiellen
Fragen dieses Wahlkampfes.
3.
Kauf dich klug!
In Deutschland entscheidet hauptsächlich der Geldbeutel der Eltern über
die Bildungschancen ihrer Kinder.
Gregor Simon schildert, wie schlimm
es bereits geworden ist.
4.
Rot - G r ü n wa r d i e H o f f u n g
Als rot-grün 1998 startete, knüpften
weite Teile des links-alternativen
Spektrums große Hoffnungen an die
neue Regierung. Anne Spiegel und
Stephan Schilling ziehen für uns eine
Bilanz.
#45
spontan politisch und natürlich kritisch
August 2005
www.gruene-jugend.de
Ausgebeutet!
Soziale Marktwirtschaft
Zusammen mit der Währungsreform und dem
Abbau der Zwangswirtschaft wird 1948 in den
drei Westzonen Deutschlands die Soziale
Marktwirtschaft eingeführt. Dieser von Alfred
Müller- Armack (CDU) geprägte Begrif f
kennzeichnet ein Wirtschaftsmodell, das bei
grundsätzlicher Unterstützung der
wir tschaf tlichen Freiheit zugleich die
Regulierungs- und Kontrollfunktion des Staates
betont, um unsoziale Auswirkungen zu
verhindern und "Wohlstand für alle" zu schaffen.
Zu den staatlichen Aufgaben zählt vornehmlich
der Schutz des freien Wettbewerbs, die
Ste u e r u n g d e r E i n ko m m e n s - u n d
Vermögensverteilung, die soziale Absicherung
elementarer Lebensrisiken und die Regelung
der Struktur- und Finanzpolitik.
Working Poor
Working Poor (arbeitende Arme) bezeichnet
Menschen, die trotz Erwerbstätigkeit keinen
"existenzsichernden Lebensunterhalt" verdienen.
Analog zur Vielfältigkeit der Begriffe "arm" und
Beschäftigung gibt es jedoch bisher keine
einheitliche statistische Definition des Begriffs.
Of t werden nur Vollzeitbeschäf tigte
berücksichtigt.
Die Leiden der jungen Bewerber
Früher haben wir ein Praktikum oder eine Ausbildung gemacht, um etwas zu
lernen. Inzwischen sind wir immer häufiger nur noch billige HilfsarbeiterInnen,
die reguläre Arbeitskräfte ersetzen. Sebastian Heiser berichtet über die neue Form
der Ausbeutung.
Marina ist 24 und Photomedienlaborantin im dritten Lehrjahr. Täglich
muss sie neuneinhalb Stunden arbeiten, ohne die angesammelten
Überstunden jemals ausgezahlt zu bekommen. Marco ist im dritten Lehrjahr
zum Gas- und Wasserinstallateur. Aber statt im Betrieb den Beruf zu lernen,
muss er seit über einem Monat die neue Werkshalle alleine streichen.
Clarissa ist eine 15-jährige Auszubildende, die später Zahnarzthelferin
werden will. In ihrer Praxis sollen die vier Auszubildenden ein gestohlenes
Gerät im Wert von 200 Euro ersetzen – obwohl es keine Anhaltspunkte
dafür gibt, wer hier lange Finger gemacht hat.
Wie Marina, Marco und Clarissa geht es inzwischen immer mehr
Auszubildenden unserer Generation. Seit dem Ende des Börsenbooms vor
wenigen Jahren hat sich die Lage für Auszubildende und PraktikantInnen
dramatisch verschlechtert. Diese drei und viele weitere Fälle hat der
Jugendverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes in einem
„Schwarzbuch Ausbildung“ veröffentlicht. Die Fälle stammen von der
eigens eingerichteten Seite www.dr-azubi.de, auf der der Verband Beratung
anbietet.
übernimmt, darf sich für das Praktikum mit einer Dauer von „3-6 Monaten“
bewerben. Geld? Fehlanzeige.
Eigentlich sind Praktika ja nicht schlecht. Früher hießen sie oft
Schnupperpraktika, weil es die Chance war, einmal in einen Betrieb
hineinzuschnuppern und zu schauen, ob man wirklich
DatenbankentwicklerIn werden will oder nicht doch lieber SurflehrerIn.
