Universitätsklinikum Ulm Zentrum für Chirurgie Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie Komm. Ärztlicher Leiter: Prof. Dr. A. Liebold Penetrierende Thoraxverletzungen in Friedenszeiten: Eine retrospektive Singlecenter Studie der Klinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie Ulm ( 1995 – 2008 ) Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm Nina Zerwes Augsburg 2012 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Prof. Dr. Karl Heinz Orend 2. Berichterstatter: PD Dr. Götz Röderer Datum der Promotion: 18.10. 2012 Meinen Eltern gewidmet Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ........................................................................................................III 1 EINLEITUNG ...............................................................................................................................1 1.1 ALLGEMEINES UND DEFINITION ................................................................................................1 1.1.1 Schussverletzungen......................................................................................................1 1.1.2 Stichverletzungen..........................................................................................................2 1.1.3 Pfählungsverletzungen..................................................................................................3 1.2 PATHOGENESE .......................................................................................................................4 1.3 MORTALITÄTSRATE .................................................................................................................6 1.4 DIAGNOSTIK UND KLINIK ..........................................................................................................7 1.4.1 Allgemeine Kriterien .......................................................................................................7 1.4.2 Apparative Möglichkeiten .............................................................................................10 1.5 THERAPIEKONZEPTE UND KOMPLIKATIONEN ...........................................................................12 1.5.1 Allgemeines ..................................................................................................................12 1.5.2 Verletzungen des Herzens ...........................................................................................13 1.5.3 Hämatothorax ...............................................................................................................13 1.5.4 Verletzung der Lunge ...................................................................................................14 1.5.5 Minimalinvasives Vorgehen..........................................................................................15 1.6 FRAGESTELLUNG ..................................................................................................................15 2 MATERIAL UND METHODEN ..................................................................................................17 2.1 PATIENTENGUT .......................................................................................................................17 2.2 DATENERHEBUNG UND STATISTIK ............................................................................................17 2.3 DIAGNOSTIK ...........................................................................................................................18 2.3.1 Fragebogen ..................................................................................................................18 2.3.2 CT Diagnostik ...............................................................................................................19 2.3.3 Lungenfunktion .............................................................................................................19 2.4 EINTEILUNG NACH DEM NEW INJURY SEVERITY SCORE (NISS) .................................................20 3. ERGEBNISSE............................................................................................................................22 3.1 DEMOGRAPHISCHE DATEN .....................................................................................................22 3.2 UNFALLMECHANISMEN UND VERLETZUNGSMOTIVE ...................................................................22 3.3 FOLLOW UP ...........................................................................................................................25 3.4 EINTEILUNG DER SCHWERE DER VERLETZUNG NACH DEM NISS ...............................................25 3.5 DER EINFLUSS DES NISS AUF DAS OUTCOME .........................................................................27 3.6 ARTEN DER VERSORGUNG IN ABHÄNGIGKEIT DES NISS ...........................................................27 3.7 SUCHTMITTELABUSUS UND DEPRESSION .................................................................................28 3.8 ORT DER ERSTVERSORGUNG .................................................................................................28 3.9 BEGLEITVERLETZUNGEN ........................................................................................................30 3.10 BETEILIGUNG DES HERZENS UND DER LUNGE .........................................................................31 I 3.11 REEINGRIFFE ........................................................................................................................32 3.12 MORTALITÄTEN .....................................................................................................................33 3.13 LIEGEZEITEN ........................................................................................................................35 3.13.1 ICU- Liegezeiten.........................................................................................................35 3.13.2 Stationäre Aufenthaltsdauer .......................................................................................35 4. DISKUSSION.............................................................................................................................36 4.1 DEMOGRAPHISCHE DATEN ......................................................................................................36 4.2 UNFALLMECHANISMEN UND VERLETZUNGSMOTIVE ....................................................................36 4.3 DER NISS IN VERBINDUNG MIT PV ..........................................................................................37 4.4 PV DES HERZENS UND DER LUNGE .........................................................................................39 4.5 PFÄHLUNGSVERLETZUNGEN ....................................................................................................43 5. ZUSAMMENFASSUNG.............................................................................................................45 6. LITERATURVERZEICHNIS.......................................................................................................47 7. ANHANG ..................................................................................................................................52 DANKSAGUNG ...............................................................................................................................53 LEBENSLAUF .................................................................................................................................54 II Abkürzungsverzeichnis A. Arteria a. Jahr Aa. Arteriae Abb. Abbildung AIS Abreviated Injury Score a.p. anterior posterior CT Computertomographie DGS Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention DOA Dead on Arrival EK Erythrozytenkonzentrate EVT Endovaskuläre Therapie ePTFE Polytetrafluorethylene FAST Focused Assessment with Sonography for Trauma FEV1 Einsekundenkapazität FFP Fresh Frozen Plasma FVC Forcierte Vitalkapazität GCS Glasgow Coma Scale ISS Injury Severity Score ICU Intensiv Care Unit MIP Maximum Intensity Projection MPR Multi Planar Reformat NISS New Injury Severity Score o.p.B. ohne pathologischen Befund PV Penetrierende Verletzung SCCT Single Contrast Computed Tomography ST Stichverletzung SV Schussverletzung TD Thoraxdrainage TEE Transösophageale Echokardiographie TK Thrombozytenkonzentrate TTE Transthorakale Echokardiographie VATS Video Assisted Thoracoscopic Surgery VC Vitalkapazität III 1 Einleitung 1.1 Allgemeines und Definition Bei Thoraxtraumen wird ätiologisch, je nach Gewalteinwirkung, zwischen stumpfen und penetrierenden Thoraxverletzungen unterschieden. Penetrierende Thoraxverletzung kommen jedoch in Friedenszeiten im europäischen Raum sehr viel seltener vor als das stumpfe Trauma, welches häufig durch Verkehrsunfälle bedingt ist. Im deutschsprachigen Raum spielt die penetrierende Verletzung des Oberkörpers mit nur ca. 8% eine untergeordnete Rolle [47]. Dennoch haben sozioökonomische Veränderungen in den letzen Jahrzehnten zu einer Zunahme penetrierender Verletzungen geführt [7]. Zum einen durch die Ausweitung des organisierten Verbrechens und der kriminellen Szene, zum anderen durch den Einsatz des europäischen Militärs an verschiedenen Friedensmissionen in der Welt. Bei penetrierenden Thoraxverletzungen handelt es sich um das Eindringen bzw. Durchdringen von Gegenständen durch den Brustkorb wie bei Stich-, Schussoder Pfählungsverletzungen des Oberkörpers unterschiedlichen Ausmaßes. Diese Verletzungen sind in Abhängigkeit ihrer Lokalisation und der Beteiligung großer Gefäße beziehungsweise lebenswichtigen Organen (z.B. Herz, Lunge) lebensbedrohlich und stellen für die behandelnden Ärzte noch heute eine Herausforderung dar. Schussverletzungen Durch (SV) das sowohl höhere eine Zerstörungspotential höhere Prähospital-, als haben auch Krankenhausmortalitätsrate [52]. Die häufigsten Ursachen für penetrierende Verletzungen (PV) hierzu lande sind tätliche Auseinandersetzungen, autoaggressives Verhalten in suizidaler Absicht aber auch durch Autounfälle oder Stürze aus großer Höhe sind penetrierende Verletzungen möglich. 1.1.1 Schussverletzungen In der Geschichte wurde lange diskutiert, dass der Verwundungseffekt eines Projektils auf die Vergiftung durch das verwendete Schiesspulver zurückzuführen sei. Während der Französischen Revolution wurde dann vermutet, dass eine Explosion der Patronen für den großen Schaden im Gewebe verantwortlich sei. 1 Erst der französische Chirurg Huguier, der während der Französischen Revolution in Paris arbeitete, erkannte den Zusammenhang zwischen dem Transfer von Energie des Projektils auf das Gewebe [7]. Das Ausmaß der Gewebeschädigung durch eine Schusswunde hängt in erster Linie von der kinetischen Energie ab, die ein Projektil auf das Gewebe überträgt. Diese Energie kann errechnet werden, wenn es nach dem Einschuss auch zum Ausschuss kommt. Folgende Formel wird dafür verwendet: Ekin = ½ m (v1- v2)2 Ekin= kinetische Energie m = Masse v = Geschwindigkeit Wobei v1 die Eintritts- und v2 die Austrittsgeschwindigkeit ist. Es wird schnell klar, dass die Verdopplung der Masse des Projektils zu einer Verdopplung der kinetischen Energie führt. Die Verdopplung der Geschwindigkeit jedoch zu einem exponentiellen Anstieg. Das Verletzungspotential korreliert auch mit den physikalischen Eigenschaften des betroffenen Gewebes. Je größer die Spezifische Dichte des Gewebes umso kräftiger wird das Projektil abgebremst und dieses Abbremsen wiederum führt zu einer größeren Energieabgabe an das Gewebe. Daraus resultiert, dass der Schaden in einem soliden Gewebe wie der Leber oder dem Herz, per se größer ist als der Gewebeschaden in der Lunge mit ihrem großen Luftanteil und dem dadurch geringen spezifischen Gewicht. Die Kavitation ist ein weiterer Faktor für die Gewebsschädigung. Sie bezeichnet die Bildung einer temporären Gewebshöhle durch die Beschleunigung des Gewebes in alle Richtungen im Moment der Penetration. Der dadurch entstandene Unterdruck, führt zum Kollabieren der Höhle und schädigt somit auch Gewebe das entfernt vom Schusskanal liegt. Projektilgröße und Art, der Auftreffwinkel sowie der Waffentyp und die Schussdistanz sind weitere Parameter, die über den Verlauf und die Schwere der Verletzung entscheiden [7]. 