-2- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 D-53175 Bonn Postanschrift: Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 D-53175 Bonn http://www.bfarm.de Telefon: (0228) 207-30 (0228) 99307-0 Telefax: (0228) 207-5207 (0228) 99307-5207 e-mail: [email protected] pharmazeutische Unternehmer lt. Verteiler Ihre Zeichen und Nachricht vom Gesch.Z.: Bitte bei Antwort angeben (0228) 99307- 75.03-3822-V-15006-169999/12 Bonn, -3591 07.05.2012 Abwehr von Arzneimittelrisiken, Stufe II hier: Arzneimittel, die HMG CoA-Reduktase Inhibitoren (Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin, Pitavastatin, Rosuvastatin) enthalten: Erhöhtes Risiko von Diabetes mellitus als möglicher Klasseneffekt Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem neuen Stufenplanverfahren sollen für alle im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verkehrsfähigen Arzneimittel, die HMG CoA-Reduktase Inhibitoren bzw. Statine (Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin, Pitavastatin, Rosuvastatin) enthalten, Maßnahmen umgesetzt werden, die von der Pharmacovigilance Working Party (PhVWP) des Committee on Medicinal Product for Human Use (CHMP) empfohlen wurden. Von der PhVWP wurden Hinweise auf die Erhöhung der Blutzuckerkonzentration bzw. Entstehung von Diabetes mellitus im Zusammenhang mit der Anwendung von Statinen als möglicher Substanzklasseneffekt bewertet. Als Ergebnis der Bewertung wurde der Bericht „PhVWP report to CMD(h) provided on behalf of National Competent Authorities on HMG-CoA Reductase Inhibitors (atorvastatin, fluvastatin, lovastatin, pravastatin, simvastatin, pitavastatin, rosuvastatin) and safety: the risk of new onset diabetes/impaired glucose metabolism” vom 12. März 2012 an die Coordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Products – human, CMD(h) weitergeleitet. Demnach wird die Erhöhung der Blutzuckerkonzentration bzw. die Entstehung von Diabetes mellitus als möglicher Klasseneffekt der Statine angesehen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte schließt sich dieser Bewertung an. Die von der PhVWP vorgeschlagenen Texte zur Aufnahme in die Produktinformationen von Statinen wurden mit der CMD(h), beraten und anschließend auf der Webseite der Heads of Medicines Agencies veröffentlicht (HMG-CoA Reductase Inhibitors (atorvastatin, fluvastatin, lovastatin, pravastatin, simvastatin, pitavastatin, rosuvastatin) and safety the risk of new onset diabetes/impaired glucose metabolism, agreed by PhVWP March 2012, Doc.Ref.: CMDh/PhVWP/042/2012, March 2012, Rev1, http://www.hma.eu/222.html). Die PhVWP, die CMD(h) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte halten es für notwendig, dass in die Produktinformationen der Arzneimittel mit den oben angegebenen Wirkstoffen zusätzliche Warnhinweise und Angaben über Nebenwirkungen aufgenommen werden. Die nachstehenden Texte stellen die deutsche Übersetzung des BfArM dieser EU-weit harmonisierten Texte dar. Auf der Basis der hier vorgeschlagenen Unterlagen und Erkenntnisse beabsichtigt das Bundesinstitut Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. -2- für Arzneimittel und Medizinprodukte die folgenden Änderungen Gebrauchsinformationen der betroffenen Arzneimittel anzuordnen: der Fach- und 1. Änderungen in der Fachinformation für Arzneimittel mit den Wirkstoffen Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin oder Pitavastatin: 1.1 Im Abschnitt ‚Warnhinweise’ (bzw. ‚4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung’): „Diabetes mellitus Es gibt Hinweise