Die Alkylierung von Enolatanionen: Polarität und

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Das Allopolarisierungsprinzip und seine Anwendungen, VI [1]
Die Alkylierung von Enolatanionen: Polarität und Regioselektivität
The Allopolarization Principle and its Applications, VI [1]
The Alkylation of Enolate Anions: Polarity and Regioselectivity
Rudolf Gompper*, Hans-Hubert Vogt [2] und Hans-Ulrich Wagner
Institut für Organische Chemie der Universität München,
Karlstraße 23, D-8000 München 2
Z. Naturforsch. 36b, 1644-1652 (1981); eingegangen am 15. Juli 1981
Alkylation, Enolate Anions
The O/C methylation ratio in the reaction of sodium enolates with dimethylsulfate
depends on the polar (electronic) effect of substituents. The relative ^-charge density
Px/y — lz/ly can be used as a measure for the polarity of ambifunctional anions; in case of
enolate anions Po/c = lo/lc- The change of the regioselectivity S/ = log Qo/Qc in the
alkylation of enolates is a function of the change in the polarity Po/c; 2 S / = f (ZlP^/j/).
The polar effect of substituents influences the charge control during the alkylation process
via a change of the polarity of the enolate system: The higher the polarity of the anion, the
stronger the charge control and the higher the yield of enol ether (O-alkylation).
Der Frage nach der Regioselektivität bei der Alkylierung von Metallenolaten (0- versus C-Alkylierung ; molares Ausbeuteverhältnis Enolether
(Qo)/Alkylketon (Qc); Selektivitätsfaktor Sr = log
Qo/Qc) ist in zahlreichen Arbeiten nachgegangen
worden (vgl. [3-5]), allerdings überwiegend unter
dem Aspekt der Struktur des Alkylierungsmittels
Schema 1.
und der Lösungsmittel. Wir haben die Abhängigkeit der Regioselektivität von Substituenten im
Enolat ausführlich untersucht [6] und sind auf
Grund unserer Resultate zu der Auffassung gelangt,
daß die Ladungsverteilung in den Enolaten und die
Veränderung, die sie bei einem Substituentenwechsel erfährt, in einem engen Zusammenhang mit
Qo/Qc stehen [3]. Die aus HMO-Rechnungen abgeleitete Verschiebung der Ladungsdichte in Enolaten wird durch 13 C-NMR-Daten gestützt [1].
* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. R. Gomp
per.
Einfluß von Elektrophil und Lösungsmittel
auf Qo/Qc
Die Abhängigkeit des Qo/Qc-Verhältnisses von
der austretenden Gruppe im Alkylierungsmittel
wurde von Kloosterziel [7] mit der Gesamtreaktivität des Elektrophils in Zusammenhang gebracht
(vgl. auch [8]). Die postulierte Beziehung zwischen
Reaktivität und Selektivität wurde aber bei den
nach dem SN2-Schema verlaufenden [9] Umsetzungen des Na-Acetessigesters mit verschiedenen Ethylierungsreagenzien nicht beobachtet [10] und auch
der Befund, daß bei der Alkylierung des Propiophenonnatriums in Hexamethylphosphorsäureamid
(HMPT) mit dem sehr reaktionsträgen Butylfluorid
eine höhere Enoletherausbeute erzielt wird als mit
dem äußerst reaktiven Triethyloxoniumfluoroborat,
zeigt die Unrichtigkeit dieser Annahme [11]. Ebensowenig scheinen die Lage des Übergangszustandes
oder die Exothermizität [12] den Ausschlag für die
Selektivität bei kinetisch kontrollierten Umsetzungen ambifunktioneller Anionen zu geben.
Es ist naheliegend, bei Ionenreaktionen, wie sie
die Alkylierungen der Enolatsalze darstellen, einen
starken Einfluß von Ladungseffekten zu erwarten.
