TUM, Zentrum Mathematik Lehrstuhl für Mathematische Physik WS 2013/14 Prof. Dr. Silke Rolles Thomas Höfelsauer Felizitas Weidner Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie Lösungen zu Übungsblatt 7 Tutoraufgaben: Aufgabe T7.1 Beweisen oder widerlegen Sie folgende Aussagen über die Zufallsvariablen X, Y ∈ L1 : (i) E(X) = E(Y ) ⇒ P(X = Y ) = 1 (ii) E(|X − Y |) = 0 ⇒ P(X = Y ) = 1 (iii) P(X ≥ x) ≤ Var(X) (x−E(X))2 für x > E(X) Lösung: (i) falsch: Sei P(X = 0) = 1 und P (Y = −1) = P(Y = 1) = 12 . Dann ist E(X) = E(Y ) = 0, aber P(X = Y ) = 0. (ii) richtig: Eine Anwendung der Markov-Ungleichung ergibt für alle ε > 0 P(|X − Y | ≥ ε) ≤ E(|X − Y |) = 0, ε also folgt P(|X − Y | > 0) = 0 und somit die Behauptung. (iii) richtig: Mit der Markov-Ungleichung erhalten wir E((X − E(X))2 ) Var(X) P(X ≥ x) ≤ P (X − E(X))2 ≥ (x − E(X))2 ≤ = . (x − E(X))2 (x − E(X))2 Aufgabe T7.2 Anton schlägt Brigitte das folgende Spiel vor: „Hier habe ich eine unfaire Münze, die Kopf mit Wahrscheinlichkeit p ∈ ( 31 , 12 ) zeigt. Du brauchst nur 1 Euro Startkapital. Jedes Mal, wenn die Münze Kopf zeigt, verdopple ich dein Kapital, andernfalls musst du mir die Hälfte deines Kapitals zurückzahlen. Xn bezeichne dein Kapital nach dem n-ten Münzwurf. Wie du leicht sehen kannst, gilt limn→∞ E(Xn ) = ∞“. Soll sich Brigitte auf dieses Spiel einlassen? Überprüfen Sie dazu die Behauptung von Anton und zeigen Sie limn→∞ Xn = 0 fast sicher. Lösung: Sei p ∈ ( 31 , 21 ) und (Zn )n∈N eine Folge unabhängiger { 12 , 2}-wertiger Zufallsvariablen mit der Verteilung P(Zn = 2) = p, P(Zn = 21 ) = 1 − p für alle n ∈ N. Definiert man X0 := 1, Xn := X0 n Y i=1 Zi , so modelliert die Folge der Zufallsvariablen Xn das Kapital von Brigitte nach dem n-ten Münzwurf. Wegen E(Zn ) = 2p + 12 (1 − p) = 32 p + 12 > 1 und der Unabhängigkeit der Zi gilt n 3 1 E(Xn ) = X0 p + −−−→ ∞. n→∞ 2 2 Sei nun Un := log Zn für n ∈ N, dann sind die Zufallsvariablen Un wieder unabhängig und identisch verteilt und es gilt P(Un = − log 2) = 1 − p und P(Un = log 2) = p. Insbesondere gilt dann E(U14 ) < ∞, d. h. U1 ∈ L4 . Die Voraussetzungen des starken Gesetzes der großen Zahlen sind folglich erfüllt. Es gilt also n 1X Ui −−−→ E(U1 ) = (2p − 1) log 2 := m < 0 n→∞ n i=1 fast sicher und somit Xn log X0 = log Y n i=1 Zi = n X Ui → −∞ fast sicher, i=1 also Xn → 0 fast sicher. Aufgabe T7.3* (Zusatzaufgabe) Zeigen Sie, dass fast sichere Konvergenz stochastische Konvergenz impliziert, die Umkehrung im Allgemeinen jedoch nicht gilt. Lösung: Seien Yn , Y Zufallsvariablen auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Wir nehmen an, dass Yn fast sicher gegen Y konvergiert. Für ε > 0 gilt dann [ \ [ P(|Yn − Y | ≥ ε) ≤ P {|Ym − Y | ≥ ε} −−−→ P {|Ym − Y | ≥ ε} m≥n n→∞ n≥1 m≥n = P |Ym − Y | ≥ ε unendlich oft ≤ P(Yn 6→ Y ) = 0, d. h. Yn konvergiert stochastisch gegen Y . Dabei haben wir im zweiten Schritt die Stetigkeit des Maßes P ausgenutzt. Umgekehrt betrachten wir z. B. den Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) mit Ω = [0, 1], der Borel-σ-Algebra F und der Gleichverteilung P. Jedes n ∈ N lässt sich eindeutig schreiben als n = 2k + m mit k ∈ N0 und 0 ≤ m < 2k . Wir definieren nun für jedes n ∈ N auf Ω die Zufallsvariable Yn := 1[m2−k ,(m+1)2−k ] . Die Folge der Zufallsvariablen Yn konvergiert stochastisch gegen 0, da für jedes ε > 0 P(|Yn − Y | ≥ ε) ≤ P [m2−k , (m + 1)2−k ] = 2−k −−−→ 0 n→∞ gilt. Allerdings konvergiert Yn nicht fast sicher, denn für jedes ω ∈ Ω ist Yn (ω) = 1 für unendlich viele n.