darauf, dass Statine als Substanzklasse den Blutzuckerspiegel erhöhen und bei manchen Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung eines zukünftigen Diabetes mellitus haben, eine Hyperglykämie hervorrufen können, der eine adäquate Diabetesbehandlung erfordert. Dieses Risiko wird jedoch von der Reduktion des vaskulären Risikos durch Statine aufgewogen und sollte daher nicht zu einem Abbruch der Statinbehandlung führen. In Übereinstimmung mit nationalen Richtlinien sollten Risikopatienten (Nüchternblutzucker von 5,6 bis 6,9 mmol/L, BMI>30kg/m2, erhöhte Triglyzeridwerte, Hypertonie) sowohl klinisch als auch in Bezug auf die relevanten Laborwerte überwacht werden.“ 1.2 Im Abschnitt ‚(4.8) Nebenwirkungen’ Der Substanzklasseneffekt Diabetes mellitus ist unter der bereits bestehenden Überschrift ‚Die folgenden Nebenwirkungen wurden bei einigen Statinen berichtet:“ aufzuführen (diese Überschrift wurde mit Bescheid des BfArM vom 21.03.2011 angeordnet): „Diabetes mellitus: Die Häufigkeit ist abhängig von dem Vorhandensein oder dem Fehlen von Risikofaktoren (Nüchternblutzucker ≥ 5.6 mmol/L, BMI>30kg/m2, erhöhte Triglyzeridwerte, bestehende Hypertonie).“ 2. Änderungen in der Fachinformation für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Rosuvastatin: 2.1 Im Abschnitt ‚Warnhinweise’ (bzw. ‚4.4 Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung’): Besondere Warnhinweise und „Diabetes mellitus Es gibt Hinweise darauf, dass Statine als Substanzklasse den Blutzuckerspiegel erhöhen und bei manchen Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung eines zukünftigen Diabetes mellitus haben, eine Hyperglykämie hervorrufen können, der eine adäquate Diabetesbehandlung erfordert. Dieses Risiko wird jedoch von der Reduktion des vaskulären Risikos durch Statine aufgewogen und sollte daher nicht zu einem Abbruch der Statinbehandlung führen. In Übereinstimmung mit nationalen Richtlinien sollten Risikopatienten (Nüchternblutzucker von 5,6 bis 6,9 mmol/L, BMI>30kg/m2, erhöhte Triglyzeridwerte, Hypertonie) sowohl klinisch als auch in Bezug auf die relevanten Laborwerte überwacht werden. Bei der JUPITER-Studie lag die berichtete Gesamthäufigkeit von Diabetes mellitus für Rosuvastatin bei 2,8% und für Plazebo bei 2,3%, meistens waren Patienten mit einem Nüchternblutzucker von 5,6 bis 6,9 mmol/L betroffen.“ 2.2 Im Abschnitt ‚(4.8) Nebenwirkungen’ Die Nebenwirkung Diabetes mellitus ist folgendermaßen unter der zutreffenden MedDRA Systemorganklasse ‚Endokrine Erkrankungen’ aufzuführen: -3- „Häufig: Diabetes mellitus1 1 Die Häufigkeit ist abhängig von dem Vorhandensein oder dem Fehlen von Risikofaktoren (Nüchternblutzucker ≥ 5.6 mmol/L, BMI>30kg/m2, erhöhte Triglyzeridwerte, bestehende Hypertonie).“ 3. Änderungen in der Gebrauchsinformation (alle Statine) 3.1 Im Abschnitt Warnhinweise (bzw. ‚2. Was müssen sie vor der Einnahme von /…/ beachten?’ unter der Rubrik ‚Besondere Vorsicht bei der Einnahme von /…/ ist erforderlich’): „Während der Behandlung mit /…/ wird Ihr Arzt Sie engmaschig überwachen, wenn Sie eine Blutzuckererkrankung (Diabetes) haben oder das Risiko besteht, dass Sie eine Blutzuckererkrankung entwickeln. Das Risiko, eine Blutzuckererkrankung zu entwickeln besteht, wenn Sie erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte haben, übergewichtig sind und einen hohen Blutdruck haben.“ 3.2 Im Abschnitt Nebenwirkungen (bzw. ‚4. Welche Nebenwirkungen sind möglich?’) „Blutzuckererkrankung (Diabetes): Das Risiko für die Entwicklung einer Blutzuckererkrankung wird größer, wenn Sie erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte haben, übergewichtig sind und einen hohen Blutdruck haben. Ihr Arzt wird Sie während der Behandlung mit /…/ überwachen.