1.1.2 Stichverletzungen Stichwunden stellen heute neben Verletzungen durch stumpfe Gewalt die häufigsten Traumata dar. Dies ist auf die zunehmende Zahl der mitgeführten Stichwaffen zurückzuführen. Stichverletzungen haben jedoch im Vergleich zu Schussverletzungen eine niedrigere Prähospital- und Krankenhausmortalitätsrate 2 was durch den geringeren Energieeintrag zu erklären ist. Aufgrund der glatten Schnittkanten und dem begrenzten Stichkanal ist der resultierende Gewebsdefekt mechanisch definiert. Die häufigste Todesursache nach dem Erleiden einer Stichverletzung (SV) ist der akute hämorrhagische Schock hervorgerufen durch den Blutverlust in Körperhöhlen oder nach außen. Tatwerkzeuge können schneidende oder spitz zulaufende Gegenstände wie Messer, Dolche, Werkzeuge oder ähnliche Gegenstände sein. Die Schnittbreite einer Stichwunde ist, im Gegensatz zur Schnittwunde, kürzer als die Eindringtiefe wobei die Wundränder in der Regel bei beiden Verletzungen geradlinig und glatt sind. Es ist zu beachten dass weder die Klingenbreite mit der Länge der Hautwunde noch die Klingenlänge mit der Eindringtiefe korreliert. Daraus ergibt sich das Problem dass das äußerliche Erscheinungsbild einer Wunde nicht unbedingt mit dem Ausmaß der inneren Verletzungen korrelieren muss. Oftmals erscheint die oberflächliche Wunde harmlos während wichtige Strukturen betroffen sind. Das hat zur Folge dass vor allem solche Verletzungen zur genauen Abklärung explorativ untersucht werden müssen. Die Schwere der Verletzung hängt allgemein von der Eindringtiefe, der Klingenbreite und ganz wesentlich vom Verlauf des Stichkanals und somit von den betroffenen Strukturen ab [18; 46]. 1.1.3 Pfählungsverletzungen Mit dem Begriff Pfählungsverletzungen werden Verletzungen zusammengefasst, die sich durch das Eindringen von meistens stumpfen aber auch spitzen Gegenständen in Körperhöhlen oder Weichteile auszeichnen. Wenn man die Morphologie einer Pfählungsverletzung betrachtet fällt auf, dass die Wundränder typischerweise Quetschungen und Schürfungen aufweisen und die Wundkanäle unregelmäßiger sind als bei Stichwunden. Durch die Kräfte, die auf den menschlichen Körper einwirken, um solch eine Verletzung erst möglich zu machen, kommt es oft zu einer Kombination der Verletzungsmerkmale eines penetrierenden Traumas wie auch denen eines stumpfen Traumas. Einerseits wird, wie bei einer PV die Integrität der Körperoberfläche unterbrochen, andererseits kann es durch die enorme Wucht zu Einrissen in benachbarten Organen und Geweben kommen. 3 Auch hier gilt, wie schon bei SV und ST, dass die durch das Pfählungsinstrument betroffenen Strukturen, das Ausmaß der Verletzung und somit die Mortalität bestimmen. Es ist außerdem zu erwähnen dass hierbei natürlich auch die Beschaffenheit des eindringenden Gegenstandes , also seine Form und Länge, der Durchmesser und die Beschaffenheit der Spitze eine entscheidende Rolle spielen [24]. 1.2 Pathogenese Die Hauptproblematik nach PV stellt in erster Linie die Verletzungen der betroffenen Organe und Strukturen dar, die durch verschiedene Pathomechanismen wie z.B. das Lungenversagen mit Gasaustauschstörungen, der Hämorrhagische Schock nach Beschädigungen der Aorta oder der kardiogene Schock nach Herzverletzungen hervorgerufen werden können. Später tritt dann die Gefahr einer Sepsis in den Vordergrund da PV immer eine Integritätsverletzung der Körperoberfläche bedeuten und eine Eingangspforte für Bakterien darstellen. Da die eindringenden Gegenstände in den seltensten Fällen steril sind, kann es durch die Kontamination zu schwerwiegenden Folgeinfektionen kommen. Durch das Eindringen eines Fremdkörpers in die Lunge kann Luft entweder von außen, im Falle eines offenen Pneumothorax oder direkt aus der Lunge in den Pleuraspalt gelangen und somit das dort vorherrschende Unterdruckverhältnis zerstören. Der intrapleurale Druckanstieg bei einem Pneumothorax bedingt einen Teilkollaps des betroffenen Lungenflügels, dessen Integrität auf den normalerweise negativen Druckverhältnissen beruht. Lebensbedrohlich wird die Situation wenn sich hieraus durch einen Ventilmechanismus, der zwar das Einströmen der Luft zulässt aber beim Ausatmen den Ausstrom der Luft verhindert, ein Spannungspneumothorax entwickelt. Dabei werden durch den steigenden intrathorakalen Druck, der durch das fehlende Entweichen der Luft immer größer wird, das Herz samt Mediastinum zur Gegenseite verdrängt und somit auch der venöse Rückstrom aus den beiden Venae cavae behindert. Das Krankheitsbild kann iatrogen durch eine Überdruckbeatmung in seinem Verlauf noch verschlimmert werden. Ein Zusammenbruch der Hämodynamik ist die Folge. Ein offener Pneumothorax ist dann lebensbedrohlich, wenn die Verbindung 4 zwischen dem Pleuraraum und der Außenwelt mindestens 2\3 des Trachealquerschnitts beträgt. Denn dann strömt die Luft über den geringeren Widerstand durch den kürzeren Weg komplett durch die Wunde in den Thorax ein und behindert somit die effektive Ventilation stark [62]. Ein ähnlicher Mechanismus über unausgeglichene Druckverhältnisse liegt der Herzbeuteltamponade zugrunde. Über das Blut das nach einer PV des Herzens oder großer kardialer Gefäße in das Perikard eintritt und von dort nicht mehr abfließen kann, entsteht ein Druck auf das Herz, welcher die Hämodynamik auch bei kleinen Mengen Blut schon entscheidend beeinflusst. Es gibt jedoch Untersuchungen, dass eine geringfügige Einblutung in den Perikardbeutel bei aktiven Blutungen im Sinne einer eingeschränkten Hämorrhagie durch Tamponade der Blutung, auch vorteilig sein kann [2]. Die kontinuierliche Hämorrhagie in den Pleuraraum, welche vom Ausmaß der Blutungsquelle abhängt, führt zum Hämatothorax welcher oft aufgrund der anatomischen Verhältnisse mit einem Pneumothorax gemeinsam auftritt. Verletzungen der Intercostalgefäße und der A. mammaria interna können hierbei für die persistierende Blutung genauso verantwortlich sein, wie jene an großen Gefäßen. Der Verdacht einer Gefäßverletzung lässt sich durch die An- bzw. Abwesenheit von sogenannten „hard signs“ und „soft signs“ verifizieren. Während die „hard signs“ wie massiver Blutverlust aus offenen Wunden, pulsierende Hämatome und schlecht palpierbare periphere Geräusche die Offensichtlichkeit einer Gefäßverletzung verdeutlichen, ist für das Erkennen einer Solcher aufgrund von den „soft signs“ wie z.B. nicht pulsierende kleine Hämatome, die Nähe des Schusskanals zu größeren Gefäßen, eine gewisse Erfahrung notwendig [7]. Für den Patienten besteht dadurch die akute Gefahr des Verblutens durch die Hypovolämie und den dadurch bedingten Kreislaufkollaps außerdem kann das Gehirn durch den anhaltenden Sauerstoffmangel irreparabel geschädigt werden. Von einer hämodynamischen Instabilität wird bei Blutdruckwerten kleiner 60/90 mmHg und einer peripheren Hypoperfusion gesprochen [15]. Ein weiterer Risikofaktor Pleuraempyems oder beim einer Hämatothorax Sepsis bei ist die unzureichender Ausbildung Entleerung eines und anschließender Infektion. Teile der Lunge können fibrosieren und schränken somit die Respirationsfähigkeit ein [62]. 5 Bei PV des Thorax ist es immer nötig abzuklären ob die Verletzung auf Diesen begrenzt ist, oder ob durch eine Perforation des Zwerchfells, das Abdomen Schaden genommen hat. Allgemein treten diese thorakoabdominelle Verletzungen durch den uneingeschränkten Wundkanalverlauf bei SV häufiger auf als bei ST. Wenn das Diaphragma verletzt ist besteht die Gefahr, dass sich Eingeweide in den Thoraxraum verlagern können, was bei nicht diagnostizierten penetrierenden Traumata Jahre dauern kann. Die Folgen sind vielfältig und reichen je nach Ausprägung der Hernie von der völligen Symptomlosigkeit bis zu Ischämien in den betroffenen Bereichen mit der Gefahr des Durchbruchs. Bei sehr großen Perforationen wie sie aber nur bei Schnittverletzungen oder durch die indirekte Gewalteinwirkung bei stumpfen Traumata auftreten, können durch die mechanische Behinderung die durch nach oben drückenden Abdominalorgane entsteht, Herz- und Lungenfunktion beeinträchtigt werden [51; 62]. 1.3 Mortalitätsrate Die Mortalitätsrate nach einer PV folgt einem deutlichen zeitlichen Muster, wonach bei 50% der Todesopfer, der Tod noch am Unfallort eintritt. Weitere 30% versterben in einem Zeitfenster von wenigen Stunden nach der Verletzung. Vor allem für diese Patienten zeigt sich durch schnelles, gezieltes Handeln ein Überlebensvorteil. Die restlichen 20% fallen mehrere Tage oder Wochen nach dem Unfall einem Multiorganversagen oder einer Sepsis als Folge der PV, zum Opfer [33]. Eine besonders hohe Mortalität herrscht mit ca. 92% bei Verletzungen der großen thorakalen Gefäße, welche jedoch durch die protektive Wirkung der knöchernen Strukturen strategisch geschützt sind und somit bei einer PV nur eine Inzidenz von 1,2% haben [15]. Auch eine PV des Herzens ist mit einer hohen Mortalität vergesellschaftet- eine unbehandelte penetrierende Wunde des Herzens führt immer zum Tode. Durch die heutigen Möglichkeiten in der Diagnostik und der Traumaversorgung liegt die Mortalität von PV des Herzens immer noch bei 86%. Allgemein haben Patienten mit einer kardialen ST durch das wesentlich geringere Verletzungspotential eine höhere Überlebensrate als Patienten mit einer SV [58]. Bei einer unspezifischen Beteiligung der Lunge, welche weder das Herz noch größere Gefäße betreffen liegt die Mortalität noch bei 11% [60]. 6 Eine besondere Herausforderung sind Verletzungen der oberen Luft und Verdauungswege. Die Seltenheit der Diagnose Ösophagusverletzung mit nur ca. 5 Patienten pro Jahr, selbst in großen Traumacentern in den USA, macht das Management der Verletzung zum Problem. Die anfangs noch symptomlose Verletzung kann leicht übersehen werden und geht folglich mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Eine um 12 h verspätete Diagnose erhöht die Mortalität von 7%- 9% auf bis zu 69% [44]. Ganz entscheidend hängt die Überlebensrate eines Thoraxtraumas natürlich auch von den Begleitverletzungen ab, da Verletzungen des Thorax je nach Wundkanal nicht selten mit abdominellen oder anderen Verletzungen auftreten. Eine schnelle und verletzungsübergreifende Aussage hinsichtlich der Mortalität kann hierfür mit der Glasgow Coma Scale (GCS), der 1974 von zwei Neurochirurgen zur Bewertung von Bewusstseinsstörungen an der Universitaet Glasgow entwickelt wurde, getroffen werden, wie eine große Studie von Arbabi et al. zeigt. Patienten mit einem GCS < 8 am Unfallort haben eine Mortalitätsrate von 72,6% [1]. 1.4 Diagnostik und Klinik 1.4.1 Allgemeine Kriterien Die Diagnose PV im Thoraxbereich stellt primär durch das mögliche Vorhanden sein einer Beteiligung von lebenswichtigen Organen wie Lunge, Herz und großen Gefäßen eine lebensbedrohende Situation für den Patienten dar, die es schnellstmöglich unter Kontrolle zu bringen gilt. Um das zu gewährleisten, wurde der seit 1967 als Goldstandart praktizierte “Advanced Life Support“ , der eine ausführliche prähospitale Versorgung voraussetzt, wieder durch den schon früher praktizierten “Basic Life Support“, der auf Hilfsmittel und Medikamente verzichtet, abgelöst [26]. Somit wird im Sinne der “scoop and run“ Theorie entgegen dem “stay and play“ Konzept gehandelt, um die Zeit bis zur klinischen Diagnostik und Erstversorgung möglichst gering zu halten. Vor allem kreislaufinstabile Patienten mit hämorrhagischem Schock durch massive Blutungen, profitieren von diesem Konzept das eine schnelle Thorakotomie mit operativer Blutstillung in der Klinik möglich macht [46]. 