Wir PraktikantInnen heute wissen dagegen schon häufig, was wir werden
wollen, finden aber in unserem Beruf keine feste Arbeit – was die
Unternehmen schamlos ausnutzen.
Nach dem Studium kommt erst mal eine Dauerpraktikantschaft. Die
Wissenschaft hat bereits einen Namen für das Phänomen: floundering
period – das ist die Phase, in der wir zappeln wie eine Flunder.
Immer häufiger passiert es, dass Firmen gerade für einzelne Projekte keine
neuen MitarbeiterInnen einstellen oder der Auftrag an eine externe Firma
geht, sondern dass ein Unternehmen sich ein paar von uns holt, als
PraktikantInnen. Bernhard Hohn, Arbeitsmarktexperte der Bundesagentur
für Arbeit erkennt einen klaren Trend: „Unsere Hochschulteams melden
seit 2002, dass ein nahtloser Wechsel von der Universität in den Beruf
immer schwieriger wird.“
Täglich kommen auf dieser Webseite neue Schilderungen hinzu. Und die
Fälle gleichen sich: Chefs kürzen bei Krankheit rechtswidrig den Lohn.
Urlaub fällt kürzer aus als vorgeschrieben. Azubis fallen reihenweise durch
die Abschlussprüfung, weil sie im Betrieb Hilfsarbeiten erledigen müssen
statt etwas zu lernen. Wir alle kennen inzwischen im Freundeskreis
Auszubildende, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, vor allem in
kleineren und mittelgroßen Unternehmen.
Vor allem in projektlastigen Berufen, sagt Bernhard Hohn, wird statt Werkoder Dienstverträgen lieber ein billiger PraktikantInnenvertrag
abgeschlossen. Das heißt: Wo früher noch eine Internet-Agentur die
Unternehmens-Webseite gestaltet, machen das jetzt InformatikStudentInnen. Was früher eine Werbeagentur gestaltet hat, machen jetzt
fertig studierte Diplom-DesignerInnen ohne festen Job. Über der Frage,
welche Absatzchancen ein neues Produkt hätte, brüten jetzt BWLAbsolventInnen statt UnternehmensberaterInnen.
Generation Praktikum
Leidensfähig
Noch schlimmer als bei Ausbildungen sieht es bei Praktika aus. Während
Auszubildende nicht ganz ohne Lohn beschäftigt werden können, ist das
bei Praktikumsstellen immer häufiger die Regel. Die Stellenbörsen sind
voll davon: Fujitsu Siemens, größter deutscher Computerhersteller, bietet
aktuell etwa ein Praktikum in der Marketing-Abteilung in München.
Dauer: sechs Monate, Vergütung: „bis zu 200 Euro“. Genauso wenig gibt
es bei der deutschlandweiten Unternehmensberatung Kienbaum. Die
suchen gerade für drei Monate „engagierte Unterstützung für den russischen
Markt. Ihre Aufgaben als Praktikant/in bei uns umfassen u.a. das Tagesgeschäft bei der Suche und Rekrutierung von Fach- und Führungskräften.“
Heißt: Wir machen die reguläre Arbeit, die Firma geht keine Verpflichtungen
ein.
Wir beschweren uns nicht über unser Schicksal. Dass die besseren Zeiten
vorbei sind, das haben wir in den letzten Jahren oft genug eingetrichtert
bekommen. Wir haben unsere Ansprüche zurückgefahren und sind froh,
wenn wir uns erstmal durchschlagen können. Was ist auch die Alternative?
Da wir noch nie fest gearbeitet haben, haben wir auch keinen Anspruch
auf Arbeitslosengeld oder auf die Starthilfe für eine Ich-AG. Die
Entscheidung lautet: Praktikum oder Hartz IV?
Grundfreibetrag
Als Grundfreibetrag bezeichnet man den Betrag,
bis zu dem keine Einkommensteuer erhoben
wird. Er ist Bestandteil des Einkommensteuertarifs. Im Veranlagungszeitraum (VZ) 2005
beträgt er 7.664 Euro.
