Angewandte Sozialpsychologie ! Definition der Kleingruppe! Angewandte Sozialpsychologie! A group is two or more individuals ! ! ! in face-to-face interaction, ! ! each aware of his or her membership in the group, ! ! each aware of the others who belong to the group, ! ! and each aware of their positive interdependence as ! ! they strive to achieve mutual goals. ! Individualleistungen in der Gruppe! Führungsverhalten ! ! Johnson & Johnson (1987, S. 8) Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Lickel et al. (2000): 4 Gruppentypen identifiziert:! Tönnies (1857; 1955):! Unterscheidung zwischen ! – Gemeinschaft (interpersonelle Beziehungen; community) und! – Gesellschaft (formelle Zugehörigkeit, association) ! 1. 2. 3. 4. Diese unterscheiden sich signifikant in folgenden Variablen:! ! ! Intime Gruppe! Arbeitsgruppe! Soziale Kategorie! Lose Assoziation! Entiativität: Eigenschaft der Gruppe als distinkt, kohärent und als Einheit wahrgenommen zu werden. ! Große Unterschiede zwischen den Gruppen möglich! Entiativität! 8.05! 6.98! 4.40! 4.59! Persönliche Wichtigkeit! 7.93! 5.96! 3.52! 3.01! Wichtigkeit! 7.66! 6.15! 4.38! 2.40! Interaktion! 7.52! 6.24! 5.08! 2.90! ! ! ! ! ! ! ! (Hamilton & Sherman, 1996; Lickel, Hamilton, ! ! Wieczorkowska, Lewis, Sherman, & Uhles, 2000).! Intime Gruppe: Freunde, Familie, Street Gang! Arbeitsgruppen: Flight crew, Projektmitarbeiter, Schauspielensemble, Jury-Mitglieder! Soziale Kategorien: Amerikanische Bürger, Frauen, Juden, Doktoren! Lose Assoziation: Warteschlange vor einem Bankschalter, Studenten bei einer Vorlesung, Teilnehmer an einer Sportveranstaltung.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! 4. ! Diese unterscheiden sich signifikant ! im Beziehungsstil (gemeinsame ! Nutzung von Ressourcen, Gleichheit, ! Autoritätsgefälle, Kosten-/Nutzen-! rechnung) ! ! 9 8 Social facilitation:! Triplett (1898): Personen fuhren schneller Rad in einem direkten Wettbewerb mit anderen Teilnehmern.! Bei Beobachtung durch andere wurden die Teilnehmer besser (Audience effect).! ---> In Nachfolgeuntersuchungen konnte der Effekt nur z.T. nachgewiesen werden. Manchmal wurden die Teilnehmer sogar schlechter!! Zajonc (1965): Entwicklung der Drive-Theory:! ! ! 7 6 ! 5 Intime Gruppe 4 Arbeitsgruppe Soziale Kategorie 3 Lose Assoziation 2 1 0 Kosten / Nutzenrechnung Gleicheitsprinzip Gemeinsame Nutzung Autoritätsgefälle Beziehungsstile Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Ankleidungszeit im Experiment von Markus (1978) 40 Evaluation apprehension model (Cottrell, 1972):! Soziale Belohnungen und Strafen werden sehr früh in der Kindheit gelernt. Die Anwesenheit anderer führt zu einer Erhöhung der Aktivierung durch die Vorahnung einer sozialen Evaluation.! Cottrell, Wack, Sekerak & Rittle (1968): Soziale Erleichterung tritt nur dann auf, wenn die Anwesenheit anderer auch zu einer Evaluation führen kann. !! Markus (1978): männliche Vpn mussten sich umziehen in (a) gewohnte Bekleidung und (b) in ungewohnte Bekleidung (Spezialschuhe, Labormäntel) vor (1) aufmerksamen Publikum, (2) zufällig anwesendem Publikum oder (3) allein. ! ! 35 30 25 Zeiteinheiten 2. 3. Intime Gruppe: eher klein, langlebig, hoch interaktiv, schwierig der Gruppe beizutreten oder diese zu verlassen! Arbeitsgruppen: eher klein, interaktiv aber weniger langlebig und durchlässiger! Soziale Kategorien: große Gruppe, lange Geschichte und undurchlässige Grenzen, geringe Interaktion! Lose Assoziation: geringe Interaktion und ! Beziehungsstile der vier Gruppentypen (Lickel et al. 2006) kleinere Gruppe, sehr kurzlebig! Bewertung (0=nicht vorhanden, 9=vorhanden) 1. Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! ungewohnte Bekleidung gewohnte Bekleidung 20 15 10 5 0 Allein "zufälliges" Publikum Experimentelle Bedinung aufmerksames Publikum Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Ergebnis des Experiments von Markus:! Bei gewohnter Bekleidung -> Unterstützung der evaluation apprehension theory! Bei ungewohnter Bekleidung -> Unterstützung der Theorie von Zajonc! Distraction Conflict Theory (Baron, 1986)! Die Aufmerksamkeit kann nicht auf zwei Dinge gleichzeitig gelenkt werden. Man muss sich entscheiden, wem man mehr Aufmerksamkeit schenkt, dem Anderen oder der Aufgabe.! Schmitt, Gilovich, Goore & Joseph (1986): Die Anwesenheit anderer reicht aus, um eine gut gelernte Aufgabe schneller und eine schwierige Aufgabe langsamer auszuführen. ! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Andere Erklärungen für die soziale Erleichterung:! Monteil & Huguet (1999):! (1) Selbstaufmerksamkeitstheorie von Wicklund (1975) und Carver & Stroop-Test: Die Farbe, in denen Wörter geschrieben wurden, müssen so schnell wie möglich genannt werden.! z.B.: „Rot“ -> Schwarz; „Blau“ -> Grün! Laut Drive-Theory: Bei Anwesenheit anderer Personen werden Wörter, die in gleicher Farbe geschrieben wurden, schneller genannt und Wörter in anderer Farbe langsamer.! Laut Conflict-Distraction-Theory: Wenn andere Personen anwesend sind, wird der Aufmerksamkeitsfokus eingeengt. -> Wörter in anderer Farbe sollten schneller genannt werden.! ! Bestätigung der Conflict-Distraction Theory durch den Stroop-Test!! Scheier (1981): ! ! Wenn man die Aufmerksamkeit auf sich selbst richtet, werden die Diskrepanzen zwischen dem tatsächlichen und dem gewünschten Verhalten bewusst -> Reduktion der Diskrepanz! ! Wenn die Diskrepanz zu groß ist -> Verhalten wird eingestellt, Aufmerksamkeit wird auf andere Dinge gelenkt.! (2) Selbstpräsentation (Bond, 1982): Motivation, sich im besten Licht darzustellen. Bei Anwesenheit Anderer erhöhte Anstrengung. ! ! Wenn dies nicht möglich ist -> Scham, Leistungsverminderung! (3) Grenzen der Aufmerksamkeitskapazität (Baron, 1986). ! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Die Aufgaben-Taxonomie nach Steiner (1972, 1976)! Teilbarkeit! • Teilbare Aufgabe (z.B. Hausbau)! • Unteilbare Aufgabe! Maximierbarkeit! • Maximierbar: So viel wie möglich! • Optimierbar: So gut wie möglich! Individueller Beitrag! • Additiv: Gruppenleistung besteht aus der Summe der ! Einzelleistungen! • Kompensatorisch: Mittelwert aus allen Individualleistungen! • Disjunktiv: Ein Individualbeitrag wird ausgewählt! • Konjunktiv: Das schwächste Mitglied bestimmt die Gruppenleistung (z.B. am Fließband)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gruppenleistung:! • Bei additiven Aufgaben: Gruppe besser als das beste Gruppenmitglied! • Bei kompensatorischen Aufgaben: Gruppenleistung ist besser als die meisten Individualleistungen! • Bei disjunktiven Aufgaben: Gruppenleistung ist gleich gut bis schlechter als die beste Individualleistung! • Bei konjunktiven Aufgaben: Gruppenleistung ist so gut wie die schlechteste Individualleistung (z.B. Streichkonzert)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Soziale Faulheit (social loafing):! Gründe für den Ringelmann-Effekt:! Ringelmann-Effekt (Ringelmann, 1913): Je mehr Personen an einem Gruppenexperiment teilnahmen, desto weniger trug der Einzelne bei.! • Koordinationsverlust: Aufgrund des ständigen Gerangels können sich die Teilnehmer nicht auf ihre gesamte Kraft konzentrieren.! • Motivationsverlust: Die Teilnehmer verlieren an Motivation und geben nicht mehr ihr Bestes.! Überprüfung der Hypothese durch Ingham, Levinger, Graves & Peckham (1974): ! Vpn mussten an einem Seil ziehen. VG1: reale Gruppe, VG2: PseudoGruppe (1 reale Vp).! Motivationsverlust bei Pseudogruppen; Motivations- und Koordinationsverlust bei realen Gruppen nachgewiesen (Motivationsverlust betrug ca. 15%, der Koordinationsverlust ca. 7%)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Latané, Williams & Harkins (1979):! Vpn mussten klatschen und schreien, so laut sie konnten. VG1: allein, VG2: 2 Mitglieder, VG3: 6 Mitglieder, weitere Unterteilung in Pseudogruppen und reale Gruppen.