Customer Touchpoint Management Kundendialog erfolgreich verbessern Ein integrierter und konsistenter Dialog des Unternehmens mit dem Kunden über alle Kundenkontaktkanäle hinweg ist eine wichtige Voraussetzung, um Kunden gewinnen und langfristig binden zu können. Doch bei vielen Unternehmen kann von einem solchen integrierten Kundendialog keine Rede sein. Gefordert sind dabei Konzepte, die diese Schwachstelle überwinden. von Holger Buxel Folgt man den aktuellen Prognosen der Fachverbände sowie der Wirtschaftsinstitute, wird sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer weiter voranschreitenden Globalisierung mittelfristig ein veränderter Wettbewerb einstellen, der an Schärfe deutlich zunehmen wird. Fast alle großen wie kleinen Unternehmen sind heute daher mehr denn je darauf angewiesen, ihr Serviceangebot sowie ihre Kundenkontaktprozesse und den Kundendialog so zu gestalten, dass sich 1 Stoßrichtungen im Kundenkontaktmanagement eine hohe Kundenzufriedenheit einstellt, um letztlich eine hohe Kundenbindung zu erzielen und dem Preiswettbewerb durch Qualitäts- und Serviceargumente wirksam begegnen zu können. Dass ein effizientes Kundenkontaktmanagement in Form eines "Customer Touchpoint Mangements" ein sehr wichtiges Instrument im Wettbewerb ist, belegen zahlreiche Studien sowie Erfahrungen aus der Praxis immer wieder. So zeigt bspw. eine Untersuchung des Strategy & Marketing Institute für die Energieversorgungsbranche, dass knapp 70 Prozent der Kunden, die nicht umzugsbedingt ihren Energieversorger wechseln, in der Regel mit der Service- und Kontaktqualität ihres "Stamm"-Versorgers unzufrieden sind. Quelle: Holger Buxel absatzwirtschaft Science Factory 3/2006 5 Customer Touchpoint Management Des weiteren zeigt sich, dass solche Kunden, die bei ihrem Energieversorger mit der Service- und Kontaktqualität sehr zufrieden sind, eine deutlich gesteigerte Preisbereitschaft gegenüber dem Angebot ihres Versorgers im Vergleich zu solchen Kunden aufweisen, die mit der Service- und Kontaktqualität nur bedingt oder nicht zufrieden sind. Ähnlich wie in der Energieversorgungsbranche verhalten sich die Kunden auch in anderen Branchen, die durch häufige bis gelegentliche Kundenkontaktsituationen zwischen Anbieter und Kunde geprägt sind, beispielsweise dem Handel, der Maschinenbaubranche, der IT-Branche oder der Automobilindustrie. Ein effizientes Kundenkontaktmanagement in Form eines optimierten Kundendialoges ist damit nicht nur eine Voraussetzung, um abwanderungsgefährdete Kundengruppen im Wettbewerb an das Unternehmen zu binden, sondern auch ein Instrument, mit dessen Hilfe sich höhere Preise am Markt durchsetzen und damit die Erträge steigern lassen. Kernaufgaben im Kundenkontaktmanagement Kern eines effizienzorientierten Kundenkontaktmanagements ist es, die Servicequalität und Prozesseffizienz in allen Kundenkontaktbereichen nachhaltig zu steigern. Dabei geht es vor allem darum, für die Kunden eine gute Erreichbarkeit der Mitarbeiter von der Zentrale über den Vertrieb, das Kundenzentrum bis hin zur Produktion sicher zu stellen, auf Kundenanfragen und Beschwerden schnell, kompetent und freundlich zu reagieren sowie Fehler in der Anfragenbearbeitung auf ein Minimum zu reduzieren. Gerade in Branchen, wo zwischen dem Unternehmen und dem Kunden ein regelmäßiger oder häufiger direkter DialogKontakt entsteht, ist ein zufriedenstellender Kontakt für die Kundenbindung von äußerster Wichtigkeit, und die Möglichkeit, ein einmal entstandenes Bild mangelnder Leistungsfähigkeit und Kundenfreundlichkeit beim Kunden zu revidieren, ist meist sehr begrenzt, da sich Eindrücke wahrgenommener Service- und Qualitätsmängel nachhaltig beim Kunden