Sparerfreibetrag
Kapitalerträge werden nur dann besteuert,
wenn sie im Veranlagungszeitraum (VZ) 1.370
Euro (VZ 2005) übersteigen. De facto war dieser
Freibetrag eine Reaktion auf die hohe
Hinterziehungsquote bei der Deklaration von
Zinseinnahmen vor 1992 (Zinsurteil des
Bundesverfassungsgerichts). Die meisten
Steuerpflichtigen sind so von Steuern auf ihre
Zinseinkünfte faktisch befreit.
Und noch ein Beispiel: Die West LB, die mehrheitlich dem Land NordrheinWestfalen und den Kommunen gehört, sucht aktuell eineN PraktikantIn
zur „Unterstützung der Geschäftsführung“. Zu den Aufgaben gehört die
„Mitarbeit bei der Erarbeitung von Lösungen für strategische und operative
Fragestellungen“. Wer sein Vordiplom mit guten Noten abgeschlossen
und auch noch „Kommunikationsstärke, gute Englischkenntnisse, hohe
soziale Kompetenz und Spaß an Teamarbeit“ hat und gerne Verantwortung
Und wie sieht so eine Lücke im Lebenslauf aus? Wie würden wir selbst
damit klar kommen, nicht gebraucht zu werden? Also kämpfen wir. In
unseren Praktikumsstellen kommen wir als Erste, gehen als Letzte und
sind immer ein Stück motivierter als die anderen KollegInnen im Büro,
stets ein Lächeln auf den Lippen, dabei aber naturgemäß doch etwas
angespannt. Vielleicht ergibt sich ja anschließend ein Folgeauftrag. Ein
interessanter Kontakt. Oder sogar eine befristete Einstellung. Die Hoffnung
stirbt zuletzt.
Bei diesem Kreislauf von einem unterbezahlten Praktikum zum nächsten
sind wir Opfer und Täter zugleich. Individuell mag es nützlich sein, dieses
Praktikum noch zu machen. Doch das Dumpingangebot schadet der
weiter nächste Seite >>
SOZIAL
Fortsetzung von Seite 1
Gruppe aller PraktikantInnen. Die
ArbeitgeberInnen können uns nur
ausbeuten, weil wir uns ausbeuten
lassen. Wenn wir uns alle weigern
würden, uns unter Wert zu
verkaufen, müssten die Firmen uns
zu fairen Bedingungen einstellen.
TIPPS & RECHTE
Was können Azubis tun, wenn sie im Betrieb zu
wenig lernen?
Dürfen Azubis nebenher jobben?
We l c h e n S c h u t z h a b e n s c h w a n g e r e
Auszubildende?
Muss ich eine Steuererklärung abgeben?
Wo kann man staatliche Beihilfen beantragen,
wenn der Lohn nicht reicht?
Allein machen sie Dich
ein
Waldarbeiter . . .
Bei den Ausbildungsstellen gibt es
auf den meisten Feldern bereits
minimale Vorgaben durch Gesetze,
etwa bei Urlaub, Arbeitszeit und
Vergütung. Es braucht aber härtere
Kontrollen. Und es muss eineN
zentraleN AnsprechpartnerIn
geben, an die PraktikantInnen und
Auszubildende sich wenden
können, wenn der Betrieb die
Mindeststandards nicht einhält.
Das würde die Probleme noch nicht
lösen – aber wäre ein Signal in die
richtige Richtung und würde uns
ein Mindestmaß an Rechten und
Vergütung sichern. Diese Basis
brauchen wir, um dann für wirklich
faire Bedingungen zu streiten –
denn mit gebrochenem Rückgrat
lässt sich schwer kämpfen.
. . . oder S-Klasse Fahrer?
Biometrische Systeme zur Personenidentifizierung bergen Risiken für
ihre NutzerInnen. Dies musste kürzlich ein malaiischer S-Klasse Besitzer
erfahren, als Diebe ihm nicht nur sein Fahrzeug nahmen, sondern ihm
mit einer Machete auch den Zeigefinger abhackten, um die mit einem
Fingerabdruck-Scanner verbundene Wegfahrsperre zu überwinden.
Diese und viele weitere Fragen beantworten
wir unter: http://www.gruenejugend.de/generation-praktikum
Nötig wären für alle Unternehmen Sebastian Heiser
vorgeschriebene Mindeststandards, ist 26 und studiert
um die Ausbeutung einzudämmen.
