7. PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN:

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7. PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN:
* Persönlichkeit = Gesamtheit der inneren Erfahrungen und des Verhaltens eines
Individuums; bildet normalerweise eine integrierte Einheit
besteht aus
-> Persönlichkeitsmerkmalen, die konsistent und überdauernd und für den
Betreffenden charakteristisch sind (= traits)
-> daneben gibt es situationsspezifische Eigenschaften, die Flexibilität und
Anpassungsfähigkeit erlauben (= states)
* Persönlichkeitsstörung = überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das
von den Erwartungen der soziokulturellen Umwelt abweicht;
=> betroffene Bereiche:
-> Denken
-> Affektivität
-> Beziehungsgestaltung
-> Impulskontrolle
=> Beginnt meist in der Adoleszenz oder im früher Erwachsenenalter;
=> tiefgreifend und unflexibel; Person ist gleichsam unfähig zu states
=> führt zu Beeinträchtigungen und Leidenszuständen -> psychische, soziale oder
berufliche Schwierigkeiten; ABER: Person hat keine Krankheitseinsicht!
=> schwer behandelbar
=> Prävalenz 4-15%
UNTERSCHEIDUNG NACH ICD-10:
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F6):
1) Spezifische Persönlichkeitsstörungen
2) Kombinierte und sonstige Persönlichkeitsstörungen
3) Andauernde Persönlichkeitsveränderungen, die nicht Folge einer Schädigung oder
Krankheit
des Gehirns sind
4) Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
5) Störungen der Geschlechtsidentität
6) Störungen der Sexualpräferenz
7) Psychische und Verhaltensstörungen in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung und
Orientierung
8) Sonstige Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
9) nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Unterscheidung nach DSM-IV
* Persönlichkeitsstörungen liegen auf der 2. Achse (wegen frühen Beginns und zeitlicher
Konsistenz; wie z.B. geistige Behinderung)
* Achse II-Störungen haben meist hohe Komorbidität, bestehen oft nebeneinander
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* vorhandene Persönlichkeitsstörungen stellen Prädisposition für bestimmte Achse IStörungen dar
* eingeteilt nach deskriptiven Ähnlichkeiten in 3 Gruppen (oft Überschneidungen
hinsichtlich der Symptome -> Schwierigkeiten bei der Unterscheidung!)
1) Cluster A: sonderbare und exzentrische Verhaltensweisen:
a) paranoide Persönlichkeitsstörung (mehr Männer)
b) schizoide Persönlichkeitsstörung
c) schizotypische Persönlichkeitsstörung (mehr Männer)
2) Cluster B: dramatisches, emotionales und launenhaftes Verhalten
a) antisoziale Persönlichkeitsstörung (mehr Männer)
b) Borderline Persönlichkeitsstörung (mehr Frauen)
c) histrionische Persönlichkeitsstörung (gleich viele Männer wie Frauen)
d) narzißtische Persönlichkeitsstörung (mehr Männer)
3) Cluster C: ängstliches und furchtsames Verhalten
a) vermeidene-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (gleich viele Männer wie
Frauen)
b) dependente Persönlichkeitsstörung
c) zwanghafte Persönlichkeitsstörung (mehr Männer)
1. PARANOIDE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* tiefgreifendes Mißtrauen gegenüber anderen Menschen, denen alles als böswillig
ausgelegt wird und von denen man sich nur Schlechtes erwartet; sind überzeugt, andere
wollen sie ausbeuten und schädigend; Gefühl, daß sich alle gegen einen verschworen haben;
Überzeugung, von anderen auch attackiert und verletzt zu werden -> häufige
Beschuldigungen, übermäßiger Zweifel an der Loyalität und Glaubwürdigkeit der anderen
* Person sucht selten Kontakt zur Umgebung; sieht in Äußerung der anderen nur
Abwertung und Drohung; vergißt erlittene Kränkungen nie -> teilweise pathologische
Eifersuchtsszenen
* Verhalten = offensiv, streitbar
* wiederholte Klagen oder feindselige Reserviertheit
* Bedürfnis, die Mitmenschen zu kontrollieren
