Krieg und Frieden

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S oz i a lwi s s e n s ch a f t li che
Kon fl i k t for s ch un g
Teil I
Grundlagen
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Thorsten Bonacker und Peter Imbusch
Für die Forschung zu Konflikten gibt es verschiedene Perspektiven. Um diejenige
der Sozialwissenschaften und dabei besonders der Soziologie soll es hier gehen.
Was erforschen diese und wie fassen sie ihren Gegenstand begrifflich? Typische
Fragestellungen werden vorgestellt und unter verschiedenen Dimensionen sozialer Konflikte behandelt. Eine Rolle spielen die Gegenstände eines Konflikts, die
Konfliktparteien, die Form der Konfliktaustragung sowie Reflexivität und Geschichte von Konflikten. Potentielle Forschungsschwerpunkte der Zukunft und
bestehende institutionelle Strukturen der Konfliktforschung werden aufgezeigt.
1
Einleitung
Soziale Konflikte sind konstitutiv für alle Typen und Arten von Gesellschaften, sie
sind allgemeine Tatbestände menschlicher Vergesellschaftungen und müssen gerade
deshalb ein zentraler Gegenstand all jener Disziplinen sein, die sich im weitesten
Sinne mit der Gesellschaft oder den Vergesellschaftungen von Menschen befassen.
Eine sozialwissenschaftliche Fassung des Konfliktbegriffs wird den Konfliktbegriff
weder mit positiven noch mit negativen Assoziationen belasten, sondern Konflikte
als soziale Tatsachen begreifen, die zunächst weder gut noch böse sind. Positiv oder
negativ können bestenfalls die Austragungsformen eines sozialen Konflikts sein, so
dass dieser selbst einer häufig vorschnellen Bewertung entzogen bleiben sollte. Was
unter dem Phänomen „sozialer Konflikt“ inhaltlich verstanden werden soll, ist umstritten. Dies liegt einerseits an der Vielzahl von Disziplinen, die sich mit je eigenem
Fokus auf Konflikte beziehen, andererseits an der Vielfältigkeit möglicher konfliktiver Bezugspunkte, da soziale Konflikte nicht nur ubiquitäre, sondern auch allgegenwärtige Phänomene sind. In diesem Zusammenhang dürfte nicht zuletzt von Bedeutung sein, dass nicht nur die Bewertung sozialer Konflikte, sondern auch die
Einschätzung ihrer Nützlichkeit bzw. Funktionen höchst unterschiedlich ausfällt.
Begriffliche Abgrenzungen
Zunächst einmal scheint es sinnvoll zu sein, den Konfliktbegriff von einer Reihe
verwandter Begriffe systematisch abzusetzen, um einerseits zu einem klareren Verständnis und zu einer inneren Differenzierung von sozialem Konflikt zu gelangen,
andererseits ein gedankenloses In-eins-Setzen mit diesen Begriffen zu vermeiden
Einleitung
195
(vgl. Imbusch & Zoll, 1999; Imbusch, 2002). Dies betrifft zunächst den Gewaltbegriff, darüber hinaus aber auch die Begriffe des sozialen Zwangs und der Aggression.
Teil I
Grundlagen
DEFINITION
Soziale Konflikte bestehen, allgemein gesprochen, aus unvereinbaren Erwartungen wenigstens zweier Parteien. Diese Unvereinbarkeit muss von den Parteien als
solche wahrgenommen werden und kann sich beispielsweise in Interessengegensätzen oder unterschiedlichen normativen Auffassungen niederschlagen (Bonacker & Imbusch, 1999, S. 75).
Mit dieser Definition vermeidet man nicht nur eine Vermischung deskriptiver und
normativer Elemente sowie intentionale Zuschreibungen an die Akteure, sondern
auch Rekurse auf Ursachen, Kontexte und Austragungsmodi, die ebenfalls nicht in
eine allgemeine Konfliktdefinition gehören.
Gewalt. Fasst man Gewalt zunächst in ihrem Kern als physische Gewalt und versteht
darunter die mit unterschiedlichen Mitteln betriebene physische Verletzung oder anderweitige Zwangseinwirkung auf Personen, dann lässt sich mit Popitz (1992,
S. 48) unter Gewalt definitorisch eine Machtaktion verstehen, „die zur absichtlichen
körperlichen Verletzung anderer führt, gleichgültig, ob sie für den Agierenden ihren
Sinn im Vollzug selbst hat (als bloße Aktionsmacht) oder, in Drohungen umgesetzt, zu
einer dauerhaften Unterwerfung (als bindende Aktionsmacht) führen soll“. Gewalt wäre
an sich also kein Konflikt, sondern würde einen solchen bestenfalls indizieren. In diesem
Sinne könnte Gewalt entweder ein Merkmal eines Konflikts oder eine Konfliktaustragungsform sein, wobei allerdings zu bedenken ist, dass die weitaus meisten Konflikte
gewaltfrei ausgetragen werden. Entsprechend ist der Gegenbegriff zu Konflikt nicht
Gewaltlosigkeit bzw. Gewaltfreiheit, sondern Konfliktfreiheit. Der Zustand der Konfliktfreiheit dürfte jedoch kaum je erreicht werden, weil auch friedliche Lebensverhältnisse
durchaus nicht konfliktlos sind, sondern sich vielmehr durch friedliche und zivilisierte
Muster des Konfliktaustrags auszeichnen (Senghaas, 1995).