Eine ansteigende Elektronegativität der austretenden Gruppe sollte die positive Ladung am C-a des
Alkylierungsmittels erhöhen bzw. seine „Härte"
[10, 13-15] steigern. Über die mit der Elektronegativität zunehmende Polarisierung der C-X-Bindung
gibt z.B. der ionische Bindungsenergieanteil Auskunft (s. Tab. I), der sich nach Pauling [16] aus den
Elektronegativitätsdifferenzen abschätzen läßt. Weitere Hinweise auf die Ladung am elektrophilen
Zentrum C-a können den iH- und 13C-NMR-Spek-
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Tab. I. Ionischer Bindungsenergieanteil, chemische Verschiebimg (<5 in ppm, bezogen auf TMS) der NMRSignale von C - a und a-CH2 in nPr-CH2-X sowie Qo/Qc bei der Butylierung des Propiophenonnatriumsalzes in
Ether und H M P T mit nPr-CH2-X.
X
I
Br
Cl
0S03BU
OTos
0P(0)(0nBu) 2
Ionischer Bindungsanteü [ % ]
H - N M R : <5CH2
0
3,19
7,1
0,01
0,2
3
3,39
33,2
0,05
0,7
7
3,50
44,6
0,23
2,0
4,23
72,98
0,12
4,7
22
4,00
70,45
0,25
5,6
3,97
67,2
0,57
19,9
X
13C-NMR: <5ch2
Qo/Qc (in Ether)
Qo/Qc (in HMPT)
tren entnommen werden (allerdings sind - vor
allem bei den schweren Halogenatomen - auch
Anisotropieeffekte in Rechnung zu stellen). Die in
Tab. I zusammengestellten Daten bestätigen den
Zusammenhang zwischen der Änderung der „Polarität" des Alkylierungsmittels (hier nBuX), der
daraus resultierenden verstärkten Ladungskontrolle und dem Qo/Qc-Verhältnis bei der Butylierung des Propiophenonenolats in Ether und
HMPT [11].
Das Lösungsmittel kann seinen Einfluß auf
Qo/Qc nicht nur über eine Solvatation der Edukte
und Übergangszustände ausüben, sondern auch
über die Veränderung der Bindungsverhältnisse in
den Metallenolaten [17-22]. Dadurch wird der Zusammenhang zwischen Regioselektivität und Solvenspolarität recht komplex; bei den ET-Werten
[23] (s. Tab. II) fehlt er völlig. Das Qo/Qc-Verhältnis steigt aber mit zunehmender „Donizität" [23,
24] des Lösungsmittels (eine Ausnahme bildet das
Dioxan). Bei den meisten anderen Solvensparametern [23] fällt neben dem Abweichen des Dioxans die „falsche" Reihenfolge von DMSO und
HMPT auf, die nicht der deuthchen Zunahme der
Bildung von Enolether beim Übergang von unpolaren, aprotischen Lösungsmitteln über DMSO zu
HMPT entspricht. Die „richtige" Sequenz findet
man hingegen bei den folgenden Meßgrößen: Dipolmoment (fi), Molpolarisation (P) und Z)<5oo-Werte
HMPT
DMSO
THF
Dioxan
Ether
S/ = log Qo/Qc DN
/Jöco [25]
+
—
—
—
—
2,03
1,34
0,80
0,64
0,70
0,32
0,25
0,72
0,80
0,96
38,8
29,8
20,0
14,8
19,2
5,37
3,90
1,70
0,4
1,25
43
4,45
80,2
24,0
(Tab. II); letztere spiegeln die Basizität (Wasserstoffbrückenbindungsstärke) wider (vgl. [25]).
Daß die Basizität/Donizität des Lösungsmittels,
d.h. seine Tendenz, mit Kationen Komplexe zu
bilden und dadurch Metallenolat-Ionenpaare aufzulösen, die Selektivität beeinflußt, wird dadurch
weiter verdeutlicht, daß der Zusatz eines Äquivalents „18-Krone-6" die Qo/Qc-Verhältnisse in den
verschiedenen Lösungsmitteln einander angleicht
[6]. Selbst in Hexan (1,2), Benzol (1,5) und Ether
(1.6) werden nahezu die in DMSO (2,3) und HMPT
(3.7) erhaltenen Qo/Qc-Werte erreicht.