7 Eine Volumensubstitution durch hochprozentige Plasmaexpander ist auf Grund des negativen Einflusses auf die Blutgerinnung wie die Verdünnung von Gerinnungsfaktoren, der Thrombozytenaggregationshemmung und dem Anstieg des systolischen Blutdruckes welcher bestehende Clots wieder aufreißen könnte, nicht mehr angezeigt. Viel mehr steht die moderate Stabilisierung des Blutdruckes bei einigermaßen Konstanthalten der durch den Blutverlust beeinträchtigten Blutgerinnung im Vordergrund [28; 26; 45]. In der Klinik muss der Erstbehandler mit Hilfe von einfachen körperlichen Untersuchungen, der Erstinspektion der Wunde und der Erfassung von Kreislaufparametern initial Spannungspneumothorax, lebensbedrohliche einen massiven Verletzungen Hämatothorax, wie eine einen offene Thoraxverletzung und eine Perikardtamponade erkennen. Oft reicht das Legen einer oder mehrerer Thoraxdrainagen (TD) aus um den Patienten mit einer PV suffizient auszubehandeln [12; 46]. Ob eine Notfallthorakotomie nötig ist, muss in jedem Fall individuell entschieden werden, wobei es hilfreich ist die Situation mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes abzuschätzen. ( siehe Abbildung 1 und Abbildung 2) [20]. Bei stabilen Patienten ist mit Hilfe der weiterführenden Diagnostik eine Tracheobronchialverletzung, eine Ösophagusbeteiligung und eine Verletzung des Zwerchfells auszuschließen [7]. 8 Abbildung 1: Entscheidungsbaum bei Kreislaufstabilität [20] ; PV = Penetrierende Verletzung; CT = Computer Tomographie; Sono = Sonographie; TD = Thoraxdrainage; o.p.B. = ohne pathologischen Befund; VATS = Video Assisted Thoracoscopic Surgery; TT = Thorakotomie; 9 Abbildung 2: Entscheidungsbaum bei Kreislaufinstabilität [20] ; PV = Penetrierende Verletzung, Sono = Sonographie; 1.4.2 Apparative Möglichkeiten Früher wurde bei stabilen Patienten als standardisierte Schockraumdiagnostik zum Erkennen potentiell lebensbedrohlicher Verletzungen eine konventionelle Röntgenaufnahme im anterior-posterior (a.p.) Strahlengang angefertigt. Obwohl sie eine zuverlässige Methode zum Nachweis von Rippenfrakturen, Hämato- bzw. Pneumothoraces u. a. Verletzungen war, musste ein unauffälliger Befund nicht zwingend eine signifikante thorakale Verletzung ausschließen [57; 61]. Was die Konsequenz nach sich zog, dass zusätzliche zeitraubende, invasive und teure einzelne Untersuchungesmethoden wie ein Perikardfenster, eine Tracheo- bzw. Bronchoskopie und Ähnliches nötig waren. Deshalb greift man heute in solchen Fällen auf eine umfassende Diagnostik mittels Single Contrast Computer Tomographie (SCCT) zurück, welches durch das Darstellen des Wundkanals eine sichere Aussage darüber macht ob operativ, in Form einer Exploration eingegriffen werden muss oder ob eine Überwachung ausreicht. 10 Denkbar sind hier auch Ganzkörper CTs, die im Sinne einer Traumaspirale durchgeführt werden [50]. Ramirez et al. berichtet hierfür in seiner Studie von einer 100%- igen Spezifität und Sensitivität bei SV. Bei ST lag die Spezifität bei 97%, und die Sensitivität noch bei 92% [40]. Neben dem CT welches immer einen apparativen Aufwand mit sich bringt zählt heute die thorakale Sonographie, die durch ihre einfache, schnelle Handhabung entscheidende Vorteile für den Behandler bringt, zur standardisierten Schockraumdiagnostik. Sie kann schnell und unkompliziert mit 100% Sensitivität einen Perikarderguss verifizieren [31]. Dieser birgt mit 39- 87 % die Gefahr zu einer lebensbedrohlichen Situation in Form einer Herzbeuteltamponade zu werden, welche zusätzlich klinisch an der Beck-Triade mit erweiterten Halsvenen, arteriellem Blutdruckabfall und abgeschwächter Herztöne zu erkennen ist [7]. Zunehmende Bedeutung neben der Röntgenaufnahme gewinnt mit einer Spezifität von 98- 99% die Untersuchungsmethode mit Ultraschall auch zum Nachweis eines Pneumothorax v.a. da dieser bei ca. 30% auf einer konventionellen a.p. Röntgenaufnahme übersehen wird [54]. Dabei kann die Diagnose über das Fehlen der typischen Normalbefunde wie das „lung sliding“ (Lungengleiten), das „bat sign“ (fledermausartiges Bild , von der oberen und mittleren Rippe mit der Pleura gebildetes Bild im Ultraschall) und die zum Schallkopf parallel gebildeten A-Linien, gemacht werden. Klinisch werden diese Patienten auffällig durch das einseitig abgeschwächte oder gar fehlende Atemgeräusch, den hypertympanische Klopfschall, Dyspnoe und Schmerzen im Thorax. Das unverzügliche Handeln nach der klinischen Diagnose ist bei einem Patienten der unter einem Spannungspneumothorax leidet, und dessen Respiration und Kreislauf schon in Form eines Dyspnoe mit Zyanose und einer arteriellen Hypotension beeinträchtigt ist, nötig. Auch bei einem Hämatothorax sind die klinischen Verschlechterung Perkussionsgeräusch Symptome des eine eingeschränkte Kreislaufgeschehens. Atmung Zusätzlich und ist die das gedämpft und das Atemgeräusch abgeschwächt. Im Röntgenbild ist eine Verschattung der betroffenen Seite zu erkennen [61; 62]. Besteht aufgrund der CT Ergebnisse oder der klinischen Situation, der Verdacht einer Tracheobronchialverletzung aufgrund eines nicht erklärbaren Pneumomediastinum oder der anatomischen Nähe des Verletzungsverlaufs muss dies nochmals separat über eine Bronchoskopie abgeklärt werden. Problematisch 11 ist hierbei dass sowohl im diagnostischen wie auch im klinischen Bereich eine klar abgrenzbare Symptomatik fehlt. Gleiches gilt für Ösophageale Verletzungen, Befunde wie Dysphagie, Hämatemesis und Schmerzen im Halsbereich sind wenig signifikant und müssen in Kombination mit der Verletzungslage beurteilt werden [25]. Bei unklaren Blutungssituationen ist auch heute noch in einigen Fällen eine konventionelle Angiographie notwendig da auch hier die konventionelle Röntgenaufnahme ungenügend befriedigende Ergebnisse liefert, was die Sensitiviät und Spezifität des Erkennens einer Gefäßläsion betrifft. Sie bringt des weiteren nicht nur den Vorteil auch kleinere Blutungen selektiv darzustellen sondern zusätzlich auch durch interventionelle Maßnahmen diese unverzüglich zu therapieren [25; 15]. 1.5 Therapiekonzepte und Komplikationen 1.5.1 Allgemeines Nach Demetriades et al. können Traumapatienten klinisch in 3 Stadien eingeteilt werden um eine Entscheidung für das weitere Vorgehen zu treffen. Er verwendet hierfür als Parameter den Blutdruck und unterscheidet zwischen klinisch stabilen, jenen mit einer ernst zunehmenden Hypotension bzw. hämodynamischer Instabilität und Patienten mit Herz- Kreislaufstillstand. Ein solcher kann bei Patienten mit Massenblutungen, Perikardtamponade und Luftembolien auftreten und erfordert ein operatives Eingreifen, notfalls im Schockraum, da jeglicher Zeitverlust auch für diagnostische Maßnahmen zu einer Verschlechterung der Prognose führt. Zusätzlich sollte dazu erwähnt werden, dass alleinig ein hoher Blutverlust, wie sehr oft zitiert und in Kliniken praktiziert, als Entscheidungsparameter für eine offene Thorakotomie nicht ausreicht, da der Blutverlust sowohl bei der Perikardtamponade als auch bei einem großen geronnenen Hämatothorax vernachlässigbar klein ist [12]. Auch wenn SV, ST und Pfählungsverletzungen eine weite Bandbreite an lebensbedrohlichen Verletzungen nach sich ziehen können, werden dennoch ca. 85 % der Patienten mit PV nichtoperativ durch alleinige Einlage einer Thoraxdrainage (TD) suffizient ausbehandelt. Nur bei 15% ist die operative Therapie mittels offener Thorakotomie angezeigt um die Kontrolle über Verletzungen zu gewinnen [12; 17; 7; 27]. 12 1.5.2 Verletzungen des Herzens Ist eine PV des Herzens anhand der Penetrationsstelle mit massiven Blutungen, den Zeichen eines kardiogenen Schocks oder einer Herzbeuteltamponade diagnostiziert worden, muss ein Zugang zum Herzen und den großen Gefäßen geschaffen werden um operativ direkt eingreifen zu können. Hierfür hat sich unter kontrollierten Bedingungen die mediane Sternotomie durchgesetzt, mit der das gesamte Herz mit den großen Gefäßen bzw. große Teile des Mediastinums erreicht werden können. Bei unvorhergesehenen abdominellen Verletzungen kann sie zu einer medianen Laparatomie verlängert werden. Für unkontrollierte Situationen und Blutungen aus dem hinteren Mediastinum wird die laterale Thorakotomie aufgrund der einfacheren Handhabung und des besseren Zugangs bevorzugt [42; 10]. 1896 glückte erstmals Ludwig Rehn eine Naht am Herzen in Folge einer Stichverletzung [41]. Heute lassen sich kleine Ventrikel- und Vorhofverletzungen sicher mit unterschiedlichen Nahttechniken versorgen, größere Wanddefekte werden mit einem Kunststoffpatch oder einem Perikardpatch verschlossen. Unter Umständen kann hierfür der Einsatz einer Herzlungenmaschine benötigt werden [49]. Bei einer Perikardtamponade ist die Eröffnung des Perikards nötig um Koagel und Blut absaugen zu können um somit den Druck, der auf das Herz wirkt zu vermindern. Die, durch die straffen Gewebeverhältnisse technisch schwierige Entlastung, wird primär durch eine Inzision mit dem Skalpell erreicht, die sich dann mit einer Schere 3-4 cm parallel zum N. Phrenicus erweitern lässt und abschließend durch eine unvollständige Naht zur Drainage wieder verschlossen wird. Während dieser Prozedur muss der Herzrhythmus lückenlos überwacht werden, dass bei drohendem Kammerflimmern oder Asystolie entsprechend mit einer offenen Defibrillation bzw. Herzdruckmassage eingegriffen werden kann [10]. 1.5.3 Hämatothorax Besonderes Augenmerk sollte auf PV von großen Gefäßen liegen, da es durch nicht sisitierende Blutungen sowohl zu Kreislaufbeeinträchtigungen kommt als auch zu irreversiblen Schäden in ischämischen Gebieten. Ist der Weg der Blutung 13 nach außen durch Gewebestrukturen eingeschränkt oder unmöglich entwickelt sich ein Hämatothorax welcher durch eine fehlende Hämostase zu einem Spannungshämatothorax werden kann. Deshalb muss an der Blutungsstelle nach ihrer Lokalisation schnellstmöglich chirurgisch mit Hilfe einer Thorakotomie eingegriffen werden um den Blutverlust zu stoppen. Hierfür sind mehrere Möglichkeiten für die Versorgung wie direkte Nähte, Ligationen und bei vollständiger Durchtrennung der prothetische Ersatz bzw. die Reanastomose denkbar. Der Zugangsweg richtet sich nach der Lokalisation der verletzten Gefäße und der voraussichtlichen Reparaturmethode [15]. Eine Thorakotomie ist auch dann indiziert, wenn bereits ein signifikanter Hämatothorax mit initialen Blutmengen bei Anlage der ersten Drainage von über 800-1500 ml oder permanenter Entleerung von 200- 300 ml/ h über 3 h besteht während bei einem Spannungshämatothorax die unverzügliche Dekompression durch die rasche Öffnung des Pleuraspalts nach außen mittels Minithorakotomie möglich ist [62]. Kleinere, nicht kreislaufwirksame Hämatothoraces können oft suffizient mit der Einlage einer Thoraxdrainage therapiert werden und erfordern selten eine Thorakotomie [46]. 1.5.4 Verletzung der Lunge Die TD ist auch Mittel der Wahl bei einem Pneumothorax der mehr als 10 % des Thoraxinhaltes ausmacht. Bei einem Spannungspneumothorax, der sich auch während einer bereits bestehenden aber inkorrekt liegenden Drainage ausbilden kann, ist sie sogar die einzig lebensrettende Sofortmassnahme wenn der Patient bereits tachykard ist und über Atemnot klagt. Mit ca. 37 %, der Patienten die einen Pneumothorax erleiden, liegt jedoch über ein Drittel unter dieser 10 % Regelung und kann konservativ versorgt werden [46]. Parenchymale Verletzungen der Lunge sind aufgrund des Niederdrucksystems und des hohen Gehalts an Gewebsthromboplastin meist selbstlimitierend und somit wird ein operativer Eingriff obsolet. Dennoch erfordert manch größere Gewebsverletzung die Thorakotomie, bei der dann in 20 % der Fälle eine Lungenresektion bzw. eine Teilresektion nötig ist [53] . Eine weitere Möglichkeit, verletztes Lungengewebe zu versorgen, ist seit einigen Jahren die Tractotomy, bei der das durch den Wundkanal beschädigte Gebiet offen dargestellt wird , um dann 14 Bronchusleakages und kleinere Blutungen direkt zu verschließen. Der Erhalt von Gefäßen und Bronchien steht bei dieser Methode im Vordergrund, da sie ohne die Resektion von Lungengewebe praktiziert werden kann [17]. 