__________________________________________________________________________________ Zu den rechtlichen Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes Ein Beitrag von Frau Rechtsanwältin Patricia Lotz, angestellte Rechtsanwältin bei rbi ©Studioline Pasing Wohlfühl-Momente […]. Das handliche tragbare Gerät beinhaltet einen SoftLaser […]. Es ist als einziges Lasergerät in den USA zur Schmerzbehandlung für den Heimgebrauch zugelassen.“ Die Klägerin sah u.a. in diesen Formulierungen eine irreführende Werbung im Sinne der §§ §, 4 Nr. 11, 5 UWG i.V.m. § 3 S. 2 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz, § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Medizinproduktegesetz. II. Zur Entscheidung: Das Landgericht Karlsruhe musste sich in einer Entscheidung unter dem Aktenzeichen15 O 101/13 KfH IV (Urteil vom 30.10.2014) mit einem Sachverhalt auseinandersetzen, der für die Beklagte gleich doppelt misslich ausfiel. I. Zum Sachverhalt: Die Beklagte handelt mit einem tragbaren Gerät, welches einen Soft-Laser, sichtbares Rotlicht, Infrarotstrahlung und ein statisches Magnetfeld vereint. In den USA wurde dieses portable Gerät eingeführt zur häuslichen Schmerzbehandlung. Die Beklagte hatte ein Unternehmen im Rahmen des Affiliate Marketings mit der Bewerbung dieses Geräts in Deutschland auf unterschiedlichen Webseiten und Plattformen beauftragt. Integriert in diese Bewerbung war stets eine Verlinkung zum Internetauftritt der Beklagten. Die Klägerin ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, insbesondere auch im Hinblick auf die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Vorgaben. Die Beklagte erhielt von der Klägerin eine Abmahnung, die eine durch den Affiliate geschaltete Werbung betraf in der es u.a. hieß: „Sie leiden an Nackenschmerzen, Entzündungen oder Schmerzen in den Gelenken? Gönnen Sie sich oder Ihren Patienten Entspannung und erholsame 1 Diesem Vortrag der Klägerin folgte das Landgericht und sprach ihr einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 2 UWG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 MPG i.V.m. § 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 UWG zu. „Nach § 4 Abs. 2 S. 1 MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. […]. Die Benennung einzelner konkreter Schmerzen in der Einleitung der Werbung beantwortet für die Verkehrskreise die Frage, zur Behandlung welcher Schmerzen das Gerät geeignet sei. […] In dieser Weise werden die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung verstehen. Darauf, ob die Beklagte dies selbst so verstand oder ein solches Verständnis bei den angesprochenen Kreisen wecken wollte, kommt es nach den oben ausgeführten Grundsätzen nicht an.“ Offen gelassen hat dagegen das Gericht die Frage, ob auch ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz vorliegt. Ebenfalls ließ das Landgericht nicht gelten, dass die Werbung nicht durch die Beklagte selbst eingestellt worden war, sondern durch einen Dienstleister, dem Affiliate. § 8 Abs. 2 UWG hält eine Vorschrift vor, die Verstöße eines Mitarbeiters oder eines Beauftragten auch dem Inhaber des Unternehmens zurechnet. Das Landgericht nahm auf Basis des § 8 __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ Abs. 2 UWG eine Zurechnung des Verhaltens des Affiliates an: „Beauftragter […] ist jeder, der ohne Mitarbeiter zu sein, für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines vertraglichen oder anderen Rechtsverhältnisses tätig ist. Er muss (allerdings) in die betriebliche Organisation dergestalt eingegliedert sein, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zugutekommt, andererseits dem Unternehmensinhaber ein bestimmender und durchsetzbarer Einfluss jedenfalls auf die beanstandete Tätigkeit eingeräumt ist.“ Hiervon ging das Landgericht Karlsruhe aus und verurteilte die Beklagte. III. Zwischenergebnis: Vielen Gewerbetreibenden ist nicht bewusst, dass sowohl das Medizinproduktegesetz als auch das Heilmittelwerbegesetz strenge Anforderungen an die Bewerbung von Heilmitteln und Medizingeräten stellen. Insbesondere wird als irreführend angesehen, wenn Heilwirkungen Produkten oder Geräten zugeschrieben werden, deren medizinische Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist. In diese rechtliche Falle tappen vor allem Hersteller und Vertreiber alternativer oder esoterischer Methoden. Bei der Bewerbung von Edelsteinen, Magnetbändern und Co. ist also besondere Vorsicht geboten. Wie die Entscheidung zeigt, ist auch Obacht zu geben auf das Werbeverhalten des hierzu beauftragten Dienstleisters. Da dieser im Auftrag des Händlers tätig wird, ist stets geboten, dass die Werbemaßnahmen und Werbetexte gegengelesen und auch in rechtlicher Hinsicht geprüft werden. Nicht selten haben Werbetexter ein Augenmerk nur auf die reine Werbewirksamkeit ihrer Texte, wobei nicht selten in rechtlicher Hinsicht die Branchenkenntnis fehlt. Zudem fließt natürlich die eigene Überzeugung