Einführung in die Smart-Grids-Märkte: Stärkung der Marktrollen – Stärkung der Versorgungssicherheit » Vortrag zur Smart Grid Woche „Smart Grids in der Umsetzung“ EnBW Energie Baden-Württemberg AG Dr. Clemens Cremer 5.10.2015 Preis Preisbildung im Strommarkt – schematisch Die risikoverstärkende Wirkung der unelastischen Nachfrage Marktpreis preisunelastische Nachfrage Preisbildung im derzeitigen Marktdesign: › Grenzpreisbildung bei Schnittpunkt von Angebots- und Angebot Nachfragefunktion › Nachfragefunktion preisunelastisch => senkrecht Preis Menge Marktversagen bei Nachfrage größer Angebot › Bei beschränktem Angebot < Nachfrage kann kein Schnittpunkt der beiden Funktionen ermittelt werden › Eine Allokation der knappen Kapazität nach Zahlungs- Preis Menge Marktpreis bereitschaft ist nicht möglich. Pro-rata Zuteilung. preiselastische Nachfrage Preisbildung bei elastischer Nachfrage: › Bei preiselastischer Nachfrage kann auch bei Nachfrage > Angebotsmenge ein Preis ermittelt werden Menge 2 Eine preiselastische Nachfrage hätte große Vorteile. Sie ist bisher jedoch kaum zu beobachten. Die Schwierigkeit, die Nachfrage zu flexibilisieren beruht auf einem Dilemma Derzeitige Marktlage (niedrige Preise in Peak-Situationen) schafft nicht genügend Anreize, um die Flexibilität der Nachfrage zu erhöhen. Lieferanten sind nicht in der Lage flexible Belieferungsverträge anzubieten, die hohe Peak-Preise begründen, wenn sie preissetzend werden Ein ausreichend hohes Niveau an Nachfrageflexibili tät mindert das Risiko des Marktversagens, aber… Mangel an Verkaufsgeboten bei hohen Preisen verhindern das Auftreten von hohen Peak-Preisen, die einen Anreiz zur Nachfrageflexibilisierung bieten würden 3 Weitere Ursachen für die kaum ausgebildete Flexibiltät der Nachfrage Präferenzen und Auswahlentscheidungen der Konsumenten › Elektrizitätsversorgung über das öffentliche Netz ist ein nicht-ausschließliches Kollektivgut… › ….zumindest so lange es keine Echtzeitbilanzierung des Elektrizitätsbezugs einzelner Endkunden gibt. › Konsumenten haben keinen Anreiz einen verlässlichen Lieferanten auszuwählen, da eine möglicherweise auftretende Knappheit durch nicht-diskriminierende zufällige Lastabwürfe bewirtschaftet würde: “Als Kunde kann man sich für den Fall einer allgemeinen Knappheit nicht gegen Ausfälle der eigenen Versorgung absichern, indem man einen zuverlässigen Versorger wählt.” Das Marktdesign, das den Wettbewerb fördern soll, trägt zur Herausforderung bei › Endkunden können sich immer darauf verlassen, das sie vom Grundversorger versorgt werden, wenn Ihr Lieferant ausfällt… › … mit der Folge, dass die Kunden das Lieferantenrisiko nicht berücksichtigen. › Elektrizitätsversorger mit unangemessen schwacher Risikovorsorge gewinnen wettbewerbliche Vorteile in Perioden ohne hohe Peak-Preise 4 Zusammenfassung der Probleme Drei Defizite des bestehenden Marktdesigns 1.Trittbrettfahrerproblem bei der Versorgungssicherheit: Kunden entnehmen im Knappheitsfall aus dem Netz, auch wenn für Sie kein Strom bereitgestellt wurde. Nichtausschließbarkeit nach Kollektivgütertheorie. AllmendeDilemma 2.Lieferanten von Versorgungssicherheit werden nicht ausreichend entlohnt. 3.Nachfrage ist preisunelastisch. Kapazitätsmärkte, strategische Reserve kurieren das Symptom, nicht die Ursache 5 Optionen zur Stärkung der Marktrollen Bilanzierung der Endkunden in Echtzeit › Versäumt der Lieferant den benötigten Strom zu liefern, werden Kundenlieferungen bei Knappheit individuell reduziert › Damit wird der Strombezug von einem Allmendegut in ein privates Gut gewandelt › Lieferanten müssen das Risiko der Lieferbeschränkung ihrer Kunden bewirtschaften. › Konsumenten erhalten den Anreiz ihre Lieferantenrisiko zu bewerten › Konsumenten können Ihr Maß an Versorgungssicherheit wählen Verpflichtung zur Flexibilisierung › Verpflichtung der Lieferanten einen Teil des Stroms auf Grundlage flexibler Verträge zu liefern › Die Menge der preisabhängig, flexiblen Strombelieferung wird als Teil der Lieferfahrpläne bestimmt › Art und Menge der in den Lieferverträgen vereinbarten Flexibilitäten muss unabhängig geprüft werden › Dilemma der mangelnden Nachfrage-flexibilität kann so überwunden werden Reserve und Pönale Bilanzierung in Echtzeit bedeutet eine Abkehr vom Gedanken der öffentlichen Versorgung mit Strom Eine Verpflichtung zur Flexibilisierung behält den Grundsatz der öffentlichen Versorgung mit Strom bei Mit Reserve und Pönale entsteht ein erhöhtes Maß an regulatorischem Eingriff und an Transferzahlungen › Verpflichtung der Lieferanten auf Einhaltung ausgeglichener Bilanzkreise › Schaffung einer Reserve für den Fall, dass die Verpflichtung bei Knappheit systematisch nicht eingehalten wird › Pönalisierung der Lieferanten für die Inanspruchnahme durch einen administrativ festgelegten, prohibitiv hohen Preis für die Inanspruchnahme der Reserve 6 Verpflichtung zur Flexibilisierung – ein paar Details 1. Lieferanten mit Lieferungen an lastganggemessene Kunden werden verpflichtet einen festgelegten Teil Ihrer Liefermengen als Kaufgebote unterhalb des technischen Höchstpreises an der Börse einzustellen. 