2 Anatomisch-physiologische Grundlagen: Hormonsystem

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Anatomisch-physiologische Grundlagen: Hormonsystem
Pia, Olga und Tim sitzen in der Schulpause zusammen. Tim hat eine naturwissenschaftliche Zeitschrift dabei, für die er von seinem Onkel ein Abo geschenkt
bekommen hat. „Hört euch das mal an“, sagt er, und liest vor: „Leonid Stadnik wurde in das Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen. Der Mann hat ein
Problem: Er kann nicht aufhören zu wachsen. Schuld daran ist vermutlich eine
Gehirnoperation.“ „Wie groß ist er denn?“ will Olga wissen. „Aktuell ist er bei
2,57 Metern. Oje, der hat bestimmt eine Menge Probleme.“
Versuchen Sie sich den Zusammenhang zwischen einer Hirnoperation und verstärktem
Wachstum zu erklären.
Welche Hormone kennen Sie bereits?
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Hormone sind chemische Botenstoffe, die langsame Regulationsvorgänge im Körper steuern.
Das Hormonsystem beeinflusst die biologischen
Abläufe im Körper sowie die Empfindungen und
das Verhalten eines Menschen.
Leonid Stadnik
Hormone
© regulieren die chemische Zusammensetzung des inneren Millieus eines Organismus, den Stoffwechsel und Energiehaushalt,
© unterstützen den Körper bei Belastungssituationen, z. B. Infektionen, Stress,
© fördern Wachstum und Entwicklung,
© steuern die Fortpflanzung, z. B. Eizell- und Spermienbildung.
Hormone werden von endokrinen Geweben abgegeben und mit dem Blut im Körper verteilt. Organe, an denen Hormone wirken, nennt man Erfolgsorgane. Sie
haben spezifische Hormonrezeptoren (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Die Hormonausschüttung wird über so genannte Releasing (auslösende) Hormone und Inhibiting
(hemmende) Hormone gesteuert.
Jedes Hormon passt an spezielle Rezeptoren eines Erfolgsorgans
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Hormonsystem
Das Hormonsystem wird gebildet durch:
© Hypothalamus und Hypophyse
© Epiphyse
© Schilddrüse
© Thymus
© Nebenschilddrüse
© Nebennieren
© Eierstöcke bzw. Hoden
© viele endokrine Zellen, z. B. Langerhans-Insel-Zellen in der Bauchspeicheldrüse
Verteilung der Hormondrüsen im Körper
2.1
Hypothalamus
Der Hypothalamus ist die übergeordnete Hormondrüse und kann nervale Reize in
hormonelle Botschaften umsetzen. Er produziert die Hormone Oxytocin und Adiuretin (ADH), die im Hypophysenhinterlappen gespeichert werden. Oxytocin ist
u. a. verantwortlich für das Auslösen der Wehen vor der Geburt. Adiuretin, auch als
antidiuretisches Hormon (ADH) bezeichnet, ist ein Hormon, das bei Wassermangel
im Körper ausgeschüttet wird und auf das Nierengewebe einwirkt.
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Außerdem steuert der Hypothalamus die Hormonproduktion in den Körperdrüsen
indirekt durch Releasing und Inhibiting Hormone. Diese Hormone bewirken in
der Hypophyse das Ausschütten von Hormonen, die direkt an der Drüse wirken:
© für die Schilddrüse: TRH (Thyreotropin Releasing Hormon)
© Für die Nebennieren: CRH (Corticotropin Releasing Hormon)
© für die Sexualorgane: Gn-RH (Releasing Hormon für FSH und LH aus der
Hypophyse
© Wachstumhormone: GH-RH (Growth Hormon Releasing Hormon)
GH-IH (Somatostatin)
© für die Milchdrüsen: PRL-RH (Prolaktin Releasing Hormon)
PRL-IH (Prolaktin Inhibiting Hormon)
Alkohol verringert die Wirkung
von Adiuretin
2.2
Hypophyse
Die Hypophyse liegt unterhalb des Hypothalamus (Hirnanhangdrüse) und wird in
zwei Lappen aufgeteilt, 75 % der Hypophyse bilden den Hypophysenvorderlappen (HVL), 25 % bilden den Hypophysenhinterlappen. Die Hypophyse steuert die
Funktion der anderen Hormondrüsen über die glandotrope (auf eine Drüse bezogen) und nicht glandotrope Hormone.
Hormone der Hypophyse
Hormon der Hypophyse
Funktion
TSH
Thyreoidea stimulierendes Hormon
stimuliert die Hormone der Schilddrüse
ACTH
Adrenocorticotropes Hormon
beeinflusst die Hormonbildung der Nebennierenrinde
FSH
Follikel stimulierendes Hormon
stimuliert die Follikelreifung in den Eierstöcken
fördert Bildung der Spermien
LH
Luteinisierendes Hormon
stimuliert Eierstöcke und die Spermienentwicklung
Die Epiphyse (Zirbeldrüse) ist noch wenig erforscht. Sie liegt ebenfalls im Gehirn
und bildet das Hormon Melatonin. Die Funktion des Melatonin ist noch nicht genau bekannt. Vermutlich steuert es den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers.
