Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 1 Ferienkurs Quantenmechanik Sommersemester 2015 Fabian Jerzembeck und Sebastian Steinbeiÿer Fakultät für Physik Technische Universität München 8. September 2015 Das folgende Skript ist eine Zusammenfassung des Stoes der Vorlesung Theoretische Physik III - Quantenmechanik I, gehalten von Prof. B. Garbrecht im Sommersemester 2015 und orientiert sich an seinen Vorlesungsnotizen. 1 Wellenfunktion und Schrödingergleichung In der Quantenmechanik wird ein freies Teilchen durch eine Wellenfunktion Denition 1 ~ ψ(~x, t) = Cei(k·~x−ωt) beschrieben, wobei C∈C (1) eine Normierungskonstante ist. Es gilt weiterhin E ~ ~k = p~ ~ ω= (Kreisfrequenz) (Wellenvektor) Die Wahrscheinlichkeit ein Teilchen im Volumenelement gegeben durch ρdV , dV = d3 x anzutreen ist wobei die Wahrscheinlichkeitsdichte Denition 2 ρ(~x, t) = |ψ(~x, t)|2 durch das Betragsquadrat der Wellenfunktion gegeben ist. Folglich ist die Wahrscheinlichkeit besagtes Teilchen irgendwo im Volumen ˆ V zu nden gegeben durch ! dV ρ = 1 (2) V Dies erklärt die Normierungskonstante C : sie muss so gewählt sein, dass Gleichung erfüllt ist! Die Energie eines freien Teilchens ist gegeben durch löst die freie Schrödingergleichung: 1 E= (2) p ~2 und die ebene Welle (1) 2m Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 2 Denition 3 i~ ~2 2 ∂ ψ(~x, t) = − ∇ ψ(~x, t) ∂t 2m (3) mit den Operatoren E = i~ ∂t∂ und p~ = −i~∇ haben wir p~2 Eψ = ψ 2m wie gefordert. Beispiel 1 Wir setzten in Gleichung (1) C = 1 (die Richtigkeit dieser Normierung lässt sich schnell überprüfen) und rechnen nach: ∂ i ψ = (− E)ψ ∂t ~ i i ∇ψ = ( p~)ψ ⇒ ∇2 ψ = ( p~)2 ψ ~ ~ p~2 ⇒ Eψ = ψ 2m Aus der klassischen Mechanik kennen wir die Hamiltonfunktion, die in der Quantenmechanik zum Hamiltonoperator wird: Ĥ = T + V (~x) = p~2 ~2 2 + V (~x) = − ∇ + V (~x) 2m 2m Hieraus folgt die allgemeine Schrödingergleichung: Denition 4 i~ ∂ ~2 2 ψ(~x, t) = − ∇ + V (~x) ψ(~x, t) ⇔ Ĥψ = Eψ ∂t 2m Dies können wir als Eigenwertgleichung auassen, wenn Ĥ als Matrix darstellbar ist. 2 Erwartungswerte und Impulsraum I Denition 5 Wir denieren den Erwartungswert eines Operators Ô(~x) als: ˆ hÔ(~x)i = d3 xρ(~x, t)Ô(~x) und das Schwankungsquadrat als: (∆Ô)2 = h(Ô − hÔi)2 i 2 (4) Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 3 Der Impulsraum ist der fouriertransformierte Raum bezüglich des Ortsraums. Für f (~x), f˜(~k) ∈ L1 und ~x, ~k ∈ Rn ist die Furiertransformation gegeben durch: Denition 6 ˆ FT[f (~x)] = f˜(~k) = FT [f˜(~k)] = −1 Generell bedeutet: 1 (2π)n ~ dn xf (~x)e−ik~x ˆ ~ dn k f˜(~k)eik~x ˆ f ∈ L ⇔ ||f ||p = ( dn x|f |p )1/p < ∞ p In der Quantenmechanik sind besonders die Fälle n = 1, 2, 3. L2 -Funktionen wichtig (Bsp.: ρ = |ψ|2 ) sowie Wir denieren analog zu (1) die Impulswellenfunktion: Denition 7 φ(~p, t) = FT[ψ(~x, t)] = und nden ˆ i d3 xψ(~x, t)e− ~ p~~x 1 d x|ψ| = (2π~)3 3 woraus wir folgern, dass ˆ 2 ˆ d3 pφ∗ φ 1 φ∗ φd3 p die Wahrscheinlichkeit ist, ein Teilchen in (2π~)3 d3 p zu nden. Der Erwartungswert