Sozialer Zwang. Sozialer Zwang zielt auf gesellschaftliche Kontrolle von Menschen
durch andere Menschen und ist somit mit einer Form von Machtausübung identisch, nicht jedoch unbedingt mit Konflikt. Im engeren Sinne versteht man unter
Zwang die Androhung physischer Eingriffe bzw. bestimmter Erzwingungsmittel, so
dass dieser eher einen Konflikt indiziert, als dass er unter dem Einsatz von Gewalt
ausgetragen werden müsste, um ein bestimmtes Verhalten zu erzielen. In einem
weiteren Sinne gehören auch Begriffe wie Unterdrückung und Nötigung in diese
Kategorie, sie sind jedoch ebenfalls nicht identisch mit Konflikt.
Aggression. Aggression wiederum ist ein aus der Psychologie stammender Begriff,
der im engeren Sinne als aggressives Verhalten eine auf die physische oder psychische Verletzung oder die Schädigung eines anderen zielende manifeste Handlung
umschreibt. Im weiteren Sinne stellt Aggressivität ein latentes Potential bzw. eine
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Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
Teil I
Grundlagen
Disposition für eine solche Handlung bzw. ein solches Verhalten dar. Im ersten Fall
existiert ein Überschneidungsbereich mit Gewalt, im letzteren würde Aggression eine
Vorstufe zur Gewalt darstellen und müsste von dieser begriffsdefinitorisch geschieden werden (Bierhoff & Wagner, 1998). Auch hier würde Aggression bestenfalls
wieder auf einen Konflikt verweisen oder das Konfliktpotenzial steigern, nicht jedoch
selbst Konflikt sein. (→ Kap. 7 Aggressives Verhalten.)
Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung.
Worin besteht nun das Charakteristische sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung?
Während politikwissenschaftliche Konfliktforschung sich ganz wesentlich auf die
internationale Ebene und damit v.a. auf zwischenstaatliche Konflikte konzentriert,
nimmt die psychologische Konfliktforschung – sofern sie nicht explizit sozialpsychologisch orientiert ist – innerpsychologische Aspekte in den Blick, um individuellen
Motiven und Ursachen menschlichen Verhaltens oder innerpsychischen Konflikten
auf die Spur zu kommen. Historiker versuchen demgegenüber, Konflikte in der
Regel durch die Nachzeichnung ihres Verlaufs, möglicher Kausalitäten und der Beobachtung ihrer Folgen (historische Einordnung) zu verstehen und ihre Dynamik
und gegebenenfalls auch Eskalation nachvollziehbar zu machen; die pädagogische
Auseinandersetzung mit Konflikten konzentriert sich dagegen eher auf die Prävention
(wenigstens gewaltsamer) sozialer Konflikte oder die nachfolgende Bearbeitung und
Verarbeitung sozialer Konflikte mittels gezielter pädagogischer Maßnahmen. Im Folgenden sollen nun vor allem Perspektiven und zentrale Fragestellungen soziologischer
Konfliktforschung im Mittelpunkt stehen (vgl. für eine umfassende Übersicht über das
gesamte Spektrum sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung: Bonacker, 2002a).
2
Fragestellungen soziologischer Konfliktforschung
Die soziologische Konfliktforschung beschäftigt sich in der Hauptsache mit jenen
Konflikten, die aus dem Wandel oder der Beschaffenheit gesellschaftlicher Strukturen hervorgehen.
Funktionen sozialer Konflikte.
Im Mittelpunkt der soziologischen Konfliktforschung steht die (positive) Funktion
von Konflikten für die moderne Gesellschaft. Zwei Funktionen lassen sich hier unterscheiden:
Sozialer Wandel. Einerseits tragen Konflikte zum sozialen Wandel, stärker noch:
zum gesellschaftlichen Fortschritt bei (Coser, 1967; Collins, 1990). Durch Konflikte,
so schreibt beispielsweise Dahrendorf (1972), bleiben Herrschaftspositionen offen
und Normen änderbar. Ohne Konflikte gäbe es folglich keinen sozialen Wandel, d.h.
keine Evolution. Zum sozialen Wandel gehört allerdings auch eine Stabilität dessen,
was sich wandelt. Evolution bedeutet ja nicht, dass Strukturen vollständig durch
Fragestellungen soziologischer Konfliktforschung
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Teil I
Grundlagen
andere ersetzt werden. Luhmann (1984) betont gerade die Stabilisierungsfunktion
von Konflikten für soziale Systeme, denn Systeme, die nur auf Konsens beruhten,
würden bei jedem kommunizierten Widerspruch, bei jedem Konflikt sofort zerbrechen. Konflikte setzen Luhmann zufolge aber soziale Systeme fort – nur unter anderen Vorzeichen.