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Soziale Faulheit ist ein weitverbreitetes Phänomen ! ! ! ! ! ! ! (Karau & Williams, 1993):! Soziale Faulheit tritt auf bei ! • physischen Aufgaben (Schreien, Klatschen Ziehen, Schwimmen)! • Kognitiven Aufgaben (Ideengenerierung)! • Evaluativen Aufgaben (Herausgeberschaft, Therapien, Bewertung von Gedichten)! • Wahrnehmungsaufgaben (Lösen eines Labyrinth-Rätsels, Aufmerksamkeitstest)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gründe für soziale Faulheit (Geen, 1991)! • Aufteilungsgerechtigkeit: Personen verhalten sich sozial faul, weil sie meinen, dass sich auch andere Mitglieder der Gruppe sozial faul verhalten und eine gerechte Leistungsaufteilung durch soziale Faulheit gewährleistet ist (Jackson & Harkins, 1985). ! • Evaluationsdiffusion: Durch die Anwesenheit anderer Gruppenmitglieder wird man anonymer und seine eigene Leistung wird zuwenig von anderen gewürdigt. Dadurch sinkt die Leistungsmotivation. In individuellen Situationen ist man klar identifizierbar und die Leistungsmotivation ist hoch (Harkins, 1987; Harkins & Szymanski, 1987).! • Vergleichsstandard: Es fehlt der Vergleichsstandard in der Gruppe. Bei klar definierten Leistungsstandards gibt man sein Bestes (Szymanski & Harkins, 1987).! Reduktion der sozialen Faulheit durch:! • • • • • Klare persönliche Identifikation durch Vorgesetzten! Persönliche Involviertheit in die Aufgabe! Anstrengung der Partner! Inter-Gruppen-Vergleiche! Wichtige und sinnvolle Aufgaben! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gruppensozialisation:! Tuckman (1965): 5 Stufen der Gruppengeschichte! Forming! Orientierung und Bekanntmachung der Gruppenmitglieder! Storming! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gruppensozialisation nach Moreland & Levine (1982, 1984):! Zeit! Rolle! Sozialer Prozess! Commitment! 1! Zukünftiges Investigation: Zukünftige Mitglieder werden interviewt oder getestet! Mitglied! Konflikte, um zu einem gemeinsamen Gruppenziel zu kommen. Kompromisse sind notwendig.! 2! Neues Mitglied! Sozialisation: Neue Mitglieder werden belehrt und in die Regeln und Sitten der Gruppe eingeführt. Formell durch Trainee-Programme oder informell. Nach Durchlaufen dieser Programme -> Akzeptanz.! **! Norming! Konsensus, Kohäsion und eine gemeinsame Gruppenidentität entwickeln sich. ! 3! Aufrechterhaltung! Rollenaufteilung wird verhandelt. Ende kann abrupt sein (z.B. nach Erreichen eines Diploms) oder langsam.! ***! Performing! Gruppenmitglieder arbeiten konfliktfrei zusammen.! 4! Resozialisation! Mitglied muss sich unterwürfig verhalten, dann wird es wieder als volles Mitglied akzeptiert. Falls dies nicht gelingt -> Ausscheiden aus der Gruppe.! **! Adjourning! Gruppe löst sich auf, da die Ziele erreicht wurden oder einzelne Mitglieder das Interesse verloren haben.! 5! Erinnerung! Die Gruppe erinnert sich an ihre ehemaligen Mitglieder oder auch nicht Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Initiationsriten:! • Symbolische Funktion: öffentliche Anerkennung der neuen Funktion! • Lehrjahre: Einige Riten helfen den neuen Mitgliedern, sich an die Regeln der Gruppe zu gewöhnen! • Loyalitätserleichterung: Spezielle Geschenke sollen die Loyalität zur Gruppe erhöhen.! Aronson & Mills (1959): Psychologie-Studentinnen, Aufnahme in eine Diskussionrgruppe. VG1: Aussprechen von ordinären Begriffen ohne Rot zu werden, VG2: Aussprechen von vagen sexuellen Andeutungen, VG3: kein Initiationsritus.! -> VG1 bewertete die Gruppendiskussion als besonders interessant! *! *! (z.B. in totalitären Organisationen).! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Normen: ! Generalisierte Meinungen über das Verhalten in einer Gruppe. ! • Explizit: durch Regeln und Sanktionen genau festgelegt! • Implizit: in den Alltag integriert! Dienen als Referenzrahmen! Garfinkel (1967): Ethnomethodology: Identifikation der impliziten Normen.! z.B.: Studenten mussten zuhause 15 Minuten freundlich und formal sprechen und sagten nur etwas, wenn sie etwas gefragt wurden -> Familie reagierte mit Schock, Erstaunen, Ärger -> Vorwurf des Egoismus, Boshaftigkeit, Rohheit und Lächerlichmachens!! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Rollen: ! Status: ! Normen gelten für die gesamte Gruppe, Rollen für einzelne Mitglieder oder für Subgruppen.! Hoher Status hat zwei Eigenschaften (White, 1943):! • Konsensuelles Prestige! • Tendenz zur Initiierung neuer Ideen und Aktivitäten in der Gruppe! Rollen ! ! • dienen zur Differenzierung einzelner Gruppenmitglieder! • Dienen der Aufteilung der Arbeit! • Beschreiben Erwartungen an die Gruppenmitglieder und wie die ! Gruppenmitglieder zueinander in Beziehung stehen! • Legen den Status in der Gruppe fest.! ! ! ! ! ! ! ! Hierarchien entstehen durch sozialen Vergleich (Festinger, 1954; Suls & Miller, 1977)! Expectation States Theory (Berger, Fisek, Norman & Zelditch, 1977; deGilder & Wilke, 1994; Ridgeway, 2001)! 1. Spezifische Status-Charakteristik: Eigenschaften, die direkt mit den Fähigkeiten der Gruppe verbunden sind (z.B. Schnelligkeit in einer Läufer-Staffel)! 2. Diffuse Status-Charakteristik: Eigenschaften, die nicht unmittelbar mit dem Gruppenprofil zu tun haben (z.B.: Männlichkeit, Alter, Akademiker)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Diffuse Status-Charakteristik wird auf alle Situationen angewandt, spezifische nur auf ganz bestimmte Situationen.! Spezifischer und diffuser Status sind unabhängig voneinander. Sie werden in neuen Gruppen zum Gesamtstatus addiert.! Knottnerus & Greenstein (1981):Weibliche Vpn, ! Erste Aufgabe: Wahrnehmungsaufgabe, ! danach Evaluation (a) besser als die andere oder (b) schlechter (spezifischer Status) weiters wurden sie informiert, dass die andere Vpn (1) jünger oder (2) älter war (diffuser Status).! Zweite Aufgabe: Wortbildungsaufgabe; ! Index des effektiven Status der anderen Person: Berücksichtigung der Vorschläge der anderen Vp! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Kommunikationsnetzwerke:! Bavelas (1968): Die Anzahl der Verbindungen einer Person mit anderen Gruppenmitgliedern sind wichtig für die Bewertung und Performance der Gruppe.! Einfache Aufgaben: Zentralisierung ist besser (Leavitt, 1951); die zentrale Person nimmt alle Infos auf und gibt diese aufgabenspezifisch weiter -> Vorteil: Jeder kann sich auf seine Aufgabe konzentrieren.! Für komplexe Aufgaben: weniger zentralisiert ist besser (Shaw, 1964)! Grad der Autonomie: periphere Mitglieder habe in zentralisierten Strukturen weniger Macht. Je zentraler die Position, desto zufriedener ist die Person (Mulder, 1960).! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gruppenmitglieder, die am Rande der Gruppe stehen sind meistens „Schwarze Schafe“:! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Zentralisierte Strukturen können zu ! • einer reduzierten Gruppenzufriedenheit, ! • Weniger Harmonie und ! • Weniger Solidarität führen, außerdem ! • entstehen leichter interne Konflikte.! Je mehr Kontrolle ein Gruppenmitglied wahrnimmt, desto zufriedener ist es. Kontrolle hängt von der Kommunikationsmöglichkeit ab (Evans & Fischer, 1992).! Unterscheidung zwischen formeller und informeller Kommunikation wichtig. „Kaffeetratsch“ (engl. Grapevine): 80% des Inhalts ist beruflich und davon sind 70-90% der Gerüchte korrekt (Simmonds, 1985).! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppe! Gründe für Gruppenmitgliedschaft! Man schließt sich jener Gruppe an, ! • Werden weniger gemocht als Mitglieder einer Fremdgruppe (outgroup) (Marques & Paéz, 1994).! • die sehr nahe ist (Tyler & Sears, 1977)! • Durch ihr Verhalten unterminieren sie Gruppennormen (Marques, Abrams & Serodio, 2001).! • die die selben Ziele hat ! • die die gleichen Einstellungen aufweist ! • Üben vermehrt Kritik am Gruppenverhalten (diese wird aber eher akzeptiert als von einem Nicht-Mitglied; Hornsey & Imani, 2004).! • um nicht allein zu sein (Peplau & Perlman, 1982)! • Haben wichtige Funktion für die Gruppenführer, um die Gruppendefinition zu exemplifizieren. ! • um einen höheren Selbstwert zu erlangen (Leary, Tambor, Terdal & Downs, 1995)! • um sicher zu sein (Ahlstrom & Havighurst, 1971)! • um Angst zu reduzieren (Greenberg, Solomon & Pyszczynski, 1997)! • um Unsicherheit abzubauen! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Die „Great Person“-Theorie:! Situative Theorien:! Persönlichkeitseigenschaften von Führern (Mullen, Salas & Driskell, 1989; Mann, 1959; House, 1977):! Korrelationen mit ! Bales (1950): Situationen bestimmen, welche Eigenschaften zur Erreichung eines Zieles notwendig sind. Das Individuum mit den besten Fertigkeiten wird Gruppenführer.! Intelligenz! Größe! Attraktivität! Physische Gesundheit! Selbstbewusstsein! Gesprächigkeit! Bedürfnis nach Dominanz! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Drei Clubs wurden mit je einem Führungsstil geführt; nach 7 Wochen wurde der Führer ausgewechselt, der Führungsstil aber beibehalten (nach weiteren 7 Wochen nochmals).! ! ! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! ! Führungsstil! Evaluation des Führers! Gruppen- ! atmosphäre! Produktivität! Autokratischer Führungsstil! Wird weniger gemocht! Aggressiv, abhängig, egoistisch! Hoch (wenn Führer anwesend)! Niedrig (wenn Führer abwesend)! Demokratischer Führungsstil! Wird mehr gemocht! Freundlich, Relativ hoch (unabhängig von gruppenzentriert,! der Präsenz des Führers)! aufgabenorientiert! Laissez-faire! Wird weniger gemocht! Freundlich, gruppenzentriert, spielorientiert! Niedrig (höher wenn Führer nicht anwesend)! Behaviorale Theorien:! Effektive Gruppenführung hängt vom Verhalten der Führungskraft ab (nicht von ihrer Persönlichkeit).! Lippitt & White (1943): 3 Führungsstile in Adoleszenten-Clubs untersucht! • Autokratischer Führungsstil: organisiert die Club-Aktivitäten, befiehlt, Aufgabenzentriert.! • Demokratischer Führungsstil: nimmt Vorschläge an, diskutiert Pläne, verhält sich wie ein ordentliches Mitglied.! • Laissez-faire Führungsstil: lässt die Gruppenmitglieder gewähren, interveniert nur minimal.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Bales (1950): Unterscheidung zwischen ! – Aufgabenspezialisten (sind auf die Erfüllung der Aufgabe konzentriert) und ! – Sozio-emotionalen Spezialisten (sind auf das Wohlergehen der Gruppenmitglieder fokussiert)! Stodgill (1974) und Sorrentino & Field (1986): Personen, die auf beiden Dimensionen hoch scoren, werden zu Gruppenführern gewählt.! Mitsumi & Peterson (1985) und Smith et al. (1989): Ergebnisse gelten auch für Asien.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Kontingenztheorien der Führung:! Fiedler (1965): Dichotomie zwischen aufgabenorientierter und sozial-emotionaler Orientierung wird beibehalten.! Skala „Least preferred Co-Worker“ (LPC): Bewertung des „schlechtesten“ Mitarbeiters auf 18 bi-polaren Skalen (Freundlich/unfreundlich; ehrlich/ unehrlich; etc.)