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Hormonsystem
2.3
Schilddrüse
Die Schilddrüse liegt im Halsbereich, rechts und links vom Kehlkopf.
Hormon der Schilddrüse
und Nebenschilddrüse
Funktion
Thyroxin (Tetrajodthyronin T4)
– erhöhen die Aktivität des Nervensystems
Trijodthyronin (T3)
– fördern das Wachstum und die Reifung des Gehirns
– steigern den Energieumsatz im Körper
Parathormon (Nebenschilddrüse)
erhöht den Kalziumspiegel im Blut, indem es körpereigene Reserven angreift
Calcitonin (Nebenschilddrüse)
senkt den Blutkalziumspiegel und hemmt den
Knochenabbau durch Einlagerung von Kalzium
Es gibt einige nicht selten auftretende Krankheiten, die auf einer Fehlfunktion der
Schilddrüse beruhen.
Da die Hormone der Schilddrüse Jod benötigen, wirkt sich Jodmangel negativ auf
die Funktion der Schilddrüse aus. Der geringe Hormonspiegel im Blut bewirkt, dass
vermehrt TSH von der Hypophyse gebildet wird, was u. a. zu einem Wachstum der
Schilddrüse führt (Struma).
Eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) verursacht eine vermehrten Grundstoffwechsel, schnellen Herzschlag, Gewichtsabnahme. Eine Hypothyreose bewirkt
einen sehr geringen Grundumsatz mit einer geringen Leistungsfähigkeit, Gewichtszunahme und teigiger Haut (Myxödem).
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Erkrankungen
der Schilddrüse
Band 3, C 4.4
Medikamentöse
Therapie von
Schilddrüsenerkrankungen
Band 4, D 6.2
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2.4
Thymus
Der Thymus liegt im Brustkorb über dem Herzbeutel. Er ist nur bei Kindern und
Jugendlichen voll ausgebildet. Dann produziert er das Hormon Thymosin oder Thymopoetin zur Reifung der Immunzellen. Beim Erwachsenen ist er inaktiv.
2.5
Nebennieren
Anatomisch sitzen die Nebennieren wie Mützen auf den Nieren. Man unterteilt
diese kleinen Organe noch in Nebennierenrinde und Nebennierenmark, da beide
Strukturen sehr unterschiedliche Hormone produzieren.
Hormon der Nebennierenrinde
Funktion
Glukokortikoide (Cortison)
– wirkt entzündungshemmend
Aldosteron
– fördert die Rückresorption von Natrium
in der Niere
– verursacht Durstgefühl
Sexualhormone (Androgene)
– beeinflussen und entwickeln der männlichen
Geschlechtsorgane
Hormone des Nebennierenmarks
Funktion
Adrenalin/Noradrenalin
– erhöhen den Blutzuckerspiegel
(Abbau von Glykogen)
– steigern den Grundstoffwechsel als
„Stresshormon“; werden bei Stress ausgeschüttet
(erhöhter Herzschlag, weite Bronchiolen usw.;
siehe Sympathikus)
Höchstleistungen mit Adrenalin
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Hormonsystem
2.6
Hoden
Die Hoden sind die Keimdrüsen beim Mann. Sie produzieren die männlichen
Geschlechtshormone (Androgene), von denen das wichtigste das Testosteron ist.
Testosteron ist verantwortlich für die Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale und fördert das Wachstum der Muskulatur.
2.7
Eierstöcke
Die fruchtbare Phase einer Frau beginnt mit der Pubertät und hält in der Regel
40 Jahre an. Jeden Monat, im Durchschnitt dauert der Zyklus von Eisprung und
Regelblutung 28 Tage, bereitet sich ihr Körper auf eine Schwangerschaft vor. Ausgelöst und gesteuert wird dieser Vorgang von den Sexualhormonen Östrogen und
Progesteron (Gelbkörperhormon), die jeweils in den Eierstöcken bzw. Letzteres vorwiegend im Gelbkörper und im Mutterkuchen (Plazenta) produziert wird. Weiterhin
spielen zwei Hormone der Hypophyse eine entscheidene Rolle: FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon).