Journalismus in
Die GRÜNE JUGEND fordert: Als Köln. In den beiden
absolute Mindestgrenze 300 Euro Semesterferien in
im Monat für PraktikantInnen, die diesem Jahr macht
noch kein Studium oder eine er insgesamt drei
Ausbildung abgeschlossen haben.
Praktika, davon
Das reicht zwar noch nicht zum
zwei unbezahlt.
Überleben, ist aber schon viel besser
als nichts. Für PraktikantInnen mit
ZITATE
"Die Grünen haben aus Fehlern gelernt!"
Wie viel Urlaub steht mir zu?
Was tun, wenn ein Konflikt mit dem Chef
eskaliert?
Wie sieht es mit der Krankenversicherung für
Praktikanten aus?
Angela Merkel „Wir haben wahrlich keinen
Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale
Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“
Ber told Brec ht „Bankraub is t eine
Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis
gründen eine Bank.“
Orientalische Weisheit „Lass deine Freunde
deine Vermögensverhältnisse nicht wissen; wenn
du reich bist, beneiden sie dich, wenn du arm
bist, verlassen sie dich.“
Helmar Nahr „Wenn man aus Sonnenstrahlen
Bomben bauen könnte, gäbe es schon längst
wirtschaftlich arbeitende Sonnenkraftwerke.“
Margaret Thatcher „Geld fällt nicht vom
Himmel. Man muss es sich hier auf Erden
verdienen.“
Marcus Tullius Cicero „Keine Festung ist so
stark, dass Geld sie nicht einnehmen kann.“
Benediktiner “Ora et labora”
Sprichwort „Zuerst die Arbeit, dann das
Vergnügen.“
Henry Ford „Autos kaufen keine Autos.“
Josef Ackermann „Öffentliche Leistungen
werden überprüft. Verantwortung wird an die
Bürger zurückgegeben. Das ist gut so. Denn
durch mehr Bürgerfreiheit und "weniger Staat"
entstehen neue Handlungsmöglichkeiten.“
TERMINE
12. August 2005
Reclaim your Kreuzung
1. bundesweiter Aktionstag zur Forderung von
autofreien Innenstädten
mehr: www.gruene-jugend.de
26. August 2005'
Auftaktveranstaltung zur Hochtour
Ort: Götting, danach: überall in Deutschland
rund 150 Termine in ganz Deutschland bis zum
17. September 2005
mehr: www.gruene-jugend.de/77403
06. September 2005
AusbeuterInnen
2. bundesweiter Aktionstag zu der Forderung
Mindestlohn für PraktikantInnen
mehr: www.gruene-jugend.de
17. September 2005
Abschlussveranstaltung von Bündnis
90/Die Grünen
Berlin
mehr: www.gruene.de
2
Das Problem: Wir sind kaum
organisiert, es gibt keine schlagkräftige Interessensvertretung. Nur
so eine PraktikantInnenvertretung
könnte mit den ArbeitgeberInnen
auf einer Augenhöhe über faire
Bedingungen verhandeln. Erste
Ansätze gibt es dazu bereits: Mit
dem Fairwork e.V. hat sich ein Verein
von HochschulabsolventInnen
gegründet, die die Ausbeutung
beklagen – bisher haben sich aber
nur rund 100 MitstreiterInnen
gefunden. So lange sich an der
schlechten Vernetzung nichts ändert,
kann nur der Gesetzgeber die Lage
bessern.
Abschluss, die bis zu drei Monate
arbeiten, muss es mindestens 600
Euro netto geben, bei Praktika über
drei Monaten mindestens 800 Euro
netto.
Diese und andere Risiken betreffen demnächst auch bei uns Reise- und
PersonalausweisbesitzerInnen, Edek-KundInnen und alle, die nichts
zu verbergen haben.
Über Risiken und Nebenwirkungen von biometrischen Systemen
beschweren Sie sich bei Ihrem Bundesinnenminister.
Interview mit Stephan Schilling für Wahlkampf-SPUNK, Sprecher der GRÜNEN JUGEND
“Die Union fordert im Wahlkampf „Vorfahrt für Arbeit“. Das scheint doch
mit den Ängsten der meisten BürgerInnen übereinzustimmen. Was passt
der GRÜNEN JUGEND an diesem Slogan nicht?”