Einfluß der Polarität des Enolats auf Qo/Qc
In Enolatanionen trägt das O-Atom den größten
Teil der negativen Ladung. Als experimentellen
Hinweis darauf darf man die Tatsache ansehen, daß
I
Ladung:
HMO
STO-3G
CNDO/2
—0,301
—0,355
—0,360
—0,785
—0,500
—0,578
eis/trans-Metallenolate bemerkenswert konfigurationsstabil sind [17]. Im Gegensatz zu Allylanionen,
die i. allg. von Elektrophilen an dem Zentrum
(C—1 oder C-3) angegriffen werden, das die größte
negative Ladungsdichte aufweist (vgl. [3, 17]), fin-
P
ET
158,0
150,4
55,3
24,4
53,6
40,9
45,0
37,4
36,0
34,6
Tab. II. Lösungsmittelparameter [23,
24] und Selektivitätsfaktoren S/ bei
der Butylierung des Propiophenonnatriumsalzes (über alle nBuX gemittelt)
[11].
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det man bei einfachen Metallenolaten im Normalfall vorzugsweise C-Alkylierung. Angriff am EnolatO-Atom beobachtet man bei Reaktionen mit „polaren" Alkylierungsmitteln (s.o.) und vor allem mit
Säurechloriden und -anhydriden [17]. Bemerkenswerterweise rückt die O-Alkylierung der Metallenolate auch dann in den Vordergrund, wenn durch
Substituenten die negative Partialladung am Enolat-C-Atom verkleinert wird [1]. Die Ladungsverteilung im Enolat ist demzufolge für die Regioselektivität bei der Alkylierung von ebenso großer Bedeutung wie die „Polaritäten" des Elektrophils und
des Lösungsmittels. Die unterschiedliche Auswirkung, die die LadungsVerteilung in Allylanionen
und Enolatanionen auf die Lenkung des Angriffs
elektrophiler Reagenzien hat, dürfte verschiedene
Gründe haben. Wenn man die größere Bindungsenergie eines Ketons im Vergleich zu der eines
Enols bzw. eines Enolethers in Rechnung stellt,
dann könnte man erwarten, daß der Übergangszustand der C-Alkylierung energetisch tiefer liegt als
der der O-Alkylierung. Die Regioselektivitäten bei
kinetischer und thermodynamischer Kontrolle müßten sich demnach entsprechen. Das ist offensichtlich nicht immer der Fall. Man muß bedenken, daß
die Bindungen zwischen den reagierenden Zentren
in den jeweiligen Übergangszuständen länger sind
als in den Produkten. Daraus folgt, daß Ladungswechselwirkungen (Coulomb) in den Übergangszuständen eine vergleichsweise größere Rolle spielen,
zumal bei Reaktionen, an denen Iionen beteiligt
sind. Da das 0-Atom im Enolation die größere negative Ladung trägt, sollte der Übergangszustand der
O-Alkylierung am meisten von der relativ weitreichenden Coulomb-Anziehung profitieren. Also
kann bei großen Polaritäten von Enolat und Elektrophil die O-Alkylierung der C-Alkylierung den
Rang ablaufen.
Darüber hinaus ist zu bedenken (vgl. Schema 1),
daß bei der C-Alkylierung das O-Atom einen höheren Anteil der ursprünglichen negativen Ladung behält als bei der O-Alkylierung. Die O-Alkylierung
führt zu einer Elektronenverschiebung, die der
Elektronegativität des Sauerstoffs weniger gerecht
wird als die bei der C-Alkylierung. Bei Allylanionen
spielt diese Frage wegen den praktisch gleich großen
Elektronegativitäten von C-l und C-3 keine Rolle.
Es geht hier aber eigentlich nicht um die Beantwortung der Frage, warum Enolatanionen entgegen
der Ladungsverteilung in der Mehrzahl der Fälle
C-alkyliert werden, sondern darum, den Substituenteneinfluß auf die Regioselektivität zu verstehen.