eines Operators lässt sich auch im Impulsraum berechnen: Denition 8 1 hÔ(~p)i = (2π~)3 ˆ d3 pφ∗ Ô(~p)φ Dies liefert (wie einfaches Nachtrechnen zeigt) das gleiche Ergebnis, wie die Rechnung im Ortsraum. Wir nden: ˆ h~pi = 1 d xψ (−i~∇)ψ ⇒ h~xi = (2π~)3 3 ∗ und somit gilt generell: 3 ˆ d3 pφ∗ (i~∇p )φ Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Denition 9 ˆ 1 d xψ Ôψ = (2π~)3 3 hÔi = 8. September 2015 Seite 4 ˆ ∗ d3 pφ∗ Ôφ mit Ô: Ort Impuls abstrakt Ortsdarstellung Impulsdarstellung ~x p~ ~x −i~∇ i~∇p p~ 3 Vertauschungsrelationen und Unschärfe Wir denieren den Kommutator: Denition 10 [Â, B̂] = ÂB̂ − B̂  Für den Kommutator gelten folgende Eigenschaften: 1. Antisymmetrie [Â, B̂] = −[B̂, Â] 2. Linearität [Â, c1 B̂ + c2 Ĉ] = c1 [Â, B̂] + c2 [Â, Ĉ] für c1 , c2 ∈ C 3. Jacobi-Identität [Â, [B̂, Ĉ]] + [B̂, [Ĉ, Â]] + [Ĉ, [Â, B̂]] = 0 4. Produktregel [Â, B̂ Ĉ] = B̂[Â, Ĉ] + [Â, B̂]Ĉ Für die spätere Diskussion von guten Quantenzahlen ist folgender Satz von entschei- dender Bedeutung: Satz 1 (Simultane Diagonalisierung) Zwei untereinander kommutierende hermitesche Operatoren (→ Observablen!) können simultan diagonalisiert werden und wir können simultan Eigenwerte und Eigenvektoren (Eigenfunktionen) nden. Auÿer dem Kommutator denieren wir uns noch den {Â, B̂} := ÂB̂ + B̂ Â. 4 Antikommutator Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 5 Zum Schluss dieses Abschnittes bemerken wir noch, dass der Kommutator zweier hermitescher Operatoren antihermitesch ist, da [A, B]† = (AB − BA)† = B † A† − A† B † = BA − AB = −[A, B]. Der Antikommutator von Beispiel 2 stellung: A und B ist dagegen wieder hermitesch. Kommutator von Orts- und Impulsoperator in Orts- und Impulsdar xi (−i~∂j )ψ − (−i~∂j )xi ψ = xi (−i~∂j )ψ − (−i~δij )ψ − xi (−i~∂j )ψ (p) (p) (p) (p) (i~∂i )pj ψ − pj (i~∂i )ψ = (i~δij )ψ + pj (i~∂i )ψ − pj (i~∂i )ψ [xi , pj ]ψ = = (i~δij )ψ ⇒ [xi , pj ] = (i~δij ) Weiterhin nden wir: [xi , xj ] = [pi , pj ] = 0, [Ĥ, xi ] = − i~ pi , m [Ĥ, pi ] = i~ ∂ V ∂xi Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass das Produkt der Wurzel der Schwankungsquadrate ∆ und ∆B̂ zweier Operatoren  und B̂ den Wert ~/2 nicht unter- schreiten kann: Denition 11 ∆ · ∆B̂ ≥ ~ 2 Gleichheit gilt für gauÿ'sche Wellenpakete! Die exakten Werte der zwei Operatoren können also nicht simultan gemessen werden! Zum Beispiel ist es nicht möglich Ort und Impuls eines Teilchens gleichzeitig exakt zu bestimmen, da ∆x · ∆p ≥ ~ 2 Dies ist eine fundamentale Eigenschaft der Quantennatur des Universums auf kleinen Skalen und nicht einem unzureichenden Messaufbau o.Ä. geschuldet! 