Der weibliche Zyklus wird in mehrere Phasen eingeteilt, deren Ablauf von dem
jeweiligen Zustand der Gebärmutterschleimhaut abhängig ist. Für eine genaue Beschreibung des Zyklus können vier Phasen unterschieden werden:
© Menstruationsphase (Blutungsphase)
© Proliferationsphase (Aufbauphase)
© Sekretionsphase (Gelbkörperphase)
© Ischämiephase (Sauerstoffmangelphase)
Menstruationsphase
Proliferationsphase
Sekretionsphase
Ischämiephase
1. bis 7. Tag
5. bis 14. Tag
15. bis 28. Tag
Ende des Zyklus
Mit dem ersten
Tag der Menstruation beginnt der
Zyklus. Die oberste
Schicht der Gebärmutterschleimhaut
(Funktionalis) löst
sich und vermischt
sich mit Blut, das
wiederum mit Unterstützung der Gebärmuttermuskulatur
ausgeschieden wird.
Unter dem Einfluss
von Östrogenen, die
das Follikel im Eierstock ausschüttet,
wird die Funktionalis
der Gebärmutterschleimhaut wieder
aufgebaut. Übersteigt die Konzentration von Östrogen
im Blut ein bestimmtes Maß, beginnt
die Hypophyse mit
der vermehrten
Ausschüttung von
LH, welches wiederum den Eisprung
auslöst.
Nach dem Eisprung
gibt der Gelbkörper
Progesteron ab,
was die Drüsen der
Gebärmutterschleimhaut zu einer vermehrten Produktion
von Sekret anregt.
So kann in die
Gebärmutterschleimhaut vermehrt
Glykogen (Speicherform von Glukose)
eingelagert werden,
zur Ernährung eines
möglichen Embryos
in den ersten Wochen.
Bei ausbleibender
Schwangerschaft
stellt der Gelbkörper
die Produktion von
Progesteron ein. Die
Arterien der Gebärmutter verengen
sich und es entsteht
ein Sauerstoffmangel (Ischämie), der
wiederum zum
Absterben der Funktionalis führt.
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Geschlechtsorgane
Band 2, B 1.4
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2.8
Hormone produzierende Zellen
Im gesamten Körper befinden sich einzelne Zellen, die Hormone produzieren. Am
bekanntesten sind die Zellen, die sich im Verdauungstrakt befinden und den Verdauungsprozess beeinflussen. Dazu gehören die Zellen der Bauchspeicheldrüse,
z. B. die Langerhans-Inseln.
Bei der Beschreibung der Funktion dieser Hormone muss man beachten, dass viele
von ihnen ihre Wirkung nur im Zusammenspiel mit anderen Molekülen erreichen.
Einige dieser Stoffe, z. B. Serotonin, wirken im Gewebe als Hormon und gleichzeitig
im Nervensystem als Neurotransmitter.
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Hormonsystem
Hormone produzierende Zellen und ihre Funktion
Zellen
Hormon
ausgewählte Funktionen
ß-Zellen (Langerhans-Inseln)
der Bauchspeicheldrüse
Insulin
senkt Blutzuckerspiegel
-Zellen
Glukagon
erhöht den Blutzuckerspiegel
-Zellen
Somatostatin
hemmt Ausschüttung von Insulin und
Glukagon
-Zellen
Gastrin
fördert die Magensäurebildung
Zellen der Dünndarmschleimhaut
CholezystokininPankreozymin
fördert Peristaltik; Gallenblasenmuskulatur
Zellen der Dünndarmschleimhaut
Sekretin
hemmt Gastrin; stimuliert Insulin
Zellen der Darmschleimhaut
Serotonin
fördert Darmperistaltik
Zellen des Nierengewebes
Renin
wirkt regulierend bei Blutdruckabfall
Leberzellen
Angiotensin
blutdruckregulierend
gefäßverengend;
wird aktiviert durch Renin
Nervenzellen
Histamin
vielfältige Funktionen;
u. a. Jucken und Schmerz bei
Entzündungen (wichtig bei Allergien)
Zellen aller Gewebe
Prostaglandin
sehr vielfältig; u. a. Gefäßkontraktion,
auslösen von Wehen
1 Nennen Sie mindestens vier Organe, die Hormone produzieren.
2 Erklären Sie die Funktion der Hypophyse.
3 Nennen Sie Hormone, die von der Schilddrüse produziert werden.
Wie werden sie beeinflusst?
4 Nennen Sie hormonproduzierende Zellen und deren Funktion.
5 Nennen Sie das Hormon, das auch als „Stresshormon“ bezeichnet wird.
Erklären Sie seine Bedeutung für den menschlichen Körper.
6 Erläutern Sie in einen Regelkreis der Hormone am Beispiel der Schilddrüse.
Zeichnen Sie einen Zeitstrahl über einen Monat. Tragen Sie anschließend die Phasen des weiblichen Zyklus ein (Beginn der Blutung, möglicher Zeitpunkt der Ovulation, erneuter Beginn der Blutung). Zeichnen Sie anschließend die ungefähre
Verteilung der Hormone Östrogen und Progesteron ein.
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