Die Behandlung dieser Frage führt auf der Basis
der Annahme eines ladungskontrollierten Prozesses
dann zu vernünftigen Resultaten, wenn man von
der Ladungsverteilung und der Regioselektivität in
einem (beliebig gewählten) Standardsystem ausgeht und die Änderungen der Ladungsverteilung
durch Substituenten in Beziehung setzt zu den Änderungen im Alkylierungsverlauf {QxjQy).
Diese Überlegung führt zum Allopolarisierungsprinzip [3] (Gl. (1)). Es sagt aus, daß die Änderung
ASt = f(AVxly)
(1)
der Selektivität (Selektivitätsfaktor Sf = log Qz/Qy)
eine Funktion dei Änderung der Polarität (Polaritätsfaktor P) des ambifunktionellen Systems, hervorgerufen durch eine Änderung des Substitutions musters, ist. Als Polaritätsfaktoren kommen die
Ladungsdifferenz P^i, die relative Ladungsdifferenz
P^i, und der Ladungsquotient Px\y in Frage. Die
Polaritätsfaktoren für Enolatanionen:
Vax
= lo — lc
Po/c = lo/lc
Ergebnisse der Methylierung zahlreicher Natriumenolate mit Dimethylsulfat oder Methyliodid in
HMPT [6] belegen zusammen mit den 13 C-NMRDaten der Enolate [1] den Zusammenhang zwischen
der durch Substituenten bewirkten Änderung der
Polarität von Enolaten und der Änderung der Regioselektivität.
Bei der Methylierung p-substituierter Propiophenonenolate l a hängt Qo/Qc stark von den Substituenten R ab. Die HMO-Rechnung bringt das
1
«.-R^CHa
b: R 2 = H
interessante Ergebnis, daß die Ladung am Sauerstoff in den Anionen von lb vom Substituenten wechsel nahezu unberührt bleibt, die Ladung am
Kohlenstoff beim Wechsel von Donor- zu Akzeptor substituenten aber kontinuierlich abnimmt (s. Tab.
III). Die Ladungsabnahme am Carbanion-Zentrum
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Tab. III. HMO-Ladungen lo und lc in ^-substituierten Acetophenonenolaten l b e .
RI
lo
H2N
HO
H3C
H
F
CL
CN
—
—
—
—
—
—
—
0,807
0,807
0,807
0,807
0,807
0,807
0,810
lc
lo—lc
lo/lc
— 0,290
— 0,284
— 0,283
— 0,272
—0,280
— 0,265
— 0,216
— 0,517
— 0,523
— 0,524
— 0,535
— 0,527
—0,542
—0,594
2,783
2,842
2,852
2,967
2,882
3,045
3,750
wird auch durch die 13C-NMR-Spektren dokumentiert [1]. Die berechnete Ladung am Carbanionzentrum korreliert linear mit dessen 13C-chemischer
Verschiebung (r>0,99), die Hammettschen o~Konstanten [26] der Substituenten mit der 13Cchemischen Verschiebung, die ^-Konstanten mit
der berechneten Ladung am Carbanionzentrum und
jede dieser Größen mit dem pKa der substituierten
Acetophenone [27].
Die Korrelation der Selektivitätsfaktoren Sf = log
Qo/Qc bei der Methylierung von l a mit Dimethylsulfat mit der Ladungsdifferenz (lo—lc) oder dem
Ladungsquotienten (lo/lc) ist dagegen nicht linear.
Bei starken Donorsubstituenten findet man einen
größeren Qo/Qc-Wert und bei starken Akzeptoren
einen kleineren als erwartet. Die Richtung des Substituenteneffekts ist jedoch eindeutig: Ein Donor
erhöht die Ausbeute an Keton, ein Akzeptor die
Ausbeute an Enolether. Das gleiche gilt für die
Alkylierung von lb. Der Effekt der p-Substituenten
ist nahezu identisch mit dem in der la-Reihe, die
cu-Methylgruppe hat offensichtlich fast keinen Einfluß auf das Alkylierungsverhältnis. Mit Hilfe des
Donor-Akzeptor-Schemas läßt sich auch erklären,
daß sich bei der Einwirkimg von Basen auf <x>-(NChloracetylanilino)-acetophenone je nach Substituenten 4-Ringe und/oder 6-Ringe bilden [28-31].