Soziale Integration. Andererseits erfüllen Konflikte die Funktion sozialer Strukturbildung, oder stärker: sozialer Integration (Miller, 1992). Diesem Zusammenhang
von Konflikt und Integration ist unter konflikttheoretischen Vorzeichen in drei
Bereichen nachgegangen worden:
(1) Konflikte sind, so u.a. die These der zivilgesellschaftlichen Demokratietheorie
(vgl. Rödel et al., 1989), konstitutiv für Demokratie. Eine demokratische Zivilgesellschaft gibt es nicht trotz, sondern nur wegen unvermeidbarer Konflikte, die
im gemeinsamen Raum des Politischen ausgetragen werden. Ein fehlender Konsens ist demzufolge kein Problem für den Zusammenhalt eines demokratischen
Gemeinwesens – allerdings nur, solange Konflikte nicht zu Bürgerkriegen mutieren. In diesem Zusammenhang muss nämlich unterschieden werden zwischen solchen Konflikten, die geregelt ausgetragen werden, und Konflikten, die
die Regelung selbst zum Gegenstand haben und die damit streng genommen
keine Konflikte mehr sind, denn in ihnen fehlt jene Anerkennung der anderen
Konfliktpartei und der Regeln des Konfliktaustrags, die für einen sozialen Konflikt notwendig ist.
(2) Solchen Konflikten, die die Regelungen zum Gegenstand haben und deshalb
selbst ungeregelt sind, fehlt die integrierende Eigenschaft einer wechselseitigen
Anerkennung der Parteien im Konflikt. Integrierend wirken unter normativen
Vorzeichen Konflikte solange, wie diese fundamentale Anerkennungsstruktur
Bestand hat (Honneth, 1994).
(3) Drittens integrieren Konflikte aber auch insofern, als sich, wie Etzioni (1975)
gezeigt hat, in ihnen kollektive Akteure konstituieren. Die unterschiedlichen
Handlungsmöglichkeiten solcher Akteure können der Theorie kollektiver Akteure zufolge dann wiederum soziale Konflikte verschärfen.
Ursachen sozialer Konflikte
Neben der Funktion sind aber gesellschaftstheoretisch auch die Ursachen sozialer
Konflikte zentraler Gegenstand sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung.
l Einerseits können Konflikte im Kontext vertikaler Differenzierungen beispielsweise aus der geschlechtsspezifischen Ungleichverteilung gesellschaftlicher Macht
resultieren. Aber auch die Ungleichverteilung von Lebenschancen (Dahrendorf,
1994) und sozialem, kulturellem oder ökonomischem Kapital (Bourdieu, 1983)
sind mögliche Ursachen sozialer Konflikte, wie auch mangelhafte zivilisatorische
Rahmenbedingungen (Senghaas, 1988).
l Andererseits bedeutet die Differenzierung in unterschiedliche horizontal angesiedelte Teilbereiche die steigende Möglichkeit, dass Konflikte zwischen diesen Be-
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Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
3
Teil I
Grundlagen
reichen auftreten. Die Theorie kollektiver Akteure von Etzioni (1975) nennt in
diesem Zusammenhang die Pluralisierung von Werten; aber auch die Differenzierung gleichrangiger Funktionssysteme (Luhmann, 1997) oder autonomer Handlungsfelder sowie unterschiedlicher Lebensstile (Bourdieu, 1982) lassen sich als
Konfliktursachen hier einordnen.
Die Gemeinsamkeit dieser differenzierungstheoretischen Ansätze besteht darin, dass
den Konflikten Identitäten vorausgehen, deren Unterschiedlichkeit zu Konflikten führen kann. Wenn also von Interessen die Rede ist, deren Verfolgung Konflikte nach sich
zieht, setzt dies bereits die Identität von Akteuren voraus, die selbst wiederum Gegenstand eines (Identitäts-)Konflikts sein kann (Reese-Schäfer, 1999; Zick, 2002).
Dimensionen sozialer Konflikte
Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung kann also sehr unterschiedlich betrieben
werden. Und dennoch gibt es natürlich etwas Gemeinsames jenseits dieser Heterogenität, nämlich den gemeinsamen Gegenstandsbereich. Was also ist ein Konflikt?
Offensichtlich hängt auch die Beantwortung dieser Frage wieder davon ab, welches
begriffliche und theoretische Bezugssystem gewählt wird. Konflikte können als Interessengegensätze, Positionsdifferenzen oder als Kämpfe um knappe Ressourcen beschrieben werden. Der oben dargelegte Vorschlag einer Definition von Konflikt
versucht, diese verschiedenen, paradigmenabhängigen Beschreibungen insofern zu
integrieren, als sie von spezifischen Inhalten des Konflikts abstrahiert und in die
Definition nicht schon bestimmte Konfliktgegenstände oder -ursachen einbezieht
(so auch Wasmuth, 1992).