! Bei guter Bewertung -> sozial-emotional orientiert! Bei schlechter Bewertung -> aufgabenorientiert! Die Situationskontrolle hängt von 3 Faktoren ab:! 1. Führer/Mitarbeiter-Beziehung (gut/schlecht; angenehm/unangenehm)! 2. Aufgabenstruktur (Entscheidungsklarheit; Klarheit des Ziels; Anzahl der Wege, das Ziel zu erreichen; solution specifity (gibt es nur eine Lösung oder viele?))! 3. Positionsmacht (Checklist)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Positionsmacht:! 1a. Compliments from the leader are appreciated more than compliments from other group members.! 1b. Compliments are highly valued, criticisms are considered damaging.! 1c. Leader can recommend punishments and rewards.! 1d. Leader can punish or reward members on his own accord.! 1e. Leader can effect (or can recommend) promotion or demotion.! 2a. Leader chairs or coordinates group but may or may not have other advantages, i.e., is appointed or acknowledged chairman or leader.! 2b. Leader‘s opinion is accorded considerable respect and attention.! 2c. Leader‘s special knowledge or information (and member‘s lack of it) permits leader to decide how task is to be done, or how group is to proceed.! 2d. Leader cues members or instructs them on what to do.! 2e. Leader tells or directs members on what to do or what to say.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! LPC-Scale: Think of all the different people with whom you have ever worked - in jobs, in social clubs, in student projects, or whatever. Next think of the one person with whom you could work least well - that is, the person with whom you had the most difficulty getting a done. This is the one person - a peer, boss, or subordinate - with whom you would least want to work. Describe this person by selecting numbers at the appropriate points on each of the following pairs of bipolar adjectives. Work rapidly. There are no right or wrong answers. ! Pleasant friendly rejecting tense distant cold supportive boring quarrelsome gloomy open backbiting untrustworthy considerate nasty agreeable insincere kind Unpleasant unfriendly accepting relaxed close warm hostile interesting harmonious cheerful guarded loyal trustworthy inconsiderate nice disagreeable sincere unkind Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! 3a. Leader is expected to motivate group.! 3b. Leader is expected to suggest and evaluate the member‘s work.! 3c. Leader has superior, or special, knowledge about the job, or has special instructions, but requires members to do job.! 3d. Leader can supervise member‘s job and evaluate it or correct it.! 3e. Leader knows own as well as members‘ job and could finish the work himself if necessary (e.g. writing a report for which all information is available).! 4a. Leader enjoys special or official rank and status in real life which sets him apart from (or above) group members, e.g., military rank, or elected office in a company or organization. (+5 points)! 4b. Leader is given special or official rank by experimenter to simulate for role playing purposes, e.g., „you are a general“ or, „the manager“. This simulated rank must no be just that of „chairman“ or „group leader“ of the group during ist work period. (+3 points)! 4c. Leader‘s position is dependent on members. Members can replace or depose leader (-5 points)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Vorgesetzter / MitarbeiterBeziehung! Aufgabenstruktur! Positionsmacht! Situationskontrolle! gut! gut! hoch! 1! gut! gut! niedrig! 2! gut! gering! hoch! 3! gut! gering! niedrig! 4! schlecht! gut! hoch! 5! schlecht! gut! niedrig! 6! schlecht! gering! hoch! 7! schlecht! gering! niedrig! 8! Sehr hoch! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! • Vorgesetzte mit niedrigem LPC (Aufgabenorientierung) bringen gute Leistungen in extremen Situationen (sehr gute oder sehr schlechte Situationskontrolle).! • Vorgesetzte mit hohem LPC (Mitarbeiterorientierung) bringen gute Leistungen in Situationen mit durchschnittlicher Situationskontrolle.! Sehr niedrig! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Leader-Member exchange (LMX)! Meta-Analysen von Strube & Garcia (1981) und Schriesheim, Tepper & Tetrault (1994): gute empirische Fundierung von Fiedlers Modell! Kritik: ! Führungsstil kann sich im Laufe der Zeit ändern (siehe Lippitt & White, 1943)! Kennedy (1982): Einteilung in High-Scorers (über 64 Punkte im LPC) und Low-Scorers (unter 57 Punkte) zeigt, dass rund 20% der Probanden vernachlässigt werden. Diese Probanden verhielten sich in allen Situationen am besten!! (Graen & Uhl-Bien, 1995; Liden, Sparrowe & Wayne, 1997; Schriesheim, Castro & Cogliser, 1999)! Vorgesetzte entwickeln spezifische Beziehungen mit ihren MitarbeiterInnen.! Hoch-qualitative Beziehungen: MitarbeiterInnen bekommen von ihren Vorgesetzten Belohnungen (Geld, Privilegien, Ressourcen) und führen eine ausführliche Kommunikation. Sie bekommen größere Autonomie und Verantwortlichkeit zugestanden. ! Niedrige qualitative Beziehungen: Vorgesetzte unterhalten sich mit den MitarbeiterInnen nur über Berufliches. Es werden keine motivierenden Handlungen durchgeführt. ! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Hoch-qualitative Beziehungen führen zu:! – – – – – – ! ! ! ! ! ! ! Objektiv besseren Arbeitsleistungen! Arbeitszufriedenheit! Wohlbefinden! Zugehörigkeitsgefühl und Loyalität! Besserer Karriere! Geringerer MitarbeiterInnen-! Fluktuation! ABER: Zuviel des Guten ist! auch schlecht ! (Harris & Kacmar, 2006)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenführung! Prototypische Führungskräfte:! • Entsprechen den Vorstellungen (Schema) über eine Führungskraft.! • Es werden ihnen Eigenschaften und Fertigkeiten zugeschrieben, die sie nicht unbedingt haben müssen (Platow & van Knippenberg, 2001).! • Sie werden als distinkt von den anderen Gruppenmitgliedern wahrgenommen.! • Sie können Gruppennormen re-definieren und damit ihre Position stärken (Reicher & Hopkins, 2004).! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Idiosynkratischer Kredit (Hollander, 1958; Hollander & Julian, 1970) :! Soziale Entscheidungsschemata (Davis, 1973; Stasser, Kerr & Davis, 1989):! Führungskräfte müssen zuerst einen Kredit bei den Gruppenmitgliedern aufbauen, bevor sie Veränderungen durchführen können. ! Sie müssen! • zuerst mit den Gruppennormen konform gehen.! • der Gruppe das Gefühl geben, dass sie die Führungskraft demokratisch gewählt hat.! • der Gruppe das Gefühl geben, dass man über die Kompetenz und Durchsetzungskraft verfügt, um die Gruppenziele zu erfüllen.! • ihre Identifikation mit der Gruppe, ihren Idealen und mit ihren Wünschen betonen.! Regeln, die von Gruppenmitgliedern zur Entscheidungsfindung sehr leicht akzeptiert werden.! Beispiele:! Einstimmigkeit - Diskussion führt zu Druck auf deviante Mitglieder! Mehrheit gewinnt - Diskussion führt nur zur Feststellung der Mehrheitsmeinung diese wird als Gruppenmeinung akzeptiert! Wahrheit gewinnt - Diskussion führt zur Wahrheit! Zwei-Drittel-Mehrheit - Solange keine Zwei-Drittel-Mehrheit besteht, wird keine Entscheidung gefasst! Erste Richtung (First Shift) - Die erste Richtung wird beibehalten und nicht mehr verlassen.! Bei intellektuellen Aufgaben (mit einer richtigen Lösung): Wahrheit gewinnt! Bei Aufgaben mit mehreren Lösungswegen: Mehrheit gewinnt! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Brainstorming (Osborn, 1957):! Gruppenregeln unterscheiden sich! • In der Striktheit (Wie groß muss die Mehrheit sein, um eine Entscheidung zu treffen?)