Die Umsetzung von l a mit Methyliodid zeigt
die gleich starke Substituentenabhängigkeit wie die
mit Dimethylsulfat (vgl. Tab. V in Lit. [6]). Dies
bestätigt die Richtigkeit der Annahme, daß die Ladungsverteilung die innere Selektivität des Anions
bestimmt. Das im Falle des Methyliodids insgesamt
um den Faktor 34 verkleinerte Qo/Qc-Verhältnis
geht auf die veränderte Abgangsgruppe des Methyherungsmittels zurück.
Ist der Substituent R 1 wie in 2 (R2 = Ph) unmittelbar an die 2-Stellung des Enolats geknüpft, so
findet man eine wesentlich stärkere Substituenten-
O N»®
2
abhängigkeit des Methylierungsverlaufs als im Falle
von 1. Tab. IV zeigt erneut den Zusammenhang
zwischen der Ladungsdichte (lc-3) am CarbanionTab. IV. 1 3 C-NMR-Daten und daraus berechnete Ladungsverteilung in 2 (R 2 = Ph); Regioselektivität bei
der Umsetzung von 2 (R 2 = Ph) mit Dimethylsulfat
in HMPT.
Ri
13
MeO
Me
Ph
H
Me0 2 C
67,7
111,7
—0,3193
<0,05*
89,8
115,2
—0,2791
1,0 + 0,1
89,0
116,1
—0,2687
15+1
93,7 116,0/120,1 —0,2699/0,2227 > 3 0 °
97,2
120,0
—0,2239
>30°
a
b
c
l c _3 a
C-NMR
C-3
C-p
Qo/Qc
Berechnet nach 1 ' = 0,115 <5 C - p —1,6039 [1];
nur C-Methylierung beobachtet;
nur O-Methylierung beobachtet.
Zentrum und der Regioselektivität: Ein Anwachsen
der Ladung ist mit einer Steigerung der Ausbeute
an C-Methyl-Produkt verknüpft. Diese Alkylierungsresultate finden eine Ergänzung in zahlreichen
Literaturangaben: Carbonsäuredialkylamid [32-37],
Ester- [38-46] und Thiolester-anionsalze [47] werden ausschließlich C-alkyliert, Ketonenolate ergeben
O- und C-Alkylprodukte (vgl. [3, 17, 48-51]). Aldehydenolate [7,52] und /3-Ketoenolate [17,53,54]
werden durch polare Alkylierungsmittel in dipolar
aprotischen Solvenzien überwiegend in Enolether
umgewandelt; z.T. findet man bei Aldehydenolaten
unter weniger „polaren" oder Phasentransfer-Bedingungen auch C-Alkylierung oder C- und O-Alkylierung [55-57]. Der Zusammenhang zwischen
der „Polarität", d.h. dem Polaritätsindex P der
Tab. V. Ladungsverteilung (1*HMO) in 2-substituierten Enolatanionen 2 (R 2 = H) und Regioselektivität
bei der Alkylierung der entsprechenden Metallsalze
(Lit. s. Text).
R
lo
lc
P-n
N H 2 —0,801 —0,406
OH
—0,798 —0,388
H
—0,785 —0,301
Ph
—0,807 —0,272
CHO —0,822 —0,044
Po/c Alkylierungsort
0,395
1,973
0,410 2,057
0,484
2,608
0,535
2,967
0,778 18,682
C
C
O, C
O, C
(O)
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genannten Anionen und der Regioselektivität ergibt
sich aus Tab. V.