4 Einfache eindimensionale Probleme Es sei V 6= V (t) ein zeitunabhängiges Potential, dann separiert die Wellenfunktion: i ψ(~x, t) = ψ(~x)e− ~ Et 5 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Ist V stetig, dann folgt aus der Schrödingergleichung (4) 2m (V − E)ψ ~2 ψ 00 = und 8. September 2015 Seite 6 ψ, sowie ψ0 sind ebenso stetig. Wir denieren den Paritätsoperator P: Denition 12 Pf (x) = f (−x) und nden PH(x)ψ(x) = H(x)Pψ(x) ⇔ H(x) = H(−x) Vertauschen P und H, gilt also [P, H] = 0, so lassen sich simultan Eigenfunktionen und Eigenwerte zu beiden Operatoren nden (bzw. in der Sprache der lin. Algebra: beide Operatoren lassen sich simultan diagonalisieren): 2 2 Pψ = αψ ⇒ P ψ = α Ψ ⇒ α = ±1 = +1 −1 , gerade Partität & sym. Wellenfkt. , ungerade Partität & antisym. Wellenfkt. Weiterhin gilt: (4) [P, H] = 0 ⇒ 0 = (H − E)ψ = P(H − E)ψ = (H − E)Pψ und wir nden, dass ψ(x) und ψ(−x) Eigenfunktionen zum Eigenwert E sind, sowie, 1 dass ψ± = √ (ψ(x) ± ψ(−x)) simultan Eigenfunktionen zu H mit Eigenwert E und zu 2 P mit Eigenwert ±1 sind. 6 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Beispiel 3 Der V (x) = −V0 Θ(a − |x|): Potentialtopf sei 8. September 2015 Seite 7 gegeben durch das Potential V (x) -a x a V0 Gebundene Zustände existieren für −V0 ≤ E ≤ 0 und mit Hilfe der Schrödingergleichung (4) erhalten wir: |x| > a : |x| ≤ a : 2m 1√ −2mE Eψ ≡ κ2 ψ, κ = 2 ~ ~ 2m 1p ψ 00 = − 2 (V0 + E)ψ ≡ −q 2 ψ, q = 2m(E + V0 ) ~ ~ ψ 00 = − mit den symmetrischen bzw. antisymmetrischen Lösungen: |x| > a : |x| ≤ a : ψS = S2 e∓κx , ψA = ±A2 e∓κx klass. verboten (V = 0 > E ) ψS = S1 cos(qx), ψA = A1 sin(qx) klass. erlaubt (V0 < E ) (x = a, x = −a funktioniert analog) Es gelten die Anschlussbedingungen: Sym. Lsg.: S1 cos(qa) = S2 e−κa qS1 sin(qa) = κS2 e−κa r −E a√ κ → qa tan(qa) = κa = −2mE ⇒ tan(qa) = = q V0 + E ~ √ Wir führen dimensionslose Variablen ζ = a~ 2mV0 und z = qa ein und erhalten eine transzendente Gleichung: p z tan(z) = ζ 2 − z 2 ⇒ tan(z) = p ζ 2 − z2 z die wir grasch für ζ = 2, 4, 8 lösen: 6. z0 5. 4. z0 3. 2. z2 z0 1. z4 z2 0 π/2 7 π 3π/2 2π 5π/2 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 8 Wir erkennen, das es nur endlich viele Lösungen mit den Energien zn2 ~2 2 2 En = − (ζ − nn ) = −V0 (1 − 2 ) 2ma2 ζ gibt. Antisym. Lsg.: (x = a, x = −a funktioniert analog ) Es gelten die Anschlussbedingungen: A1 sin(qa) = A2 e−κa − qA1 cos(qa) = κA2 e−κa r κ −E a√ cos(qa) =− =− → qa cot(qa) = −κa = − ⇒ cot(qa) = −2mE sin(qa) q V0 + E ~ Mit den dimensionslose Variablen ζ und z erhalten wir erneut eine transzendente Gleichung: −z cot(z) = p p ζ 2 − z2 ζ 2 − z 2 ⇒ − cot(z) = z die wir wieder grasch für ζ = 2, 4, 8 lösen: 6. 5. 4. 3. z1 2. z1 z3 1. z5 z1 0 π/2 π 3π/2 2π 5π/2 Auch hier nden wir: En = −V0 (1 − zn2 ) ζ2 Allgemein nden wir, dass die Eigenfunktion zum n-ten Eigenwert En n − 1 Nullstellen (Knoten) hat. Geht nun V0 → ∞, so ist ψ0 nicht mehr stetig. ψ(x) muss für alle x < |a| verschwinden und wir erhalten: En − (−V0 ) = ~2 π 2 (n + 1)2 2 8a m 8 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 9 5 Hilberträume & Dirac-Notation Zunächst einmal zwei wichtige Denitionen: Denition 13 Eine zweiwertige Verknüpfung h·, ·i auf einem Vektorraum V in die komplexen Zahlen C heiÿt inneres Produkt, falls sie folgende Eigenschaften für alle ψ, φ, χ ∈ V und c1 , c2 ∈ C erfüllt 1. Konjugationssymmetrie hψ, φi∗ = hφ, ψi 2. Linearität im zweiten Argument hψ, c1 φ + c2 χi = c1 hψ, φi + c2 hψ, χi 3. Positive Denitheit hψ, ψi ≥ 0 und hψ, ψi = 0 ⇔ ψ = 0 Aus der Linearität im zweiten Argument und der Konjugationssymmetrie folgt die Antilinearität (oder besser Semilinearität ) in der ersten Komponente hc1 ψ + c2 φ, χi = c∗1 hψ, χi + c∗2 hφ, χi . Das innere Produkt wird oft auch als Skalarprodukt bezeichnet. Dieses induziert ge- mäÿ k · k= eine p h·, ·i Norm. Konvergieren beliebige Cauchyfolgen bezüglich dieser Norm, so ist der zuvollständig : gehörige Vektorraum Denition 14 Ein vollständiger reeller oder komplexer Vektorraum mit Innenprodukt h·, ·i wird als Hilbert-Raum H bezeichnet. Hilbert-Räume sind im allgemeinen komplex. Dirac-Notation lässt sich Quantenmechanik sehr elegant beschreiben. ein Vektor (später: Zustand )aus einem Hilbert-Raum H kann hierbei abstrakt Mithilfe der beliebiger Ket |ψi ∈ H geschrieben werden. Der wesentliche Punkt hierbei ist, Darstellung unabhängig von einer gewählten Basis des Vektorraums ist. als dass diese Per Denition können somit Kets addiert und auch mit Skalaren multipliziert werden. Auÿerdem können wir jedem Ket |αi einen (eindeutigen) dualen Bra, hα| Dabei ist gegebenenfalls auf eine komplexe Konjugation zu achten: c ∈ C, |ψi , |φi ∈ H : c |ψi + |φi ↔ c̄ hψ| + hφ| 9 zuordnen. Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 10 Wir verzichten an dieser Stelle auf eine formal korrekte Einführung. Für uns genügt die Tatsache, dass ein Bra hψ| zusammen mit einem Ket |φi ein Braket hψ|φi, d.h. ein inneres Produkt, auf unserem komplexen Hilbert-Raum bilden. 5.1 Operatoren im Hilbert-Raum Im nächsten Schritt wollen wir nun die auf die Elemente von von Elementen aus H H Operatoren in einem Hilbert-Raum auf andere Elemente von H  also auf den Ket betrachten, |βi, Abbildung gemäÿ  : |ψi 7→  |ψi ≡ |Âψi Wirkt H wirken. Diese beschreiben nichts weiter als eine ∈ H. dann gilt für den dualen Bra  |ψi ↔ hψ| † . Insbesondere heiÿt ein Operator linear, falls dieser  (c |ψi + |φi) = c |ψi +  |φi erfüllt. Die später betrachteten Operatoren werden allesamt linear sein. Analog zu Matrizen auf endlichdimensionalen Räumen können lineare Operatoren untereinander multipliziert, addiert und mit Skalaren multipliziert werden und ergeben so wieder neue Operatoren zu (cÂ) |ψi = c( |ψi) für c∈C \ A + B |ψi =  |ψi + B̂ |ψi d |ψi = Â(B̂ |ψi). AB 5.2 Hermitesche Operatoren  (gemäÿ unserer Forderung) wieder in H liegt, ist hψ, Aφi mit |ψi , |φi ∈ H wohldeniert und wir können Nachdem das Bild eines Operators das folgendes Skalarprodukt mittels hψ, Âφi =: h† ψ, φi einen adjungierten Operator † zu  denieren. Dies zieht für Vielfache, Produkte und Summen von Operatoren Â, B̂ folgende Rechenregeln für ihre Adjungierte nach sich: (cÂ)† = c̄† für † c∈C \ A + B = † + B̂ † d † = B̂ † † AB 10 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Falls tesch.  = † gilt, dann heiÿt 1  hermitesch. Gilt 8. September 2015 Seite 11 B̂ † = −B̂ , so heiÿt B̂ antihermi- In der Quantenmechanik tauchen hermitesche Operatoren in der Form von Observablen ständig auf. Der Grund liefert folgender Satz: Satz 2 Für einen hermiteschen Operator gilt: 1. alle reelle Eigenwerte sind reell 2. die zugehörigen Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal Antihermitesche Operatoren haben dagegegen rein imaginäre Eigenwerte. 5.3 Unitäre Operatoren Ein Operator Û heiÿt Exponentialfunktion unitär, falls dieser Û † Û = Û Û † = 1 erfüllt. Deniert man die eines Operators via  e := ∞ X Ân 0 so kann gezeigt werden, dass Û = ei n! , unitär ist, falls  hermitesch ist. Darüber hinaus lassen unitäre Transformationen hermitesche Operaotren invarian. Es sei U eine unitäre Matrix und  ein hermitescher Operator, dann gilt: |ψ 0 i = U |ψi hψ 0 | = hψ| U † |ψi = U † |ψ 0 i hψ| = hψ 0 | U Â0 = U ÂU †  = U † ÂU ⇒ hÂi = hψ Âψi = hψ 0 U U † Â0 U U † ψ 0 i = hψ 0 Â0 ψ 0 i Weiterhin können hermitesche Operatoren durch unitäre Transformationen diagonalisiert werden. 5.4 Orthonormalbasen (ONB) eines Hilbert-Raums Eine Orthonormalbasis (ONB) ist eine Menge an orthonormalen Vektoren eines HilbertH, d.h. {|ni} mit hn|mi = δn,m . Weiter garantiert die Forderung nach Voll- Raums genommen fordert die Quantenmechanik sogar selbstadjungierte Operatoren. Dies ist im unendlich-diemensionalen Fall relevant, wobei sich der Unterschied zu einem hermiteschen Operator in der Betrachtung der Denitionsbereiche nden lässt. Jedoch ist diese Diskussion bei einer Einführung überzogen, sodass wir im Folgendem stets beim Begri der Hermitizität bleiben. 1 Streng 11 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 12 ständigkeit durch eine geeignete |ψi ∈ H dieser Menge, dass ein beliebiger Vektor Linearkombination mithilfe dieser ONB geschrieben werden kann |ψi = X cn |ni , wobei cn = hn|ψi , n wobei wir eine abzählbare ´ P die entsprechend → zugehörigen Koezienten 1= über abzählbaren Fall Enwicklung nach einer ONB Menge vorausgesetzt haben. Im . Allgemein wird als die cn gilt mit genannt. eine Kurzschreibweise ist X |ni hn| , bzw. 1= ˆ dn |ni hn| . n n Der eigentliche Witz wird später sein, dass wir als ONB die Menge der Eigenzustände bestimmter Operatoren (meist werden dies unsere Observablen sein) wählen. Streng genommen muss stets die Vollständigkeit dieser Eigenvektoren nachgewiesen werden. Darauf verzichten wir jedoch im Rahmen dieser Einführungsveranstaltung. Bei festgelegter ONB lässt sich eine Matrixdarstellung eines Operators  mit Elemen- ten Ân,m = hn|Â|mi nden. Diese Feststellung werden wir insbesondere bei endlichdimensionalen Problemen benötigen. Als einprägendes Beispiel denke man an den Spin und die Pauli-Matrizen, dem wir uns unter anderem an Tag 3 widmen werden. Mit den Matrixelementen lässt sich ein Operator bei gegebener ONB zu  = X Ân,m |ni hm| n,m zerlegen. 