festigen. Ziel ist es im Hinblick auf die Kundenbearbeitung letztlich, über eine Optimierung der Kundenkontakte nicht eine Steigerung von Kundenzufriedenheit und -bindung allein. Projekterfahrungen zeigen, dass Schwachstellen im Kundenkontakt und -dialog sowie im Service meistens mit schlecht strukturierten Prozessen einhergehen. Die optimale Gestaltung der Kundenkontaktprozesse setzt in der Regel damit einige Effizienzreserven frei, die für die Bewältigung anderer Aufgaben nutzbar gemacht werden können. Ziel des Kundenkontaktmanagement muss es im Hinblick auf die Prozesse damit sein, die Kundenzufriedenheit und Kunden- Schritte zum effizienten Kundenkontaktmanagement bindung zu steigern, die Zahlungsbereitschaft für Preisveränderungen zu erhöhen sowie die Kundenakquisition zu unterstützen, denn zufriedene Kunden empfehlen einen gerne weiter. Im Mittelpunkt eines effizienten Kundenkontaktmanagement steht jedoch 2 Die fünf Schritte zum effizienten Kundenkontaktmanagement Quelle: Holger Buxel absatzwirtschaft die eigene Prozesseffizienz zu stei- gern und Kundenbearbeitung zu senken (vgl. Abb. 1). Beide Kernanliegen, die Steigerung der Kundenkontaktqualität sowie die Steigerung der Prozesseffizienz, sind dabei zwei Seiten einer Medaille. Zur Gestaltung eines effizienten Kundenkontaktmanagements ist ein Vorgehen in fünf Schritten empfehlenswert und erforderlich. Der erste Schritt besteht zunächst darin, die im Unternehmen vorhanden Kundenkontaktstellen zu erfassen und in einer konzeptionellen Gesamtschau abzubilden. Hier steht die Frage im Mittelpunkt: Welche Kunden treten an welchen Stelen wie häufig mit dem Unternehmen in Kontakt? In einem zweiten Schritt sind dann die einzelnen Kundenkontaktprozesse unter inhaltlichen Gesichtspunkten zu strukturieren (zum Beispiel Beschwerdeprozesse) und hinsichtlich konkreter Schwachstellen zu beleuchten. Hier stehen die Fragen im Mittelpunkt: Welche Kundenkontaktprozesse haben wir? Wie Science Factory 2/2006 6 Customer Touchpoint Management 3 Schwachstellenanalyse der Kundenkontaktstellen und -prozesse Quelle: Holger Buxel sehen diese aus? Welches Verbesserungspotenzial besteht? In einem dritten Schritt sind für die einzelnen Prozesse Soll-Servicelevel-Standards und Effizienzkriterien zu definieren. Hier steht die Frage im Mittelpunkt: An welchen Kriterien wollen wir unsere Kundenkontaktmanagement-Performance zukünftig messen? Die Analyse der faktischen Ist-Serviceund Kontaktqualität bildet schließlich den vierten Schritt. Dabei kann zum Beispiel auf Ergebnisse eines Service- oder Qualitätsbarometers, eines Beschwerdereportings, auf technische Statistiken der Telefonanlage oder Ergebnisse von Prozessanalysen zurück gegriffen werden. Hier stehen die Fragen im Mittelpunkt: Wo stehen wir mit unseren Kundenkontaktmanagementprozessen? Welchen Servicelevel wollen wir unseren Kunden bieten? Mit welchen Ressourcen wollen wir diese Servicelevels erreichen? Im fünften und letzten Schritt sind schließlich im Lichte der Ergebnisse aus den vorangegangenen Schritten geeignete Maßnahmen abzuleiten, um die Servicequalität und Prozesseffizienz zu steigern. Dabei ist es ratsam, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess unter regelmäßiger Messung der Kundenkontaktmanagement-Performance zu absatzwirtschaft implementieren, bei dem in festen Zeitabständen die sich eingestellte Serviceund Kontaktqualität gemessen und Veränderungsbedarfe abgeleitet werden. Die fünf Schritte zum effizienten Kundenkontaktmanagement sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Identifikation und Schwachstellenanalyse der Kundenkontaktstellen und -prozesse Bei der Identifikation der relevanten