Eine besonders starke Donorwirkung entfalten
anionische Reste in 2-Stellung von Enolaten. Die
Dianionen 3 [58], 4 [59], 5 [60-62] und 6 [63-66]
(vgl. auch a-Keto-Dianionen [67]) z.B. werden ausschließlich C-alkyliert. Eine ausschließliche C-Alkylierung findet man auch bei den Enolaten 7
[68-72], 8 [73], 9 [74-77], 10 [78], 11 [79-81] und
CN
I®
-
O ^
r.
o X
O^V
0<X*
7
ve^PR3
^e^POCOR^
soR
o X
©
12
o X
9
8
SO2R
10
12 [82]. Insgesamt lassen sich also die Substituenten
in 2-Stellung hinsichtlich ihrer Donor- bzw. Akzeptorwirkung auf die Polarität des Enolatsystems und
die daraus resultierende Regioselektivität folgendermaßen einordnen:
X
NR»
OR
R
Tab. VI. Ladungsverteilung (I^HMO) und Selektivität
in 3-substituierten Enolatanionen 2 (R 1 = H).
R2
lo
lc
— 0,822 —0,209
— 0,741 — 0,243
Ph
— 0,785 — 0,301
Me
CHO —0,694 — 0,258
NH2
Pi
Po/c
Alkylierungsort
0,613
0,498
0,484
0,437
3,933
3,049
2,608
2,690
O
O
0,C
O, C
Die elektronischen Substituenteneffekte können
jedoch von sterischen überspielt werden: Während
bei „sekundären" Resten wie der t-Propyl- und
Dimethylaminogruppe der elektronische Effekt
noch die Selektivität bestimmt, verhindern offensichtlich „tertiäre" Reste wie die f-Butyl- und
Trimethylammoniogruppe den Angriff am Kohlenstoffatom. Zu diesen sterisch anspruchsvollen
Resten gehört auch die Triphenylphosphoniogruppe:
Das Benzoylmethylentriphenylphosphoran 13 wird
sogar mit Ethyliodid ausschließlich O-alkyliert
[84, 85] (vgl. die O-Ethylierung von Formylmethylentriphenylphosphoran mit Ethylbromid
[86]). Ein „sekundärer" Rest mit ähnlich starker
Akzeptorwirkung wie der Phosphoniorest in 13 ist
trotz des noch vorhandenen freien Elektronenpaares der Dimethylsulfoniorest. Der elektronische
Effekt überwiegt; bei dem Phenacylylid 14 findet
man nur C-Methylierung [87].
y
Zimehmende O-Alkylierung
steigender Polaritätsindex Po/c
Variiert man den Substituenten in 3-Stellung des
Enolats 2 (R1 = Ph), so beobachtet man eine andere
Richtung des Substituenteneffekts: Der Wechsel
vom Donor zum Akzeptor am C-3 ruft eine starke
Abnahme von Qo/Qc hervor. Die experimentellen
Befunde werden durch den Gang der HMO-Ladungen im Trend richtig wiedergegeben (s. Tab. VI).
Unter anderen Reaktionsbedingungen kann man
bei Aminoketonen auch C-Alkylierung erzielen
[83].
13
14
15 ^R'sH
b: R 1 = OCH,
Ein Substituent wie R 2 in 15, der „phenylog" an
das Enolat-Carbanionzentrum gebunden ist, hat im
Prinzip den gleichen Einfluß auf die Ladungsverteilung wie ein direkt gebundener (R2 in 2), aller-
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Tab. VII. HMO-Ladungsdichten der p-substituierten
Phenylacetaldehyd- und Phenylessigester-anionen 1 5 a
und 15 b.
lo
15 a
lc
-0,749
-0,764
-0,741
-0,708
-0,243
-0,243
-0,243
-0,216
R2
NH2
OH
H
CHO
AI
-0,506
-0,503
-0,498
-0,492
lo
15 b
lc
-0,762
-0,759
-0,755
-0,726
-0,298
-0,298
-0,296
-0,257
AI
-0,464
-0,461
-0,459
-0,469
dings nur solange, als der Substituent R 1 außer acht
gelassen wird. Die Polaritätsunterschiede P^i (Donor) —P^i (Akzeptor) zwischen donor- und akzeptorsubstituierten Systemen sind bei 15 (R1 = H,
R 2 = NH2 bzw. CHO) mit 0,014 (vgl. Tab. VII)
jedoch beträchtlich kleiner als bei 2 (R1 = H, R 2 =
NH2 bzw. CHO) mit 0,176 (vgl. Tab. VI). Man darf
daher erwarten, daß der Substituent R 1 bei 15 eine
Art von „Umpolung" hervorrufen kann, wie es auch
der Fall ist. Während bei 15 a die Ladungsdifferenz
Pdi beim Übergang von R 2 = NH2 nach R 2 = CHO
stetig kleiner wird, tritt bei 15 b ein Polaritätsminimum auf (R2 = H); die akzeptorsubstituierte Verbindung (15 b, R 2 = CHO) hat nun eine größere
Polarität als die donorsubstituierte (15 b, R 2 = NH2).
