Prof. Dr. Holger Dette Dr. Melanie Birke Musterlösungen Wahrscheinlichkeitstheorie I Wintersemester 2009/2010 Blatt 9 Aufgabe 1: Es seien X1 , X2 , . . . unabhängig identisch verteilte Zufallsvariablen. (4 Punkte) (a) Es sei E[|X1 |] < ∞ Man zeige, dass n1 min1≤k≤n |Xk | stochastisch gegen 0 konvergiert und folgere daraus, dass auch fast sichere Konvergenz gegen 0 gilt. (b) Es gilt E[|X1 |k ] < ∞ genau dann wenn 1 X n1/k n fast sicher gegen 0 konvergiert. Lösung:(a) Wir betrachten für ε > 0 1 E[min1≤k≤n |Xk |] E[|X1 |] P min |Xk | > ε ≤ ≤ −→ 0. n 1≤k≤n nε nε n→∞ Also gilt die stochastische Konvergenz. Für die fast sichere Konvergenz beachte, dass n1 min1≤k≤n |Xk | monoton fallend ist und daher supj≥n n1 min1≤k≤j |Xk | = n1 min1≤k≤n |Xk |. Damit folgt für alle ε > 0 1 1 min |Xk | > ε = P min |Xk | > ε −→ 0 P sup n→∞ n 1≤k≤n j≥n n 1≤k≤j und daher mit 8.2,(2) die Behauptung. (b) ⇒“ Ähnlich wie in Blatt 7, Aufgabe 2 erhalten wir für alle ” ε > 0 die Abschätzung ∞ ∞ X X 1 1 1 1 k k P |X | > ε = P |X | > n ≤ E |X | = k E |Xn |k < ∞. n n n k k 1/k ε ε ε n n=1 n=1 1 und wegen Blatt 8, Aufgabe 3(b) folgt die fast sichere Konvergenz von n1/k Xn gegen 0. ⇐“ In Blatt ” 8, Aufgabe 3 (b) gilt auch die Umkehrung. Man zeigt dies ebenfalls mit dem Lemma von Borel-Cantelli. 1 Konvergiert also n1/k |Xn | fast sicher gegen 0, so gilt auch ∞> ∞ X n=1 P 1 |Xn | > ε ≥ k E[|X1 |k ]. ε n1/k 1 Aufgabe 2: (4 Punkte) 1 1. Gegeben sei der Wahrscheinlichkeitsraum ([0, 1], B|[0,1] , λ|[0,1] ) und die Folgen (kn ) und νn seien definiert durch n = kn + 2νn . Weiter sei 1 falls ω ∈ [kn 2−νn , (kn + 1)2−νn ] Xn (ω) = 0 sonst Man zeige, dass (Xn )n∈IN stochastisch aber icht fast sicher gegen 0 konvergiert. 2. Es seien Y1 , Y2 , . . . unabhängig identisch verteilt mit E[X1 ] = 0 und E[X12 ] = 1. Weiter gelte Pn i=1 Yi Xn = . (n log log n)1/2 Man zeige, dass (Xn )n∈IN im quadratischen Mittel aber nicht fast sicher gegen 0 konvergiert. Lösung: 1. Wir zeigen zunächst die stochastische Konvergenz: Dazu sei ε > 0. P(|Xn − 0| > ε) = P(|Xn | > ε) = P(Xn = 1) = λ([kn 2−νn , (kn + 1)2−νn ]) = 2−νn . P Wählen wir νn nun so, dass 2νn ≤ n maximal ist, dann ist (νn )n∈IN monoton wachsend und Xn → 0. Es gilt aber supk≥n Xk = 1 auf ganz [0, 1], daher ist P(| supk≥n Xk | > ε) = P(supk≥n Xk = 1) = 1 und Xn konvergiert somit nicht fast sicher gegen 0. 2. Es ist 2 n n X X 1 1 1 E Yj = V −→ 0. Yj = E[|Xn − 0|2 ] = E[Xn2 ] = n log log n n log log n log log n n→∞ j=1 j=1 L2 Also gilt Xn → 0. Mit dem Satz vom iterierten Logarithmus erhalten wir 1 lim sup √ Xn n→∞ 2 1 lim inf √ Xn n→∞ 2 = 1 ⇔ lim sup Xn = √ 2 n→∞ = √ −1 ⇔ lim inf Xn = − 2 n→∞ P-fast sicher. Es folgt also limn→∞ P(supk≥n |Xk | > ε) > 0 und Xn konvergiert daher nicht fast sicher gegen 0. Aufgabe 3: (4 Punkte) 1. Es sei (Xn )n∈IN eine Folge reellwertiger Zufallsvariablen und g : IR0+ → IR0+ eine monoton wachsende Funktion mit g(x) lim = ∞ und sup E[g(|Xn |)] < ∞. x→∞ x n∈IN Man zeige, dass (Xn )n∈IN gleichgradig integrierbar ist. P 2. Es sei (Xn )n∈IN eine Folge reellwertiger Zufallsvariablen mit Xn → X. Weiter existiere eine integrierbare Majorante 0 ≤ Y ∈ L1 mit |Xn | ≤ Y fast sicher für alle n ∈ IN . Man zeige, dass dann Xn im Mittel gegen X konvergiert. Lösung: 1. Wir müssen zeigen limc→∞ supn∈IN E[|Xn |I{|Xn | > c}] = 0 bzw. für alle ε > 0 existiert ein c0 mit supn∈IN E[|Xn |I{|Xn | > c}] < ε für alle c > c0 . Wegen limx→∞ g(x)/x = ∞ existiert ein c1 , so dass g(x) ≥ x für alle x ≥ c1 . Wegen supn∈IN E[g(|Xn |)] < ∞ und der Monotonie von g existiert für alle ε > 0 ein c2 mit supn∈IN E[g(|Xn |)I|Xn |>c ] < ε für alle c ≥ c2 . Wir erhalten damit für c ≥ c0 = max{c1 , c2 } sup E[|Xn |I{|Xn | > c}] ≤ sup E[g(|Xn |)I{|Xn | > c}] < ε n∈IN n∈IN und daher die gleichgradige Integrierbarkeit. 2. Um von stochastischer auf L1 -Konvergenz schließen zu können brauchen wir die gleichgradige Integrierbarkeit von (Xn ). Die erhält man wie folgt. Da |Xn | ≤ Y fast sicher, gilt auch |Xn |I{|Xn | > c} ≤ Y I{Y > c} fast sicher und da Y integrierbar ist folgt daraus lim sup E[|Xn |I{|Xn | > c}] ≤ lim E[Y I{Y > c}] = 0. c→∞ n∈IN c→∞ Aufgabe 4: Es sei λ ∈ IR und (Xn )n∈IN eine Folge von Zufallsvariablen mit P(Xn = nλ ) = P(Xn = −nλ ) = (4 Punkte) 1 . 2 Man gebe eine Bedingung für λ an, so dass (Xn )n∈IN das starke Gesetz der großen Zahlen erfüllt. Man gebe auch eine weitere Bedingung für λ an, so dass (Xn )n∈IN weder das starke noch das schwache Gesetz der großen Zahlen erfüllt. Lösung: Wir werden zeigen, dass für λ < 1/2 das starke Gesetz der großen Zahlen gilt und für λ ≥ 1 weder das starke noch das schwache Gesetz der großen Zahlen gilt. Zunächst jedoch zu der Unabhängigkeit von (Xn )n∈IN : Es gibt für alle k ∈ IN 2k Möglichkeiten (x1 , . . . , xk ) ∈ {±1λ } × . . . × {±k λ } zu wählen, also P(X1 = x1 , . . . , Xk = xk ) = k Y 1 = P(Xj = xj ). 2k j=1 2 2λ Weiter gilt E[Xn ] = 1/2nλ + 1/2(−nλ ) = 0 und V(Xn ) = E[XP < ∞. Nach dem Kolmogorovn] = n ∞ Kriterium ist das starke Gesetz der großen Zahlen erfüllt, falls n=1 n12 V(Xn ) < ∞. Wir erhalten hier ∞ ∞ X X 1 1 V(X ) = . n 2 2−2λ n n n=1 n=1 Die Reihe konvergiert genau dann wenn λ < 12 . Wir nehmen nun an, dass das schwache Gesetzt der großen Zahlen gilt für eine Folge (Xn )n∈ IN . Dann Pn Pn−1 P 1 gilt auch n1 Xn −→ 0 (beachte dazu n1 Xn = n1 i=1 Xi − n−1 i=1 Xi und die Rechenregeln für n n−1 stochastische Konvergenz). Für die spezielle Folge hier gilt aber n1 |Xn | = nλ−1 was nicht gegen 0 geht für λ ≥ 1. Also kann in diesem Fall das schwache und somit erst recht das starke Gesetz der großen Zahlen nicht gelten.