* entwickeln negative Stereotypien zu anderen Menschen und sind nicht von ihrer
vorgefaßten Meinung abzubringen
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=> hohe Komorbidität mit schweren depressiven Episoden, Alkohol- und
Substanzmißbrauch; kann auch Vorläufer einer Wahnhaften Störung oder Schizophrenie
sein
b) Differentialdiagnose:
muß abgegrenzt werden von
-> Schizophrenie vom paranoiden Typ
-> Wahnhafter Störung vom Typ mit Verfolgungswahn
-> Affektiver Störung mit psychotischen Merkmalen (psychotische Symptome werden zu
bestimmter Zeit akut, remittieren dann)
2. SCHIZOIDE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* Person ist sozialen Beziehungen gegenüber sehr zurückhaltend, wirkt gleichgültig
* Gefühlsausdruck in zwischenmenschlichen Situationen ist eingeschränkt
* Person ist Einzelgänger, ist lieber allein als in Gesellschaft; hat wenige bis keine Freunde
* wenig Interesse an sinnlichen, körperlichen und zwischenmenschlichen Kontakten und
an sexueller Aktivität
* verminderte emotionale Reaktivität; eingeengte Affekte (Person kann Gefühl weder
empfinden, noch zum Ausdruck bringen)
* Person ist vor allem beeinträchtigt, wenn sie auf wichtige Lebensereignisse entsprechend
reagieren soll
* Mangel an sozialen Fertigkeiten -> oft beruflicher Bereich davon in Mitleidenschaft
gezogen
* Streßsituationen können psychotische Symptome auslösen -> Wahnhafte Störung oder
Schizophrenie; depressive Episoden
* tritt oft gemeinsam auf mit schizotypischer, paranoider oder vermeidend-unsicherer
Persönlichkeitsstörung
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b) Differentialdiagnose:
* Unterschied zur Wahnhafter Störung, Schizophrenie oder Affektiver Störung mit
psychotischen Symptomen: Zeitfaktors (schizotypische Persönlichkeitsstörung vorher!)
* Unterschied zur Autistischen Störung und „Asperger-Störung“: weniger starke
Beeinträchtigung der sozialen Interaktionen, kein Auftreten von stereotypen
Verhaltensweisen
* Unterschied zur Schizotypischen Persönlichkeitsstörung: keine kognitiven
Beeinträchtigungen, keine Wahrnehmungsverzerrungen
* Unterschied zur Paranoiden Persönlichkeitsstörung: kein tiefgreifendes Mißtrauen, keine
paranoiden Ideen
* Unterschied zur Vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung: keine Angst vor
dem Zurückgewiesenwerden, sondern Verlangen nach sozialem Rückzug
3. SCHIZOTYPISCHE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) diagnostische Merkmale:
* Kinder von Eltern mit Schizophrenie bekommen entweder selbst Schizophrenie oder eine
ähnliche Störung = schizotypische Persönlichkeitsstörung
* zugrundeliegende soziale und zwischenmenschliche Defizite -> massives Unbehagen und
Unfähigkeit zu zwischenmenschlichen Beziehungen
* starke Beeinträchtigung der kognitiven Fertigkeiten
* eigentümliches, bizarres Verhalten
* oft kommen Beziehungsideen vor (Person ist überzeugt, daß zufällige Ereignisse mit ihr im
Zusammenhang stehen
(MERKE:
Beziehungsideen sind nicht dasselbe wie Beziehungswahn [kommt vor
bei Wahnhafter Störung oder bei Schizophrenie vom paranoiden Typ]
* Neigung zu „magischem Denken“ (Person glaubt, übernatürliche Kräfte zu haben, die
Gedanken anderer zu lesen und beeinflussen zu können) -> kann zu Veränderung der
Wahrnehmung führen
* sprachlicher Ausdruck voll Besonderheiten (z.B. Weitschweifigkeit), aber KEIN
inkohärenter Ductus
* paranoide Vorstellungen -> vermehrtes Mißtrauen anderen gegenüber
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b) Differentialdiagnose:
* Unterschied zur Wahnhaften Störung:
* Unterschied zur Schizophrenie:
* Unterschied zur Affektiven Störung mit psychotischen Symptomen:
Zeitfaktor
Zeitfaktor
Zeitfaktor
4. ANTISOZIALE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* Hauptmerkmal = Verletzung und Mißachtung der Rechte anderer
* Manipulation und Täuschung anderer (daher: Fremdanamnese!)