1.5.5 Minimalinvasives Vorgehen Minimalinvasive diagnositische und therapeutische Möglichkeiten im Cavum pleurae ergeben sich durch die videogestützte Thorakoskopie kurz „VATS“ (video assisted thoracoscopic surgery) genannt. Sie kann heute sowohl zur Ursachenforschung als auch zur Therapie wie der Blutstillung oder dem Beseitigen von Fisteln bei akuten Hämatothoraces und Pneumothoraces dienen, vorausgesetzt, die Patienten sind kreislaufstabil. Zusätzlich ist die Abklärung einer Zwerchfellverletzung mit VATS möglich, welche bei einer PV unterhalb der Mamille immer in Betracht gezogen werden muss und oftmals symptomlos verläuft oder von anderen Verletzungen maskiert wird [27]. Falls die Verletzung überschaubar ist, können die Defekte primär durch Adaption der Muskelränder (auch thorakoskopisch) mit einer Naht wieder verschlossen werden, ansonsten ist zur Defektdeckung das Einsetzen von autogenem oder allogenem Material eine Option [51]. 1.6 Fragestellung Schuss- Stich- und Pfählungsverletzungen im Thoraxbereich haben eine große Verletzungsbandbreite und sind mit einer hohen Mortalitätsrate vergesellschaftet da große Organe und Gefäße mit einem hohen Blutumsatz beteiligt sein können. Durch die geringen Fallzahlen in Deutschland und Europa ist es jedoch schwierig gemeinsame diagnostische und therapeutische Ansätze zu entwickeln. Das Zurückgreifen auf Veröffentlichungen aus Kriegs- und Krisengebieten und aus Ländern mit hohen Fallzahlen wie Südafrika, Südamerika und USA liegt nahe, ist aber aufgrund von logistischen, personellen und materialistischen Unterschieden schwierig. Eine 1:1 Umsetzung scheint aufgrund dieser unterschiedlichen Vorraussetzungen nicht gerechtfertigt. Durch die Brisanz einer PV widerfährt den Patienten sowohl im präklinischen wie im klinischen Bereich ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Nach ihrem klinischen 15 Aufenthalt jedoch, wenn keine Komplikationen entstehen entziehen sie sich in den allermeisten Fällen medizinischen Nachkontrollen und werden höchstens im Rahmen Ihrer hausärztlichen Untersuchungen weiter betreut. Ziel dieser Arbeit ist es herauszuarbeiten, zu welchen Langzeitergebnissen die Versorgung einer PV führt um somit die chirurgischen Vorgehensweisen besser einordnen zu können. Folgende Gesichtspunkte sollen hierfür näher betrachtet werden: a.) Wie ist das aktuelle Befinden der Patienten; fühlen sie sich in ihrem Leben durch Schmerzen, Schwäche oder andere Gründe eingeschränkt? Kommen die Patienten im alltäglichen Leben zurecht und konnten sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren bzw. eine andere Arbeit aufnehmen? b.) Welche operativen Versorgungsmöglichkeiten wurden gewählt und gibt es Unterschiede beim outcome? c.) Wie hoch ist die Mortalität der Patienten und an welchen Ursachen versterben sie und haben die Begleitverletzungen etwas mit ihrem Ableben zu tun? Wobei der Punkt a.) durch das Design der Doktorarbeit mit den Nachuntersuchungen im Mittelpunkt, die zentrale Fragestellung darstellt. Die Punkte b.) und c.) können als Sekundärziele im Bezug auf Punkt a.) verstanden werden. 16 2 Material und Methoden 2.1 Patientengut In der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums Ulm wurden im Zeitraum von März 1995 bis Mai 2008 insgesamt n= 27 Patienten mit Schuss-, Stich- und Pfählungsverletzungen im Thoraxbereich therapiert. Alle Krankenakten wurden retrospektiv analysiert. Die betroffenen 25 Männer und 2 Frauen waren zum Zeitpunkt des Ereignisses zwischen 15 und 83 Jahren alt (Medianwert 31; Mittelwert 35,8). Die meisten der Patienten (n= 12) erfuhren ihre Verletzung durch eine tätliche Auseinandersetzung wobei drei davon im Bereich häuslicher Gewalt statt fanden. Ein Suizidversuch war bei 7 Personen der Grund für ihren stationären Aufenthalt, sie verletzten sich dabei selbst. Bei Zweien handelte es sich um einen Berufsunfall. Ein Unfall war es auch bei weiteren zwei Patienten, die sich beim Reinigen ihrer Handfeuerwaffen verletzten. Des Weiteren erlitt ein Patient eine Pfählungsverletzung durch einen schweren Auto Unfall. Einer wurde bei der Gartenarbeit verletzt, indem er sich eine PV mit dem Rechen zuzog. Eine Verletzung war bedingt durch autoaggressives Verhalten nach Cannabis Abusus. Auf unerklärliche Weise befand sich bei einem Patienten nach einer mit Kirschnerdraht fixierten Humerusfraktur, ein 55 mm langer 3 mm dicker Teil des Drahtes in seiner Lunge wieder. Insgesamt erlitten 18 eine ST, davon 16 mit einem Messer, einer mit einer Glasscherbe als Tatwerkzeug und einer mit dem iatrogen verschuldeten intrapulmonalen Kirschnerdraht. Die 7 SV wurden alle bis auf eine Nagelbolzenschussverletzung mit Feuerwaffen unterschiedlichen Kalibers getätigt. Zwei Patienten erlitten eine Pfählungsverletzung durch einen Holzpfahl bzw. durch einen Gartenrechen. Aus der Studie ausgeschlossen wurden Patienten die aufgrund einer PV ambulant behandelt worden sind und jene, die vor dem Eintreffen ins Klinikum verstorben sind. 2.2 Datenerhebung und Statistik Die Datenerhebung erfolgte einerseits retrospektiv anhand der vorhandenen Krankenakten und andererseits durch Nachuntersuchungen. Die Patienten wurden 17 hierzu telefonisch und per Post einbestellt. Im Rahmen der Nachuntersuchung wurde bei den Patienten zuerst ein CT erstellt, dann ein Lungenfunktionstest durchgeführt und bei jenen mit Herzbeteiligung eine Echokardiographie angefertigt. Zudem wurde der aktuelle körperliche Zustand mit Hilfe eines Fragebogens erfasst. Es erfolgte eine Auswertung der prä- und postoperativ erstellten radiologischen Befunde, der Operationsberichte, und der Berichte über den postoperativen stationären Aufenthalt sowie über die Nachsorgeuntersuchungen. Aus dem vorhandenen Material konnten folgende Daten und Befunde erhoben werden: - Alter und Geschlecht - Unfall- und OP- Datum - Ort der Erstversorgung - Unfallmechanismen und Verletzungsmotive - Begleitverletzungen infolge des Unfalls - new injury severity score (NISS) - Lokalisation der Verletzung - Stationäre Aufenthaltsdauer - Intensiv Care Unit (ICU) Liegezeit - Derzeitiges allgemeines Befinden - Mortalitäten Die Daten und Befunde wurden mit Hilfe einer rein deskriptiven Statistik analysiert und beschrieben. Zur graphischen Darstellung wurden Diagramme und Tabellen mit dem Microsoft Exel Programm erstellt. Da das Patientengut in einigen Merkmalen sehr heterogen verteilt war, wurde hier der Medianwert angegeben. 2.3 Diagnostik 2.3.1 Fragebogen Der verwendete Fragebogen sollte vor allem zur Klärung des subjektiven aktuellen Befindens des Patienten beitragen. Es wurden demnach Fragen zur 18 allgemeinen Belastbarkeit und zur körperlichen Fitness gestellt, die maximale Gehstrecke, die Größe und das Gewicht erfragt. Außerdem sollte geklärt werden ob die Patienten wieder in ihrem vor der Verletzung ausgeübten Beruf arbeiten konnten. Zur Vervollständigung und zum besseren Einschätzen der Ergebnisse aus dem Lungenfunktionstest, wurden von rauchenden Patienten die pack years notiert. Bei der speziellen Befindlichkeit interessierten Nervenausfälle mit Lähmungserscheinungen, chronische Schmerzen im Bereich der Narbenbildung und Einschränkungen der Herzkreislauffunktionen. 2.3.2 CT Diagnostik Die Nachuntersuchung mittels CT erfolgte nur bei größeren Verletzungen bzw. nach Operationen oder wenn Patienten über Beschwerden klagten. Es sollte mit dieser Untersuchungsmethode dargestellt werden ob es morphologische Veränderungen oder Defektzustände im Sinne von abgekapselten Serothoraces oder Sequester gibt, welche als Langzeitfolgen einzustufen sind. Die CT’s wurden in üblicher Form, als kontrastmittelunterstütztes Dünnschicht CT durchgeführt. Die Darstellung der Datensätze erfolgte in der arteriellen und venösen Phase mit dem MIP (Maximum Intensity Projection) Verfahren und der MPR (Multi Planar dreidimensionalen Reformat). transversalen Damit werden Schnittbildern aus die im den CT ursprünglich entstehen, zweidimensionale Bilder rekonstruiert, welche in frontaler, sagittaler und transversaler Richtung dargestellt werden und demnach auch in 3 Ebenen beurteilt werden können. 2.3.3 Lungenfunktion Für die Bestimmung der Lungenfunktion wurde das Verfahren der Spirometrie angewandt. Da die Untersuchung stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig ist, wurde der Ablauf vor Beginn der Messung genau erklärt. Um möglichst unverfälschte Ergebnisse zu erzielen, sollte der Patient ausgeruht sein und während der Durchführung aufrecht mit gerader Kopfstellung sitzen. Er wurde 19 angewiesen das Mundstück möglichst fest mit den Lippen zu umschließen, damit die ausgeatmete Luft nicht seitlich des Mundstücks entweichen kann, und somit einen zu geringen Atemwegswiderstand vortäuschen kann. Zur Bestimmung der Vitalkapazität (VC) musste der Patient erst einige Male in Atemruhelage durch den Mund ein- und ausatmen, dass er sich an das Atmen mit dem Gerät gewöhnt, bis er dann aus der Ruhelage eine maximale Inspiration gefolgt von einer maximalen Exspiration ausführte. Direkt im Anschluss folgte der Tiffeneau- bzw. 1- Sekunden Test zur Festlegung der Einsekundenkapazität (FEV1), der Forcierten Vitalkapazität (FVC) und dem Verhältnis aus beiden Werten. Dabei musste der Patient ohne das Gerät maximal forciert einatmen um dann nach dem unverzüglichen Ansetzen des Mundstückes, die gesamte Luft maximal forciert in das Gerät auszuatmen. Die gewonnen Messwerte der VC und dem Tiffeneau Test werden von dem Lungenfunktionsgerät in Bezug auf Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht in Beziehung zu Sollwert Standart Tabellen gesetzt um somit obstruktive bzw. restriktive Veränderungen der Lunge errechnen zu können . 2.4 Einteilung nach dem New Injury Severity Score (NISS) Die Verletzungsschwere der Patienten wurde mit dem NISS (New Injury Severity Score) beschrieben welcher eine Modifikation der gängigen Traumaklassifikation des Injury Severity Scores (ISS) ist, und den Vergleich von unterschiedlichen Verletzungen ermöglicht [37]. Diese Klassifikation erlaubt die Beurteilung des Schweregrades einer Verletzung und richtet sich nach anatomisch-morphologischen Kriterien. Beurteilt werden 5 Körperregionen: Kopf/Hals, Abdomen/Beckeninhalt, Gesicht, Thorax mit Organen und Zwerchfell, Extremitäten/Beckengürtel. Alle Verletzungen der betroffenen Regionen werden mit einem Punktwert nach dem Abreviated Injury Score (AIS) von 0-6 bewertet (Tabelle1), die drei höchsten Punktwerte, unabhängig von der Körperregion, werden quadriert und anschließend summiert. Ist eine Verletzung tödlich, so ist der NISS automatisch 75. Der Unterschied zum ISS liegt in der Unabhängigkeit der Körperregionen für die 3 höchsten Werte. Während beim ISS die Werte, die quadriert werden, aus unterschiedlichen 20 Regionen stammen müssen und teilweise mehrere höhere Punktewerte in denselben Regionen nicht beachtet werden, konzentriert sich der NISS ausschließlich auf die drei höchsten Werte, auch wenn sie aus derselben Region stammen. Deshalb liefert der NISS vor allem, bei Patienten die mehrere Verletzungen auf eine Körperregion beschränkt haben, wie bei dieser Studie, aussagekräftigere Ergebnisse [37]. Tabelle 1: Punktevergabe nach dem Abreviated Injury Score (AIS) für den Verletzungsgrad Zu vergebende Punkte nach AIS Beschreibung 0 Ohne Verletzung 1 Geringfügige Verletzung 2 Mittelgradige Verletzung 3 Schwere Verletzung, nicht lebensbedrohlich 4 Schwere Verletzung, lebensbedrohlich 5 Zustand kritisch, Überleben unwahrscheinlich 6 Dead on arrival (DOA) 21 3. Ergebnisse 3.1 Demographische Daten Das Alter der 27 Patienten mit PV variierte im Untersuchungszeitraum zwischen 1995 und 2007 Jahren enorm. Während die jüngsten Patienten zum Zeitpunkt der Verletzung erst 15 Jahre waren, war der älteste Patient der wegen einer PV stationär aufgenommen wurde, 83 Jahre alt (Medianwert 31; Mittelwert 35,8). Mit knapp 60% waren Patienten in der 2. und 3. Lebensdekade am häufigsten betroffen. Unter dem Patientengut befanden sich 25 männliche (93%) und 2 weibliche (7%) Betroffene. 