Unvereinbare Erwartungen. Allgemein gesagt besteht ein Konflikt – aus einer soziologischen Perspektive gesehen – in einer Unvereinbarkeit von Erwartungen. Ein
Konflikt liegt dann vor, wenn wenigstens zwei gegenteilige Erwartungen manifest
aufeinander treffen. Ob ein solcher Widerspruch, also eine Unvereinbarkeit vorliegt,
müssen freilich die Akteure entscheiden. Wenn die beteiligten Akteure keinen
Widerspruch in ihren unterschiedlichen Erwartungen sehen, könnte der sozialwissenschaftliche Beobachter allenfalls von einem latenten Konflikt sprechen und in
einem weiteren Schritt nach den Bedingungen fragen, die einen Übergang vom latenten zum manifesten Konflikt wahrscheinlich machen (Giegel, 1998). Dazu gehört
beispielsweise die Art und Weise, wie die Erwartungen von den Akteuren verstanden
werden. Bei normativen Erwartungen hält der Akteur auch bei Enttäuschungen an
diesen fest, weshalb ein Konflikt wahrscheinlich wird; im Gegensatz dazu sind kognitive Erwartungen wesentlich flexibler. Sie können im Fall einer Unvereinbarkeit
korrigiert werden, bevor es zum Konflikt kommt. Eine Strategie der Konfliktregelung könnte also darin bestehen, bestimmte normative in kognitive Erwartungen
umzuformen. In einem komplexen sozialen Konflikt, der in der Regel aus mehreren
Unvereinbarkeiten besteht, kann diese Strategie dazu führen, die Konfliktparteien
schrittweise einander anzunähern und so Barrieren der Verständigung abzubauen.
Dimensionen sozialer Konflikte
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Teil I
Grundlagen
Bewertung der Definition. Der Vorteil einer solchen abstrakten Definition von Konflikt besteht also darin, dass sie gegenüber spezifischen Konfliktinhalten indifferent
bleibt. Was mit anderen Worten erwartet wird und wer etwas erwartet, ist noch nicht
entschieden, sondern eine empirische Frage. Dennoch ist auch diese Definition natürlich nicht von der Pluralität sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung ausgenommen. Aus der Sicht anderer konflikttheoretischer Ansätze kann beispielsweise
eingewendet werden, dass der Preis dieser Definition darin besteht, für empirische
Konfliktforschung zu unspezifisch zu sein, und dass sie kaum Möglichkeiten bereithält, nach den Ursachen von Konflikten zu fragen. Heuristisch gesehen besitzt sie
aber den Vorteil, unterschiedliche Konflikte auf verschiedenen Ebenen thematisieren
zu können.
Soziale und psychische Konflikte. Begreift man Konflikte als unvereinbare oder
widersprüchliche Erwartungen, die zu Interessengegensätzen führen, so stellt sich
zunächst die Frage, wo diese Erwartungen auftreten. Die Unvereinbarkeit von Erwartungen kann entweder im Bewusstsein eines Akteurs festgestellt werden, dann
liegt ein psychischer Konflikt vor. Oder die Unvereinbarkeit von Erwartungen tritt
im Kontext sozialen Handelns, also zwischen Individuen auf, dann kann man von
einem sozialen Konflikt sprechen. Hierbei ist entscheidend, dass die Erwartungen als
solche beobachtbar sind – sie also kommuniziert werden – und sich nicht nur in der
Psyche der Akteure niederschlagen. Ansonsten wären psychische von sozialen Konflikten nicht mehr unterscheidbar.
Dimensionen sozialer Konflikte. Im Mittelpunkt sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung stehen soziale Konflikte, was allerdings weder die Untersuchung psychischer
Folgen gewaltsamer Konfliktaustragung noch psychischer Faktoren bei der Entstehung von Konflikten ausschließt. Grundsätzlich lassen sich folgende Dimensionen
sozialer Konflikte unterscheiden: der Gegenstand eines Konflikts, die Konfliktparteien, die Austragungsform von Konflikten und die Konfliktgeschichte.
Konfliktgegenstände
Soziale Konflikte entzünden sich an einem bestimmten Gegenstand, auf den sich die
unvereinbaren Erwartungen richten. In Verteilungskonflikten geht es beispielsweise
um Güter und ihren Besitz; in Machtkonflikten um Positionen bzw. Ämter, die mit
Entscheidungsautorität verbunden sind; in Anerkennungskonflikten um symbolisches Kapital, mit dem Akteure ihrer Identität Geltung verleihen und in denen sie
Missachtungserfahrungen artikulieren; in Risikokonflikten um die kontroverse Einschätzung von Risiken und Gefahren bestimmter Techniken; und in Rechtskonflikten um die Geltung von Normen. Erwartungen können sich also etwa auf Interessen,
Werte, Normen oder Gefühle beziehen.