Kundenkontaktstellen und -prozesse ist es ESSENTIALS meist empfehlenswert, zunächst eine strukturierte Übersicht zu erarbeiten, an welchen Stellen des Unternehmens (zum Beispiel Call Center) welche Kunden (beispielsweise C-Privatkunden) aus welchen Anlässen (Reklamation) wie häufig mit dem Unternehmen in Kontakt treten. Aufbauend auf einer solchen Strukturierung der relevanten Customer Touchpoints und verbundenen Prozesse empfiehlt es sich, vor einer detaillierten Prozessaufnahme zur Durchleuchtung von Schwachstellen und zur Dokumentation der Abläufe zunächst eine Priorisierung der einzelnen Prozesse vorzunehmen, da mit der Prozessaufnahme einiger Aufwand verbunden sein kann. Empfehlenswerte Kriterien, die hier herangezogen werden können, sind beispielsweise: Relevanz für die Kundenbindung und -zufriedenheit; Mit den Prozessen verbundener Pro- zessaufwand; Menge und/oder Häufigkeit der anfal- lenden Kundenkontakte. Darauf aufbauend sind die identifizierten IST-Prozesse abzubilden, die Schwachstellen kenntlich zu machen und anschließend optimierte SOLL-Prozesse zu definieren (vgl. Abb. 3). Daraus kann dann schließlich ein Maßnahmenplan für die Optimierung des Kundenkontaktmanagements abgeleitet werden. Kundenkontaktprozesse, die nicht in einer konzeptionellen Gesamtschau integrierte sind, werden von Kunden als Schwachstelle wahrgenommen und senken die Kundenzufriedenheit und Kundenbindungschancen. Gefordert ist ein systematisches Customer Touchpoint Management, welches alle Kundenkontaktprozesse abbildet, integriert und Mängel messbar macht. Der Beitrag skizziert, wie ein Kundenkontaktmanagement in Form eines strukturierten Prozesses erarbeitet und implementiert werden kann. Kundenkontaktqualität in robusten Schritten verbessern Im Rahmen der Analyse und Optimierung der Kundenkontaktprozesse zeigt sich häufig, dass nicht alle vorhandenen Schwachstellen im Kundenkontaktmanagement auf einmal optimiert werden können, sondern eine stufenweise Vorgehensweise empfehlenswert ist. Zur Beantwortung der Frage, welche Kundenkontaktbereiche und -prozesse zuerst optimiert werden sollten, kann auf das Instrument der Kundenkontakt-Qualitäts-Analyse zurück gegriffen werden. Diese gibt Aufschluss, wo zuerst ange- Science Factory 2/2006 7 Customer Touchpoint Management 4 Kundenkontakt-Qualitäts-Analyse Quelle: Holger Buxel setzt werden sollte. Abbildung 4 skizziert das Instrument der Kundenkontakt-Qualitäts-Analyse. Kundenkontaktmanagement erfolgreich steuern Zur zielgerichteten Steuerung und Weiterentwicklung des Kundenkontaktmanagements empfiehlt es sich, für die optimierten Prozesse verbindliche Zielwerte beispielsweise in Form von Kennzah- len zu definieren, mit deren Hilfe der Fortschritt der Umsetzung im Zeitablauf überwacht werden kann und die nicht zuletzt auch als eine Grundlage für die Incentivierung der Mitarbeiter an den Customer Touchpoints herangezogen werden können, um eine schnelle Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen zu erreichen. Zur Auswahl von nützlichen Kennzahlen entlang einzelner Kundenkontaktprozesse ist dann zunächst ein Katalog von geeigneten Kennzahlen zu entwickeln, aus dem die Geschäftsführung, das Controlling und das Marketing dann die geeigneten Kennzahlen auswählen. Hier ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass der Aufwand für die Erhebung der Kennzahlen später auch in einem vernünftigen Verhältnis zum Informations- und Steuerungswert steht, da einige Kennzahlen unter Umständen nur manuell und/oder mit höheren Erhebungskosten erhoben werden können. Um gerade diesen Erhebungsaufwand frühzeitig abschätzen zu können, kann auf das Instrument der Erstellung von Kennzahlenblättern