“ Begründung Zur wissenschaftlichen Begründung der beabsichtigten Maßnahmen verweisen wir auf den öffentlichen Bewertungsbericht „Summary Pharmacovigilance Assessment Report on the Association of statins with new onset Diabetes“, der diesem Schreiben als Anlage beigefügt ist sowie auf den „Summary Assessment Report of the PhVWP December 2011 HMG-CoA reductase inhibitors – Risk of new onset diabetes“ der dem „Monthly Report“ des Arbeitsgruppentreffens der PhVWP vom Dezember 2011 als Anhang 2 beigefügt ist (10 January 2012, revised on 22 March 2012, Doc.Ref.: EMA/CHMP/PhVWP/973945/2011 Rev. 1; http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Report/2012/01/WC500120115.pdf). Der vollständige Bewertungsbericht der PhVWP wurde bisher nur dem CHMP, dem CMD(h) und den Behörden zur Kenntnis gebracht und ist nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Sofern ein besonderes Interesse geltend gemacht wird, kann unter Zusicherung der Wahrung der Vertraulichkeit Einsicht in diesen Bericht genommen werden. Im Rahmen des Verfahrens der PhVWP zur Bewertung der Substanzklasseneigenschaften der Statine im Zusammenhang mit der Entstehung von Diabetes wurden bestimmte pharmazeutische Unternehmer angehört und wissenschaftliches Erkenntnismaterial ausgetauscht. Daher gehen wir davon aus, dass zumindest einem Teil der pharmazeutischen Unternehmer die wissenschaftlichen Begründungen bereits zu großen Teilen bekannt sind. Weiteres Vorgehen Sie erhalten hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen nach Zugang dieses Schreibens im Rahmen einer schriftlichen Anhörung nach dem Stufenplan zu dem dargestellten Sachverhalt und den vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für erforderlich gehaltenen Maßnahmen. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Arzneimittel wird gebeten, Stellungnahmen mit den Verbänden der pharmazeutischen Industrie zu koordinieren und nach Möglichkeit eine gemeinsame Stellungnahme unter Angabe des oben stehenden Aktenzeichens an das BfArM einzureichen. -4- Für Arzneimittel, die nach dem rein nationalen Verfahren zugelassen sind, bitten wir den Erlass eines Bescheides mit den endgültigen für die Übernahme in die Produktinformationen bestimmten Texten abzuwarten und bis dahin von der Einreichung von Änderungsanzeigen abzusehen. Sofern Ihre Arzneimittel nach dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung oder dem dezentralen Verfahren mit Deutschland als Referenzmitgliedstaat zugelassen sind, bitten wir um die Beantragung einer entsprechenden Variation (Type I B) gem. Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 beim BfArM als der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates. Wenn ihre Arzneimittel nach dem nach dem Verfahren der gegenseitigen Anerkennung oder dem dezentralen Verfahren mit Deutschland als betroffener Mitgliedstaat (CMS) bzw. anderer Mitgliedstaat (OMS) zugelassen sind, bitten wir darum, unter Vorlage unserer Übersetzung eine Variation (Type I B) bei der zuständigen Behörde des Referenzmitgliedstaates einzureichen. Nach der von der PhVWP vorgeschlagenen Verfahrensordnung sollte dies bis zum 13. April 2012 erfolgen. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag gez. i.V. Dr. M. Wittstock Dr. A. Thiele Anlage: Summary Pharmacovigilance Assessment Report on the Association of statins with new onset Diabetes