* wurde früher bezeichnet als: Psychopathie, Soziopathie oder als Dissoziale
Persönlichkeitsstörung
* Betroffener muß mindestens 18 Jahre alt sein und Anzeichen des gestörten
Sozialverhaltens schon vor dem 15. Lebensjahr gezeigt haben
* Störung des Sozialverhaltens bedeutet, daß Person durch ihr Verhalten die in ihrer
Gesellschaft gültigen Regeln und Normen verletzt (z.B. Aggressionen gegen Menschen
und Tiere, Zerstörung fremden Eigentums, Diebstahl, Betrug, schwere
Gesetzesübertretungen)
* Betroffener kann sich auch als Erwachsener nicht an gesellschaftliche Normen
anpassen
-> immer wieder verletzt er Gefühle anderer, um einen Vorteil für sich selbst
herauszuschlagen
* rücksichtslos -> ausgeprägtes und andauernd verantwortungsloses Handeln
* bagatellisiert die schädlichen Auswirkungen seines Handelns, ist überzeugt, daß alle für
sein Wohl da sind
* übersteigerte Selbsteinschätzung
* fehlendes Mitgefühl
* oberflächlicher Charme
* Komorbidität:
-> leiden oft an dysphorischen oder depressiven Verstimmungen, Angststörungen,
Somatisierungsstörungen, Störungen der Impulskontrolle, zeigen
Persönlichkeitsmerkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung. der histrionischen und
der narzißtischen Störung
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-> in der Kindheit oft Aufmerksamkeitsdefizite und Hyperaktivitätsstörungen,
Mißbrauchserlebnisse und Vernachlässigung
* Prävalenz:
-> Männer 3%
-> Frauen 1%
-> in klinischen Einrichtungen 3-30%
b) Differentialdiagnose:
* zu antisozialem Verhalten kann es auch bei Schizophrenie, Manischer Episode oder
Störung infolge Substanzmißbrauchs kommen -> um antisoziale Persönlichkeitsstörung
diagnostizieren zu können, muß dieses Verhalten aber schon seit der Adoleszenz beobachtet
worden sein!
* antisoziale Persönlichkeitszüge müssen inflexibel, unangepaßt, überdauernd sein;
funktionelle Beeinträchtigung oder subjektives Leiden verursachen -> dann Antisoziale
Persönlichkeitsstörung
5. BORDERLINE-PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
* Begriff von Otto KERNBERG -> sah Störung im Grenzbereich zwischen Neurose und
Psychose (stimmt aber SO nicht...)
* Hauptmerkmal = Instabilität in
-> zwischenmenschlichen Beziehungen
-> Affekten (deutliche Impulsivität)
-> Selbstbild
* Person bemüht sich verzweifelt, drohendes Verlassenwerden zu verhindern (glauben
weil sie böse sind)
* sehr empfindlich gegenüber Einflüssen aus der Umwelt
* massive Ängste
* Neigung zu Selbstverletzungen (vor allem Schneiden, Brennen) bis zu
Selbstmorddrohungen (vor allem bei drohender Trennung oder Zurückweisung) und
suizidalen Handlungen (8-10%)
* instabiles Verhaltensmuster der Beziehungen:
-> zuerst Idealisierung möglicher Bezugspersonen
-> innerhalb kürzester Zeit Abwertung
* stark schwankende Gefühle, dramatische Gefühlsänderungen, oft Zornausbrüche und
sarkastische Handlungen
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* oft Identitätsstörung aufgrund von
-> instabiler Selbstwahrnehmung
-> instabilem Selbstbild (Person ist überzeugt, sie wäre böse)
* fühlen sich oft so, als würden sie nicht existieren -> Selbstverletzung, um sich zu spüren!