Wir sind natürlich nicht gegen die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen!
Im Gegenteil: grünes Handeln hat hunderttausende Arbeitsplätze geschaffen
– beispielsweise im Bereich der Erneuerbaren Energien oder dem Handwerk.
Zukünftig wollen wir durch eine gezielte Senkung der Lohnnebenkosten
bei niedrigen Einkommen im Dienstleistungsbereich neue Jobs schaffen.
Aber wir wollen nicht jede Form von Arbeit: Die Union will zum Beispiel
working poor – wie in den USA
sollen die Menschen arbeiten und
trotzdem arm sein. Wir wollen
hingegen mit einem gesetzlichen
Mindestlohn Niedriglöhne
verhindern.
Würde ein solcher Mindestlohn
nicht Arbeitsplätze vernichten?
Also soll alles bleiben, wie es ist?
Nein. Bisher haben GutverdienerInnen und Gesunde die Möglichkeit aus
der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung auszusteigen
und sich günstig privat zu versichern. Wir wollen aber Solidarität von
Allen für Alle. Alle Menschen sollen einen Anspruch auf umfassende
Gesundheitsversorgung haben, die Gesundheit des Einzelnen soll nicht
v o m G e l d b e u t e l a b h ä n g e n . D e s w e g e n f o rd e r n w i r e i n e
BürgerInnenversicherung, in der alle gemeinsam versichert sind. Die grüne
BürgerInnenversicherung macht auch Schluss mit der unsinnigen,
einseitigen Belastung der
Arbeitseinkommen, weil mensch
dann auch auf Zinsen oder
Mieteinkünfte Beiträge zahlen
muss. Bisher zahlt die Kassiererin
mehr Krankenversicherungsbeitrag
als der Immobilienhai. In Zukunft
werden starke Schultern auch im
Gesundheitssystem mehr beitragen
als schwache.
F a s t a l l e w e s t e u ro p ä i s c h e n
Nachbarstaaten haben einen
verbindlichen Mindestlohn. Und
dort hat die Realität gezeigt, dass
ein Mindestlohn eben nicht
beschäftigungsfeindlich ist. Dort
z e i g t s i c h : We n n i c h d i e
Supermarktbesitzerin zwinge, ihrem
Kassierer zwei Euro mehr zu zahlen,
dann wird sie doch nicht den
Supermarkt dicht machen, solange
es zahlende KundInnen gibt.
Außerdem ergänzen sich unser
Mindestlohnvorschlag und die
gezielte
Senkung
der
Lohnnebenkosten. Insgesamt
w e rd e n w i r d a d u rc h m e h r
Beschäftigung schaffen.
Werden die Grünen im Wahlkampf
mit sozialen Forderungen
überhaupt glaubwürdig sein? Oder
sollte mensch dann nicht besser
gleich die Linkspartei wählen?
Ihr setzt Euch also gegen Lohnarmut
ein. Aber was ist mit den Menschen
ohne Arbeit, die jetzt durch die
Hartz IV-Gesetzgebung drangsaliert
wurden? Liegt dort nicht das
wirkliche Problem?
Das sollte man nicht gegeneinander
ausspielen. Aber es ist richtig, dass
Hartz IV nicht bleiben kann, wie es
ist. Im Grundsatz war die Reform,
also die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe richtig,
weil sie den Schwächsten unserer Gesellschaft geholfen hat. Aber es ist
ein Skandal, dass die Geldleistung bei Hartz IV 20 Prozent unter dem
Existenzminimum liegt. Oder dass jede Arbeit zumutbar ist. Hier müssen
dringend Änderungen her. Leere Kassen akzeptiere ich hier als
Gegenargument nicht! Ich finde eine Gesellschaft hat die Pflicht zu
verhindern, dass Menschen innerhalb dieser Gesellschaft in Armut leben
müssen!
Im Wahlkampf wird es auch eine Debatte über das Gesundheitssystem
geben. Die FDP fordert die Privatisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung, die Union die Kopfpauschale. Was haltet ihr davon?
Nichts!
Stephan
Schilling (22)
kandidiert auf
Listenplatz acht der
Niedersächsischen
Bündnisgrünen für
den Bundestag und
ist derzeit Sprecher
der GRÜNEN
JUGEND. Er kämpft
für starke Grüne,
weil er ohne Grün
Schwarz für die
Zukunft sieht.