10 Anzahl Patienten 8 6 4 2 0 10-20 Jahre 21-30 Jahre 31-40 Jahre 41-60 Jahre 61-80 Jahre 81-100 Jahre Abbildung 3: Die Y- Achse zeigt die Anzahl der Patienten mit einer penetrierenden Thoraxverletzung, während die X- Achse das Alter der Betroffenen in 10- bzw. 20Jahresschritten angibt. Alle Patienten wurden im Zeitraum zwischen 1995- 2008 im Universtitätsklinikum Ulm, Abteilung Gefäßchirurgie behandelt . 3.2 Unfallmechanismen und Verletzungsmotive Von den 27 untersuchten Patienten erlitten 18 (67%) eine ST, 7 (25%) eine SV und 2 (7%) eine Pfählungsverletzung. 52% der Verletzungen am Gesamtkollektiv 22 war durch eine tätliche Auseinandersetzung bedingt. Die Verletzungen die die beiden Frauen erlitten, wurden ihnen im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung im familiären Bereich mit einem Messer zugefügt. Sieben Patienten (26%) fügten sich Ihre Verletzung selbst in suizidaler Absicht zu, wobei vier von ihnen eine Schusswaffe verwendeten, zwei ein Messer und einer sich die Verletzung selbst mit einer Glasscherbe beibrachte. Bei 6 (22%) Patienten handelte es sich um Unfälle unterschiedlicher Genese und Pathomechanismen. Zwei davon waren als Arbeitsunfälle deklariert, und passierten einmal beim Reinigen einer Handfeuerwaffe, das andere Mal war ein Unfall mit einem pneumatischen Bolzensetzgerät die Ursache. Ein Patient zog sich im Rahmen der Gartenarbeit eine Pfählungsverletzung mit einem Rechen zu, die zweite Pfählungsverletzung war durch einen Autounfall bedingt. Bei einem Patienten löste sich ein Schuss aus seiner Handfeuerwaffe, als er diese gerade Reinigen wollte. Eine suizidale Absicht konnte hier nicht ausgeschlossen werden. Auf unerklärliche Weise befand sich ein Stück Kirschnerdraht in der Lunge eines Patienten nachdem dieser wegen einer Humerusfraktur stationär behandelt wurde. 18 Anzahl Verletzungen 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Stichverletzungen Schussverletzungen Pfählungsverletzungen Sonstige Abbildung 4: Die Y- Achse zeigt die Anzahl der Verletzten, während die X- Achse die Verletzungsarten der Patienten des Universitätsklinikums Ulms, welche im Zeitraum zwischen 1995- 2008 wegen einer penetrierenden Thoraxverletzung behandelt wurden, aufschlüsselt. „Sonstige“ stellt hierbei einen intrapulmonalen Draht dar. 23 Abbildung 5: Patient mit Pfählungsverletzung präoperativ, während sich das Pfählungsobjekt in situ befindet. Abbildung 6: Patient mit thorakaler Messerstichverletzung. Links im Bild die dazugehörige Röntgenkontrastmittel- Aufnahme, die eine Beteiligung der Aorta vermuten lässt. 24 3.3 Follow up Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 20,1 Monate (0,13- 174 Monate) und setzte sich insgesamt aus allen erfassten Patienten im Zeitraum zwischen 1995 bis 2008 die im Universitätsklinikum Ulm, Abteilung für Gefäß- und Thoraxchirurgie mit einer PV vorstellig wurden. Von denjenigen Patienten die nicht durch die Nachuntersuchung im Rahmen dieser Studie erfasst werden konnten, wurden Informationen von vorangegangenen Nachuntersuchungen verwendet. Dabei wurden auch die Patienten berücksichtigt die bereits verstorben waren, da zwischen den PV und der Todesursache in keinem Fall ein Zusammenhang bestand. Von den 24 noch lebenden Patienten konnten 14 Patienten mittels CT (13 Patienten) oder MRT (1 Patient) nachuntersucht werden. Zusätzlich wurden diese Patienten mittels eines Fragebogens zu ihrem derzeitigen subjektiven Befindens und ihrer Belastbarkeit befragt. Ein Patient wurde nur telefonisch mittels Fragebogen nachuntersucht, da er es aufgrund seiner beruflichen Beanspruchung zeitlich nicht einrichten konnte persönlich zu erscheinen. Bei zwei Patienten erschien eine Nachuntersuchung im Rahmen der Studie obsolet, da diese regelmäßig im 5 Jahres Rhythmus durch die Berufsgenossenschaft nachuntersucht werden und somit eine erneute bildgebende Untersuchung schon durch die Strahlenbelastung abzulehnen war. Bei 5 Patienten konnte keine Nachuntersuchung stattfinden, da diese weder telefonisch noch postal erreicht werden konnten, einer davon entschwand schon während seines stationären Aufenthalts aus der Klinik. Ein Patient lebt nach Auskunft seiner Familie seit längerem in einem Seniorenheim und ist gesundheitlich nicht mehr im Stande an der Studie teilzunehmen. Ein Patient verweigerte die Teilnahme an der Nachuntersuchung, nach mehrmaliger Aufforderung und Terminvergabe. 3.4 Einteilung der Schwere der Verletzung nach dem NISS Alle Patienten wurden nach dem NISS eingeteilt wobei sich im Gesamtkollektiv der Stich- , Schuss- und Pfählungverletzungen ein Maximalwert von 50 und ein 25 Minimalwert von 4 ergab. Die Gruppe der Patienten mit Stichverletzungen erreichte dabei einen Medianwert von 18, bei einem Höchstwert von 48 und einem geringsten Wert von 4. Der Medianwert in der Gruppe der Schussverletzungen lag mit 16 Punkten, 2 Punkte niedriger als der, der Patienten mit Stichverletzungen, wobei sich ein Maximalwert von 41 und ein Minimalwert von 4 zeigte. In der Gruppe der Pfählungsverletzungen war der Maximalwert des Gesamtkollektivs bei 50 Punkten angesiedelt. Der Minimalwert lag bei 10 und somit ergab sich ein Medianwert von 30. Die Gruppe der „Sonstigen Verletzungen“ bestand aus einem Patienten mit einem am Gesamtkollektiv verglichenen minimalen NISS Wert von 4 Punkten. Generell ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (p= 0,450) im NISS unter den vier verschiedenen Verletzungsarten. Schussverletzung Stichverletzung Pfählungsverletzung Sonstige Abbildung 7: Darstellung der New Injury Severity Score Werte (NISS), bezogen auf die Unfallursachen (Schussverletzungen, Stichverletzungen, Pfählungsverletzungen und ein intrapulmonaler Draht als „Sonstige“ dargestellt) der Patienten des Universitätsklinikums Ulm, die aufgrund einer penetrierenden Thoraxverletzung zwischen 1995 - 2008 in Behandlung waren, mit Hilfe eines boxplots (Kastendarstellung). 26 3.5 Der Einfluss des NISS auf das Outcome Das Outcome wurde an zwei verschiedenen Parametern festgelegt und bezieht sich ausschließlich auf das im Rahmen der Nachuntersuchung erfasste oder bereits verstorbene Patientengut. Einerseits wurde als objektive Komponente der Wiedereinstieg in den alten erlernten bzw. ausgeübten Beruf herangezogen, andererseits wurde das subjektive Befinden mit der vom Patienten eingeschätzten Belastbarkeit erfasst. In der Gruppe der Schussverletzten konnten alle Probanden wieder in ihren alten Beruf zurückkehren und gaben Wohlbefinden an. Lediglich bei einem Patienten, traten nach starker Belastung Dyspnoe auf. Dieser war mit einem NISS von 29 der, mit dem höchsten injury score in der Gruppe der nach untersuchten Patienten mit einer Schussverletzung. Ein Patient aus besagter Gruppe war bereits verstorben, wobei sich jedoch kein Zusammenhang zwischen der PV und seinem Ableben herstellen ließ. 82 Prozent der nach untersuchten Probanden, welche eine ST Verletzung erlitten und mit ihren NISS Werten zwischen 4 und 41 (Median 25) Punkten lagen, sind wieder berufstätig. Hiermit korrelierte ihre Aussage zu ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit, welche sie als uneingeschränkt beschrieben. Nur ein Patient bewertete seine Leistungsfähigkeit und sein Wohlbefinden als dauerhaft eingeschränkt. Ein Patient ist seit dem Vorfall arbeitsunfähig und leidet nach langjährig voraus gegangenem Alkoholabusus unter Depressionen. Er beschrieb jedoch sowohl seinen Allgemeinzustand als auch die physische Belastbarkeit als gut. Ein Patient verstarb unabhängig von seiner Verletzung nach intravenösem Drogenabusus. Die zwei Probanden der Nachuntersuchten in der Gruppe der Pfählungsverletzungen sind mit ihrem NISS von 10 bzw. 50 als Randgruppen angesiedelt. Während der eine Patient ohne körperliche Einschränkungen wieder voll genesen ist und ins Berufsleben zurückkehren konnte, ist der Andere seit seinem Unfall arbeitsunfähig und auf einem Rollstuhl angewiesen. Sein Allgemeinbefinden gibt er als gut an. 3.6 Arten der Versorgung in Abhängigkeit des NISS Generell wurde unterschieden zwischen einem operativen Vorgehen und der rein konservativen Therapie auch im Sinne einer Versorgung mit einer TD. Insgesamt wurde bei 74 % der Verletzten eine Thoraxdrainage gelegt. Nur drei Patienten aus 27 dem gesamten Kollektiv wurden ohne diese Maßnahme therapiert. 16% der Betroffenen mit einer ST Verletzung wurden bis zu ihrer Entlassung aus dem stationären Aufenthalt rein konservativ versorgt. Bei 7% der Stichverletzungen kam es nach dem Versuch der konservativen Behandlung mit einer TD und dem Auftreten von Komplikationen doch zu einem operativen Eingreifen. Anlass hierfür war einmal eine Drainagefehllage und im anderen Fall das Ausbilden einer Perikarditis. Aus dem Patientengut der Schussverletzungen konnte nur ein Patient konservativ versorgt werden. Dieser erlitt jedoch keine Schusswunde im herkömmlichen Sinne mit einer Waffe, sondern verletzte sich bei der Arbeit mit einem Bolzenschussgerät. Alle anderen Patienten mit Schussverletzungen mussten sich einem operativen Eingriff unterziehen. Die konservative Behandlung wurde insgesamt nur bei Patienten, unabhängig ihrer Verletzungsart, mit einem NISS unter 10 Punkten angewandt. Bei drei Patienten mit einem NISS unter 10 aus dem Gesamtkollektiv musste minithorakotomiert werden. Bei allen Patienten mit einem NISS über 10 war eine Thorakotomie nötig. Diese wurde bei allen Fällen, bis auf einen lateral durchgeführt. Ein Patient musste aufgrund der Schwere seiner Verletzung, mit einem Pfahl median sternotomiert werden. Dieser war, mit einem NISS von 50 Punkten, der Patient mit dem höchsten Wert in der Studie. Die zweite Pfählungsverletzung im Patientengut war mit einem NISS von 10 in dem Bereich angesiedelt, der konservativ mit einer TD therapiert werden konnte. 28 Abbildung 8: Bülau- Drainage in situ 3.7 Suchtmittelabusus und Depression Sowohl bei den versuchten Selbsttötungsdelikten als auch im Rahmen der tätlichen Auseinandersetzungen spielte Alkoholabusus bzw. in zwei Fällen der Konsum von Cannabis und Heroin eine Rolle. Bei 5 von 7 Patienten die einen Suizidversuch unternommen hatten, wurde im Nachhinein eine Depression festgestellt. Drei davon standen während ihrer Handlung unter dem Einfluss von Alkohol und waren auch vorher als regelmäßige Konsumenten von Alkohol bekannt. Ein Patient hatte sich im Cannabis Rausch multiple Schnittverletzungen beigebracht. Auch bei den Gewaltdelikten war in 5 von 14 Fällen Alkohol im Spiel, ein Patient hatte Heroin konsumiert. 3.8 Ort der Erstversorgung Die Erstversorgung fand mit 21 Patienten (78%) die direkt vom Unfallort zu uns kamen überwiegend in unserer Klinik statt. Nur 6 Patienten (22%) kamen aus umliegenden Krankenhäusern und wurden nach ihrer Erstversorgung zu uns überwiesen. 