* plötzliche Änderung von Berufswünschen, Wertvorstellungen, persönlichen Vorlieben
* sehr große Impulsivität -> selbstschädigende Aktivitäten, wie Substanzmißbrauch,
risikoreiches Geschlechtsverhalten, Glücksspiele
* instabile Affekte:
-> erhöhte Erregbarkeit, Angst, schwere depressive Episoden und Dysphorien; ABER:
dauern nur wenige Stunden bis Tage
-> Abwechseln von Wut und Angst;
-> chronisches Gefühl der inneren Leere
* Kontrolle der Emotionen fällt schwer
-> fühlt sich leicht gelangweilt
-> ständig auf der Suche nach prickelnden Situationen („sensation seeking
behaviour“), um sich zu spüren
* Umgebung erlebt Person wegen ihrer sarkastischen Art oft als zurückweisend, verbittert,
verweigernd
* als Folge von belastenden Erlebnissen -> paranoide Vorstellungen und
Depersonalisationssymptome
* Komorbidität:
-> oft affektive Störungen oder Störungen infolge von Substanzmißbrauch
-> körperliche Behinderungen infolge des selbstschädigenden Verhaltens
* in der Kindheit:
-> Mißbrauch
-> Verlusterlebnisse
-> Trennungserlebnisse
* Prävalenz: 2%
b) Differentialdiagnose:
Borderline schaut fast genauso aus wie Affektive Störung, aber:
-> früher Beginn und
-> lange Dauer
müssen gegeben sein, um Borderline diagnostizieren zu können
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6. HISTRIONISCHE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* ist die „Hysterische Persönlichkeit“ von FREUD
* Hauptmerkmal:
-> tiefgreifende, übertriebene Emotionalität;
-> übermäßiges Streben nach Aufmerksamkeit
* Person will ständig im Mittelpunkt stehen, ist verärgert, wenn das nicht der Fall ist
* versucht durch dramatische Aktionen, Enthusiasmus und Koketterie Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken
* sexuelles Verhalten oft unangepaßt provokant und verführerisch; wird in den meisten
sozialen und beruflichen Beziehungen eingesetzt
* körperliche Erscheinung ist der Person äußerst wichtig
* übertriebener Gefühlsausdruck, Neigung zum Dramatisieren
* eigene Gefühle und die Gefühle anderer der Person gegenüber werden übertrieben
* gezeigte Emotionen wirken oft unecht und vorgetäuscht, schnelles Verfallen von einer
Gefühlsdimension in eine andere
* Person ist leicht zu beeinflussen von Modeerscheinungen und ihr wichtigen
Autoritätspersonen
* Person sieht zwischenmenschliche Beziehungen weit persönlicher als sie in Wirklichkeit
sind
* Schwierigkeit, in emotionalen oder sexuellen Beziehungen echte emotionale Tiefe zu
empfinden
* Person versucht, Partner durch emotionale Verführung zu kontrollieren und zu
manipulieren, stellt aber andererseits eine deutliche Abhängigkeit zur Schau
* Person sucht nach unmittelbarer Befriedigung und ungewöhnlichen Aufregungen
* Um Aufmerksamkeit zu erlangen, auch Suiziddrohungen
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* Komorbidität:
-> Somatisierungsstörungen
-> Konversionsstörungen
-> depressive Episoden
* Prävalenz:
-> 2-3%
-> doppelt soviele Frauen wie Männer
-> bei geschiedenen oder getrennt lebenden Personen häufiger als Personen in einer
Partnerschaft
b) Differentialdiagnose:
Personen mit Histrionischer Persönlichkeitsstörung zeigen oft auch Merkmale von
-> Borderline-Persönlichkeitsstörung
-> Narzißtischer Persönlichkeitsstörung
7. NARZIßTISCHE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* Hauptmerkmal:
-> Gefühl der Großartigkeit
-> Bedürfnis nach Bewunderung
-> Mangel an Einfühlungsvermögen
* Person nimmt sich in übertriebenem Maß selbst wichtig
* Neigung zu Selbstüberschätzung
* Phantasien von Macht, Erfolg, idealer Liebe
* sieht sich selbst als einzigartig -> erwartet das auch von der Umgebung
* umgibt sich nur mit Menschen, die sie so sehen wie sich selbst
* erhält Person nicht die erwartete Bewunderung -> Unsicherheit
* erwartet überall bevorzugte Behandlung
* oft unsensibel anderen gegenüber (nützt sie aus, setzt sich über deren Wünsche und
Bedürfnisse hinweg, ohne es zu merken)
* oft neidisch auf andere wegen Besitz und Erfolg; überzeugt, andere wären neidisch auf sie
* Verhalten wirkt arrogant, überheblich, snobistisch, verächtlich, herablassend
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* reagiert auf Kritik oder Niederlage äußerst verletzlich -> empfindet das als massive
Erniedrigung -> Folge: Gefühle der Scham und Demütigung -> sozialer Rückzug,
depressive Episoden
b) Differentialdiagnostik:
tritt oft gemeinsam auf mit:
-> histrionischer Persönlichkeitsstörung
-> antisozialer Persönlichkeitsstörung
-> Borderline-Persönlichkeitsstörung
zu unterscheiden von:
-> Manie
-> Hypomanie
-> Depression
8. VERMEIDEND-SELBSTUNSICHERE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* Hauptmerkmal:
-> soziale Gehemmtheit
-> Überempfindlichkeit
-> Insuffizienzgefühle gegenüber negativen Beurteilungen der Umgebung
* Person hat dauern Angst vor Zurückweisung und Kritik -> meidet schulische und
berufliche Situationen, in denen sie dem ausgesetzt sein könnte
* Person hat auch Angst vor Beziehungen -> schreckt vor neuen Freundschaften zurück,
meidet Gruppenaktivitäten (Angst, lächerlich gemacht zu werden!)