Teilbarkeit von Konfliktgegenständen. Unterscheiden lassen sich Konfliktgegenstände danach, ob sie teilbar oder unteilbar sind. Teilbare Konflikte „drehen sich um
die Verteilung des Sozialprodukts zwischen verschiedenen Klassen, Sektoren oder
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Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
Teil I
Grundlagen
Regionen. So verschieden diese Streitigkeiten auch sein mögen, es handelt sich
vorwiegend um teilbare Konflikte des Mehr-oder-Weniger im Gegensatz zu den
kategorischen Konflikten des Entweder-Oder beziehungsweise des Unteilbaren“
(Hirschman, 1994, S. 302). Vor allem ethnische Konflikte, in denen sich die Erwartungen auf die Anerkennung der eigenen Identität richten, sind demzufolge unteilbare Konflikte (Anhut & Heitmeyer, 2000). Allerdings kann die Frage, ob die Gegenstände eines Konflikts teilbar oder unteilbar sind, nicht von außen entschieden
werden, sondern hängt davon ab, wie die Konfliktparteien den betreffenden Gegenstand beschreiben. Andererseits ist es möglich, dass sich unteilbare zu teilbaren Konflikte wandeln (Dubiel, 1997).
Konfliktparteien
Die Entstehung eines sozialen Konflikts setzt voraus, dass mindestens zwei unvereinbare Erwartungen miteinander konfrontiert werden. Es bedarf also wenigstens zweier Konfliktparteien. Entscheidend bei der Frage nach den Konfliktparteien ist zum
einen ihr Verhältnis zueinander, das symmetrisch oder asymmetrisch sein kann. Eine
Konfliktpartei kann etwa die Befehlsgewalt über eine andere besitzen. Zum anderen
lassen sich Konfliktparteien danach unterscheiden, auf welcher gesellschaftlichen
Ebene sie entstehen und handeln: in Interaktionen zwischen Anwesenden, in Gruppen oder Organisationen oder unter Bezugnahme auf gesellschaftliche Teilsysteme
(Bonacker, 2002b).
Interaktion zwischen Anwesenden. Konfliktparteien können sich zum Beispiel
in einer Interaktion von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und sich entweder streiten oder nicht. Zahlreiche Forschungen haben die Neigung zur Konfliktrepression in Interaktionen belegt. Interaktionen tendieren dazu, Konflikt zu vermeiden (Kieserling, 1999). Dies lässt sich beispielsweise in Situationen des Smalltalks
beobachten, in denen wir dazu tendieren, die Kommunikation nicht allzu stark
auf Konflikt hin auszurichten. Entsteht aber ein Konflikt, so führt dies nicht selten
zur Eskalation, weil es in Interaktionen kaum Mechanismen gibt, den einmal eingeschlagenen Weg des Konflikts wieder zu verlassen. Stattdessen entsteht nicht selten der Eindruck, man habe es jetzt und hier in der Hand, den Konflikt zu entscheiden.
Gruppen und Organisationen. Konflikte können auch zwischen Gruppen (mit informeller Mitgliedschaft) oder Organisationen (mit formeller Mitgliedschaft) auftreten und sich dabei auch auf das Innere der Gruppe bzw. Organisation erstrecken.
Intergruppenkonflikte dienen dann nicht selten dazu, die Gruppenkohäsion zu stärken – Konflikte können also auch integrativ wirken.
Gesellschaftliche Teilsysteme. Auf der gesellschaftlichen Ebene sind vor allem zwei
Arten von Konfliktparteien von besonderer Bedeutung, die beide typisch für so genannte „cross-cutting conflicts“ sind, also für Konflikte, die sich aus der Mehrfachzugehörigkeit zu Teilsystemen und sozialen Gemeinschaften ergeben.
Dimensionen sozialer Konflikte
201
l Konfliktparteien können sich zum einen durch die Perspektive eines gesellschaft-
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Grundlagen
lichen Teilsystems konstituieren, dessen Erwartungen von denen eines anderen
Teilsystems divergieren. Ein klassisches Beispiel dafür wäre der Konflikt zwischen
der politischen Forderung nach der Verwertbarkeit wissenschaftlicher Forschung
und dem wissenschaftlichen Interesse an Grundlagenforschung. Konfliktparteien
– wie etwa Verbände, Organisationen oder politische Akteure – können ihre Erwartungen an einem solchen Teilsystem – wie etwa Politik, Wissenschaft, Wirtschaft oder Religion – ausrichten.
l Weitere Konfliktparteien auf der gesellschaftlichen Ebene können Gemeinschaften sein, die um die Anerkennung ihrer spezifischen Lebensform kämpfen und
die sich erst im Zuge eines Konflikts konstituieren. Beispiele hierfür sind soziale
Bewegungen, aber auch ethnische oder religiöse Gemeinschaften. Diese Anerkennungskonflikte sind in liberalen Gesellschaften vor allem deshalb entschärft, weil
jene auf Mehrfachzugehörigkeiten basieren, so dass es nicht zu einem zentralen,
die ganze Gesellschaft erfassenden Konflikt kommt.