29 3.9 Begleitverletzungen Von den insgesamt 18 Verletzten (67%) mit ST erlitten 6 Patienten noch zusätzliche Verletzungen außerhalb des Thoraxbereichs. Weitere Stich- und Schnittverletzungen befanden sich bei 3 Patienten an den oberen Extremitäten, und bei einem an Hals, Gesicht und Flanke. Einer Patientin wurden die ST im Rahmen einer Vergewaltigung zugefügt. Ein Patient hatte außerdem eine subluxierte Schulter. Bei den Patienten mit Schusswunden (25%) waren nur die isolierten Verletzungen des Oberkörpers zu verzeichnen während bei einem Betroffenen mit einer Pfählungsverletzung durch einen Autounfall die Halswirbelsäule und die A. subclavia abriss. Die am häufigsten betroffenen und gravierendsten Organverletzungen sind an Lunge und Herz zu verzeichnen, worauf in Kapitel 3.7 näher eingegangen wird. Die Integrität des knöchernen Thoraxes wurde in 6 Fällen in Mitleidenschaft gezogen. Fünfmal waren dabei die Rippen in Form einer Fraktur bzw. eines kompletten Durchtrennens betroffen, einmal wurde das Sternum verletzt. 30 Anzahl der Organe 25 20 15 10 5 0 Herz Lunge Zwerchfell Leber Darm Milz knöcherner Thorax Abbildung 9: Die X- Achse schlüsselt die betroffenen Organe aller PV der Patienten im Universitätsklinikum Ulm auf welche zwischen 1995 und 2008 behandelt wurden, während an der Y- Achse die genauen Zahlen angetragen wurden. Mehrfachnennungen sind demnach möglich. 30 3.10 Beteiligung des Herzens und der Lunge Bei 25 (93%) der insgesamt 27 Patienten wurden Verletzungen der Lunge festgestellt. Zwei Patienten erlitten zusätzlich noch eine Verletzung des Herzens, bei dreien war lediglich das Perikard ohne Myokardbeteiligung betroffen. Isolierte Verletzungen des Herzens kamen nicht vor. Weder eine Beteiligung des Herzens noch der Lunge war bei 2 (7%) Patienten zu verzeichnen. Bei den Lungenverletzungen wurde 6 mal das Verfahren der atypischen Resektion, d.h. eine Teilresektion der Lunge ohne Berücksichtigung der anatomischen Segmentgrenzen vorgenommen, um gesundes Gewebe zu erhalten. Bei 4 Patienten wurden noch ganze Lungensegmente entlang der anatomischen Strukturen entnommen, wobei dieses Verfahren eher am Anfang der Studiendaten praktiziert wurde und im Verlauf der Daten bis heute zu Gunsten der atypischen Resektion nur noch selten angewandt wurde. Bei zwei Patienten konnten die Verletzungen der Lunge durch eine Übernähung des Parenchyms therapiert werden. Alle Patienten mit einer Lungenbeteiligung, bis auf einen, erhielten Thoraxdrainagen. Bei besagtem Patient ohne TD konnte aufgrund seines minimalen Mantelpneumothorax auf eine Drainage verzichtet werden. Zwei Patienten mit einer Perikardverletzung mussten sich aufgrund der Schwere der Herzbeutelverletzung einer Perikardfensterung bzw. einer Perikardiotomie unterziehen und auch die Myokardverletzungen mussten operativ übernäht werden. Nur ein Patient mit einem Perikarderguss konnte konservativ behandelt werden. 31 Abbildung 10: Angio- Computertomographie in transversaler Schnittführung mit Darstellung der Aorta ( Pfeil a) und einer Herzbeuteltamponade (Pfeil b). 3.11 Reeingriffe Prozentual am Gesamtergebnis mussten die Patienten mit einer Pfählungsverletzung am häufigsten (50%) nachoperiert werden. Hierbei spielte v.a. die Wundinfektion eine große Rolle. Mit 29,4 % musste sich knapp ein Drittel der Patienten mit einer ST einem zweiten chirurgischen Eingriff unterziehen. Bei den Schussverletzten wurde ein Patient (14,3%) von Sieben nachoperiert. (Abbildung 11) Die Gründe für einen Reeingriff waren vielfältig. Dreimal musste ein weiterer Eingriff aufgrund von Blutungen erfolgen. Hierbei war zweimal ein hämodynamisch wirksamer Perikarderguss durch eine unkontrollierbare Blutung in den Herzbeutel der Grund für eine zweite Operation. Des weiteren waren Wundrevisionen, eine Fistelexzision und ein abgekapselter Erguss Gründe für einen erneuten Eingriff. Drei Patienten mussten mehrmals nachoperiert werden, wobei der Patient mit der Pfählungsverletzung insgesamt 11 chirurgische Eingriffe über sich ergehen lassen musste. Mehrere Wundrevisionen und Versiegelungswechsel waren bei ihm nötig um die Situation in den Griff zu bekommen. 32 Abbildung 11: Graphische Darstellung der Wahrscheinlichkeit, dass kein zweiter Eingriff nötig ist, in Abhängigkeit der Zeit. Verglichen wurden die Daten der Patienten des Universitätsklinikum Ulms im Zeitraum zwischen 1995 und 2008, welche in vier Gruppen unterteilt wurden. Wobei die Gruppe „Sonstige“ einen intrapulmonalen Draht darstellt. Es wurde eine graphische Unterbrechung des Zeitverlaufs eingebaut um einen möglichst großen zeitlichen Rahmen im Bild zu erfassen. Der p- Wert (0,766) bezeichnet die Signifikanz der Ergebnisse. 3.12 Mortalitäten Es verstarb bis heute ein Patient mit einer Stichverletzung, einer aus der Gruppe der Schussverletzung und der Patient mit dem intrapulmonalem Kirschnerdraht welcher in der Arbeit unter „sonstige Verletzungen“ aufgeführt wurde. Im Rahmen der Nachuntersuchung konnte bei allen drei bereits Verstorbenen jedoch kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der PV und dem Ableben der Patienten hergestellt werden. Die Patienten verstarben 6, 7 bzw. 9 Jahre nach ihrer 33 Verletzung und dem damit verbundenen stationären Aufenthalt in der Thoraxchirurgie. Bei zwei Patienten ging jahrelanger Alkohol bzw. Heroinkonsum voraus, wobei der Patient welcher Drogenabusus betrieb, 9 Jahre nach seiner Stichverletzung an den Folgen eines septischen Herzkreislaufversagen im Universitätsklinikum Ulm, Abteilung Innere Medizin verstarb. Der alkoholsüchtige Patient verstarb nach Auskunft seines Hausarztes 7 Jahre nach seinem Aufenthalt im Universitätsklinikum Ulm. Ein Patient verstarb nach Angaben seiner Familie, 6 Jahre nach der PV, an Altersschwäche im Alter von 88 Jahren. Abbildung 12: Darstellung der prozedurbezogenen Überlebensrate in Abhängigkeit der Zeit, wobei „gesamt“ alle vier Verletzungsmechanismen ( Schuss-, Stich-, Pfählungsverletzungen und intrapulmonalen Draht) zusammenfasst. Es wurden die Daten aller Patienten die zwischen 1995 und 2008 eine penetrierende Verletzung erlitten und im Universitätsklinikum Ulm behandelt wurden herangezogen. 34 3.13 Liegezeiten 3.13.1 ICU- Liegezeiten Bei sieben Patienten mit einer PV war kein Aufenthalt auf der intensiv medizinischen Station nötig. Die anderen 20 Betroffenen lagen zwischen einem und 37 Tagen auf der Intensivstation, was insgesamt einem Median von 2 Tagen (Mittelwert 4,5 Tage) Aufenthaltsdauer entspricht. Der längste Aufenthalt auf der ICU betrug 37 Tage. Dieser Patient wurde insgesamt 4 mal aufgrund eines Perikardergusses und wiederkehrenden Wundinfektionen nachoperiert, so dass sich die Behandlung als sehr langwierig erwies. Der zweitlängste Aufenthalt auf der Intensivstation war mit insgesamt 11 Operationen verbunden und dauerte 20 Tage. Der Patient erlitt schwerste Begleitverletzungen (Abriss der HWS und der A. subclavia, Ausriss des Sternoclavikulargelenks) und musste insgesamt 60 Tage im Krankenhaus verbringen. Neun Patienten konnten nach einem 1- bzw. 2- tägigen Aufenthalt auf der ICU in stabilem Zustand auf die Normalstation verlegt werden. 3.13.2 Stationäre Aufenthaltsdauer Die längste stationäre Aufenthaltsdauer betrug 60 Tage, die kürzeste einen Tag, welches einem Medianwert von 10 Tagen (Mittelwert 13 Tage) ergibt. Bei dem Patienten mit der 60- tägigen Aufenthaltsdauer handelt es sich um den Patienten der durch seinen Autounfall eine Pfählungsverletzung erlitt und aufgrund massiver Begleitverletzungen nur durch elf operative Eingriffe versorgt werden konnte so dass sich der Heilungsprozess und damit auch der Aufenthalt dementsprechend verlängerte. Ein Patient mit depressiver Grundstimmung und bekanntem Alkoholabusus entfloh vor seiner offiziellen Entlassung nach 10 Tagen stationärem Aufenthalt aus dem Krankenhaus. Er erschien weder zu angeplanten Nachuntersuchungen, noch konnte er im Rahmen der Studie ausfindig gemacht werden. 35 4. Diskussion 4.1 Demographische Daten In unserem Fall waren 93% der Opfer männlichen und 7% weiblichen Geschlechts. Dies deckt sich mit den Erfahrungen aus anderen Studien in denen von Verteilungen zwischen 85- 95 % an männlichen Betroffenen zu 5- 15 % an weiblichen Betroffenen die Rede ist. Auch der Altersdurchschnitt mit einem Höhepunkt in der 2. bis 3. Lebensdekade ist in fast allen Publikationen ähnlich und somit vergleichbar mit unseren Zahlen [51; 34]. 4.2 Unfallmechanismen und Verletzungsmotive PV sind im Gegenzug zum stumpfen Trauma in Deutschland selten. Selbst in Zentren der Maximalversorgung können über Zeiträume von 10 bis 20 Jahren nur geringe Fallzahlen beschrieben werden. Ganz anders verhalten sich die Fallzahlen in Ländern mit gelockertem Waffengesetz oder allgemein höherer Gewaltbereitschaft wie anhand von Studien aus den USA oder Südafrika zu belegen ist. Eine große Amerikanische Studie prangert hierbei an, dass Verletzungen durch Handfeuerwaffen in den USA für die meisten Todesfälle bei den Männern zwischen 15- 25 Jahren verantwortlich sind. Durchschnittlich berichten sie von einer Mordrate in Verbindung mit einer Schusswaffe welche knapp 7 mal höher ist, als in den 23 anderen „high income“ Ländern, mit denen verglichen wurde [43]. Bei den Verletzungsmechanismen verhält es sich zum Teil ebenfalls umgekehrt. Während in Deutschland seit Jahrzehnten das Verletzungsmuster der Stichverletzung in fast allen Datensätzen vorherrscht, dominiert in den oben erwähnten Ländern die Schussverletzung, was mit gelockerten bzw. ungenügenden Waffengesetzen in Verbindung gebracht werden kann [20; 12; 5; 32; 55]. Pfählungsverletzungen gehören in der Literatur zu sehr seltenen Ereignissen was die geringe Zahl an Studien zu diesem Thema verdeutlicht. Während jedoch in einer Studie von 2006 der Universitaet Lübeck die Verletzungsmotive überwiegend autoerotischer Natur sind, was zumindest die Schilderung des 36 Verletzungshergangs und die Lokalisation der Verletzung vermuten lässt, sind die zwei Patientenfälle die im Universitätsklinikum Ulm dokumentiert wurden eindeutig einem Auto- bzw. einem Gartenunfall zuzuschreiben [20]. Generell stützt sich das Wissen über den Umgang mit PV überwiegend auf das Wissen das in Krisengebieten mit Krieg oder kriegsähnlichen Zuständen erworben wurde. Während Bellamy et al. in seiner Publikation die Entwicklung historisch betrachtet und v.a. auf die Situation während den zwei Weltkriegen und des Vietnamkrieges eingeht, wird das Thema in anderen Literaturangaben ausgehend von aktuelleren Fällen beleuchtet. Hierbei spielen sowohl die Konflikte in Nordirland sowie auch die Auswertungen von großen Traumacentern in Südafrika oder den USA eine Rolle [6; 8; 40]. Allen Quellen mit großen Fallzahlen gemein ist jedoch, dass die Ätiologien der Verletzungen gewalttätiger Natur sind. In unserer Studie wurde die Hälfte (52 %) der Verletzungen in Korrelation mit einem Gewaltdelikt dokumentiert, was den Zusammenhang nahe legt, dass auch hierzulande ein großer Teil der Verletzungen durch Penetrationen krimineller Energie zuzuschreiben sind. Der zweithäufigste Grund für eine PV war bei unserem Patientengut mit 26 % der Suizidversuch. Jährlich nehmen sich in Deutschland ca. 10000 bis 11000 Menschen das Leben, jedoch ist eine sinkende Tendenz zu verzeichnen . Nicht vergessen werden darf, dass man von einer beträchtlichen Dunkelziffer ausgehen muss, was den Suizidversuch betrifft und welche somit nie Erwähnung in einer Statistik finden . Dass es sich in unserem Fall ausschließlich um Männer handelt, die mit diesem Hintergrund eine PV erlitten, deckt sich mit den Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) welche durchschnittlich in ihren Statistiken der letzten 10- 15 Jahre von einer Verteilung von 1: 3 (Frauen: Männern) berichtet [14]. Des weiteren ist anzumerken dass der Gebrauch von Schuss- bzw. Stichwaffen eher eine männliche Komponente anzusprechen scheint. 