Die Grünen haben in den letzten
Jahren Fehler gemacht – gerade bei
den Sozialreformen. Wir haben
diese Fehler immer kritisiert und
siehe da: Die Grünen haben aus
diesen Fehlern gelernt. Anders als
die Linkspartei kümmern wir uns
nicht pauschal um die Rentner oder
die Arbeitnehmer. Unser Anspruch
ist, den Ausgegrenzten und
Schwächsten unserer Gesellschaft
ein Leben ohne Armut und
gesellschaftliche Teilhabe zu
ermöglichen. Und wir wissen
anders als die Linkspartei, dass
Reformen des Sozialstaates nötig
sind: Nicht allein aus Sachzwängen,
sondern auch, weil der alte
Sozialstaat ungerecht war und ist.
Ungerecht gegenüber Frauen,
gegenüber jungen Menschen,
gegenüber den Schwächsten
unserer Gesellschaft. Ich bin mir
sicher: Die Grünen, nicht die
Linkspartei, sind die moderne linke
Partei Deutschlands.
SOZIAL
Schweden - Vorbild auch in der Wirtschaftspolitik
Ein differenzierter Blick lohnt!
VERGLEICH DER
STEUERQUOTEN
in Prozent vom BIP (2002)
Stabile Staatsfinanzen, geringere Arbeitslosigkeit – Schweden scheint sich geradezu
anzubieten als Modell für eine grüne Reformpolitik. Der Sprecher der BAG
Wirtschaft und Finanzen, Gerhard Schick, betrachtet für uns dieses System
genauer.
Auf den ersten Blick scheint das schwedische Wirtschaftsmodell perfekt.
Doch manche Zutat in diesem Reformrezept könnte allen, die jetzt auf
Schweden schauen, wenig passen! Die Reformen der 90er Jahre waren
heftig. Nachdem 1993 das Haushaltsdefizit über 11 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) stieg und die Staatsquote 72 Prozent erreichte,
wurden massiv soziale Leistungen gekürzt - darunter auch Transfers an
Arbeitslose, Kranke, Eltern und Familien sowie das Wohngeld. Wie bei
uns wurden in der Sozialversicherung Lasten von den ArbeitgeberInnen
auf die ArbeitnehmerInnen verschoben. Den PatientInnen wurde eine
Praxisgebühr verordnet. Um die Staatskasse zu sanieren, wurden
Verbrauchs- und Ökosteuern erhöht. Der Spitzensteuersatz stieg auf 55
Prozent, die Steuerfreiheit für Dividenden wurde gestrichen.
Durch dieses Reformprogramm wurde das Haushaltsdefizit massiv gesenkt.
Seit 1998 werden sogar Überschüsse erwirtschaftet. Ziel ist ein Überschuss
von zwei Prozent des BIP. Dazu zäumen die Schweden ihre
Budgetberatungen von hinten auf. Erst wird die Höhe des
Budgetüberschusses im Parlament beschlossen, dann werden die möglichen
Ausgaben auf die einzelnen Ministerien verteilt.
Was wir uns abschauen könnten . . .
Grundsteuer und das Schließen von Steuerlöchern blockierten. Und drittens
fand der entscheidende Teil des schwedischen Reformprozesses im positiven
außenwirtschaftlichen Umfeld der 90er Jahre statt und wurde von einer
deutlichen Abwertung der schwedischen Krone unterstützt. Deutschland
dagegen versuchte ähnliche Reformen nach dem Börsencrash 2000. Die
Folge: Durch den Einbruch der Binnennachfrage blieben viele richtige
Reformansätze praktisch wirkungslos.
. . . und was nicht
Viele grüne Wirtschaftsexperten hegen große Sympathien für das
schwedische Modell. Zu Recht werden viele schwedische Ideen bei uns
diskutiert. Warnen sollte mensch aber vor einer finanzpolitischen Idee, die
manche aus Schweden importieren wollen. In Schweden werden
Kapitalerträge (Erträge aus Zinsen, Mieten und Devidenden) relativ niedrig
besteuert. Arbeitseinkommen werden dagegen, wie in Deutschland, mit
einem stetig ansteigenden Steuersatz belegt, der deutlich über den Satz
für Kapitalerträge hinausgeht. Manche sehen in einer solchen Aufsplittung
der Einkommensteuer in eine Kapital- und eine Arbeitseinkommenssteuer
eine Chance, auf den intensiven Steuerwettbewerb in Europa zu reagieren.