Konfliktaustragung
Konflikte werden in einer bestimmten Art und Weise ausgetragen und häufig ist die
Austragungsform der eigentliche Gegenstand sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung. Grundsätzlich lassen sich hier gewaltsame von gewaltlosen Austragungsformen unterscheiden, wobei auf beiden Seiten weitere Differenzierungen möglich und
sinnvoll sind. Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung geht dabei grundsätzlich
davon aus, dass in erster Linie gewaltsam ausgetragene Konflikte ein Problem darstellen. Deshalb bezieht sich ihre normative Ausrichtung nicht darauf, Konflikte als
solche zu beseitigen, sondern ihnen eine Austragungsform zu geben, die nicht desintegrativ bzw. optimalerweise integrativ wirkt. Gewalt ist dafür prinzipiell ungeeignet,
weil sie auf Seiten der Betroffenen nicht auf Zustimmung stoßen wird.
Bedingungen von Gewalt. Aufgabe der Konfliktforschung ist es zudem, Bedingungen zu ermitteln, unter denen eine gewaltsame Austragung des Konflikts wahrscheinlich wird. Die zahlreichen Forschungen bestätigen hier eine These von Coser
(1965) und Dahrendorf (1971), dass Gewalt vor allem dort auftritt, wo soziale Systeme starr und unflexibel, soziale Strukturen kaum durchlässig sind und sozialer
Wandel deshalb unerwünscht ist. Als weitere gewaltfördernde Faktoren lassen sich
aber auch kollektive Frustrationen, die Unteilbarkeit von Konfliktgegenständen,
extreme soziale Ungleichheiten oder kollektiver sozialer Ausschluss, der Zusammenbruch der sozialen oder politischen Ordnung, die Erosion sozialer Normen oder die
Veränderung von Opportunitätsstrukturen nennen, die gewaltsames Handeln erfolgversprechend werden lassen (Imbusch, 2000).
Reflexivität von Konflikten und Konfliktgeschichte
Konflikte haben darüber hinaus bestimmte Verlaufsformen, d.h. eine Geschichte, die
nicht selten selbst Anlässe für die Fortsetzung eines Konflikts liefert. So werden vor
allem bei ethnischen Konflikten Mythen erzählt, deren Funktion darin besteht, Kon-
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Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
Teil I
Grundlagen
fliktparteien zu mobilisieren und das eigene Handeln im Konflikt legitim erscheinen
zu lassen. Im Verlauf eines Konflikts können sich aber auch Gegenstände und
Parteien wandeln. Darüber hinaus kann ein durchgestandener Konflikt die Konfliktparteien auch dann enger aneinander binden, wenn die Unvereinbarkeit der Erwartungen nicht vollständig beseitigt wurde (Dubiel, 1999).
Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung hat sich lange Zeit als Konfliktursachenforschung verstanden. Im Mittelpunkt stand dementsprechend die Suche nach den
Bedingungen dafür, dass aus latenten Strukturen manifeste Konflikte wurden. Ab wann,
so wurde beispielsweise gefragt, schlägt Armut in Protest um? Welche Faktoren sind für
die Ethnisierung von Konflikten ausschlaggebend? In den letzten Jahren ist dazu die
Erkenntnis getreten, dass die unterschiedlichen Dimensionen sozialer Konflikte (Gegenstand, Parteien, Austragung, Geschichte) selbst Teil des Konflikts werden können.
So muss nicht immer klar sein, um welchen Gegenstand sich ein Konflikt dreht. Vielleicht streiten sich die Konfliktparteien gerade über die Art des Gegenstandes. Die eine
wirft der anderen vor, ihr gehe es um Macht, während für sie nur das Gemeinwohl
zähle. Aber auch die Existenz von Konfliktparteien kann zum eigentlichen Thema des
Konflikts werden. Ein Konflikt kann unter anderem dadurch eskalieren, dass nicht
mehr um etwas, sondern um das Recht zu Streiten gestritten wird.
Reflexivität der Forschung. Die Frage nach den Konfliktursachen kann also selbst in
den Konflikt eintreten. Das wirft für die sozialwissenschaftliche Konfliktforschung
das Problem auf, in ihren Gegenstand verwickelt zu sein. In der Soziologie wird dies
unter dem Stichwort der Reflexivität diskutiert. Konfliktforschung liefert demzufolge
immer schon einen Beitrag zum Konflikt, ob sie will oder nicht. Die Frage ist dann,
wie sie mit dieser Situation umgeht und inwiefern sie für sich und ihre Forschung
Verantwortung übernimmt.