4.3 Der NISS in Verbindung mit PV Da die schnelle Einschätzung der Schwere von Verletzungen die Vorraussetzung für zügiges und problemorientiertes Handeln ist, hat sich in den letzten Jahren die Verwendung des NISS gegenüber dem ISS durchgesetzt. Studien haben gezeigt, 37 dass es nicht ausreicht die drei schwerwiegendsten Verletzungen aufgrund ihrer gleichen Lokalisation weniger gravierend zu bewerten als wenn sie sich in unterschiedlichen Körperregionen befinden. Vor allem bezüglich der Genauigkeit der Erstversorgung bei Traumapatienten spricht sich Honarmand A. et al in seiner Studie für die Verwendung des NISS im Gegensatz zum ISS aufgrund seines größeren Vorhersagewerts aus. Betroffene die mit dem NISS System in der ICU bewertet wurden, konnten besser in zu intubierende und beatmungspflichtige bzw. nicht zu intubierende und nicht beatmungspflichtige Patienten eingeteilt werden als jene, die mit dem ISS System bewertet wurden [21]. Aydin et al. spricht von einem verbesserten Vorhersagewert für den NISS, was die Mortalität bei Traumapatienten anbelangt, wenn bei den Betroffenen die Verletzung auf nur eine der 5 zu beurteilenden Körperregionen beschränkt bleibt. Bei Patienten mit Verletzungen in zwei oder mehr Regionen beschreibt er jedoch keinen Vorteil für die Beurteilung mit dem NISS gegenüber dem ISS [3]. In unserer Studie traten bedingt durch den isolierten Verletzungsmechanismus, der typisch ist für eine penetrierende Verletzung durch etwaige Gegenstände nur bei 6 Patienten mit einer ST und bei einem Patienten mit einer Pfählungsverletzung, Begleitverletzungen in anderen Körperregionen auf. Bei den Patienten mit einer SV beschränkte sich die Verletzung ausschließlich auf den Thorax. Die Verletzungen in den zusätzlich betroffenen Körperteilen bei den ST Verletzungspatienten ließen sich aber allesamt auf leichte Begleitverletzungen wie oberflächliche Schnittwunden und eine subluxierte Schulter zusammenfassen und trugen somit wenig zum gesundheitlichen Gesamtzustand bzw. zum Outcome bei. Alleinig der Patient mit der Pfählungsverletzung leidet durch seinen HWS Abriss seit dem Unfall an einem kompletten Querschnitt ab C8 mit Blasen- und Mastdarmlähmung und ist an einen Aktivrollstuhl gebunden. Während fast alle Quellen in denen sowohl Schuss als auch Stichverletzungen behandelt werden, von besseren Prognosen und Outcomes der ST gegenüber der SV berichten, gibt es bei uns keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Vielmehr halten sich die Einschätzungen über das Outcome, und die NISS Werte bei unseren Untersuchungen die Waage [32; 16]. Die NISS Werte, aller Patienten (nicht nur der Nachuntersuchten) lagen sowohl bei den ST als auch bei den SV mit einem Median von 18 bzw. 16 Punkten dicht beieinander. Auch das Outcome wurde ähnlich bewertet. Jeweils ein Patient aus der Gruppe 38 der ST und SV bewertet seinen Lebensstil nach dem Unfall als eingeschränkt. Ein weiterer aus der Gruppe der ST sieht sich auf Grund seiner Depression und seines Alkoholabusus, welcher jedoch schon vor der ST Verletzung bekannt war, als vermindert leistungsfähig. Rückblickend muss bei uns jedoch durch die geringen Fallzahlen sowohl bei ST als auch bei SV von einer eingeschränkten statistischen Vergleichbarkeit ausgegangen werden. 4.4 PV des Herzens und der Lunge Bei penetrierenden Perikardtamponade, Verletzungen einen des Thorax gilt massiven es unverzüglich Hämatothorax, die einen Spannungspneumothorax und offene Thoraxverletzungen zu erkennen und zu therapieren. Im weiteren Verlauf müssen eine Verletzungen des Ösophagus, des Tracheobronchalbaums und des Zwerchfells ausgeschlossen werden [7]. Als diagnostische Möglichkeiten bei hämodynamisch stabilen Patienten stehen hierzu das konventionelle Röntgen, das CT ( im besonderen das Spiral Ganzkörper CT ) die Elektrokardiographie und die Sonographie zur Verfügung des weiteren kann eine Bronchoskopie zum Einsatz kommen. Da Verletzungen des Herzens ohne schnelle und adäquate Hilfe in 25% der Fälle in denen eine Schusswaffe das Tatwerkzeug darstellt direkt nach dem Unfall durch Massenblutungen oder eine Perikardtamponade zum Tode führen, ist eine frühe chirurgische Intervention von Nöten. Die Mortalitäten sind vor allem dann erhöht, wenn Patienten auf dem Weg ins Krankenhaus kardio- pulmonal reanimiert werden mussten, einen hämorrhagischen Schock erlitten, oder direkt nach dem Eintreffen notthorakotomiert werden mussten [30]. Dank der Optimierung des „scoop and run“ Prinzips erreichen Traumapatienten das Krankenhaus heute früher und können so mit noch vorhandenen Vitalzeichen schnellstmöglich weiterversorgt werden [46; 34]. Sind Hinweise wie ein von außen offensichtlicher Wundkanal in Richtung Mediastinum, ein Schockzustand, eine Herzbeuteltamponade oder ein erhöhter zentraler Venendruck gegeben, ist von einer Verletzung am Herzen auszugehen und die sofortige Thorakotomie/ Sternotomie muss eingeleitet werden ohne vorherige bildgebende Diagnostik. Eine Notthorakotomie im Schockraum ist angezeigt bei einem 39 Herzstillstand oder wenn der Puls nicht mehr messbar ist. Generell ist eine verspätete oder versäumte Diagnose einer Herzverletzung bedrohlicher für den Patienten als ein überflüssiger chirurgischer Eingriff [16]. Das Ausbilden einer moderaten Herzbeuteltamponade kann die Blutung ausgehend vom Herzen für gewisse Zeit eindämmen bei geringem Risiko eines Herzstillstandes und wird so in der Literatur als positiv für das Outcome bewertet [11; 56; 58]. Die alleinige Perikardpunktion bei einer Perikardtamponade wird als nicht mehr zeitgemäß für die Ersttherapie beschrieben [30; 16]. Bei einem Patienten aus unserem Kollektiv mit einer Herzverletzung musste ohne jegliche bildgebende Diagnostik aufgrund einer Herzbeuteltamponade und einem drohenden Schock durch massiven Blutverlust notthorakotomiert werden. Die Blutung konnte durch die Übernähung des Myokards eingedämmt werden. Auch bei einem Zweiten Patienten war die Naht aufgrund eines Perikardergusses am Herzen nötig. Es konnte jedoch aufgrund stabiler Kreislaufverhältnisse vor der Operation ein CT angefertigt werden. Bei Zwei Patienten mit einer Perikardverletzung musste operativ im Sinne einer Perikardfensterung bzw. einer Perikardiotomie eingegriffen werden. Das Legen einer TD reichte nur in einem Fall mit Perikardverletzung aus, um den Patienten suffizient auszubehandeln. Intraoperativ bietet seit einigen Jahren die Transösophageale Echokardiographie (TEE) die Möglichkeit Herzverletzungen zu spezifizieren. Es müssen dabei die Risiken zwischen der Gefahr einer ösophagealen Verletzung gegenüber dem Nutzen einer intraoperativen Diagnostik, welche bei kardialer Beteiligung in Notsituationen von großer Bedeutung ist, abgewägt werden [35; 63; 22]. Eine umfassende Studie von Piercy, M. et al. berichtet in diesem Zusammenhang von einem signifikant erhöhten Risiko einer Ösophagusverletzung bei Frauen und Patienten in fortgeschrittenem Alter, welche im Patientenkollektiv von Schuss und Stichverletzungen eine untergeordnete Rolle spielen und somit die TEE zu einer Methode machen, die im Bereich von penetrierenden Thoraxverletzungen mit kardialer Beteiligung Anwendung finden kann, wenn Alter, Geschlecht und das Nutzen/ Risiko Verhältnis berücksichtigt wurden [39]. Da eine versteckte kardiale Beteiligung bei primär stabilen Patienten keine Seltenheit ist, sollte bei jenen mit äußerlich sichtbaren präcordialen Verletzungen das Echokardiographie zum Einsatz kommen. Eine zweite Methode mit einer hohen Sensitivität für perikardiale Verletzungen, wenn von einem erfahrenem 40 Behandler ausgeübt, bietet das Focused Assessment with Sonography for Trauma kurz FAST genannt. Es kann damit, neben dem schnellen Überblick für abdominelle Verletzungen, perikardiale Flüssigkeit identifiziert werden. [22]. Insgesamt unterzogen sich bei uns aufgrund der Kombination eines stabilen Kreislaufes und Echokardiographie. der Bei Verletzungslokalisation einem Patienten vier konnte so Patienten ein einer Perikarderguss diagnostiziert werden, welcher dann operativ behandelt wurde. Für die Behandlung von Herzverletzungen werden zwei verschiedene Zugangswege praktiziert. Einerseits werden die Vorteile einer medianen Sternotomie wie die bessere Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit bei multiplen Kammerverletzungen gegenüber den Vorteilen einer lateralen Thorakotomie welche bei Bedarf über das Sternum ausgeweitet werden kann, und weniger zeitintensiv ist, diskutiert. Die laterale Thorakotomie im vierten Intercostalraum wird vor allem bei ST mit Herzbeteiligung favorisiert wohin gegen Degiannis et al. die bessere Genesung nach einer Sternotomie beschreibt [4; 10; 16]. Vier Patienten von den ingesamt 5, mit einer Verletzung des Herzens, bzw. des Perikards wurden am Uniklinikum Ulm lateral thorakomiert, bei keinem wurde eine Eröffnung des Thorax im Sinne einer Sternotomie durchgeführt. Nur der Patient mit der Pfählungsverletzung nach einem Autounfall, welcher einen CarotisSubclavia Bypass erhielt wurde median sternotomiert. Verletzungen die durch eine Schusswaffe bedingt sind, haben aufgrund des höheren Risikos einer größeren Verletzung von Perikard und Myokard und der höheren Wahrscheinlichkeit eines Multikammerdefekts, eine schlechtere Prognose als ST. Ob jedoch die Mortalität signifikant erhöht ist durch einen Multikammerdefekt, eine Verletzung des linken Ventrikels oder eine zusätzliche abdominale Verletzungen wird in der Literatur sehr unterschiedlich bewertet und kann daher nicht eindeutig geklärt werden [56]. Knapp 30 % der Patienten mit einer SV welche am Universitätsklinikum Ulm in der Abteilung für Gefäß- und Thoraxchirurgie behandelt wurden erlitten außerdem zu ihrer thorakalen Verletzung eine Verletzung des Abdomens. In der Gruppe der ST waren es mit 24 % sechs Prozentpunkte weniger. Von den insgesamt 5 Patienten mit einer zusätzlichen abdominellen Wunde musste ein Patient erneut operiert werden. Dieser erlitt 3 Einschusswunden wobei zwei abdominal lokalisiert waren. Multiple zwerchfellnahe 41 Blutungen machten einen zweiten Eingriff, im Sinne einer Revisionsthorakotomie nötig. Da sich über 80 Prozent der PV suffizient mit einer Thoraxdrainage ausbehandeln lassen, kommt dieser Therapie eine große Bedeutung zu [46; 36; 61]. Vor allem bei isolierten Lungenverletzungen ist es oftmals erste Wahl und hat sowohl eine therapeutische Komponente indem es Luft und Blut abtransportiert als auch einen diagnostischen Stellenwert indem es durch die Menge der ausgeleiteten Flüssigkeit die Indikation zum operativen Eingriff gibt. Hierbei wird unterschieden zwischen einer initialen Menge welche mit 800-1500 ml, oder einer permanenter Entleerung von 200- 300 ml/ h über 3 h, die Operation einleiten muss [36; 62]. Der Abtransport von gastrointestinalen Inhalten lässt auf eine ösophageale bzw. abdominal auf eine Beteiligung des Magens oder des Darms schließen [38]. Insgesamt gab, bei mindestens sieben unserer Patienten mit einer Lungenverletzung, die Menge an drainiertem Blut durch eine vorher angelegte TD den Anlass chirurgisch zu intervenieren und nur drei Patienten konnten hingegen der Tendenz der aktuellen Literatur, PV ausschließlich konservativ zu versorgen, ohne Chirurgie austherapiert werden. Bei einem Patienten lag der Verdacht auf eine Drainagefehllage nahe und so musste auch da, im Nachhinein explorativ thorakotomiert werden. Drei Patienten konnten mit einer TD und einer Minithorakotomie suffizient ausbehandelt werden. Bei jenen Patienten die operativ versorgt werden müssen, wird aufgrund von besseren Outcomes mit geringerer Mortalität und Morbidität schon länger gewebsschonenden Methoden der Vorrang gewährt [36]. Vor allem die Tractotomy , wodurch das Lungengewebe maximal erhalten wird indem man an den verletzten Gefäßen entlang präpariert und diese gezielt ligiert, wird positiv diskutiert [59]. Die hohen Mortalitätsraten von welchen im Zusammenhang mit Lobektomien und Pneumonektomien berichtet werden, stützen die These von der besseren Versorgung durch den weniger invasiven Eingriff [59; 9; 23]. Dennoch sollte vor einem größeren Eingriff wie einer Segmentresektion nicht zurückgeschreckt werden, wenn hinsichtlich der Blutungssituation kein befriedigendes Ergebnis erzielt werden kann oder um zerstörtes Gewebe zu entfernen [38]. Als weiteres schonendes Verfahren hat sich in den letzten Jahren das VATS etabliert, welches sowohl zur Diagnostik von Verletzungen der Lunge, des Mediastinums und des Zwerchfells eingesetzt werden kann, als auch zeitgleich zu 42 deren Therapie [38; 36]. Aus unserem Patientengut wurde das Verfahren des thorakoskopischen Eingreifens zweimal praktiziert. Beides mal konnte mit Hilfe des VATS, Lungengewebe direkt während des diagnostischen Vorgehens als verletzt eingestuft werden und daraufhin resiziert werden und ersparte dem Patienten so ein operatives Öffnen des Thoraxes. 