Damit ließe sich zwar verstehen, daß die Methylierung des p-Dimethylaminophenylacetonnatriums
relativ viel Keton liefert und die des p-Cyanphenylacetonnatriums relativ viel Enolether (vgl. Tab. VI
in Lit. [6]); ein „Umschlagpunkt" wird bei dieser
Versuchsserie aber nicht sichtbar. Auf der anderen
Seite beobachtet man bei der Methylierung der NaSalze von a-Cyan-phenylacetonen das Auftreten
eines Qo/Qc-Minimums (vgl. Tab. X in Lit. [6]);
hier aber ändern sich die Po/c-Werte stetig. Möglicherweise wird bei Anionen wie 15, bei denen im
Grenzfall die Einflüsse von R 1 und R 2 ausbalanciert
sind, der Polaritätseffekt von anderen Effekten
überdeckt. Man muß z.B. daran denken, daß die
akzeptor- und die donorsubstituierten Enolate eine
sehr unterschiedliche Reaktivität besitzen. Die
Lage des Übergangszustandes könnte wichtig werden; schließlich ist ein direkter Zusammenhang
zwischen der Polarität des Enolats und Regioselektivität nur bei einem relativ frühen Übergangszustand zu erwarten.
O1 Ra ...
I! •
16
Bei der Methylierung der /5-Ketoenolate 16 erhebt sich nicht nm- die Frage nach dem C/O-Verhältnis (Sf = log 0,5 Qo/Qc), sondern auch die nach
der 01/02-Selektivität (vgl. Tab. IX Lit. [4]). Bei
den untersuchten Verbindungen wird jeweils nur
ein O-Alkylprodukt gebildet (abgesehen von cisfrans-Isomeren bei 16 a). So werden 16 c (vgl. auch
weitere O-Alkylierungen des Natriumformylessigsäureethylesters [88]) und 14 d ausschließlich am
Aldehyd-Sauerstoffatom (0-2) alkyliert, 16 a und
16 b am a-Keto-Sauerstoffatom (0-2) (vgl. auch
[89]). Das Sauerstoffatom von Estergruppen wie in
16d, 16e, 16i wird hingegen nie angegriffen (die
0
COJCJHR
O
H
0
•
2
0 R
CH,
jcsa
ol^X"^«
ol
/
/
/
R
R
R
R R '
16 a: OC2H5 16 c: OCH3 16 e: OCH3 16 e: CH3 CH3
16 b: C6H5 16 d: CflH5 161: C6H5 16h: C6H5 C2H5
Pfeile geben den Reaktionsort an, die Pfeildicken
symbolisieren die relativen Ausbeuten). Man kann
also sagen, daß in der Regel das Sauerstoffatom des
stärker acidifizierenden Acylrests [90-93] (vgl. auch
er-Werte) [94] alkyliert wird. Dies entspricht dem
Befund [95], daß bei Diaroylmethananionen die
Acylierung am Sauerstoffatom des Aroylrests mit
dem stärkeren Akzeptorsubstituenten am Aromaten eintritt.
Eine Ausnahme von dieser Regel stellt das Benzoylacetonanion 16 f dar, denn Benzoylreste acidifizieren in Dimethylsulfoxid und in der Gasphase
[96, 97] stärker als die Acetylgruppe. (Die schwächere Akzeptorwirkung eines Alkylrestes (CH3 in
CH3CO) im Vergleich zu der eines Phenylrestes (Ph
in PhCO) geht im übrigen auch aus der auf S. 1648
dargestellten Formelsequenz hervor.) Bei der Acetylierung weichen Verbindungen wie 16 f ebenfalls
von der obigen Regel ab [95, 98]. Die Bildung des
Enolethers 17 kann auch nicht auf thermodynamische Kontrolle zurückgeführt werden. Die Enolester 18 lassen sich nämlich in die thermodynamisch
stabileren Ester 19 umlagern [99].