4
Perspektiven sozialwissenschaftlicher
Konfliktforschung
Abschließend soll ein Blick auf vernachlässigte Gegenstandsbereiche und Aspekte
sozialwissenschaftlicher Konfliktforschung geworfen werden, um damit sogleich
wünschenswerte zukünftige Forschungsschwerpunkte zu benennen. Die Frage nach
der institutionellen Verankerung der Konfliktforschung rundet den Beitrag ab. Vier
mögliche Forschungsschwerpunkte sollen knapp skizziert werden.
Gewaltsame und ethnopolitische Konflikte. Besonders bedrohlich sind gewaltsam
ausgetragene, unteilbare Konflikte, weil sie nicht nur besonders schwerwiegend,
sondern auch folgenreich sind. Ethnopolitische Konfliktkonstellationen ganz unterschiedlicher Art folgen in der Regel diesem Konflikttypus, weil es in ihnen um Identitäten, Grenzziehungen und Zugehörigkeiten geht, die nicht oder nur schwer verhandelbar sind und im Fall einer möglichen Bedrohung leicht eskalieren. Gewaltsam
Perspektiven sozialwissenschaftlicher Konfiktforschung
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Teil I
Grundlagen
ausgetragene ethnopolitische Konflikte und Kulturkämpfe werden vermutlich zunehmen, so dass sie einer möglichst interdisziplinär angelegten sozialwissenschaftlichen Konfliktforschung ein besonderes Anliegen sein sollten. (→ Kap. 12 Intergruppenprozesse.)
Makrogewalt-Konflikte. Die Erforschung der Ursachen, Interaktionsmuster, Dynamiken und Eskalationsrisiken so genannter Makrogewalt ist bislang ebenfalls
ein vernachlässigtes Forschungsfeld. Makrogewalt – das ist nicht nur Krieg und Bürgerkrieg, sondern auch illegitim ausgeübte staatliche Gewalt wie etwa Staatsterrorismus, brutale Diktaturen, Genozide etc. Diese Gewaltphänomene übertreffen in der
„Opferbilanz“ alle anderen Formen der Gewalt mit weitem Abstand, werden aber
gerne zivilisationstheoretisch als Ausnahmeerscheinung gefasst, womit sie zugleich
einen Gutteil ihres Schreckens verlieren (Imbusch, 2003). Angesichts der Fülle unerforschter Zusammenhänge und wenig befriedigender Antworten der Sozialwissenschaften stellen diese Phänomene somit einen wichtigen Untersuchungsgegenstand
dar.
Vermittlungsschritte vom Konflikt zur Gewalt. Ein weiteres Forschungsfeld, in dem
sozialwissenschaftliche Syntheseleistungen gefragt sind, ist das der konkreten Vermittlungsschritte von latenten Konfliktdispositionen zu manifestem Gewalthandeln.
Die Aufdeckung solcher Zusammenhänge und Übergänge mag bei Einzeltätern noch
relativ einfach sein, erweist sich aber bereits bei Prozessen der Gruppengewalt als ein
äußerst komplexes Unterfangen, zumal Prozesse kollektiver Gewalt sich nicht einfach summarisch und in der Verlängerung von individueller Gewalt ergeben, da
ihnen gänzlich unterschiedliche Logiken und Dynamiken zugrunde liegen, die es
jeweils gesondert in Betracht zu ziehen gilt.
Anerkennung und soziale Konflikte. Der Zusammenhang von Anerkennung und
sozialen Konflikten erscheint besonders wichtig, da Anerkennungsbeziehungen zum
einen als „sozialer Kitt“ in Zeiten beschleunigten sozialen Wandels dienen können,
zum anderen sie die Grundlage für eine „moralische Grammatik“ sozialer Konflikte
sind (Honneth, 1994). Vorenthaltene oder schwindende Anerkennung im Rahmen
der Globalisierung mag die konfliktive Reaktanz bestimmter sozialer Gruppen erhöhen, so dass Fragen sozialer Wertschätzung, Anerkennung und der gleichwertigen
Akzeptanz von Menschen konflikttheoretisch von höchster Bedeutung sind (vgl.
Heitmeyer, 2001).
Institutionelle Verankerung der Konfliktforschung
Will man Aussagen zur institutionellen Verankerung der Konfliktforschung in der
Bundesrepublik Deutschland machen, so wird man zunächst einmal differenzieren
müssen zwischen den sozialwissenschaftlichen Instituten der Universitäten einerseits
und speziellen Studienangeboten und etablierten Studiengängen an Universitäten
oder spezifischen Instituten mit Konfliktschwerpunkten andererseits. Zu ersteren
wird man aufgrund der Diversität der Forschungslandschaft und der Unterschiedlichkeit der untersuchten Konflikte kaum verallgemeinerbare Aussagen machen
204
Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
Teil I
Grundlagen
können. Die diesbezügliche Forschung findet ihren Niederschlag jedoch in einer
Reihe von Publikationen, die je nach behandeltem Konflikt auf einen heterogenen
Interessenten- und Rezipientenkreis stößt.