* Person ist überzeugt, daß Gruppe auf sie negativ reagiert -> verminderte
Wahrnehmungsschwelle (fühlt sich von geringster Kritik schwer verletzt, verhält sich still,
schüchtern und gehemmt)
* geringe Selbstachtung; Zweifel an der eigenen Kompetenz, empfindet sich unattraktiv,
unterlegen, unbeholfen
* geht selten Risiko ein
* verfolgt neue Ideen nicht weiter -> großes Bedürfnis nach Sicherheit!
* dadurch oft eingeschränkte Lebensweise!
* Aufgrund des angespannten Verhaltens der Person reagiert Umwelt gelegentlich wirklich
mit Spott -> verstärkt die Problematik der Person -> sozialer Rückzug -> Isolation von der
Umwelt.
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* Komorbidität:
Person hat auch oft:
-> affektive Störungen
-> Angststörungen
* Prävalenz: 0,5-1%
b) Differentialdiagnose:
Muß unterschieden werden von:
* Sozialer Phobie (ähnliche Zustände!)
* Panikstörung mit Agoraphobie (vermeidendes Verhalten NACH einer Panikattacke;
bei Vermeidend-Unsicherer Persönlichkeitsstörung vermeidendes Verhalten auf
keine ersichtliche Ursache zurückzuführen, überdauerndes Verhalten)
* ähnliche Merkmale wie bei Dependenter, Schizoider, Schizotypischer, Paranoider
Persönlicekeitstörung
9. Dependente Persönlichkeitsstörung:
a) Diagnostische Merkmale:
* Hauptmerkmal:
-> überstarkes Bedürfnis nach Fürsorge
-> anklammerndes Verhalten
-> Trennungsängste
* Person glaubt, ohne Unterstützung anderer nicht lebensfähig zu sein
* hat große Schwierigkeiten im Alltag beim Treffen von Entscheidungen
* verhält sich meist passiv, übergibt der Umwelt die Verantwortung für ihr Leben
* kommt oft vor bei Menschen,
-> die an schwerer oder chronischer Krankheit leiden
-> deren Selbstverantwortlichkeit von den Eltern nicht zugelassen wurde
* große Angst vor Verlust von Zuneigung und Unterstützung -> Person neigt dazu, allem
zuzustimmen, traut sich nicht die eigene Meinung zu äußern
* zeigt kein Selbstvertrauen, hält sich für völlig unfähig
* begibt sich oft in unangenehme Situationen, um Zuneigung anderer zu erhalten
* geht Beziehungen nur ein, um Fürsorge zu bekommen
* zeigt erhebliche Trennungsangst
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* geht um jeden Preis eine Bindung ein, um Schutz zu erhalten
* Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit
* soziale Beziehungen auf wenige Personen beschränkt
* Komorbidität:
tritt oft auf mit:
-> affektiven Störungen
-> Angststörungen
-> Borderline-Persönlichkeitsstörung
-> Vermeidend-Selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung
-> histrionischer Persönlichkeitsstörung
b) Differentialdiagnostik:
* bei affektiven Störungen: KEINE Abhängigkeit
* bei Angststörungen:
KEINE Abhängigkeit
10. ZWANGHAFTE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG:
a) Diagnostische Merkmale:
* übermäßig starke Beschäftigung mit Ordnung und Perfektion von Handlungen und
Situationen -> versuchen Kontrolle über ihre Umgebung zu erlangen
* Um Kontrollbedürfnis zu befriedigen -> Klammern an Regeln und Formalismen, verlieren
dabei eigentliche Aktivität aus dem Auge
* übertriebene Sorgsamkeit selbst für kleinste Details (gelangen daher oft nicht ans Ziel!)