„
0
o r
o
Ph
COCH3
COCH3
0
O O
CH 3
17
18
Ph'A
X
CH,
19
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Die Sonderstellung von 16 f wird noch stärker
durch den in Tab. VIII gemachten Vergleich von
Acetyl- und Benzoylenolaten hervorgehoben. In
der Reihe A nimmt Qo/Qc mit wachsender Polari-
Tab. I X . Übersicht über die Abhängigkeit der Selektivität (Qo/Qc) v o n R 1 und R 2 bei der Methylierung
von Natriumenolaten 2 mit Dimethylsulfat in HMPT.
Ri
R
Tab. V I H . Selektivität (Qo/Qc) bei der Methylierung
von Natrium-Enolaten mit Dimethylsulfat und Polaritätsfaktoren (Po/c) in Enolatanionen.
2
(CH
c h
c h
p
ro/c
2.61
3.31
A
Q
0
HjC^i^CH,
0
^tcoPh
o
/Q
B
c
2.97
1.1 4.9
p h
0
J^CO2CHj
)
2
r o
3,01
b
2
c h
3
N
/ c
3
)
3
0,05A
2
h
2
N - C
6
H 5
o - c
6
h
5
*
c
4
0,05»
CeHö
3.43
o
o
H
0
^C0-CH,
3
6
H
5
0,05A
0,05A
1,1*
0,3
0,6
1,0
1,4
3,5
CßHö
H
30*
20
4,9
30B
30B
4,7
1,4
30 B
30B
16 f
3.5 1.4
16e
0
J^CO-CH,
3
( C H
3
p - N C - C
la
2.2 2,2
3
P - c h
0
16 f
2,81
p o/c
c h
P h
0
^C02-CH
0
3
16 h
a
Nur C-Methylierung beobachtet;
nur O-Methylierung beobachtet.
Der Effekt von Substituenten in 3-Stellung ist
von dem des Substituenten in 2-Stellung abhängig.
Veränderungen von Qo/Qc durch 3-Substituenten
tät des Enolats zu - wenn man 16 f beiseite läßt. In konnten jedoch unter den gewählten Versuchsbeder Reihe B dagegen nimmt Qo/Qc ab, und wieder dingungen nur bei der Methylierung von Ketonist 16f die Ausnahme. Es ist auch bemerkenswert, anionen beobachtet werden. Steht in 2-Position ein
daß in A und B die Acylreste einen verschieden- Arylrest (oder ein stärkerer Akzeptor), so nimmt
Qo/Qc und die Ladungsdifferenz P^i beim Übergang
artigen Gang von Po/c und Qo/Qc hervorrufen.
vom
Donor zum Akzeptor ab. Ist hingegen der
Zusammenfassend läßt sich feststellen (vgl. Tab.
2-Substituent
eine Alkylgruppe (oder ein stärkerer
IX), daß eine Donor-Akzeptor-Umstimmung des
Donor),
so
rufen
sowohl Akzeptor- als auch DonorSubstituenten in Position 2 des Enolats einen Übergang von ausschließhcher C- zu ausschließlicher Reste in 3-Stellung eine Erhöhung des EnoletherO-Alkylierung bewirkt. Die p-substituierten Pro- anteils hervor. In beiden Fällen ist allerdings ihre
piophenone sind vom Alkylierungsergebnis her be- Wirkung in 3-Position schwächer als in 2-Position.
trachtet bezüglich des Effekts der Arylgruppe zwiDer Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem
schen Methyl und Wasserstoff als 2-Substituenten Fonds der Chemischen Industrie danken wir für die
einzureihen.
Förderung dieser Untersuchungen.
3.20
16g
5.0 1.3
^ C O - P h
3,75
16 k
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