Ein merkwürdiges Gerechtigkeitsprogramm: Millionengewinne aus
Dividenden und Zinseinkünften sollen mit einem geringeren Satz besteuert
werden als die Arbeitseinkommen eines Facharbeiters. Von den
Abgrenzungsproblemen zwischen Gewinnen und Arbeitsentgelt und den
daraus folgenden Steuervermeidungsstrategien ganz zu schweigen.
Gerechter erscheint hier das grüne Konzept: Niedrigere Sätze durch Abbau
von Ausnahmetatbeständen.
Wichtiger als die Einzelheiten der schwedischen Reformpolitik sind aber
drei Unterschiede zu den deutschen Reformen, weil wir aus ihnen lernen
können. Erstens wurden, anders als in Deutschland, die Steuern im Rahmen
des Reformprozesses erhöht und nicht gesenkt. Das Märchen von der
Selbstfinanzierung einer Steuersenkungspolitik scheint nicht auf Schwedisch
übersetzt worden zu sein. Durch diese Steuererhöhung schafften es die
Schweden ihren Haushalt zu konsolidieren. Das führte zweitens dazu,
dass es in der schwedischen Reformpolitik nicht dieselbe soziale Schieflage
gab wie bei uns. Was natürlich auch daran lag, dass die schwedischen
Reformer keine CDU-Ministerpräsidenten im Nacken hatten, die zusätzliche
Steuersenkungen durchdrückten und Reformen von Erbschaft- und
Gerhard Schick ist
Sprecher der
Bundesarbeitsgemeinsch
aft Wirtschaft und
Finanzen und kandidiert
auf dem aussichtsreichen
Listenplatz acht der BadenWürttenbergischen
Landesliste für den
Bundestag.
Dänemark
Schweden
Finnland
Belgien
Großbritannien
Österreich
Italien
Kanada
Frankreich
Niederlande
Polen
Irland
Schweiz
Spanien
USA
Deutschland
Slowakei
47,7
35,3
33,7
31,6
29,8
29,3
28,6
28,4
27,7
25,4
24,2
23,7
23,4
23,0
21,8
20,9
19,2
VERGLEICH DER
SOZIALABGABEN
in Prozent vom BIP (2002)
Dänemark
Irland
Großbritannien
Zypern
Litauen
Norwegen
Finnland
Italien
Spanien
Ungarn
Niederlande
Schweden
Belgien
Österreich
Tschechien
Polen
Frankreich
Deutschland
1,7 %
4,4 %
6,1 %
7,0 %
8,7 %
9,9 %
12,2 %
12,3 %
12,7 %
13,1 %
13,9 %
14,6 %
14,6 %
14,7 %
15,0 %
16,0 %
16,5 %
17,0 %
Kauf dich klug!
Der Geldbeutel der Eltern entscheidet in Deutschland hauptsächlich über den Bidlungsgrad ihrer Kinder.
Spätestens seit der PISA-Studie hat
das Thema Bildung in den Sonntagsreden der PolitikerInnen eine
Schlüsselrolle eingenommen. SPUNKRedakteur Gregor Simon hat sich
angesehen, wie das Problem kultureller
Armut die gesellschaftlichen Kosten in
die Höhe treibt.
Gerade einmal 11,6 Millionen Euro
und damit nur 12,8 Prozent der ihm
zustehenden Mittel hat der
hessische Ministerpräsident Roland
Koch für den Bau von Ganztagesschulen abgerufen. Das Erbacher
Schloss mit der größten
Hirschgeweihsammlung der Welt
war ihm hingegen 13 Millionen
Euro wert. Politik bedeutet
Prioritäten zu setzen. Dennoch
bleibt es zumeist bei Lippenbekenntnissen, wenn es um die Frage
der Bildungsförderung geht.