* hohe Leistungsansprüche und Perfektionismus -> beträchtliches Leid
* kann sich von nichts trennen -> Sammelwut
* wird von Umgebung als geizig beschrieben
* oft Konflikte im Beruf, da Person alles allein machen will und das nach einem starren
Muster
* stures Beharren auf eigener Meinung -> Umgebung zieht sich frustriert zurück
* Komorbidität:
tritt auf mit
-> affektiven Störungen
-> Angststörungen
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b) Differentialdiagnose:
Unterschied zur Zwangsstörung: KEINE Zwangsvorstellungen und Zwangshandlungen
ÄTIOLOGIE VON PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
* genetische Disposition:
-> Zwillings- und Adoptionsstudien brachten aber bisher KEINE Beweise
* psychodynamische Theorien:
-> in früher Kindheit: Zurückweisungen und Liebesmangel
-> daraus entsteht:
> bei Paranoider Persönlichkeitsstörung:
grundlegendes und übermäßiges Mißtrauen
> bei Schizoiden Persönlichkeitsstörung:
extremer sozialer Rückzug
> bei Antisozialer Persönlichkeitsstörung:
emotionale Distanz zu allen Beziehungen, Bindung kann nur über
Ausüben von Macht und Destruktivität eingegangen werden
> bei Borderline-Persönlichkeitsstörung:
Verlust des Selbstwertgefühls -> erhöhte Abhängigkeit von den Eltern
–> verminderte Fähigkeit, Trennungen zu bewältigen
* kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze:
-> Dependente Persönlichkeitsstörung:
> Ursache = unangepaßte Überzeugungen und dichotomes Denken;
> Umwelt spielt große Rolle bei der Förderung von Abhängigkeiten
-> Zwanghafte Persönlichkeitsstörung:
> unlogische Denkprozesse spielen eine große Rolle
> dichotomes Denken im Vordergrund -> führt zu Perfektionismus und
Rigidität
> Übertreibungen enden oft in Katastrophendenken
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THERAPIE VON PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN:
* Patienten kommen oft wegen einer Achse I - Störung in Behandlung (z.B.
Drogenmißbrauch, Eßstörungen, Angstsyndrom, Depression,...) -> dabei wird
Persönlichkeitsstörung entdeckt; ist dann schwierig zu behandeln, weil Behandlung oft
hinter Behandlung der Achse-I- Störung zurücktritt
* tiefenpsychologische Konzepte:
-> Objekt-Beziehungs-Therapie (KERNBERG, KOHUT):
Entwicklung des Selbst und der anderen unter Einbeziehung von Phantasien
und Emotionen, die einen zwischenmenschlichen Kontakt beeinflussen, wird
gefordert
* Kognitive Verhaltenstherapie:
-> Systematische Desensibilisierung (z.B. Meinungsverschiedenheiten besser
ertragen lernen)
-> Training sozialer Fertigkeiten
-> Analyse logischer Denkfehler und Schemata (z.B. wie in Kognitiver Therapie
von BECK)
BEISPIEL:
Borderline-Störung
=> kognitives Schema einer Borderline-Störung könnte folgendermaßen aussehen:
1) Welt ist gefährlich und böse
2) Person ist verletzlich und machtlos
3) Person wird von anderen nicht akzeptiert
=> Dialektische Verhaltenstherapie von LINEHAM:
-> Therapeut muß der Borderline-Persönlichkeit volles Verständnis entgegen
bringen
-> Patient soll seine Neigungen zum Ausdruck bringen und ausagieren dürfen
-> Therapeut versucht dabei emphatisch, die dysfunktionalen Ansichten
zurechtzurücken
-> Patient soll bei Problemlösung unterstützt werden;
-> Patient soll eine effektivere und sozial akzeptablere Weise des Umgangs mit
Alltagsproblemen lernen
-> Patient soll seine Emotionen kontrollieren lernen
-> Selbstsicherheitstraining, um zwischenmenschliche Fertigkeiten zu
verbessern
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