in die Wirksamkeit einer beworbe- 2 nen Methode in einen Werbetext ein. Diese stimmt jedoch nicht immer mit der Schulmedizin ein, die rechtlich gesehen häufig als Maßstab dient. Wie streng die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes sein können, hat nunmehr auch eine Optikerkette erfahren. Diese warb bei Kauf einer Brille mit einer kostenlosen Zweitbrille. IV. Die Entscheidung des BGH I ZR 26/13 vom 06.11.2014 Nach dem BGH war das Werben mit einer kostenlosen Zweitbrille ein Verstoß gegen § 7 HWG, in welchem es u.a. heißt: "Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass...". In der Pressemitteilung Nr. 160/2014 des BGH heißt es: "Der Verbraucher fasst die Werbung als Angebot einer Brille zum angegebenen Preis zuzüglich eines Geschenks in Form einer Zweitbrille auf, weil der Umstand, dass die Zweitbrille kostenlos dazugegeben wird, blickfangmäßig hervorgehoben in der Werbung dargestellt wird. Es besteht die Gefahr, dass sich Verbraucher zum Kauf der angebotenen Sehhilfe allein wegen des Geschenks einer Zweitbrille entschließen und ihre Entscheidung für den Erwerb der von der Beklagten angebotenen Sehhilfe nicht ausschließlich an ihren gesundheitlichen Belangen ausrichten." Klägerin war die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Diese argumentierte zum einen mit einem Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz und zum anderen sah sie eine Täuschung über die Kostenfreiheit der zweiten Brille, da diese eigentlich ein Warenpaket mit der Erstbrille bilden würde. Begehrt hatte die Klägerin von der Beklagten die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Der BGH bestätigte die Rechtsansicht der Klägerin teil- __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ weise: „Das Verbot geht allerdings zu weit und ist auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken.“ Zunächst stellte der BGH fest: „Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben stelle eine Markverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, weil es dem Gesundheitsschutz von Verbrauchern diene. […] Die Regelung des § 7 Abs. 1 HWG soll durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. […] Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird. […} Werden dem Werbeadressaten mehrere als ein einheitliches, mit einem Gesamtpreis zu entgeltendes Angebot präsentiert, so liegt keine unentgeltliche Vergünstigung und damit keine Werbegabe vor. Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die beanstandete Werbung der Beklagten stelle sich für den Verbraucher nach ihrer Gesamtgestaltung nicht als Angebot eines aus zwei Brillen bestehenden Leistungspakets zu einem Komplettpreis, sondern als Angebot einer zu einem bestimmten Preis zu erwerbenden Brille nebst einer zu verschenkenden Zweitbrille dar. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.“ Der BGH sieht aber interessanterweise die Bewerbung mit dem Wort „kostenlos“ nicht alleine als ausschlaggebend an. Vielmehr geht er in seiner Begründung davon aus, dass der verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher weiß, dass Waren von erheblichen Wert nicht einfach verschenkt werden 3 und die Kosten des Gratsangebots in dem eigentlichen Angebot mit einberechnet sind. Gegenwärtig war also für die Entscheidung des BGH die konkrete Ausgestaltung der Werbung, die die Kostenlosigkeit blickfangmäßig hervorhob, ausschlaggebend. Diese Gestaltung der Werbung würde die Zweitbrille tatsächlich als Geschenk erscheinen lassen. V. Ergebnis V Es zeigt sich also, dass die zu treffende Abgrenzung für den Händler nicht immer ganz einfach ist. Im Zweifel sollte daher sehr gut abgewogen werden, ob eine Werbemaßnahme mit den strengen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes übereinstimmt oder nicht. Abmahnungen in diesem Bereich können zudem – gerade für kleine Händler – teuer werden. Falls eine Abmahnung ausgesprochen wird, ist daher das taktische Vorgehen nicht nur in rechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher Hinsicht abzuwägen. Häufig wird es sich anbieten eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben und die – insoweit die Abmahnung von einem Verbraucherschutzverband kommt – verhältnismäßig geringen Abmahnkosten zu tragen. Das Durchfechten einer Entscheidung sollte jedenfalls aufgrund der zu erwartenden Kosten gut überlegt sein. Es sollte daher spätestens bei der Abmahnung eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei aufgesucht werden, die im konkreten Einzelfall die Prozessrisiken prüft, eine Unterlassungserklärung in Ihrem Sinne rechtswirksam modifizieren und im Falle einer streitigen Auseinandersetzung die gerichtliche Vertretung wahrnehmen kann Frau Rechtsanwältin Patricia Lotz berät bei den rbi Rechtsanwälten u.a. in den Bereichen Internetund Medienrecht. Impressum: http://www.rbi-law.de/kontakt/impressum/ __________________________________________________________________________________