zurück gegriffen werde, die diese Aspekte bereits in der Auswahlphase abbilden und somit in die Entscheidungsfindung systematisch mit einbeziehen (s. Abb. 5). Die so ausgewählten Kennzahlen etc. sind schließlich in einem Kunden-Cockpit zu implementieren, welches Informationen über die KundenmanagementPerformance in entscheidungsorientierter Form aufbereitet und darstellt. Damit wird die Voraussetzung für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess und die Entscheidung über notwendige Anpassungsmaßnahmen geschaffen. Das Kunden-Cockpit sollte dabei so beschaf- 5 Beispiel für ein Kennzahlenblatt Quelle: Holger Buxel absatzwirtschaft Science Factory 2/2006 8 fen sein, dass die Ergebnisse den 6 Kundenkontakt-Performance überwachen: Das Kunden-Cockpit individuellen Bedürfnissen unterschiedlicher Adressatenkreise angepasst sind: Ein Management-Cockpit ermöglicht es der Geschäftsführung, die Lage im Servicebereich und im Kundenkontaktmanagement und die aktuellen Herausforderungen "auf einen Blick" zu erfassen. Ein Gesamt-Report ermöglichen den Kundenkontaktmanagement-Verantwortlichen eine umfassende Bewertung der Lage (Kundenkontaktqualität, Prozessqualität, Beschwerdemanagement, Zufriedenheit, ...) und die Ableitung von Maßnahmen zur systematischen Verbesserung. Einzelne Themen-Scorecards über konkrete KundenkontaktQuelle: Holger Buxel stellen und Kundenkontaktprozesse ermöglichen schließlich Bei der Optimierung des Kundenkonden Mitarbeitern im operativen GeAUTOR taktmanagement muss mehrstufig vorschäft, ihre Entscheidungen und gegangen werden. Werden die Schritte Handlungen auf eine fundierte Basis von der Strukturierung der Kundenkonzu stellen und systematisch mit den taktstellen bis hin zur Ermittlung der Serzentralen Zielen des Kundenkonvice- und Kontaktqualität konsequent taktmanagement zu verknüpfen. durchlaufen, werden nicht nur systematisch Schwachstellen aufgedeckt, sonAbbildung 6 zeigt Ausschnitte aus einem dern es ergeben sich auch nützliche ErKunden-Cockpit. kenntnisse beispielsweise über die Prozesse im Kundenzentrum und die ArFazit: Systematische beitsabläufe im Vertrieb, die für weiterErtragssteigerung möglich gehende Verbesserungen genutzt werZusammenfassend kann festgehalten den können. Ein besonderes Augenmerk werden, dass ein effizientes Kundensollte im Rahmen der Optimierung daher kontaktmanagement nicht nur eine auf die Prozessanalyse gelegt werden. Voraussetzung dafür ist, um abwandeLast but not least ist es entscheidend, rungsgefährdete Kundengruppen an einen kontinuierlichen Verbesserungsdas Unternehmen zu binden, sondern prozess anzustoßen, um die Kundenauch ein Instrument, mit dessen Hilfe kontaktqualität nachhaltig zu steigern. sich höhere Preise am Markt durchsetEine wichtige Voraussetzung dafür ist zen und damit die Erträge steigern lasdie Implementierung eines geeigneten sen. Im Mittelpunkt eines effizienten Steuerungsinstrumentariums wie etwa Kundenkontaktmanagement steht jeProf. Dr. Holger Buxel eines Kunden-Cockpits, das seine Leisdoch nicht allein eine Steigerung von ist Professor für Dienstleistungs- und tungsfähigkeit in einigen Unternehmen Kundenzufriedenheit, -bindung und Produktmarketing an der Fachhochbereits unter Beweis stellen konnte. Preisbereitschaft. Projekterfahrungen schule Münster. Er blickt auf eine langzeigen immer wieder, dass durch die opjährige Erfahrung als Unternehmenstimale Gestaltung der Kundenkontaktberater in Marketing- und Vertriebsprozesse einige Effizienzreserven freifragestellungen zurück. Kontakt: gesetzt werden, die für die Bewältigung anderer Aufgaben nutzbar gemacht werKontakt: [email protected] den können. absatzwirtschaft Science Factory 2/2006 9