6 Die Axiome der Quantenmechanik Nachdem wir nun mit dem notwendigen mathematischen Handwerkszeug und Hintergrundwissen gerüstet sind, wollen wir nun die Postulate der Quantenmechanik formulieren: I. Der quantenmechanische Zustand eines (abgeschlossenen) Systems wird durch normierten Zustandsvektor in einem Hilbert-Raum, |ψi ∈ H mit hψ, ψi = 1, vollständig beschrieben. Physikalische Messgröÿen (Observablen ) werden durch hermitesche Operatoren einen II. mit reellen Eigenwerten dargestellt (Korrespondenzprinzip) 12 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) III. Erwartungswerte von Operatoren  im Zustand 8. September 2015 Seite 13 |ψi sind bestimmt durch hÂi = hψ|Â|ψi . Diese beschreiben die Mittelwerte über viele Messungen der zu Gröÿe, wobei das System jedes mal in den Zustand |ψi  assoziierten 2 gebracht werden muss.  assoziierten Gröÿe mit dem Ergebnis a, wobei  |ai = in den Eigenzustand |ai über. IV. Bei einer Messung der zu a |ai, geht das System V. Die Zeitentwicklung eines Zustandes |ψi ist durch die Schrödinger-Gleichung (4) bestimmt. In den nächsten Schritten werden wir wesentliche Folgerungen aus diesen Postulaten diskutieren. 6.1 Quantenmechanischer Messprozess Zunächst werfen wir einen Blick auf den quantenmechanischen Messprozess. Der Einfachkeit halber beschränken wir uns auf den diskreten Fall. Dazu bezeichnen wir die Eigenwerte einer Observablen A mit a1 , a2 , a3 , .... Die dazugehörigen normierten Eigenvektoren bezeichnen wir mit |1i, |2i, |3i... und nehmen die Vollständigkeit dieser an. Es gilt also A|ni = an |ni Jeder Zustand |αi kann in hn|mi = δn,m und dieser (!) Orthonormalbasis ausgedrückt werden |αi = X cn |ni = X n n |ni hn|αi | {z } cn Die Quantenmechanik postuliert nun, dass im Moment der Messung das System in einen der Eigenzustände kollabiert. |αi −→ |ni In diesem Moment wird der dazugehörige Eigenwert an als Messwert festgelegt. Die Wahrscheinlichkeit, welchen Messwert das System annimmt, ist über das Betragsquadrat des Koezienten pn = |cn |2 = | hn|αi |2 gegeben. 2 Die explizite Abhängigkeit des Erwartungswertes vom physikalischen Zustand des Systems resultiert auch oft in der Schreibweise hÂi|ψi . 13 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Eine Summation über alle pn 8. September 2015 Seite 14 ergibt wegen der Normierungsbedingung genau eine Wahrscheinlichkeit von eins, d.h. die {pn }n stellen wirklich eine Wahrscheinlichkeits- verteilung dar. Wichtig ist nun, dass der Erwartungswert einer Observablen dem durchschnittlichen Messwert der klassischen Physik ergibt hAi = hα|A|αi = XX n hα|mihm|A|nihn|αi = m X an |hn|αi|2 n 6.2 Allgemeine Unschärferelation Aus obiger Denition des Erwartungswertes hÂi = hψ|Â|ψi folgt sofort, dass dieser 2 ist. Falls wir auÿerdem hAi und hA i kennen, denieren wir (wie allgemein 2 üblich) die Varianz (∆A) von A als erwartete quadratische Abweichung vom Erwar- linear tungswert Linearitätelf (∆A)2 := h(A − hAi)2 i = hA2 − 2A hAi + hAi2 i = hA2 i − hAi2 . q p 2 ∆A = (∆A) = hA2 i − hAi2 heiÿt Unschärfe oder Standardabweichung von A. Betrachten wir nun gleichzeitig zwei Observablen so gibt die lation allgemeine Unschärfere- eine quantitative Aussage für die untere Schranke der Gröÿe des Produkts der zugehörigen Standardabweichungen: Satz 3 (Allgemeine Unschärferelation) Sind  und B̂ hermitesche Operatoren, so gilt für einen beliebigen Zustand |ψi, dass 1 ∆ · ∆B̂ ≥ | h[Â, B̂]i | 2 Gilt für zwei Observablen (5) h[A, B]i = 6 0, dann ist das Produkt der Unschärfen von beiden immer gröÿer als Null. Sie können also nie gleichzeitig exakt bestimmt werden. Beispiel 4 Wir verizieren obige Aussage für das Produkt der Standardabweichungen von Ort- und Impulsoperator: 1 1 1 ∆xi ∆pj ≥ | h[xi , pj ]i | = | hi~δij i | = |i~δij | 2 2 2 q q 1 1 ~ = (i~δij )∗ (i~δij ) = (i~δij )2 = δij 2 2 2 7 Ort und Impuls, ImpulsraumII Nachdem wir bisher die Quantenmechanik sehr abstrakt, aber dafür sehr allgemeingültig, eingeführt haben, werfen wir nun einen Blick auf Ort und Impuls. 14 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Die Beschreibung erfolgt im Hilbert-Raum L2 (Rn ) für 8. September 2015 Seite 15 n = 1, 2, 3 Dimensionen. Er besteht aus allen quadratintegrablen Funktionen, dh.: ˆ n n 2 L (R ) ≡ ψ : R −→ C; d x|ψ(x)| < ∞ 2 n Darauf ist ein Skalarprodukt durch ˆ hψ, φi ≡ deniert, dass die Norm ˆ k ψ k= dn x ψ ∗ (x)φ(x) n 2 21 d x|ψ(x)| induziert. Nach deniertem Skalarprodukt schreibt sich der Erwartungswert zu: ˆ hAi = L2 -Funktionen dn x ψ ∗ (x, t)Aψ(x, t) dienen uns zur Beschreibung von physikalischen Zuständen die entwe- der vom Ort oder dem Impuls abhängen. Als geeignete Orthonormalbasen wählen wir Ortseigenzustände {|xi} mit der Bestimmungsgleichung x̂ |xi = x |xi und Impulseigenzustände {|pi}, analog mit p̂ |pi = p |pi. Projizieren wir nun |ψi auf einen Ortseigenzustand |xi, so gelangen wir zur Wellenfunktion im Ortsraum: einmal ψ(x) = hx|ψi oder analog im Impulsraum: φ(p) = hp|ψi . Dabei vereinbaren wir, dass die Wellenfunktion in der Ortsbasis mit Impulsbasis mit φ(p) ψ(x) und in der bezeichnet wird. Die konkrete Darstellung eines Operators hängt wesentlich von der gewählten Basis ab: 15 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) Satz 4 8. September 2015 Seite 16 Im Ortsraum gilt, dass der Ortsoperator x̂ eine Wellenfunktion mit x multipliziert, d.h.: x̂ψ(x) −→ xψ(x), Potentiale der Form V (x) eine Abbildung darstellen: V̂ ψ(x) −→ V (x)ψ(x) der Impulsoperator ist ein Dierentiationsoperator der Form: −i~ d : ψ(x) −→ −i~ψ 0 (x) dx Man schreibt p̂x = −i~ dxd . der Hamilton-Operator Ĥ eines Teilchens mit Masse m in einem Potential V̂ mittels Korrespondenzprinzip geschrieben werden kann zu: p̂2 −~2 d Ĥ = + V̂ = + V (x) 2m 2m dx Wir wollen den Dirac-Formalismus noch dazu benutzen um herauszunden wie ei0 ne Wellenfunktion φα (p ) die einen Zustand |αi in dem Impulsraum beschreibt, im Ortsraum aussieht. Dafür schieben wir geschickt einen Identitätsoperator, ausgedrückt durch Impulseigenzuständen, ein: ˆ 0 0 0 ˆ 0 ψα (x ) = hx |αi = hx |1|αi = 0 0 0 dp hx |p i hp |αi = dp0 hx0 |p0 i φα (p0 ). 