! • In der Verteilung der Macht (autoritäre Regeln legen die Macht in die Hand einer Person, egalitäre Regeln verteilen die Macht auf alle Gruppenmitglieder).! ! ! ! ! (Hastie, Penrod & Pennington, 1983)! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Illusion der Gruppeneffektivität ! (Diehl & Stroebe, 1991; Stroebe, Diel & Abakoukim, 1992; Paulus, Dzindolet, Poletes & Camacho, 1993):! Subjektiver Glaube, dass wir in Gruppensituationen mehr produzieren als alleine. ! 3 Gründe für diese Illusion:! 1. Die Gruppe produziert weniger non-redundante Ideen als die Individuen in Einzelsituationen, aber sie produziert mehr als ein Individuum in einer Einzelsituation. Jede Person vergisst, wie viele originäre Ideen sie gehabt hat (Stroebe, Diehl & Abakoukim, 1992).! 2. Brainstorming macht mehr Spaß als Ideen alleine zu produzieren.! 3. Personen sprechen in einer Brainstorming-Gruppe nur einen Bruchteil ihrer Ideen aus. Manche ihrer eigenen Ideen werden von anderen Gruppenmitgliedern vorgebracht. ! Gruppenmitglieder sollen so viele Ideen wie möglich und diese so schnell wie möglich generieren. Sie sollten nicht auf die Qualität dieser Ideen achten und diese auch nicht evaluieren. Sie sollen auch Ideen, die auf anderen Ideen aufbauen, finden.! Es konnten aber keine signifikant positiven Effekte dieser Gruppentechnik nachgewiesen werden (Diehl & Stroebe, 1987; Mullen, Johnson & Salas, 1991; Stroebe & Diehl, 1994).! Gründe für diese inferiore Gruppenleistung:! • Furcht vor Evaluation! • Soziale Faulheit! • Produktionsanpassung! • Produktionsblockierung! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Gruppengedächtnis! Die Gruppe erinnert mehr Informationen als das beste Individuum (Clark & Stephenson, 1989, 1995).! Bei einfachen Erinnerungsaufgaben ist die Gruppe überlegener als bei komplexen Aufgaben! Transaktives Gedächtnis ! (Wegner, 1987, 1995; Wegner, Erber & Raymond, 1991): ! Jedes Gruppenmitglied ist nur für einen Teil der Erinnerung zuständig. Die Gruppe weiß, welches Mitglied für welchen Gedächtnisteil zuständig ist. ! Dieses Gedächtnis ist für den Einzelnen nutzlos, es wird erst in Gruppensituationen aktiviert.! Wird eine Gruppe neu konstituiert, werden zur Bildung des transaktiven Gedächtnisses soziale Kategorien herangezogen (Z.B. Geschlechtsstereotypen).! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Je länger eine Gruppe besteht, desto ausgefeiltere Gedächtnisrepräsentationen werden aufgebaut.! • Durch Gruppendiskussionen werden Verantwortlichkeiten neu verteilt.! • Die Verantwortlichkeiten werden auf der Basis des relativen Expertenwissens aufgeteilt! • Oder durch die Zugangsmöglichkeiten zu neuen Informationen.! Wenn ein Mitglied die Gruppe verlässt, geht ein Teil des Gedächtnisses verloren. Andere Mitglieder müssen diesen Verlust kompensieren oder neue Mitglieder müssen aufgenommen werden.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Groupthink (Janis, 1982; Janis & Mann, 1977):! Das Bedürfnis, eine ! einstimmige Entscheidung ! zu treffen, übertrifft die! Motivation, gute rationale ! Entscheidungsrichtlinien ! einzuhalten. ! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Gruppenkultur (Moreland, Argote & Krishnan, 1996; Levine & Moreland, 1991)! Jede Gruppe verfügt auch über eine Gruppenkultur: Detailliertes Wissen über Normen, Verbündete und Gegner, Cliquen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsmotivation, Leistung, Expertentum.! Gruppenkultur zeigt sich in Sport-Teams, Arbeitsgruppen und auch in Familien.! Angewandte Sozialpsychologie ! Gruppenentscheidung! Das Allgemeine Problemlösemodell von Aldag & Fuller (1993, 2003):!