2. Lieferanten vereinbaren flexible Belieferungen mit Kunden, um die preisabhängigen Börsengebote abzusichern Ausgehend vom heutigen Marktgesehen könnte die Vereinbarung einer Rückkaufoption ein sinnvoller Ansatz sein: („Wieviel müsste ich Ihnen bezahlen, wenn Sie morgen zu bestimmten Zeiten nur eine Teilbelieferung erhalten?“) 3. Lieferanten aggregieren die Flexibilitäten aus den Kundenverträgen zu Kauf- und Verkaufsgeboten für den Großhandelsmarkt. 4. Bei einer engen Marktlage können auf Kundenflexibilität basierende Gebote preissetzende wirken. Lieferanten, die Flexibilitäten mit Ihren Kunden vereinbart haben, können die (teure Belieferung zu hohen Peakpreisen vermeiden. Kunden können einen im durchschnitt günstigeren Strombezug erreichen. 5. Wenn flexible Nachfrage den Preis setzte entstehen auch für Spitzenlastkraftwerke Deckungsbeiträge und damit ein Anreiz, diese vorzuhalten 6. Mit einem ausreichend großen Leistungsband an Nachfrageflexibilität können stochastisch auftretende Lastspitzen sicher bewirtschaftet werden 7 Könnte eine Verpflichtung zur Flexibilisierung wirklich funktionieren? 1. Werden die Konsumenten tatsächlich genügend flexible Leistung bereitstellen? › Das technische Preislimit im Day-ahead Markt könnte mit 3000 Euro/MWh tatsächlich zu niedrig sein, um genügend Nachfrageflexibilität zu aktivieren 3. Gibt es in einem System der Kundenflexibilisierung ausreichend Zeit, neue Erzeugung zu errichten, bevor der Markt versagt? › Die Menge an Nachfrageflexibilität ist entscheidend: Je größer sie ist, desto stabiler der Markt › Die Höhe der Verpflichtung kann an die Marktlage angepasst werden 2. Würden sich Lieferanten nicht gegen die Verpflichtung optimieren? › Mit der Bemessung der Verpflichtungsmenge an den Lieferfahrplänen und einer unabhängigen Überprüfung der kontrahierten Flexibilitäten dürfte ein robustes System erreichbar sein 4. Welchen Beitrag könnten Haushalte zur Flexibilisierung leisten? › Kunden, die auf Grundlage von Lastprofilen beliefert werden, lassen sich schwer für die Bereit-stellung von Flexibilität entlohnen › Ein Ausrollen von Smart Meters und neuen Liefermodellen würde Haushalten die Teilnahme erlauben. 8 Einschätzungen zu Entwurf des Strommarkgesetzes Zielsetzungen und Ausrichtung › „…Preisbildung für Elektrizität durch wettbewerbliche Marktmechanismen zu gewährleisten…“ ist als Bekenntnis zum Markt und zur liberalisierten Energiewirtschaft positiv zu werten › Die Festlegung, die Höhe der Strompreise nicht zu regulieren, ist damit konsequent und sinnvoll › Das Hinwirken auf Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage ist richtig › Schaffung zusätzlicher Reserven dagegen erhöht die Komplexität und den regulatorischen Eingriff › Abrechnung von Bilanzkreisen auch bei großer Knappheit ist von der Anreizsetzung her einerseits sinnvoll aber nach Eingriffen der Netzbetreiber ggf. nicht adäquat Eine erste Bewertung › Die Zielrichtung des Gesetzes, die Marktkräfte zu stärken und den Wettbewerb zu fördern geht in die Richtung › Die Rolle der Stromkunden als tatsächliche Nachfrager von Versorgungssicherheit wird im entworfenen Marktdesign zu wenig berücksichtigt 9 Fazit › Anbieter von Flexibilität werden bei der Bewirtschaftung eines öffentlichen Gutes nur unzureichend entlohnt › Flexibilität wird dann zur Chance für den Markt, wenn die Marktteilnehmer – Produzenten, Lieferanten wie Kunden – ihre Risiken in angemessenem Umfang tragen › Mit dem Entwurf zum Marktdesigngesetz werden die Marktrollen nicht in dem Maß gestärkt, wie es gemessen an den tatsächlichen Ursachen sinnvoll wäre › Eine Stärkung der Marktrollen von Lieferanten und Kunden könnte einen Markt für Flexibilität schaffen, ohne eine komplexe Struktur an Reserven vorhalten zu müssen 10 Kontakt EnBW Energie Baden-Württemberg AG Dr. Clemens Cremer Durlacher Allee 93 76131 Karlsruhe [email protected] Präsentationtitel lorem ipsum dolor · 23. Juni 2014 · Abteilung, Name · Dateiname 11