0 0 Wir müssen also wissen wie hx |p i aussieht. Das ist eine Eigenfunktion des Impulsoped im Ortsraum. Wir haben also die Dierentialgleichung rators p = −i~ dx −i~ d hx0 |p0 i = p0 hx0 |p0 i 0 dx Die Lösung lautet (mit richtiger Normierung) 1 hx |p i = √ exp 2π~ 0 und ist eine 0 ip0 x0 ~ ebene Welle. M.a.W. sind also ebene Wellen die Impulseigenfunktionen im Ortsraum! Einsetzen liefert uns 0 ψα (x ) = ˆ 1 dp √ exp 2π~ 0 16 ip0 x0 ~ φα (p0 ) Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 17 Wir kommen also, wie wir bereits oben gesehen haben, durch eine tion Fouriertransforma- von einer Wellenfunktion im Impulsraum zu einer Wellenfunktion im Ortsraum, man kann also φ = FT[ψ] schreiben. Dies zeigt formal die Richtigkeit obiger Annahme und wir können allgemein für drei Dimensionen festhalten: Satz 5 Haben wir eine Wellenfunktion ψ(~x) im Ortsraum gegeben, dann lautet die Wellenfunktion im Impulsraum: ˆ 1 i~p · ~x ψ(~x) d x exp − ~ 3 φ(~p) = √ 3 2π~ Andersrum haben wir 1 ψ(~x) = √ 3 2π~ ˆ 3 d p exp i~p · ~x ~ φ(~p) Es sei noch angefügt, dass obige Diskussion für einen beliebigen Zeitpunkt t in der Evolution eines Teilchens galt. 7.1 Die δ -Distribution δ -Distribution ist eine stetige Testfunktionen E in den zugrunde Die lineare Abbildung von einem Funktionenraum der liegenden Körper K: δ (n) : E → K, f 7→ f (0) keine Funktion im mathematischen Sinn (der häug verwendete Begri δ ∞ Funktion ist falsch!) sondern operiert auf dem Raum der Testfunktionen E = C (Ω), n n mit Ω ⊂ R , bzw. Ω ⊂ C . Somit ist K = R, bzw. K = C. Sie ist Für unsere Belange sind die folgenden zwei Eigenschaften besonders interessant, wobei wir ~ x, p~, ~a ∈ Rn wählen: ˆ dn xf (~x)δ (n) (~x − ~a) = f (~a) ˆ dn p~ (n) 1 · ei~p~x δ (~x) = FT[1] = (2π~)n 17 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 18 Beispiel 5 Im Kontinuierlichen gilt für die Orthonormalität δij → δ (n) (~x − ~y) und wir können sofort zeigen, dass ei~p~x für alle ~x ein Orthonormalsystem bilden (∗ sei das Skalarprodukt auf dem betrachteten Hilbertraum): i~ p~ x e ∗e i~ p~ x0 ˆ ˆ dn p~ i~p~x dn p~ i~p~x −i~p~x0 i~ p~ x0 ∗ = e · (e ) = e ·e (2π~)n (2π~)n ˆ dn p~ i~p(~x−~x0 ) = e = δ (n) (~x − ~x0 ) (2π~)n 7.2 Zusammenfassung Ortsbasis |~xi: Eigenfunktionen zum Operator ~x mit Eigenwert x0 seien gegeben durch: ψx0 (x) = δ 3 (~x − ~x0 ) ↔ ~xψx0 (x) = x0 ψx0 (x) mit Eigenvektor ψx0 (x) → |x0 i. Die Eigenvektoren bilden ein Orthonormalsystem: h~x0 , ~x00 i = δ 3 (~x0 − ~x00 ) Dies liefert die Wellenfunktion im Ortsraum zu: ˆ d3~x0 δ (3) (~x − ~x0 )ψ(~x0 ) ˆ ˆ 3 ⇒ d ~x |~xi h~x| = 1 ⇒ |ψi = d3~x |~xi h~x, ψi ψ(~x) = h~x, ψi = ⇒ ψ(~x) = h~x, ψi ⇒ kontinuierliche Basis {|~xi} Impulsbasis |~pi: Aus der Denition: Denition 15 i h~x, p~i = e ~ p~~x erhalten wir die Impulsbasis. Sie ist, wie die Ortsbasis, orthonormiert: h~p, p~0 i = (2π~)3 δ (3) (~p − p~0 ) und wir haben: φ(~p) = ˆ 3 d ~xe ~~ x − ~i p ˆ ψ(~x) = 18 d3~x h~p, ~xi h~x, ψi = h~p, ψi ˆ 1 ⇒ d3 p~ |~pi h~p| = 1 (2π~)3 Grundlagen und Formalismus Tag 1 (Theoretische Physik III) 8. September 2015 Seite 19 und wir erhalten, was mit einfachem Nachrechnen überprüft werden kann, den Ringschluss: ˆ ψ(x) = i d3 p~e ~ p~~x φ(~p) = · · · = h~x, ψi 19