Studien des Nürnberger Instituts
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben ergeben,
dass in Deutschland je nach Region
zwischen 20 und 50 Prozent aller
Erwerbsfähigen ohne Lehre arbeitslos sind. Bei den AkademikerInnen
zwischen 55 und 64 Jahren liegt die
Arbeitslosenquote bei lediglich 3,5
Prozent. Der Zusammenhang
zwischen Arbeitslosigkeit und
Bildungsniveau wäre bedeutend
genug, um dieses Thema an die
Spitze der Agenda zu setzen. Wer
die gesellschaftlichen Folgen mangelnder Bildung mit berücksichtigt,
erkennt, wie sehr dieses Problem
unter den Nägeln brennt.
„Das wahre Elend“
In seiner preisgekrönten Reportage
„Das wahre Elend“ beschreibt der
Stern-Autor Walter Wüllenweber,
wie mangelnde Bildung zu einer
k u l t u re l l e n Ve r a r m u n g d e r
Unterschicht führt. Während
deutsche PolitikerInnen von
Elitehochschulen sprechen, müssen
GrundschullehrerInnen in
Problemvierteln mit Kindern klar
kommen, die kein deutsch
sprechen, erst einmal lernen
müssen still zu sitzen und oft nicht
wissen, wie ein Stift zu halten ist.
Diese Kinder wachsen vor dem
Fernseher auf, werden falsch
ernährt und können von ihren
Eltern, die genauso von kultureller
Armut betroffen sind, nichts lernen.
Zugangsgerechtigkeit ist
mehr als der Kampf gegen
Studiengebühren
Das Gerechtigkeitsempfinden einer
Gesellschaft wird am Umgang mit
ihren Schwächsten erkannt. Nicht
die Alimentierung von Fast Food,
Alkohol und Unterhaltungselektronik kann die Lösung der Probleme in der Unterschicht sein. Wenn
Eltern nicht in der Lage sind, ihren
Kindern die Chance eines Aufstiegs
zu bieten, muss der Staat seiner
Verantwortung nachkommen.
Die Einführung von verpflichtenden Ganztageskindergärten wäre ein großer Schritt zu
mehr Chancengerechtigkeit. 39
Prozent aller Kinder in Deutschland
gehen auf ein Gymnasium. Der
Anteil der AusländerInnenkinder
beträgt jedoch nur neun Prozent.
Wird der Anteil von AusländerInnenkindern betrachtet, die einen
Ganztagekindergarten besucht
haben, so stellt sich heraus, dass
dort ebenfalls 39 Prozent auf ein
Gymnasium gelangen. Aber in
Deutschland werden Kindergärten
noch immer als Betreuungseinrichtungen und nicht als Teil des
Bildungssystems gesehen. In
Schweden besuchen bereits
einjährige Kinder die dortigen
Vorschulen, die in das Bildungssystem integriert sind und mit offen
formulierten Lehrplänen für
Qualitätsstandards sorgen. Dies hat
auch Auswirkungen auf die
finanzielle Ausstattung der Kindergärten, für die in Deutschland noch
immer die Kommunen zuständig
sind.
In keinem Land der OECD werden
Unterschichtskinder im Bildungssystem so stark benachteiligt, wie
in Deutschland. Bildung in Zukunft
als private Investition zu betrachten,
wie es von konservativer Seite
proklamiert wird, bringt uns in
diesem Punkt bestimmt nicht
weiter.
Gregor Simon
ist SPUNKRedakteur und
Koordinator des
Arbeitskreises
Wirtschaft und
Soziales der
Grünen Jugend
Hessen.
Links:
w w w. s t e r n . d e / p o l i t i k / d e u t s c h l a n d / i n d e x . h t m l ?
id=533666&nv=ct_cb
w w w. r b b - o n l i n e . d e / _ / ko n t ra s te / b e i t ra g _ j s p /
key=rbb_beitrag_2733838.html
www.ndrtv.de/panorama/archiv/2004/0408/kita.html
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(V.i.s.d.P. und Koordinatorin), Werner Graf
(Koordinator)
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JUGEND wieder.
Die Redaktion behält sich die sinngemäße Kürzung
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wird gefördert aus Mitteln des Kinder- und
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Seniorinnen, Frauen und Jugend.
www.dradio.de/dlf/sendungen/dlf_europaheute/377900/
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