4.5 Pfählungsverletzungen Pfählungsverletzungen gehören wie Verletzungen die durch einen Schuss oder Stich zustande kamen zu den PV, führen jedoch zusätzlich zu einer Zerreißung und Quetschung von Geweben, wie sie normalerweise nur beim stumpfen Trauma vorkommen. In der Literatur finden sich nur wenige Arbeiten die sich mit einem größeren Kollektiv an Pfählungsverletzungen beschäftigen und dadurch etwaige Vergleiche ermöglichen. Der überwiegende Anteil an Arbeiten, der sich mit dem Thema auseinander setzt beschreibt kasuistisch, was sich aus der Häufigkeit von nur einem Prozent an Pfählungsverletzungen beim polytraumatisierten Patienten ergibt [29]. Zusätzlich machen die sehr uneinheitlichen Verletzungsmuster einen Vergleich schwierig. Edwin et al. beschreibt das Augenmerk vorrangig auf Luftwege, Atmung und Kreislauf zu setzen. Mit seltenen Ausnahmen empfiehlt er das Pfählungsobjekt beim Transport in situ zu belassen und es erst unter kontrollierten Bedingungen, wie es ein Operationssaal bietet, zu entfernen. Ansonsten drohen Massenblutungen. Die Vorraussetzungen für den Eingriff eines kardiopulmonalen Bypass sollten genauso gegeben sein, wie ausreichende Mengen an Blutreserven [13]. Im Wesentlichen gelten die gleichen Empfehlungen für Erstmaßnahmen, Diagnostik und Therapie wie bei den in der Arbeit immer wieder erläuterten PV. Die große Bandbreite die der Begriff Pfählungsverletzung mit sich bringt, wird auch an den beiden Patienten unserer Studie deutlich. Während ein Patient durch den Sturz auf einen Rechen bei der Gartenarbeit Verletzungen erlitt, die alleinig durch eine Thoraxdrainage und die entsprechende Wundversorgung therapiert werden konnten und im Nachhinein keine Einschränkungen für diesen bedeuten, wurde im anderen Fall ein Ausmaß erreicht welches höchste Lebensgefahr darstellte. Der Patient wurde bei einem Autounfall anterior- posterior komplett von einem Holzpfahl durchdrungen. Er erlitt sowohl einen HWS Abriss welcher eine Osteosynthese erforderlich machte als auch 43 einen Abriss der A. subclavia, der durch einen carotis – subclavia Bypass therapiert wurde. Multiple Nachoperationen und ein mehrmonatiger stationärer Aufenthalt war notwendig um die Situation in den Griff zu bekommen. Der Patient ist seit dem Unfall an einen Aktivrollstuhl gebunden, leidet an Blasen und Mastdarmlähmungen und ist seit einer ambulant erworbenen Pneumonie, 10 Jahre nach dem Unfall, in ständiger pulmonologischer Behandlung. Auch die eigenen exemplarisch Daten können bewertet werden aufgrund der mangelnden Fallzahlen nur wodurch keine allgemeingültigen Schlussfolgerungen gezogen werden können. Die eigenen Ergebnisse stehen jedoch im Einklang mit den in der Literatur getroffenen Empfehlungen, gerade in Bezug auf den Fall mit dem Patienten, der seine Pfählungsverletzung aufgrund eines Autounfalls erlitt. 44 5. Zusammenfassung Penetrierende Traumen sind schwere, jedoch in Deutschland selten vorkommende Ereignisse. Vor allem Schussverletzungen des Thoraxes stellen dabei eine Herausforderung dar und erfordern umso dringender einheitliche Versorgungsstandards. Eine sorgfältige Diagnostik ist hier wegweisend für die sichere Indikationsstellung zur Operation. Vor allem vor dem Hintergrund einer großen Studie von Hilbert et al. basierend auf Daten des Traumaregisters von 2004 bis 2007, welche 2010 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde und auf die gravierenden Qualitätsunterschiede hinsichtlich Traumapatienten in den verschiedenen Traumacentern der Versorgung von Deutschlands hinweist. Es ist die Rede von signifikanten Unterschieden die Behandlungsergebnisse betreffend. Als mögliche Gründe für die uneinheitlichen Letalitätszahlen werden neben den etwaigen Unterschieden in der Patientencharakteristik auch ganz klar die Heterogenität der Klinikablabläufe in der Schockraumdiagnostik, der präklinischen Behandlung und der intensivmedizinischen Betreuung angesprochen [19]. Weitere Untersuchungen sind demnach nötig um ein standardisiertes Konzept für den Umgang mit Traumapatienten zu entwerfen, damit das Schicksal eines solchen Patienten nicht mehr durch regionale Aspekte bestimmt ist und auch kleinere Kliniken theoretische Sicherheit im Umgang mit Traumapatienten erlangen, um dann im Ernstfall richtig handeln zu können. Ziel der vorliegenden retrospektiven Studie war es hinsichtlich diesem Hintergrund, Langzeitergebnisse von Patienten, welche eine Penetrierende Verletzung erlitten und im Universitätsklinikum in der Abteilung für Gefäß- und Thoraxchirurgie behandelt wurden, zu beschreiben und einzuordnen. Es wurden hierfür Krankenakten von insgesamt 27 Patienten gesichtet, welche eine penetrierende Verletzung im Zeitraum zwischen März 1995 bis Mai 2008 erlitten . Die betroffenen 25 Männer und 2 Frauen waren zum Zeitpunkt des Ereignisses zwischen 15 und 83 Jahren alt. Achtzehn Patienten erlitten eine Stichverletzung, davon 16 mit einem Messer, einer mit einer Glasscherbe als Tatwerkzeug und einer mit einem iatrogen verschuldeten intrapulmonalen Kirschnerdraht, bei dem jedoch bis zuletzt nicht nachvollzogen werden konnte wie er dort hin gelangte. Die 7 Schussverletzungen wurden alle bis auf eine Nagelbolzenschussverletzung mit Feuerwaffen unterschiedlichen Kalibers getätigt. Zwei Patienten erlitten eine 45 Pfählungsverletzung durch einen Holzpfahl bzw. durch einen Gartenrechen. Von den 18 Verletzten mit einer Stichverletzung erlitten 6 Patienten noch zusätzliche Verletzungen außerhalb des Thoraxbereichs, während bei den Patienten mit den Schussverletzungen nur die Verletzungen am Oberkörper festzustellen waren. Bei den Patienten mit den Pfählungverletzungen, stellte die Versorgung des Patienten der zusätzlich einen HWS Abriss erlitt eine besondere Herausforderung dar. Bei allen Patienten bis auf zwei, bei denen operativ eingegriffen werden musste, wurde die Operation direkt am Tag ihrer Einlieferung durchgeführt. Bei den Beiden bei denen der operative Eingriff erst später statt fand, lag einmal ein Tag zwischen Operation und Einlieferung das andere mal ein ganzer Monat. Die Förderung von zunehmend Blut, rechtfertigte das Eingreifen am zweiten Tag nach der Einlieferung sowie eine Wundrevision nach Fistelbildung 30 d nach dem ersten Eingriff bei dem anderen Patienten. Im Gegensatz zu diesen Patienten standen zwei bei denen eine Notfallthorakotomie direkt nach dem Eintreffen des Patienten im Schockraum durchgeführt wurde. Soreide et al. spricht sich in diesem Zusammenhang für ein standardisiertes Konzept zur zukünftigen Versorgung von Patienten im Schockraum aus, welche jedoch an die Vorraussetzung gebunden ist, vergleichbare Parameter zu etablieren. Dies sei wichtig um Ergebnisse, aus Ländern bei denen die Vorgehensweise einer Schockraumthorakotomie oft den Stellenwert der letzten lebensrettenden Therapie einnimmt mit denen aus Europa zu vergleichen [48]. Es verstarben in unserem Kollektiv vom Unfallzeitpunkt bis heute, ein Patient mit einer Stichverletzung, einer aus der Gruppe der Schussverletzung und der Patient mit dem intrapulmonalem Kirschnerdraht. Im Rahmen der Nachuntersuchung konnte bei allen drei bereits Verstorbenen jedoch kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der penetrierenden Verletzung und dem Ableben der Patienten hergestellt werden. Alle Patienten verstarben Jahre später nach ihrer Verletzung und dem damit verbundenen stationären Aufenthalt in der Thoraxchirurgie. 46 6. Literaturverzeichnis 1. Arbabi, S., Jurkovich, G. J., Wahl, W. L., Franklin, G. A., Hemmila, M. R., Taheri, P. A., Maier, R. V.: A comparison of prehospital and hospital data in trauma patients, J Trauma. 56: 1029-1032 (2004) 2. 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Yu, H., Zhu, D., Liang, P., Liu, B.: Successful management of penetrating cardiac injury under guidance of transesophageal echocardiogram, Am J Emerg Med. 28: 985- 986 (2010) 51 7. Anhang Checkliste für Nachuntersuchung penetrierende Thoraxverletzungen: 1. Allgemeines Befinden 2. derzeitige Belastbarkeit im alltäglichen Leben 3. dzt. Arbeit 4. Gehstrecke 5. Gewicht und Größe 6. Spezielle Befindlichkeit: a. bei Nervenausfälle: aktuelle Situation mit Beschreibung der Lähmung b. bei Bauchoperationen: chronische Schmerzen, Hernien c. bei schweren Thoraxverletzungen: chronische Schmerzen, Belastbarkeit, Lungenfunktion d. bei kardialer Beteiligung: Probleme im Verlauf, Endo-, Myokarditiden, TTE? Abbildung 12: Checkliste für die Nachuntersuchung; TTE = Transthorakale Echokardiographie; 52 Danksagung Ich möchte vielen Menschen danken, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise dazu beigetragen haben, dass diese Arbeit heute so vorliegt. Allen voran gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. K.-H. Orend für die Überlassung des Themas, die Übernahme der Berichterstattung sowie seine Unterstützung bei der Korrektur. Des weiteren möchte ich Herrn Dr. Alexander Oberhuber für die exzellente Betreuung der Arbeit danken. Er war mein Ansprechpartner für Probleme jeglicher Art und sorgte mit seiner stets schnellen Hilfe dafür, dass meine Motivation über die lange Zeit aufrecht erhalten werden konnte. Ohne ihn wäre dieser Prozess nicht möglich gewesen. Außerdem möchte ich meinem Freund Sebastian Zerwes danken, für den Anschub in zähen Zeiten. Sebastian, ohne deine Erfahrung und Tipps säße ich noch heute vor dem Rechner. Auch bei meinen Freunden Lucie, Daniel, Mitch, Claudi, Vivian und Anke will ich mich für größere und kleinere Hilfestellungen vielfältiger Art bedanken. Nicht zuletzt gebührt mein größter Dank meinen Eltern. Nicht nur, dass sie mir dieses Studium ermöglichten und damit die Vorraussetzung für das Entstehen dieser Dissertation schufen, auch der entscheidende Schritt, sie zu schreiben, kam von ihnen. Mama und Papa, euch widme ich diese Doktorarbeit, weil Ihr immer an mich geglaubt habt und ohne Einschränkung für mich da wart. Vielen Dank! 53 Lebenslauf Persönliche Daten Name: Zerwes, geb. Gschrey, Nina Anschrift: Ulrichsplatz 8 86150 Augsburg Geburtsdatum: 10.Juli 1982 Geburtsort: Augsburg Familienstand: ledig Schulausbildung 1989- 1993 Grundschule Thierhaupten 1993- 1996 Gymnasium Maria Ward, Augsburg 1996- 2003 Gymnasium Jakob Fugger, Augsburg Frühjahr 2003 Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife Hochschulbildung April 2004- Juni 2009 Studium der Zahnmedizin Universität Ulm Aug. 2006 Physikum Juni 2009 Staatsexamen Zahnmedizin Promotion Seit 2009 Dissertation bei Prof. Dr. K.- H. Orend Thorax- und Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Ulm Bisherige berufliche Erfahrungen März 2010 bis Juni 2011 Assistenzzahnärztin in der Praxis Dr. Jürgen Klotzbücher, Dr. Martina Kerz, in Senden. 54 Seit Oktober 2011 Assistenzzahnärztin in der Praxis Dr. Andreas Geiger, Dr. Dieter Schreiber, in Augsburg Sonstiges Sprachkenntnisse Englisch, Französisch PC- Kenntnisse Grundkenntnisse in Excel, Word 55