Anders verhält es sich mit den fester organisierten Studienangeboten und etablierten
Institutionen auf diesem Gebiet. Diese lassen sich vorläufig in Institutionen der Friedens- und Konfliktforschung und Zentren für Konfliktforschung, Institute mit dem
Schwerpunkt auf ‚totalitäre‘ Gewalt und Genozide sowie (unterschiedlich weit institutionalisierte) Studienangebote auf dem Feld der Konfliktforschung unterteilen.
Friedens- und Konfliktforschung. Als klassische Institute für Friedens- und Konfliktforschung können etwa die in Frankfurt ansässige Hessische Stiftung Friedens- und
Konfliktforschung (HSFK) und die Heidelberger Forschungsstätte der Evangelischen
Studiengemeinschaft (FEST) gelten, die sich seit langen Jahren schwerpunktmäßig
durch die Beschäftigung mit internationalen Konflikten und Abrüstungsinitiativen
einen Namen gemacht haben. Dazu zu zählen wäre auch das Berliner BerghofZentrum für Konfliktforschung, das thematisch breiter angelegt ist und in der Vergangenheit neben Mediationsaspekten auch konflikttheoretische Analysen vorgelegt
hat. Das Bremer Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (INIIS) hat
sich schwerpunktmäßig mit Globalisierungskonflikten und Kulturkämpfen beschäftigt. Dagegen ist das Bielefelder Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung wesentlich auf innergesellschaftliche Konflikte (Rechtsextremismus,
Kulturkonflikte mit dem Islam, Menschenfeindlichkeit und gesellschaftliche Desintegrationsprozesse) ausgerichtet; es hat neben beispielhaften Einzelanalysen die Konfliktforschung auch in theoretischer Hinsicht befruchtet.
Forschung zu totalitärer Gewalt und Genoziden. Daneben ließe sich eine ganze Reihe
von Instituten nennen, die sich aus sozialwissenschaftlicher Perspektive mit
geschichtlich weiter zurückliegenden Ereignissen wie dem Holocaust und dem stalinistischen Terror oder Genoziden beschäftigen. An deren Erforschung sind Institutionen wie das Hamburger Institut für Sozialforschung oder das Berliner Zentrum für
Antisemitismusforschung, aber auch kleinere Institute wie etwa das Dresdner Hannah Arendt Institut für Totalitarismusforschung, das Potsdamer Moses Mendelsohn
Zentrum oder das Institut für Diaspora- und Genozidforschung in Bochum beteiligt.
Studienangebote zur Konfliktforschung. Um reguläre und fest institutionalisierte
Studienangebote an den Universitäten steht es dagegen eher schlecht. Häufig ist ein
entsprechendes Studienangebot zur Konfliktforschung den Initiativen einzelner
Lehrender zu verdanken, so dass dort bei Stellenwechseln ein Ende des Studienangebots droht. Erfreuliche Ausnahmen von dieser Zufälligkeit stellen die gelungene
Etablierung eines interdisziplinär ausgerichteten Nebenfach-Studiengangs für Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Marburg sowie das zertifizierte
Weiterbildungsangebot im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung an der
Fernuniversität Hagen dar. Daneben existieren an einer Reihe von Universitäten
Schwerpunktsetzungen innerhalb einzelner Fachgebiete (etwa der Politikwissenschaft), wo im Rahmen der Internationalen Beziehungen internationale Konflikte
Perspektiven sozialwissenschaftlicher Konfiktforschung
205
behandelt werden, die der Friedens- und Konfliktforschung zugeschlagen werden
können. Dies trifft etwa auf die Universität Tübingen und die FU Berlin zu.
Teil I
Grundlagen
Resümee. Im letzten Jahrzehnt ist es zu einer beträchtlichen Ausweitung der Beschäftigung mit Themen aus dem Bereich der Konfliktforschung an den deutschen Universitäten gekommen. Die mit unterschiedlichen Zugängen und mit einem pluralistischen Methodenspektrum arbeitende Forschung und Lehre zu sozialen Konflikten
ist aus den Universitäten nicht mehr wegzudenken. Gerade im Hinblick auf die Bedeutung und den Stellenwert sozialer Konflikte für die Gesellschaft und die Notwendigkeit, angesichts allgegenwärtiger Konflikte und bedrohlicher Gewalt Präventionsund Mediationsmaßnahmen umsetzen und Regelungs- bzw. Lösungsmöglichkeiten
erarbeiten zu müssen, kann dies nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Literatur
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Bonacker, T. (Hrsg.). (2002a). Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien. Opladen. Leske +
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Coser, L. (1967). Continuities in the study of social conflict. New York: Columbia University
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Sozialwissenschaftliche Konfiktforschung
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